Männlichkeit Verhandeln. Von Lüstlingen, Kriegern Und Wahren

Männlichkeit Verhandeln. Von Lüstlingen, Kriegern Und Wahren

Mainzer Althistorische Studien 9 Männlichkeit verhandeln Männlichkeit Männlichkeit verhandeln Von Lüstlingen, Kriegern und wahren Römern (1./2. Jh. n. Chr.) Jan Weidauer Jan Weidauer Männlichkeit verhandeln Von Lüstlingen, Kriegern und wahren Römern (1./2. Jh. n. Chr.) Schriftenreihe Mainzer Althistorische Studien (MAS) Band 9 herausgegeben von Prof. Dr. Marietta Horster Johannes Gutenberg-Universität Mainz Jan Weidauer Männlichkeit verhandeln Von Lüstlingen, Kriegern und wahren Römern (1./2. Jh. n. Chr.) Jan Weidauer https://orcid.org/0000-0003-0135-185X Zugl. Diss. Univ. Mainz (2020) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar. Dieses Werk ist unter der Creative Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0 veröffentlicht. Die Umschlaggestaltung unterliegt der Creative-Commons-Lizenz CC BY-ND 4.0. Publiziert bei Propylaeum, Universitätsbibliothek Heidelberg 2021. Diese Publikation ist auf https://www.propylaeum.de dauerhaft frei verfügbar (Open Access). urn: urn:nbn:de:bsz:16-propylaeum-ebook-813-5 doi: https://doi.org/10.11588/propylaeum.813 Text © 2021 Jan Weidauer Umschlagillustration: © Münzsammlung Alte Geschichte, JGU Mainz, inv. 215 ISSN 2567-1030 eISSN 2700-9114 ISBN 978-3-96929-028-6 (Hardcover) ISBN 978-3-96929-027-9 (PDF) Inhaltsverzeichnis Vorwort 1 1 Einleitung 3 1.1 Fragestellung und Erkenntnisinteresse 3 1.2 Theoretisch-methodische Entscheidungen 7 1.3 Männlichkeit in den Altertumswissenschaften 24 1.3.1 Sexualität 25 1.3.2 Rhetorik 32 1.3.3 Semantik 38 1.3.4 Ehe 41 1.3.5 Autorenbezogene Studien 43 1.4 Herangehensweise der Untersuchung 45 2 Deviante Geschlechtsidentitäten im satirischen Diskurs 59 2.1 Der satirische Diskurs 59 2.2 Performativität als Element der Geschlechtskonstruktion 64 2.3 Behaarung – Die Semiotik des männlichen Körpers 68 2.4 Der mos maiorum – Römische Erinnerungskultur in Form der exempla als Idealisierungen römischer Männlichkeit 78 2.5 Die Ehe als binäre Kodierung der Geschlechtsidentitäten 88 2.5.1 Die Ehe zwischen Mann und Frau 88 2.5.2 Die Ehe zwischen Mann und Mann 101 2.6 Diskurs und Praxis römischer Männlichkeit 115 2.6.1 Zeichen und Substanz – männlich wirken, männlich sein 115 2.6.2 Die natürliche Geschlechterordnung – Ordnung durch Dichotomie 121 2.6.3 Der männliche Habitus 126 3 Germanen und Griechen – Ethnizität und Männlichkeit 137 3.1 Der ethnische Diskurs 137 3.2 Römer, Barbaren und Griechen – Identität und Alterität 141 3.2.1 Barbaren, Klimazonen und Dekadenz – Grundfiguren (griechisch-)römischen Denkens im ethnischen Diskurs 141 3.2.2 Der Nordbarbar im Gegensatz zum römischen Soldaten 153 3.2.3 Sieger und Besiegter – griechisch-römische Kulturbegegnung 166 3.3 Die Germanen – Hypermaskuline Krieger 173 3.3.1 Caesars Germanen 173 3.3.2 Die Germania des Tacitus 184 3.4 Graeculi – Hyperzivilisierte Schwächlinge 216 3.4.1 Gymnasium und Athletik als konstitutive Merkmale griechischer Kultur 216 VI Männlichkeit verhandeln 3.4.2 Kritik an griechischer Athletik in der römischen Literatur 219 3.4.3 Griechische Athletik im rhetorischen Diskurs 230 3.5 Ehre und Schande