Herold-Jahrbuch

Herold-Jahrbuch

Sonderdruck aus x Z42-9 HEROLD-JAHRBUCH Neue Folge 15. Band Herausgegeben im Auftrage des HEROLD,Verein für Heraldik, Genealogie und verwandte Wissenschaften zu Berlin (gegr. 1869), von Peter Bahl und Eckart Henning 2010 Selbstverlag des HEROLD Berlin Ahnen deutscher Könige und Königinnen Alternativen zu dem Werk-von Eduard Hlawitschka' Von ARMIN WOLF Gewidmetden Monumenta GermaniaeHistorica 78 Jahre ist her, dass Ahnen der deutschen Kaiser, Könige ihrer Gemahlinnen" es Die und von Wilhelm Karl Prinz von Isenburg erschienen. Den Monumenta Germaniae Histo- rica ist es zu verdanken, dass jetzt in der Reihe Hilfsmittel eine Neubearbeitung dieses Themas aus der Hand von Eduard Hlawitschka vorliegt. Das Tafelwerk von Isenburg umfasste den gesamten Zeitraum von Otto III. bis zu Franz II. und Wilhelm II., also vom 10. Jahrhundert bis zum Untergang der Monarchie in Deutschland 1918. Hlawitschka beschränkt sich in seinem Werk auf die Zeit von 911 bis 1137, also von König Konrad 1. bis zu Kaiser Lothar III. Ein zweiter, hier noch nicht berücksichtigter Band für die Stauferzeit von 1138 bis 1197 ist 2009 erschienen. Hlawitschkas Aufforderung, das Werk in das Spätmittelalter fortzuführen, ist mit Nachdruck zu unterstützen. \}UährendIsenburg für den behandeltenZeitraum 17 (von seinen 121) Tafeln bot, hat Hlawitschka deren Zahl auf'32 Tafeln erhöht. Er hat nämlich zusätzlichzu Isenburg auch Konrad I., Heinrich I., Otto I., Otto II. und deren Gemahlinnen eigensbearbeitet (Tafeln I-X'), die bei Isenburg nur teilweiseals Ahnen Ottos III. berücksichtigt sind (für Konrad 1. gar nicht). Neu sind ebenfalls die Tafeln für Sophia, die Gemahlin König Hermanns von Luxemburg-Salm (XXVI), über deren Abstammung zur Zeit Isenburgsnoch nichts Näheres bekannt war, und für Maximilla von Kalabrien, die Gemahlin Konrads (III. ), die erst vor einigen Jahrzehntenvon Walther Holtzmann entdeckt wurde (XXVIII). Hla- witschka hat außerdemdrei eigeneTafeln für die Gemahlinnen Rudolfs von Rheinfelden, die Salierin Mathilde, (XXIII) und Adelheid von Turin (XXIV) sowie für den Sohn Hein- richs IV. Konrad (XXVII) gedruckt, die Isenburg mit den Tafeln für Heinrich IV., Berta von Turin und Heinrich V. zusammengefassthatte, da sie identisch sind. kurz Nur erwähnt Hlawitschka das Werk von Isenburg auf der zweiten Seite seiner Einleitung (S. XIV). Er gibt ihm dabei das falsche Erscheinungsjahr 1935. Tatsächlich es des Reiches", 1932. Im Hauptteil erschien nicht während Dritten sondern wird dieses respektable Vorgängerwerk nur noch selten genannt. Wer den Folioband von Isenburg nicht kennt, bemerkt nicht, welche beachtliche Vorarbeit dort schon geleistet wurde. Eine Konkordanz würde nach grober Schätzung ergeben, dasswohl wenigstens 80 Prozent der bei Hlawitschka aufgeführten königlichen Ahnen mit denen bei Isen- 1 EDUARDHtawrrscHKA: Die Ahnen der hochmittelalterlichen deutschen Könige, Kaiser und ihrer Ge- mahlinnen. Ein kommentiertesTafeiwerk. Bd. I: 911-1137.2 Teile. Hannover 2006 (Monuments Ger- maniae Historica, Hilfsmittel 25,1-2). Das tatsächliche Erscheinungsjahr ist etwas unklar. Der HEROLD erhielt das von ihm mehrmals erbetene Rezensionsexemplarerst nach langem Warten Ende 2008. Ich zitiere diesesWerk im folgenden mit Hl. und Seitenzahl. 