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DISJuni 2007 PUT

Gründungsparteitag DIE LINKE: Reden Gysi, Bisky, Lafontaine, Ernst Gründungsparteitag DIE LINKE: Grußworte von Gästen, Beiträge von Künstlern Gründungsparteitag DIE LINKE: Aussprache, Wahlen, Beschlüsse, Medienecho Parteitag der Linkspartei.PDS: Reden Lederer, Modrow, Bisky, Gysi sowie Wahlen Bundesparteitag der WASG: Reden Buchholz, Ernst, Lafontaine sowie Wahlen

16. Juni 2007, 16.37 Uhr: Die Partei DIE LINKE ist da! © Erich Wehnert Was zwei lange Jahre vorbereitet worden war, steht am 16. Juni, kurz nach neun, weithin sichtbar auf der Parteitagsbühne: DIE LINKE. Quer durch den riesigen Saal sind die großen Lettern – das Dreieck nicht vergessen! – befördert worden. »Da«, sagt der Moderator vom Berliner Weißmimen-Ensemble, »stehen die neuen Zeichen der Zeit.« Und viele Delegierte und Gäste sind das erste Mal aufgesprungen, stimmungsvoll beginnt der Grün- dungskongress. ) 5 © Aris © Aris (

IMPRESSUM DISPUT ist die Mitgliederzeitschrift der Partei DIE LINKE, herausgegeben vom Parteivorstand, und erscheint einmal monatlich über Neue Zeitungsverwaltung GmbH, Weydingerstraße 14 – 16, 10178 REDAKTION Stefan Richter, Kleine Alexanderstraße 28, 10178 Berlin, Telefon: (030) 24 00 95 10, Fax: (030) 24 00 93 99, E-Mail: [email protected] GRAFIK UND LAYOUT Thomas Herbell DRUCK MediaService GmbH BärenDruck und Werbung, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin ABOSERVICE , Druckerei und Verlag GmbH, Franz-Mehring-Platz 1, 10243 Berlin, Telefon: (030) 29 78 18 00, [email protected] ISSN 0948-2407 REDAKTIONSSCHLUSS 24. Juni 2007

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 02 Seit heute früh null Uhr sind wir alle Mitglieder einer Partei Rede von , Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im , zur Eröffnung

Die Vorstände von zwei Parteien, die • die Kommunistische Partei ihr bis gestern ganz gut kanntet, näm- Österreichs lich der WASG und der Linkspartei.PDS, • die Palästinensische Volkspartei haben mich gebeten, diese Tagung • die Polnische Sozialistische Partei heute zu eröffnen. Etwas zu eröffnen ist • die Polnische Sozialdemokratie nicht mein Stil, ich halte lieber Schluss- • die Sozialistische Jugend Polens worte. Erstens habe ich dann schon • den Linksblock aus Portugal viel gehört und zweitens ist es abends • die Kommunistische Partei Portugals und ich bin wacher. Aber es ist trotz- • die Kommunistische Partei der dem wichtig, dass wir uns heute hier Russischen Föderation zusammengefunden haben. Zu Beginn • die Linkspartei aus Schweden möchte ich gern unsere Gäste begrü- • die Partei der Unabhängigkeit und ßen. Es sind politische Organisationen Arbeit aus Senegal aus 50 Ländern und vier Kontinenten • die Kommunistische Partei der

angereist, um an unserem Parteitag © Erich Wehnert Slowakei teilzunehmen. • die Kommunistische Partei Spaniens Zunächst begrüße ich wirklich mit • die Vereinte Linke aus Spanien besonderer Freude den Vorsitzenden • und die Ko-Direktorin von »Regards« • die Vereinte Alternative Linke aus der Partei der Europäischen Linken aus Frankreich Katalonien in Spanien und Parlamentspräsidenten in Italien • aus Griechenland • die Kommunistischer Partei . Ich begrüße den • die Kommunistische Partei Kataloniens Vorsitzenden der Konföderalen Frak- Griechenlands • den Afrikanischen Nationalkongress tion der Vereinten Europäischen Lin- • die Kommunistische Bewegung aus Südafrika ken/Nordische Grüne Linke im Europä- für Soziales und Ökologie aus • die Südafrikanische ischen Parlament . Griechenland Kommunistische Partei Zu unserem heutigen Gründungs- • die Kommunistische Partei • die Syrische Kommunistische Partei parteitag begrüßen wir weiterhin Ver- Britanniens • die Kommunistische Partei Böhmens treter von folgenden Parteien: • die Gruppe für sozialistisches und Mährens aus der Tschechischen Handeln in der Labour-Partei Republik • die Awami-Liga aus Bangladesh • die Revolutionäre Einheit • die Partei des Demokratischen • die Une Autre Guche aus Belgien Guatemalas Sozialismus aus der Tschechischen • die Belorussische Partei der • die Kommunistische Partei Indiens Republik Kommunisten • Papernas, die Einheitspartei für die • die DTP aus der Türkei • die Bewegung für den Sozialismus nationale Befreiung Indonesiens • die Kommunistische Partei der aus Bolivien • die Tudeh-Partei aus Iran Ukraine • die Partei der Werktätigen Brasiliens • die Volksfedayan aus Iran • Frente Amplio aus Uruguay • die Kommunistische Partei von • die Irakische Kommunistische Partei • Vertreter des Brasilien • Sinn Féin aus Irland Korrespondenzkomitees für • die Grüne Partei Bulgariens • die Links-Grüne Allianz aus Island Demokratie und Sozialismus • die Kommunistische Partei Chiles • die Kommunistische Partei Israels aus den Vereinigten Staaten von • die Kommunistische Partei Chinas • die Meretz-Yachad aus Israel Amerika • die Rot-Grüne Einheitsliste • Rifondazione Communista aus • die Kommunistische Partei Vietnams Dänemarks Italien • Polisario aus Westsahara • die Sozialistische Volkspartei • die Partei der Italienischen • und AKEL aus Zypern. Dänemarks Kommunisten • die Partei der Europäischen Linken • den Gewerkschaftsbund Italiens Es gibt auch viele Parteien, die uns mit weiteren Mitgliedern neben • die Japanische Kommunistische Grußbotschaften gesandt haben, weil ihrem Vorsitzenden Partei sie die Anreise nicht realisieren konn- • der Linksbund aus Finnland • die Kommunistische Partei Kubas ten. Und ich möchte euch darauf hin- • die Kommunistische Partei • die Libanesische Kommunistische weisen, dass wir herzlich Botschafte- Finnlands Partei rinnen und Botschafter aus Kuba, Boli- • die Französische Kommunistische • Déi Lénk aus Luxemburg vien, Ecuador, Venezuela und Beloruss- Partei • die Partei der Demokratischen land unter uns begrüßen. Und dann • die Kommunistisch-Revolutionäre Revolution aus Mexiko darf ich hoffentlich in eurem Namen Liga Frankreichs • die Sozialistische Partei aus den auch die Vertreterinnen und Vertreter • die Assoziation für eine soziale Niederlanden vieler anderer Botschaften begrüßen, Republik aus Frankreich • die Sozialistische Linkspartei aus darunter selbstverständlich auch die • die Sozialistische Partei Frankreichs Norwegen Vertreterinnen und Vertreter der Bot-

30 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG schaften Frankreichs und der Vereinig- erfahren eine besteht darin, dass wir das alle als ten Staaten von Amerika. ein großes Problem wahrnehmen, rea- Nun, liebe Freundinnen und Freunde, Ganz klar, erst einmal freue lisieren und uns täglich darüber den wir haben auch nationale Gäste. Hier ich mich. Jetzt heißt es, weg Kopf zerbrechen. Und die andere Mög- möchte ich einige stellvertretend von der Beschäftigung mit uns lichkeit ist, dass wir Letzteres auch tun, begrüßen. Wir freuen uns, vom DGB- selbst und inhaltlich gearbei- uns den Kopf zerbrechen, aber dass wir Bundesvorstand Dietmar Hexel begrü- tet. Für mich ist die Bündnisar- das als Chance ansehen und sagen, wir ßen zu können. Wir freuen uns, den beit sehr wichtig, zum Beispiel sind und bleiben neugierig aufeinan- Transnet-Vorsitzenden Norbert Hansen mit der Friedensbewegung und der. Dann kann das Ganze ein Gewinn begrüßen zu können. Wir begrüßen den Gewerkschaften. Dort hat werden, und genau das müssen wir die stellvertretende ver.di-Vorsitzende man schon geschaut, was wir so hinkriegen! Margrit Mönig-Raane. Wir begrüßen machen, bis hin zu Äußerungen, Wir haben die Vereinigung anders vom IG Metall-Vorstand Bertin Eichler. dass es gut ist, wenn eine linke organisiert als andere. Bei uns gab Wir begrüßen vom GEW-Bundesvor- Kraft neben der SPD entsteht. es keinen Beitritt. Oh, ich weiß, wie stand Andreas Keller ebenso wie alle Bei den Bundestagswahlen viele Verhandlungen es gab, wie viel weiteren Gäste von Gewerkschaften haben linke Gewerkschafter auf- Schmerzen es gab. Aber letztlich ist hier aus Deutschland. gerufen, uns zu wählen. Eine Ver- es fair zugegangen. Wir machen eine Stellvertretend für die Sozialver- anstaltung von WASG und PDS Vereinigung. Lasst mich nur einen Satz bände begrüße ich Gunnar Winkler, den mit Gewerkschaftern und Leuten hier sagen, nur zum Zwecke des Nach- Vorsitzenden der Volkssolidarität, und aus der Friedensbewegung hatte denkens: Wenn die Partei, die über- Eberhard Jüttner, den Vorsitzenden des den Zusammenhang von Sozial- wiegend Mitglieder aus den alten Bun- Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. abbau und Rüstungsindustrie desländern hatte, wesentlich stärker Ich freue mich besonders, den tap- zum Thema. gewesen wäre als die Partei, die über- feren, mutigen, gelegentlich auch ganz Heidi Beutin, Schleswig-Holstein, wiegend Mitglieder aus den neuen allein kämpfenden österreichischen Wissenschaftspublizistin, vormals Bundesländern gehabt hat, wäre die linken Bildhauer Alfred Hrdlicka und WASG Vereinigung etwas anders verlaufen. seine Frau Angelina begrüßen zu dür- Ich bin aber froh, dass sie so läuft. Wir fen. organisieren hier heute das einzige Bei- Und wir begrüßen jetzt schon bzw. spiel einer wirklichen Vereinigung und im Verlaufe dieses Tages bei uns Künst- nicht eines Beitritts und nicht eines ler und Politiker, die uns besuchen. So Anschlusses! Und das sollte uns wich- werden zu uns kommen: Frank Castorf, Deutschland, die sich vereinigen. Aber tig sein und bleiben! Edelbert Richter, Konstantin Wecker, ich muss euch sagen, vor 17 Jahren war Die Chancen der Linken sind nach Peter Sodann und Werner Schneyder. das erstens nicht möglich, weil es die den weltgeschichtlichen Vorgängen, Und als Vertreterinnen bzw. Vertreter WASG noch nicht gab. Und zweitens die wir um 1989 und vorher erlebt der linken Wissenschaften möchte ich wäre das auch niemandem aufgefal- haben, viel schneller gekommen, als herzlich begrüßen Frigga und Wolfgang len. Heute wird das ganz anders zur von vielen von uns erwartet. Zum Teil Fritz Haug, die uns heute besuchen. Kenntnis genommen. Die Einheit der vielleicht etwas zu schnell, hier in Ihr wisst, dass wir kurz vor dem Bun- Linken gehört zwingend zur Einheit Europa, hier in Deutschland. Das hat destagswahlkampf 2005 daran gear- von Deutschland. Und selbst wenn es mit Veränderungen der Sozialdemo- beitet haben, miteinander so umzuge- einigen von euch leid tun sollte, muss kratie und mit vielen anderen Fragen hen, bis wir den heutigen Tag begehen ich euch die Wahrheit sagen. Organisa- zu tun. Aber Chancen, die kann man können. Und wie es immer ist, arbeiten torisch vollenden wir heute die Einheit sich nicht herbeiwünschen. Das kann viele daran. Und dann kennt man ja die Deutschlands – wir machen das! man natürlich schon, aber deshalb ganz vorne, die sieht man ja auch stän- Nun habe ich mir in Dortmund die sind sie ja noch nicht da. Man kann sie dig im Fernsehen. Aber es gibt auch zwei Parteitage angesehen und habe sich auch nicht wegwünschen. Sie sind jene, die noch viel mehr Zeit dafür ver- auch festgestellt, wenn ich es einmal da. Und wir haben sie jetzt zu nutzen, bringen, die wirklich einen Großteil einfach formuliere, was die Unter- und zwar so verantwortungsbewusst ihrer Freizeit geopfert haben, damit schiede zwischen der einen und der wie möglich im Interesse von Millionen das Ganze gelingt. Es ist immer unge- anderen Partei in einem bestimmten Menschen in Deutschland, in Europa recht, wenn man einige nennt, trotz- Bereich sind: Die WASG – muss ich und darüber hinaus. Und es gibt Hoff- dem will ich es machen. Ich möchte jetzt sagen – war jung und etwas ner- nungen. In Lateinamerika erstarkt die von der WASG diesbezüglich vier Leu- vös und hibbelig. Dann habe ich mir Linke in einer Art und Weise, wie wir ten ganz besonders herzlich danken: die Linkspartei.PDS angesehen – die es vor Jahren nur erträumt haben. Der , Thomas Händel, Peter war älter, etwas souveräner und seri- Bush führt Kriege weltweit und hat sei- Vetter und , die ganz aktiv öser, aber manchmal auch zum Ein- nen sogenannten Hinterhof dabei ver- daran gearbeitet haben, dass der heu- schlafen neigend. Und dann habe ich loren. Zum Glück ist wenigstens das tige Tag Realität geworden ist. Und ich mir überlegt, wir könnten doch eine dabei herausgekommen. möchte von der Linkspartei.PDS etwas tolle Mischung hinlegen. Die einen In Europa haben wir jetzt eine Euro- bescheidener nur drei namentlich nen- kriegen einen Schuss Seriosität und päische Linkspartei. Die soziale Frage nen, die aber auch ganz aktiv daran die anderen einen Schuss Lebendig- wird ganz anders diskutiert als noch gearbeitet haben, dass wir den heu- keit. Lasst es uns versuchen! vor einigen Jahren. Der neoliberale tigen Tag so erleben können. Das sind: Was könnten unsere Probleme Zeitgeist bröselt. Selbst in unseren , Halina Wawzyniak und sein? Wir haben eine unterschied- Talkshows wird wieder die Frage nach . liche Geschichte, und wir haben unter- der sozialen Gerechtigkeit gestellt. Und Liebe Freundinnen und Freunde! Es schiedliche Biografien. Es gibt zwei damit das geschieht, dafür sind wir da. ist wahr, die Linken sind die Letzten in Möglichkeiten, damit umzugehen. Die Und dass es geschieht, dafür sprach

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 04 das Wahlergebnis vom Jahr 2005. Es Parteien sind wir der Auffassung, mit- Frage ist, ob nur für den Reichtum einer liegt auch an uns, und darauf dürfen tels Krieg kann man keine Probleme kleinen Gruppe oder für die Wohlfahrt wir ein bisschen stolz sein, dass wir lösen. Deshalb sind wir eine strikte aller Menschen? Wir wollen Letzteres! diesen Zeitgeist zum Bröseln bringen. Friedenspartei! Aber das steht auch so Und wir treten ein für Steuergerech- Vielleicht überwinden wir ihn sogar. im Grundgesetz! Und wir haben gerade tigkeit. Wir sind es leid, dass immer Und dann, liebe Freundinnen und neue Daten erfahren. Deutschland wieder in dieselbe Richtung Konzernen, Freunde, wird immer so getan von ist das Land, dass die sechsthöchs- Vermögenden und Bestverdienenden anderen Parteien, als ob das nun eine ten Rüstungsausgaben im Jahre 2006 Geschenke gemacht werden. Und dann Katastrophe wäre, dass die Linke in ausgegeben hat. Und beim Export von dreht man sich um und teilt den Kran- Deutschland so entstünde, ein Frevel, Rüstungsgütern, liebe Freundinnen ken, den Älteren und den Arbeitslosen sie geifern. Warum eigentlich? Was und Freunde, da stehen wir jetzt nach mit, dass man für sie nichts mehr hätte. passiert denn eigentlich? Wir machen den USA und Russland auf Platz 3! Ich Das wollen wir nicht. Und dass wir das nichts anderes als Deutschland ein bitte euch! Ein Land, das weltweit seine nicht wollen, steht in Übereinstimmung Stück europäisch normaler. Die armen Waffen verkauft, sorgt nicht für Frieden, mit dem Grundgesetz. Die anderen ver- konservativen Parteien in Italien, Frank- sondern für das Gegenteil von Frieden! halten sich verfassungswidrig! reich, Holland, Spanien, Portugal muss- Und deshalb bleiben wir eine strikte Wir wollen, und da muss auch DIE ten schon immer mit einer Linken leben. Friedenspartei! LINKE dazulernen, das will ich gar nicht Jetzt lernen es unsere endlich auch ein- Wir stellen die soziale Frage, stel- bestreiten, wir wollen ökologische mal. Das ist europäische Normalität. len sie weltweit und in unserer Gesell- Nachhaltigkeit. Aber nicht wie andere Ich frage: Was wollen wir denn schaft. Wir brauchen mehr soziale über soziale Ausgrenzung. Man kann eigentlich Schlimmes, was angeblich Gerechtigkeit, weil wir anders Hunger natürlich sagen, man macht Tourismus mit dem Grundgesetz nicht überein- und Elend nicht überwinden können. zu einem Privileg, so dass sich das nur stimmt? Das interessiert mich wirklich. Wirtschaft ist nicht göttlich. Wirtschaft noch Zehntausende in unserer Gesell- Okay, im Unterschied zu den anderen wird von Menschen gemacht. Und die schaft leisten können. Man macht das © Erich © Erich Wehnert

50 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG Autofahren so teuer, dass Millionen ausscheiden, und die paar, die es sich weiter leisten können, bezahlen den hohen Preis dafür, dass die anderen nicht mehr auf der Straße sind. So kann man denken, wenn man so privilegiert denkt wie einige in unserer Gesellschaft. Unsere Herangehensweise muss eine andere sein. Wir wollen ökologische Nachhaltigkeit in sozialer Gerechtig- keit. Und das heißt hohe Investitionen, um die ökologischen Schäden durch verschiedene Faktoren zu überwinden, und zwar zur Rettung der Lebensgrund- lagen für die Menschheit, sonst gibt es uns eines Tages überhaupt nicht mehr und dann brauchen wir den ganzen Affen-Streit nicht, den wir gegenwärtig in dieser Gesellschaft und in anderen Gesellschaften führen. Wir wollen Chancengleichheit in Bildung und Kultur. Das ist doch wohl ein Minimum. Da wird ein Kind gebo- ren von sehr reichen Eltern und da wird ein Kind geboren von einer alleinerzie- henden Sozialhilfeempfängerin. Ich möchte, dass beide Kinder die glei- chen Chancen auf Bildung, auf Zugang zu Kultur und auf Förderung ihrer Bega- bungen haben. Das müssen wir doch hinkriegen in unserer Gesellschaft. Und wir treten ein für höhere Bür- gerinnen- und Bürgerrechte, für mehr Freiheit. Wir brauchen keine Gründe weltweit, um immer mehr Bürgerinnen- und Bürgerrechte abzubauen, wie das andere tun. Und wenn man für mehr treten. Und ich sage es ganz klar: Wir Besserverdienenden zu machen und Bürgerinnen- und Bürgerrechte eintritt, müssen auch die Interessen vieler klei- sich gleichzeitig, nicht etwa zehn Jahre dann muss man auch sagen, dass man ner und mittlerer Unternehmerinnen später, umzudrehen und den Rentne- für Volksentscheide ist. Wir müssen und Unternehmer vertreten, die leiden rinnen und Rentnern, den Arbeitslosen unsere Bevölkerung an den Sachent- unter der Deutschen Bank nicht weni- und Kranken mitzuteilen, dass man für scheidungen in diesem Lande endlich ger als Arbeitnehmerinnen und Arbeit- sie deutlich weniger hätte. Das hat mit beteiligen, wie das andere Länder auch nehmer. Und gestattet mir bei meiner sozialer Demokratie gar nichts zu tun. machen. Herkunft auch ganz klar zu sagen: Nach Das ist die Wahrheit. Das war der Bruch, Und wir sollten uns im Kern nicht auf wie vor muss die Chancengleichheit in und von dem Bruch der Agenda 2010 die Frage einlassen, was wichtiger ist, Ost und West ein Schwerpunkt bleiben, hat sie sich bis heute überhaupt nicht soziale Gerechtigkeit, soziale Sicher- gleiche Lebensverhältnisse in Ost und erholt. Sie macht das immer weiter. Ihr heit oder Freiheit. Wir wollen die Einheit West. Und das machen wir natürlich für kennt die Beispiele, ich muss gar nicht von Freiheit und sozialer Gerechtigkeit, die Ostdeutschen, aber auch für die sagen, was der Bundestag beschlos- die Einheit von Freiheit und sozialer Westdeutschen, weil der Osten zum sen hat: die Pendlerpauschale, die Sicherheit. Gerade das haben wir doch Experimentierfeld für den Sozialabbau Erhöhung des Renteneintrittalters ab aus dem Niedergang des Staatssozia- im Westen geworden ist. Wer den stop- 67, weitere Auslandseinsätze der Bun- lismus gelernt – ohne Freiheit geht es pen will, muss ihn zunächst im Osten deswehr. Ich will auf all das gar nicht nicht! Aber ich sage den Kapitalismus- überwinden, das bleibt unsere poli- eingehen, ihr wisst, mit welcher neoli- Anhängern auch: Ohne soziale Gerech- tische Aussage. beralen Politik wir uns auseinanderset- tigkeit geht es auch nicht! Und deshalb Die SPD hat mit der Agenda 2010 zen. Ihr wisst, wie oft der Bundestag in wollen wir die Einheit. einen Bruch vollzogen. Dieser Bruch großer Mehrheit gegen die Mehrheit Wir als Partei DIE LINKE müssen ver- führte jetzt zur Gründung der WASG. der Bevölkerung heute entscheidet. Ich suchen, im Schwerpunkt viele Interes- Der Bruch bestand darin, dass sie Ja bin ja immer für Ausnahmen, ich sage, sen zu vertreten. Nämlich die Interes- gesagt hat zum völkerrechtswidrigen das kann einmal in vier Jahren vorkom- sen der Arbeitnehmerinnen und Arbeit- Krieg gegen Jugoslawien. Der Bruch men. Aber wenn das Woche für Woche nehmer und der Angestellten. Aber bestand darin, dass sie sich plötzlich geschieht, dann muss man schon ein- auch die Interessen der Arbeitslosen, entschied, in einem Maße, wie es sich mal ein paar Fragen in diesem Bundes- der Kranken und, nicht zu vergessen, Helmut Kohl nie getraut hätte, das muss tag aufwerfen. Und immerhin: Wir tun der Alten, der Rentnerinnen und Rent- man der Ehrlichkeit halber hinzufügen, es! ner. Wir müssen aber auch die Inter- Steuergeschenke an die Kapitalgesell- Und weil wir die Welt so sehen, weil essen vieler linker Intellektueller ver- schaften, die Vermögenden und die wir so kapitalismuskritisch sind, gibt

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 06 © Erich © Erich Wehnert es viele bei uns, die sich als demokra- immer noch ganz gut da. Jetzt vereini- nicht, die auch dazu zählen. Aber ich tische Sozialistinnen und Sozialisten gen wir uns weiter, noch auf Landes- sage euch eins: Ein bisschen Anma- verstehen. Na und! Ich behaupte, der und Kreisebene. Das muss alles noch ßung muss auch sein, sonst kommt demokratische, ich betone das, nicht bis zum 30. 11. passieren, mir ist schon man nicht weiter. Wir sind DIE LINKE. irgendeiner, nicht ein autoritärer, der leicht schlecht. Aber ich weiß, wir müs- Und Punkt. kommt mit uns nie wieder in Frage, sen da überall durch. Lasst uns heute einen schönen aber der demokratische Sozialismus, Aber, liebe Freundinnen und Event gestalten. Heute müssen wir uns der ist grundgesetzgemäßer als jede Freunde, meine große Bitte: Wir brau- nach zwei Jahren nicht streiten. Heute Form von Kapitalismus! chen 80 Prozent Politik und nur noch zeigen wir, dass wir eine Partei gewor- soll gestern 20 Prozent Selbstbestätigung. Und den sind. Probleme haben wir genug. gesagt haben: Freiheit statt Sozialis- nach einem Jahr bringen wir das Ver- Lasst uns heute auch ein bisschen mus. Alles Blödsinn! Freiheit und Sozi- hältnis auf 90 Prozent Politik und nur feiern, Würde ausstrahlen und den alismus – darauf kommt es an! Und 10 Prozent Selbstbeschäftigung. Das Mitgliedern unserer Gesellschaft von dann hat er gestern gesagt, was ges- muss zur Normalität werden! Das müs- Bayern bis Mecklenburg-Vorpommern tern noch stimmte, nämlich die FDP sen wir hinkriegen! sagen: Wir kriegen jetzt ein europäisch sei die drittstärkste Partei. Ja, lieber Ich muss euch noch ein Geheim- normalisiertes Deutschland. Trotz eurer Guido Westerwelle, gestern mag das nis verraten: Wir denken ja alle immer Geschichte werdet ihr erleben, dass gestimmt haben. Ab heute sind wir die noch gleich in der Kategorie, der kommt eine Partei links von der Sozialdemo- drittstärkste Partei! Und zwar von den von denen und der kommt von jenen, kratie aktiv eingreift in das Geschehen Mitgliedern und von den Abgeordne- wie kriegen wir den da hin und stimmt unserer Gesellschaft. Ab morgen arbei- ten her! überhaupt die Zahl, ist das überhaupt ten wir hart. Heute lassen wir uns es Ich habe in den letzten zwei Jahren alles so gleichberechtigt, wie wir uns erst einmal irgendwie gut gehen. Wir gelernt, auch Linken darf man keine das gewünscht haben. Ich verrate euch sollten den Leuten heute zeigen: Wer Zeit geben. Hätten wir keine Zeit gehabt, jetzt ein Geheimnis: Seit heute früh null Wohlstand für alle will, der muss auch hätten wir uns auch schon nach einem Uhr sind wir alle Mitglieder einer Partei. wollen, dass sich alle wohl fühlen. Und Jahr vereinigt. Nun hatten wir Zeit und Es ist vorbei! Wir sind jetzt Mitglieder wer will, dass sich alle wohl fühlen, der mussten aufpassen, dass es nicht drei der Partei DIE LINKE! muss auch zeigen, dass er sich selber Jahre werden. Nun haben wir es nach Und dazu sage ich noch etwas, es wohl fühlen kann. zwei Jahren geschafft. Das waren so ist gestern schon festgestellt worden: Heute sollten wir das zeigen! Und ab 80 bis 90 Prozent Selbstbeschäfti- Das ist schon ein bisschen anmaßend, morgen heißt es: Los geht’s! Ich danke gung. Dafür stehen wir in Umfragen weil DIE LINKE ja heißt, andere gibt es euch!

70 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG Eine Herausforderung für uns, eine Herausforderung für die Gesellschaft Rede von Lothar Bisky, Kandidat für den Vorsitz der Partei DIE LINKE

Liebe Freundinnen und Freunde, liebe als modern zu bezeichnen. Ich halte Genossinnen und Genossen, verehrte viel von guten, erneuerten Traditionen Gäste von 73 Parteien aus 50 Ländern, und bin deshalb überzeugt, es ist rich- verehrte Gäste aus Deutschland! Las- tig zu sagen: Die neue und traditions- sen Sie mich mit einem Zitat des Poli- bewusste LINKE ist die Partei, die kon- tikwissenschaftlers Franz Walter begin- sequent an einer solidarischen, demo- nen. Er schrieb vor vierzehn Tagen: »Es kratischen und friedlichen Gesellschaft spricht sich herum: Man wird in mitt- festhält. Hier lohnt sogar ein kurzer lerer Frist mit einer keineswegs mar- Blick ins Gründungsprogramm der CDU. ginalen Partei links von der SPD leben Es ist sehr lange her. Führe man mit der müssen. Lange lauteten die Prognosen Zeitmaschine in das Gründungsjahr anders ... die den sicheren Untergang der Grünen, so fände man auch diese einer schwindsüchtigen Ost-Milieu- Ideen, die über den Kapitalismus hin- Partei namens PDS verkündeten.« austreiben, aber heute verstummt sind.

Die Zeit der Orakel über die neue © Erich Wehnert Selbst eine Rückblende ins Wendejahr Linke ist eröffnet. Und ich finde zu 1989 würde genügen, um zu entdecken, Recht. Wir gründen heute die neue dass im Berliner Parteiprogramm der LINKE. Das ist eine Herausforderung ihre Geschichte als Partei des All- SPD der demokratische Sozialismus für uns, die wir aus der Linkspartei. tags, als Partei der Kümmerer, die die noch sehr vital war. Und ich kenne bis PDS und aus der WASG kommen. Das Belange der Menschen vor Ort ernst heute Liberale, alt und jung, die durch- ist eine Herausforderung für die Gesell- genommen und aufgegriffen hat, das aus mit sozialen Fragen etwas anfan- schaft, denn wir wollen nicht mehr verdanken wir auch den vielen älteren gen können, obwohl mich die Monoto- und nicht weniger als eine gerechtere Genossinnen und Genossen aus dem nie der Steuersenkungsarien der FDP Gesellschaft und, wir bestehen darauf, Osten! Sie haben – gemeinsam mit wirklich ermüdet. eine friedliche Gesellschaft! den jüngeren Mitgliedern – die Utopien Ich möchte an dieser Stelle eines Nun sieht der zitierte Franz Walter des friedlichen Protestes der Wende- festhalten: Mir hat bis heute niemand einen folgenreichen Unterschied zu lin- zeit, die Forderungen nach einer radi- schlüssig erklären können, weshalb ken Aufbrüchen der Vergangenheit in kalen Demokratisierung und die Politik eine Politik für eine gerechtere Gesell- dem Umstand, dass die neue LINKE in für eine gerechtere Gesellschaft wach Deutschland mit dem demografi schen gehalten. Strom schwimmt. Sie ist eine Partei der Auch die Gründung der – west- mittleren Jahrgänge. Ich gehe davon deutsch geprägten – WASG war aus, dass ihr das auch ohne wissen- mehr als der trotzige Widerstand erfahren schaftlichen Ratschlag herausbekom- gegen die Agenda-2010-Politik der men hättet. Es ist offensichtlich und für Schröder’schen SPD. Sie war und ist Ich bin 2005 nach 33 Jahren aus mich wenig verwunderlich: Wir, die wir mit unzähligen biografi schen Brüchen der SPD ausgetreten, nachdem aus der WASG und aus der Linkspartei. verbunden. Niemand verlässt leichtfer- ich mich ordentlich an die Statu- PDS kommen, repräsentieren auch die tig eine jahrzehntelange, wechselvolle ten gehalten und beantragt hatte, wachsende ältere Bevölkerung. Es ist politische Heimat. In den Neuanfang gegen Schröder und Konsorten auch wahr, dass uns das wohl am aller- heute gehört die Tradition von Willy ein Parteiordnungsverfahren wenigsten von anderen Parteien unter- Brandts »mehr Demokratie wagen«. In einzuleiten. Man hat das abge- scheidet. Ich offenbare kein Geheim- den Neuanfang gehört ein klares sozial- lehnt. Deswegen bin ich ausge- nis, wenn ich daran erinnere, dass eine staatliches Profi l als Grundlage unseres treten und direkt in die Linkspar- älter werdende Partei für die Linken zukünftigen Zusammenlebens. Daraus tei eingetreten – in der Hoffnung, alles andere als eine neue Erkenntnis lässt sich im Jahre 2007 keine Staats- dass das, was heute geschehen ist. Zugleich haben wir stets die Türen gläubigkeit der Linken ableiten. Letz- ist, passiert. Warum ich hier so für jüngere Generationen weit geöffnet teres behaupten gerne jene, die den temperamentvoll mitgehe? Tja, gehabt, und das wird so bleiben! Und Staat aus seiner sozialen Verantwort- ich habe ja noch Gefühle, auch wir können zu diesem Gründungspar- lichkeit gänzlich entlassen möchten. als Rentner. teitag sagen: Die neue LINKE ist eine Wir kommen mit vielen Erfahrungen in Ich hoffe, dass dieser Aufbruch Partei für alle Generationen, sie ist der eine Debatte um moderne Funktionen hier in die Gewerkschaftsbewe- Zukunft zugewandt und deshalb auch des Staates und der Zivilgesellschaft. gung hinein trägt und dass wir besonders attraktiv für junge Leute! Die neue Linke wird diese Debatte das, was wir in geschafft Die PDS hat den langen Anlauf zu gegen marktradikale Versprechen füh- haben, im nächsten Jahr auch in einer bundespolitisch wirksamen Par- ren, denn Wasser, Kultur und Bildung, Hessen schaffen: den Einzug ins tei auch tapferen Genossinnen und Gesundheit und Gene fristen als Ware Parlament. Genossen aus dem Westen zu verdan- nur ein Dasein ohne Zukunft für alle. Hartmuth Lehmann, Hessen, ken. Ihr politisches Überleben aber, Es ist in Irrtum, den Marktradikalismus Rentner, vormals Linkspartei

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 08 schaft veraltet und die neoliberalen Ich freue mich, dass wir jetzt einen erfahren Gebete an den Shareholder-Value- Jugendverband haben. Mit einiger Kapitalismus etwas Modernes sein sol- Gelassenheit möchte ich festhalten: So euphorisch wie manche bin len. Im Gegenteil, ich wäre froh, wenn Schwierige Geburtswehen sagen gar ich nicht. Ich wünsche mir, dass Kulturleute und Wissenschaft, Medien nichts über die Schönheit der Heran- nun politisch gearbeitet wird und und Politik, die anderen Parteien gleich wachsenden. Doch zur politischen Kul- dass konkret etwas geschieht. mit, ihr Können, ihre Fantasie und ihre tur in einer pluralen Partei gehört auch Ich denke da an die Arbeitslosig- Ideen vorrangig an das Ersinnen von in Zukunft das Zuhören, den Anders- keit und ihre Folgen und daran, Alternativen verschwenden würden, in denkenden zu achten, gehört eine dass die Unterschiede zwischen denen Menschen vor Profi te, in denen Kommunikationsfreude, die geistreich Arm und Reich immer größer Bildungschancen vor Selektion, gelebte argumentiert und transparent bleibt. werden. Unsere Anliegen gerade kulturelle Vielfalt vorm ideologischen Eines brauchen wir in der neuen Partei in diesen Bereichen sind im Kampf der Kulturen stünden. Ich weiß, bestimmt nicht: Unterstellungen und Kern auch christliche Anliegen. das passiert, ich weiß, dass viele sich Denunziationen. Wenn wir über das Gerade bei Kindern und bei alten engagieren, ob für erfolgreiche Migra- Mitregieren, über Anti-Privatisierungs- Leuten begegnet mir in Stuttg- tion in ihrer Kommune oder für Som- strategien oder über Wege zu fried- art immer wieder viel Armut. Da merakademien in europäischen Netz- lichen Konfl iktlösungen streiten, dann muss etwas getan werden. werken und in Parteien. In diesem Jahr gehe ich immer davon aus: Es geht um Marie-Luise Strauß, treffen sich Mitglieder aus der Partei die Sache, um Lösungen in einer kom- Baden-Württemberg, Diakonin, der europäischen Linken in Wien. plexen Wirklichkeit, die unserem poli- vormals Linkspartei Ich weiß, dass wir mit einer neuen tischen Profi l entsprechen. Darum kön- Partei DIE LINKE ein interessanter Teil nen wir streiten und lange Debatten inmitten von Bewegungen, Gewerk- führen. Doch: Meine politischen Geg- schaften und Netzwerken werden ner sind nicht in der Partei, nicht unter können. Anders, liebe Freundinnen Linken! Das sollte zum Grundprinzip gangenen zwei Jahren kräftig bewegt. und Freunde, liebe Genossinnen und in der neuen Linken werden, und das Eine linke Partei hat seit den Bundes- Genossen, hat die neue linke Partei hängt von uns ab, damit sind Streit und tagwahlen 2005 auch in Deutschland keine Chance! Deshalb fi nde ich es gut, lebendige Auseinandersetzungen ein- einen wachsenden Gebrauchswert. dass zeitgleich mit unserer Parteigrün- geschlossen! SPD und CDU schicken immer öfter dung aus der Rosa-Luxemburg-Stiftung Es ist gut, wenn die Jungen sich in Soldaten in immer mehr Länder in Kon- heraus an einem offenen Netzwerk für dem neuen Parteiaufbau stark machen. fliktherde. Das Sicherheitsbedürfnis eine gerechte Gesellschaft gearbeitet Nach einem erfolgreichen Hochschul- des Innenministers wendet bestimmte wird. Gerechtigkeit als Bezugspunkt kongress, haben wir nun – endlich, Methoden an, die äußerst fragwürdig von Freiheits- und Gleichheitsideen endlich sage ich – auch einen Stu- sind: Man sammelt Geruchsproben, – von Leitbildern einer solidarischen dierendenverband. Und es ist wichtig, man belauscht Telefongespräche, will Gesellschaft –, das interessiert wirklich dass der Parteitag vorgestern mit dem heimlich in Computer kriechen und viele Menschen. Frauenplenum in der Werkstatt der Kul- schränkt die Demonstrationsfreiheit, ja, In unserem Land ist eine Mehrheit turen begonnen hat, dass Frauen über gelegentlich selbst die Pressefreiheit gegen die Auslandseinsätze der Bun- ihre Strukturen, ihre Ansprüche und ein. Die Politik der Großen Koalition ist deswehr. In unserem Land kann eine Vorschläge in der neuen Partei beraten eine Politik des Sozial- und Demokra- Mehrheit gut auf den dritten Platz welt- haben. Wir brauchen in Ost und West, tieabbaus! weit unter den Rüstungsexporteuren in West und Ost mehr aktive Frauen in Unsere Fraktion DIE LINKE hat bis verzichten. In unserem Land will eine der neuen Partei. Dafür können wir uns hierher eine exzellente Arbeit geleistet. Mehrheit eine gute Kinderbetreuung alle engagieren. Wir wissen, das geht Es wird Zeit, fi nde ich, dass die Frak- als erstes Bildungsangebot. In unserem nicht von heute auf morgen, aber es tion ab heute von einer Partei DIE LINKE Land fi ndet die Mehrheit eine Rente geht erst recht nicht, wenn wir das Pro- getragen wird, einer Partei, die nicht mit 67 absurd. Ein wirksamer Dialog blem nicht sehen wollen. einfach die Summe aus WASG und zwischen Bewegungen und Initiativen, Ich begrüße Fausto Bertinotti, den Linkspartei ist, sondern etwas wirklich Gewerkschaften, emanzipatorischen Vorsitzenden der Partei der Europä- Neues wird, wenn wir gemeinsam Poli- Gruppen, Verlagen und Kulturleuten ischen Linken. tik gestalten! ist an der Tagesordnung, wenn es um Genossinnen und Genossen, liebe Genossinnen und Genossen, liebe die politische Einmischung geht. Das Freunde, verehrte Gäste, eines haben Freundinnen und Freunde, wir sind ist der richtige Weg! Das ist wichtig für die Orakel über die Entstehung der angetreten, die politischen Kräftever- die Atmosphäre, in der die neue Par- neuen LINKEN bisher völlig überse- hältnisse hier im Land und in Europa tei DIE LINKE ihre Herausforderungen hen: Von der Zeitenwende 1989/90 zu verändern. Seit Jahrzehnten hören annimmt. Als Selbstzweck brauchen bis heute ist es tatsächlich ein länge- wir, dass der globale Kapitalismus wir die neue Partei nicht aus der Taufe rer Weg gewesen, dass sich Linke aus eine Politik der sozialen und demo- zu heben. Es bleibt dabei: Wir sind Ost und West wirklich ernsthaft begeg- kratischen Opfer verlangt. Standorte nicht um unserer selbst willen da! net sind, dass zwei linke Parteien in und Sicherheiten der westlichen Welt Der bereits erwähnte Parteienfor- Deutschland aufeinander zugehen blieben nur erhalten, wenn die Löhne scher vermisst bei der neuen LINKEN können, um gemeinsam – und auf glei- und die Steuern sinken, während die das »allseits erwartete Tohuwabohu cher Augenhöhe – Politik zu machen. Rüstungsausgaben steigen. Die Mono- innerparteilicher Selbstzerfl eischungs- Die anderen Parteien, die so einhel- tonie dieser fi xen Ideen wird von neoli- kämpfe und chaotischer Kindereien«. lig einer Agenda 2010 hinterhergelau- beralen Denkern seit Jahrzehnten vor- Also, liebe Genossinnen und Genos- fen sind, haben uns dabei, wenn auch getragen. Im Gepäck dieser Gebete ist sen, Freundinnen und Freunde, ich ver- unbeabsichtigt, wirklich geholfen. Die immer der Schlag gegen einen solida- misse das wirklich nicht! Parteienlandschaft hat sich in den ver- rischen Sozialstaat.

