
Hessischer Städteatlas Lieferung I,4 Dieburg Textheft Herausgeberin: Ursula Braasch-Schwersmann Bearbeiter: Holger Th. Gräf und Ulrich Ritzerfeld Marburg 2005 Ansicht von Dieburg, Kupferstich von Barthélemy de la Roque, um 1751, aus: Max HERCHENRÖDER: Die Kunstdenkmäler des Landkreises Dieburg, 1940, nach S. 56 Siegel der Stadt Dieburg, 1314, Umschrift: + S(IGILLVM) VNIVERSITATIS OPIDE DE DIPPURG, Durchmesser: 56 mm (verkleinert), Hessisches Staatsarchiv Darmstadt, Dieburg 1314, A 1 Nr. 40/22 Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei Der Deutschen Bibliothek über http://dnd.ddb.de abrufbar Gedruckt aus Mitteln des Landes Hessen ISBN 3-87707-646-7 © Hessisches Landesamt für geschichtliche Landeskunde, Marburg 2005 Druck: VDS Verlagsdruckerei Schmidt, Neustadt an der Aisch Inhalt I. Historischer Abriss 1. Das römische Dieburg I. Historischer Abriss 3 1. Das römische Dieburg 3 Die römische Siedlung Dieburg erstreckte sich über 2. Anfänge des Ortes bis ins 13. Jahrhundert 4 eine Fläche von mindestens 500 x 650 m (32,5 ha) 3. Das Spätmittelalter und die Frühneuzeit 7 und war damit mehr als dreimal so groß wie die mit- 4. Das 19. und 20. Jahrhundert 14 telalterliche Stadt1. Der Siedlungsraum lag etwa im 5. Jüdische Einwohner in Dieburg im Mittelalter und in der Neuzeit 18 Bereich zwischen Bahnhofstraße und Minnefeld im 6. Bevölkerungszahlen vom Mittelalter bis zum Norden, Ringstraße und Hinter der Schießmauer im 20. Jahrhundert 21 Osten und Süden sowie der Steinstraße im Westen. 7. Wirtschaft, Gewerbe und Beschäftigungs- Die römischen Funde und Befunde konzentrieren struktur in der Neuzeit 21 sich im Bereich Altenstadt östlich des mittelalterli- chen Stadtkerns. Dies lässt nur bedingt Rückschlüsse II. Siedlungstopographische Entwicklung auf die tatsächliche Bebauung zu und ist vielmehr vom Mittelalter bis zur Mitte des mit der Tatsache zu erklären, dass hier ab dem späten 19. Jahrhunderts (1846/58) 23 19. Jahrhundert zahlreiche Neubauten und Straßen 1. 8. bis 11. Jahrhundert 23 entstanden, während der mittelalterliche Stadtkern 2. 12./13. Jahrhundert 23 3. 1. Hälfte 14. Jahrhundert 25 weitgehend überbaut war und blieb. 4. 14. bis 16. Jahrhundert 25 Die römische Siedlung Dieburg entwickelte sich 5. 17. Jahrhundert 25 nicht, wie früher angenommen, aus einem Kastell, 6. Entwicklung bis 1846/58 26 sondern entstand mehr oder weniger als Zivilsied- lung um das Jahr 125 n. Chr. und diente vor allem III. Siedlungstopographische Entwicklung von der Mitte des 19. bis zum Ende des der Versorgung der östlich gelegenen Limes-Kastelle 20. Jahrhunderts 27 von Groß-Krotzenburg am Main bis Vielbrunn im 1. 1846/58 bis 1945 27 Odenwald2. Sechs römische Straßen trafen in Die- 2. 1945 bis 1992 27 burg zusammen und machten den Ort, neben Groß- Gerau und Ladenburg (Lopodunum), zum damals IV. Erläuterungen zum Kartenwerk, Aufbau wichtigsten Verkehrsknotenpunkt zwischen Rhein, der Karten und Hinweise zu ihren Quellen 29 Main und Neckar3. Anhand einer Reihe von In- 1. Katasterkarte 1846/58, 1:2.500 29 schriften kann geschlossen werden, dass Dieburg der 2. a) Umlandkarte 19. Jahrhundert (1832/50), Hauptort der Civitas Auderiensium war4. 