als Leitprinzipien römischer Männlichkeit 240 4 Schluss 251 Literaturverzeichnis 261 Quellen 261 Literatur 263 Index locorum 293 Vorwort Bei der vorliegenden Untersuchung handelt es sich um eine geringfügig überarbei- tete Fassung meiner Dissertationsschrift in der Alten Geschichte an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, die ich im April 2020 eingereicht habe. Meiner Be- treuerin, Prof. Dr. Marietta Horster, danke ich für die stets motivierende und intel- lektuell anregende Begleitung des gesamten Dissertationsverfahrens. Ihre Unter- stützung war für mich von unschätzbarem Wert. Auch möchte ich den Gutachtern, Prof. Dr. Thomas Blank und PD Dr. Bernhard Smarczyk, herzlich danken für ihre kritischen Kommentare und den konstruktiven Austausch, der wesentlich zur in- haltlichen Überarbeitung beitrug. Für die sorgfältige Lektüre meines Manuskriptes danke ich meiner Schwieger- mutter, Andrea Khiyachi, und meiner Mutter, Helga Weidauer. Nicht nur für ihre kritische Lektüre, sondern in noch größerem Maße für ihre Geduld und Unterstüt- zung im Alltag danke ich meiner Frau, Laura Weidauer. Ohne sie wäre diese Arbeit nicht möglich gewesen. Gewidmet ist diese Arbeit meiner Mutter, die mich in allen Phasen meines Le- bens unterstützte und mir bereits in jungen Jahren den Wert des geschriebenen Wortes vermittelte. 1 Einleitung 1.1 Fragestellung und Erkenntnisinteresse „Sei ein Mann!“ Dieser Imperativ kann als Verheißung und Fluch zugleich gedeutet werden. Verheißungsvoll erscheint er, da er auf ein beinahe unbegrenztes Potenzial zur Selbstverwirklichung sowie zur Beherrschung der Welt verweist. Männliche Domi- nanz macht alles möglich. Textpragmatisch betrachtet dürfte es sich bei dieser Be- schwörung jedoch eher um Kritik an der Verletzung einer Norm männlichen Ver- haltens handeln, da der Empfänger dieser Botschaft „nicht Manns genug“ ist, eine bestimmte Aufgabe zu erledigen, eine Prüfung seiner Männlichkeit zu meistern. Es fehlen ihm der nötige Mut, der doch dem männlichen Geschlecht zu eigen sein soll. Mag diese Aufforderung heute in einigen Kreisen nur noch ironisch verstanden werden, so scheint die Welt nach wie vor Bedarf an derart beschworenen Männern zu haben, obwohl seit der Antike ein Wandel der Geschlechterstereotype zu ver- zeichnen ist. Jeder Mensch besitzt eine geschlechtliche Identität. In der Geschichte der Menschheit scheint es vorwiegend zwei wechselseitig exklusive und zugleich auf- einander bezogene Möglichkeiten gegeben zu haben: Mann oder Frau. Damit ver- bunden waren und sind zu unterschiedlichen Zeitpunkten und in unterschiedli- chen Kulturen bestimmte Erwartungen körperlicher und geistiger Eigenschaften, Fähigkeiten und Bedürfnisse – Handlungspflichten und Vorrechte erwuchsen ebenfalls aus der Einordnung in eine Geschlechtskategorie. Legitimationsgrund- lage war und ist meist die Natur des jeweiligen Geschlechts – die wahre Essenz der Männlichkeit und Weiblichkeit, die auf eine präsoziale und ahistorische Entität verweist bzw. daraus besteht. In westlichen liberaldemokratischen Staaten ist spä- testens seit den 1960er Jahren diese klare Bipolarität in Frage gestellt worden, der in wenigen Staaten wie der Bundesrepublik