90 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG Die erste und bundesweit gemein- same Aktion von Linkspartei.PDS und WASG war die für den gesetzlichen Mindestlohn von acht Euro, lange bevor die SPD dafür Unterschriften sammelte. Unser Ausgangspunkt heißt: Arbeit darf nicht arm machen, auch nicht im Alter. Doch wer von niedrigen Löhnen leben muss, ist auch im Alter von Armut besonders bedroht. Es war die OECD, die Deutschland kürzlich vor der Alters- armut warnte, denn von allen 30 OECD- Ländern erhalten Geringverdienende in der Bundesrepublik die kleinste Rente. Die OECD-Studie hat gezeigt: Durch die sogenannten Rentenreformen seit 1990 sind den künftigen Rentnerinnen und Rentnern 20 Prozent ihrer Rente genommen worden. Dieser Renten- klau muss ein Ende haben! Deshalb, Genossinnen und Genossen, Freun- dinnen und Freunde, sollten wir über eine Mindestabsicherung von Rentne- rinnen und Rentnern auch in der neuen LINKEN intensiv nachdenken, Konzepte entwickeln und sie dann mit gemein- samer Kraft auch durchsetzen. Nun blasen Union und SPD schon

wieder zum Angriff auf das nächste © Erich Wehnert soziale Sicherungssystem. Jetzt ist die Pfl egeversicherung dran und es sieht so aus, als solle es auch hier heißen: Symbol der Ausgrenzung, der Abgren- litik erfi nden, die die Ärmsten in die Höhere Beiträge für die Beschäftigten, zung, des verweigerten Dialogs. Der Lage versetzt, Kapital zu bilden, um für die Arbeitgeber bleibt fast alles Zaun um Heiligendamm zeigt die G8 tatsächlich selbstständig wirtschaften beim Alten. Gerade für Menschen, die in ihrem eigenen Panic Room, in dem und leben zu können. Seine sanfte Kri- der Pfl ege bedürfen, gilt doch: Einer die Kriege, die sie ja zum Teil mit ver- tik des neuen Geistes des Kapitalismus trage des Anderen Last, wenn ich das schulden, als wachsender internatio- folgte auf dem Fuße, indem Yunus fest- eine Woche nach dem Evangelischen naler Terrorismus zurückschlagen. Die hielt. »Profi tmaximierung ist eine sehr Kirchentag einmal so formulieren darf. Gewalt bei den Protesten haben dem eingeschränkte Vorstellung vom Men- Von einer Riester-Pfl ege halte ich gar Dialog, haben der Globalisierungskri- schen«. Das ist doch, kurz gesagt, der nichts! Um die Lasten gerecht zu ver- tik geschadet. Die G8 haben dies mit Ausgangspunkt linken Denkens und teilen, sollten wir die Pfl egeversiche- ihrer symbolischen Abgrenzung schon friedlichen Handelns, hierzulande und rung zu einer solidarischen Bürgerver- im Vorfeld erledigt. So einfach ist die weltweit. sicherung umbauen, in der alle Einkom- Zukunft nicht zu haben! Genossinnen und Genossen, ver- mensarten berücksichtigt werden. Nur Eine neue Linke steht für friedliche ehrte Gäste, liebe Freundinnen und auf diese Weise lassen sich die jetzigen Proteste, für die demokratische Durch- Freunde, heute – am 16. Juni 2007 – und zukünftigen Kosten für eine men- setzung ihrer Alternativen. Wir wissen: treffen wir eine Entscheidung mit Lei- schenwürdige Versorgung Pflegebe- Für eine moderne Klimapolitik wird es denschaft und Vernunft. Wir wollen die dürftiger gerecht und sozial verteilen. nicht ohne komplexes Denken, ohne Geschichte linken Denkens und Han- Und noch eines: Vergessen wir als Linke gemeinsames Handeln, ohne Dialog dels weiterschreiben. Das Gepäck ist nicht, die erforderliche Pfl ege derer, die gehen. Für eine Energiepolitik, die genauso wichtig wie die Herausforde- die Pfl egearbeit täglich leisten. Ressourcen schont und erneuert und rungen, vor denen wir stehen. Mit der Liebe Freundinnen und Freunde, zugleich Energiesicherheit für alle im Gründung der Partei DIE LINKE werden Genossinnen und Genossen, verehrte Auge hat, braucht es ein Verständnis wir Antworten auf drängende Fragen Gäste, die sozialen Klüfte im Innern vom sozialen Zusammenleben, von geben müssen. unserer Gesellschaft wirken wie das kulturellen Gewohnheiten, von nach- Kann ich von meiner Arbeit leben? Auge des Sturms, schauen wir nach haltigen Sicherheitskonzepten. Deshalb fordert die LINKE öffentlich Europa, schauen wir weiter in eine Muhammad Yunus, der Friedensno- geförderte Beschäftigung, einen Min- Welt, die bittere Hungersnöte, töd- belpreisträger, hat es auf eine einfache destlohn von acht Euro, und sie soli- liche Krankheiten und kriegerische Formel gebracht. Freundlich und diplo- darisiert sich mit den Beschäftigten, Auseinandersetzung bis heute nicht matisch hat er bei Sabine Christiansen die sich von den Globalplayern nicht zu verhindern weiß. Das G8-Treffen hat am Vorabend des G8-Treffens gesagt, erpressen und nicht gegen ihre Kolle- inzwischen ein eigenwilliges Symbol, es ist gut, wenn sich die mächtigen ginnen und Kollegen in anderen Län- das den Regierungen der mächtigsten Regierungen der G8 treffen. Noch bes- dern ausspielen lassen. Industriestaaten nachhaltig zu den- ser aber wäre es, wenn sie ihre eige- Haben die G8 wirklich mehr Macht ken geben sollte, den Zaun von Heili- nen Versprechen ernst nehmen wür- als Legitimation zur Lösung wichtiger gendamm. Der Zaun ist nicht nur ein den. Sie sollten eine Entwicklungspo- Fragen der Menschheit? Auch deshalb

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 010 fordert die LINKE eine Reform der UNO sprochen: Alternativen sind nötig und Der erste Punkt ließe sich in die Ent- und die Einhaltung der Millenniums- möglich! Unsere Mitglieder haben sich scheidungsfrage kleiden: Wie hält es ziele. ganz klar für die Parteigründung, für die neue gesamtdeutsche Linke wei- Uns alle beschäftigt doch: In wel- eine bundesdeutsch wachsende Partei terhin mit dem Osten? Da gibt es ja ches natürliche und kulturelle Klima entschieden. Die Bremer Wahl ist ein Spekulationen ... Ostdeutschland hat werden meine Kinder hineinwachsen? ermutigendes Signal, dass Menschen einen politischen, wirtschaftlichen Ist Europa 2030 eine Freihandels- eine neue Linke mit Gebrauchswert und gesellschaftlichen Problemdruck, zone oder ein Kontinent, der seine Sozi- auch im Westen der Republik wollen. der langsam in der ganzen Republik alstaatsmodelle neu entwickelt hat? Die Partei DIE LINKE ist die erste Ost- ankommt. Vom Ausmaß und von den Schaffen wir es in Zusammenarbeit West-Parteigründung nach der Wende, Widersprüchen ahnt Nordrhein-West- mit Linken aus anderen Ländern, das in der nicht der Westen den Osten falens SPD-Vorsitzende Hannelore Konzept einer europäischen Sozial- schluckt. Daran will ich erinnern, das Kraft so einiges, wenn sie nach Gelsen- union konkret zu entwickeln und dafür gilt immer auch umgekehrt. kirchen schaut. Zu Lösungen fi nden wir gemeinsam zu kämpfen? Wir brauchen einen integrationsfä- allerdings nicht, wenn der Solidarpakt Die LINKE erinnert daran, dass wir higen Vorstand, deshalb schenkt allen angegriffen wird oder aktionistische im europäischen Jahr der Chancen- 22 Kandidaten, die gestern noch vom Programme gegen die Ost-Flucht der gleichheit leben. Dafür sind wir poli- Souverän einer anderen Partei für den Frauen erwogen werden. Lösungen fi n- tisch aktiv. Dafür treffen wir uns im ersten gemeinsamen Vorstand gewählt den wir nur gemeinsam mit den Men- November in Prag beim 2. Parteitag der wurden, euer Vertrauen. Der Souverän schen, die im Osten leben, die sich Partei der Europäischen Linken! von heute, ihr alle, gebt damit ein Zei- gegen Ausgrenzung stemmen und die Mit einer neuen Partei DIE LINKE chen an die Mitglieder, die euch hierher neue Ideen im Stadtumbau in einer haben wir uns wirklich Großes vor- entsandt haben, eine neue LINKE mit älter werdenden und schrumpfenden genommen. Die Journalistin Marina zu begründen. Es ist auch ein Signal an Gesellschaft verwirklichen. Und da im Achenbach hat angesichts einer der die, die sich entscheiden wollen, bei Osten die Löhne immer noch im Schnitt jährlichen Luxemburg-Liebknecht- einer Partei DIE LINKE mitzumachen. 21 Prozent geringer als im Westen sind, Ehrungen in Friedrichsfelde 2004 den Wir brauchen neugierige und fordernde sollten wir auch auf diesem Partei- bitter-schönen Titel gewählt: »Bei Rosa Mitglieder. Und wir legen Wert auf sym- tag fordern: Gleiche Löhne für gleich- Luxemburg. Hier halten die Linken ein- pathische Kritiker und kritische Sympa- wertige Arbeit! Unsere Vorschläge für ander aus.« Wir sind drei Jahre weiter! thisantinnen. eine neue Chance für den Osten, das Gerade deshalb möchte ich jede Um es einmal ganz klar zu sagen: sind auch realistische Politikangebote und jeden ansprechen, indem ich Der erfolgreiche Gründungsprozess für strukturschwache Gebiete im Wes- einmal ganz anders hängt für mich nicht von der Messung ten und zugleich auch eine Chance für zitiere, so wie man sie auf dem gleich- ab, wie viel Milligramm altes oder wie die ganze Republik, und das werden namigen Platz in Berlin vorm Karl-Lieb- viel Gramm neues linkes Denken die wir mit unseren Erfahrungen deutlich knecht-Haus durch das Denkzeichen neue Partei charakterisiert. Und ich machen! von Hans Haacke mit ihrer »kontrover- gehe auch nicht davon aus, dass in Der zweite Punkt enthält ein Stück sen Gedankenwelt« aus ihren Briefen einer modernen linken Partei ab mor- der Antwort: Eine Chance hat die deut- und Schriften kennen lernen kann. »Es gen eine Strömung das Sagen hat. Wir sche Linke nur, wenn sie eine europä- stimmt«, so schrieb sie ganz privat, sollten uns Pluralität erhalten und ische Linke ist! Die europäische Inte- »ich habe verfluchte Lust, glücklich Beliebigkeit in den Grundfragen nicht gration – bei all ihren Problemen – ist zu sein, und bin bereit, Tag für Tag um zulassen. immer noch eine Bedingung der struk- mein Portiönchen Glück mit dumpfem Ich hoffe, unser Denken bleibt turellen Kriegsunfähigkeit dieses Kon- Eigensinn zu kämpfen«. Ach, hätten wir beweglich, und natürlich kommen aus tinents. Sie muss weiterhin ein posi- Linken doch in der kategorialen Wüste den Gewerkschaften andere Lebens- tiver Bezugspunkt unserer Politik sein. der Besserwisserei ein Stück jener erfahrungen und politische Einstel- Inzwischen ist klar erkennbar: Nationa- sinnlichen Vorstellungskraft schon lungen als von Freischaffenden, pre- lismus und globale Standortlogik sind zurückerobert, die für andere Men- kär Beschäftigten, als von Kulturleu- wie zwei Seiten einer Medaille. Die schen nachvollziehbar den Lebensge- ten oder Arbeitslosen. Die neue Linke Lissabon-Strategie hat Millionen Men- nuss vor den Besserwisserfrust stellt. sollte diese Spektren endlich produktiv schen ausgegrenzt und deklassiert. Es Noch haben wir das nicht. Aber ich zusammenbringen. Es ist Zeit, die sozi- ist an der Zeit, dass wir in Europa um bin sicher, wir werden das schaffen! ale und die libertäre Kapitalismuskri- eine Weltregion des Friedens, des Kli- Genossinnen und Genossen, liebe tik für gemeinsame Politik nutzen! Zu maschutzes und der sozialen Innova- Freundinnen und Freunde, die neue einer eingreifenden Linken gehören: tionen kämpfen! Dafür genügen weder Linke wird eine Linke mit Eigensinn und das widerständige Denken und Han- Dokumente noch Regierungsabsichten, Lebensmut, mit Leidenschaft und Ver- deln, dieses An-die-Wurzel-Gehen und dafür brauchen Bürgerinnen und Bür- nunft, mit Menschen aus unterschied- Sagen, was ist. Dazu gehören plau- ger einklagbare Rechte und die Erfah- lichen Denktraditionen, anderen poli- sible und mitreißende Alternativen, die rung, dass unsere Stimmen bei der tischen Erfahrungen, durchaus ver- über den Shareholder-Value-Kapitalis- Gestaltung unseres Zusammenlebens schiedenen Kulturen. Wir sind in Berlin, mus hinausweisen. Dazu gehört eine gehört werden. weil wir den Gemeinsinn auch für uns Gestaltungskraft, die linker Politik das Lasst mich abschließend festhalten: neu entdeckt haben, weil Politik wirk- Prädikat durchsetzbar verleiht, egal ob Heute ist ein guter Tag für die europä- samer ist, wenn wir Unterschiede pro- in Opposition oder in Koalitionen. ische Linke. duktiv machen und mehr werden! Genossinnen und Genossen, Freun- Verehrte Gäste, liebe Mitglieder, Von hier werden wir starten gemein- dinnen und Freunde, verehrte Gäste, feiert heute mit einer internationa- sam mit unseren Freunden in der Euro- lasst mich abschließend zwei Punkte listischen Linken aus Deutschland! päischen Linken, denn: Linke Bewe- herausgreifen, an denen man unter Gemeinsam wird die Partei DIE LINKE gungen haben es weltweit ausge- anderem die neue Linke erkennen soll. ein Gewinn für uns alle!

11 0 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG Wir dürfen die Hoffnungen von 4,1 Millionen nicht enttäuschen Rede von , Kandidat für den Vorsitz der Partei DIE LINKE

Meine sehr geehrten Damen und als solcher spreche ich dies jetzt an Herren, liebe Gäste, liebe Freundinnen – die Frage stellen, warum die Gewerk- und Freunde, liebe Genossinnen und schaften seit Jahren in Deutschland auf Genossen, ich weiß, dass die eine oder dem Rückzug sind? Viele Kolleginnen der andere von euch bei den Worten und Kollegen der Telekom werden jetzt Genossinnen und Genossen vielleicht mit unverschämten Forderungen nach etwas Bedenken hat, aber ich möchte Gehaltskürzung konfrontiert. 50.000 darauf hinweisen, dass das wirk- Menschen schiebt man ab in andere lich völlig unbegründet ist, denn der Gesellschaften und bedroht sie mit berühmte Satz der Bibel »Du sollst dei- Arbeitszeitverlängerung und Gehalts- nen Nächsten lieben wie dich selbst« kürzungen. Warum ist das so? Wir müs- muss eigentlich übersetzt werden »Du sen über unsere Kampfformen nach- sollst deinen Genossen lieb haben, denken. Ich sage deshalb: Wir müssen dir gleich«. Deshalb gab es mal einen neue Kampfformen entwickeln, und

berühmten Deutschen, der gesagt hat: © Erich Wehnert das heißt auch, französisch zu lernen. »Ein Sozialist muss nicht Christ sein, Jawohl, DIE LINKE tritt ein für den Gene- aber ein Christ muss Sozialist sein.« ralstreik, für den politischen Streik als Das ist die Botschaft, die wir am heu- verbunden, der für mich Anlass war, in Mittel demokratischer Auseinanderset- tigen Tage auch an kritische Menschen die Politik zu gehen, dem Friedensno- zungen. in den Kirchen richten. belpreisträger Willy Brandt und seinem Wenn ich von demokratischer Erneu- Als ehemaliger Vorsitzender der Satz »Von deutschem Boden darf nie- erung spreche, dann meine ich aber Sozialdemokratischen Partei Deutsch- mals wieder Krieg ausgehen!«. auch, dass Demokratie eine zentrale lands stehe ich heute vor euch und Wir, liebe Freundinnen und Freunde, Aufgabe im Auge haben muss, das ist sage: Die Linke steht in der Tradition sind die Partei der demokratischen die Aufgabe der Machtkontrolle. Und der deutschen Arbeiterbewegung! Sie Erneuerung. Demokratie, so sagte der wenn wir über die Fehlleistungen ver- steht in der Tradition derer, die unter große griechische Staatsmann Perikles, gangener Systeme nachdenken, dann den Sozialistengesetzen Bismarcks ist eine politische Ordnung, in der die war es die, dass man zu wenig Macht- verfolgt waren, und sie steht in der Tra- Angelegenheiten im Interesse der Mehr- kontrolle in die politischen Systeme dition derer, die in den Konzentrati- heit entschieden werden. Im Sinne die- eingebaut hat. Das gilt nicht nur für onslagern Hitlers umgekommen sind. ser uralten Defi nition der Demokratie den Osten, das gilt genauso für den Und sie fühlt sich dem Erbe derer ver- ist unser repräsentatives System in Westen, das gilt auch heute noch vie- pfl ichtet, die als Sozialdemokratinnen Deutschland in der Krise. Ob Rente, ob lerorts auf der Welt. Machtkontrolle und Sozialdemokraten in der DDR ein- Gesundheit, ob Steuern, ob Bundes- ist das Kriterium der Demokratie, und gesperrt waren, ebenso wie den Kom- wehr in Afghanistan, ob Arbeitsmarkt Machtkontrolle war einstmals auch das munistinnen und Kommunisten, die in – was immer ihr wollt, immer entschei- Kriterium des Liberalismus. Deshalb der Bundesrepublik Deutschland ein- den zwei Drittel des Deutschen Bun- sagten die Väter des Neoliberalismus, gesperrt und verfolgt wurden. Beides destages gegen die große Mehrheit der des Ordoliberalismus einmal: »Wir gehört zusammen, und beides muss deutschen Bevölkerung. Die Demokra- wollen nicht die Kontrolle wirtschaft- gesagt werden. tie ist in der Krise. Deshalb brauchen licher Macht. Wir wollen die Verhinde- Drei Leitfi guren der Arbeiterbewe- wir in Deutschland eine demokra- rung wirtschaftlicher Macht!« An dieser gung möchte ich uns heute in Erin- tische Erneuerung! Wir wollen dabei Stelle verbindet sich die politische The- nerung rufen. Da ist zunächst Rosa mithelfen, wir, DIE LINKE in Deutsch- orie des Sozialismus mit der des Libe- Luxemburg, die große Sozialistin. Ihr land! Und wenn das repräsentative ralismus. Die Verhinderung wirtschaft- Erbe heißt: »Freiheit ist immer auch System in der Krise ist, dann brauchen licher Macht ist auch eine Aufgabe die Freiheit des Andersdenkenden«. wir mehr direkte Beteiligung. Und ehe der LINKEN. Und wenn wirtschaftliche Da ist , der wirklich wir mit dem Finger auf andere zeigen Macht nicht zu verhindern ist, dann mit seinem Leben gezeigt hat, dass oder Volksentscheide und Volksab- muss sie demokratisch kontrolliert sein, nichts schwerer ist, als dem Geist der stimmungen fordern, müssen wir uns sonst haben wir keine demokratische Zeit zu widerstehen, der das chine- selbst verpfl ichten. Richtungsentschei- Gesellschaft! Deshalb unterstützen wir sische Sprichwort bestätigt hat: »Nur dungen in unserer neuen Partei müs- – und hier greife ich das auf, was Gregor tote Fische schwimmen immer mit sen der Mitgliederbefragung unterwor- Gysi und Lothar Bisky gesagt haben – dem Strom«. Karl Liebknecht war ein fen werden. Direkte Demokratie ist nur die drei Millionen kleinen Betriebe, die Mann, der Widerstand geleistet hat. dann glaubhaft zu vertreten, wenn wir weniger als zehn Beschäftigte haben Er hat das Erbe der Arbeiterbewegung, bei uns anfangen! und weniger als zehn Millionen Euro gegen Krieg zu sein, begründet, als er Wir freuen uns, dass viele Vertre- Umsatz. Diese wichtigen Betriebe gegen die Kriegskredite im Deutschen terinnen und Vertreter der Gewerk- unserer Volkswirtschaft sind unsere Reichstag gestimmt hat. Und in diesem schaften heute bei uns sind. Wir müs- wichtigsten Ansprechpartner in der Sinne fühlen wir uns auch einem Mann sen uns als Gewerkschafter – und Wirtschaft, denn auch bei denen gibt

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 012 es Ausbeutung und Selbstausbeutung. Terrorismus nicht bekämpfen, wenn Sozialstaat« sagen diejenigen, die die Deshalb lasst uns die kleinen Betriebe man nicht weiß, was das ist! Und wenn Rentenversicherung und die Arbeitslo- besonders pfl egen. wir sagen: Terrorismus ist das rechts- senversicherung zerstört und die Kran- Wir sind die neue Kraft, die in die widrige Töten von Menschen, um poli- kenversicherung schwer beschädigt deutsche Außenpolitik das Völker- tische Ziele durchzusetzen, dann muss haben. Wie kann man mit einer ein- recht wieder einführen will. Seit Jahren die doppelte Moral des Westens been- zigen Vokabel die Bevölkerung so in wird das Völkerrecht in der Welt, aber det werden. Dann sind auch Bush, Blair die Irre führen! »Vorsorgender Sozial- auch in der deutschen Außenpolitik und viele andere, die völkerrechtswid- staat« verlangt armutsfeste Renten im nicht mehr zur Grundlage der Entschei- rige Kriege zu verantworten haben, Ter- Alter und nichts anderes! dungen gemacht. Das ist ein Skandal, roristen! Das müssen wir in aller Klar- Es ist unglaublich, was die Reform- denn wie im Inneren der Staaten nur heit sagen. chaoten der letzten Jahre angerich- das Recht den Frieden herstellt, so Wir werden, liebe Freundinnen und tet haben. Sie haben einen sicheren kann zwischen den Staaten nur das Freunde, in der Welt keinen Frieden fi n- Sozialstaat, der vielen Menschen in Völkerrecht den Frieden herstellen. den, wenn es nach dem Muster geht: Deutschland Halt und Planungssicher- Und wenn beispielsweise das höchste Ein Muslim, der Bomben wirft, ist ein heit für die Zukunft gab, zerstört. Sie Verwaltungsgericht der Bundesrepublik Terrorist. Ein Christ, der Bomben wirft, haben etwas zerstört, was wir im letz- festgestellt hat, dass wir am Irak-Krieg kämpft für Freiheit und Demokratie. Mit ten Jahrhundert erreicht haben, näm- beteiligt sind, dass wir damit das Völ- dieser doppelten Moral tragen wir zum lich armutsfeste Renten für Menschen, kerrecht brechen, und wenn die amtie- Unfrieden in der Welt bei. Sie ist die die ein Leben lang gearbeitet haben. rende Bundesregierung nichts daran herrschende Moral in den westlichen Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeit- ändert, dann ist das ein völlig unhalt- Industriestaaten. nehmer müssen jetzt damit rechnen, barer Zustand. Demokratie setzt auch Wir sind die Partei des Sozialstaates. dass sie im Alter Renten haben, die die Beachtung des Rechts und die Wenn etwas das Ergebnis der verfehl- Armutsrenten sind. Und wenn das einer Beachtung des Rechtsstaates voraus! ten Politik der letzten Jahren war, dann festgestellt hat, dann nicht irgendein Wir glauben, dass die Kriege in dieser war es die Zerstörung des Sozialstaates, Kritiker der neoliberalen Entwicklung, Welt auch die Systemfrage aufwerfen. der doch Millionen Deutschen Identität sondern die hoch bezahlten Bediens- Deshalb beschwöre ich ganz bewusst in ihrem Staat gegeben hat. Wenn man teten der OECD, die im XVI. Arrondis- nach Rosa Luxemburg, Karl Liebknecht sie gefragt hat: Was schätzt ihr eigent- sement von Paris sitzen und dort kluge und Willy Brandt hier den großen fran- lich an eurem Staat, ja an eurer Nation, Rezepte entwerfen, die sie selbst nie zösischen Sozialisten Jean Jaurès, der dann haben sie zuerst den Sozialstaat betreffen. Aber immerhin haben sie am Vorabend des ersten Weltkrieges genannt. Und jetzt haben sie es in den festgestellt, dass Deutschland es fer- ermordet wurde, weil er leidenschaft- letzten Jahren fertiggebracht, diesen tig gebracht hat, dass die Menschen lich für den Frieden eintrat und die Sozialstaat völlig zu zerstören, weil bei- mit niedrigem Einkommen die schlech- Arbeitnehmerinnen und Arbeitneh- spielsweise neoliberale Wortungetüme teste Rentenerwartung aller Industrie- mer Europas aufrief, nicht aufeinan- in die Welt gesetzt werden, die nachge- staaten haben. Ich hätte das nicht für der zu schießen und nicht gegenein- plappert werden von den Nichtdenkern möglich gehalten. Das zeigt das Aus- ander Krieg zu führen. Jean Jaurès, der der konkurrierenden Parteien wie der maß der Verirrungen derjenigen, die große Sozialist, sagte: »Der Kapita- »vorsorgende Sozialstaat«. Welch eine in Politik und Gesellschaft und Journa- lismus trägt den Krieg in sich wie die unglaubliche Vokabel! »Vorsorgender lismus Rezepte wie Rente mit 67 oder Wolke den Regen!«. Darüber müssen Ähnliches befürworten, weil sie nicht wir wieder nachdenken, liebe Genos- genau hingucken, was dies eigentlich sinnen und Genossen. Und wenn man für die Menschen in unserem Lande eine Schulklasse über diesen Satz bedeutet. Und deshalb muss es eine einen Aufsatz schreiben ließe, müsste erfahren neue Kraft geben, die LINKE, die sagt: man sie in den Vorderen Orient führen Jawohl, wir wollen den Sozialstaat wie- und die Frage aufwerfen: Warum wer- Meine Gefühle? Sehr posi- der herstellen! Wir kämpfen darum in den dort Kriege geführt? Wir sagen als tiv. Schon bei der Bundestags- den nächsten Monaten und Jahren, einzige politische Kraft: nicht wegen wahl haben viele die gemein- dass die Rentenformel wieder herge- Freiheit und Demokratie, nicht, weil es same Kandidatur von WASG und stellt wird und die Menschen im Alter darum geht, Menschenrechte durch- PDS als Alternative angenom- eine Rente beziehen, die einen würdi- zusetzen, sondern weil Rohstoffquel- men. Die Menschen haben mit gen Lebensabend garantiert! len und Absatzmärkte erobert werden der Wahl die Hoffnung verbun- Wir wollen auch, und das wird den sollen. Wir müssen das in aller Klarheit den, dass die Linke sich vereint. einen oder anderen Beobachter über- sagen. Das ist die Folge des weltweiten Stark werden wir sein, wenn wir raschen, die Partei der ökologischen Systems des Finanzkapitalismus. gemeinsam agieren, und zwar Erneuerung sein. Und zwar deshalb, Und es ist auch ein wirklich bekla- parlamentarisch und außerpar- weil wir die einzige Partei sind, die die genswerter Zustand, dass in der west- lamentarisch. Im Kölner Stadtrat, Systemfrage aufwirft, wie Lothar Bisky lichen Welt – insbesondere in Deutsch- wo ich mit drei anderen Linken und Gregor Gysi es in ihren Reden land – gesagt wird: Wir wollen den inter- arbeite und wo mit wechselnden gestern getan haben. Man kann das nationalen Terrorismus bekämpfen, Mehrheiten entschieden wird, auch konkret machen. Ein System, das ohne dass die Diskussionsteilnehmer waren wir schon gelegentlich nur auf Mehrverbrauch, Umsatz- und sich Klarheit darüber verschaffen, was das Zünglein an der Waage. Nun Gewinnsteigerung orientiert ist, kann Terrorismus eigentlich ist. Ich bin stolz sind wir gar nicht mehr weg zu die ökologische Frage nicht lösen. darauf, dass DIE LINKE. im Bundestag diskutieren. Deshalb ist die grüne Formel von der das immer wieder thematisiert hat. Özlem Demirel, ökologischen Marktwirtschaft ein Pla- Und ich sage auch hier, auf unserem Nordrhein-Westfalen, Ratsfrau cebo. Nein, die Systemfrage wird durch Gründungsparteitag: Man kann den in Köln, vormals Linkspartei die Umweltfrage gestellt. Das wissen