1:25.000 30 b) Umlandkarte 20. Jahrhundert (1989), Neben zahlreichen Wohnbauten weisen vor allem 1:25.000 30 das 1926 an der Seestraße nördlich der Einmün- 3. Entwicklung des Ortes vom Mittelalter bis dung der Forsthausstraße ausgegrabene Mithräum5, 1846/58, 1:2.500 31 die mutmaßliche Marktbasilika nordöstlich der Wall- 4. Entwicklung der Stadt von 1846/58 bis 1992, fahrtskirche in der Theobaldstraße, der 1977/78 1:5.000 32 ergrabene Kultbezirk südöstlich der Kreuzung Groß- 5. Stadtkarte 1992, 1:5.000 32 6. Übersichtskarte Hessen, 1:750.000 Umstädter/Aschaffenburger Straße und die bereits Legende zur Katasterkarte, 1:2.500 32 in den 1930er Jahren entdeckten Insula-ähnlichen Gebäudereste in der Marienstraße beim Finanzamt V. Gebäudeverzeichnis 34 auf die Größe und Bedeutung der Siedlung hin6. Die in mehreren Schnitten nachgewiesene und 1972 VI. Literatur 42 in der südlichen Ringstraße auf 67 m Länge ergra- 1. Quellen 42 bene Siedlungsmauer entstand wahrscheinlich erst 2. Darstellungen 42 Anfang des 3. nachchristlichen Jahrhunderts „in der VII. Abbildungen 47 1 Zum folgenden, wenn nicht anders angegeben: SCHALL- MAYER, Dieburg S. 250-256; BOSS, Dieburg S. 32-48 mit Tafeln IX-XVI. 2 Vgl. die Karte bei BOSS, Dieburg S. 34. 3 KURT, Straßen und Verkehr S. 44-65. 4 SCHALLMAYER, Dieburg S. 250-252. 5 BEHN, Mithrasheiligtum. 6 Zuletzt: PORZENHEIM/SCHALLMAYER, Tempelbezirk. 3 Hessischer Städteatlas – Dieburg Vorahnung drohender Alamanneneinfälle“7. Im und Waffenbeigaben13. Die traditionelle Annahme Abstand von etwa 50 bis 300 m lagen vor dieser eines fränkischen Königshofes fand ihren Nieder- Siedlungsmauer an den römischen Ausfallstraßen schlag in der Karte der Grafschaft Hanau von Zoll- insgesamt sechs heute bekannte Gräberfelder8. Die mann und Homann, die 1728 in Nürnberg ge- Bestattungen setzten um 125 n. Chr. ein. druckt wurde. Darin wird Dieburg als Sitz des Königs Der Gesamtüberblick über das bisherige Fund- Chlodio bezeichnet. Das hierfür in Anspruch ge- material lässt eine Blütezeit der Siedlung um das Jahr nommene und bei Gregor von Tours belegte Dis- 200 n. Chr. vermuten. Die Alamanneneinfälle der pargum bezieht sich jedoch mit Sicherheit nicht auf 14 Jahre 259/260 und der Rückzug auf die Rheinlinie Dieburg . Indes lässt das erst 1976 in der Nähe des brachten dem römischen Dieburg das Ende9. Reihengräberfeldes Todtenmarkt entdeckte Einzel- grab eines vornehmen fränkischen Reiters aus dem ersten Drittel des 7. Jahrhunderts durchaus eine 2. Anfänge des Ortes bis ins 13. Jahrhundert gestiegene Bedeutung des Ortes vermuten15. Ob sich eine Kontinuitätslinie von diesem Reitergrab zu dem Für die annähernd neuneinhalb Jahrhunderte zwi- von der Forschung ab dem 9. Jahrhundert angenom- schen dem Abzug der römischen Truppen und der menen Königshof in der Altenstadt zur Verwaltung ersten gesicherten Nennung Dieburgs im Jahre 1207 der Dreieich ziehen lässt, muss offen bleiben16. Die ist man für die Siedlungsgeschichte auf wenige ar- Forschungen zur Organisation und Verwaltung der chäologische Funde und Befunde sowie mehr oder königlichen Forste zwischen Main und Neckar in minder plausible Spekulationen angewiesen10. Ob karolingischer und ottonischer Zeit lassen es auf je- das römische Dieburg