Eine bisher unbekannte Pergamentkarte des Wallis aus dem Jahr 1544 von Johannes Stumpf Autor(en): Höhener, Hans-Peter Objekttyp: Article Zeitschrift: Cartographica Helvetica : Fachzeitschrift für Kartengeschichte Band (Jahr): - (2012) Heft 45 PDF erstellt am: 09.10.2021 Persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-178538 Nutzungsbedingungen Die ETH-Bibliothek ist Anbieterin der digitalisierten Zeitschriften. Sie besitzt keine Urheberrechte an den Inhalten der Zeitschriften. Die Rechte liegen in der Regel bei den Herausgebern. Die auf der Plattform e-periodica veröffentlichten Dokumente stehen für nicht-kommerzielle Zwecke in Lehre und Forschung sowie für die private Nutzung frei zur Verfügung. Einzelne Dateien oder Ausdrucke aus diesem Angebot können zusammen mit diesen Nutzungsbedingungen und den korrekten Herkunftsbezeichnungen weitergegeben werden. Das Veröffentlichen von Bildern in Print- und Online-Publikationen ist nur mit vorheriger Genehmigung der Rechteinhaber erlaubt. 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Aus dem auf der Res 150 Taf.3). Karte erkennbaren Wappen geht klar hervor, dass diese von Johannes Stumpf 1544 gezeich­net worden war. Wegen der Vielzahl der Orts­namen und vor allem durch das eingetragene Strassennetz stellt sie ein einzigartiges Doku­ment dar. Schon vor dieser Karte zeichnete Stumpf eine Karte des Wallis nach der 1538 ge­druckten Schweizer Karte von Aegidius Tschudi. Die 1547 von Stumpf in seiner Chronik veröf•fentlichte Ober Wallis, Under Wallis) und Völkernamen INSUB­RES, Landtafel, zu der auch noch die Druck­vorlage Die Langobarder, Longobardii Pop., Lepontij, Vi­berj, vorhanden ist, stellt eine Generalisie­rung SALASSI Pop., VALLESII, Vallesiani Pop., SEDVNI der Karte von 1544 dar. Die Karte des Wal­lis Pop., VERAGRI Pop.), die Talnamen, die Namen der von Sebastian Münster von 1545 beruht auf Pässe, einzelner Berge und Alpen z.B. Anthoni mons, der gleichen Grundlage wie die Karte von Bell Alpen), der Hauptorte der Zenden5 Ärnen, Brig, Stumpf von 1544, einer heute verschollenen Visp,Raren, Leug, Sider, Sitten)sowie Aostas, schwarz Karte von Johannes Schalbetter. Im 18. Jahrhun­dert für alle übrigen Namen Flüsse, Orte, Burgen) verwen­det. wurde die Pergamentkarte mehrmals er•wähnt, Die rote Farbe ist besser erhalten als die schwar­ze dann verlieren sich ihre Spuren.1 und deshalb auch leichter lesbar. Bei einigen Namen stehen lateinische Bemerkungen – oft schwer leserlich oder unlesbar – z. B. bei Burgen oft arx rupta Beschreibung der Karte zerstörte Burg). Die Karte ist auf Pergament gezeichnet Abb.2),2 was Die auf der Karte eingezeichneten Gewässer, Stras- für diese Zeit eher ungewöhnlich ist. Die Schrift ist die sen, Brücken und Pässe sind auf Abb. 3 dargestellt gleiche wie auf den übrigen handschriftlichen Karten und in der dazugehörenden Tabelle aufgelistet. Der von Johannes Stumpf. Am Rand und oben in der Mit­te Verlauf der Rhone und anderer Gewässer hat sich seit fehlen einzelne Teile. Die beiden Titel der Karte, die Stumpf teilweise verändert. Als Beispiel genannt sei ebenfalls Fehlstellen aufweisen, lauten Ergänzungen Granges Gradetsch): Zur Zeit von Stumpf floss der in eckigen Klammern): Hauptarm der Rhone nördlich des Städtchens vorbei, Oben links lateinischer Titel: THOPOGRAPHIA DI[OE- seit der grossen Überschwemmung von 1695 liegt es CESIS] SEDVNENSIS 15 [..] auf der Südseite des Flusses.6 Auch bei Gamsen ist Unten links deutscher Titel: Warhaftige verzeychnung auf der östlichen Seite der Letzi ein heute nicht mehr Bischoffthuombs des von Sitten vnnd des Lannds Ober vorhandener Flussarm der Gamsa eingezeichnet.7 Be­merkenswert vnd Nider Wallis Sampt synen Zehnden Gmeynden für die Zeit ist das eingetragene Stras- und zuogehoe[rigen Vogteyen] sennetz. Damals wurde nur sehr selten ein solches auf Die Grösse der Zeichnung beträgt ohne Massstabs­leiste einer Karte eines grösseren Gebietes eingezeichnet, 75,5 x 31 cm, das ganze Kartenblatt misst zum Beispiel auf Pilgerkarten. Offenbar galten Stras- 80 x 32 cm. Am Rand ist ein Massstab mit je 2 cm lan­gen sen als militärisches Geheimnis. Auf gedruckten Einheiten eingetragen, auf der Länge 33 ganze Schweizer Karten erscheinen sie erst etwa um 1700. und 2 halbe Einheiten, auf der Breite 14 ganze und Kirchen, Burgen und Schlösser, einzelne Häuser, dazu 2 halbe. Innerhalb der Karte