13 0 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG erfahren Wir sind aber auch die Partei der ist. Was war das für ein Symbol, dass Globalisierung mit menschlichem Ant- ein Indio zum ersten Mal Präsident Der Parteitag ist sehr gut gelau- litz. Wir haben Antworten auf die Ver- in einem Land dieses ausgebeuteten fen. Nun können wir endlich los- werfungen der Globalisierung. Und wir und unterworfenen Kontinents wurde! legen. Ich hoffe, dass wir das wissen, dass die Globalisierung nichts Und dabei war für mich nicht das Wich- Vertrauen, das die Wähler in uns anderes braucht als soziale Regeln, tigste, dass in diesem Land die Ener- gesetzt haben, und das, was die denen der wirtschaftliche Prozess gieressourcen verstaatlicht werden. Für Mitglieder wollen, auch umset- unterworfen sein muss. Es kann nicht mich ist das Wichtigste, dass Evo Mora- zen können. Es geht darum, den so sein, dass der Raubtierkapitalis- les die Indio-Sprache wieder zur offi zi- etablierten Parteien Paroli zu mus, der Finanzkapitalismus weltweit ellen Staatssprache Boliviens gemacht bieten und zu zeigen, dass der operiert, ohne dass die Nationalstaa- hat. Das war für mich die bedeutendste neoliberale Weg der falsche Weg ten diesem Treiben ein Ende bereiten Entscheidung dieses Indio-Präsidenten. ist und es Alternativen gibt. Das und Schranken setzen. Sie hat große Tragweite. wichtigste Thema für mich ist Und wir wissen, dass dies auch Wir werden daran zu arbeiten innenpolitisch der Kampf gegen Konsequenzen hat für das Innere der haben, unsere Konzepte weiterzuent- die Rente mit 67 und gegen Hartz Gesellschaft, und deswegen sage ich: wickeln von der Regulierung der Wech- IV. Wir wollen mitwirken am Aufbau des selkurse, von der Kontrolle des Kapi- Frank Kesternich, , Sozialismus des 21. Jahrhunderts und talverkehrs, von der Austrocknung der Finanzbeamter, vormals WASG unterstützen die Sozialismus-Versuche Steueroasen. Es gibt ja unendlich viele in Südamerika. Sie geben uns Hoffnung Angebote der Linken bis hin zur Tobin- in Europa und in aller Welt! Steuer. Jawohl, wir wollen den Schul- Und wenn dort beispielsweise die terschluss mit denen, die die Globali- nationalen Energiequellen, die Tele- sierung kritisieren und die der Globali- wir, DIE LINKE. Die anderen wissen es kommunikation und die Energienetze sierung ein menschliches Antlitz geben nicht. vergesellschaftet werden, dann ist das wollen. Und in diesem Zusammenhang Und die ökologische Frage verbin- richtig. Denn wir haben mehr Demo- begrüße ich einen alten Freund: Edel- det sich mit der sozialen Frage, das war kratie, wenn die Staaten und Gesell- bert Richter, ehemaliger Abgeordne- immer so. Sie verbindet sich auch mit schaften darüber entscheiden, was ter der Sozialdemokratischen Partei der Frage von Krieg und Frieden, ich mit ihren Reichtümern geschieht, als Deutschlands, der lange Zeit mit mir habe das vorhin dargestellt. Öl- und wenn amerikanische Großkonzerne programmatisch gearbeitet hat über Gaskriege werden im Vorderen Orient alles regeln und die Profi te abkassie- Grundsätze zur Gestaltung der Globa- geführt. ren. Das ist nach unserem Verständnis lisierung in dieser Welt. Herzlich will- Aber jetzt rede ich von der sozialen nicht Demokratie. Ich weiß, dass für kommen, Edelbert, in unserer neuen Frage. Was passierte denn, als die viele der Held des südamerikanischen LINKEN! Energiemärkte freigegeben worden Sozialismus Hugo Chavez ist. Aber ich Das war schon ein großes Ereignis sind oder wie das immer heißt? Wir will gleichwohl sagen, dass für mich – der Gipfel und die Reaktion der Men- haben jetzt Monopole, die die Men- genauso wichtig, wenn nicht vielleicht schen auf diesen Gipfel. Und es war schen abzocken. Und deshalb fordern sogar noch etwas wichtiger Evo Morales schön, dass wir unter den vielen, die wir die Verstaatlichung der Netze und die staatliche Preisregulierung auf den Energiemärkten. Wir, DIE LINKE, setzen das dem Privatisierungswahn des Neo- liberalismus entgegen. Und weil wir erleben durften – ich sage nur Stichwort Privatisierung und Deregulierung –, wie in den letzten Jah- ren mehr und mehr kommunale Strom- und Gaswerke an Großkonzerne veräu- ßert worden sind, sagen wir: Wir sind die Partei der Rekommunalisierung der Energieversorgung, weil Dezentralisie- rung ein ökologisches Prinzip ist. An dieser Stelle darf ich einen Gast begrüßen: Rüdiger Sagel, der bisher Abgeordneter der Grünen und fi nanz- politischer Sprecher im nordrhein-west- fälischen Landtag war und ausgetreten ist, weil sich diese Partei von ihren ökologischen und sozialen Grundsät- zen entfernt hat. Herzlich willkommen Rüdiger Sagel! Wir laden Sie ein, bei uns mitzuarbeiten. Wir sind eine offene Linke! Wir wollen die ökologische Frage auf die Tagesordnung der neuen LIN- KEN setzen! Mit aller Macht und mit aller Kraft! Und wir können Mitstreiter

gut gebrauchen. © Aris

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 014 ser neuen LINKEN. Das ist unsere große Verantwortung. Im Übrigen: Zu einem historischen Auftrag, den wir haben, möchte ich etwas sagen, weil er in der Öffentlich- keit immer wieder vergessen wird. Wir sind die einzige Stimme im Parlaments- betrieb und im politischen Leben, die denen Hoffnung wieder gibt, die bis- her nicht mehr zur Wahl gingen, weil sie gesagt haben, es lohnt sich ja nicht mehr, sie entscheiden ja doch immer gegen uns. Ohne uns wäre die Rechte in Deutschland stark. Das ist bereits ein historisches Ergebnis der neuen LINKEN. Liebe Freundinnen und Freunde, wir haben eine große Aufgabe vor uns. Wir können viel stärker werden. Aber wir wollen nicht stärker werden um unserer selbst willen. Auch das möchte ich hier noch einmal klar sagen im Hinblick auf die Organisationsveränderungen inner- halb der Arbeiterbewegung über ein Jahrhundert hinweg. Organisationen, Gewerkschaften, Parteien – sie sind niemals Selbstzweck. Sie sind immer nur Mittel zum Zweck, den Menschen eine Stimme zu geben, die nicht mäch- tig sind, die sich zusammenschließen

© Erich © Erich Wehnert müssen, die nur zusammen etwas erreichen können. Wir können daher viel stärker werden! Und wir laden all sich dort versammelt haben, zahlreich wissen, dass die Wiege der Arbeiterbe- diejenigen ein, die am Aufbau des vertreten waren und dass wir dort als wegung hier in Deutschland stand. Und demokratischen Sozialismus mitwir- Gesprächspartner angenommen wur- nachdem die Linke auch in Europa, das ken wollen. Jawohl, es heißt nicht Frei- den. Das war für mich das Entschei- hat mir unser Freund Fausto Bertinotti heit statt Sozialismus, es heißt Freiheit dende dieser Gipfel-Proteste. Und ich eben noch einmal gesagt, in der Krise und Sozialismus, besser noch: Freiheit möchte all denjenigen danken, die ist, schaut man auf Deutschland und durch Sozialismus! Das ist die Formel, dazu beigetragen haben. Ich habe schaut gespannt hin, was wird aus die- hinter der wir uns versammeln! mich aber auch gefreut im Sinne der Und, liebe Freundinnen und Parteienkonkurrenz, dass, als sich die Freunde, angesichts unserer vielen Vorsitzende der Grünen an die Spitze Irrtümer, angesichts der Fehler, die eines Demonstrationszuges setzen wir alle begehen, möchte ich eines wollte, die dort Versammelten gebuht erfahren sagen: Wenn wir wissen, dass viele haben, weil sie gesagt haben, wer für Menschen in Deutschland sagen, die Kriege stimmt, darf uns nicht anführen. Meine Erwartungen sind voll da oben machen ja doch, was sie wol- Das war richtig, das musste klargestellt erfüllt. Ich fi nde die Stimmung len, es lohnt sich doch gar nicht mehr, werden. phantastisch. Es ist bewegend, dann müssen wir dagegen halten mit Liebe Freundinnen und Freunde, dabei zu sein. Ich habe rich- direkter Demokratie, mit Mitgliederent- wir haben sicherlich viele enttäuscht, tig Gänsehaut gehabt, und mir scheiden, mit Generalstreik usw. Aber die darauf gewartet haben, dass das standen die Tränen in den Augen. wir müssen auch dagegenhalten mit nichts wird mit der neuen LINKEN. Wir Ich fand es ganz toll. Das waren Glaubwürdigkeit. Glaubwürdigkeit ist können ja die Hoffnung der anderen Momente, die schwer wiederzu- das Schwerste. Lasst uns alles versu- verstehen, aber wir mussten sie ent- geben sind. Die LINKE ist jetzt chen, dass diese Glaubwürdigkeit bei täuschen, weil wir die Hoffnungen von da, und ich gehe davon aus, dass allen Fehlern und Irrungen, die unver- 4,1 Millionen Wählerinnen und Wäh- wir eine starke Kraft werden. Ich meidlich sind, zum Markenzeichen der lern nicht enttäuschen durften, die uns denke, die Leute wissen, warum neuen LINKEN wird! bereits bei der Bundestagswahl 2005 sich die LINKE gebildet hat. Hut Und wenn wir das wollen, liebe den Auftrag gegeben haben, die neue ab vor Oskar Lafontaine und Gre- Freundinnen und Freunde, dann lasst LINKE zu schaffen. Wir hätten vor der gor Gysi und Lothar Bisky! Was mich schließen mit einem Wort eines Geschichte versagt, wenn wir das nicht die sich alles haben anhören Dichters der Oktoberrevolution, mit zustande bekommen hätten! Und die müssen, auch an persönlichen einem Wort Majakowskis. Der sagte zahlreichen Gäste aus aller Welt wie Anfeindungen. einmal: Wir werden dann Glaubwür- auch aus Europa zeigen, dass die Welt Sabine Zimmermann, Sachsen, digkeit haben, »wenn wir dem eigenen auf diesen Versuch hier in Deutschland Bundestagsabgeordnete und Lied niemals auf die Kehle treten«. In schaut. Nicht zuletzt deshalb, weil sie Gewerkschafterin, parteilos diesem Sinne: Glück auf!

15 0 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG Große Erwartungen, großer Elan Von der Aussprache berichten Marita Moritz und Harald Pätzolt

Nach den Reden von Lothar Bisky und Die Delegierte ging auch auf das von US-amerikanischen Militärbasen Oskar Lafontaine, zu diesem Zeitpunkt Klima in der Partei ein und sagte: »Wir in Europa, den Stopp des Verkaufs von noch Kandidaten für den Parteivorsitz, sind in der Partei oft nicht gut zu uns.« Waffen jeglicher Art und die Kürzung folgte die »Aussprache zu den Aufga- Konkurrenzkampf und gegenseitiges von Rüstungsausgaben weltweit. ben der Partei DIE LINKE«. Dabei hatte Kleinmachen stünden noch allzu oft »Wir sind gekommen, um zu blei- das Arbeitspräsidium gleich zweifach auf der Tagesordnung. Sie warb dafür, ben«, rief die WASG-Frau Christine auf die Quotierung zu achten: Einmal, das Thema Feminismus nicht aus der Buchholz aus Berlin den Delegierten bei der PDS lang geübte Praxis, nach Hand zu geben. Es sei die Zeit für femi- zu. Dies sei eine Kampfansage an den den Geschlechtern, nun außerdem nistische Sozialisten und sozialisti- Neoliberalismus und zugleich eine nach der bisherigen Parteizugehörig- sche Feministen. »Mein Wunsch ist »Einladung an alle, die bei uns mitma- keit. Das mag dieses Mal noch einfach es, genug Wut, Visionen, Liebe, aber chen wollen«. DIE LINKE bleibe dabei: gewesen sein: Auf dem nächsten Partei- auch den nötigen Pragmatismus zu Hartz IV muss weg, die Situation im tag wird es wahrscheinlich auch zahl- haben, um gesellschaftliche Verände- Kita-Bereich muss verbessert werden, reiche Delegierte geben, die erst neu in rungen jetzt zu beginnen«, meinte sie die Bundeswehr muss raus aus Afgha- die LINKE eingetreten sind und keiner abschließend. nistan. Sie erneuerte die Forderung Vorgängerpartei zuzuordnen sind … »Wir haben die Chance, die dritte nach Einführung eines gesetzlichen Volkspartei in Deutschland zu werden«, Mindestlohnes. Christiane Reymann von der Frauen- erklärte Franz Groll, bisher WASG, Auch sie ging auf die Proteste zum arbeitsgemeinschaft der Linkspartei aus Baden-Württemberg. Nach einer G8-Gipfel ein. »Wir haben unseren »Lisa« hob hervor, dass das gemein- Umfrage lehne mehr als die Hälfte kleinen Anteil daran, dass die Pro- same Frauenplenum der neuen LINKEN der Bevölkerung den Neoliberalismus teste erfolgreich waren. DIE LINKE war bereits seit eineinhalb Jahren funktio- ab. Damit sich die LINKE als Alterna- ein akzeptierter Teil der Bewegung. niert. Vorrangige Aufgabe der LINKEN tive für diese Menschen präsentieren Und viele haben nach Protestaktionen müsse es nach der Neugründung sein, könne, sei es wichtig, schnell mit der gesagt: Ja, bei dieser LINKEN wollen wir Türen zu öffnen, um Menschen in die Programmdebatte zu beginnen. gern mitmachen.« Die gemeinsame Vor- Partei hereinzuholen, und gleichzei- In seinem Redebeitrag ging der bereitung auf die Aktionen gegen den tig hinauszugehen, um gemeinsam Delegierte weiter darauf ein, dass sich G8-Gipfel hätte Mitglieder beider Par- für gesellschaftliche Veränderungen in Zukunft die Art der Kriege verändern teien enger zusammengeführt. In die- zu kämpfen. Dies sei angesichts von würde. »Es wird den Krieg um Rohstoffe sem Zusammenhang dankte sie dem Umweltkatastrophen, Hunger und geben.« Dieser Krieg und auch der Kli- Kreisverband der Linkspartei Rostock Armut auf der Welt sehr nötig. mawandel würden die Zukunft der für die Unterstützung. Sie hob hervor, Menschheit bedrohen. Dagegen etwas dass es gelungen sei, die Blockaden zu tun, sei Aufgabe der LINKEN. gewaltfrei zu halten, und kritisierte die Über die Proteste gegen den G8- bei der Großdemo entstandene Eska- Gipfel sprach die Europaabgeordnete lation durch Steinewerfer und Polizei erfahren aus Thüringen. Dem Tref- zugleich. fen in Heiligendamm seien zahlreiche Auf die Berliner Landespolitik ging Etwas zwiespältig sind meine Veranstaltungen von Globalisierungs- Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Gefühle schon. Man hat ja kritikern vorausgegangen. »Tausende bisherigen Linkspartei, ein. »Wir Berli- einiges in die WASG investiert, Linke haben bei ihren Protesten klar- ner sind uns unserer besonderen Rolle ihre Kultur mitgestaltet und gestellt: Eine andere Welt ist möglich. sehr wohl bewusst«, sagte er in Bezug ihre Geschichte mitgeschrie- Diese Proteste waren ein großer Erfolg«, auf die Regierungsbeteilung. Er vertei- ben. Aber O.K., jetzt ist da das stellte sie fest. Sie sprach sich dafür digte den Verkauf der Landesbank an neue Projekt, jetzt gestalten wir aus, in die Diskussion zum Thema Glo- die Sparkasse und hob hervor, dass es dieses. Schauen wir mal, dass balisierung noch mehr sogenannte nor- damit gelungen sei, dass die Landes- die Erfolgsstrategie aufgeht. Wir male Bürgerinnen und Bürger einzube- bank im öffentlich-rechtlichen Lager haben in Bayern zwei Wahlen ziehen. »Wir wollen ihnen eine Stimme bleibe. »Wir haben es so geschafft, vor der Tür stehen, die Landtags- geben, ohne sie zu vereinnahmen.« dezentrale Strukturen im Bankensek- wahl im Herbst 2008 und schon Die Sicherheitsmaßnahmen im Vor- tor zu erhalten.« Das sei ein Verdienst im März die Kommunalwahlen. feld des Gipfels schätzte sie als völ- der rot-roten Landesregierung. »Viele Dann ist auch noch zügig die lig überzogen ein. Die sogenannten haben uns das nicht zugetraut. Beson- Organisation des Vereinigungs- Großen in der Welt seien sich einig, ders freue ich mich über den Respekt, prozesses in den Gliederungen wenn es um Kontrollen der Bürgerinnen der uns entgegengebracht wird.« zu bewältigen. Es ist richtig viel und Bürger geht. »Wenn es aber darum Ilja Seifert von der AG Selbstbe- zu tun. geht, Armut zu bekämpfen und den Kli- stimmte Behindertenpolitik betonte, Albert Lochner, Bayern, Mess- mawandel zu stoppen, dann sind sie dass Emanzipation mehr sei, als sich und Regeltechniker, arbeitslos, sich nicht einig.« Die Politikerin for- nur gegenseitig auszuhalten. Die neue vormals WASG derte unter anderem die Schließung Partei müsse in der Tradition eman-

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 016 zipatorischer Bewegungen darum erfahren müsse verstärkt auch im europäischen viel weiter gehen. Alle großen Mehr- Recht verankert werden. Sie forderte heiten setzten sich aus vielen soge- Ich bin seit heute früh hier und alle zur Mitarbeit in der AG auf und ver- nannten Minderheiten zusammen: total begeistert. Ich war bei Bun- band dies mit dem Hinweis, dass es Migrantinnen und Migranten, allein- desparteitagen der PDS und bei die BAG Betrieb & Gewerkschaft war, erziehende Frauen, Kinder und eben Bundesparteitagen der WASG welche die Forderung nach einem Min- auch Behinderte – »irgendwie ist jede und muss sagen, es ist doch destlohn einst auf einen Parteitag der und jeder von uns Teil einer bestimm- gelungen, eine ganz neue Atmo- Linkspartei.PDS gebracht habe. Wei- ten Minderheit«. Darum sei es nicht sphäre zu schaffen, in der sich ter informierte Sabine Wilms über die ausreichend, dies nur zu akzeptieren die Mitglieder der ehemaligen nächsten Treffen und Aktivitäten des und die jeweils anderen zu tolerieren. Parteien richtig wohl fühlen kön- europäischen Netzwerks. Für eine linke Partei sei es ein Gebot, nen. Bodo Ramelow, bis dato der Verant- dafür zu kämpfen, dass in der Gesell- Die Parteigründung ist heute wortliche der Linkspartei.PDS für den schaft die Interessen der jeweils ande- nicht abgeschlossen, sie fängt, Vereinigungsprozess, informierte den ren begrüßt und befördert würden. Das wie Genosse Ernst sagte, an. Und Parteitag über den erfolgten Beitritt müsse man aber zunächst erst ein- selbst wenn wir in Berlin im klas- von Gewerkschaftsfunktionären zur mal in der eigenen Partei wollen. Nur sischen Sinn keine Fusion haben, neuen LINKEN. Weiter erklärte der Bun- wenn wir dem »Nutzen-für-alle-Prinzip« sollten wir doch die Gründung destagsabgeordnete aus Thüringen, folgten, könnten wir tatsächlich große der LINKEN als Chance begreifen. dass er seinen Job als Bundeswahl- Mehrheiten vertreten, meinte der Bun- Wir sollten Menschen, die bisher kampfl eiter gern weiter ausüben wolle. destagsabgeordnete. nicht das Interesse und den Mut Für die kommenden Kommunalwahlen Astrid Kraus aus der WASG Nord- hatten, in der ehemaligen PDS in , Schleswig-Holstein und rhein-Westfalen erklärte, für sie sei DIE mitzumachen, aktiv ansprechen. Bayern bräuchte die Partei Tausende LINKE die erste Partei, deren Mitglied Björn Tielebein, Berlin, Student, Kandidatinnen und Kandidaten sowie sie sei; sie könne es selbst kaum fas- vormals Linkspartei Wahlkämpferinnen und Wahlkämp- sen. Sie hätte sich zur Mitarbeit aus fer. Nur so könne das Ziel erreicht wer- drei Gründen entschlossen. Erstens, den, die Zahl der Kommunalmandate in betonte sie, sei DIE LINKE die einzige den alten Bundesländern von 500 auf Partei, die für Freiheit eintrete und dar- 1.000 zu verdoppeln. Bei den Land- unter nicht die Freiheit der Wahl des sei der Lackmustest der Politik. tagswahlen in Hessen und Niedersach- Urlaubsziels oder die Freiheit, zwi- Frigga Haug, die große feministi- sen gelte es zu beweisen, dass es DIE schen zehn Sorten Zahnpasta zu wäh- sche Wissenschaftlerin, sagte, dass LINKE auch in der Fläche im Westen len, verstehe, sondern die Möglichkeit, sie seit 50 Jahren den Traum einer lin- schaffen könne. Dann komme Ham- sein Leben selbstbestimmt zu gestal- ken Partei gehabt habe. In den Jah- burg dran und im Herbst 2008 Bayern. ten. Es gehe besonders darum, die ren 1989/1990 habe sie gehofft, dass 2009 gebe es wieder ein Superwahl- Interessen der Arbeitnehmerschaft und Gregor Gysi und Oskar Lafontaine sich jahr. Für die wichtige Kommunalwahl in von Arbeitslosen zu vertreten. Themen zusammentun. Dass dies heute gesch- NRW kurz vor der Bundestagswahl gab seien Mitbestimmung, Arbeitszeit und ehe, empfinde sie als ein Glück. Es Bodo Ramelow das Ziel vor, für jeden gute Löhne. Zweitens sei DIE LINKE die- stehe die radikale Veränderung der Kreis eine Liste aufzustellen. jenige Partei, die konsequent für sozi- Geschlechterverhältnisse noch bevor. Steffi Graf und Kolja Möller (DIE ale Gerechtigkeit eintrete. Und drittens Patriarchat – das seien ja auch tief LINKE.SDS) stellten den Antrag auf sei DIE LINKE auch die Partei der Aufklä- sitzende Gewohnheiten, Sichten und Anerkennung ihres kürzlich gegründe- rung, welche gegen falsches Bewusst- Verhaltensweisen, die zu ändern es ten Studierendenverbandes durch die sein ankämpfe. Es gehe darum, die Ver- einen langen Atem brauche. Und weil neue Partei. Sie verbanden dies mit hältnisse zu erkennen, um sie zu verän- Geschlechterverhältnisse Produktions- dem Hinweis auf den im Namen veran- dern. Dabei müsste DIE LINKE auch die verhältnisse seien und Produktions- kerten Bezug auf die Tradition der kri- Partei einer Praxis sein, bei der Wort verhältnisse Geschlechterverhältnisse, tischen Studierendenbewegung und und Tat übereinstimmten. Die Praxis müsse die Machtfrage nicht nur in der auf den Parteibezug des Verbandes. parlamentarischen Politik, sondern Der Studierendenverband wolle der auch außerhalb gestellt werden. Dazu Partei DIE LINKE ein solidarischer, koo- müssten Frauen wirklich einbezogen perativer Partner sein. werden. Dabei wolle sie der Partei als Dem organisatorischen Aufbruch erfahren Mitglied helfen: Frigga Haug erklärte der LINKEN müsse ein Aufbruch gesell- den Eintritt in die Partei DIE LINKE. schaftskritischen Denkens folgen. Für Der Tag war schön. Wir haben Sabine Wilms von der Bundesar- viele Studierende sei Prekarisierung endlich geschafft, was andere beitsgemeinschaft Betrieb & Gewerk- eine Schlüsselerfahrung, darum sei Jahrzehnte nicht geschafft schaft stellte die Arbeit des europä- diese ein zentrales Thema. Der Verband haben: eine Linke für ganz ischen Netzwerks linker Gewerkschaf- selbst wolle zudem eine praktische Ant- Deutschland. Das ist emotional terinnen und Gewerkschafter in und wort für Studierende in prekärer sozi- bewegend. Auch, weil wir wis- bei der Partei der Europäischen Linken aler Lage sein. Weitere Eckpfeiler des sen, dass es vorneweg so man- als praktisches Beispiel linker euro- Verbandes seien der Kampf gegen den chen Knatsch gab. Ich freue mich päischer Politik vor. Ziele seien der neoliberalen Umbau der Hochschulen, im Moment besonders auf Kons- Kampf gegen die Privatisierung und für speziell gegen Studiengebühren, für tantin Wecker. die Rekommunalisierung privatisierter offene, demokratische Hochschulen Tamara Thierbach, Thüringen, öffentlicher Einrichtungen. Auf dem und mehr kritische Theorie. Der Ver- Bürgermeisterin, Gebiet öffentlicher Dienstleistungen band wolle sich nicht auf Hochschulpo- vormals Linkspartei dürfe die Marktlogik nicht gelten. Dies litik beschränken, sondern sich einmi-

170 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG schen in den Kampf gegen Sozial- und auch von neuen Chancen reden«, dass endlich die Reichen zur Kasse Demokratieabbau. sagte Janine Wissler, vormals WASG, gebeten werden und die Bundeswehr Lena Kreck und Max Steininger aus Hessen. Wenn – wie eine Umfrage aus Afghanistan abzieht. Er kritisierte (Die Linksjugend [’solid]) berichte- zeigt – die Mehrheit der SPD-Mitglieder Arbeitszeitverlängerung und Rente mit ten von der Gründung des Jugendver- gegen Rente mit 67, gegen Bundes- 67 und sprach sich für ein NPD-Verbot bandes und der Motivation seiner Mit- wehreinsätze und gegen die Unterneh- aus. glieder: Wut auf Prekarisierung, Wut menssteuerreform ist, dann sei dies Vom dritten Versuch, die deutsche über den Mangel an Ausbildungsplät- eine Chance für DIE LINKE. Die Dele- Linke zu einigen, sprach , zen und das Ausbleiben der Ausbil- gierte erläuterte Aufgaben, die ihrer vormals Linkspartei.PDS, aus Sach- dungsplatzumlage, Wut auf die Auf- Ansicht nach zu erfüllen seien: »DIE sen: »Diesmal muss es uns gelingen! gabe von Lehrmittelfreiheit und von LINKE muss konsequent gegen Sozial- Wir müssen die historische Dimension demokratischen Grundrechten, Wut abbau, Privatisierung und Krieg sein«, würdigen.« Für diesen Augenblick hät- über mittelalterliche Familienbilder forderte sie. DIE LINKE müsse mit sozi- ten viele hart gearbeitet. Sie beschrieb einer Eva Herman, schließlich Wut über alen Bewegungen und Gewerkschaften die neue LINKE sowohl in der Tradi- fehlende Freizeitangebote, wodurch es zusammenarbeiten, wenn sie einen tion der Arbeiterbewegung als auch in Nazis leicht gemacht würde, Jugendli- Politikwechsel erreichen will, und sie feministischer und umweltpolitischer che an sich zu binden. Die Alternative müsse eine Partei sein, die bei den Tradition. Demokratische und soziale dazu sei eine demokratische und fried- Menschen Vertrauen gewinnt. Der Par- Rechte zu schützen, sei genauso wich- liche, eine ökologische und soziale teiaufbau müsse so gestaltet werden, tig wie der Kampf um die Rechte der Welt, global, solidarisch und gerecht. dass die Partei vor allem für junge Men- Frauen. Bei allen pragmatischen Erfor- Man könne für eine solche Welt auch schen attraktiv wird. Die Hessin zeigte dernissen der Gegenwart, dürfe man den Namen Sozialismus verwenden. sich optimistisch, dass der Einzug der das Fernziel nicht aus den Augen las- Der Jugendverband werde Kampagnen LINKEN sowohl in den Landtag in ihrem sen: »Es gibt noch eine Gesellschaft gegen Prekarisierung und gegen impe- Bundesland als auch in den Landtag jenseits der kapitalistischen Profi tlogik. rialistische Politik gemeinsam mit euro- von Niedersachsen gelingt. Ja, natürlich gehen wir davon aus, dass päischen Partnern entwickeln. Sie rie- »Die kleinen Leute auf der Straße der Kapitalismus nicht das Ende der fen den Delegierten zu: »Macht mit, es haben jetzt endlich wieder ein Stimme«, Geschichte ist«, sagte die Bundestags- gibt eine Welt zu gewinnen!« rief Rainer Sauer aus Nordrhein-West- abgeordnete unter dem Applaus der Anschließend nahm der Gründungs- falen in das Plenum. Nach 29 Jahren Delegierten. »Es geht um nicht mehr parteitag Dringlichkeitsanträge, den Mitgliedschaft in der SPD habe er diese und nicht weniger als eine Welt!« Jugendverband und den Studierenden- Partei aus Enttäuschung verlassen und Im Doppelpack traten die Fraktions- verband als die Jugendorganisation der sei zur WASG gegangen, weil die SPD vorsitzenden der Linksfraktion in der Partei bzw. als parteinahen Hochschul- eben nicht mehr die Partei der kleinen Bremer Bürgerschaft, Monique Trödel verband anzuerkennen, an. Leute sei. So sei die Arbeitslosigkeit und Peter Erlanson, ans Mikrofon (und »Alle reden von großen Herausfor- nicht verringert, sondern lediglich die hatten auch noch die weiteren Abge- derungen an DIE LINKE. Ich möchte Statistik bereinigt worden. Er forderte, ordneten der siebenköpfi gen Fraktion

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© Erich © Erich Wehnert und nutze den vorteilhaften Bankeinzug mitgebracht). Beide dankten den im den Parteiaufbau im Westen und den Landtagswahlkampf engagierten Hel- Parteiausbau im Osten.« Sie forderte, Geldinstitut ferinnen und Helfern, »ohne die der dass sich die Partei verstärkt Menschen Einzug in die Bremer Bürgerschaft nicht mit Migrationshintergrund zuwendet. möglich gewesen wäre«. Und so ver- »Wir wollen eine Veränderung der Ein- sprachen die Bremer, die, wie Monique wanderungspolitik. Wir wollen eine Bankleitzahl erklärte, die neue LINKE im Wahlkampf Partei für Menschen in Not sein.« bereits »gelebt« haben, auch die ande- Dirk Spöri, vormals WASG, aus ren Landesverbände in kommenden Baden-Württemberg stellte die Frie- Kontonummer Wahlkämpfen zu unterstützen. Peter denspolitik der LINKEN ins Zentrum sei- Erlanson ging auf die Situation Bre- ner Ausführungen. Gegen Kriege, die oder mens mit besonders viel Reichtum auf nur die blutige Seite des Kapitalismus der einen und besonders viel Armut seien, stelle sich eine weltweit wach- bitte um Rechnungslegung (gegen auf der anderen Seite ein. Gemeinsam sende Antikriegsbewegung. Dirk Spöri Gebühr) an meine Adresse. mit der außerparlamentarischen Bewe- rief zur breiten Beteiligung an den bun- gung wollen die Fraktionsmitglieder desweiten Demonstrationen der Frie- den sozialen Widerstand organisieren densbewegung am 15. September 2007 und sich vor allem gegen Privatisierung auf. Der Partei DIE LINKE als Teil und als Das Abonnement verlängert sich automatisch um den und Umverteilung von unten nach oben Partnerin der Friedensbewegung riet er, angegebenen Zeitraum zum gültigen Bezugszeitraum, falls ich nicht 15 Tage (Poststempel) vor dessen Ablauf aussprechen. Die Gleichstellungspoli- es nicht bei der breiten Unzufrieden- schriftlich kündige. tik zwischen den Geschlechtern soll heit der Bevölkerung mit der Afgha- eine Querschnittsaufgabe sein. Die nistan-Politik der Großen Koalition zu Fraktion wolle mehr Transparenz in das belassen, sondern eine bundesweite

Parlament bringen. So will die Fraktion Kampagne zum Abzug deutscher Sol- Datum, 1. Unterschrift beantragen, dass Ausschüsse künftig daten zu unterstützen. öffentlich tagen. Während der Aussprache am Sonn- Ich habe zur Kenntnis genommen, dass ich die Bestellung Für Katina Schubert aus Berlin, vor- abendnachmittag nahmen auch einige innerhalb von 10 Tagen widerrufen kann. mals Linkspartei.PDS, gibt es mit der Gäste das Wort, die sich mit ihren Hoff- Zur Fristwahrung genügt die rechtzeitige Absendung des Gründung der neuen Partei auch die nungen und Erwartungen an die Dele- Widerrufs. Hoffnung, dass diese eine feministi- gierten wandten. (siehe dazu die fol- sche Partei werden könne. Sie forderte genden Seiten) gleiche Möglichkeiten für Frauen und Abschließend stimmten Giesela Datum, 2. Unterschrift Männer und kritisierte die Dominanz Brandes-Steggewentz (Niedersach- der Männer in Führungspositionen der sen) und Dieter Hooge (Hessen) auf Coupon bitte senden an: Parteivorstand der Linkspartei. Partei. »Wir haben viele gute Frauen.« die in ihren Ländern anstehenden PDS, Kleine Alexanderstraße 28, 10178 Berlin Weiter stellte sie fest: »Wir brauchen Landtagswahlen ein.

190 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG GRUSSWORTE

Eine Hauptrolle in lage für ein neues Verhältnis von Politik kann sie die Zukunft zurückerobern. Ihr und Volk, von Linken und Bewegungen. habt euch auf diesen Weg gemacht. der Politik Daher fi nde ich auch den Bezug auf die Wir brauchen die Linke, damit wir Renaissance in Lateinamerika vollkom- das Leben zurückerobern können. Das ■ ■ Grußwort von Fausto Bertinotti, men richtig, eine Renaissance, die auf gilt nicht nur für die Unterschichten der Vorsitzender der Partei der Europä- einem neuen Pakt der Linken mit dem Gesellschaft, sondern auch für Umwelt ischen Linken, Präsident der Abge- Volk beruht. Dieser erfordert, dass wir und Natur. In diesem System wird der ordnetenkammer Italiens uns dem großen Thema des Sozialis- Mensch zur Ware reduziert. Dieser mus im 21. Jahrhundert wieder stellen. Kapitalismus kolonisiert die Körper Liebe Genossinnen und Genossen, ich Wir brauchen dringend eine starke und Köpfe der Menschen. Dieser Kapi- freue mich, hier bei euch zu sein. Heute Linke. Ohne eine starke Linke riskiert talismus macht aus unseren Körpern ist ein großer Tag, nicht nur für euch, die Welt, in der Katastrophe zu versin- und Köpfen Produktionsmittel. sondern auch für die Arbeiterklasse ken. In diesem Zusammenhang sind Eine neue Linke muss ihre ursprüng- und für das deutsche Volk. Heute ist die Worte Rosa Luxemburgs brennend liche Idee zurück erobern. Der Sozia- ein großer Tag für die ganze Linke Euro- aktuell. Die Welt erlebt Krieg und Ter- lismus im 21. Jahrhundert kann nicht pas. Und wir alle, die Linken Europas, rorismus, sie hat eine Organisation der allein wirtschaftliche Emanzipation haben auf diesen Tag gewartet. Wirtschaft, die die Umwelt zerstört und sein. Der Sozialismus im 21. Jahrhun- Die Linke Europas erlebt gegenwär- künftigen Generationen keine Chance dert muss ein Prozess der Befreiung tig einen schwierigen Augenblick. Ich bietet. der Frauen und Männer von jeglicher denke, wir müssen ihm offen ins Auge Wir brauchen eine Linke, die gegen Form der Ausbeutung und Entfremdung sehen. Die Wahlen in Frankreich und Ita- den Krieg kämpft. Die Friedensbewe- sein. Die Bewegungen haben erklärt, lien haben Gefahr für die Zukunft Euro- gung hatte in allen Punkten recht und dass eine andere Welt möglich ist. Seit pas, für die europäische Linke herauf- die Kriegspartei unrecht. Betrachten wir mit den Bewegungen zusammenar- beschworen. Diese Gefahr ist sehr groß. wir den Krieg im Irak. Die Situation beiten, haben wir gelernt, dass wir sehr Die alternative Linke könnte in der Poli- dort ist nur immer dramatischer gewor- viel tun müssen, um ihr Wachstum zu tik ausgegrenzt werden. In der europä- den. Auch die Krise in Palästina ist ein fördern. Aber auch die Bewegungen ischen Politik gibt es heute die deut- Ergebnis des Teufelskreises von Krieg selbst brauchen eine starke Linke, eine liche Tendenz zu einer breiten Mitte. und Terrorismus. Wenn keine Politik geeinte, plurale Linke. Starke politische Kräfte neigen dieser mehr gemacht wird, wenn wir keine Ein großer italienischer Dichter, Mitte zu. Grundlage dieser Tendenz ist historisch reife Lösung finden, das Giacomo Leopardi, hat geschrieben: das Primat des Unternehmens und des heißt, zwei Staaten für zwei Völker, »Erst wenn Vernunft zur Leidenschaft Marktes. Das Unternehmen und der dann haben wir Fundamentalismus, wird, ist Erkenntnis möglich, die tiefe Markt sehen sich als Ersatz für Politik dann haben wir Bürgerkrieg, und die Erkenntnis von uns selbst und von den und wollen den Völkern einreden, es Politik wird zerstört. Für diese Tragödie Anderen.« Auch die Politik braucht Ver- gäbe jetzt keine Rechte und keine Linke trägt Europa eine große Verantwortung. nunft und Leidenschaft. Ihr schenkt uns mehr. Wenn diese Tendenz sich durch- Eine starke Linke muss erreichen, dass heute eine große Emotion! Gemeinsam setzt, dann verschwinden nicht Linke Europa eine Rolle bei der Erhaltung des schlagen wir heute ein neues Kapitel und Rechte, sondern allein die Rechte Friedens spielt. für eine neue Arbeiterbewegung und bleibt. Die Rechte wird gefährlicher. In Aber die Linke wird auch in der für ein friedliches Europa der sozialen vielen Teilen Europas bietet sie eine Gesellschaft und in der Wirtschaft Gerechtigkeit auf. Ihr ermutigt uns, auf schlechte Idee von der Gesellschaft an gebraucht. Kapitalistische Globalisie- diesem Wege weiter zu gehen. – schlecht, aber immerhin eine Idee. rung und neoliberale Politik zerstören Dabei wünsche ich euch viel Glück, Damit gelingt es ihr, eine Hegemonie den Zusammenhalt der Gesellschaften Genossinnen und Genossen! aufzubauen, die sich aus der Angst der – sie treiben große Teile der Bevölke- Völker vor dem Verlust von Sicherheit rung in die Armut, sie senken Kaufkraft, und Rechten, aus der großen Unsicher- Löhne und Renten. Sie wollen die kom- Ein historisches Ereignis heit speist, die die Unterschichten der menden Generationen zum Prekariat Gesellschaft erleben. verurteilen. Das Prekariat ist ihre poli- ■ ■ Grußwort von Francis Wurtz, Wir sagen: Das ist nicht das Schick- tische und strukturelle Option, um die Vorsitzender der Konföderalen Frak- sal der Linken, nicht das Schicksal Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tion der Vereinten Europäischen Lin- Europas! Im Gegenteil: Die Linke muss zu kontrollieren. Der Kapitalismus von ken / Nordische Grüne Linke im Euro- heute eine Hauptrolle in der Politik heute will das 20. Jahrhundert aus der päischen Parlament spielen. Die Linke kann diese Haupt- Geschichte streichen. Er will die Arbei- rolle spielen, wenn sie einig ist. Ihr ternehmerinnen und Arbeitnehmer iso- Liebe Genossinnen und Genossen, gebt heute ein wichtiges Beispiel für lieren, um zu verhindern, dass sie sich liebe Freunde, euer Kongress ist ein die Partei der Europäischen Linken und organisieren. Der Kapitalismus von historisches Ereignis. Aus deutscher für die gesamte europäische Linke. Mit heute raubt uns die Zukunft. Nur wenn Sicht ist das offensichtlich. Ich bin diesem Parteitag schafft ihr die Grund- die Linke eine Hauptrolle übernimmt, davon überzeugt, dass selbst die Opti-