zerstört wurde oder über die den Fall plausibel erscheinen, neben Trebur und Jahrhunderte verfiel, ist unsicher. Es gibt keinen Frankfurt auch in Dieburg einen Königshof anzu- Brandhorizont, der eine gewaltsame Zerstörung ver- nehmen, von dem aus ein magister forestariorum mit muten lassen würde. Unsicher ist, wann die römische einer bestimmten Anzahl von forestarii die östlichen Bevölkerung letztlich die Siedlung verlassen hat, ob Bereiche der Dreieich verwaltete17. Teile ansässig blieben, ob die römischen Gebäude Eine Siedlungskontinuität auf dem Gebiet der von den germanischen Einwanderern zumindest teil- ehemaligen römischen Ortschaft seit der Spätantike weise genutzt wurden oder ob der Platz für eine erscheint durch die relative Bedeutung des Ortes in bestimmte Zeit völlig verlassen lag11. fränkisch-karolingischer Zeit möglich und kann Erste Spuren einer nachrömischen Besiedlung im anhand der Grabungsbefunde im Bereich der Wall- Stadtgebiet stammen aus dem 5. Jahrhundert. 1965 fahrtskirche weiter plausibel gemacht werden, auch wurde in der Kratzengasse das Fragment einer bron- wenn der Nachweis hierfür – anders als im benach- zenen Stangenkette, ein charakteristischer fränkischer barten Groß-Umstadt – noch aussteht18. Die 1930/ Frauenschmuck, gefunden12. Einen sicheren Hin- weis auf Bewohner im Frühmittelalter liefern die zahlreichen Grabfunde. Eindeutig merowingerzeit- lich sind das 1869 in der Nähe des Konvikts in der 13 DAHMLOS, Archäologische Funde S. 35 Nr. 3a-b; BOSS, Flur Todtenmarkt angeschnittene Gräberfeld und das Dieburg S. 46. Zuletzt MÖLLER, Katalog S. 49. 1904 bei Erweiterungsarbeiten am Bahnhofsgebäude 14 GREGOR VON TOURS, Bücher 1 S. 90; BECHERT, Ascbur- entdeckte Einzelgrab eines Kriegers mit Schmuck- gium und Dispargum S. 1-11. 15 GÖLDNER, Reiter S. 1013-1014 und DERS., Reiter von Dieburg S. 219-225. 16 BOSS, Dieburg S. 46; EBERSMANN, Königsburg S. 180-181, 198-207. 17 GOCKEL, Königshöfe S. 74-75, 81-85, mit dem wichtigen 7 SCHALLMAYER, Dieburg S. 252. Hinweis in Anm. 310 und 359 auf das Weistum von 1338, 8 Vgl. die Karte bei SCHALLMAYER, Dieburg S. 251. demzufolge dem hofe zu Dyeburg Vorrechte bei der Jagd in 9 BOSS, Dieburg S. 46; HOCH, Territorialgeschichte S. 10-11. der Dreieich eingeräumt wurden; in pointierter Form ver- 10 In zwei Urkunden des Jahres 1207 tritt eine Domina Judta mutete schon HOCH, Reichsgut S. 55-56, einen karolingi- bzw. Judda de Dieburch als Zeugin auf. Vgl. ROSSEL, UB schen Königshof in Dieburg. Eberbach Nrn. 57, 58; MEYER ZU ERMGASSEN, Oculus 18 Zur kontinuierlichen Besiedlung des Innenstadtbereiches Memorie 1 Nr. 58 S. 148 und Tafel 10. Erst im Jahr dar- von Groß-Umstadt s. GÖLDNER, Groß-Umstadt. Zum Fol- auf tritt zusammen mit Jutta ihr Bruder Heinrich von Die- genden BEHN, Wallfahrtskapelle S. 29-36. Ein aufschluss- burg in Erscheinung und vermacht mit ihr und seiner Frau reiches Vergleichsbeispiel bietet die auf eine alamannische dem Kloster Eberbach eine Trift bei Hagen; vgl. ROSSEL, Siedlung zurückgehende Altstadt von Villingen (heute Vil- UB Eberbach Nr. 63. Die ältere lokalgeschichtliche For- lingen-Schwenningen, Schwarzwald-Baar-Kreis),
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