Zane Zalis – I Believe a HOLOCAUST ORATORIO for TODAY

Zane Zalis – I Believe a HOLOCAUST ORATORIO for TODAY

SINFONIEORCHESTER Zane Zalis – i believe A HOLOCAUST ORATORIO FOR TODAY für Soli, Chor, Kinderchor und Orchester Kelsey Cowie, Sopran Jean-Pierre Ouellet, Tenor Marko Zeiler, Tenor Stefan Müller-Ruppert, Sprecher Solitude-Chor Stuttgart Aurelius Sängerknaben Calw, Einstudierung: Bernhard Kugler Sinfonieorchester der Universität Hohenheim Leitung: Klaus Breuninger Donnerstag, 7. November 2013 19.00 Uhr Werkeinführung und Gesprächskonzert Ev. Kirche im Steckfeld, Stuttgart-Hohenheim Samstag, 9. November 2013 19.00 Uhr Ev. Kirche im Steckfeld, Stuttgart-Hohenheim Sonntag, 10. November 2013 19.00 Uhr Evangelische Markuskirche, Stuttgart-Süd PROGRAMM www.ibelieve-stuttgart.de1 Grußwort des Schirmherrn Programm Spätestens in der Nacht Zane Zalis vom 9. auf den 10. November 1938 war radikaler Antisemi- i believe tismus und Rassismus in Deutschland staatsoffiziell A HOLOCAUST ORATORIO FOR TODAY geworden. Bereits am Tag des 9. Novembers, und ins- besondere in der darauf fol- I. The Beginning genden Reichspogromnacht, Der Beginn wurden hierzulande tausende II. Why? Juden misshandelt, verhaftet Warum oder getötet. In unvorstell- III. Not Wanted barem Ausmaß wurden jüdi- Unerwünscht sche Gotteshäuser, Geschäfte IV. The Children und Wohnungen in Brand gesetzt. Zum Oratorium Die Kinder „i believe – A HOLOCAUST ORATORIO FOR TODAY“, V. He Said! das in Gedenken an den 75. Jahrestag der Reichs- Er sagte! pogromnacht aufgeführt wird, begrüße ich das VI. The Directive Publikum herzlich in der Landeshauptstadt. Weil die Die Weisung Erinnerung an das Geschehen nicht erlöschen darf, VII. Numbers habe ich die Schirmherrschaft für dieses Oratorium Zahlen sehr gerne übernommen. VIII. I Have a Name In unserer Zeit ist es wichtig, dass Vorurteile und Ich habe einen Namen Hass auf religiöse Minderheiten in Deutschland nicht IX. Death March wieder aufkeimen. „i believe“ hilft dabei, an diese Todesmarsch Verpflichtung zu erinnern. Das Oratorium fordert uns X. Freedom auf, unsere demokratischen und freiheitlichen Werte Freiheit und Ideale entschieden zu verteidigen. Gerade für XI. What Now? jugendliche Zuhörerinnen und Zuhörer wird das Ge- Was nun? denken an die Verbrechen des Dritten Reichs durch XII. I Will Remember You / Finale die Musik sinnlich erfahrbar. Ich werde mich an dich erinnern / Finale Mein Dank gilt dem an der Aufführung beteilig- ten Stuttgarter Solitude-Chor, den Calwer Aurelius Kelsey Cowie, Sopran Sängerknaben und dem Sinfonieorchester der Uni- Jean-Pierre Ouellet, Tenor versität Hohenheim. Dem Publikum wünsche ich blei- Marko Zeiler, Tenor bende musikalische Momente, die zum Nachdenken Stefan Müller-Ruppert, Sprecher anregen. Solitude-Chor Stuttgart Aurelius Sängerknaben Calw, Einstudierung: Bernhard Kugler Winfried Kretschmann Sinfonieorchester der Universität Hohenheim Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg Leitung: Klaus Breuninger 2 3 Was uns bewegt Die Idee, anlässlich des 75. Jahrestags der offen und unmissverständlich zu Tage, die der nati- Reichspogromnacht ein Oratorium aufzuführen, onalsozialistische Euphemismus zur „Kristallnacht“ wurde in den verschiedenen Gremien des