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 020 mistischsten unter euch 1990 nicht die Wettbewerbsfähigkeit der Preise Gründungsparteitag hier möglich ist. gewagt hätten, von einer solchen Per- berücksichtigen«, hat er den Zuhö- Und ich wünsche der neuen Partei viel spektive zu träumen. rern eingehämmert. Lohnerhöhungen Erfolg für die weitere Arbeit und die Aber historisch ist euer Kongress müssten verhindert werden, die zu Ziele, die sie sich vorgenommen hat. auch hinsichtlich seiner europäischen Infl ationstendenzen führen. Hartz IV Gerechtigkeit und Solidarität sind Dimension. Im Parlament von Stras- pur! Es ist ihm gelungen, Einstimmig- Ziele, die die Gewerkschaften seit ihrer bourg und Brüssel verfügt ihr über ein keit herbeizuführen. Aber gegen sich! Gründung versuchen, zu realisieren solides Fundament. Eure Delegation In solchen Grundsatzfragen müssen – in kurz-, mittel- und langfristigen Per- in unserer Fraktion entwickelt unter wir die Initiative übernehmen. spektiven und Auseinandersetzungen. der Leitung meiner Kollegin und guten Aber der Kampf der Linken endet Gewerkschaften haben dabei aber Freundin Gabi Zimmer vielfältige Aktivi- nicht bei der sozialen Frage. Unser andere Aufgaben und andere Hand- täten, die ihr im Parlament ebenso wie Kampf hat ökologische Komponenten: lungsfelder als Parteien. Aber Gewerk- bei unseren Partnern in den Vereinen Denkt nur an die riesigen Herausfor- schaften brauchen Bündnispartner und Verbänden große Anerkennung derungen des Klimawandels! Er hat im öffentlichen Leben und in der Poli- eingebracht haben. Euer Kongress und feministische Komponenten: überall tik. Und wir brauchen Bündnispartner alles, was er symbolisiert, wird umso die Frauenrechte durchzusetzen. Er für die Verwirklichung unser kurz- und bedeutsamere Konsequenzen haben, hat demokratische Elemente: Wir sind langfristigen Ziele. Denn Gerechtigkeit da er sich Herausforderungen stellt, die nicht nur Konsumenten, vor allem sind und Solidarität heißen konkret: Arbeit vor der europäischen Linken in beson- wir Bürger und menschliche Wesen. darf nicht arm machen! Und das hat derer Weise stehen. Unser Kampf bedeutet Solidarität: Wir Verschiedenes zur Folge: Erstens: die Herausforderung, klare wollen mit der beschämenden Reali- Als Erstes: Wir brauchen den gesetz- linke Positionen zu entwickeln und in tät aufräumen, in der die oft schiffbrü- lichen Mindestlohn – heute, sofort! praktische Politik umzusetzen. In einer chigen Immigranten wie Verbrecher Und wenn wir den gesetzlichen Min- Zeit, in der sich so viele politische in Europa empfangen werden. Unser destlohn haben, brauchen wir auch Kräfte als Linke bezeichnen und im Kampf ist auch global: für die Schaf- keine Steuergeschenke für Unterneh- gleichen Atemzug ihre Seele verkau- fung einer echten Partnerschaft mit men, mit denen Löhne, die im Armuts- fen, wird man eure Prinzipien, Orien- dem Süden, mit Afrika, den Staaten des bereich liegen, bezuschusst werden. tierungen und gemeinsamen Projekte Mittelmeers, mit Lateinamerika, Asien, Das ist Geldverschwendung zu Lasten besonders aufmerksam und kritisch gegen den Krieg im Irak und alle mili- der Steuerzahlerinnen und Steuerzah- beurteilen. tärischen Abenteuer, gegen neue Rake- ler. Und wir sind sehr gespannt, was die Zweitens: Es gibt einen großen tenabwehsysteme, für einen gerechten Koalitionsrunde am Montagabend hier- Bedarf an Hoffnung. Die liberalen Frieden, der dem palästinensischen bei zustande bringt. Und unsere Ziele Kräfte haben in vielen Ländern an Volk seit 40 Jahren verweigert wird. – Gerechtigkeit und Solidarität und Boden gewonnen. In den europäischen André Brie hat Recht, wenn er Arbeit darf nicht arm machen – werden Institutionen regiert eine permanente schreibt: In unseren Ländern wird die auch der Maßstab sein zur Beurteilung »Große Koalition« im Interesse der Linke europäisch oder nicht sein! von dem, was tatsächlich dabei raus- »offenen Marktwirtschaft mit freiem Liebe Freunde und Genossen, ihr kommt. Das heißt aber auch in anderen Wettbewerb«. Zwischen Herrn Barroso seht, wir erwarten viel von euch. Bitte Bereichen – Abwehr von Armutslöhnen, und Verheugen gibt es – selbst unter enttäuscht uns nicht! Die Herausforde- Abwehr von Lohndumping. Die Aus- der Lupe betrachtet – kaum einen rung, der ihr euch heute stellt, ist kom- einandersetzung meiner Kolleginnen Unterschied. Eine solche Situation kul- plex und ambitioniert: Ich wünsche und Kollegen von Telekom ist schon tiviert den politischen Fatalismus. Ihr euch Erfolg! Euch allen! In unserem erwähnt worden. Da laufen zurzeit könnt dazu beitragen, ihn zu überwin- gemeinsamen Interesse. entscheidende Verhandlungen. Und den. da gucken nicht nur die Kolleginnen Und schließlich: Erinnert euch an und Kollegen von Telekom hoffnungs- den Enthusiasmus, der vor zwei Jahren Gerechtigkeit und voll und sorgenvoll, was es bedeutet. dem Sieg des »Nein« zum Verfassungs- Solidarität Denn diese Auseinandersetzung wird projekt folgte. Weitere linke Erfolge von anderen Unternehmern und Kapi- sind notwendig, um die Krise der Euro- ■ ■ Grußwort von Margret Mönig- talvertretern sehr aufmerksam beob- päischen Union zu überwinden. Ich bin Raane, stellvertretende Vorsitzende achtet. Und es wird natürlich auch aus überzeugt, sie sind möglich. der Gewerkschaft ver.di deren Sicht versucht, das als Muster zu Nur ein Beispiel: Auf dem 11. Kon- Geglückte Fusionen sind beileibe kein nehmen, mit dem Löhne und Gehälter gress des Europäischen Gewerkschafts- Selbstgänger. Schon gar nicht in Par- in Deutschland gedrückt werden kön- bundes am 22. Mai diesen Jahres hat teien. Und deswegen möchte ich mei- nen. Darum ist die Auseinanderset- Jean-Claude Trichet, der Präsident der nen Respekt vor der Leistung, die Sie zung unserer Kolleginnen und Kollegen Europäischen Zentralbank, ein Plä- und ihr und viele, die heute hier gar von Telekom weit ausschlaggebend für doyer zugunsten »moderater Lohn- nicht im Raum sind, gebracht haben die Gestaltung unserer Gesellschaft in erhöhungen« gehalten. »Man muss und erbracht haben – dass dieser diesem Land. Sie ist ausschlaggebend

210 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG GRUSSWORTE

dafür: Darf ein Unternehmen, das auch Gelungene Premiere den an ihrer Arbeit gehindert. Wir hat- noch mehrheitlich in Bundesbesitz ist, ten eine wochenlange Terrordebatte, so schamlos in die Taschen der Kolle- ■ ■ Grußwort von , die unerträglich war. Wir hatten Über- ginnen und Kollegen eingreifen? Ich Mitglied im Koordinierungskreis von griffe der Polizei, die die Lage an dem meine, ein klares Nein gehört hier hin. attac Samstag noch schlimmer gemacht Und ebenfalls ein ehemaliges haben als sonst. Die Liste wäre fortzu- Bundesunternehmen – die Deutsche Herzlichen Glückwunsch von unserer führen. Es ist sehr wichtig, dass all dies Post – steht in Auseinandersetzungen Seite zu dieser Gründung der LINKEN! aufgearbeitet wird. Wir können nicht mit Schmutzkonkurrenz, wo dann die Ich glaube, allen ist klar, die Politik in zulassen, dass die Bundeswehr im Regulierungsbehörde behauptet, das Deutschland aus einer progressiven Inneren eingesetzt wird, und das noch sei die typische Branche und versucht, Perspektive machen, dass sich mit die- ohne rechtliche Grundlage. Wir wün- Löhne und Gehälter zu drücken, dass ser Gründung endgültig das Parteien- schen uns, dass all diese Verletzungen 800 Euro netto für eine Vollzeitarbeit system in Deutschland verändert hat. des Rechtsstaatsprinzips aufgearbeitet – ohne rot zu werden – als branchen- Aus meiner Sicht bedeutet das, dass werden, dass die Fragen im Bundestag typisch darzustellen. Das, Kolleginnen es für unsere Forderungen in Zukunft und im Landtag Mecklenburg-Vorpom- und Kollegen, ist ein Skandal und eine leichter sein wird und nicht schwerer, merns beantwortet werden. Wir wollen Frechheit und eine Verdummung der in dieser Republik etwas zu erreichen. wissen, wer war verantwortlich für poli- Bevölkerung, die ihresgleichen sucht. Die letzten Tage waren für mich, aber zeiliche Desinformationen, für diese Und darum ist es richtig zu sagen: für viele von euch geprägt von den Pro- Einsätze, für die Behinderung der Arbeit Das Briefmonopol darf in Deutschland testen in Heiligendamm. Ich möchte von Rechtsanwälten. Und wenn diese nicht fallen, wenn nicht in gleichem noch einmal ganz deutlich sagen: Was Anfragen nicht klar beantwortet wer- Maße es in europäischen Ländern wir dort erreicht haben, waren die größ- den, dann muss es parlamentarische ebenfalls gelockert wird und sicher- ten globalisierungskritischen Demons- Untersuchungsausschüsse geben, die gestellt wird, dass neue Konkurrenten trationen, die es in Deutschland je diese Probleme letztlich aufarbeiten. und neue Marktteilnehmer – wie das so gegeben hat. Diesen Erfolg dürfen wir Die Proteste in Heiligendamm waren heißt – sozial akzeptable Bedingungen uns nicht nehmen lassen, von nie- auch eine Gelegenheit der ersten inten- mit Tarifverträgen haben und nicht als mandem, von keiner Diskussion und siven Zusammenarbeit zwischen der Schmutz- und Billigkonkurrenz auftre- schon gar nicht von der Bundesregie- LINKEN und attac und der globalisie- ten können. rung, die uns mit ihren scheinheiligen rungskritischen Bewegung als Ganzes. Das alles sind Beispiele für den Ergebnissen einreden will, dort einen Auch wenn es ab und zu und hier und Kampf um Teilhabe, den Kampf um Erfolg erreicht zu haben. Erfolge für da mal geknirscht hat, würde ich sagen, Umverteilung eines unermesslich das Klima, für Afrika gab es dort nicht. dass diese Premiere gut gelungen ist. großen Reichtums, der in der Bundesre- Es gab einen riesigen Erfolg für die glo- Es gab eine Zusammenarbeit. Und publik Deutschland erwirtschaftet wird. balisierungskritische Bewegung, der es dabei muss klar sein, dass für Nichtre- In dieser Auseinandersetzung stehen gelungen ist, letztlich nach vielen Pro- gierungsorganisationen genau wie für viele, viele Kolleginnen und Kollegen, blemen, diesen Gipfel abzuschneiden attac auch mit der Gründung der LINKEN stehen auch diejenigen, die für aus- mit gewaltfreien und friedlichen Blo- es dabei bleiben muss, dass wir uns reichendes Auskommen im Alter fech- ckaden. Das war ein großer Erfolg für an Anhängerinnen und Anhänger aller ten. Deswegen kann ich nur bestätigen, uns. Parteien richten und wir deshalb vor- Rente mit 67 ist kein Zukunftskonzept, Ich möchte aber auch sagen, dass sichtig sein werden, uns eng mit einer sondern ist die Fahrt in die Altersarmut. ich persönlich erschüttert war, von etli- Partei oder einer anderen zu verbinden, Deswegen muss die Rente mit 67 vom chem, was dort an Gewalt auch vonsei- selbst dann, wenn wir wissen, dass die Tisch, Kolleginnen und Kollegen. ten der Demonstranten passiert ist. Das Übereinstimmung unserer Positionen Solidarität, Gerechtigkeit und muss man so deutlich sagen und kriti- von den Parteien im Bundestag natür- Respekt vor der Würde des Menschen sieren. Es ist richtig, dass attac, dass lich am stärksten mit der LINKEN gege- heißt dekliniert und konkreter, noch auch die Vertreter/innen der Linken ben ist. Das heißt, dieses Prinzip der viele Themen ansprechen. Das haben sich von dieser Gewalt der Demonstra- Unabhängigkeit sozialer Bewegungen meine Vorredner schon getan. Es tion klar abgegrenzt und dies verurteilt ist Teil der Politik sozialer Bewegungen. würde den Umfang eines Grußwortes haben. Wie nötig das ist, sieht man umgekehrt bei weitem sprengen, wenn ich versu- Der Punkt ist, wir müssen Politik dann, wenn wir eben etwa in Form von chen würde, es an der Stelle auch zu machen als attac, überhaupt als pro- Regierungsbeteiligung auch Gegen- tun. Deswegen meine Feststellung. Wir gressive Organisation, die die Mehr- sätze haben zwischen dem, was soziale haben viel zu tun, um Gerechtigkeit, heit der Bevölkerung erreicht. Auf diese Basis-Initiativen wollen auf der einen Solidarität und Respekt vor der Würde Weise kann man das nicht. Gleichzei- Seite und der Politik, die andererseits der Menschen zu realisieren und wün- tig hatten wir in Heiligendamm in den auch mit Beteiligung etwa von Linken sche Ihnen und uns Mut und Erfolg Tagen tiefe rechtsstaatliche Verlet- gemacht wird. Deshalb ist ein ganz wich- im Interesse der Menschen in diesem zungen. Journalisten wurden an der tiges Prinzip die Unabhängigkeit. Land. Ich danke Ihnen. Arbeit gehindert, Rechtsanwälte wur- Ich freue mich auf die Debatte, die

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 022 hier geführt wird in Richtung Ökologie und noch mehr und besser zusammen- Wir treten ein für einen armutssi- und soziale Gerechtigkeit. Ich fi nde, die arbeiten. chernden Mindestlohn, für armutssi- Fragen, die hier gestellt werden, richtig. Manch langjähriges Mitglied des cheres Existenzgeld und für einen exis- Es ist ein Grundproblem der Linken in Arbeitslosenverbandes Deutschland tenzsichernden öffentlichen Beschäfti- Deutschland, dass wir nicht wissen, e. V. sitzt heute hier im Saal. Wir hät- gungssektor. wie wir auf der einen Seite keysianisch ten nichts dagegen, wenn es bei dem Und weil dies alles nicht so leicht die Arbeitslosigkeit bekämpfen und nächsten Parteitag der LINKEN mehr erreichbar ist, treten wir ein für die andererseits das Prinzip ökologischer werden. Nun sind vielleicht auch ein schrittweise spürbare Anhebung der Gerechtigkeit und der ökologischen oder zwei Delegierte im Saal, die den Regelsätze bei der so genannten Grenzen achten wollen. Diese Diskus- Arbeitslosenverband Deutschland e.V. Grundsicherung, denn die Erhöhung sion ist eine Überlebensfrage für die und seine Landesverbände noch nicht zum 1. 7. 2007 um zwei Euro ist ja wohl Linke in Deutschland. Die wollen wir kennen. Macht nichts. Ihr werdet uns ein Hohn. gern mit euch gemeinsam führen. noch kennenlernen. Natürlich ist dies Wir wollen gemeinsam kämpfen mit keine Drohung, sondern eine ausge- der LINKEN gegen Kinder-, Jugend- und streckte Hand zur Zusammenarbeit. Altersarmut und natürlich gegen die Für ein würdevolles Leben Warum richten sich also die Augen Rente mit 67. der Erwerbslosenverbände auf den Wir wollen kämpfen gegen den Sozi- ■ ■ Grußwort von Marion Drögsler, heutigen Tag und auf euch? Seit 1990 alabbau, gegen Arbeitsplatzabbau und Arbeitslosenverband Deutschland gibt es zahllose Versuche der Erwerbs- Massenentlassungen, gegen Verun- losenbewegung aus Ost und West, mit- glimpfungen und Kriminalisierung von Liebe Delegierte, liebe Genossinnen einander Demonstrationen und Akti- Arbeitslosen. und Genossen, sehr geehrte Gäste, onen zu gestalten, gemeinsame For- Wir gehen davon aus, dass wir als als Vorsitzende des Arbeitslosenver- derungen aufzustellen. Diese Bemü- Verein, der ebenso seit 1990 existiert bandes Deutschland e. V. habe ich den hungen waren bisher nicht erfolglos, und bei allen Anfeindungen überlebt Auftrag vom Vorstand, mich recht herz- aber es ist nicht einfach und lange hat, einen ernsthaften Beitrag bisher lich für die Einladung zu eurem Partei- noch nicht genug. Ja, auch die Erwerbs- in der sozialen Bewegung geleistet hat tag der Partei DIE LINKE zu bedanken losenbewegungen haben am Protest und noch leisten wird. Und ihr könnt und dem heutigen Parteitag einen gegen G8 teilgenommen. Ja, gegen- sicher sein, dass der Verein und seine großartigen Erfolg sowie viel Fantasie, wärtig bereiten die Sozialverbände täglichen Leistungen für die Betrof- Lebensfreude und Kraft zu wünschen, das nächste Sozialforum in Cottbus fenen wesentlich größer sind als seine um den heute eingeschlagenen Weg in im Oktober 2007 vor. Dazu möchte ich gegenwärtige Vorsitzende. den nächsten Jahrzehnten zu gehen. euch recht herzlich einladen. Und trotz Vielleicht dürfen wir euch eine Falls heute früh bei dem Blick aus alledem reicht alles dies noch lange kleine Empfehlung zur Wahl eures dem Fenster jemand gedacht hat, Ber- nicht aus. Die Erwerbslosenbewe- Namens geben. Seit der Gründung des lin und das Wetter hätte was gegen gungen wissen, egal wie stark sie auch Arbeitslosenverbandes ist uns immer euch, der irrt. Bei einer Hochzeit steht sind, ohne Unterstützung der LINKEN wieder empfohlen worden, dass wir der Regen am Hochzeitstag für den und der Gewerkschaften, ohne gegen- den Namen ändern, weil da drauf steht, Geldsegen in der neuen Familie. Dage- seitige Vereinnahmung natürlich, wird was drin ist. Die Menschen haben sich gen könnt ihr doch eigentlich nichts es keine für die Menschen in Deutsch- davon nicht abschrecken lassen. Viel- haben. land spürbare Veränderungen geben. leicht solltet ihr, nachdem ihr lange Die Augen der Welt sind heute auf Gemeinsam mit den LINKEN wollen wir um den Namen DIE LINKE gekämpft euch gerichtet. Ganz besonders auch deshalb kämpfen für ein würdevolles habt, auch sagen: Da steht drauf, was die Augen der Mitglieder der Erwerbs- Leben für alle Menschen in Deutsch- rein soll. Das ist nicht einfach, aber es losenbewegungen und natürlich auch land, besonders auch für Arbeitslose ist ehrlich, das so zu sagen. Und ich der Mitglieder des Arbeitslosenver- und für Menschen, die tatsächlich denke, ihr solltet um euern Namen und bandes Deutschland e. V. und seiner von dieser Arbeitslosigkeit auch leben um diese Partei kämpfen. Landesverbände. müssen. Wir wollen kämpfen für eine Noch einen kleinen Tipp von Schil- Der Arbeitslosenverband möchte tatsächliche Reduzierung der Arbeitslo- ler. Schiller hat schon gewusst, dass sich für die langjährige erfolgreiche sigkeit. Die Statistiken sind inzwischen hier heute dieser Parteitag stattfi ndet, Zusammenarbeit auf Orts-, Kreis- und genug gefälscht. Es kommt darauf an, und er hat euch im »Wilhelm Tell« eine Landes- und Bundesebene bei allen tatsächlich Arbeitslosigkeit zu beseiti- Nachricht hinterlassen. Die will ich Delegierten und bei beiden Parteien gen. euch nicht vorenthalten, falls ihr den recht herzlich bedanken. Ab heute Wir wollen uns einsetzen für Men- »Wilhelm Tell« nicht mehr ganz aus- wird’s ernst. Ja, natürlich hoffen wir schen, die vom Niedriglohn leben müs- wendig kennt. ab sofort auf eine mindestens so sen und deshalb abhängig sind von In seinem »Wilhelm Tell« hat er gute Zusammenarbeit wie bisher und Hartz IV. Deshalb treten wir ein für exis- Attinghausen sagen lassen – das wün- haben auch nichts dagegen, wenn wir tenzsichernde Arbeitsplätze, die drin- sche ich auch für euch: Seid einig, uns gemeinsam noch mehr anstrengen gend geschaffen werden müssen. einig, einig.

230 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG GRUSSWORTE

Ein utopischer Vorschlag ■ ■ Aus dem Beitrag von Peter Sodann, Schauspieler und Regisseur

Guten Tag! Wissen Sie, ich wollte eigentlich gar nicht reden, ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich mich freue, dass es die LINKE gibt. Ich darf Ihnen vielleicht ein kurzes Zitat vortragen: Auf der Tagesordnung steht heute als entscheidender Punkt die Abschaffung der kapitalistischen Ausbeutung und die Überführung der Produktionsmittel aus der Hand der großen Besitzenden in gesellschaftliches Eigentum. Das ist – Moment – von Kurt Schu- macher, das heißt, Sie befi nden sich in bester Gesellschaft. Im Übrigen war Adenauer nicht weit davon entfernt mit seinem Ahlener Programm. Man hat mich gebeten, doch irgendetwas dazu sagen. Herr Gysi hat sich geäußert darin, dass er gesagt hat, wir wollen keinen Krieg mehr. Und

ich persönlich kann mich an ein ganz © Aris großes Ereignis nach dem Jahr 2000 erinnern. Das war im Februar 2003 – die Antikriegsdemonstration. Man hatte Der Mut, der frohe Mut, hat mich die Gefahr, Freunde in Feinde zu ver- mich gefragt, ob ich da eine Rede hal- dann ein wenig verlassen. Seit ich wandeln? ten würde, und ich habe gesagt, aber wusste, dass ich hier sprechen soll, Das wäre doch ein Ereignis in dieser nur eine kurze. Und das habe ich auch habe ich darüber nachgedacht, was Republik. getan. Und nun hat man mich gebe- ich sagen könnte. Warum soll ich extra Ich weiß natürlich, dass das ein uto- ten, zu erinnern an diesen grandiosen von Halle an der Saale nach Berlin auf- pischer Vorschlag ist, aber lasst uns Tag, als 500.000 Demonstranten sich brechen, um meine Meinung zu sagen, doch damit in Deutschland anfangen. in Berlin trafen, um gegen den Krieg die sowieso jeder kennt? Und alle, die Wenn ich die vielen Menschen hier im Irak zu demonstrieren. Ich wünsche hier zusammengekommen sind, wol- sehe, hätte das Zukunft! Der Tag des Ihnen und auch mir, dass Sie in naher len diesen Krieg nicht. Davon muss Kindes am 1. Juni wäre sehr gut dafür Zukunft soviel drauf haben, dass Sie so ich sie nicht überzeugen. Was also soll geeignet. Und wer keine Träume hat, viele Menschen immer wieder zusam- ich sagen? Beim Nachdenken kom- der ist kein Realist. men kriegen, wenn es um einen Krieg men einem dann aber doch ein paar Wenn ich jetzt sage, es geht ums geht. utopische Ideen wie der folgende Erdöl, es geht um die Macht, dann weiß Ich lese jetzt, da man mich darum Gedanke. ich das, und das wissen auch Sie. Aber gebeten hat, meine damalige Rede vor. Wie wäre es denn, wenn am 1. Juni was nützt es uns. Vielleicht müssen Sie ist sicherlich etwas einfältig und – am Tage des Kindes, denn es geht um verschiedene Zusammenhänge wieder naiv, aber vielleicht ist es gar nicht so unsere Zukunft und unsere Kinder sind einmal anders auf die Tagesordnung dumm manchmal, wenn man einfältig die Zukunft – wie wäre es also, wenn kommen und auf ihre Wurzeln zurück- und naiv ist: am 1. Juni eines jeden Jahres jeder Bür- geführt werden. Vielleicht liegt die Vor einigen Tagen erreichte mich ger dieses Landes pünktlich um 12 Uhr Ursache des Übels in diesem kleinen die Bitte, heute hier in Berlin etwas zu mittags seine Wohnung oder seinen Vierzeiler verborgen. Er stammt aus sagen. Da ich ein absoluter Kriegsgeg- Arbeitsplatz – es ist sowieso Mittags- dem Alphabet von Bertolt Brecht und ner bin, habe ich frohen Mutes zuge- pause – verlässt und auf die Straße heißt schlicht und einfach: sagt. Ich halte den Krieg nicht einmal geht und eine halbe Stunde lang mit Armer Mann und reicher Mann für das letzte Mittel. Der Krieg ist ein all den anderen, die dann mit ihm auf standen da und sah’n sich an. Verbrechen. Und wer ihn für ein Mittel der Straße sind, über einen einzigen Und der Arme sagte bleich, hält, um irgendein Problem auf dieser Gedanken redet und diskutiert, der da wär ich nicht arm, wärst du nicht reich. Welt zu lösen, ist dumm und hat nicht lautet: Wenn man verzichtet, Feinde in Ich habe witzigerweise diesen Aus- alle Tassen im Schrank. Freunde zu verwandeln, gerät man in spruch einmal bei Frau Christiansen

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 024 geäußert. Ich bin danach nicht mehr Aber eines Tages dachte ich nach holen, und ich stand am Hinteraus- drangekommen. und dann ging ich doch wieder täglich gang der Hackeschen Höfe. Und wie es Ich kann mich noch an die Zeit erin- zum Bäcker, zur Grünkramhändlerin, für Linke richtig ist, wartet man, war- nern, da haben wir gegen den Vietnam- als alte Käuferin. tet und bewegt sich nicht. Eine Stunde Krieg demonstriert. In dieser Zeit habe Sorgfältig wählte ich unter den Ess- dauerte das. Und justament funktio- ich als junger Schauspieler den Galilei waren, griff nicht mehr heraus als frü- nieren dann auch keine Handys, Kom- gespielt und am Ende der Vorstellung her, doch auch nicht weniger, legte die munikation bricht zusammen und führt immer einen Gedanken von Brecht Brötchen zum Brot und den Lauch zum dann wieder in die Bewegung, in den zitiert: Das Gedächtnis der Menschheit Kohl. Körper und in die Beine. Also die Not für erduldete Leiden ist erstaunlich Und erst, wenn zusammengerechnet war da, wir bewegten uns aufeinander kurz. Ihre Vorstellungsgabe für kom- wurde, seufzte ich, wühlte mit meinen zu und haben uns getroffen. Das dau- mende Leiden ist fast noch geringer. steifen Fingern in meinem Lederbeutel- ert manchmal eine Stunde, manchmal Der Regen von gestern macht uns nicht chen und gestand kopfschüttelnd, dass zehn Jahre. Ich glaube, das ist ein Syn- nass, sagen viele. Lasst uns das tau- mein Geld nicht ausreiche, das wenige onym. sendmal Gesagte immer wieder sagen, zu bezahlen und ich verließ kopfschüt- Ich war immer ein parteiloser damit es nicht einmal zu wenig gesagt telnd den Laden, von allen Kunden Mensch, das werde ich auch bleiben. wurde. Lasst uns die Warnungen erneu- gesehen. Ich hasse Parteiausschlüsse. Aber es ern, und wenn sie schon wie Asche in Ich sagte mir: Wenn wir alle, die gibt etwas, was mit Sturheit zu tun hat unserem Mund sind. Denn der Mensch- nichts haben, nicht mehr erscheinen, wie bei Manne und Frank. So sind wir heit drohen Kriege, gegen die die ver- wo das Essen ausliegt, könnte man halt. Und die Sturheit hat mich erinnert gangenen wie armselige Versuche sind. meinen, wir brauchten nichts. Aber an einen Satz, den man mir einmal in Und sie werden kommen, ohne jeden wenn wir kommen und nichts kaufen Budapest gesagt hat, ein jüdischer Zweifel, wenn jenen, die sie in aller können, weiß man doch Bescheid. Ungar sagte den zu mir: Öffentlichkeit vorbereiten, nicht die Danke. Wer, wenn er jung ist, nicht links Hände zerschlagen werden. ist, ist ein Schuft. Und wer, wenn er Und wenn wir das heute nicht nur alt geworden ist, noch links ist, ist ein zum tausendsten, sondern zum mil- An die Solidarität denken Idiot. lionsten Mal sagen – wir müssen es Das kann vielleicht ein jüdischer immer wieder sagen. Weil: Eines Tages ■ ■ Aus dem Beitrag von Ungar sagen oder ein ungarischer Jude. wird dieser Protest nicht mehr im Frank Castorf, Intendant der Volks- Aber manchmal ist Sturheit, wenn sie Dröhnen der Flugzeuge untergehen. bühne Berlin nicht psychopathologisch wird, denn Auch wenn es noch nicht heute ist. Es dann wird sie totalitaristisch und dann könnte sein, dass die Kriegsmaschi- Liebe Anwesende! Ich wäre schon Stun- wissen wir, was auf uns zukommt und nerie nicht mehr aufzuhalten ist. Aber den hier, aber es ist ein Missgeschick dann ist es abzulehnen ... Aber eine jede Demonstration dringt in die Seele passiert. Der Fahrer von Gregor Gysi Kontinuität, eine Würde zu behalten, des Volkes ein. Und die Seele ist das wartete am repräsentativen Eingang notfalls zu wechseln, wenn einem Wichtigste, was wir haben. Ich weiß, der Hackeschen Höfe, um mich abzu- etwas nicht gefällt und etwas Neues da was Krieg bedeutet. Ich habe meinen Vater im Krieg verloren. Und ich möchte nicht, dass irgendein Kind auf dieser Welt – weder im Irak noch in Amerika noch sonst wo – seinen Vater je wieder im Krieg verliert. Vor Kurzem hatte ich die ehrenvolle Aufgabe, etwas kurz zu sagen über Courage. Ich habe mir da ein kleines Gedichtchen ausgesucht, was sich nicht reimt. Es heißt »Die alte Käuferin«: Ich bin eine alte Frau. Als Deutschland erwacht war, wur- den die Unterstützungen gekürzt. Meine Kinder gaben mir ab und zu einen Groschen. Ich konnte aber fast nichts mehr kaufen. Die erste Zeit ging ich also seltener in die Läden, wo ich früher täglich

gekauft hatte. © Aris

25 0 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG GRUSSWORTE

ist und wenn man dann sehr prominent rin hat daran erinnert –; egal wie viel erfahren ist, wie jemand hier im Saal, dann ist Arbeitslose wir heute haben, und das das ein großer Akt der Entscheidung ist überhaupt nicht egal, das sind sehr, Heute kommt mir alles a’ bissel und des Mutes! sehr viele: Arbeit ist auch ein Stück inszeniert vor. Ich bin trotzdem Ich habe n-tv gesehen, Peter Sodann Menschenwürde und ein Menschen- froh, dass wir nun anfangen kön- hat so als Alt-Linker für mich gespro- recht. Es ist auch die Voraussetzung für nen. Die innerparteilichen Aus- chen, der immer sehr mutig war und eine kulturelle Entwicklung. Und selbst einandersetzungen über zwei positioniert, was er sehr schmerzlich wenn wir bald nur noch 3,5 Millionen Jahre haben mir zu lange gedau- am eigenen Leib erfahren hat, dass Arbeitslose haben, dann ist doch die ert, aber offensichtlich waren sie das Prügel bedeutet. Prügel ist gut, Frage, was wird mit diesen Menschen, notwendig. Als Betriebsrat bei weil man wach wird. Eine bestimmte wer schützt sie, wer ist die Lobby? Wer CNH und Gewerkschafter agiere Kontinuität zu behalten, das sind Vor- nimmt den Sprachlosen diese Angst ich lieber nach außen. Man spürt bilder für mich. Der Peter Sodann zum und gibt ihnen eine Sprache, eine tatsächlich, dass das Interesse Beispiel, ein Axel Eggebrecht, das ist mächtige Vertretung? Nicht nur denje- steigt. Ein Betriebsratskollege ein Peter Scholl-Latour, egal was man nigen, die jetzt noch Arbeit haben. Und hat mich schon gefragt, ob er von ihm denkt, aber der etwas sagt unter welchen Bedingungen haben sie jetzt damit rechnen muss, dass und etwas weiß, was man nicht tut und Arbeit, darüber müssen wir nachfragen. ich nach den nächsten Wahlen vor allem nicht als Deutscher – sich Es ist nicht ein absoluter Begriff, über- nach Berlin gehe. Eine nette irgendwo zu beteiligen, 50 Jahre nach haupt zu arbeiten, sondern auch unter Anfrage – dreimal habe ich in Belgrad wieder in Kanzeln zu sitzen menschenwürdigen Bedingungen. Und Heilbronn bei Bundestagswahlen und 2001 und mit Sicherheit danach bei denjenigen, die ausgegrenzt sind, mit mäßigen Erfolgen kandidiert. wieder etwas zu bombardieren, wo wir da passiert etwas viel Schlimmeres. Sie Ich hoffe, dass wir auf Landes- Deutsche nichts zu suchen haben, wir werden zurückgeworfen auf eine Ebene und Kreisebene die Statutendis- Deutsche ganz bestimmt nicht! der Depression, des Nicht-weiter-Wis- kussionen nicht noch mal wie- Ich glaube neben den vielen Sachen, sens, der Entmündigung, einer Selbst- derholen. Wichtiger ist mir die die ich höre oder gehört habe heute zerstörung, einer Selbstvernichtung. Vorbereitung auf die Kommunal- auf n-tv, die mir auch gefallen haben, Früher hatte man etwas, was wichtig ist, wahl 2009. die sehr unterschiedlich sind, sollten und das sind eben auch kulturelle Ins- Johannes Müllerschön, Baden- wir nicht vergessen – meine Vorredne- titutionen – Sportklubs, auch Theater, Württemberg, Betriebsrat, vormals auch Opern. Menschen konnten sich Linkspartei selbstverständlich an einem gesell- schaftlichen Kommunikationsprozess, Von Delegierten und Besuchern der auch Kunst darstellt, beteiligen. »erfahren« durch: Brigitte Holm, erfahren Die Möglichkeiten haben sie kaum Stefan Richter noch oder nur noch relativ privilegierte Die erste Hälfte des Parteitages Schichten der Mittelschicht, die uns konnte ich nur zu Hause am Bild- alle ausmachen. Den Schmerz empfi n- schirm verfolgen. Bei mir kam den wir nicht. Wir empfi nden ihn erst, das Gefühl auf, es macht wieder wenn wir ihn bereits erheblich erleben cken, die sagen: Lüge, Lüge, Lüge. Das richtig Spaß, links zu sein. Des- müssen. sagt jeder, der keine Bildung hat, aber halb wollte ich die Atmosphäre Es gibt etwas, weil Ost und West sein Herz spricht und sagt: Es ist Lüge, direkt erleben. Heute wurden hier zusammenkommen, vielleicht viel was ihr uns da auftischt. Frau Wieczo- die kleingeistigen Querelen zu spät, aber immerhin nicht zu spät, rek-Zeul sagt, in Liberia, diesem klei- beiseite gelassen, es wurde die glaube ich, Gorbatschow gedenkend, nen Bastard, den die Amerikaner den große Perspektive in den Blick das ist etwas sehr Wichtiges. Weil Not Afrikanern zurückgegeben haben, das genommen. Ich war begeistert, ist im Land, weil so eine ungeheure ist doch wunderbar, wie es da alles als Oskar Lafontaine von »Frei- Verlogenheit im Land ist. Ich habe ges- läuft, die haben dort bereits eine heit durch Sozialismus« sprach. tern den Peter Struck gehört in einer Staatspräsidentin. Ein Land, das im Interessant für mich auch – weil Politsendung. Er sagte einen Satz: Blut watet, im Bürgerkrieg! Wir haben ich diese Ansicht seit langem Natürlich sind wir alle eitel, wir Politi- Afrika aus unserem Bewusstsein aus- vertrete – seine Aufforderung, ker, sonst wären wir ja nicht Politiker. gekoppelt. Wir kommunizieren nicht sich den kleinen und mittleren Seien Sie nicht böse, das ist nur ein mehr mit denen, die außerhalb von Unternehmen zuzuwenden, weil Nebensatz, und der ist sympathisch. uns leben, nicht wirklich, nicht wirklich die genauso von der Ausbeutung Auch Gregor Gysi und Oskar Lafontaine wirkungsvoll. und Selbstausbeutung in diesem sind Schauspieler und sind eitel. Aber Und wir kommunizieren auch nicht System betroffen sind. es ist die Frage, mit welcher Leiden- mehr wirklich mit denen, die wir aus- Christa Luft, Berlin, Wirtschafts- schaft man etwas tut. In die meisten gegrenzt haben, die vier Millionen, die expertin, vormals Linkspartei Gesichter brauchen Sie bloß reinzugu- arbeitslos sind. Wir lassen sie zu sehr

