Hymenopteren in einem Kalkbuchenwald: Eine Modellgruppe zur Untersuchung von Tiergemeinschaften und ökologi- schen Raum-Zeit-Mustern Werner Ulrich Nikolaus Kopernikus Universität Toruń Toruń 2001 Inhalt 1. Einleitung 4 1.1 Ein allgemeiner Überblick 4 1.2 Das Untersuchungsobjekt 10 1.3 Die Untersuchungsmethoden 12 1.4 Ein Wort zur Systematik 14 2. Hymenopteren im Ökosystem Kalkbuchenwald 17 2.1 Wie unterteilt man Gemeinschaften von Hautflüglern? 17 2.2 Die potentiellen Wirte 18 2.3 Artenzahlen im Vergleich 20 2.4 Der Göttinger Wald als Teil des regionalen und kontinentalen Artenpools 23 2.4.1 Der regionale Artenpool 23 2.4.2 Die lokalen oder jährlichen Artenzahlen 25 2.4.3 Lokale und regionale Hautflüglerfaunen 30 2.4.4 Wirte und Parasitoide lokaler und regionaler Faunen 38 2.5 Wenn sich Arten – Areal Kurven kreuzen 48 2.5.1 Arten – Areal-Kurven auf lokaler Ebene: Kollektorkurven 48 2.5.2 Arten – Areal-Kurven auf regionaler Ebene oder wie viele Parasitoidarten gibt es pro km2? 51 2.6 Häufigkeit und Seltenheit: eine Sache des Standpunktes 54 2.6.1 Ein paar Rohdaten 54 2.6.2 Sind seltene Arten anders? 62 2.7 Strukturen im Vergleich 70 2.8 Konkurrenz oder Miteinander? 74 2.8.1 Einnischung oder stochastisches Miteinander? 74 2.8.2 Ein Fallbeispiel 77 3. Zeitliche Verteilungsmuster 83 3.1 Phänologie 83 3.2 Stochastische oder regulierte Dichteschwankungen? 90 3.3 Konstanz oder Fluss? Strukturen der Gemeinschaften 97 3.4 Wetter oder Konkurrenz? Wer hat den größeren Einfluss auf die Dichten? 101 3.5 Aussterben werden sie alle: Extinktionsraten und Artenaustausch 112 4. Räumliche Verteilungsmuster 121 4.1 Drei Straten des Waldes 121 4.1.1. Ein allgemeiner Überblick 121 4.1.2 Die Krautschicht als Beispiel 126 4.2 Der Raum als Ort der Wirtssuche 129 4.2.1 Die Laubstreu 129 4.2.2 Drei Sonderstandorte 138 4.2.3 Zufällig oder aggregiert? Zur räumlichen Verteilung 141 4.2.4. Waldboden ist nicht gleich Waldboden: zur kleinräumigen Heterogenität 143 5. Gemeinschaftsstruktur und Körpergröße 151 5.1 Morphologie und Ökologie 151 5.1.1 Die Flugfähigkeit 153 5.1.2 Groß und schlank oder klein und kompakt? 161 5.1.3 Lässt sich die Biologie durch die Morphologie vorhersagen? 164 5.2 Körpergrößenabhängige ökologische Verteilungen 166 5.3 Ein Modell 174 6. Geschlechterverhältnisse 177 6.1 Ein Überblick 178 6.2 Geschlechterverhältnisse und Schlupfdichten 182 6.3 ‚Local mate competition’ 186 6.4 Geschlechterverhältnisse und Phänologie 188 7. Epilog 192 8. Literatur 195 Anhang A 219 Anhang B 243 Anhang C 245 Anhang D 251 Hymenopteren in einem Kalkbuchenwald 4 1. Einleitung 1.1 Ein allgemeiner Überblick Die Hautflügler oder Hymenopte- ten (Ulrich 1999e). Davon sind mehr als ren gehören zugleich zu den arten- 15000 Parasitoidarten, das heißt Arten, reichsten Tiergruppen unserer mitteleu- die als Larve oder, seltener als Imago, ropäischen Lebensräume als auch zu von anderen Arthropodenarten leben. den am wenigsten erforschten. Die letz- Weltweit sind mehr als 115000 Arten tere Feststellung mag zunächst verwun- beschrieben (Gaston 1993a, LaSalle derlich klingen, wenn wir an die vielen and Gauld 1993a, b, Hochberg 2000), Untersuchungen über unsere Bienen, ihre Gesamtzahl dürfte jedoch deutlich