11IONUMENTA 77 GERýiIANIAE Armin Wolf burg identisch sind. Filiationen Isenburgs, die von der Forschung inzwischen überholt wurden, hat Hlawitschka zumeist stillschweigend gestrichen oder berichtigt, während er von ihm abgelehnteThesen anderer Autoren sonst diskutiert. HlawitschkasTafelband den enthält außer 32 Ahnentafeln eine 21 -seitige Einleitung, ein überwältigendes Quellen- und Literaturverzeichnis mit etwa 1400-1500 Titeln sowie ein sehr zuverlässiges,61-seitiges Register der Orts- und Personennamen, das außerordentlich benutzerfreundlich geordnet ist. Wenn Orte zur (oft erst modernen) Bezeichnung einzelner Personen oder Geschlechter dienen, finden sie sich nicht im Ortsverzeichnis, sondern sind unter den Vornamen der betreffenden Personenzu su- chen. Wer also die Angehörigen einesbestimmten Geschlechtes(z. B. \Melfen, Burgund, Luxemburg, Lothringen) sucht, ohne die Vornamen zu kennen, kann immer noch das Namensverzeichnisvon Isenburg zu Hilfe nehmen. Die wertvolle Hauptleistung des neuen Werkes von Hlawitschka liegt in dem über 700 Seiten starken Kommentarband. Dieses 'Merk, das der Autor nach jahrzehnte- langen Studien als 80-Jähriger vollendet hat, verdient die Hochachtung auch von jemandem, dessenAuffassungen in mehreren wesentlichen Filiationen von denen des Autors abweichen.Während Isenburg seine Belegeauf kurze Hinweise aus der Sekun- därliteratur beschränkte, bietet Hlawitschka jetzt in großer Zahl Quellenauszüge,die dass sehr oft wörtlich im Kontext zitiert werden, so auch ein Benutzer, der nicht eine den Monumenta vergleichbareBibliothek zur Verfügung hat, mit den von Hlawitschka geliefertenTexten weiterarbeiten kann. Hlawitschka liefert die Angaben nicht pauschal, Personfür Person,Datum sirr sondern - wie esnotwendig ist - Datum. Seine Kommen- tare enthalten außerdem in reichem Maße eine Diskussion der bisherigen Forschungen über einzelne Filiationen, auch über solche, die Hlawitschka als bloße Vermutungen" Als bezeichnet Hlawitschka Filiationen, die oder gar Spekulationen"verwirft. sicher Nekrologien Geschichtsschreibern mit Urkunden, Gedenkeinträgen, und der Zeit so- Generationsabständen wie anthropologischen Gegebenheitenvon zu begründen sind. (wer Gerne verwendet Hlawitschka Schlüsseesilentio nicht verwandt genannt wird, ist auch nicht verwandt), die logisch jedoch nicht zwingend sind. Als unsicher gelten für ihn Filiationen, die aus moderner Historiographie, allein für sich genommenen Nach- besitzgeschichtlichen benennungen, Zeugenlisten und Argumenten gewonnen sind (S. hat XV-XVIII). Nicht in die Tafeln aufgenommen Hlawitschka Filiationen, die er als Thesen,lediglich lancierte Hypothesen bzw. Betrachtungsvorschläge" wenigeinsichtige bezeichnet und verwirft (S. XXIII). Hierzu Konstrukte", die Untermauerung zählt er auch genealogische zur rechts- und verfassungsgeschichtlicherThesen (etwa zur Erklärung von Thronkandidaturen oder zur Entstehung des Kurf`tirstenkollegs) entworfen bzw. lanciert werden" (S. XV). Es ist kein Geheimnis, dasser damit auch auf meine Studien zielt. Ich habe daher die Bitte des HEROLDangenommen, zu dem \Merk von Hlawitschka Stellung zu nehmen. folgenden Die alternativen