Solitude- schönte. In jener Nacht brannten Synagogen, wur- Chors vorab durchaus kontrovers diskutiert. Warum den Geschäfte und Wohnungen jüdischer Mitbürger sollen wir als Chor das schwierige Thema Holocaust verwüstet und in der Folge Gräueltaten verübt, aufgreifen? Sollte man es nach so langer Zeit die Millionen Todesopfer forderten. Dieser Jahrestag nicht einmal ruhen lassen? Kein Chormitglied hat bietet aus unserer Sicht daher einen passenden den Zweiten Weltkrieg miterlebt, so stellt sich für Anlass, sich dem Thema, das auch im 3. Jahrtausend die meisten die Frage nach einer „Mitschuld“ am aktuell geblieben ist, auf einem Weg außerhalb von Holocaust nicht (mehr). Geschichtsbuch und Zeitstrahl anzunähern, denn er Doch nachdem in Deutschland wieder Menschen muss sich auch aus künstlerischer Sicht über außer- zu Tode geprügelt werden, nur weil sie eine andere gewöhnliche Mittel erschließen. Hautfarbe oder Gesinnung haben, sich Ausländerhass und Fremdenfeindlichkeit immer mehr verbreiten, in den deutschen Stadien Hunderte von Fußballfans Woche für Woche zum Hitlergruß menschenver- achtende Parolen grölen, war unsere übereinstim- mende Meinung, dass es Gründe genug gibt, daran zu erinnern, wohin diese nationalistische Gesinnung führen kann, und warum es so wichtig ist, sich für Toleranz und Demokratie einzusetzen. Die Gefahr besteht weiterhin, dass Menschenverachtung, Willkür und Ausgrenzung aufflammen. So erinnert Bundespräsident Joachim Gauck daran, dass das Unvorstellbare jederzeit einzukalkulieren ist: „Humanität ist nie im sicheren Hafen. Sie zerfällt oder wird beschädigt, wenn Ratio und Moral gegeneinan- der stehen. Unsere Zivilisation ist nicht Geschichte im Endstadium, sondern vorübergehend gesicherte Existenzform.“ Bereits lange vor der Machtergreifung brachte Hitler bei verschiedenen Gelegenheiten seine tief- empfundene Abneigung gegenüber „dem Judentum“ und der „zionistischen Weltverschwörung“ zum Ausdruck. In einer Epoche, in der Antisemitismus nicht nur in Deutschland weit verbreitet war, fiel antijüdi- sche Hetze bald nach der Machtergreifung auf frucht- baren Boden. Die Absicht zu organisierter und kon- sequenter Unterdrückung bzw. Vertreibung der jüdi- schen Bevölkerung trat erstmals mit den Ereignissen in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 4 5 i believe – Das Werk In seinem im Jahr 2011 in Winnipeg uraufgeführ- Dissonanz, aus weicher Melodik und textualer ten Holocaust-Oratorium bedient sich der kanadische Schärfe, zeigt Zane Zalis eine respektvolle, aber Komponist Zane Zalis zahlreicher außergewöhnli- unmissverständliche Betrachtung der Ereignisse des cher musikalischer und lyrischer Mittel, um das Holocaust. Unbegreifliche der Shoah (jüd. „Unheil, Katastrophe“) Die 12 Sätze des Werkes „i believe“ erzählen eine zu erklären, und um das Wesen der Opfer wie auch Geschichte, die im ersten Satz („The Beginning“) mit der Täter zu ergründen. Dabei will er dieses Kapitel der der Reichspogromnacht vom 09./10.11.1938 beginnt. Weltgeschichte auch als Mahnmal für alle Menschen Der zweite Satz („ Why“) macht spürbar, wie die nun und für alle Zeiten verstanden wissen. Nach intensi- offen Verfolgten sich zunächst fast ungläubig der ver Recherche, die u. a. Interviews mit Überlebenden Bedrohung