Vorwort an Schüler oder Freunde weitergab, sie vermuten, dass Beethoven der Veröffent- dem nach zunächst gar nicht für eine lichung dieser Kompositionen, die über Veröffentlichung vorgesehen waren. In seinen Bruder betrieben wurde, keine diesem Zusammenhang ist vielleicht eine große Beachtung schenkte. Ludwig van Beethovens (1770 – 1827) durch die Nachfahren von Carl Amenda Dem Erfolg der beiden Sonaten stand Deux Sonates faciles op. 49 – so der Ti- übermittelte Begebenheit von Belang, die dies jedoch in keiner Weise im Weg, sie tel der Originalausgabe – erschienen im mit den Sonaten op. 49 in Verbindung wurden in den folgenden Jahrzehnten in Januar 1805 im Wiener Kunst- und In- gebracht wird (vgl. Beethoven Brief- zahlreichen Ausgaben in ganz Europa dustrie-Comptoir. Wir wissen heute, dass wechsel Gesamtausgabe, Bd. 1, Nr. 51, nachgedruckt und ihre besondere Aus- sie deutlich früher entstanden und dass Anmerkung 3); Beethovens Freund war gewogenheit zwischen Spielbarkeit und die relativ hohe Opuszahl sie falsch als zur Zeit der Entstehung der 1. Sonate Anspruch wurde schnell erkannt. So Nr. 19 und 20 in die kanonisierte Zäh- in Wien. In dem von unbekannter Hand schrieb etwa ein Rezensent der Zeitung lung der 32 Sonaten einordnet. Chrono- verfassten Bericht heißt es, Beethoven für die elegante Welt am 30. Oktober logisch stehen ihnen in etwa die Num- habe der Schwester des mit Amenda be- 1824 (24. Jahrgang, Sp. 1718; die Re- mern 4 und 5 zu. Handschriftliche No- freundeten Gottfried Heinrich Mylich, zension bezieht sich auf die 1822/23 tierungen Beethovens deuten darauf die „recht hübsch Klavier spiele […] ei- bei Steiner & Comp. in Wien erschiene- hin, dass die 2. Sonate vermutlich 1796 ne Sonate im Manuscript, mit der Auf- ne Titelauflage der Originalausgabe): und die 1. Sonate 1797/98 niederge- schrift: ‚Der Schwester meines guten „Leicht und doch interessant zu schrei- schrieben wurde. Beide komponierte Freundes Mylich‘“ übergeben. „Das Ma- ben, ist wenigen Tonsetzern gegeben, Beethoven also in zeitlicher Nähe zu den nuscript war zusammengerollt und mit aber dem gegenwärtigen, dessen Origi- drei Sonaten op. 2 (1794/95), der Grande einem seidenen Bändchen umwunden“ nalität nur zu oft Schwierigkeiten mit Sonate op. 7 (1796/97) und den drei So- (zitiert nach Beethoven aus der Sicht sich führt, in diesen durchaus gefälligen naten op. 10 (1795 – 98). Sie stammen seiner Zeitgenossen, hrsg. von Klaus und angenehmen Sonatinen über Er- weder aus dem zeitlichen Umfeld der Martin Kopitz/Rainer Cadenbach, Mün- wartung gelungen. […] Diese Sätze ha- „Kreutzer“- und „Waldstein“-Sonaten chen 2009, S. 10). ben einen heitern Charakter, fallen gut (1802 – 04), wie die Opuszahl vermuten Es ist zu vermuten, dass beide Sona- in die Finger, und gewähren doch Gele- lässt, noch gehören sie in Beethovens ten, wäre es nur nach Beethovens Willen genheit genug, feinen und gewandten Bonner Jugendjahre, wie es ihre Schlicht- gegangen, nie oder vielleicht erst wesent- Vortrag zu zeigen.“ heit und ihre geringen technischen An- lich später veröffentlicht worden wären. forderungen nahelegen könnten. Wir verdanken es wohl eher dem eifrigen Den in den Bemerkungen am Ende der Warum Beethoven diese leichten zwei- Geschäftssinn seines Bruders Kaspar vorliegenden Edition genannten Institu- sätzigen Sonaten komponierte und sie Karl, der zwischen 1802 und etwa 1806 tionen sei für die zur Verfügung gestell- über Jahre hinweg nicht in Druck gab, auf der Suche nach Einkommensquel- ten Quellenkopien herzlich gedankt. ist nicht belegt und lässt Raum für viele len Beethovens Manuskripte durchfors- Spekulationen. Sicher lag es nicht an tete und auf beide Sonaten stieß. Ab No- München ∙ London, Herbst 2018 der Qualität der kleinen Meisterwerke: vember 1802 bot er „2 kleine leichte Norbert Gertsch ∙ Murray Perahia Beethoven war wohl insbesondere vom So naten wo jede nur 2 Stücke hat“ ver- Thema des Tempo di Menuetto aus So- schiedenen Verlegern an, zunächst An- nate Nr. 2 so angetan, dass er die Musik dré in Offenbach, dann 1803 Breitkopf & in sein 1799 entstandenes Septett op. 20 Härtel in Leipzig und vermutlich 1804 übernahm. Die ausgeliehene Melodie war dem Wiener Kunst- und Industrie-Comp- wie das ganze Septett so populär, dass toir, das den Zuschlag erhielt. sie in unzähligen Arrangements weiter- Bedauerlicherweise sind keine voll- Preface verarbeitet wurde, nicht zuletzt erneut ständigen eigenhändigen Niederschrif- von Beethoven selbst, als er das Septett ten der Sonaten erhalten; unsere Edition 1802 zu einem Klaviertrio mit Klarinet- stützt sich daher lediglich auf die Ori- te arrangierte. Sie ging bald unter dem ginalausgabe von 1805. Mit Blick auf The Deux Sonates faciles op. 49 – the Titel Die Losgekaufte („Ach Schiffer, den dort veröffentlichten Notentext wird title is thus in the original edition – by lieber Schiffer“) ins Volksliedgut über. allerdings schnell klar, dass die 2. So- Ludwig van Beethoven (1770 – 