Romanische Literaturen 6 und Kulturen Werkstattberichte Theorie und Typologie des Argomento im italienischen Opernlibretto des Barock von Albert Gier UNIVERSITY OF BAMBERG PRESS Romanische Literaturen und Kulturen 6 Romanische Literaturen und Kulturen hrsg. von Dina De Rentiis und Albert Gier Band 6 University of Bamberg Press 2012 Werkstattberichte Theorie und Typologie des Argomento im italienischen Opernlibretto des Barock von Albert Gier University of Bamberg Press 2012 Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Informatio- nen sind im Internet über http://dnb.ddb.de/ abrufbar Dieses Werk ist als freie Onlineversion über den Hochschulschriften- Server (OPUS; http://www.opus-bayern.de/uni-bamberg/) der Universi- tätsbibliothek Bamberg erreichbar. Kopien und Ausdrucke dürfen nur zum privaten und sonstigen eigenen Gebrauch angefertigt werden. Herstellung und Druck: Digital Print Group, Nürnberg Umschlaggestaltung: Dezernat Kommunikation und Alumni der Otto-Friedrich-Universität Bamberg Umschlagbild: Giovanni Paolo Pannini: Fête musicale donnée à l’occasion du mariage du Dauphin (1747) Gedruckt mit Unterstützung der Frankfurter Stiftung für deutsch-italienische Studien © University of Bamberg Press Bamberg 2012 http://www.uni-bamberg.de/ubp/ ISSN: 1867-5042 ISBN: 978-3-86309-084-5 eISBN: 978-3-86309-085-2 URN: urn:nbn:de:bvb:473-opus4-4215 Inhaltsverzeichnis Vorbemerkung 7 Abkürzungen 8 Einleitung: Der Argomento als Forschungsproblem 11 Kapitel I. Der Argomento als Schwellentext 19 Argomento und Prolog 20 – Entstehung (und Verschwinden) des Opern- Argomento 28 – Leser und Zuschauer 37 Kapitel II. Funktion und Bestandteile des Argomento 43 A. Informationen zum Inhalt des Librettos 44 Argomento und Inhaltsangabe 44 – Die Vorgeschichte 46 – Enzyklopädi- sche Information 52 – Die Opernhandlung im Argomento 54 – Geschichte und Fiktion 58 B. Probleme der Stoffbehandlung (Poetik des Librettos, Rezeptionsper- spektiven, theaterpraktische Gegebenheiten) 61 Poetik des Librettos: Lob der Phantasie 61 – Poetik des Librettos: Autorität der Regeln 68 – Poetik des Librettos: Formen und Gattungen 72 – Morali- sche Auslegung und Allegorese 77 – Sympathielenkung 82 – Herrscherlob 86 – Drama und Theater 91 C. Technische Hinweise 95 Kapitel III: Quellenberufungen und Quellenkritik im Argomento 101 5 Inhaltsverzeichnis Autorenlisten und Stellenverweise 102 – Antike Vorlagen 109 – Moderne Vorlagen 126 – Der Gelehrte: Apostolo Zeno 135 – Der Beamte: Giovanni Baldanza 154 Kapitel IV: Argomento und Libretto 161 Statik und Dynamik 162 – Intrige und Ideologie 170 – Erzählen und Darstellen 173 – Systematische Auslassungen 176 – Die Liebe im Argomento 182 Licenza 187 6 Vorbemerkung In der folgenden Darstellung werden Libretto-Drucke durchgehend mit einem Kurztitel, Druckort und -jahr und der Nummer im Katalog von SARTORI (= S) zitiert, die eine eindeutige Identifizierung ermöglicht. In Zitaten ist die Graphie des jeweils benutzten Drucks grundsätz- lich beibehalten; nur u und v werden nach heutigem Gebrauch unterschie- den, und offensichtliche Druckfehler werden stillschweigend berichtigt. Nicht wiedergegeben sind typographische Auszeichnungen durch Majus- keln, Kursivsatz einzelner Wörter oder ganzer Abschnitte, unterschiedliche Schriftgrößen u.