Es Reicht Nicht, Die Israelische Politik Verbal Zu Kritisieren | Seite 5

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Neue Strategien der israelischen Imagewerbung | Seite 2 Cultur(e)scapes Israel | Seite 3 Es reicht nicht, die israelische Politik verbal zu kritisieren | Seite 5 Richtlinien für den kulturellen Boykott von Israel | Seite 7 Der Staat Israel – ein Apartheidregime | Seite 10 über neue Medien, trendige Zeitschrif- Neue Strategien der ten, bekannte Labels und gezielte Ko- operationen verbreitet werden. In Pro- israelischen Imagewerbung jekten wie der Tel Aviv Beach (Wien, New York), einer zweiwöchigen Som- Life Style, Kreativität, Vielfalt – seit einigen Jahren sucht Israel neue Wege merparty auf der kroatischen Insel Pag, in der Imagewerbung, um seinem schlechten Ruf zu begegnen und von Auftritten an Tourismusmessen mit seiner Politik gegenüber den PalästinenserInnen abzulenken. schwulenspezifischer Werbung oder einem israelischen Model, das in der Armee gedient hat und im Bikini für das Cover eines Männermagazins posiert, wird Israel als cooles, aufgeschlosse- nes, kreatives und vielseitiges Land be- worben, das sich für Tourismus ebenso eignet wie für die Durchführung von Fachtagungen. Gezielt werden Jour- nalistInnen, FestivaldirektorInnen, KulturmanagerInnen, ArchitektInnen, WissenschaftlerInnen etc. nach Israel eingeladen. „Creative Energy“ nennt sich die Imagekampagne unterdessen – mit Kultur als Werbeträger. „Wer vertritt Israel am besten: ein Fachmann für Sperranlagen oder eine Rap-Gruppe?“, betitelte Haaretz 2005 einen Artikel. Isaac Zablocki, Gründer und Direktor des Israeli Film Center in den USA, sieht die Aufgabe seiner Institution darin, neue Eindrücke von einem „Israel voller Unschuld, Humor und Idealen“ zu ver- Flugblatt der BDS-Gruppe Berlin zur Internationalen Tourismusmesse in Berlin, März 2011 mitteln. Arye Mekel, Direktor der Ab- teilung für Wissenschaft und Kultur im israelischen Aussenministerium, meinte Jeder Staat versucht, durch gezielte Propaganda im neuen Kleid 2009, als Israel wegen seiner Kriegs- Förderung und Werbung seine Interes- führung im Gazastreifen weltweit im sen im Ausland zu vertreten. Für Israel, Seit 2006 wird im Aussenministerium Kreuzfeuer der Kritik stand: „Wir wer- das hochgradig von der finanziellen neben der traditionellen Propaganda- den bekannte Schriftsteller und Auto- und ideellen Unterstützung westlicher tätigkeit (Hasbara) ein Konzept verfolgt, ren, Theaterensembles und Ausstellun- Regierungen abhängig ist, ein schwie- das die Aufmerksamkeit gezielt vom gen entsenden … So kann Israel von riges Unterfangen. Trotz einem dichten Palästina-Konflikt weg auf positive Bil- seiner schöneren Seite gezeigt werden Netz an Lobbyisten und Institutionen der lenken will. Daniel Saranga, als PR- und man bringt uns nicht nur mit Krieg weltweit kämpft das Land mit seinem Stratege an der Entwicklung des Kon- in Verbindung.“ schlechten Image, vor allem wegen zepts beteiligt, geht davon aus, dass seiner Politik gegenüber den Palästi- die israelkritische Öffentlichkeit durch nenserInnen. In Europa wurde Israel Argumente nicht zu überzeugen ist. Kulturschaffende als laut einer EU-Umfrage 2003 als eine Als Zielgruppe gelten daher insbeson- Botschafter der grössten Bedrohungen für den dere jüngere und liberale Menschen, Weltfrieden wahrgenommen, in den die über ihnen wichtige „Konzepte und Kulturschaffende, die staatliche Unter- USA wird es vor allem mit Religion und Werte“ angesprochen werden sollen, stützung für Auslandsauftritte erhalten, Krieg assoziiert. Hier soll eine neue PR- um so die „blinde“ Kritik an Israel zu mussten sich einige Jahre lang ver- Strategie Abhilfe schaffen. durchbrechen. Als Themen eignen sich pflichten, Israel gut zu vertreten – die neben Hightech und Innovation auch neue PR-Strategie scheint ohne diese Mode, Essen, Kultur und Life Style, die Verträge auszukommen. Die Frage, wie 2 (un)politisch die Auftritte israelischer Kulturschaffender sein sollten, wird von den Fachleuten unterschiedlich be- urteilt, wie an der Herzlya-Konferenz 2010 zum Thema „Winning the Battle of the Narrative“ deutlich wurde. Ein- fache Botschaften wie die Betonung von Israels Friedensbereitschaft seien durchaus erfolgreich, verschiedene An- sätze müssten sich nicht unbedingt aus- schliessen. Larry Defner, Kommentator bei der Jerusalem Post, zweifelt, wie sinnvoll es ist, politische Realitäten ganz auszu- klammern. Wesentlich effizienter sei ein gewisses Mass an Selbstkritik bezüglich dem Umgang mit den PalästinenserIn- Flugblatt der US-Kampagne für akademischen und kulturellen Boykott gegen den Auftritt der nen, wie sie Amos Oz, David Grossman Batsheva Dance Company im Februar 2009 und andere üben. Gerade in Europa kommen israelische MusikerInnen, Au- torInnen und Filmschaffende, die sich Cultur(e)scapes Israel mit den Auswirkungen von Krieg und Im