1827) Dies verleitete Carl Czerny zu der irri- nate hinsichtlich der Dynamik nicht aus- were published in January 1805 by the gen Annahme, es handele sich von jeher gearbeitet war. Denn außer zwei pp- Wiener Kunst- und Industrie-Comptoir. um ein rheinisches Volkslied, das Beet- Anweisungen in der Rückleitung zum Today we know that they were composed hoven aufgegriffen habe. Thema des Menuetts (T. 46 und 86) fin- much earlier, and their relatively high Wahrscheinlich ist, dass Beethoven den sich in der gesamten Komposition opus number means that they have been diese leichten Sonaten als Geschenke keine weiteren Angaben. Man kann also erroneously classified as nos. 19 and 20 HN_1327_Vorwort.indd 2 03.12.2018 14:29:18 III within the accepted numeric sequence sister, a young woman who “played the Comp. in Vienna in 1822/23): “Few of 32 sonatas – from a chronological piano very prettily […] a sonata in man- composers have the ability to write easy point of view they should be approxi- uscript, with the inscription: ‘to the sis- yet interesting music, but this present mately nos. 4 and 5. Beethoven’s hand- ter of my good friend Mylich.’ The man- one, whose originality only too often written notes indicate that the 2nd Sona- uscript was rolled up and tied with a gives rise to difficulties, has surpassed ta was probably written in 1796, and little silk ribbon” (as cited in Beethoven expectations with these thoroughly ap- the 1st Sonata in 1797/98. Thus he com- aus der Sicht seiner Zeitgenossen, ed. by pealing and pleasing Sonatinas. […] posed both of them in close proximity to Klaus Martin Kopitz/Rainer Cadenbach, These movements possess a lively char- the three Sonatas op. 2 (1794/95), the Munich, 2009, p. 10). acter, lie well in the hand, and yet allow Grande Sonate op. 7 (1796/97) and the One can surmise that, had it been up ample opportunity for the demonstra- three Sonatas op. 10 (1795 – 98). Con- to Beethoven, the two Sonatas would tion of refined and deft execution.” trary to what their opus number leads have been published only much later, or us to believe, then, they were neither not at all. We instead probably owe their We extend our thanks to the institutions written around the time of the “Kreutzer” publication to the keen business sense mentioned in the Comments at the end and “Waldstein” Sonatas (1802 – 04) of his brother Kaspar Karl, who while of the present edition for kindly putting nor do they stem from Beethoven’s early sifting through Beethoven’s manuscripts copies of the sources at our disposal. years in Bonn, which their simplicity between 1802 and around 1806 on the and modest technical demands might lookout for possible sources of income Munich ∙ London, autumn 2018 otherwise suggest. came across the two Sonatas. Starting Norbert Gertsch ∙ Murray Perahia There is no documentary evidence as in November 1802 he offered “2 small, to why Beethoven composed these easy, easy sonatas, each of which has only two-movement Sonatas and did not have two movements” to different publishers, them published for many years, which first of all to André in Offenbach, then leaves a great deal of room for specu- in 1803 to Breitkopf & Härtel in Leip- lation. It was certainly not due to the zig and, probably in 1804, to the Wiener quality of the little masterpieces: Beet- Kunst- und Industrie-Comptoir, which Préface hoven was arguably so much pleased was awarded the contract. with the theme of the Tempo di Menu- Regrettably, no complete manuscripts etto in the 2nd Sonata that he included of the Sonatas in the composer’s hand it in his Septet op. 20 of 1799. The bor- have survived; thus our edition is based Les Deux Sonates faciles op. 49 – selon rowed melody was so popular, as was solely on the original edition of 1805. le titre de l’édition originale – de Lud- the whole Septet, that it was exploited With regard to the musical text of that wig van Beethoven (1770 – 1827) ont in numerous arrangements; not least by edition, it soon becomes clear that the dy- été publiées en 1805 au Wiener Kunst- Beethoven himself, who in 1802 recast namic markings in the 2nd Sonata were und Industrie-Comptoir. Nous savons the Septet as a Piano Trio with clarinet. not fully elaborated, for with the ex cep- aujourd’hui qu’elles ont été composées The melody was soon absorbed into folk- tion of two pp markings in the return à une date sensiblement antérieure et song culture under the title Die Losge- to the theme of the minuet (in mm. 46 que le numéro d’opus relativement éle- kaufte (“Ach Schiffer, lieber Schiffer”), and 86) there are no other instructions vé, qui les classe en tant que nos 19 et which led Carl Czerny to the erroneous in the whole composition. We can thus 20 parmi les 32 Sonates, est erroné. assumption that Beethoven had made assume that Beethoven did not pay Chronologiquement parlant, elles cor- use of an ancient Rhineland folk melody.
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