bewusst werden. Die missglückte Flucht sowie Besuche in Israel und Dachau umfasste, gelingt im dritten Satz („Not Wanted“) verdeutlicht neben es Zalis, in einer klaren musikalischen Sprache eine Hoffen und Bangen der Flüchtlinge auch, dass die Vorstellung von der Dimension des Holocaust wie Welt sich der schrecklichen Geschehnisse noch nicht auch von einzelnen Schicksalen zu vermitteln. anzunehmen scheint und die Opfer so ihrem Schicksal Die Solisten verkörpern die jüdischen Opfer Tova überlässt. Die Lage spitzt sich im fünften Satz („He und Aaron sowie Reinhardt, den Repräsentanten Said!“) zu, in dem Adolf Hitlers Zitate die tatsächli- der Täter. Chor und Orchester geben im Wechsel chen Ziele der Täter verdeutlichen. Im sechsten Satz sowohl den zwischen Hoffnung und Verzweiflung („The Directive“) kommen die perfiden Beschlüsse schwankenden Verfolgten als auch den hasserfüllten der Wannsee-Konferenz durch zahlreiche Handlanger Unterdrückern ihre Stimme. Der Knabenchor vertritt Hitlers zum Tragen. Dem Plan zum Massenmord stellt die unzähligen betroffenen jüdischen Kinder und lässt Zane Zalis bewusst ein Wiegenlied der Mütter entgegen. die Arglosigkeit und Unschuld der Opfer allgegenwär- tig erscheinen. Das Orchester hingegen ruft durch bedrohlich wirkende Sequenzen immer wieder das über allem schwebende Unheil in Erinnerung. Der abwechslungsreiche musikalische Verlauf des Werkes beinhaltet eine bemerkenswerte Fülle an Melodieläufen und Dur-Sequenzen, die fast Leichtigkeit vermitteln und die stets zu einer von Hoffnung getragenen Stimmung zurückfinden las- sen. Immer wieder werden diese harmonischen, oft dem Musical-Genre entlehnten Tonfolgen dann aber unvermittelt durch einschneidende Dissonanzen und nachempfundene Schreie unterbrochen, so dass die Schwere des Themas niemals in den Hintergrund tritt. Auch wenn die Musik oft gefällig wirkt, nennt der Text die grausamen Ereignisse stets beim Namen. So lassen z. B. kurze Sätze oder Satzteile die getriebene Hektik der Flucht und die grausamen Repressionen, denen die Opfer ausgesetzt sind, nur allzu klar erkennen. Mit dieser Mischung aus Harmonie und 6 7 i believe Zane Zalis Mit sanfter Stimme versuchen sie, ihre Kinder zu Der Komponist Zane Zalis ist beruhigen und so selbst den Glauben an das gute preisgekrönter Komponist Ende nicht zu verlieren. Die Gegenüberstellungen von und Musikpädagoge. Mit „gut und böse“, „Verzweiflung und Hoffnung“, die „i believe – A HOLOCAUST sich durch das gesamte Werk ziehen, kommen hierin ORATORIO FOR TODAY“ besonders deutlich zum Ausdruck. schuf er ein modernes Orato- Im siebten Satz („Numbers“) drücken ständi- rium, das im Jahre 2009 mit ge Wiederholungen und Aneinanderreihungen sehr dem Winnipeg Symphony deutlich die Maschinerie und akribische Bürokratie Orchestra, Solisten und aus, durch die der Völkermord überhaupt erst möglich einem Chor von 180 Sängern wurde. Die Gefangenen in den Konzentrationslagern vor ausverkauftem Haus wurden von den Nationalsozialisten auf Zahlen und uraufgeführt wurde. Listen reduziert. Die starre Aufzählung von Nummern Seit 2006 ist Zalis der künst- wird unmittelbar im Anschluss im achten Satz („I lerische Leiter des Murau Have a Name“) durch

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