Herbst geht in verschiedenen Schweizer Städten das vom israelischen Besatzung auf das Bewusstsein ihrer Staat angeregte und mitfinanzierte Kulturfestival Culturescapes Israel (jüdischen) Gesellschaft auseinanderset- 2011 über die Bühne – nicht ohne Proteste der BDS-Bewegung. zen, gut an. Dessen ist sich die Regie- rung bewusst, weshalb solche Produk- Der erste Hinweis kam vom internatio- persönliche Protestschreiben. Im Früh- tionen auch gefördert werden. Denn nalen Netzwerk: Das Schweizer Kultur- jahr richtete sich BDS Schweiz in einem die systematische Diskriminierung und festival Culturescapes sei, wie dessen offenen Brief an Culturescapes und rund Vertreibung der PalästinenserInnen, die Direktor an einer Podiumsdiskussion 60 institutionelle Partner und Sponsoren dem Selbstverständnis von Israel als jü- in Akko verriet, im Herbst 2011 dem des Festivals, darunter Pro Helvetia, die dischem Staat zugrunde liegt, stellen sie Schwerpunktland Israel gewidmet − auf Christoph-Merian-Stiftung, kantonale nicht infrage. Anfrage des israelischen Botschafters in Behörden und unterstützende Politike- Für David Saranga stehen zwar Bern. Das zu einem Zeitpunkt, wo welt- rInnen. Sie wurden aufgefordert, von während Kriegen „die unmittelbaren weit eine kritische Öffentlichkeit, nam- der Durchführung des Festivals im gege- strategischen Interessen im Vorder- hafte Völkerrechtler und andere Persön- benen Rahmen abzusehen bzw. sich aus grund“, doch in „normalen Zeiten müs- lichkeiten mit Nachdruck fordern, Israel dem Projekt zurückzuziehen. Der Brief sen wir unseren Kredit aufbauen, um für seine Missachtung internationaler wurde zusammen mit Hintergrundin- in schlechteren Zeiten davon zehren Rechtsstandards zur Rechenschaft zu formationen und einem sarkastischen zu können“. Entscheidend ist weniger, ziehen. Für viele AktivistInnen war klar, Kommentar der israelischen Aktivistin worüber ein Rapper spricht; was zählt dass dieses Festival nicht ohne Proteste Tali Shapiro auf der BDS-Website pub- ist, dass möglichst viele Auftritte statt- über die Bühne gehen darf. liziert. In Reaktion auf eine verunglimp- finden und Kontakte geknüpft werden, fende Glosse von Sibylle Berg erschien die eine positive emotionale Botschaft in der Basler Zeitung ein Leserbrief, der enthalten. Kritik am Festival die Anliegen des Boykotts unterstrich. Die Kritik am Festival richtet sich ge- Quellen siehe Dossier Imagewerbung: Im Dezember traf sich erstmals auf na- gen den Rahmen, das heisst die Betei- > www.bds-info.ch > Culturescapes tionaler Ebene eine Gruppe von Aktivis- ligung des israelischen Staats. Culture- tInnen, um das Vorgehen zu beraten, scapes gibt sich als fortschrittliches Pro- und nahm Kontakt zur palästinensi- jekt des kulturellen Austauschs, macht schen Kampagne für den akademischen sich aber zum Gehilfen der offiziellen is- und kulturellen Boykott (PACBI) und raelischen PR-Strategie. Durch die Beto- zur israelischen Gruppe Boycott from nung künstlerischer Kreativität und Viel- Within (BFW) auf. Der Direktor von Cul- falt soll gezielt von der systematischen turescapes, Jurriaan Cooiman, erhielt Zerstörung der palästinensischen Kultur 3 und Gesellschaft abgelenkt werden. Ethische Verantwortung Dennoch zeigt die Kampagne Wir- Auch deutsche Solidaritäts- und BDS- kung: Einzelne VeranstalterInnen haben Gruppen forderten einen Veranstalter in Der offene Brief wurde bei Culture- sich vom diesjährigen Festival zurückge- Lörrach auf, sich nicht am Festival zu be- scapes und den Partnerinstitutionen zogen – zum Teil mit explizit politischer teiligen, und das Forum für Menschen- rege diskutiert. Anfang Juni wurden Begründung. Das für die Eröffnungs- rechte in Israel/Palästina äusserte sich VertreterInnen von BDS Schweiz zu veranstaltung engagierte Trio Joubran kritisch. BDS Schweiz forderte Bundes- einem Gespräch mit Culturescapes mit drei palästinensischen Musikern aus präsidentin Micheline Calmy-Rey und eingeladen und konnten vor rund 25 Israel sagte seine Teilnahme ab, nach- den Basler Regierungspräsidenten Guy VertreterInnen von beteiligten Institu- dem es vom institutionellen Rahmen Morin auf, aus dem Patronat zurück- tionen die Kritik noch einmal äussern des Festivals erfuhr. zutreten. Deren aktive Unterstützung und auf die Argumente der Festival- Im September soll an einer kont- ist besonders problematisch, da auch macher reagieren. Viele Veranstalte- roversen Podiumsdiskussion die Frage die Schweiz und erst recht Basel bis- rInnen pochen zwar auf die politische der politischen Relevanz von Kultur und lang konkrete Schritte gegenüber Israel Relevanz von Kultur, der Frage ihrer die Bedeutung des kulturellen Boykotts zum wirksamen Schutz der palästinen- eigenen ethischen Verantwortung bei aufgegriffen werden. Die Veranstaltun- sischen Bevölkerung und zur Durchset- der Auswahl der

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