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 026 allein. Alle, die sich bereits an den etwas zusammen – da würde ich sagen, dass diese neue LINKE eine geradezu Geschmack der Macht gewöhnt haben. es gibt auch ein sehr schönes Lied von unerlässliche demokratische Notwen- Und es ist wichtig, dass diese Par- Bertolt Brecht: Und weil der Mensch ein digkeit ist. Und ich wünsche uns allen, tei anders das Wort Solidarnosc ver- Mensch ist, darum will er etwas zu fres- dass diese junge Partei sich bewegt und steht – Solidarität! Den gleichen Appell sen, bitte sehr. Und wenn er das nicht vor allem eine Bewegung bleibt und kann man auf Kirchentagen sagen. Frü- kriegt, wird er richtig wütend. Es gibt kein seelenloser Apparat wird. Dass her haben Kirchen, Parteien, Gewerk- auch dort ein Solidaritätslied. Denken diese Partei von Menschen beseelt schaften den Menschen eine Heimat wir also auch an politische Menschen, wird, Menschen, die ein großes und gegeben, die sich nicht selbst orien- die auch Künstler waren, wie Brecht, mitfühlendes Herz haben für alle Aus- tieren konnten, wollten oder erzogen wie Eisler, das wäre mir persönlich gegrenzten, für die seitlich Umgekipp- werden mussten und auch wollten. Es wichtig! ten, für alle Opfer eines hemmungslos ist ein väterliches Prinzip, ein mütter- Ich danke Ihnen. Und ich wünsche gierigen unmenschlichen und kriege- liches Prinzip. Ich glaube, eine Partei Ihnen viel Erfolg! rischen Neoliberalismus. sollte eine solche Heimat sein und nicht Ich habe ein Gedicht von Lothar nur den Rechten überlassen, dass wir Zenetti gefunden: dort die Vaterfi gur empfi nden oder die Schön, heute hier zu sein Was keiner wagt, das sollt Ihr wagen Mutterfi guren. Das halte ich für etwas Was keiner sagt, das sagt heraus, ganz Wichtiges. Wir lösen diese Struk- ■ ■ Aus dem Beitrag von Konstantin was keiner denkt, das wagt zu denken, turen auf, auch kämpferische ehrliche Wecker, Musiker, Komponist, Autor was keiner ausführt, das führt aus. Parteien, das ist mir sehr, sehr wichtig. Ich weiß nicht, wie lange ich Spaß habe, Liebe Freunde, es ist schön, heute hier Wenn keiner ja sagt, sollt Ihr‘s sagen, diesen Weg zu verfolgen. Ich hoffe, dass zu sein. Ich war in meinem Leben nie wenn keiner nein sagt, sagt doch nein, Sie mit viel Optimismus und Kraft an die Mitglied einer Partei. Ich habe auch wenn alle zweifeln, wagt zu glauben, Solidarität denken, die wichtig ist. nicht vor, das zu ändern. Denn ich wenn alle mittun, steht allein. Ich habe vorhin gehört, ein Kol- bin der Meinung, dass die Politik poe- lege sagte, in Köln, in der WASG gibt tischer werden muss und nicht umge- Wo alle loben, habt Bedenken, es das Lied: Jetzt geht’s los. Und er kehrt. wo alle spotten, spottet nicht, sagte: Seien Sie mir nicht böse, wenn Trotzdem bin ich gerne heute hier, wo alle geizen, wagt zu schenken, ich dieses Lied höre … und schlug die weil ich der festen Überzeugung bin, wo alles dunkel ist, macht Licht! Internationale vor. Sehr schön. Jetzt geht’s los. Da erinnere ich mich an den deutschen Kriegsminister Herzlich begrüßt: der kämpferische Bildhauer Alfred Hrdlicka und seine Frau Angelina und bärtigen Radfahrer, der vor dem sowie Konstantin Wecker (links) Wahlkampf, den er verlor, ein Lied anstimmte. Das war: Jetzt geht’s los. … Jetzt geht’s los, Deutschland … Ich habe relativ viel in Brasilien gearbeitet. Ich habe gesehen, wie die Menschen auch mit Würde arm sein können, wenn sie ihre Gemeinschaft haben. Da ist Hoffnung in diesem Süd- und Mittelamerika. Das hat auch mit dem alten Companero Castro zu tun. Auch mit einigen Inkriminiertheiten, wie unser Freund, der andere Freunde mit Erdöl unterstützt. Das ist auch Poli- tik. Er ist vielleicht ein Obrist, trotzdem ist er mir, dafür werde ich vielleicht jetzt nicht mehr ausgeschlossen, sehr sympathisch. Ich würde sagen, statt »Jetzt geht’s los« in dieser typisch deutschen Auf- bruchsmentalität, wenn man schon einschläft in diesem Land, wenn es schon so ist, wenn sich die Leute, die nichts miteinander zu tun haben, sagen, wir haben den vereinten Willen,

etwas zu verändern und uns hält auch © Erich Wehnert

270 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG GRUSSWORTE

Engagiert ■ ■ Aus dem Beitrag von Werner Schneyder, Kabarettist

Liebe Anwesende, sollte mein Mikro- fon schon an sein, dann äußere ich die Vermutung, dass Sie schon völlig erschöpft sind. Ich bin es auch. Aber ich bin engagiert, und zwar im doppel- ten Sinne des Wortes, wenn Sie verste- hen, was ich meine. Meine Damen und Herren, ange- sichts Ihrer Parteigründung, die ich für einen wichtigen Schritt im Sinne einer politischen Hygiene halte, möchte ich einige Anmerkungen zur Ökonomie im Allgemeinen machen. Die National- ökonomen wissen ganz genau, dass die ganze Welt pleite ist. Das Einzige, was sie nicht wissen – ihretwegen. (...) Es ist heute hier schon gesagt wor- den: Von deutschem Boden darf nie mehr ein Krieg ausgehen! Die Ameri- kaner sind der Meinung, dass Kriege überhaupt nie mehr ausgehen dürfen. Wer das begreift und sich wehrt, wird weltweit niedergeknüppelt. Der Pekin- ger Platz des Himmlischen Friedens ist ein globales Modell. Man kann das reale Monopoly bekämpfen oder sich darin zu behaupten versuchen. Das ist

leider die Idee der EU, verbunden mit © Erich Wehnert unerträglichem Dirigismus nach innen. Das Brüsseler Zentralkomitee muss nur aufpassen. An der Planwirtschaft hat. Der Sozialismus hat nur dort verlo- uns totgestunken haben, haben wir ist schon eine Weltrevolution geschei- ren, wo er ununterbrochen gesiegt hat. wesentlich angenehmer gelebt als jene, tert. (...) Im Westen, wo er schon in den eigenen die nur einatmen. Dagegen kann man Meine Damen und Herren, Sie Parteien kaum eine Chance gehabt hat, nicht argumentieren. Dagegen kann haben eine neue Partei gegründet. hat er eine Menge gewonnen. Bitte – man sich nur wehren. Es wird zum Auf- Daher wäre es jetzt zu billig, hier auf bei uns ist es im Sozialismus gelungen, stand derer kommen, die totgestun- die anderen Parteien zu schimpfen. In aus der so genannten freien Marktwirt- ken werden, ohne unterdessen ange- Österreich allerdings würde ich sagen: schaft eine soziale zu machen. Das ist nehmer gelebt zu haben. Es wird sich Wenn heute einer von den Genossen ein gigantischer Erfolg. Das ist wie wenn eine neue Klasse bilden, statt Proleta- »Genossen« sagt, dann meint er damit Sie einem Vampir Vollwertkost unterju- rier Inhalierer. (...) das Mittelwort der Vergangenheit, also beln. Ich glaube auch nicht, dass es mit Der Sozialdemokratie habe ich einen »Chateau Rothschild«. Und wenn dem Klassenkampf vorbei ist. Er sieht schon vor langer, langer Zeit dieses einer von einem 68er spricht, will er jetzt nur etwas anders aus. Der neue kleine Gedichtchen gewidmet: Dieses sagen: Der Wein sei reif für die Verstei- Klassenkampf geht jetzt erst so rich- ist das Schicksal der Sozialdemokra- gerung. Bei Sotheby’s. Andererseits tig los. Der zwischen Produzenten und tie, wenn sie regiert. Die Kapitalisten entgegne ich dem Vorwurf des soge- Konsumenten, zwischen Vergiftern und sagen, sie wird schlecht wirtschaften. nannten Nadelstreifen-Sozialismus mit Vergifteten. Der zwischen denen, die Die Sozialdemokratie muss nur nach- der Gegenfrage: Warum soll ein Sozi- totstinken, und denen, die totgestun- weisen, dass die Kapitalisten irren. aldemokrat keinen Maßanzug tragen. ken werden. Jetzt kann man natürlich Also wirtschaftet die Sozialdemokratie Irgendwas muss ihm ja passen, wenn einwenden, dass die, die totstinken, so wie die Kapitalisten, und die Kapi- schon nicht der Sozialismus. ja selbst auch einatmen müssen. Das talisten haben allen Grund, der Sozial- Hier vor Ihnen sage ich: Ich glaube ist richtig, das wissen die auch ganz demokratie ihre schlechte Wirtschaft nicht, dass der Sozialismus verloren genau. Aber die sagen sich: Bis wir vorzuwerfen.

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 028 Herr Schneyder, ist dies Ihr erster INTERVIEW gemeinhin, sie würden Kabarettisten, Besuch eines Parteitages? Satirikern sehr hilfreich bei der Stoff- Nein, als Parteiloser war ich einmal bei suche sein. Ihnen auch? einem Parteitag der SPÖ und heute bin Ja und nein. Nein, um beim Positiven zu ich hier – weil es mich interessiert, weil beginnen: Ich habe zwei hinreißende ich von meiner ganzen Politikkultur »Ich bin ein Reden gehört. Und hier deckt sich ein her ein Kommentator des politischen bissel der Job des Politikers mit dem Geschehens bin. Ich habe natürlich pragmatischer, des Bühnenkünstlers. Man weiß ja, wie Sympathien, ich habe meine Schwer- man Effekte erzielt, man weiß, wie man punkte, und ich beobachte die Parteien aber immerhin die Stimme behandelt, wie man die dahingehend, ob sie meine Schwer- Sprache behandelt, wie man Pointen punkte auch beachten. ein absoluter setzt, wann man leise wird, wann man laut wird. Das wissen wir, und wenn’s Was sind Ihre Schwerpunkte? Pazifi st« Politiker auch wissen, dann nützt das Die sind in einem linken Spektrum ihrem Anliegen. beheimatet mit einem wertkonserva- Auf der anderen Seite beobachtet tiven Einschlag. Aber ich erlebe sehr man natürlich auch die kleinkarierten viele – ich habe das auch heute in Profi lneurosen, das ein bisschen Kin- zwei Reden gehört – wertkonserva- dische, das ein bisschen Unhöfl iche tive Anklänge in der Linken. Es ist ja auch. Zum Beispiel wenn ein Parteivor- in der Tat so, dass das, was sich heute sitzender spricht und Leute quatschen. als konservativ ausgibt, stark zerstö- Die benehmen sich wie ein schlechtes rerisch wirkt. Und diese Art der Entlar- Toten und warum man vorher Heil Hit- Parlament, also wie zum Beispiel das vung eines gewissen Konservativismus, ler sagen musste und nun Grüß Gott. österreichische. Das wundert mich der das Gute nicht bewahrt, sondern Also, ich wurde, man kann sagen, in dann hier. Da bin ich jetzt wieder kon- umbringt, ist mir sehr wichtig. meiner frühen, noch kindlichen, früh- servativ, weil ich gerne die Spielregeln pubertierenden Analyse des Krieges der sogenannten guten Manieren ein- Was ist – Sie als langjährigen Boxkom- und des Nationalsozialismus zu einem gehalten wissen will. mentator fragend – die Linke? erbitterten Kriegsgegner und Rüstungs- Das ist die Führungshand in der Nor- gegner. Ich bin ein pragmatischer, aber Was machen Ihre guten Manieren malauslage. Aber weil wir Minderheiten immerhin ein absoluter Pazifi st. angesichts der Sprüche mancher Poli- nicht diskriminieren wollen, müssten tiker, angesichts leerer Wortungetüme wir ... Um jedoch im Bild zu bleiben: Haben Sie lange überlegt, ob Sie zum und schiefer Sprachbilder? Es ist sehr wichtig für die Linksausle- Gründungsparteitag der LINKEN kom- Da ist man schon ein bisschen abge- ger zu lernen, wie man Rechtsausleger men? stumpft. Man regt sich eigentlich nicht bekämpft. Nein, hierher wurde ich engagiert, mehr über die vielen schrecklichen ich bin angefragt worden, ich mache Reden auf, über die Leerformeln, über Woher resultiert biografisch Ihr poli- einen Beitrag – das mache ich grund- die Phraseologie, sondern man freut tisches Interesse? sätzlich mit Gage; sie muss nicht hoch sich, wenn’s einmal nicht so ist. Weil ich Staatsbürger bin so wie Sie. sein. Wissen Sie, wenn ein Kabarettist politisch von der Bühne aus agitiert Wie lang währt diese Freude? Zu viele andere Staatsbürger sind des- und man kann ihm nachweisen, das Ich habe dafür ein ausgezeichnetes interessiert, resigniert ... ist ja einer von denen, verliert er sehr Gedächtnis. Ich kann einem guten Red- Ja. Mein Interesse kommt aus einer viel Punch. Wenn er aber glaubwürdig ner nach Jahren sagen, Sie haben das Abwehr des Bürgertums in der eigenen nachweisen kann, dass er nirgendwo damals sehr hübsch formuliert. Familie, wo man als Sohn das Bürger- steht, dass er also quasi punktuell Par- Wenn ich morgen im Flieger sitze tum in seiner sozialen Haltung, in sei- tei nimmt, dann hat er es mit der Partei- und anschließend im Zug, werde ich ner humanen Haltung der Unaufrich- nahme viel leichter. Weil: In dem Maße, mir ein bisschen die Sachen abru- tigkeit überführt hat und sich dann wie die Leute sagen, das ist kein lin- fen und sehen, was ich mir von heute gesagt hat, so zu leben, mit der Lüge ker Rabauke, sondern ein kultivierter gemerkt habe. zu leben, ist mir nicht möglich. Daher Intellektueller, aber der sagt das auch, entsteht ein ganz primäres politisches habe ich eine gute Position dem Publi- Wie sind Ihre Eindrücke von diesem Interesse. kum gegenüber. Gründungskongress? Der zweite große Impuls war: Ich Ich fi nde, es ist eine wohltuend unspe- war etwa sieben Jahre alt, als der Krieg Ihr Auftritt ist für den Abend vorge- kulative und nicht amerikanisierte Ver- zu Ende war, und habe so quasi noch sehen, seit dem Morgen sind Sie auf- anstaltung. als Kind zu fragen begonnen, wie das merksamer Beobachter des Gesche- denn ist mit den Krüppeln und den hens. Von solchen Tagungen sagt man Interview: Stefan Richter

290 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG Es ist der Anfang Rede von Klaus Ernst zum Gründungsbeschluss der Partei DIE LINKE

Liebe Genossinnen und Genossen, formal mit einem Beschluss zu Ende einandersetzung dabei waren – Oskar liebe Kolleginnen und Kollegen, heute bringen. Die alten Parteien zu Ende brin- Lafontaine bei AEG, Gregor Gysi bei gibt es eine aktuelle Pressemeldung gen, die neue gründen. Und dass kein anderen Streiks, gemeinsam bei der von bild.de mit einer aktuellen Wäh- falscher Zungenschlag hineinkommt: Telekom: Wir sind gefragte Diskussi- lerpotenzialanalyse. Nach dieser Ana- Was wir heute hier machen, ist nicht das onspartner. Die Gewerkschaften haben lyse liegen wir zurzeit bei 24 Prozent in Ende des Parteibildungsprozesses. Es gemerkt, mit der neuen LINKEN bildet Deutschland. Das freut mich ungemein. ist der Anfang. Weil draußen in den Län- sich ein neuer Ansprechpartner, bildet Ich habe nur eine kleine Bemerkung dern, in den Kreisen, in den Regionen sich eine neue Möglichkeit, gemein- dazu. Wenn die 24 Prozent, die uns – da muss die neue Partei entstehen, sam die politische Lage im Land wie- wählen wollen, immer wissen würden, nicht nur hier auf diesem Parteitag. der zugunsten der Arbeitnehmer zu was wir hier tun, wären es vielleicht ein Wir müssen uns vor allen Dingen verändern. Wir müssen uns als Partner wenig weniger. Deswegen sollten wir einmischen in aktuelle Auseinander- anbieten. Auch das ist unser Job! aufpassen, dass wir tatsächlich unsere setzungen in dieser Republik. Und Und um das auch noch zu sagen, Politik in den Mittelpunkt stellen. Eine wenn wir wissen, dass 50.000 Leute in dass es keinen falschen Eindruck zweite Vorbemerkung: Am 1. Juni 2003 der Telekom 40 Prozent weniger verdie- erweckt: Wir wollen nicht, dass das Prin- fand hier im Estrel ein Sonderparteitag nen sollen und länger arbeiten sollen, zip der Einheitsgewerkschaftsgewerk- der SPD statt. Und auf diesem Partei- dann müssen wir uns als LINKE einmi- schaft aufgegeben wird. Das Prinzip tag, also vor vier Jahren, stimmten die schen. Wir müssen dabei sein, nicht der Einheitsgewerkschaft heißt, dass Abgeordneten mit 80 Prozent für die nur im Parlament die Anträge stellen. der DGB und seine Gewerkschaften Agenda 2010 von Schröder. Wir geben Wir müssen vor Ort sein, mit den Kol- ihre Politik gegenüber allen Parteien heute die richtige Antwort auf diese leginnen und Kollegen reden. Sie dort vertreten, auch gegenüber uns. Aber Agenda 2010 von Schröder! unterstützen, wo sie die Auseinander- wir hätten schon etwas dagegen, dass Ich hatte vor zwei, drei Jahren Gele- setzungen führen. Das ist der Job der der eine oder andere meint, es ist sinn- genheit, auf einem Parteitag der PDS neuen LINKEN! voll, mit der SPD zu reden, sinnvoll, zu reden. Es ging damals um die Ände- Und wenn wir wissen, dass die Rent- mit der CDU zu reden, sinnvoll mög- rung des Namens. Wir hatten zuvor nerinnen und Rentner in unserem Land licherweise, auch mit den Grünen zu bereits mit Lothar Bisky die große Frage massiv bedroht werden durch nied- reden, die neue LINKE aber, die gren- diskutiert – den Namen der PDS. Er hat rige Renten, dann müssen wir uns dort zen wir ein wenig aus. Die Vorstände, gesagt, das ist gar nicht so einfach, positionieren, müssen gemeinsam mit die noch nicht gemerkt haben, dass wegen der Tradition. Ich habe damals ihnen dazu beitragen, dass es in der sie mit der neuen LINKEN eine Chance eurem Parteitag gesagt, weil ich in mei- Bundesrepublik wieder dazu kommt, und auch einen Partner haben, ihre ner Organisation, der WASG, spürte, dass man vor Altersarmut gesichert politischen Positionen im Parlament dass da eine Angst vor der damaligen ist und nicht im Alter letztendlich als einzubringen, denen muss man sagen: PDS vorhanden ist: »Liebe Genos- Bettler landen muss. Das ist Aufgabe Wir wollen genauso behandelt werden sinnen und Genossen, ich weiß, dass der neuen LINKEN, sich einzumischen wie die anderen in dieser Republik. viele bei uns Angst vor euch haben. in die aktuellen politischen Debatten, Und in diesem Zusammenhang noch Aber deshalb braucht ihr doch keine mit den Menschen gemeinsam kämp- ein Punkt, der mich stört: Wenn man Angst vor uns zu haben.« Jetzt haben fen und nicht nur für sie debattieren. bei der Besetzung der Vorstände der wir zwei Jahre lang miteinander ver- Wir haben – und das ist ein zwei- Gewerkschaften hinschaut, wo die par- handelt. Und ich kann euch sagen, teil- ter Punkt, den ich noch ansprechen teipolitisch organisiert sind, dann sieht weise war die gegenseitige Angst auch möchte – in den letzten Jahren, Mona- man, die sind in der SPD, in der CDU, berechtigt. Und wir haben – das hat ten einiges verändert. Es ist keine bei den Grünen. Gegenwärtig scheint man auch gestern gesehen – diese Par- Selbstverständlichkeit, dass der DGB in den Gewerkschaftsvorständen noch teibildung eigentlich bis zum letzten und seine Gewerkschaften, die heute selbstverständlich zu sein, dass man in Augenblick ziemlich spannend gehal- auch hier nicht schlecht vertreten sind, einer Partei ist, die für die Rente mit 67 ten. Diese letzte Irritation hat uns nicht Redner der SPD am 1.Mai ausgeladen ist und die den Mindestlohn nicht ein- gefreut. Ich habe einen groben Brief haben, weil der DGB und seine Gewerk- führt. Auch das muss sich ändern! geschrieben, ihr habt grob geantwortet, schaften immer mehr merken, dass die Liebe Genossinnen und Genossen, doch jetzt sollten wir das lassen. Sozialdemokraten zwar am 1.Mai die liebe Kolleginnen und Kollegen, ich Wir haben zweieinhalb Jahre dis- schlauen Reden halten, aber im Parla- glaube, der Debatten sind nun genug kutiert über die Parteibildung. Einigen ment gegenteilig abstimmen. Das ist geführt. Es liegt ein Antrag vor, dass ging es zu langsam, einigen ging es gut so, dass der DGB und die Gewerk- wir die Debatten, ob wir nun die neue zu schnell. Einige saßen solange vor schaften darauf kommen. Das ist wirk- LINKE bilden oder nicht, auch formal der Suppe und haben mit dem Kopf lich keine Selbstverständlichkeit. Und beenden. Ich fordere euch daher auf, geschüttelt, bis wirklich ein Haar hin- da sieht man die Veränderung. Dass unterstützt den Antrag der beiden Vor- eingefallen ist. Aber das Schöne ist, wir Vertreter der LINKEN in den letzten stände, der ehemaligen WASG und der haben es geschafft. Jetzt reicht es. Lasst Monaten und Wochen bei jeder wich- ehemaligen Linkspartei, zur Gründung uns heute diese Parteigründung auch tigen gewerkschaftspolitischen Aus- der neuen starken LINKEN.

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 030 16.37 UHR © Erich © Erich Wehnert

Jubel und Erleichterung nach der Abstimmung. Nahezu alle hatten mit Ja gestimmt, bei zwei Enthaltungen und einer Gegenstimme

Gründungsbeschluss der Zeit vom 30. März 2007 bis zum 18. Mai 2. Im Ergebnis der Urabstimmungen 2007 den in Dortmund beschlossenen erfolgte am 24. Mai 2007 die notarielle Partei DIE LINKE Entwurf des Verschmelzungsvertrages Beurkundung des Verschmelzungsver- mit den Gründungsdokumenten (Pro- trages. ■ ■ Beschluss des Gründungs- grammatische Eckpunkte – program- parteitags der Partei DIE LINKE am matisches Gründungsdokument der Der Parteitag beschließt: 16. Juni 2007 in Berlin Partei DIE LINKE; Bundessatzung der Partei DIE LINKE; Bundesfinanzord- Die Gründung der Partei DIE LINKE auf Der Parteitag nimmt zur Kenntnis: nung der Partei DIE LINKE und Schieds- der Grundlage des Verschmelzungsver- 1. Linkspartei.PDS und WASG haben ordnung der Partei DIE LINKE) sowie trages zwischen Linkspartei.PDS und in getrennten Urabstimmungen in der weitere Anlagen bestätigt. WASG.

310 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG WAHL DES PARTEIVORSTANDES DER PARTEI DIE LINKE

JA NEIN Enthaltung Prozent

Wahl des Parteivorsitzenden

Bisky Lothar 580 75 39 83,6

Lafontaine Oskar 622 66 20 87,9 JA NEIN Enthaltung Prozent

Wahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden Wahl des Bundesschatzmeisters

Kipping Katja 585 80 26 84,7 Holluba Karl 601 49 32 88,1

Schubert Katina 438 216 41 63,0

Zerhau Ulrike 548 83 60 79,3 Wahl des Bundesgeschäftsführers

Ernst Klaus 554 101 39 79,8 Bartsch Dietmar 432 197 49 63,7 ung JA NEIN JA NEIN Enthaltung Prozent Enthalt Prozent

Wahl der weiteren Mitglieder des Parteivorstandes

Breitenbach Elke 402 196 40 63,0 Pietsch Britta 424 95 70 72,0

Buchholz Christine 451 148 32 71,5 Rajda Christel 427 97 72 71,6

Dieckmann Sophie 485 86 55 77,5 Scharf Heidi 443 90 64 74,2

Gramkow Angelika 428 144 50 68,8 Theisinger-Hinkel Elke 425 106 72 70,5

Heike Anny 464 100 63 74,0 Wagenknecht Sahra 457 135 16 75,2

Hein Rosemarie 413 152 53 66,8 Wawzyniak Halina 454 128 30 74,2

Lay Caren 437 147 42 69,8 Wissler Janine 433 92 47 75,7

Lösing Sabine 470 107 54 74,5 Erlanson Peter 471 72 49 79,6

Müller Irene 458 110 57 73,3 Gehrcke Wolfgang 491 90 17 82,1

Naumann Kersten 421 116 50 71,7 Gleiss Thies 383 149 60 64,7

Nitz Inga 459 86 53 76,8 Höhn Matthias 398 138 49 68,0

Ostmeyer Brigitte 451 94 47 76,2 Klute Jürgen 456 79 61 76,5

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 032 WAHL DER BUNDESSCHIEDSKOMMISSION

Die Mitglieder der Bundesschiedskommission wurden in offener Abstimmung im Block gewählt. Gewählt wurden:

Dorothee Diehm Ruth Kampa

Maike Lüdemann Kerstin Pohnke

Sibylle Wankel Sandra Wünsch

Manfred Coppik Michael Faber

Dieter Müller Frank Nieswandt

Hendrik Thomé Kay Werner © Erich © Erich Wehnert

JA NEIN Enthaltung Prozent

Korte Jan 435 131 30 73,0

Krämer Ralf 430 114 49 72,5

Maurer Ulrich 487 89 26 80,9 Methling Wolfgang 463 93 36 78,2 WAHL DER BUNDESFINANZ- Mulia Marc 439 103 55 73,5 REVISIONSKOMMISSION Ramelow Bodo 426 159 24 70,0

Schlecht Michael 440 108 51 73,5 Die Mitglieder der Bundesfi nanzrevisionskommis- sion wurden in offener Abstimmung im Block gewählt. Schmalzbauer Fritz 421 134 57 68,8 Gewählt wurden:

Scholz Helmut 445 102 49 74,7 Heidemarie Ehlert Astrid Kraus

Troost Axel 467 106 32 77,2 Ute Lukasch Nicole Röhrig

Wagener Sascha 388 174 40 64,5 Ralf Fiebelkorn Thomas Händel

Werner Harald 359 206 44 58,9 Bernd Mehrling Raju Sharma

330 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG MITGLIEDER DES PARTEIVORSTANDES

Geschäftsführender Vorstand

Lothar Bisky Oskar Lafontaine Vorsitzender Vorsitzender

Katja Kipping Katina Schubert Ulrike Zerhau Klaus Ernst Karl Holluba stellv. Vorsitzende stellv. Vorsitzende stellv. Vorsitzende stellv. Vorsitzender Bundesschatzmeister

Dietmar Bartsch Ulrich Maurer Christel Rajda Angelika Gramkow Bundesgeschäftsführer Parteibildungsbeauf- Finanzbeauftragte West tragter West

Weitere Mitglieder des Parteivorstandes

Elke BreitenbachSophie Dieckmann Peter Erlanson

Wolfgang Gehrcke Thies Gleiss Anny Heike Rosemarie Hein Matthias Höhn

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 034 Jürgen Klute Ralf Krämer Caren Lay Sabine Lösing

Wolfgang Methling Irene Müller Marc Mulia Kersten Naumann Inga Nitz

Brigitte Ostmeyer Britta Pietsch Bodo Ramelow Heidi Scharf Michael Schlecht

Fritz Schmalzbauer Helmut Scholz Elke Theisinger-Hinkel Axel Troost Sascha Wagener

PS Christel Rajda, Ulrich Maurer, Christine Buchholz und Angelika Gramkow wurden am 17. Juni 2007 auf der

) ersten Parteivor- 44 standssitzung in den

© Aris © Aris ( Geschäftsführenden Halina Wawzyniak Harald Werner Janine Wissler Vorstand gewählt.

35 0 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG BESCHLÜSSE

Wir sind gekommen, um • DIE LINKE widersetzt sich dem Priva- gen, dass Demokratie und Frauenrechte tisierungswahn. Wir wollen eine starke nicht durch Gewalt von außen erzwun- zu bleiben! öffentliche Infrastruktur und kämpfen gen, sondern nur durch eine demokra- Mit der LINKEN für Arbeit, daher gegen Börsengang und Privatisie- tische Entwicklung im Inneren entwi- rung der Deutschen Bahn. Wohin Priva- ckelt werden können. Krieg oder Frieden soziale Gerechtigkeit und tisierung führen kann, sieht man aktuell – Deutschland steht erneut am Scheide- Frieden! bei der Telekom und bei der Post. weg. Unsere Freiheit wird nicht am Hin- • DIE LINKE fordert den Abzug der Bun- dukusch verteidigt. Die NATO und mit ■ ■ Beschluss des Gründungs- deswehr aus Afghanistan. Spätes- ihr deutsches Militär am Hindukusch parteitages der Partei DIE LINKE am tens seit der Tornado-Entsendung wird verspielen die Möglichkeiten der Politik 16. Juni 2007 in Berlin Deutschland in Afghanistan immer stär- und gefährden die Sicherheit. ker in den sogenannten Krieg gegen den Die Mehrheit der Bürgerinnen und Spätestens seit den Bundestagswahlen Terror hineingezogen. Wir wollen zivile Bürger wollen einen Rückzug der deut- 2005 ist klar: Immer mehr Bürgerinnen und humanitäre Hilfe statt Kriegseinsät- schen Soldaten – die Mehrheit des Bun- und Bürger in unserem Land wollen DIE zen der Bundeswehr. destages verweigert das bislang. LINKE als Alternative zu SPD, CDU/CSU, Nach dem Wahlerfolg von Bremen Der Gründungsparteitag der LINKEN FDP und den Grünen. Und die Landtags- und mit dem Schwung der G8-Proteste begrüßt die Pläne der Friedensbewe- wahl in Bremen hat bewiesen: DIE LINKE im Rücken werden wir in den kommen- gung für eine bundesweite Demonstra- wird auch von den Menschen im Westen den Monaten DIE LINKE weiter aufbauen. tion am 15. September 2007 in Berlin. gebraucht. Dies ist für uns Verpfl ichtung Dabei sind wir offen für alle, die mit uns Die Friedensbewegung will die Mehrheit und Auftrag, in den kommenden Wochen für unsere Forderungen kämpfen wollen des Bundestages mit dem Mehrheitswil- und Monaten konsequent unseren Weg – gemeinsam gegen Sozialabbau, Lohn- len der Bevölkerung konfrontieren und weiterzuverfolgen: dumping und Krieg, für Arbeit, soziale fordert den Abzug aus Afghanistan. • DIE LINKE macht weiter Druck für einen Gerechtigkeit und Frieden! DIE LINKE ruft alle Mitglieder, Freun- gesetzlichen Mindestlohn in Höhe von dinnen und Freunde auf, die bundes- acht Euro. Denn von Arbeit muss man weite Demonstration der Friedensbe- leben können. Entsendegesetze in ein- Bundeswehreinsätze in wegung zu unterstützen und aktiv dafür zelnen Branchen reichen nicht. Nur durch Afghanistan beenden! zu mobilisieren. einen allgemeinen gesetzlichen Mindest- lohn kann den Menschen in allen Nied- ■ ■ Beschluss des Gründungs- riglohnbereichen geholfen werden. parteitages der Partei DIE LINKE am Heiligendamm – • DIE LINKE fordert auch weiterhin: Hartz 16. Juni 2007 in Berlin erfolgreicher Protest und IV muss weg! Wir wollen eine bedarfs- orientierte und repressionsfreie sozi- Der Deutsche Bundestag wird aufgefor- ein Gipfel hinter Stachel- ale Grundsicherung. Um den freien Fall dert, die Mandate für den Einsatz der draht der Löhne zu stoppen, muss wieder ein Bundeswehr zu beenden und die Sol- Zumutbarkeitsschutz eingeführt werden. daten aus Afghanistan abzuziehen. ■ ■ Beschluss des Gründungs- Arbeitsangebote müssen die Qualifi ka- Die Militäreinsätze in Afghanistan parteitages der Partei DIE LINKE am tion berücksichtigen und tarifl ich bezahlt sind moralisch unverantwortlich, poli- 16. Juni 2007 in Berlin sein. tisch und militärisch gescheitert. • DIE LINKE steht für eine familienfreund- Deutschland hat sich Schritt für lobt sich selbst und den liche Politik. Wir wollen einen Rechtsan- Schritt tiefer in den Krieg hineinbege- Gipfel, die Mehrheit der Bürgerinnen spruch auf einen gebührenfreien Platz in ben und wird in Afghanistan mittler- und Bürger beurteilt den G8-Gipfel rea- einer Kindertagesstätte für Kinder aller weile als Besatzungsmacht wahrgenom- listisch als das, was er war – ein gigan- Altersgruppen. Finanzierungsmöglich- men. Besonders der Einsatz der Torna- tischer Propagandarummel. Für die keiten gibt es viele, zum Beispiel den Ver- dos und das Mandat für die KSK machen »Merkel-Show« wurden über 100 Millio- zicht auf die Unternehmenssteuerreform dies überdeutlich. Die Bundesregierung nen Euro aus dem Fenster geschmissen. oder eine stärkere Besteuerung großer und die NATO planen jedoch, weiteres Geld, das besser für soziale Projekte Erbschaften. Militär einzusetzen. Das führt zu mehr eingesetzt worden wäre. • DIE LINKE kämpft gegen die Verlänge- Not, Elend, getöteten und verletzten Der Protest gegen den G8-Gipfel war rung der Lebensarbeitszeit und gegen Menschen. ein großer Erfolg der globalisierungs- Rentenkürzungen. Wir stehen für wei- DIE LINKE fordert, den Weg vom Mili- kritischen und antikapitalistischen tere Arbeitszeitverkürzungen. Gemein- tär zurück zur Politik einzuschlagen. Das Bewegung: 80.000, vor allem junge sam mit den Gewerkschaften werden wir beginnt mit dem Rückzug der deutschen Menschen nahmen an der Demonstra- die nächste Bundestagswahl zu einer Soldaten. Darüber muss der Bundestag tion am 2. Juni in Rostock teil; während Volksabstimmung über die Rente mit 67 im September und Oktober entschei- des Alternativgipfels fanden hunderte machen. den. Die Erfahrungen anderer Kriege zei- inhaltliche Veranstaltungen statt, Tau-