ist der Massstab unein­heitlich die Landwehr bei Gamsen, zwei Galgen bei Glis und zwischen 1:150000 und 1:300000. Das Ge­biet Visp sowie das Silberbergwerk im Val de Bagnes sind der Rhoneebene ist in einem grösserem Massstab bildlich dargestellt. Es scheint, dass die Kirchen aller gezeichnet als die übrigen Teile.3 Das dargestellte Ge­biet damals im Wallis vorhandenen Pfarreien auf der Kar­te umfasst das heutige Gebiet des Kantons Wallis eingezeichnet sind.8 Einzelne Ortsansichten, Kir­chen bis St-Maurice ohne das 1536 von Savoyen erworbe­ne und Burgen scheinen nach der Natur gezeichnet Gebiet, das die späteren Vogteien Monthey, Evian zu sein, andere sind nur schematisch dargestellt. und Hochtal Vallée d’Aulps) umfasste.4 Oben in der Mitte der Karte stehen das Wappen des Die Namen auf der Karte sind teilweise verblasst oder Bischofs Adrian von Riedmatten und darunter zwei unleserlich. Als Farben wurde blau für das Gewässer•netz, Walliser Wappen. Es wird von einem Band umwun­den, rot für die Strassen, die Landschafts- Goms, das links die Buchstaben ADR Anno Dominicae Cartographica Helvetica, Heft 45, 2012 3 lö Dft XliVUötffljfoc Abb. 2: THOPOGRAPHIA Resurrectionis) und rechts die Jahreszahl 1544 ist das Wappen von Johannes Stumpf zu erkennen. DI[OEŒSIS] SEDVNENSIS: aufweist. Adrian von Riedmatten (Abb. 4) wurde 1478 in Darüber stehen die drei Buchstaben J S B, die Johannes 15p], Warhaftige verzeych- Visp als Sohn des Petermann, Kastlan von Visp, geboren. Stumpf Bruxellanus oder Bruchsellanus13 bedeuten nung des BischoffthSmbs von Sitten vnnd des Lannds Ober Er studierte in Köln und Basel,9 eventuell auch in können. Dies muss aber nicht bedeuten, dass vnd Nider Wallis [...]. Schwarze Paris.10 1495 wurde er als Domherr in Sitten erwähnt. auch die Grundlage der Karte von ihm stammt. So [heute meist braune], 1510-1522 stand er im Dienst des Kardinal Matthäus erweckt die Gallia-Karte in der Chronik (Abb. 1) durch blaue und rote Tinte auf Schiner, für den er 1521 bis 1522 die Markgrafschaft Wappen und Name den Eindruck, dass deren Grundlagen Pergament. Format ohne Vigevano verwaltete. 1523 kehrte er nach Sitten doch ist dass Massstabsleiste: 75,5 cm x 31 cm, von Stumpf stammen, erwiesen, zurück. 8. Domkapitel ganzes Blatt 80 x 32 cm, ca. Am September 1529 wählte ihn das eine Karte aus Sebastian Münsters Geographia 1:185 000 (Staatsarchiv Wallis, und der Landtag zum Bischof von Sitten. Diese Universalis von 1540 (GALLIA IUI. NOVA TABVLA) als Vorlage 2010/26 «Claudy Wahl wurde am 15. Mai 1532 vom Papst bestätigt. Er diente. Diese wurde von Stumpf kopiert, um Raymond»), starb am 17. März 1548.11 Adrians natürlicher Sohn 180° gedreht und nach Süden ausgerichtet.14 Peter Gon begründete den Familienzweig, aus dem Johannes Stumpf (Abb. 5) wurde am 23. April 1500 in später fünf weitere Riedmatten-Bischöfe stammten.12 Bruchsal im Hochstift Speyer geboren, studierte in Unten links - rechts neben dem Wappen von Siders - Heidelberg und trat 1521 in den Johanniterorden ein. 4 Cartographica Helvetica, Heft 45, 2012 der, Sitten, rechts die Wappen der sechs Banner des Unterwallis [Titel nicht mehr vorhanden, da Ecke rechts oben fehlt]. In der Chronik tragen diese Wappen den Titel: Die waapen der sechs Paner [...] des lands Underwallißd7 [Gundes Conthey, Wappen und Beschriftung fehlen], [Saillon, Beschriftung fehlt], Arden [Ardon], Martinacht [Martigny], Jntremont [Entremont], S. Mauritzen [St-Maurice], Bei den Wappen sind die Farben Gelb und Blau (z.B. gelber Löwe und blauer Hammer bei Martigny) völlig verblasst und die Farbe Grün (z.B. grüner Berg bei Entremont) hat sich verschwärzt. Das Gleiche gilt für diese Farben auch in der Karte. In dieser werden die Wappen der sieben Zenden und von St-Maurice wiederholt. Überdies sind diejenigen von Mailand, Savoyen, Saanen und Bern eingezeichnet. TvNltV Um die Bedeutung der Wappen zu verstehen, gehen wir kurz auf die politischen Verhältnisse des Wallis zu jener Zeit ein. Die Zenden, weitgehend souveräne Gemeinden, vergleichbar mit einem Ort der alten Eidgenossenschaft, bildeten die politische Grundlage des Landes. Der Zendenrat, d. h. die Vertreter der Dörfer, wählte in den Zenden den Meier oder den Kastlan als obersten Richter und den Zendenhauptmann und den Bannerherrn als militärische Führer. Im Zendenrat wurden
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