Ameisen, oder Weg- und Faltenwespen über einer Million liegen (Ulrich 1999e). denken oder an die umfangreichen Pro- In unseren mitteleuropäischen Le- gramme zur biologischen Schädlingsbe- bensräumen stellen die Hautflügler re- kämpfung, in den denen vor allem die gelmäßig mehr als 1/3 aller Tierarten kleinen parasitischen Arten wie Tri- und diese Artenfülle sowie die enormen chogramma oder Pteromalus eingesetzt taxonomischen Schwierigkeiten, vor die wurden (Claussen 1940, Waage and jeder Bearbeiter der Gruppe steht, er- Greathead 1986, Hawkins 1993a) oder schweren eine zusammenfassende Be- an die Versuche, parasitoide Hymenop- arbeitung ihrer Ökologie und Phänolo- teren als Bioindikatoren einzusetzen gie so enorm. (Lewis und Whitfield 1999, Delfin und Die Tabelle 1.1 gibt einen kleinen Burgos 2000). Überblick über bisherige Arbeiten, die Aber gerade diese Parasitoide der Gruppe als ganzes oder größeren sind es, die die weit überwiegende Teilen gewidmet waren. Unter denen Mehrzahl aller Arten stellen und über wenigen zusammenfassenden Darstel- die es kaum zusammenfassende Arbei- lungen ragen die Arbeiten von Thiede ten zur Gemeinschaftsökologie gibt (vgl. (1975, 1977) und Hilpert (1989) heraus, Godfray 1993, Hawkins 1993a, Quicke weil sie über Teilbearbeitungen hinaus 1997, Hochberg 2000). gehen und außer rein faunistischen As- Unsere mitteleuropäische Fauna pekten ihren Schwerpunkt auf ökologi- beherbergt ca. 20000 Hymenopterenar- sche Fragestellungen legen. Darüber 5 Struktur der Fauna Diversität Makroekologie Produktion Parasitoidtypen Artenzahl Muster in Verbindung Biomasse Parasitierungs- Gildenstruktur Artenpool mit Bio- und Dichte raten Muster in Verbindung mit Konstanz im Körper-masse Produktion morphologischen Merkmalen Artenspektrum Arten-Areal Kurven iden Hautflügler Merkmale häufiger Arten-Rang- und seltener Arten Verteilungen Abundanz – Räuber Verbreitungs- der en Gesichtspunkten, legte Einzelaspekte sind enden Datenmaterials vor muster toren, der räumlichen und Konkurrenz Einfluss von Klima, und ihrer potentiellen Wirte zu Mutualismus, Sympatrie Mikroklima und Dichteabhängige Faktoren Laubauflage regionale Verbreitungsmuster. Na- Hymenoptera t über die parasito Biotische Faktoren Abiotische Faktoren , der Phänologie, der Faunistik und der in einem oder im h im Stadium der Auswertung che Tiergemeinschaften ökologisch charak- Räumliche Muster Buchenwald Zeitliche Muster nach 12 Hauptgesichtspunkten, der Gruppe Wirte Stabilität der Gemeinschaftsstruktur unterlegt). Heller unter Kolonisierung Artenaustausch tierungsraten und Aggregation rsität, nach makroökologisch rden konnten aufgrund fehl und abiotischen Einflussfak Statifikation Dichteabhängige Faktoren Muster von ügler immer vor dem Hintergr ügler immer vor Hymenopteren in einem Kalkbuchenwald Mikrohabitate Geschlechterver- Dichtfluktuationen hältnisse und Nahrungsnetze Zahl der Generationen Phänologische Seltenheit Hibernation Faunengruppen Stratenwechsel Charakteristika der ‘Local mate cometition’ Nahrungsnetze Stratenaufteilung Fauna Evolutionsstrategien Nekrophager Schlüpfsequenz Trophische Struktur Phänologie Faunistik Verhaltensökologie terisieren? Das vorliegende Forschungsprojek terisieren? Das