ä. Die allen Zitaten im Haupttext beigegebenen deutschen Überset- zungen stammen vom Verfasser; sie sollen lediglich als Verständnishilfe dienen. Zitate in den Fußnoten bleiben unübersetzt. Namen mythologischer Figuren werden grundsätzlich in der bei HEDERICH (s.u. das Abkürzungsverzeichnis) lemmatisierten Form ge- braucht; nur wenn die Opernfigur von der mythologischen Figur unterschie- den werden soll, wird die italienische Form verwendet. Schließlich habe ich mich nach reiflicher Überlegung entschieden, das Wort Argomento wie im Italienischen als Masculinum zu verwenden, obwohl dies deutschen, an „das Argument“ gewöhnten Lesern zunächst ungewohnt erscheinen mag. 7 Abkürzungen CHIARELLI / POMPILIO A. CHIARELLI / A. POMPILIO, „Or vaghi or fieri“. Cenni di poetica nei li- bretti veneziani (circa 1640-1740), con l‟edizione de Il cannocchiale per la Finta pazza di Maiolino Bisaccioni, a cura di C. RUINI, Bologna 2004 DNP Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, hg. von H. CANCIK und H. SCHNEIDER, 16 Bde, Stuttgart – Weimar 1996-2003 GIER A. GIER, Das Libretto. Theorie und Geschichte einer musikoliterarischen Gattung, Darmstadt 1998 HEDERICH B. HEDERICH, Gründliches mythologisches Lexikon [1770], Reprograph. Nachdruck Darmstadt 1996 METASTASIO Opere di P. METASTASIO, 19 Bde, Firenze: Dal Gabinetto di Pallade 1819 METASTASIOB P. METASTASIO, Drammi per musica, a cura di A. L. BELLINA, 3 Bde, Vene- zia 2002-2004 MGG2 Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Allgemeine Enzyklopädie der Musik begr. von FR. BLUME. Zweite, neubearb. Aufl. hg. von L. FINSCHER, Sachteil: 9 Bde und 1 Registerbd, Kassel etc. 1994-1999; Personenteil: 17 Bde und 1 Registerbd, Kassel etc. 1999-2007 NGroveD 8 Abkürzungen The New Grove Dictionary of Music and Musicians, ed. by S. SADIE, 20 Bde, London 1980 [Paperback-Ausg. 1995] NGroveD2 The New Grove Dictionary of Music and Musicians. Second Edition, ed. by S. SADIE, Executive Ed. J. TYRRELL, 29 Bde, London 2001 NLar Nouveau Larousse Illustré. Dictionnaire Universel Encyclopédique, p. sous la dir. de C. AUGE, 7 Bde, Paris o.J. NOE A. NOE, Nicolò Minato Werkverzeichnis (Tabulae Musicae Austriacae, 14), Wien 2004 PEnz Pipers Enzyklopädie des Musiktheaters. Oper Ŕ Operette Ŕ Musical Ŕ Bal- lett, hg. von C. DAHLHAUS und dem Forschungsinstitut für Musiktheater der Universität Bayreuth unter Leitung von S. DÖHRING, 6 Bde und 1 Registerbd, München – Zürich 1986-1997 RAC PAULYS Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft. Neue Bearbeitung begonnen von G. WISSOWA, 34 Bde und 15 Supplementbde, Stuttgart 1894-1978 ROSA SALVA M. ROSA SALVA, „Per introdur al solito l’esemplare novità“. I drammi per musica di Matteo Noris, tesi di laurea Bologna 2004/05 S CL. SARTORI, I libretti italiani a stampa dalle origini al 1800. Catalogo analitico con 16 indici, 7 Bde, Cuneo 1990-1994 ZENO 9 Poesie drammatiche di APOSTOLO ZENO Già Poeta e Istorico di Carlo VI. Imperadore E ora della S.R. Maestà di Maria Teresa regina d‟Ungheria, e di Boemia ec.ec. Composte insieme con PIETRO PARIATI anch‟egli