Tafeln und Kommentare gründen nicht nur auf eigener (die des Forschung Mutter Königskandidaten Hermann von Schwaben, d. h. die von dem Genealogen und dem Geschichtsschreiberder Welfen bezeugte Ottonentochter Richlind, die mütterliche Herkunft König Rudolfs von Rheinfelden aus einem Toch- der Könige die Unterscheidung terstamm von Burgund, Bennos I. und Bennos 11.von die der Northeim, Abkunft Northeimer aus dem Hause Luxemburg sowie die wahr- 78 Ahnen deutscher Könige und Königinnen scheinliche Zugehörigkeit Kaiser Lothars III. von Süpplingenburg zu den Brunonen). Ich erörtere auch Argumente für mehrere Alternativen, die andere Autoren vorgeschlagen haben, die Hlawitschka aber ablehnt: Der spätere Herzog Giselbert von Lothringen als Stammvater der Luxemburger (RENE KLEIN), die Abstammung des Hauses Brabant aus der Entführungsehe der Tochter Kaiser Lothars I. (KARL FERDINAND WERNER), die Zugehörigkeit Herzog Konrads von Schwaben zu dem eberhardinischen Zweig der Kon- radiner (DONALD C. JACKMAN,JOHANNES FRIED), die Identität Judiths (von Öhningen/ Schwaben) mit Judith, der Stamm-Mutter der Herzöge von Oberlothringen (HERMANN JAKOBS),die Abstammung Agathas, einer Vorfahrin aller englischen Könige seit 1154, von den Grafen von Braunschweig (SZABOLCZDE VAJAY),die Identität der Frau Bennos von Northeim Eilika mit Eilika von Schweinfurt (KARL AUGUST ECKHARDT), die Herkunft der zähringischen Stamm-Mutter Agnes von Rheinfelden mütterlicherseits von Kaiser Heinrich III. (GERD \VUNDER), die trotz Widersprüchen immer noch zu erwägende Herkunft Richenzas, der Frau Ottos von Northeim, aus dem Hause der Ezzonen (EMIL KIMPEN, ALBERT K. HOMBERG, KARL-HEINZ LANGE und andere Autoren). Der größere Teil dieser Alternativen hat übrigens mit Thronkandidaturen und der Entstehung des Kurfürstenkollegs nichts zu tun. Hlawitschka hat dankenswerterweisebei vielen Personennicht nur die Begräbnisorte, soweit sie bekannt sind, hinzugefügt, sondern auch Geburts- und Heiratsdaten, wenn sie nicht überliefert sind, geschätzt. Solche Schätzungen bieten eine unentbehrliche Kontrolle, ob bestimmte Filiationen überhaupt biologisch und chronologisch möglich waren. Hier ist das scheinbar Ungenaue genauer als das scheinbar genaue Weglassen eines bloß geschätztenDatums. Ich habe weitere Schätzungenhinzugefügt und betone, dasssie unter Berücksichtigung neuer Gesichtspunkte auch wieder abänderbar sind. Dabei ist zu beachten, dassMädchen oft schon mit 13-15 Jahren verheiratet wurden. Thietmar (IV 39) berichtet, dassseine Tante Godila als 13-Jährige ihren ersten Sohn gebar (vgl. HI. S. XVIII). Und Liudolf, der Sohn Kaiser Ottos I., heiratete als 17-Jähriger und war mit 18 oder 19 Jahren schon Vater (Continuatio Reginonis ad 930 und 949). \X/enn eine einzige Filiation geändert wird, führt dies naturgemäß dazu, dassauch die weiteren Vorfahren abweichen. Die Anzahl der Alternativen erhöht sich nochmals dadurch, dassmanche Personenauf mehreren Ahnentafeln erscheinen. So kommt die Kaiserin Gisela, deren väterliche Vorfahrenschaft ich anders sehe als Hlawitschka, auf nicht weniger als sieben der behandelten Ahnentafeln vor (XV', )VP, XIX5, XXIII5, XXV119,X, ÜX", XXXII=S).

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