vorliegende Waldesdes Göttinger untersuchte die Struktur der Fauna, der Dive Produktion, der biotischen derzeitlichen trophischen StrukturMuster, Verhaltensökologie (dunkelgrau bereits publiziert, dunkler unterlegte noc Druck. Nicht untersucht we Abbildung 1.1: Wie sich artenrei lassen allem Nahrungsnetze, Parasi türlich gilt es die Hautfl betrachten. Hymenopteren in einem Kalkbuchenwald 6 hinaus versuchen sie, die Arten nicht die ‚Current Contents‘ Ausdruck. Auch nur nach taxonomischen Gesichts- das Internet bietet hierzu umfassende punkten zu erfassen, sondern gruppie- Informationen (Überblicke finden sich ren sie auch in ökologische Gilden, etwa auf der Biosis Website, Gordon‘s hauptsächlich anhand ihrer Wirte. Fast Parasitica Page, Ichnews On line, Proc- alle anderen Arbeiten dagegen vermit- tos Home Page oder der Cynipoid Ho- teln nur Teilaspekte und geben keine me Page um aus der großen Zahl nur vollständigen faunistischen Überblicke einige wenige zu nennen), so dass an ((Klug, 1965, Weidemann 1965, Hassan dieser Stelle auf eine Übersicht über 1967, Abraham 1969, König 1969, diese Arbeiten verzichtet wird. Horstmann 1970, 1985, 1988, Janzen Anstoß für das vorliegende Projekt and Pond 1975, Bendel-Janssen 1977, war deshalb der Wunsch, die Parasitoi- Aitchison 1979, Askew 1980, Garbar- de eines Lebensraumes, in diesem Fal- czyk 1981, Sterzyński 1981, Sawonie- le eine Waldes, als Ganzes zu betrach- wicz 1981, Dreyer 1982, Funke 1983, ten und dabei nicht taxonomische, son- Kussmaul und Schmidt 1987, Vidal dern ökologische Gliederungskriterien 1988, Trojan et al 1994, Papp und Kis- bei der zusammenfassenden Betrach- benedek 1996, Morris 1997, Pujade et tung der Arten zugrunde zu legen. Die al. 1998, Neerup-Buhl 1998, Wytwer Freilandarbeiten und die taxonomische und Sawoniewicz 1998, Lewis und Aufarbeitung des Materials für diese Ar- Whitfield 1999, Sawoniewicz 1999, beit entstand im Laufe meiner Diplom- Finch 2001). Sie geben daher auch kei- und Doktorarbeit (Ulrich 1985, 1988). ne umfassenden ökologischen Gliede- Die Hymenopterenfauna, ihre Struktur rungen vermittels derer man weiterge- und ökologische Aspekte der Gemein- hende Fragen zur Bedeutung und schaft habe ich in einer Serie von Ein- Struktur der Parasitoidfauna beantwor- zelarbeiten bearbeitet (Ulrich 1985, ten könnte. 1987a, b, 1988, 1989, 1998a, b, c, 1999 Dagegen wurden natürlich die Pa- a – j, 2000a, b, c, 2001 a, b, c, d). Dar- rasitoidkomplexe einzelner Mikrohabita- über hinaus habe ich parallel noch ei- te und von wichtigen Wirtsarten oder – nen Halbtrockenrasen in der Nähe der gattungen in vielen Arbeiten detailliert Untersuchungsfläche des Waldes unter- untersucht. Darüber gibt ein Blick etwa sucht, den Drakenberg bei Göttingen in die ‚Biological Abstracts‘ oder auch (Ulrich 1999i, k). Hymenopteren in einem Kalkbuchenwald 7 Tabelle 1.1: Einige der wichtigeren Arbeiten über Artenzahlen und Siedlungsdichten parasitoider Hymenopteren. Autor Methode Habitat Untersuchungsum- Genauigkeit fang Abraham (1969) Gelbschalen Westküste Schleswig Hol- Pteromalidae nicht quali- stein tativ Aitchison (1979) Handfänge, Eklek- Kanadische Felder Hymenoptera
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