Poeta Cesa- reo, 10 Bde, Venezia: Presso Giambatista Pasquali 1744 10 Einleitung: Der Argomento als Forschungsproblem Ehe das italienische Opernlibretto Text wird, ist es Buch: libretti, „Büchlein“, heißen im 17. Jahrhundert die kleinformatigen, im Theater verkauften Hefte, die den Zuschauern das Mitlesen während der Aufführung ermöglichen; erst seit dem frühen 18. Jahrhundert bezeichnet das Wort auch die Operndichtung selbst1. Das Libretto als Buch weist eine Reihe äußerer Merkmale auf, die seit der Entstehung der Oper um 1600 bis ins 19. Jahr- hundert wesentlich konstant bleiben2. Wie ein modernes Programmheft (mit dem es auch das handliche Format gemeinsam hat) bietet es Informationen, die es dem Zuschauer erleichtern, dem Geschehen auf der Bühne zu folgen. Der Text erscheint dabei gewöhnlich in der Fassung, die der Aufführung zugrundeliegt3. Bei jener Mehrheit von Opern, die nur eine einzige Auffüh- rungsserie am Ort der Uraufführung erlebten, ist das selbstverständlich. Wurde ein Werk anderswo nachgespielt, waren in der Regel mehr oder weniger radikale Eingriffe in Text und Partitur erforderlich, um den verän- derten äußeren Gegebenheiten Rechnung zu tragen4; selbst in Erfolgsstü- cken, die im späteren 18. Jahrhundert auf allen Bühnen Europas zu sehen waren, wurde auf Wunsch der Sänger meist die eine oder andere Arie ausge- tauscht. Das Libretto dokumentiert die jeweilige Spielfassung, deshalb muß zu jeder Wiederaufnahme oder Neueinstudierung ein revidiertes Textbuch gedruckt werden5. 1 Vgl. GIER, 3. 2 Vgl. auch R. MACNUTT, Libretto C. Textbuch, II. Italien, in: MGG2, Sachteil Bd 5, 1240- 1243. 3 Gestrichene Passagen werden gelegentlich mit abgedruckt, aber durch virgoletti (doppelte Kommata) am Rand kenntlich gemacht, vgl. ebd., 1242. In Venedig ist dies seit 1640 üblich, vgl. E. ROSAND, In Defense of the Venetian Libretto, Studi musicali 9 (1980), 271-285, hier 275. 4 Vgl. A. GIER, ridotta á vera opera? Zur Praxis der Libretto-Bearbeitung im 18. Jh. am Beispiel Metastasios, in: Bearbeitungspraxis in der Oper des späten 18. Jahrhunderts. Bericht über die Internationale wissenschaftliche Tagung vom 18. bis 20. Februar 2005 in Würzburg, in Verbin- dung mit A. RAAB und CHR. SIEGERT hg. von U. KONRAD, Tutzing 2007, 33-53. 5 Daß manche Drucke von Libretti Metastasios zunächst die originale Fassung bieten und Abweichungen der Aufführungsversion in einem Anhang zusammenstellen (vgl. K. HORTSCHANSKY, Die Rezeption der Wiener Dramen Metastasios in Italien, in: Venezia e il melodramma nel Settecento, a cura di M.T. MURARO, Firenze 1978, 407-420, hier 408f.), ist ungewöhnlich und zeugt vom Prestige dieses Dichters bei den Zeitgenossen. 11 Einleitung Dieser enge Bezug zum einmaligen Ereignis der Aufführung macht das Libretto zu einem ephemeren Produkt, das, häufig unter Zeitdruck, ziemlich nachlässig hergestellt wird; meist wird billiges Papier verwendet (auch für den Umschlag), die Typographie ist wenig ansprechend (Einheit- lichkeit von Schriftgröße, -art und Durchschuß ist oft nicht gegeben), Druckfehler sind häufig. Andererseits werden Opernaufführungen im Rah- men höfischer
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