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 036 sende Menschen blockierten gewalt- ist auch politische Macht. Die G8 ist Hier ist DIE LINKE! frei und erfolgreich die Zufahrtswege demokratisch nicht legitimiert und hat um Heiligendamm herum. Linkspartei. sich zudem überlebt. Sie muss sich Gemeinsam für Arbeit, PDS und WASG haben Anteil an diesem aufl ösen. soziale Gerechtigkeit, Erfolg der Bewegung. Tausende ihrer Dem Versuch, die globalisierungs- demokratische Rechte Mitglieder beteiligten sich an den Pro- kritische Bewegung, den Protest von testen. Tausenden Menschen als vornehmlich und Frieden! Die Gipfelproteste haben ein gesell- gewalttätig zu stigmatisieren, wider- schaftliches Klima befördert, in dem setzen wir uns. Wir werden uns mit den ■ ■ Beschluss des Gründungs- angebliche Sachzwänge hinterfragt Ursachen für die Eskalation der Gewalt parteitages der Partei DIE LINKE am werden. »Globalisierung« gilt für immer auseinandersetzen. Die Linke lehnt prin- 16. Juni 2007 in Berlin weniger Menschen als Naturereignis. zipiell Gewalt zum Erreichen von poli- Der neoliberale Irrglaube, es gäbe keine tischen Zielen ab. Gewalt war aber nicht 1. Turbulente und erfolgreiche Monate Alternativen zur herrschenden Politik, typisch für die Gipfelproteste. Gründ- liegen hinter uns. Wir haben eine Partei ist erschüttert. Die Gipfelproteste haben licher Aufhellung bedürfen das Vorge- gegründet, wir haben Wahlen gewonnen, auch einen Nährboden bereitet für wei- hen und die Einsatzpläne der Polizei wir haben wieder soziale Fragen auf die ter gehende Alternativen. rund um den Gipfel. Ebenfalls müssen politische Tagesordnung der Republik Die Bundesregierung ist in vielfäl- die Verquickungen von Polizei und Bun- gesetzt. DIE LINKE als neue linke Par- tiger Form durch den Terror der Ökono- deswehr parlamentarisch wie außerpar- tei, die für die kleinen Leute, für soziale mie und die Brutalität von Kriegen an lamentarisch untersucht werden. Gerechtigkeit und eine bessere Gesell- der Ungerechtigkeit und der Gewalt in Auf die außerparlamentarischen Pro- schaft streitet, die Bürgerrechte vertei- der Welt beteiligt. Die auf dem G8-Gip- teste der 68er reagierte Willy Brandt als digt und demokratische Rechte aus- fel getroffenen Vereinbarungen sind Bundeskanzler mit der Ankündigung, bauen will, die die Gleichheit aller ach- nicht geeignet, die drängenden Pro- »mehr Demokratie« wagen zu wol- tet und Gleichstellung erreichen will, die bleme der Menschheit – Klimawan- len. Dieser Anspruch wurde aber nicht für eine andere, eine friedliche Welt ein- del, weltweite Kriege, Massenelend zur gesellschaftlichen Realität. Auf die tritt, diese LINKE trifft bereits jetzt auf viel in vielen Ländern Afrikas, Asiens und Proteste zum G8-Gipfel reagiert Mer- Zustimmung und Akzeptanz auch dort, Südamerikas – zu lösen. Die Klimaver- kel mit der Ankündigung, mehr Repres- wo sie – noch – nicht gewählt wird. einbarungen sind unverbindlich, und sion durchzusetzen. Die Repressions- 2. Ein Jahr großer Chancen und Heraus- die »Afrika-Hilfen« lösen noch nicht schraube ist in unserem Land beson- forderungen liegt vor uns. Wir gehen den einmal die Zusagen von Gleneagles ders von Innenminister Schäuble ange- eingeschlagenen Weg selbstbewusst ein. Der Druck auf die Schwellenländer zogen worden: Bundeswehreinsätze im und kämpferisch weiter. und andere Länder der ›Dritten Welt‹, Inneren, Verschärfung von Polizeigeset- Wir bauen die neue Partei weiter ihre Märkte zu öffnen, und dies ohne zen, Vorbeugehaft und Unterbindungs- auf. Unser Ziel sind 16 starke Landes- entsprechende Gegenleistung, wurde gewahrsam, Einsatz von Hartgummige- verbände, stark genug, um überall in erhöht. Die in Heiligendamm verab- schossen und weiteres mehr. Politiker Deutschland Druck für eine bessere Poli- schiedete Weltwirtschaftsagenda ist die aus der Regierungskoalition überschla- tik zu machen, Partner zu sein, Adresse Fortschreibung einer Wirtschaftspolitik gen sich mit Vorschlägen, die zu weni- für Protest und neue Ideen. für Konzerne und Finanzmarktakteure: ger Demokratie führen werden. Wir aber Wir wollen in den nächsten Monaten Ausweitung des Freihandels, der Inves- wollen mehr Demokratie! Mehr direkte Wahlen gewinnen, um über weitere Land- titionsfreiheit für Konzerne, der Priva- Demokratie durch Volksbefragungen tagsfraktionen Einfl uss auf die Länderpo- tisierung von Wissen durch verschärf- und Volksentscheide. Die Demonstrati- litik zu nehmen, aber auch um die tau- ten Patentschutz und der ungehinder- onsfreiheit darf nicht eingeschränkt wer- sende linken Kommunalpolitiker/innen ten Übernutzung von Rohstoffen. Statt den. Polizei und Geheimdienste müs- zu unterstützen. Hedgefonds zu verbieten oder auch nur sen strikt getrennt sein, und die Bun- 3. Wir entwickeln unsere Politik der sozi- wirksam zu kontrollieren, wurden fol- deswehr darf nicht im Inneren einge- alen Gerechtigkeit konsequent weiter. genlose Mahnungen an Hedgefonds- setzt werden. Mehr Demokratie braucht Wir halten den Druck auf die anderen Par- Manager abgesondert. Der G8-Appell unsere Gesellschaft in den Betrieben, teien in den aktuellen Auseinanderset- zur freiwilligen sozialen Verantwor- und mehr Demokratie muss auch in den zungen aufrecht: für einen gesetzlichen tung von Unternehmen wird den trans- Medien hergestellt werden. Mindestlohn in Höhe von acht Euro, um nationalen Konzernen nur ein müdes Von Heiligendamm bleibt das Bild Armutslöhne zu verhindern und Lohn- Lächeln entlocken. Im Krieg gegen den eines Gipfels hinter Stacheldraht. dumping durch die Ausgliederung von Terror bedeutet der G8-Gipfel ein »wei- Angela Merkels G8-Gipfel ist politisch Arbeitsplätzen einzudämmen; wir kämp- ter so« und eine weitere Legitimation gescheitert. Von Heiligendamm bleibt fen weiter für eine deutliche Verbesse- für die Kriege in der Welt. das Bild eines vielfältigen, erfolgreichen rung der Situation von Erwerbslosen; Die G8 erklärt sich durch wirtschaft- Protestes gegen Sozialabbau, Krieg und für mehr öffentlich geförderte Beschäf- liche Macht – wirtschaftliche Macht Klimazerstörung. tigung, damit der wirtschaftliche Auf-

370 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG BESCHLÜSSE

schwung auch bei den Langzeitarbeits- finanziellen und politischen Bedin- deln kann sich aber nicht darin erschöp- losen ankommt; für eine familienfreund- gungen zu schaffen, damit sich die Mit- fen, den Beschäftigten mit massiven liche Politik mit öffentlich fi nanzierter glieder und einzelnen Parteigliederungen Lohnkürzungen zu drohen. Kinderbetreuung und -förderung, für erfolgreich beteiligen können. Die Beschäftigten wehren sich eine familienfreundliche Vereinbarkeit gemeinsam mit ihrer Gewerkschaft ver.di von Kindern und Beruf; für mehr Investi- zu Recht. Nach einigen Protestaktionen tionen in die öffentliche Infrastruktur, um Solidarität mit den von wurde jetzt die Urabstimmung für einen eine bürgernahe, öffentliche Daseinsvor- Entlassung bedrohten Streik eingeleitet. sorge mit hochwertigen Leistungen auch Der Gründungsparteitag der LINKEN in den kommenden Jahrzehnten sicher Beschäftigten der Quelle/ am 16. 6. 2007 erklärt sich solidarisch zu stellen; für eine andere Verteilungs- Neckermann Management mit den kämpfenden Kolleginnen und politik, die die Lohn- und Sozialeinkom- Kollegen der Service-Center und fordert men zu Lasten der Gewinn- und Vermö- Services in Nürnberg, die Konzernleitung auf, die Kündigungen genseinkommen stärkt, die gegen den Fürth und zurückzunehmen und mit ver.di über Sozialraub von Hartz IV und Rente mit 67 einen neuen Tarifvertrag für die Beschäf- kämpft. ■ ■ Beschluss des Gründungs- tigten zu verhandeln. 4. Wir nutzen den Schwung der G8-Pro- parteitages der Partei DIE LINKE am teste. DIE LINKE ist Teil der globalisie- 16. Juni 2007 in Berlin rungskritischen Bewegung, unser Ziel Rückführung der Energie- ist es, die Forderungen nach einer global Das Unternehmen Karstadt-Quelle droht konzerne in öffentliches gerechten Welt auf die politische Agenda bei seinen Tochterfi rmen Quelle/Necker- der Republik zu setzen. Dazu zählt aktu- mann-ManagementService an den Eigentum ell vor allem auch, den Druck für einen Standorten Nürnberg/Fürth und Leipzig Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan mit Massenentlassungen. Das Unterneh- ■ ■ Beschluss des Gründungs- zu verstärken, statt das Land immer tiefer men will die Arbeitsplätze in den Osten parteitages der Partei DIE LINKE am in den NATO-»Krieg gegen den Terror« zu verlagern. Konzernchef Thomas Middel- 16. Juni 2007 in Berlin verstricken. hoff will mit dieser Drohung erreichen, 5. Wir setzen auf die weitere Demokra- dass die Beschäftigten, die Angst um Im Rahmen der für den Herbst letzten Jah- tisierung, auf mehr Demokratie statt ihre Arbeitsplätze haben, für weniger res von beiden Parteien beschlossenen Abbau von Grund- und Freiheitsrechten. als die Hälfte des Lohnes bei längerer Antiprivatisierungskampagne wird die Die Linke steht für gleiche Rechte für alle Arbeitszeit und weniger Urlaub diesel- Partei DIE LINKE sich auf allen Ebenen für unabhängig von Herkunft, Weltanschau- ben Tätigkeiten wie bisher verrichten. die Rückführung der Energiekonzerne in ung, Geschlecht, sexueller Orientierung Ca. 700 Kolleginnen und Kollegen der öffentliches Eigentum einsetzen. oder Gesundheitsstand. Wir wenden uns bisherigen Service-Center sollen entlas- Die Fraktion DIE LINKE wird aufgefor- konsequent gegen die Einschränkung sen und dann bei einer neuen Firma ein- dert, einen Gesetzentwurf vorzubereiten demokratischer Rechte wie die Demons- gestellt werden, bei der sie dann – bei und im Bundestag einzubringen, der die trations- oder die Pressefreiheit, das gleicher Tätigkeit als Produktberater und Vergesellschaftung der Energiekonzerne Recht auf informationelle Selbstbestim- Hotline für Verbraucherfragen – allerdings vorsieht. mung und unbeobachtete Kommunika- statt bisher 2.300 Euro brutto nur mehr Zugleich wird eine öffentliche Diskus- tion zum Beispiel durch Online-Durchsu- weniger als die Hälfte (!), nämlich 1.100 sion darüber geführt, wie diese Bereiche chungen. Euro brutto an Einkommen beziehen sol- einer wirksamen demokratischen Kon- 6. Wir haben nicht nur andere politische len. Außerdem ist im Gespräch, nur noch trolle unterworfen werden können. Ver- Ziele, DIE LINKE macht auch anders Poli- Teilzeitarbeitsverhältnisse anzubieten, treter von Kommunen und Kreisen, von tik. Wir stehen für unsere Ziele überall Urlaubsgeld und Weihnachtsgeld sollen Umwelt- und Verbraucherverbänden ein, in Wort und Tat. Wir machen Politik in der neuen Firma entfallen, die Arbeits- müssen dabei ebenso in die Entschei- als Mitgliederpartei, wir diskutieren und zeit aber auf 42 Wochenstunden erhöht dungsprozesse einbezogen werden wie entscheiden gemeinsam. Wir machen werden und der Urlaub auf vier Wochen die Vertreter der Beschäftigten. Politik als Programmpartei, wir entwi- gekürzt werden. ckeln eine Vision für den Weg zu einer Von diesen Hungerlöhnen können die besseren Gesellschaft. Vor allem machen Kolleginnen und Kollegen schlichtweg Kita-Kampagne wir Politik mit Respekt vor den Menschen nicht leben. Dieses Verhalten der Unter- und mit ihnen, statt für oder gegen sie. nehmensleitung ist völlig inakzeptabel, ■ ■ Beschluss des Gründungs- Auf DIE LINKE ist Verlass. nur an kurzfristigen Profi tinteressen ori- parteitages der Partei DIE LINKE am 7. Der Parteitag beauftragt den neu entiert und schlicht und einfach unan- 16. Juni 2007 in Berlin gewählten Parteivorstand, die Partei in ständig. Die Beschäftigten sind nicht für diesem Sinne bis zum nächsten Partei- die wirtschaftliche Krise im Unternehmen Der Vorstand der Partei DIE LINKE plant tag zu führen und alle organisatorischen, verantwortlich. Unternehmerisches Han- für einen Zeitraum von ca. sechs Mona-

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 038 ten eine öffentlichkeitswirksame Kam- tet. Bei den Konkurrenten sind 50.000 für Reflexion, argumentativen Aus- pagne für kostenlose, öffentliche, steu- entstanden. Diese neuen Jobs sind häu- tausch und Vernunft sollen Ellenbogen, erfi nanzierte Kindertagesstätten für alle fi g schlecht. Kein Wunder: Hungerlöhne Paukstudium und dauerhafter Prüfungs- Altersgruppen. Die Einrichtungen sind wurden politisch gewollt. Durch Befris- druck dominieren. als pädagogische Einrichtungen und tungen, Leiharbeit und Minijobs. Mit • Studiengebühren undemokratisch nicht als Verwahrgelegenheiten einzu- Hartz IV wurde der Zumutbarkeitsschutz und unwissenschaftlich sind. Der gesell- fordern. Sie sind mit qualifi zierten Kräf- beseitigt. Erwerbslose sind gezwungen, schaftliche Nutzen für eine humane Wis- ten auszustatten, deren Arbeitsbedin- jeden Job anzunehmen. Bei den Tele- senschaft im Interesse aller Menschen gungen tarifl ich geregelt sein müssen. kom-Konkurrenten sind viele Leistun- soll dem ökonomischen Kalkül und Die Kreisverbände erhalten Unterstüt- gen, vor allem Call-Center, outgesourct. purem Gewinnstreben untergeordnet zung bei der Vorbereitung und Durch- Hier wird mit Niedriglöhnen und einem werden. So würde wissenschaftliche führung der Kampagne. hohen Anteil geringfügig Beschäftigter Tätigkeit noch mehr auf außerwissen- unter zum Teil skandalösen Bedin- schaftliche Interessen zugeschnitten gungen gearbeitet. So entsteht rück- und so auch der demokratischen Verfü- Resolution: Solidarität wirkend ein massiver Druck auf die gungsgewalt und akademischen Selbst- mit den streikenden Beschäftigten bei der Telekom. verwaltung entzogen werden. Über eine notwendige tarifpolitische Studiengebühren sind zudem in Telekom-Beschäftigten Absicherung bei der Telekom hinaus mehrfacher Hinsicht grundgesetzwid- muss der Druck erhöht werden, um rig und verstoßen gegen Landesverfas- ■ ■ Beschluss des Gründungs- Lohndumping zu bekämpfen: Weg mit sungen sowie gegen verbindliche inter- parteitages der Partei DIE LINKE am Hartz IV, Leiharbeit, Befristungen und nationale Vereinbarungen. 16. Juni 2007 in Berlin weg mit Minijobs! Und her mit dem Nun versucht der Hamburger Wissen- gesetzlichen Mindestlohn von wenigs- schaftssenator der CDU-Landesregie- Der Gründungsparteitag der Partei DIE tens acht Euro je Stunde. rung Jörg Dräger eine unverantwortliche LINKE erklärt sich solidarisch mit den und kopfl ose Machtprobe gegen die Stu- Streikenden bei der Deutschen Tele- dierenden, indem er die Zwangsexmat- kom. Nein zu Studiengebühren – rikulation der Studierenden anordnet, Die Androhung, 50.000 Kolleginnen Solidarität mit den die nicht überwiesen haben. Wir wei- und Kollegen auszulagern, Einkom- sen dies vehement zurück und fordern menskürzungen von 30 bis 50 Prozent KommilitonInnen des unmissverständlich für jeden Kommili- sowie Arbeitszeitverlängerungen sind Gebührenboykotts tonen, den Jörg Dräger mit einer Exmat- ein Skandal. 900 Millionen Euro sollen rikulation bedroht, seinen Rücktritt. bei den Beschäftigten eingespart wer- ■ ■ Beschluss des Gründungs- den, gleichzeitig sind 2006 über drei parteitages der Partei DIE LINKE am Milliarden Euro an Dividenden ausge- 16. Juni 2007 in Berlin DIE LINKE macht Druck für zahlt worden. einen gesetzlichen Besonders skandalös ist die Haltung Rund 11.000 Studierende der Universität der Bundesregierung. 30 Prozent der Hamburg haben die zwangsweise Zah- Mindestlohn von 8 EURO +! Anteile gehören noch immer der Öffent- lung von 500 Euro Studiengebühren für lichen Hand. Entsprechend könnte die das Sommersemester 2007 verweigert, ■ ■ Beschluss des Gründungs- Bundesregierung durch ihre Vertre- rund 6.100 davon in einem bewussten parteitages der Partei DIE LINKE am ter im Aufsichtsrat, wie Thomas Mirow solidarischen Boykott. 16. Juni 2007 in Berlin (SPD), sich für die sozialen Belange der Der Gründungsparteitag der LINKEN Beschäftigten einsetzen. Nichts derglei- sendet allen Kommilitoninnen und Kom- DIE LINKE macht Druck für die Durch- chen geschieht. militonen – in Hamburg wie bundesweit setzung eines bundesweiten gesetz- Bei der privatisierten Telekom wird und an allen Hochschulen – seine soli- lichen Mindestlohns von acht Euro + je alles dem Shareholder-Value unterge- darischen Grüße. Eure Aktion ist mutig. Stunde. ordnet. Es geht um Rendite und den Das ist schon jetzt ein Erfolg! Die Mindestlohnkampagne wird fort- Aktienkurs. So verpulverte das Manage- Wir unterstützen Euch jetzt und wei- gesetzt. Alle Parteigliederungen sind auf- ment 700 Millionen, um den Kurs zu terhin in Eurem Widerstand gegen die gefordert, die Forderung weiterhin gezielt stützen. Einführung eines Bezahlstudiums, weil in die Öffentlichkeit zu tragen. Bei der Telekom sieht man, wohin • Studiengebühren unsozial und kul- Angesichts der verheerenden Wir- Privatisierung führt. Vor Jahren hieß turfeindlich sind. Mit ihnen sollen die kungen der Hartz-IV-Gesetze, die den es: 200.000, ja bis zu 300.000 Arbeits- westdeutschen Reformen der 68er Jahre Druck auf die Löhne noch verstärken, wer- plätze könnten in der Branche entste- zurückgenommen werden. Hochschule den wir im Bundestagswahlkampf 2009 hen. In den letzten zehn Jahren wurden und Wissenschaft sollen auf eine Elite diese Forderung als eine unserer Kernfor- 100.000 Jobs bei der Telekom vernich- zugeschnitten werden. Statt der Muße derungen in den Mittelpunkt stellen.

390 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG Enttäuscht uns nicht! Nachgefragt. Im Gespräch mit ausländischen Gästen

■ ■ Carl Bloice, Mitglied des Nati- kapitalistischer Politik, wie sie sich dass es wahlentscheidend wird, denn onalen Koordinierungsausschusses in Deutschland auf wirtschaftlichem dieser Krieg muss lange vor der Wahl der Korrespondenzkomitees für und sozialem Gebiet darstellt. Dar- Ende 2008 zu Ende sein. Auch hier Demokratie und Sozialismus (CCDS über habe ich hier auch mit Genos- drängen wir die Kandidaten, sich jetzt – USA) sInnen aus Frankreich, Spanien und dazu zu äußern, sich für den Abzug Was wusstest du vor deiner Reise von anderen Ländern gesprochen. Die For- der US-Truppen zum frühestmöglichen dem Vorhaben der Vereinigung von men mögen verschieden sein, aber die Zeitpunkt einzusetzen. Linkspartei.PDS und WASG? Probleme sind überall ähnlich. Grund- Da ich für meine Partei als Autor tätig sätzlicher gesagt, bin ich sehr beein- Ist die Stimmung in der Gesellschaft so, bin, wusste ich von der Arbeit an einem druckt davon, mit welchem Nachdruck dass Aussicht darauf besteht? solchen Projekt. Aber die meisten mei- und mit welcher Konsequenz sich die Auf eurem Parteitag war von Politikver- ner Freunde und Bekannten, denen neue LINKE für die Interessen der arbei- drossenheit die Rede. Die gibt es bei ich von der bevorstehenden Reise tenden Menschen einsetzt. uns auch. Aber die überwältigende erzählte, hatten nichts davon gehört. Mehrheit des Volkes ist gegen diesen Das liegt daran, dass die amerika- Wie ist derzeit die Lage der Linken in Krieg. Wenn es in unserem Land demo- nischen Medien extrem schlecht darü- den USA? kratisch zuginge, wäre er schon lange ber berichten, was in der Welt außer- Die Linke in unserem Land ist vielfäl- zu Ende. Bush glaubt jedoch, er könnte halb unseres Landes vor sich geht. tig, von beträchtlichem Umfang, aber ihn auch gegen den Willen der Mehr- Was ich in Berlin gesehen und gehört wenig organisiert und schon gar nicht heit noch lange weiterführen. Liberal habe, hat meine Erwartungen weit einig. CCDS konzentriert sich vor allem eingestellte Politiker schweigen dazu übertroffen. Ich werde auf jeden Fall so darauf, zur Entstehung einer breiten aus verschiedenen Gründen. Entweder viel wie möglich darüber sprechen und progressiven Mehrheit beizutragen, fehlt ihnen der Mut, oder sie stimmen schreiben. In den USA beobachtet man die in der Lage ist, der Politik der Bush- der imperialistischen US-Außenpoli- noch eher, was bei den lateinamerika- Administration ein Ende zu setzen, tik durchaus zu und haben nur an der nischen Linken derzeit passiert. Aber die US-Politik aus dieser rechten Ecke Zweckmäßigkeit dieses Krieges ihre ich bin sicher, wenn die Leute erfahren, herauszudrängen. Dazu brauchen wir Zweifel. Sie stellen sich nicht an die was an diesem Wochenende in Berlin Bündnisse, die weit über die Linke hin- Spitze der Protestbewegung. Die läuft geschehen ist, wird die Resonanz weit ausgehen. außerhalb der Sphäre der Politiker in größer werden. der Öffentlichkeit, in der Zivilgesell- Hatte CCDS bei den vergangenen schaft. Worin sind deine Erwartungen über- Wahlen nicht am Ende zur Unterstüt- troffen worden? zung des Kandidaten der Demokraten Was möchtest du unseren Lesern Die Dimensionen, die Tragweite euer aufgerufen? und der LINKEN von dieser Stelle aus Vorhaben, die Begeisterung, der Opti- Wir würden niemals direkt auf die sagen? mismus, der hier herrscht, dass es Unterstützung der Demokraten orien- Francis Wurtz sprach mir aus dem Her- wirklich gelingt, die deutschen Linken tieren – angesichts ihrer politischen zen: Enttäuscht uns nicht! Denkt daran, zusammenzuführen. Vorstellungen. Aber wir haben dazu dass die Blicke und die Hoffnungen der Die US-Medien informieren wenig, aufgerufen, den Republikanern eine Linken in aller Welt auf euch ruhen. und außerdem sind alle Berichte durch Niederlage zu bereiten. Das war die die US-Brille gefärbt. Bei uns hat man einzige Möglichkeit, die wir bei dem ■ ■ Christina Gay, Vorstandsmit- den Eindruck, dass in Deutschland und in den USA herrschenden Wahlsystem glied bei Une Autre Guche (Belgien) sogar in Europa Angela Merkel alles im hatten. Wie bewertest du das Ergebnis der Par- Griff hat, dass es überhaupt keinen lamentswahlen in Belgien vor knapp Widerstand gibt und man gegen ihre Und bei den nächsten Wahlen? So weit einer Woche? Politik nichts machen kann. Es war für weg sind sie ja nicht mehr. Es gab einen Rechtsruck, und es steht mich ungeheuer spannend zu hören, Derzeit interessieren uns nicht so sehr eine ziemlich schwierige Regierungs- wie ihr euch dieser Politik entgegen- die Kandidaten, die so viel Rummel bildung bevor. Das hängt auch damit stellt, welche alternativen Ideen ihr machen, als vielmehr die Positionen, zusammen, dass es bei den Parteien entwickelt, wie ihr sie konkret umset- die sie vertreten. So fordern wir ein jeweils eine fl ämische und eine wal- zen wollt. Das wird bei uns in den USA gesamtnationales System der Gesund- lonische Partei gibt. Bisher regierten mit großem Interesse aufgenommen heitsfürsorge. Wir wollen erreichen, Liberale und Sozialisten. Die wallo- werden, denn so anders sind unsere dass die Kandidaten sich schon früh- nischen Liberalen bekamen Aufwind, Probleme nicht. zeitig dazu äußern und man Druck auf die flämischen Sozialisten mussten sie ausüben kann. Wir wollen die Dis- katastrophale Einbußen einstecken. Was konkret nimmst du für die CCDS kussion um wichtige Fragen voranbrin- Und in Wallonien ist der Rechtsruck aus Berlin mit? gen. darauf zurückzuführen, dass die Sozia- Mehr Gewissheit, dass man etwas Das wichtigste Thema ist natürlich listische Partei die neoliberale Ausrich- tun kann, eine interessante Analyse der Irakkrieg. Wir wollen auf keinen Fall, tung voll mitgemacht hat.

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 040 © Erich © Erich Wehnert

Christina Gay von der Une Autre Guche (Belgien) – rundum begeistert von ihrem politischen Berlin-Besuch

Zwar hat Vlaams Belang, die faschis- ist, nach rechts rückt und rechts wählt. Die jetzt gelungene Fusion erlebe ich tische Partei, keinen Sitz hinzu gewon- Die Linke ist in Belgien aus historischen nicht allein mit Glücksgefühlen, son- nen, aber eine sehr nahe stehende, Gründen ziemlich karg, und sie ist zer- dern auch mit Bewunderung, weil ich neugegründete Partei hat gleich sechs splittert geblieben. Wir müssen in der fi nde, dass es in Deutschland beson- Sitze erobert. Bevölkerung noch sehr stark an der ders schwer war und ist, eine demokra- Wir selbst sind nicht angetreten bei Vereinigung der Linken arbeiten. tische Linke auf den Weg zu bringen. den Wahlen, weil wir noch jung sind. Die Art und Weise, wie beiden Parteien Wir bestehen erst seit dem vorigen Jahr Regt sich angesichts des Rechtsrucks das gelungen ist, ist für uns unglaub- und sind zu der Überzeugung gelangt, Widerstand? lich mutmachend und beispielgebend. dass wir sowohl von der programma- Überhaupt nicht. Die Leute sind voll- Ich wünsche mir eine gute Zusammen- tischen als auch von der Mitgliederent- kommen verunsichert, erleben keine arbeit mit Leuten, die schon weiter wicklung noch nicht so weit sind. Bei Alternativen – über die Medien sowieso sind, wir wollen den Beobachterstatus uns gibt es auch eine 5-Prozent-Hürde. nicht; wir kommen nicht zu Wort. Wir in der Partei der Europäischen Linken. Hingegen ist unser fl ämisches Pen- müssen ganz unten anfangen mit Davon verspreche ich mir für uns Berei- dant – mit ihnen hatten wir im Oktober bescheidenen Mitteln. cherung und Erfahrungen. einen sehr erfolgreichen Auftritt mit über 700 Leuten, um eine neue Linke Stichwort neue Linke. Siehst du Paral- Mit welchen Wünschen bist du nach zu entdecken – unter ähnlichen Bedin- lelen zu Deutschland? Berlin gekommen? gungen wie bei uns angetreten und Absolut. Ich habe – nicht nur weil ich Ich möchte das Ereignis direkt erle- gescheitert. mütterlicherseits Deutsche bin – die ben, Kontakte knüpfen und Unterstüt- Ich glaube, dass die Gesellschaft in Entwicklung sowohl der Linkspar- zung organisieren. So hat mir Bodo Belgien, wie in Frankreich, verunsichert tei.PDS als auch der WASG verfolgt. Ramelow zugesagt, uns zu besuchen.

410 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG © Erich © Erich Wehnert

Mit aufmerksamen Gästen aus 50 Ländern von vier Kontinenten war der Gründungskongress auch ein internationales Ereignis.

Der Gründungskongress ist historisch Ich hatte davon gehört, dass man erste Partei, die sich seit der Einheit und ein starkes emotionales Element. bereits eine Menge erreicht hat, dass Deutschlands wirklich vereinigt hat, Das wiegt vielleicht sogar noch stärker aber unterwegs Schwierigkeiten auf- und es ist schon eine tolle Sache, dass als das Konkrete und für uns Anwend- getaucht waren. Das hat mich besorgt das ausgerechnet in der Linken und bare. Dennoch wäre ich beinahe nicht gestimmt, denn dieser Zusammen- für die Linke, für ihre Veränderung gekommen ... schluss ist eine wunderbare Sache für geschieht. So wird sie wesentlich bes- Europa und seine Linke. ser in der Lage sein, die herrschende Warum das? Jetzt bin ich ungeheuer beeindruckt Politik herauszufordern. Mir ging es gesundheitlich nicht gut, von den Emotionen, von der Leiden- so dass ich eigentlich absagen wollte. schaft, die ich hier erlebe, und von den Welche Aussichten gibst du der neuen Aber Jilani, mein 13jähriger Sohn, hat Zielen, die dieser Parteitag gestellt hat. LINKEN? mir zugeredet. Nun bin ich sehr froh, Die Arbeit an dem Projekt geht weiter; Ich kenne die konkreten Probleme dass ich den Gründungsparteitag direkt aber es hat bereits das Vertrauen eines nicht so gut, aber ich kann mir aus mei- hier erlebe. Es ist wirklich ein großes großen Teils der deutschen Linken ner Erfahrung vorstellen, wie schwierig Erlebnis, ich bin rundum begeistert. gewonnen. Es bringt eine Veränderung, es ist, so unterschiedliche Traditionen Deswegen habe ich mich schon ges- die wir in Europa dringend brauchen. und Positionen zusammenzubringen. tern, als ich Jilani anrief, für sein Zure- Die Einigung der Linken ist äußerst Aber es ist der Mühe wert. Eine große den bedankt. wichtig, damit wir einen größeren pro- Massenpartei der Linken, die die arbei- grammatischen und praktischen Bei- tenden Menschen vertritt, kann nur ■ ■ Francisco Louçan, Vorsitzender trag zur Entwicklung einer neuen, wirk- entstehen, wenn die verschiedenen des Linksblocks (BE – Portugal) sameren Politik gegen den Neolibera- Ströme zusammenkommen. So ist die Ist das Vorhaben von Linkspartei.PDS lismus leisten können. Lage nun einmal. Das wird riskant und und WASG, sich zu vereinigen, in Por- Mir ist klar, dass ich hier ein his- schwierig, und ihr werdet viel Geduld tugal bekannt? torisches Ereignis erlebe. Dies ist die und politische Weisheit brauchen, um

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 042 es zu packen. Aber es ist der einzige ganz anderen Umständen und Voraus- die gleichen Probleme in Indien, wie Weg, der nach vorn führt. setzungen. Es ist dringend notwendig, sie der gescheiterte Neoliberalismus dass sich die kommunistische Bewe- überall auf der Welt hervorbringt. Wir Wie geht es dem Linksblock und der gung Indiens wiedervereinigt (seit 1963 müssen die Regierung immer wieder in Linken in Portugal? bestehen zwei kommunistische Par- Richtung des Gemeinsamen Minimal- Der Linksblock ist vor acht Jahren ent- teien – H. E.), damit eine einheitliche programms drängen. standen. Das ist nicht ganz so gelaufen, linke Kraft entsteht. Das kann nur auf Erreicht haben wir zum Beispiel ein wie jetzt bei euch in Deutschland, aber einer sehr pragmatischen Grundlage Gesetz für Beschäftigungsgarantien, Ähnlichkeiten sehe ich schon. Unsere geschehen, die für alle Seiten akzepta- nach dem 100-Tage-Jobs für arbeits- Partei ist ein Zusammenschluss von bel ist. Natürlich laufen diese Debatten lose Jugendliche geschaffen werden. drei verschiedenen Strömungen sowie bei uns noch auf einer anderen Ebene Wir arbeiten daran, Verlängerungen einer Reihe Gewerkschafter und Intel- und in anderen Zeiträumen. Aber ich durchzusetzen. lektueller, die vorher keiner dieser hoffe sehr, dass euer Parteitag und was Organisationen angehört hatten. Dazu von ihm ausgeht uns auch bei unseren Wie steht die Kommunistische Par- kamen Teile der sozialen Bewegungen. Bemühungen weiterbringt. tei Indiens zur indischen Atombewaff- Was wir schaffen wollten, sollte eine nung? ganz neue politische Kraft sein. Am Welche Aufgaben stehen vor der Als Kommunisten sind wir natürlich für Anfang war der Linksblock klein, wir indischen Linken gegenwärtig? Abrüstung als wichtige Voraussetzung hatten nur zwei Abgeordnete im Par- Du weißt sicher, dass die indische Linke für den Frieden. Wir sind grundsätzlich lament. Gegenwärtig geben uns die die von der Kongresspartei geführte gegen Atomwaffen, zumal in einer so Umfragen sieben bis neun Prozent. Koalitionsregierung der Vereinigten konfl iktgeladenen Region wie Südasien. Wir wachsen und können uns heute Progressiven Allianz von außen unter- Wir sind auch strikt gegen die atomare schon mit größerem Recht als eine Par- stützt (vergleichbar dem Tolerierungs- Zusammenarbeit Indiens mit den USA. tei bezeichnen, die die Arbeiter, die modell – H. E.). Die Regierung ist von Aber wir übersehen nicht, dass bereits Jugend, die sozialen Bewegungen, ins- dieser Unterstützung abhängig. Die mehrere Mächte in unserer Umgebung besondere die Antiglobalisierungsbe- Linke hat insgesamt 61 Abgeordnete in Atomwaffen besitzen – Pakistan, China, wegung, vertritt. der Lok Sabha. Russland ... Die Frage der indischen Der Linksblock hat das Ziel, die Aus der Debatte darüber, wie diese Atomwaffen kann also nur im Kom- Kräfte der Linken zu sammeln, um Unterstützung erfolgen soll, ist eine plex gelöst werden. Deshalb treten wir eine neue Offensive gegen die soge- Vereinbarung entstanden, die Gemein- für eine atomwaffenfreie Zone in ganz nannte politische Mitte zu starten, die sames Minimalprogramm genannt Südasien ein. Diese Forderung stellen die Regierungen und die Politik in ganz wurde. Zunächst hatte es den Anschein, wir schon lange, und an ihr halten wir Europa beherrscht, die den Sozialab- dass die Regierung sich daran hält. auch weiterhin fest. bau vorantreibt, die Löhne drückt, die Aber mit der Zeit ist sie mehr und mehr junge Menschen zwingen will, sich mit auf einen neoliberalen wirtschaftspoli- Interviews: Helmut Ettinger, ihrer prekären Situation abzufinden tischen Kurs eingeschwenkt. Der schafft Tanja Behrend – eine Offensive gegen all die Verän- derungen, die die Demokratie und das gesamte Leben der Gesellschaft schwer beeinträchtigen, wie es auf eurem Par- teitag so klar gesagt worden ist.