Deutschland durch ein juristisch defi- niertes drittes Geschlecht zudem die Basis genommen wurde, ohne dass jedoch ein gesamtgesellschaftlicher Wandel der verbreiteten Vorstellungen zu den Charakte- ristika der Geschlechter bereits eingetreten ist. Die vermeintliche Natur der Geschlechter scheint jedoch über lange Zeiträume unzutreffend bestimmt worden zu sein. Männer und Frauen können und dürfen in unserer liberaldemokratisch verfassten Gesellschaft heute Handlungen vollziehen, die ihnen lange verwehrt blieben, die als unnatürlich gekennzeichnet waren oder zumindest als sozial nicht wünschenswert. Hierbei sind alle Bereiche menschlicher Existenz betroffen, von der Sexualität bis zum Erwerbsleben, da die Kategorie Ge- schlecht sozial omnirelevant ist – in jeder Situation kann sie aktualisiert werden, indem sie wahrgenommen und mit Bedeutung aufgeladen wird. Während die Gleichberechtigung unterschiedlicher Geschlechtsidentitäten heu- te rechtlich kodifiziert wurde und in einem Teil der Welt ihre Umsetzung öffen- 4 Männlichkeit verhandeln tlich und privat verhandelt wird, stellt sich die Frage, was es überhaupt bedeutet, Mann oder Frau oder gar ein „Drittes Geschlecht“ zu sein. Gerade Männer sollen sich verändern und die „toxische Maskulinität“ ihrer Vorväter ablegen, um patriar- chale und misogyne Tiefenstrukturen zu überwinden. Zugleich wird der „Gender- Wahnsinn“ kritisiert und führt zu Gegenbewegungen, die in der traditionellen bi- polaren Geschlechterordnung samt damit verbundener Rollen- und Verhaltenser- wartungen eine Rückkehr zu stabilen und behaglichen Verhältnissen sehen. Fragen unserer heutigen Gesellschaft sollen in dieser historischen Untersu- chung nicht beantwortet werden; zweifelsohne ist aber die Untersuchung selbst vom Zeitgeist beeinflusst. Dass Frauen Staatsgeschäfte und Unternehmen leiten oder Lehrstühle innehaben, dass gleichgeschlechtliche Paare heiraten oder Männer vom Beruf eine Auszeit nehmen, um sich der Kinderfürsorge zu widmen, erweitert die Möglichkeiten, Geschlechterdifferenzen und -relationen zu denken. Dass mitt- lerweile vereinzelt politische Bestreben existieren, Geschlechterforschung in Euro- pa einzuschränken oder gar zu verbieten, ist einerseits nur möglich, weil Ge- schlechterforschung seit mehr als 20 Jahren an vielen universitären Instituten etabliert ist; andererseits wird dadurch auch evident, dass die Hinterfragung der Geschlechterverhältnisse in Geschichte und Gegenwart enorme politische – und für die Individuen auch persönliche – Brisanz besitzt. Vorliegend soll der Versuch unternommen werden, sich wissenschaftlich einer der Schlüsselepochen westlicher Männlichkeitsvorstellungen zu nähern. Die römi- sche Antike soll als ein Beispiel für die Historizität und Kontextgebundenheit ge- schlechtlicher Identitäten untersucht werden. Die Geschlechterdifferenz war eine in der antiken Lebenswelt normative Sinnstruktur, indem sie Menschen unter- schiedliche Handlungsmöglichkeiten ermöglichte und sie einschränkte, Identitäten valorisierte oder verwarf und legitime Herrschaftspositionen mitbestimmte. Was bedeutete es, im kaiserzeitlichen Rom ein Mann zu sein? Nicht

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