■ ■ Pallab Sengupta, Internationa- ler Sekretär der Kommunistischen Partei Indiens Welchen Eindruck hast du von dem Vor- haben, zwei linke Parteien in Deutsch- land zu vereinigen? Ich denke, das ist eine sehr gute Sache, schließlich geht es um die Einheit der Linken. Die Frage selbst ist von großem politischem Gewicht für jede Bewe- gung. Ich habe mich im Vorfeld etwas intensiver mit euren Dokumenten, vor allem den »Eckpunkten«, befasst und bin sehr beeindruckt. Die zeigen klar, worum es bei dem ganzen Vorhaben geht. Dort ist schon eine solide Basis geschaffen, um die verschiedenen Teile der Linken zusammenzuführen. Das hat Bedeutung nicht nur für Deutsch- land. Ich bin sicher, dass eure Erfah- rungen für die Linke in vielen Ländern der Erde von Nutzen sein werden. Auch wir in Indien debattieren dar- über, wie man zu einer Einheit der Lin-

ken kommen kann – natürlich unter © Erich Wehnert

43 0 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG … UND DEUTSCHLAND HAT EINE NEUE PARTEI – BLICK IN DIE MEDIEN

■ ■ Man muss von der neuen Linken ■ ■ Die Linke – nomen est omen?! Größer hätte der Widerspruch gar nicht nicht viel halten. Aber dass sie ihre Der Name ein Programm? Gewiss doch sein können: Hier der doch sehr höl- Existenz der Schröderschen Agenda- – denn schon am Namen wird deutlich, zern wirkende Lothar Bisky, der seine Wende verdankt, kann niemand die neue Partei ist die Partei der Anma- Reden verliest. Hinterher tröpfelte bei bestreiten. Dass sie im Namen der ßung. Die Linke: was bisher ein Sam- ihm der Beifall auf dem Berliner Verei- sozial Abgehängten alte sozialdemo- melbegriff für ein politisches Spektrum nigungsparteitag von WASG und PDS kratische Werte vertritt, muss auch zur war, wurde von PDS und WASG einfach nur matt dahin. Da ein Oskar Lafon- Kenntnis nehmen, wer diese Werte für per Namensrecht okkupiert. Ein zuge- taine in rednerischer Bestform, einer, nicht mehr zeitgemäß hält. Und dass geben unscharfer Begriff, der aber dem der die Verführung der Parteigänger sie den Benachteiligten einen Artikula- einzelnen ermöglicht, sich über Par- und die Vorführung der Parteigegner tionsraum innerhalb des Systems gibt, teigrenzen hinweg im politischen Dis- durchs gesprochene Wort meisterhaft das sie verändern will, ist ihr größtes, kurs zu verorten oder eingeordnet zu beherrscht. vielleicht einziges Verdienst. Wer einst werden. Jeder, der sich oder andere Der interessanteste Aspekt des Verei- dem »Genossen der Bosse« zujubelte, als Linke bezeichnet, muss nun gege- nigungsparteitags trat allerdings nur sollte sich nicht wundern, wenn er benenfalls hinzufügen, dass er damit verdeckt zutage. Ein neuer Oskar hat samstags aufwacht und Deutschland nicht die Angehörigen dieser Partei sich jetzt in Berlin präsentiert. Einer, hat eine neue Partei. meint. Diese Monopolisierung mag der in seiner Rede jede persönliche , Stephan Hebel, unter Marketinggesichtspunkten genial Attacke auf die SPD mied. Einer, der 15. Juni sein, aber sie ist unerträglich anma- keinerlei persönliche Rachsucht an ßend. Begriffe können sich nicht weh- den Genossen von einst erkennen ließ. ■ ■ Dieser 16. Juni wird in die Partei- ren, Verstorbene auch nicht – und so (...) Die neue Strategie ist klar. Die Zeit engeschichte dieses Landes eingehen. muss Willy Brandt erdulden, dass Bisky der rigorosen, auch persönlich verlet- Es ist der größte Umbruch in der Par- und Lafontaine heute wieder erklärten, zenden Abgrenzung zur SPD ist vorbei. teienlandschaft seit dem Auftauchen er stünde in der Traditionslinie ihrer Sie wurde gebraucht, um die notwen- der Grünen – damals noch in der alten neuen Partei. Das ist anmaßend hoch dige Geschlossenheit der neuen Partei Bundesrepublik. zwei. (...) zu erreichen. Aber man darf darauf wet- ard-tagesthemen.de, 16. Juni Bei aller Anmaßung kann man ande- ten: Lafontaine hat jetzt die Mehrheit rerseits verstehen, dass die führenden links der Mitte als Koalition ins Visier ■ ■ Ob das auch an der neuen Lin- Genossen heute vor Selbstbewusst- genommen. Und dazu gehören poli- ken liegt? In den letzten Tagen haben sein zu platzen scheinen. Das ist nun tische Entspannungssignale in Rich- sich über der Hauptstadt immer wieder auch kein Wunder, wenn man in die tung SPD. schwere Gewitter entladen. Und wenn Zeitungen guckt ... Stern online, Hans Peter Schütz, 16. Juni es nach der – zu linken Hoffnungsträ- Es sind wohl eher die SPD und ihr gern mutierten – Altherrenriege Bisky, Erscheinungsbild sowie das der Großen ■ ■ Die neue Linke – in aktuellen Gysi und Lafontaine geht, dann soll die Koalition, die für den Erfolg der Linken Umfragen liegt sie schon bei zwölf Pro- Nachricht von der offi ziellen Parteigrün- bestimmend sind, als deren eigene zent. Und das Potenzial der Lafontaine- dung im politischen Berlin wie ein Blitz Performance. Den Sozialdemokraten Partei ist noch viel größer. Eine Forsa- einschlagen und vor allem den Sozi- und auch den Grünen, in deren Reihen Studie im Auftrag von BILD am Sonn- aldemokraten wie Donnerhall in den die Linken zunehmend wildern wollen, tag zum Gründungsparteitag ergab: 24 Ohren klingen. »Wir sind gekommen, bleibt nur die politische Auseinander- Prozent der Deutschen können sich um zu bleiben« – das ist eine offene setzung an Stelle der bisher gepfl egten vorstellen, bei Bundestagswahlen für Kampfansage an die Adresse der SPD. Ignoranz, Beschimpfung oder Dämoni- die Linkspartei zu stimmen! Die Achse der Politik nach links zu ver- sierung. In den neuen Bundesländern hat die schieben ist das erklärte Ziel. (...) Deutschlandfunk, Günter Hellmich, Linke, die aus der ostdeutschen PDS Allerdings: Einen Parteitag in Euphorie 16. Juni und der westdeutschen Wahlalterna- zu reden ist das eine, den Schwung des tive Arbeit und Soziale Gerechtigkeit Aufbruchs in den Alltag mitzunehmen ■ ■ Kampfansage an die Sozialde- hervorgegangen ist, sogar ein Wähler- etwas völlig anderes. Die Programmde- mokraten: Die neue Linke gibt sich potenzial von 44 Prozent. In den alten batte steht erst am Anfang. (...) auf ihrem Gründungsparteitag als die Ländern beträgt die grundsätzliche Wenn es für Union und FDP bei einer der bessere SPD. Der gewichtigste Verfech- Zustimmung immerhin 19 Prozent. (...) nächsten Bundestagswahlen wieder ter dieser Linie ist ausgerechnet der Allerdings: Die Linke soll Deutschland nicht für eine Mehrheit reicht und sich frühere SPD-Chef Oskar Lafontaine. nicht regieren, fi ndet eine große Mehr- stattdessen die Chance für ein linkes Spiegel online, Björn Hengst, 16. Juni heit der Befragten. Bündnis ergibt, wird sich zeigen, ob die Bild am Sonntag, Jochen Gaugele und heiligen Schwüre der SPD-Führung wirk- ■ ■ Die SPD ist gut beraten, wenn sie Bernhard Kellner, 16. Juni lich halten. Die Prognose lautet: Spätes- DIE LINKE nicht länger als Phänomen tens 2013 halten sie nicht mehr. abtut. Mit Lafontaine und Co. muss sie ■ ■ Ein Verdienst muss man der Lin- tagesschau, Stephan Überbach, 16. Juni sich auf Dauer arrangieren. ken aber lassen: In ihr können sich

GRÜNDUNGSPARTEITAG DISPUT Juni 2007 044 all jene versammeln und artikulieren, zent der Wählerstimmen taugt – so hat- der PDS ermöglicht, was ihr seit 1990 in die durch die Globalisierung und die ten es die Strategen beider Lager kon- Wahlen regelmäßig misslang: die West- notwendige Modernisierung unserer zipiert. Und als politischer Katalysator Ausdehnung. So, wie Lafontaine und Gesellschaft überfordert sind. Gäbe es diente die von Gerhard Schröder ent- die WASG in den vergangenen zwei die Linke nicht, würden sie gar nicht worfene Agenda 2010 mit ihren Hartz- Jahren aufgetreten sind, kann man sich mehr wählen oder ihre Unzufrieden- Zumutungen. (...) vielleicht fi ndet sich durchaus die ersten Jahre der »Linken« heit zum Teil sogar bei den Rechten im Fundus des Karl-Liebknecht-Hauses vorstellen: als Verbindung von Leuten, ausleben. ja noch eine alte DDR-Verdienstme- die nicht verwunden haben, dass ihr Financial Times Deutschland, 16. Juni daille, mit der Lafontaine seinem ein- Paradies – Westdeutschland vor dem stigen Parteifreund Schröder danken Mauerfall – ebenso unwiederbringlich ■ ■ Kurz: Der Linken geht es bestens könnte. untergegangen ist wie die DDR. als Protestpartei. Sie kann nur hoffen, Saarbrücker Zeitung, Stefan Vetter, FAZ, Mechthild Küpper, 18. Juni dass sie nicht allzu oft mitregieren 18. Juni muss. (...) Doch eine Regierungsbeteili- ■ ■ »Misch dich ein, sage Nein«, singt gung muss die Linkspartei vorerst nicht ■ ■ Die neue LINKE hat, kulturell und Konstantin Wecker danach. Es klingt fürchten. Die SPD ist dumm genug, intellektuell, wenig Mitreißendes. Trotz- wie die Überschrift für das noch feh- jede Koalition auf Bundesebene aus- dem ist sie nötig für die Demokratie. lende Parteiprogramm. zuschließen. Damit verschafft sie den Sie bindet Frustrierte, die ansonsten Thüringer Allgemeine, Falk Heunemann, Linken die absolute Deutungshoheit, nach rechts abdriften könnten. Und sie 18. Juni was links ist in einem Land, in dem die hat mit dafür gesorgt, dass die Zeit der Mitte nach links rückt. Die Sozialdemo- Sachzwanglogik in sozialen Kernfragen ■ ■ Ein brillanter, gerissener Auftritt kraten hingegen scheinen zu glauben, vorbei ist. Es gibt wieder Alternativen: des neuen Parteichefs: Wäre Schar- ihr Boykott sei bedrohlich für die Linke. hier den sozial tauben FDP-Individua- ping da gewesen, hätte Lafontaine ihn Was für ein Missverständnis. lismus, dort die auf Sozialstaat gepolte erneut gestürzt. taz, Ulrike Herrmann, 16. Juni LINKE. Und die Zukunft? Im Moment taz, Jens König, 18. Juni scheinen die Aussichten der LINKEN ■ ■ Fast unbemerkt von den anderen glänzend. (...) ■ ■ Über 300 Eintritte für diesen Tag Parteien, hat sich die Linke als poli- Mit der WASG strömen viele ent- verkündet Oskar Lafontaine in seinem tische Kraft etabliert. War die PDS der täuschte Ex-SPDler in die Partei, die Schlusswort kurz vor der »Internatio- Nachwendezeit eine typische Zeitgeist- mit Realpolitik nicht viel am Hut haben nalhymne«. Nun gibt es kein Zurück erscheinung, so hat sie sich in den und für die der stets wirkungsmäch- mehr, der Äquator liegt achtern. Und vergangenen Jahren immer mehr von tige, nicht immer kluge Oskar Lafon- weiter geht es, einmal den Meridian ihrem Ostalgie-Profil entfernt. Zeit- taine spricht. Sie treffen auf eine har- entlang, auf einer Route, die eigentlich gleich hat sich die WASG von einer bun- moniesüchtige PDS, für die der stets als überhaupt nicht schiffbar gilt. ten Truppe aus frustrierten Sozialdemo- kluge, doch selten wirksame Lothar Neues Deutschland, Uwe Kalbe, 18. Juni kraten und Gewerkschaftern zu einer Bisky steht. Die Partei sieht sich nun Bewegung mit klaren, radikalen Posi- erstmals vor scharfen inneren Kontro- tionen gewandelt. Zusammen ergibt versen. 16.37 Uhr! dies eine Mischung, die nicht nur der Denn der Streit, ob sich die LINKE in SPD gefährlich werden könnte. Richtung Rot-Rot-Grün bewegt oder ■ ■ … als gegen 16 Uhr die Linke bei Berliner Morgenpost, Miriam Hollstein, in verbitterter Rechthaberei endet, ist nur zwei Gegenstimmen gegründet ist. 17. Juni unvermeidlich. Dabei wird es krachen. Stuttgarter Nachrichten Der Reformfl ügel der alten PDS sollte ■ ■ Um 16.25 Uhr fällt am Samstag ■ ■ Die Linkspartei, ein Sammelbe- sich warm anziehen. Seine Ausdauer der Gründungsbeschluss. cken von Wiedervereinigungs- und und Klugheit werden entscheiden, ob Neue Ruhr-Zeitung Globalisierungsverlierern, DDR-Nostal- der LINKEN der Rückfall ins Sektierer- ■ ■ Um 16.35 Uhr hat es die Linke gikern und Sozialstaats-Romantikern, tum erspart bleibt. endlich geschafft. ist für ihren Chef nur eine Plattform, um taz, Stefan Reinecke, 17. Juni tagesschau.de seinen destruktiven Ehrgeiz ausleben ■ ■ Um 16.36 Uhr steht die neue Par- zu können. ■ ■ Wenn Gysi und Bisky eine Gruppe tei. General-Anzeiger Möge die Weisheit der Wähler verhin- Ostdeutscher in die Einheit führten, so ■ ■ 16.37 Uhr ist die Äquatortaufe dern, dass Oskar Lafontaine jemals führte der ehemalige SPD-Vorsitzende vollzogen. Neues Deutschland wieder ein Staatsamt bekommt! Lafontaine eine Gruppe enttäuschter ■ ■ Es ist Samstag, der 16. Juni, 16.40 Bild am Sonntag, Helmut Böger, 17. Juni Sozialdemokraten und Gewerkschaft- Uhr. Deutschland hat eine neue Partei. ler in die Spaltung. Was die neue Par- Märkische Allgemeine Eine Ost-Linke mit soliden Strukturen tei für das deutsche Parteiensystem ■ ■ 16.52 Uhr: In Deutschland gibt es und ein Zugpferd von der Saar, das bedeuten wird, ist nicht seriös vorher- eine neue linke Partei. auch im Westen für mehr als fünf Pro- zusagen. Einstweilen hat Lafontaine tagesspiegel.de

45 0 DISPUT Juni 2007 GRÜNDUNGSPARTEITAG LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 046 3. TAGUNG DES 10. PARTEITAGES DER LINKSPARTEI.PDS 15. JUNI 2007 BERLIN ►

Rückblick und Ausblick. Von kurz nach 10 bis 22.32 Uhr dauerte am 15. Juni der allerletzte Parteitag der PDS. Neben Reden und stundenlangen Wahlen für den Linkspartei-Vorschlag zur Wahl der ersten Gremien für die Partei DIE LINKE hatte Gregor Gysi, der erste PDS-Vorsit- zende, das letzte Wort in der Geschichte dieser Partei. Danach schritten Hand- werker zur Tat: Sie beseitigten in einer Nachtschicht die Wände zwischen den beiden Parteitagssälen und bauten das neue Bühnenbild, damit am 16. Juni in der Früh alles startklar sein konnte für den Gründungsparteitag.

Viel Applaus gab es insbesondere ) 3 für Hans Modrow, Lothar Bisky und Schlussredner

© Erich © Erich Wehnert ( Gregor Gysi.

470 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS Offenheit für neue Erfahrungen Rede von Klaus Lederer, Landesvorsitzender der Linkspartei.PDS Berlin, zur Begrüßung der 3. Tagung des 10. Parteitages der Linkspartei.PDS am 15. Juni in Berlin

Guten Morgen, liebe Genossinnen darum, dass wir uns unsere Solidarität und Genossen! Ich möchte euch herz- bewahren, im Miteinander und in die lich willkommen heißen hier in Berlin. Gesellschaft. Ja, wir bilden eine neue Etwas wehmütig ist mir schon zumute, Linke, und das wird uns völlig neue Per- wenn ich euch zu unserem nun wirk- spektiven eröffnen. Aber es war auch lich unwiderrufl ich letzten Parteitag der nicht alles schlecht in den letzten 17 Linkspartei, der PDS, begrüße. Jahren, und das wird man heute früh Euer gastgebender Landesverband hier an diesem Ort auch noch einmal freut sich, dass ihr hier bei uns seid! Wir sagen dürfen – ja müssen! Das sollten nehmen dies auch als Rückenwind für wir auch nicht vergessen. unsere politische Arbeit hier in Berlin. Zu linker Politik in Berlin gehört, das Ob bei der Unterstützung der Streiks ist nicht neu, auch Parlaments- und bei Telekom und Bundesdruckerei, Regierungsarbeit. Ihr seid zu Gast bei bei der Fahrt mit 18 Bussen zur inter- einem in besonderer Weise lernenden nationalen Großdemonstration nach Landesverband. Wir lernen, wie es Rostock oder beim Kampf um einen gelingt, verschiedene Elemente gesell- gesetzlichen Mindestlohn haben wir schaftlicher Veränderung und Bewe- Solidarität in einem neuen Maße emp- Stück ... Das ist der richtige Weg, liebe gung miteinander zu verbinden. Wir funden und auch geben können. Oder Genossinnen und Genossen! Soziale wollen uns nicht auf das Regieren redu- bei der Wahlhilfe in Bremen – noch Politik und Solidarität sind miteinander zieren lassen, aber es ist wahr: Neben mal Glückwunsch, liebe Bremerinnen untrennbar verbunden – lasst uns die unseren Aktivitäten in Bussen und auf und Bremer! Das war schon ein starkes Wehmut heute gut ertragen im Wissen Straßen müssen wir uns sehr konkret

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 048 um die Perspektiven dieser Stadt küm- Stadt zu stabilisieren und zu sichern. Fehlern und Erfolgen. Lasst uns in mern! Bei Krankenhäusern und Stadtreini- einen demokratisch-sozialistischen Und wir tun es, indem wir 1.300 gung zeigen sich inzwischen erste Wettbewerb eintreten, um die Erfolgs- Menschen in eine für sie selbst wie für Ergebnisse der Arbeit aus den vergan- quote zu steigern! die Stadt sinnvolle, existenzsichernde genen Jahren. Bei anderen Unterneh- Liebe Genossinnen und Genossen, Arbeit bringen. Nicht – und das ist das men, wie der BVG und den Wohnungs- Berlin hat sich in den letzten Jahren Entscheidende – indem wir im Teu- baugesellschaften, bleibt noch viel zu sehr verändert. Der Mief des Kalten felskreis von Langzeitarbeitslosigkeit, tun. Aber auch hier können Menschen Krieges ist verfl ogen, stattdessen sind Vereinzelung und Stigmatisierung den erfahren, dass öffentliche Infrastruktu- Weltoffenheit, Vielfalt und Lebendig- äußeren Druck erhöhen, sondern nach ren ihren direkten Nutzen haben. Dafür keit eingezogen. Unsere Stadt ist ein einer anderen Logik. Mit unserer AV arbeiten wir hier. Destillat vielfältigster Kulturen. Ver- Wohnen kämpfen wir gegen Zwangs- Der Berliner Landesverband hat sich sucht die Zeit auch außerhalb dieser umzüge. Unser Rechnungshof hält das für die Zeit in der neuen Linken viel Halle ein wenig für eure Erbauung zu für Geldverschwendung. Ich meine: vorgenommen. Hinter uns liegen eine nutzen, ihr könnt es rund um die Uhr Das ist eine politische Entscheidung, Wahlniederlage und die Niederlage tun! Unser Parteitagswochenende da sollte sich der Rechnungshof her- in Karlsruhe. Das hat uns aufge- ist ja ein kurzes. Bleibt bis Sonntag, aushalten. rüttelt und uns gezwungen, uns selbst schaut in die Neue Nationalgalerie Wir tun es, indem wir die überkom- in Frage zu stellen. Wir haben vielleicht nach den französischen Impressionis- menen Formen der Schulbildung in auch ein Quäntchen Selbstsicherheit ten! Wenn es überhaupt nicht anders Frage stellen. 27 Schulen haben sich verloren, welches wir zuviel hatten. geht, besucht Knut, den Eisbären! Oder bei unserem Modellprojekt für längeres, Das Nachdenken wird mit dem heu- kommt mal am Nollendorfplatz beim gemeinsames, aktives Lernen bewor- tigen Tag nicht vorbei sein. Dass wir lesbisch-schwulen Stadtfest vorbei! Wir ben. Es geht nicht darum, ob wir von außerordentlich gefordert sind, jede können uns dort gern auch am Stand oben ein Modell anordnen, sondern ob und jeder Einzelne, ändert sich auch der Linkspartei noch ein bisschen über wir eine gesellschaftliche Debatte über morgen nicht. Aber wir tun es gemein- sozialistische Politik in Berlin unterhal- die soziale Ungerechtigkeit des geglie- sam mit euch, und wir werden uns auch ten oder einfach mit einem Glas Sekt derten Schulsystems losgetreten krie- in der neuen Partei nicht für unsere anstoßen – auf ein dann hoffentlich gen – und vor allem gewinnen können! Existenz entschuldigen. Wir brauchen gelungenes Wochenende, auf einen Damit wir nachhaltig verändern. die Offenheit für neue Erfahrungen, guten, neuen Start. Auf geht es! Wir tun es, in dem wir dafür eintre- und wir müssen offensiv nach ihnen Eines noch zum Thema Berliner Poli- ten, die öffentlichen Infrastrukturen der suchen, wir werden daran lernen, mit tik. Gute Tradition auf unseren Partei-

In einem Saal des Estrel Convention Center in Berlin-Neukölln kam die Linkspartei zu ihrem letzten Parteitag zusammen, im Nachbar- saal die WASG.

tagen ist es, dass die Bürgermeisterin, der Bürgermeister der gastgebenden Stadt einige Worte an die Delegierten richtet. Nun bin ich erkennbar weder der Regierende noch einer der beiden anderen Bürgermeister. Harald Wolf kann aber jetzt genauso wenig hier sein, wie es Heidi Knake-Werner und Katrin Lompscher sein können. Ich soll euch ihre herzlichen Grüße ausrich- ten! Sie befi nden sich in einer außer- ordentlichen Senatssitzung, in der die Entscheidung über den Verkauf der Landesbank Berlin getroffen wird. Das Ergebnis: Berlins Sparkasse wird in der Trägerschaft der Sparkassen blei- ben. Nun ist die Frage, was auf diesem Wochenendereignis das i-Tüpfelchen bildet: der Parteitag oder das gelun- gene Ergebnis von anderthalb Jahren Arbeit in dieser Sache. ) 2 Ich wünsche uns und euch einen erfolgreichen Parteitag und ein wun- derschönes, warmes Wochenende in

© Erich © Erich Wehnert ( unserer Stadt Berlin!

490 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS Eine große politische Entscheidung Rede von Hans Modrow, Ehrenvorsitzender der Linkspartei.PDS, zur Eröffnung der 3. Tagung des 10. Parteitages der Linkspartei.PDS am 15. Juni in Berlin

Liebe Delegierte, liebe Freunde und Wir, die Mitglieder, haben uns in Genossen, gestattet zunächst, dass demokratischer Weise in der Linkspar- ich einen Gruß an die große Zahl der tei.PDS und der WASG – in einer Urab- Gäste richte, die an diesem Parteitag stimmung über den Verschmelzungs- teilnehmen. Wie wir wissen, werden vertrag – in beiden Parteien in großer es morgen noch viel mehr sein. Begrü- und in notwendiger Mehrheit für eine ßen möchte ich Heinrich Fink für die Vereinigung der beiden Parteien ent- Vereinigung der Verfolgten des Nazi- schieden. Manches klang dabei juris- regimes und Bund der Antifaschisten, tisch-administrativ, was uns jedoch Siegfried Mechler für die Ostdeutschen dabei bewegte und Ansporn gab, ist Verbände, er ist der Vorsitzende ihres eine große politische Entscheidung, Kuratoriums. Alfred Hrdlicka haben wir die wir gemeinsam getroffen haben. bereits ganz herzlich in unserer Mitte Gewiss, wir wollten schon etwas begrüßen können. mehr erreichen, als bisher erreicht wer-

Ich glaube, es ist uns eine beson- © Erich Wehnert den konnte. Es sollte ein beachtliches dere Freude, dass zahlreiche Gäste Plus über 1 + 1 entstehen. Es ging und aus dem Ausland zu uns nach Ber- geht darum, dass neue Beziehungen lin gekommen sind. Es sind Vertrete- möchte. Als Karl Liebknecht in der Frage zu Gewerkschaften und sozialen Bewe- rinnen und Vertreter von 73 Parteien von Krieg oder Frieden 1914 im Reichs- gungen wachsen. Auf eine Fraktion der und Organisationen aus 50 Ländern tag gegen die Kriegskredite stimmte, Linken in einem Landtag der alten BRD von vier Kontinenten. Es ist daher nicht begannen sich die Geister zu scheiden, war unser Streben gerichtet. Am 13. Mai möglich, sie alle persönlich zu begrü- was bis zur Spaltung der deutschen Lin- 2007 haben wir das in Bremen erfolg- ßen. Auch die Namen der Parteien, die ken nach dem Ersten Weltkrieg führte. reich erreicht. Ein wichtiger Schritt. am Parteitag teilnehmen, könnt ihr im Als es galt, die Macht des Faschismus Ihm können weitere in anderen Bun- Vorraum lesen. Informationen von wei- und auch einen neuen Weltkrieg zu ver- desländern folgen – darunter solchen teren Gästen, die noch kommen, wer- hindern, war die Spaltung noch so tief, mit großen Flächen und hohen Bevöl- den in Regelmäßigkeit aktualisiert. Per- dass ein Erfolg nicht zu erreichen war. kerungszahlen. Voraussetzung dafür sönliche Grüße möchte ich an Francis Den Sieg über den Faschismus muss- ist, dass wir als Hauptursache des Wurtz richten, den Vorsitzenden der ten die Alliierten und insbesondere die Erfolgs in Bremen erkennen: Die ein- Fraktion der Vereinten Europäischen Sowjetunion erkämpfen. deutig an den sozialen Interessen der Linken im Europäischen Parlament. Sozialdemokraten, christliche Sozi- Bürgerinnen und Bürger orientierten Eine Bitte an unsere ausländischen alisten und besonders Kommunisten politischen Aussagen, die die zur Wahl Gäste: Nehmt von hier auch herzliche trugen damals Gegensätze aus, aber angetretenen Kandidatinnen und Kan- Grüße der Solidarität mit in eure Hei- sie kämpften nach der Errichtung der didaten zum Ausdruck brachten, waren mat zurück! faschistischen Diktatur in Deutschland ihre Basis. Ich möchte auch Botschafterinnen gemeinsam, und viele gaben ihr Leben Der demokratische Widerstand und Botschafter aus Kuba, Bolivien, in diesem Kampf. Im Schaffen neuer gegen den G8-Gipfel in Heiligen- Ecuador, Venezuela, Belorussland und gesellschaftlicher Verhältnisse nach damm hat die linken politischen Kräfte auch weiterer Vertretungen herzlich der Niederschlagung der Nazidiktatur Deutschlands in die europaweiten begrüßen. wuchsen und bewährten sich Sozialis- Gegenkräfte eingereiht. Ein weiter Weg liegt hinter uns, und tinnen und Sozialisten. Die LINKE. im Deutschen Bundestag, eine neue geschichtliche Herausfor- Bitter sind und bleiben Deformati- die zum auslösenden Faktor unserer derung steht uns bevor. Wann dieser onen des Sozialismus im Widerspruch Vereinigung wurde, fi ndet Gehör und Weg begonnen hat, welche Probleme zwischen Idee und Praxis, wie sie mit Zustimmung. Sie setzt Zeichen für und Konfl ikte es dabei gab, was Erfolg dem autoritären Regime unter Stalin unser Eintreten und parlamentarisches oder Misserfolg, Sieg oder Niederlage in der Sowjetunion und den Auswir- Kämpfen für soziale Gerechtigkeit, für war, bleibt noch umstritten. Für mich kungen in anderen Ländern verbunden Frieden, für Solidarität, für gesellschaft- beginnt dieser Weg mit dem »Kommu- waren. lichen Wandel. nistischen Manifest«. Über anderthalb Die deutsche Linke, die sich nun Nun habe ich in den letzten Wochen Jahrhunderte bleibt es die Geburtsur- konstituieren will, kann die Existenz oft gehört: »Was hast du eigentlich kunde der revolutionären Arbeiterbe- von zwei deutschen Nachkriegsstaa- erwartet? Du hast wohl noch Illusionen wegung auch in den Reihen der deut- ten weder ausblenden noch so, wie über das Erreichbare gehabt. Bleiben schen Sozialdemokratie von August allzu oft geschehen – dem neuen Zeit- wir doch auf dem Boden der Tatsachen, Bebel bis Karl Liebknecht und Rosa geist angepasst –, betrachten. Tut sie dann lassen sich Veränderungen bes- Luxemburg. es doch, wird sie einen beachtlichen ser erreichen. Über Sozialismus kann Es gibt zwei Ereignisse im 20. Jahr- politischen Schaden nehmen und für man natürlich viel reden, und er sollte hundert, auf die ich an dieser Stelle eine nachhaltige Entwicklung kaum auch nicht vergessen sein, worum es noch einmal besonders hinweisen tauglich sein. jetzt aber geht, sind doch die Sach-

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 050 zwänge, in denen wir uns bewegen.« für einige persönliche Worte gekom- wie in Lateinamerika – verbinden. Wer Die aufgezählten Sprüche ließen sich men. Ob es überhaupt möglich oder hinter diesen Ansprüchen bleibt, sollte fortsetzen. Auffällig ist, sie kommen sinnvoll ist, von Begründern der PDS sich nicht als »Erbe« betrachten und nicht von einer breiten Mitgliedschaft. zu sprechen, scheint mir zweifelhaft. besser nicht kandidieren. Der Plura- Eher drücken sie eine gewisse Genüg- Am Anfang waren viele dabei, ein Kern lismus muss bleiben. Beliebigkeit, die samkeit im Vertreten politischer Forde- ist geblieben, zu dem auch ich gehöre. uns immer – mal mehr, mal weniger rungen gegenüber den Herrschenden Manche sind von uns gegangen, und – begleitet hat, muss jedoch überwun- durch einen Teil unserer Funktionäre manche haben uns auch verlassen, den werden. Der Schritt vom Beliebigen und Mandatsträger aus. Ihren Lebens- weil sie sich mit ihren linken Überzeu- zum nicht mehr Glaubwürdigen ist sehr jahren nach zum Glück vielfach weit gungen oft nicht mehr in der Partei kurz, wie wir selber als Lehre erfahren vom Durchschnittsalter der Parteimit- aufgenommen und zugehörig fühlten. durften. glieder entfernt, sollten und könnten Nachdenklichkeit haben solche Ent- Die Reden zur neuen Partei werden sie eigentlich bei der Überwindung scheidungen leider nur selten ausge- morgen gehalten – heute sollte es uns solcher »Bescheidenheit« besonders löst. Die übergroße Mehrheit der PDS- noch einmal um das gehen, was wir entschlussfreudig sein, und sie sollten Mitglieder war eng mit der DDR ver- einbringen. Auch in der neuen Par- vorangehen. bunden und hat von hier den Weg ins tei DIE LINKE werden die Älteren die In der Zusammensetzung der Links- Leben genommen. Viele haben wie ich große Mehrheit ihrer Mitglieder sein. partei.PDS lag und liegt der viel dis- Verantwortung in ihr getragen und sind Ihre Lebens- und politischen Erfah- kutierte Anspruch an einen demokra- wie ich dafür abgestraft worden. Ihre rungen können der neuen Partei und tischen Sozialismus. Die große Mehr- Erfahrungen mit einem notwendig diffe- vor allem den jungen Mitgliedern in heit der Linkspartei.PDS hat ihn mit der renzierten Umgang mit der Geschichte unseren Reihen, ob sie sich im Hoch- Gründung der Partei beschlossen. Das sind oft nicht erfüllt worden. Verluste schulverband oder im Jugendverband war vor allem unser Grundkonsens. Sie an Vertrauen der Mitgliedschaft sowie zusammengeschlossen haben, noch trägt ihn bis heute mit. an Wählerstimmen haben nicht zuletzt immer dienlich sein. Der Rat jener, die Es gab in einer Partei eine Gruppe, auch darin ihre Ursachen. gegen den Faschismus gekämpft oder die zu den Enkeln erkoren wurde, als Es ist nicht meine Aufgabe, Worte ihre antifaschistische Überzeugung jener, dessen Enkel sie sein sollten, des Gedenkens für die einen oder Bit- noch heute wirkungsvoll vertreten, die noch lebte. Auch um zu prüfen, wie ten um neues Vertrauen an die ande- ihre kritischen Positionen zur DDR und weit zum Beispiel seinen Vorstellungen, ren zu richten. In dieser Verantwortung auch zu den mit Stalin verbundenen die er mit in das Programm der Sozial- stehen jene, die nun für ihre Person um Verbrechen begründet vortragen, die demokratie brachte, über demokra- Zustimmung bei den Wahlen werben. aber auch Erkenntnisse für die sozialen tischen Sozialismus gefolgt wird. Nun Wir stehen mit der Gründung der Auseinandersetzungen der Gegenwart hat sich im Wesentlichen ein jüngerer Partei schon in der Debatte um ihr Pro- einbringen, sollte unverzichtbar und Führungskreis der Linkspartei.PDS ent- gramm. Das enthebt den Gründungs- erhalten bleiben. Sie haben die Exis- schlossen, die Erbschaft eines demo- parteitag nicht von einer Aussage über tenz der PDS über mehr als andert- kratischen Sozialismus aufzunehmen Profi l und Charakter der neuen, linken, halb Jahrzehnt getragen, ganz sicher, und zu tragen. Eine Erbschaft kommt sozialistischen Partei. Ich kann dazu weil sie zu den nächsten Generationen von Erblassern, und diese haben der nur meinen Erwartungen Ausdruck ver- und ihrem Engagement für einen Sozi- Partei bei ihrer Gründung einen Namen leihen. alismus im 21. Jahrhundert großes Ver- gegeben, der für sie Programm war. Was Deutschland, das sagte ich, braucht trauen haben. Meine Bitte an die neue sie im ersten und zweiten Programm zu keine zweite Sozialdemokratie, auch Führung: Enttäuscht sie bitte nicht! Ich Krieg und Frieden, zur Geschichte der nicht mit dem Gedanken, die heute möchte allen danken, die mir vertraut Arbeiterbewegung und der DDR, zu noch immer existierende habe diesen haben und mit denen ich gemeinsam antikapitalistischen Gegenkräften und Platz schon frei gegeben. Die Europä- für Frieden, soziale Gerechtigkeit und demokratischem Sozialismus nieder- ische Linke braucht sie gleichfalls nicht, Sozialismus eingetreten bin und – ich gelegt haben, war mehr, als heute für wie die Entwicklungen in anderen Län- sage bewusst und mit Absicht – auch viele der Erben ein Anspruch ist. Ange- dern, besonders in unserem Nachbar- gemeinsam gekämpft habe. passte Geschichtsbilder gehören nicht land Frankreich, zeigen. Der neuen Partei DIE LINKE wünsche zum Erbe, weil sie von vielen Menschen Eine neue Linke muss einen neuen ich einen festen, dauerhaften, selbst- in der Partei und der Wählerschaft ver- Schritt in die Geschichte der deutschen bestimmten Platz in der Gesellschaft langen, die eigene Biografi e zu verbie- Arbeiterbewegung tun. Sie kann dabei mit sozialistischem Anspruch, der Ver- gen. nicht ohne Wurzeln in der revolutio- trauen und Zustimmung bei Mitglie- Noch hat DIE LINKE kein neues Pro- nären Geschichte von Sozialdemokra- dern, in sozialen Bewegungen und in gramm und ist herausgefordert, Profi l tie und Kommunisten, von Gewerk- einer breiten Wählerschaft fi ndet. Dem und Platz in der Gesellschaft zu bestim- schaften und sozialen Bewegungen letzten Parteitag der PDS viel Erfolg! men. Gerade darin liegt die Chance sein. Sie muss sich dem neoliberalen – nicht den Weg zu einer zweiten Sozi- Kurs von Politik und Gesellschaftsent- aldemokratie zu gehen, die in Deutsch- wicklung, egal von welcher Partei und land niemand braucht –, sondern die gesellschaftlichen Kräften vertreten, Eine gute Adresse: deutsche Linke muss eine sozialisti- im außerparlamentarischen und parla- DIE LINKE – Bundesgeschäftsstelle sche sein, die die neue soziale Idee mentarischen Kampf entgegenstellen. Karl-Liebknecht-Haus formuliert und in die sozialen Ausein- Sie muss ihren Antikapitalismus letzt- Kleine Alexanderstraße 28 andersetzungen trägt, die alternative endlich politisch austragen und mit 10178 Berlin Positionen zum Kapitalismus mit einer einer Sicht auf einen Sozialismus im Telefon: (030)24 009-0 sozialistischen Zukunftsidee zu verbin- 21. Jahrhundert – den wir nun begin- Telefax: (030) 24 110 46 den versteht. nen zu diskutieren, nicht nur hier in [email protected] Mir scheint, es ist nun auch die Zeit Europa, auch auf anderen Kontinenten,

51 0 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS Wir sind gekommen, um zu bleiben Rede von Lothar Bisky, Vorsitzender der Linkspartei.PDS, auf der 3. Tagung des 10. Parteitages der Linkspartei.PDS am 15. Juni

Genossinnen und Genossen, verehrte zwischen oppositionellem oder Regie- Gäste, Freundinnen und Freunde! rungs-Handeln zu versanden –, seine »Wir sind gekommen, um zu blei- Überlegungen dazu, habe ich so ver- ben« – das ist heute mein Leitmotiv standen: »Hören wir auf, unsere Kräfte nach dem erfolgreichen Bundestags- in den Debatten über die vielen denk- wahlkampf 2005, nach einer zweijäh- baren Linkskonstellationen zu verzet- rigen Parteineubildung für eine neue teln. Begründen wir endlich eine neue LINKE in Deutschland. Es ist wie ein linke Politik!« Genau dafür schaffen Motto für die 3. Tagung des 10. Partei- wir heute und morgen in Deutschland tages der Linkspartei.PDS, für den letz- wichtige Voraussetzungen. Ab morgen ten Parteitag unserer Partei: »Wir sind soll es auch amtlich heißen: Hier ist DIE gekommen, um zu bleiben«. Deshalb LINKE! sind schon heute zur Abschiedsfeier Liebe Genossinnen und Genos- einer Partei, der manche in der deut- sen, verehrte Gäste, das Vakuum zwi- schen Öffentlichkeit eineinhalb Jahr- schen Politik und Gesellschaft, von zehnte lieber das »Lied vom Tod« vor- dem Fausto Bertinotti spricht, hat spielten, viele gute Freundinnen und seine Grundlagen in den 80er Jah- Freunde und außergewöhnliche Gäste Gewalt schadet der kritischen Aus- ren, als internationale Konzerne ihre nach Berlin gekommen. Darüber freuen einandersetzung mit der Globalisie- Organisationen reformierten: Vom IWF wir uns, und ich begrüße alle ganz herz- rung. Ihre Legitimation ist so zweifelhaft bis 1995 zur WTO sind ihre mächtigen lich in Berlin. wie die Lösungskompetenz der G8. Die Interessenvertretungen längst glo- Morgen, zum Gründungsparteitag G8 haben das Motto »Wachstum und bale Institutionen geworden. Europa der Partei DIE LINKE, werden wir noch Verantwortung« gewählt. Es ist an uns, ist spät erwacht. Und Deutschland, in mehr Gäste begrüßen, darunter auch dass darunter zuerst, klar und deutlich dem die Regierenden sich so gern als Fausto Bertinotti, den Vorsitzenden ein Wachstum an Frieden, ein Wachs- Opfer internationaler Politik feiern, der Partei der Europäischen Linken. tum an Demokratie und Gerechtigkeit wurde in den vergangenen Jahren gar Er hat oft von einer neuen politischen verstanden werden wird. Wir stellen oft zum Vorreiter eines europäischen Kultur, von neuen politischen Sub- uns gegen die, die nur ein Wachstum Sozialdumpings. So wundert es nicht, jekten gesprochen, die das Vakuum in kennen: nämlich das Wachstum des dass die OECD erst vor wenigen Tagen der europäischen Politik wieder füllen Profi ts. Deshalb war es wichtig, dass Deutschland vor wachsender Altersar- müssen. Nun lässt sich treffl ich darü- der friedliche Protest so vielseitig war, mut warnt. Von allen 30 OECD-Ländern ber streiten, ob die Brüche zwischen dass Kulturleute mit ihrem Projekt »Art erhalten Geringverdienende in der Bun- Politik und Gesellschaft als Vakuum goes Heiligendamm« und viele andere desrepublik die kleinste Rente. Durch bezeichnet werden können oder nicht. Initiativen ihre Sichten eingebracht die sogenannten Rentenreformen seit Immerhin spürten wir die Lebendigkeit haben. Die Bundestagsfraktion DIE 1990 werden den künftigen Rentne- der Globalisierungskritik bei den Pro- LINKE. hatte in einer Anhörung Alter- rinnen und Rentnern 20 Prozent ihrer testen gegen den G8-Gipfel, auch beim nativen zur Diskussion gestellt. Viele Rente genommen. Dieser Rentenklau Evangelischen Kirchentag in Köln und haben in Rostock beim Gegengipfel die muss endlich beendet werden! an vielen anderen Orten weltweit. Auch Möglichkeit genutzt, sich zu informie- Inzwischen blasen CDU und SPD wir – Mitglieder aus der WASG und ren und sich zu verabreden, um im poli- zum nächsten Angriff auf das soziale der Linkspartei.PDS – haben uns mit tischen Engagement für eine gerechte Sicherungssystem, auf die Pfl egever- über zehntausend Mitgliedern an den Welt nicht nachzulassen, um erfolg- sicherung. Die Große Koalition plant Demonstrationen und am friedlichen reiche, gewaltfreie Strategien neu zu höhere Beiträge für die Beschäftigten. Protest beim G8-Gipfel beteiligt. Wir diskutieren. Für die Arbeitgeber bleibt fast alles waren gut zu erkennen! Dafür möchte Denn eines muss man festhalten: Am beim Alten. Von einer Art Riester-Pfl ege ich allen danken, die aus unseren Rei- Beginn des 21. Jahrhunderts beschäf- halte ich gar nichts. Wir brauchen auch hen dazu beigetragen haben! tigt uns die Tatsache, dass linke Poli- hier ein solidarisches Finanzierungs- Unsere Partei steht für gewaltfreien tik, ob aus Bewegungen oder Parteien, system, eine Versicherung, in die alle Protest. Ich möchte deshalb an 1989 aus einer lange währenden Defensive, Einkommen einzahlen. Und verges- erinnern. »Keine Gewalt« war damals aus einer empfindlichen Zersplitte- sen wir doch eines nicht: Pfl egerinnen das Motto, nicht nur auf der großen rung, vor allem in Europa kommt. So und Pfl eger arbeiten häufi g für Löhne, Demonstration am 4. November, an ist es nicht verwunderlich, dass Fausto die sie zu extrem hohen Überstunden der eine Million Menschen teilnahmen, Bertinotti in einem Interview im Feb- zwingen, weshalb viele von ihnen ihre sondern auch weit in das Jahr 1990 hin- ruar dieses Jahres eine Mahnung wie- Gesundheit ruinieren. Wir von den Lin- ein. Diese Tradition der Kultur des fried- derholte. Seine Überlegungen, wie die ken sagen: Die Pfl ege der Pfl egerinnen lichen Protestes aus dem Osten ist und Linken in Eu ropa zur kritischen Masse und Pfl eger darf bei sozialen Reformen, bleibt mir wichtig. Wir bringen sie mit in kommen, die die Kräfteverhältnisse bei der Frage, was unsere Gesundheit die neue Partei. wirklich ändern könnte – um nicht in Zukunft kostet und wie wir es soli-

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 052 darisch fi nanzieren, nicht vergessen grünen Steuerreform die Finanzämter Ein Jahr nach der Verkündung der werden! zu Auszahlstellen für die Telekom und Agenda 2010 gingen viele gegen Hartz Spätestens mit der Agenda 2010 andere Aktiengesellschaften. Heute IV und die neuen Arbeitsmarktre- wurde hierzulande eines deutlich: Der können sich die mehrfach und jetzt formen auf die Straße. Die sozialen Umbau des Sozialstaates durch Neo- erneut Beschenkten über die Unter- Ängste hatten längst die Mitte der konservative wie durch Sozialdemo- nehmenssteuerreform wieder freuen. Gesellschaft erreicht, machten Men- kraten ist in Zeiten der Globalisierung Und das hindert sie nicht, ihre Beschäf- schen erpressbar und mutlos. Kritische keine Reform-, sondern eine Abrisspo- tigten mit ihrer Standortlogik brutal zu Gewerkschafterinnen und Gewerk- litik! Die Agenda 2010, vorgeschlagen erpressen, siehe Telekom; abgesehen schafter gründeten mit anderen aus vom Kanzler Schröder, war über weite davon, dass die Standortlogik sich Bewegungen und Initiativen eine neue Strecken in trauter Einheit von allen häufi g als Standortlüge entpuppt. Dies Partei vor allem im Westen der Repu- Parteien beschlossen worden, die geschieht bei der Telekom auch noch blik, die sich eine andere Arbeitsmarkt- damals im Bundestag Verantwortung mit Rückenwind der Bundesregierung, und Beschäftigungspolitik und mehr hatten. Ich wiederhole es in aller Klar- die Aktienanteile von ungefähr einem soziale Gerechtigkeit auf die Fahnen heit: Die SPD, die Union, die FDP und Drittel hält, allerdings als Täterin uner- schrieb: Die WASG wurde gegründet. die Bündnisgrünen haben die Agenda kannt bleiben möchte und sich des- Wenn jetzt auch – was ich begrüße, um 2010 gemeinsam getragen und tragen halb im Gebüsch versteckt, während nicht missverstanden zu werden – die vieles davon bis heute gemeinsam. die Telekom mit 50.000 Beschäftigten BILD-Zeitung Ergebnisse einer Studie Ich erinnere auch noch einmal daran Schindluder treibt. Das ist eine soziale der Böckler-Stiftung aufgreift und fest- jetzt, da gerade die Unternehmens- Kriegserklärung an Arbeiter und Ange- stellt, dass Ostdeutsche für gleiche steuer drastisch gesenkt wurde und stellte. Liebe Genossinnen und Genos- Arbeit immer noch im Schnitt 21 Pro- Peer Steinbrück erneut auf mindestens sen, wir verurteilen diese Politik. Sie zent weniger Lohn erhalten als West- fünf Milliarden Euro verzichtet: Es war ist unsolidarisch, und deshalb darf sie deutsche, so zeigt das nur, dass wir im Jahre 2001. Da wurden nach der rot- keine Zukunft haben! uns auch weiterhin der Probleme der ) 2 © Erich © Erich Wehnert (

530 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS Ostdeutschen annehmen müssen. Für Monat später, im Dezember 1989, nicht irgendwo einschließen oder able- gleichwertige Arbeit muss endlich glei- sagte er dann in einer Rede in Berlin: gen. Wir wollten weder weichgespült cher Lohn gezahlt werden! Die Billig- »Der Sozialismus ist vielmehr, oder noch weiß gewaschen in die deutsche lohnstrategie ist im natürlichen Experi- sollte es sein, Freiheit, Gleichheit, Brü- Vereinigung gehen. Zum aufrechten ment gescheitert! derlichkeit, plus soziale Gerechtig- Gang gehört die Auseinandersetzung Genossinnen und Genossen, werte keit, und er ist, wie Brecht sagte, das mit der eigenen Herkunft, mit dem All- Gäste, die innenpolitische Situa- Einfache, das schwer zu machen ist.« tag in der DDR, mit Hoffnungen und tion hatte und hat ein Spiegelbild in Apropos Brüderlichkeit ... Ich erinnere den sozialen und kulturellen Erfah- den Auslandseinsätzen der Bundes- gleichermaßen an Christa Wolf, die an rungen, die durchaus prägend sind. wehr. Wer politische Verantwortung diesem 4. November 1989 vom Weg in Das bringen wir alles in die neue Par- auf dem Altar einer neoliberalen Ver- den aufrechten Gang sprach, und an tei mit. Genauso erben wir die kompli- sion von Globalisierung opfert, der Steffi Spira, die einen Sozialismus mit zierte Geschichte der Linken in West- schreckt auch vor völkerrechtswidrigen menschlichem Antlitz einforderte. deutschland, die Erfahrungen mit dem Angriffskriegen nicht zurück, um sich Heute möchte ich mit gleicher Hoch- Antikommunismus des Kalten Krieges Ressourcen und Einfluss zu sichern. achtung noch eine Mahnung des Dra- und auch mit einem neuen, einem sehr Von der Gewährung von Überflug- matikers Heiner Müller hinzufügen, subtilen Antikommunismus. rechten im Irak-Krieg bis nach Afgha- der auf derselben Demonstration die Genossinnen und Genossen, ver- nistan war es offenbar nur ein kleiner Gewerkschaften in der DDR angriff, ehrte Gäste, es ist gerade zwei Jahre Schritt. Das haben wir vorhergesagt obwohl er mit seiner Forderung nach her, da konnte man in der fünften Auf- und verurteilt, und wir werden wei- unabhängigen Gewerkschaften damals lage des Handwörterbuches des poli- terhin gegen diese Kriegslogik Politik relativ unbeachtet blieb. Er rief den tischen Systems der Bundesrepub- machen! Deutschland belegt inzwi- Demonstrantinnen und Demonstranten lik Deutschland unter dem Stichwort schen bei den Rüstungsausgaben den zu: »Wir dürfen uns nicht mehr organi- »Gesamtdeutsche Perspektiven der sechsten und bei den Rüstungsexpor- sieren lassen, auch nicht von neuen PDS« Folgendes lesen: »Hinsichtlich ten den dritten Platz in der Welt. Ich will Männern und Frauen. Wir müssen uns ihres Programms schwankt die PDS es einmal gesagt haben, und ich muss selbst organisieren. Die nächsten Jahre zwischen einer fundamentalen Oppo- es sagen: Es gibt nicht Älteres, nichts werden für uns kein Zuckerschlecken. sition gegen die ökonomischen und Verstaubteres, nichts Orthodoxeres als Die Daumenschrauben sollen angezo- politischen Strukturen der BRD und diese Kriegslogik, die sich durch die gen werden. Die Preise werden steigen dem Bemühen, ihre Koalitions- und Geschichte zieht. Und ich sage ganz und die Löhne kaum ...« Er sollte Recht Regierungsfähigkeit unter Beweis zu deutlich: Es gibt nichts Moderneres, behalten. Dabei war längst nicht abzu- stellen. Nachdem die postkommunisti- nichts Dynamischeres, nichts Innova- sehen, dass wir heute in Zeiten leben, sche PDS nach 1990 eine erstaunliche tiveres als den Kampf für Frieden und in denen nicht mehr für Arbeitszeit- Überlebenskraft gezeigt hat, ist derzeit Abrüstung. verkürzung, sondern gegen Arbeits- ihre Zukunft ungewiss.« Genossinnen und Genossen, ver- zeitverlängerung ohne Lohnausgleich Heute, am 15. Juni 2007, könnten sich ehrte Gäste, vor zwei Jahren – mit den gekämpft werden muss. Das verlangt einige der zahlreichen Fantasten vom Neuwahlen zum Bundestag – entstand nicht nur von den Gewerkschaften eine ungewissen Ende der PDS am Ziel ihrer eine neue Chance für die Linke in europäische Orientierung und Solidari- Wünsche wähnen. Das Ende der Links- Deutschland. Unsere tapferen Genos- sierung. partei.PDS ist beschlossene Sache. sinnen und Genossen der PDS im Wes- Das Überleben einer politischen Lin- Alle Orakel vom Verschwinden der PDS ten haben diese Hoffung über viele ken in Deutschland war und ist ohne werden heute in gewisser Weise wahr. Jahre wach gehalten. Vor zwei Jahren die europäische Perspektive, war und Doch die erstaunliche Überlebenskraft begannen Linke aus Ost und West, eine ist ohne Internationalismus undenk- ist geblieben! Mit der sechsten Aufl age Parteineubildung auf gleicher Augen- bar! Mit diesen Prämissen haben wir im dürften die Autoren dann einige Mühe höhe in Gang zu setzen. Die Ergebnisse Dezember 1989 die Partei des Demo- mit der ungewissen Zukunft haben, der Bundestagwahl 2005 hatten uns kratischen Sozialismus begründet. denn eines steht fest: Gemeinsam mit ermutigt. Von den Mühen der Ebene Unser Neuanfang stand für die Aus- anderen Linken, gemeinsam gehen wir haben wir uns nicht abschrecken las- einandersetzung mit den Verbrechen, mit größerer Zuversicht als je zuvor in sen. Das war sehr wichtig. Vielleicht die im Namen des Sozialismus began- eine sehr chancenreiche Zukunft. kommen ja auch noch welche. gen wurden. »Wir brechen unwiderruf- Genossinnen und Genossen, wir Ich habe den Beginn auf diesem lich mit dem Stalinismus als System« sind als Internationalistinnen und Inter- Weg zur bundesweiten Partei DIE LINKE – Das stand über dem Neuanfang, das nationalisten, als Antifaschisten und vor zwei Jahren den zweiten Aufbruch hat die Auseinandersetzungen geprägt, Antifaschistinnen in die Geschichte der der PDS genannt. An den ersten Auf- in denen wir es uns niemals bequem PDS hineingegangen. Das hat unseren bruch der PDS habe ich 2005 mit den gemacht haben. Blick auf die DDR, auf Osteuropa und Worten von Stefan Heym erinnert, Zum Aufbruch gehörte viel Zuver- auf die jüngere Geschichte der euro- mit der er die größte Demonstration sicht. Das ist heute nicht anders. Die päischen Integration geprägt. Wenn der DDR-Geschichte am 4. 11. 1989 sozialistische Idee gehört zum kultu- ich in meinem Wahlkreis in beschrieb. Das möchte ich heute auch rellen Kanon der europäischen und (Oder) und dem Landkreis Oder/Spree tun, ich zitiere: »Es ist, als habe einer internationalen Geschichte. Deshalb an der deutsch-polnischen Grenze die Fenster aufgestoßen nach all den haben wir uns dafür eingesetzt, dass unterwegs bin, dann fehlen in keinem Jahren der Stagnation, der geistigen, man nicht postum nur das für sozialis- Gespräch die Folgen der Abwande- wirtschaftlichen, politischen, den Jah- tisch erklärt, was sich etwa an Demo- rung und der Arbeitslosigkeit, die Nöte ren von Dumpfheit und Mief, von Phra- kratiefeindlichkeit mit dem historisch der Kommunen und der kleinen Selb- sengedresch und bürokratischer Will- gescheiterten Versuch des Realsozi- ständigen. Genau dort vor Ort wach- kür.« Soweit Stefan Heym. Und weil alismus verbinden lässt. Wir nehmen sen aber auch die Projekte, der alltäg- es manche vergessen haben, einen unsere Geschichte mit. Die kann man liche Austausch, in dem sich Menschen

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 054 ganz selbstverständlich als Europäerin tei DIE LINKE im Jahr 2007. Wir geben genommen worden sind, möchte ich und Europäer fühlen. Wenn Menschen den demokratischen Sozialismus als schweigen. Denn die haben natürlich nach tragfähigen Perspektiven suchen, Idee, als Ziel nicht auf. Die SPD wird auch gelernt, und wir billigen es ihnen ob sie Musikschulen erhalten oder gar das zumindest theoretisch auch nicht auch zu. Wer bestreitet, dass wir dazu- eine wirtschaftliche Ansiedlung von tun. Davon bin ich überzeugt. Doch gelernt haben, denunziert. Solartechnik bewältigen, dann sind die großen Unterschiede sind da, wo Abgesehen davon: Wir haben ganz Lösungen gefragt, die über die Gren- wir Politik machen und wo der demo- sinnliche Erfahrungen, was Staatsei- zen hinweg funktionieren! Das ist an kratische Sozialismus plötzlich eine gentum bedeuten kann, wenn sich die der Viadrina, der Frankfurter Europa- ganz irdische Handlungsorientierung Eigentümer nicht wirklich als Eigentü- Universität, genauso wie beim Kultur- sein kann. Weiter als in der Politik der mer fühlen und verhalten. Wir disku- austausch, in sozialen Projekten und Großen Koalition wird sich die SPD tieren – auch das möchte ich hier noch auch in der Beschäftigungspolitik für kaum von ihrer Programmatik entfer- einmal sagen – auf der Grundlage des Langzeitarbeitlose. Mehr Solartechnik, nen können. Unglaubwürdiger als zur Grundgesetzes (schreiben oder senden geförderte Arbeitsplätze für Ältere und Zeit war sie für mich nie. Um auch das Sie das dann doch bitte auch!), denn mehr Jugendklubs, in denen für rechts- noch einmal klar zu sagen: Mein Ziel ist dort ist die politische Hofi erung des extreme Ideologien die Luft knapp wird, es nicht, die SPD zu schwächen, son- Shareholder-Value nicht das Grund- all das gehört für mich politisch zusam- dern die soziale Frage neu zu stellen, prinzip der freiheitlich-demokratischen men! sozial Benachteiligte, Arbeiterinnen Ordnung. Dort steht sogar der Halbsatz, Ich möchte daran erinnern, die und Arbeiter, Angestellte, Erwerbslose dass Eigentum verpflichtet, was der PDS war in verfassungs- und Rentnerinnen und Rentner ernst zu Verfassungsschutz hoffentlich auch gebende Partei. Unser Weggefährte nehmen und auch mit ihnen gemein- einmal notiert hat. Deshalb haben wir Michael Schumann war ein leiden- sam für mehr soziale Gerechtigkeit zu ein leidenschaftliches Interesse daran, schaftlicher Verteidiger des Grundge- streiten. Das ist die Hauptlinie unserer dass in den Medien, in der Schule, in setzes. Eben jener Michael Schumann Politik. Betrieben und an Hochschulen öffent- fand sich bald in den Akten des Verfas- Für mich gilt: Ob es ein Bürgerbe- liche Debatten geführt werden, was sungsschutzes als Kronzeuge für die gehren für den Erhalt eines Theaters, soziale Gerechtigkeit in Zeiten der Glo- Verfassungswidrigkeit der PDS. Das ist ob es Erfahrungen im Beteiligungs- balisierung heißt, anstatt sich von ihr schlicht absurd. Der Verfassungsschutz haushalt, Modelle öffentlicher Beschäf- klammheimlich zu verabschieden. betätigt sich hier als Kampfi nstrument tigung und moderne Bildungskonzepte Wir fordern eine umfassende demo- der großen gegen eine für sie unlieb- wie das längere gemeinsame Lernen kratische Kontrolle der öffentlichen same kleinere Partei. Dafür gibt es sind ... – nur durch das praktische poli- Daseinsvorsorge – von den Kommu- einen Namen. 1989 nannte man das tische Profi l, durch politische Transpa- nen bis zu den zentralen Energienet- Amtsmissbrauch, und ich will gegen- renz, durch mehr Demokratie können zen. Dazu gehört die Debatte, was in über unserem verstorbenen Freund die sozialistische Ideen eine ganz alltäg- die Hände der Allgemeinheit gehört Denunziation zurückweisen. liche Attraktivität zurückgewinnen. Ja, und nicht auf private Märkte. Und da Genossinnen und Genossen, ver- wir diskutieren auch und immer noch geht es nicht nur um Energie, da geht ehrte Gäste, Perspektiven für eine die Veränderung der Eigentums- und es auch um Breitbandnetze für alle, lebenswerte Zukunft haben überall Herrschaftsverhältnisse, und auch das um Wasser, um Gesundheit, um öffent- ihre besonderen lokalen Potenziale unterscheidet eine neue Partei links lichen Verkehr und vieles mehr. Für und ihre kulturellen Eigenarten. Der von der Sozialdemokratie in Deutsch- eine solare Wende in der Energiepoli- soziale Zusammenhalt aber ist über- land von anderen. Kurz gesagt: Wir tik und für mehr Energieeffi zienz gilt es all ein entscheidendes Lebenselixier stellen die Systemfrage! Für alle von nicht nur, sich aktiv einzumischen. Es offener, auf Zukunft gerichteter, ent- den geheimen Diensten noch einmal geht um die demokratische Kontrolle wicklungsfähiger Gesellschaften. Dafür zum Mitschreiben: Die, die aus der PDS der Infrastruktur, der Adern unseres steht linke Politik in Kommunen und in kommen, aus der EX-SED, und auch die Lebens heute und morgen. Wir fragen Europa, in Ost und West, in Rom und in neue Partei DIE LINKE – wir stellen die aber auch, wie Menschen vor staat- Oslo, vor Heiligendamm und in Nairobi. Systemfrage. Das tun wir nicht in der licher Willkür geschützt werden und Eine entscheidende Erfahrung aus der Plattheit, wie es unsere politischen ihre Chancen für ein selbstbestimmtes Geschichte des Realsozialismus, aus Gegner gern darstellen – zurück zum Leben wirklich wachsen können. siebzehneinhalb Jahren PDS gehört für gescheiterten Realsozialismus, so wie Genossinnen und Genossen, ver- mich dazu: Antworten auf die soziale er war, und indem wir alles verstaat- ehrte Gäste, mit dem Erweitern unserer Frage funktionieren auch im 21. Jahr- lichen wollten oder keinen Platz für Erfahrungen und unserer Identität in hundert nur als Politik der Chancen- erfolgreiche, ökologisch und familien- der neuen Partei DIE LINKE sehe ich ab gleichheit für alle, egal, wo sie leben, orientierte Unternehmen in unserem sofort nicht weniger demokratischen wo sie herkommen, egal, wie sie leben, Denken hätten. Nein, so weltfremd Sozialismus als Handlungsorientierung, egal, ob sie Mann oder Frau sind, egal, sind wir nicht. So weltfremd und ein- sondern eher mehr als zuvor. Denn was ob sie an Gott – und an welchen – glau- dimensional sind wir nie gewesen. Wie nützt uns die schönste Idee – siehe ben oder nicht. jene zahlreichen Ex-Mitglieder der SED, SPD –, wenn sie nur im Programm steht, 2005 sind wir zur Bundestagswahl die heute die Union, die SPD, die FDP aber im Alltag nicht gelebt wird? Es unter der Überschrift »Für eine neue und die Bündnis/GRÜNEN bevölkern, kommt doch nicht von ungefähr, dass soziale Idee« angetreten. Darin sind so haben auch jene knapp 50.000 Sozialdemokraten wie Oskar Lafon- Freiheits- und soziale Rechte untrenn- von einstmals 2,3 Millionen SED-Mit- taine etwas mit dem demokratischen bar verbunden. Das gehörte zum Grün- gliedern zur Wendezeit, die in der PDS Sozialismus anfangen können und ihn dungsverständnis der Partei des Demo- verblieben sind, gelernt. Von den Ex- politisch ernst nehmen ... Wir werden kratischen Sozialismus in den Jahren Blockfreunden aus Ost-CDU und ande- all unsere Erfahrungen aus der PDS, all 1989/90. Und das gehört auch zum ren DDR-Parteien, die mit Mitglied- die Erfahrungen unserer Freundinnen Gründungsverständnis der neuen Par- schaft und Vermögen unter Westfi ttiche und Freunde aus anderen Ländern,

55 0 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS linkes Denken und Handeln im Westen Harald Neubert meinen ausdrücklichen 1. Baustelle: Parteiaufbau und Mit- der Republik in die politische Arbeit der Dank für die jahrelange kritische und gliedergewinnung. Morgen spielt die neuen Partei stecken. Dabei werden wir hilfreiche Unterstützung sagen. Anders Musik nicht nur hier im Estrel. Mor- das Geheimnis unserer erstaunlichen als in der deutschen Gegenwartskultur gen gehen viele unserer Mitglieder mit Überlebenskraft einsetzen: Lernfä- gilt Alter in anderen Kulturen zu Recht Informationen und Gesprächen auf die higkeit, kritisches Selbstbewusstsein, als Weisheit. Das kann man nachlesen. Straße und beginnen mit einer Mitglie- Beharrlichkeit und Leidenschaft, wenn Deshalb empfehle ich, abgestimmt mit derkampagne für die neue Partei. Also, es darum geht, ein Leben in Würde zu Oskar Lafontaine, dem Vorstand der ich fi nde, das gibt noch einmal für uns erkämpfen, hier, für alle und überall. neuen Partei, die Bildung eines Rates hier auf dem Parteitag ein besonde- Genossinnen und Genossen, liebe der Älteren zur Beratung der Vorsitzen- res Gefühl, dass wir etwas gemeinsam Freunde, verehrte Gäste, liebe Dele- den mit neuer Berufung der Mitglieder aufbauen wollen, dass morgen, am gierte der 3. Tagung des 10.Parteitages aus Ost und West zu prüfen. Ich bitte 16. Juni 2007, an vielen Orten dieses der Linkspartei.PDS! Gestern hat der Hans Modrow dabei um Rat und Unter- Landes deutlich wird: Hier kommt DIE Parteitag mit dem Frauenforum begon- stützung. LINKE! nen. Heute steht noch eine verantwor- Ich möchte heute auch dem Partei- 2. Baustelle: Wir wollen weitere tungsvolle Aufgabe vor uns. Wir wäh- rat für seine Arbeit danken. Über viele Wahlen gewinnen, in den Kommunen, len 22 der 44 Mitglieder des Vorstan- Jahre haben Genossinnen und Genos- in den Landtagen in Ost und West, bei des, die sich morgen als Kandidaten für sen in diesem Gremium mit Sensibili- den Wahlen zum Bundestag und zum den neuen Vorstand der neuen Partei tät und Augenmaß den Vorstand in der Europäischen Parlament. Nächstes Jahr DIE LINKE zur Wahl stellen. Morgen, so Arbeit unterstützt und die Stimme aus wollen wir in die Landtage von Hessen, haben wir es zwischen beiden Parteien allen Gliederungen, aus den engagier- Niedersachsen, Hamburg und, jawohl, vereinbart, erwarten wir und erwar- ten Arbeits- und Interessengemein- auch Bayern einziehen. Dafür wollen ten die 22 Kandidatinnen und Kandi- schaften kritisch und weise erhoben. wir arbeiten, dafür wollen wir kämp- daten der WASG das Vertrauen für die Und deshalb möchte ich Dank sagen fen! heute für den Parteivorstand Gewähl- 3. Baustelle: Wir konzentrieren uns ten. Wir benötigen einen integrations- auf mehr soziale Gerechtigkeit, auf fähigen Parteivorstand, der die Plura- Friedenspolitik und die Gestaltung des lität der neuen Partei produktiv macht Ostens wie anderer strukturschwacher und zu tragfähigen politischen Ent- Regionen, auch im Westen. Lasst uns scheidungen fi ndet. Dieser Vorstand gemeinsam inhaltliche Schwerpunkte wird das vielleicht folgenreichste Jahr setzen, bundesweite Kampagnen ent- im Parteineubildungsprozess verant- wickeln. Mit dem Mindestlohn haben worten. Ich unterstütze ausdrücklich wir doch gute Erfahrungen. die Wahl von Bundesgeschäftsführer 4. Baustelle: Aus den »Eckpunkten« Dietmar Bartsch und Bundesschatz- entwickeln wir die neue Programma- meister Karl Holluba. Ihre Erfahrung tik der Partei. Wir werden Grundlinien bringt Kontinuität und Verlässlichkeit, demokratisch sozialistischen Denkens politischen Verstand und Kompetenz und Handelns bestimmen müssen, die fürs Amt in den neuen Vorstand, und nicht nur unsere eigenen Debatten ich sage, es würde meine Kandidatur befriedigen, sondern die auch von Men- freudiger gestalten. Der jetzige Vor- schen außerhalb der Partei als Antwor- stand – auch die beiden Stellvertrete- ten auf die Herausforderungen unserer rinnen – hat seinen politischen Auftrag, Zeit angesehen werden. Vielleicht soll- den die Delegierten gestellt hatten, die ten wir den kulturellen Blick über den ) neue linke Partei zur Gründung vorzu- 2 Tellerrand zum Maßstab machen, wenn bereiten, gut erfüllt. Und ich freue mich, wir ein gewachsenes Partei- und Poli- dass seine Mitglieder jetzt so zahlreich tikverständnis in ein neues Programm

wieder kandidieren. © Erich Wehnert ( gießen. Liebe Genossinnen und Genossen, Genossinnen und Genossen, wenn gestattet mir an dieser Stelle, unserem wir – in der neuen Partei DIE LINKE Ehrenvorsitzenden Hans Modrow für insbesondere an Angelika Mai, Man- – im Jahre 2010 mit sicheren Schrit- sein Engagement für die Gründung der fred Millow, Karin Kaschuba, Kersten ten durch unsere Republik gehen und PDS, die er ganz entscheidend mitge- Naumann und Volker Steinke. Mein an der Seite der europäischen Linken prägt hat, sowie für seine Aktivitäten Dank geht an Uwe-Jens Heuer und Politik verändern wollen, dann können für die Entwicklung unserer Partei ganz Marina Stahmann sowie posthum an wir heute und morgen auf das gebaute herzlich zu danken. Auch der erste Vor- Michael Benjamin. Fundament vertrauen. Wie historisch sitzende der PDS, Gregor Gysi, wird Wir haben alle das Fundament für beide Parteitage sein werden, darü- deine Leistung für unsere Partei, lieber das neue Haus gelegt und gebaut. ber mögen künftige Generationen ent- Hans, noch besonders würdigen. Die Dem Baumeister für das neue Haus, scheiden. In den Umfragen jedenfalls Frage nach einem Ehrenvorsitzenden unserem Fusionsbeauftragten Bodo haben wir die besten Voraussetzungen der neuen Partei kann nur die neue Ramelow, gilt mein besonderer Dank, für einen erfolgreichen Start! Es liegt in Partei selbst entscheiden. Ich darf aber denn ich weiß wohl, welchen immen- unseren Händen, einen würdigen, ja einen Vorschlag unterbreiten, es ist ein sen Packen an Arbeit er weggetragen einen denkwürdigen letzten Parteitag Vorschlag. Zunächst jedoch will ich hat. Danke, Bodo! der Linkspartei.PDS und einen furiosen dem Ältestenrat der Partei, den Spre- Wer ein Haus baut, will bleiben, Gründungsparteitag der neuen LINKEN cherinnen und Sprechern Edith Graw, Wurzeln schlagen ... Jetzt richten wir zu gestalten. Stefan Doernberg, Friedrich Wolff und vier weitere Baustellen ein. Nutzen wir die Chance!

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 056 Wir werden wichtiger. Na und?! Schlusswort von Gregor Gysi, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag, auf der 3. Tagung des 10. Parteitages der Linkspartei.PDS

Liebe Genossinnen und Genossen, Bartsch, und zwar aus einem Grunde – damals vor siebzehneinhalb Jahren nicht wegen der heutigen Funktion als bildete sich ein Ausschuss zur Vorbe- Bundesgeschäftsführer: Wir waren im reitung des Außerordentlichen Partei- Jahre 1990 in einer tiefen Finanzkrise. tages. Es werden so ungefähr 25 Mit- Es war weltweit keiner zu fi nden, der glieder gewesen sein, die danach ganz freiwillig unser Schatzmeister gewor- unterschiedliche Wege gegangen sind. den wäre. Der Einzige, der es damals Einige leben auch nicht mehr. Aber es gemacht hat, das war Dietmar Bartsch. ist trotzdem interessant, wer von denen Er hat uns aus dieser Krise hervorra- heute noch hier ist: Lothar Bisky, Ellen gend herausgeführt. Ich denke, das Brombacher, , Klaus Höp- sollte man heute auch noch einmal so cke, Dieter Klein und natürlich Hans klar sagen. Modrow, Heinz Vietze, in diesem Falle Ich möchte nun etwas zu unseren auch ich. Immerhin: Eine ganze Zahl ist Aufgaben und Leistungen, um die es noch da, die sich damals auf den Weg damals ging, sagen: Viele wollten kei- gemacht haben. nen Staatssozialismus mehr. Viele Wir standen vor einer schwierigen wollten auch die DDR nicht mehr. Aber Situation. Der Staatssozialismus wurde auch sehr wichtig. Du hast immer um es gab doch auch Millionen Menschen, von immer mehr Bürgerinnen und Bür- die Partei gestritten. Dabei haben wir die anders dachten. Es gab Millionen, gern der DDR abgelehnt, und immer auch beide miteinander gestritten. Das die zu den Eliten in der DDR gehörten mehr Bürgerinnen und Bürger gingen ist doch normal. Aber wir waren immer – nicht nur zu den politischen, zu den auch auf die Idee zu, die DDR aufzuge- zuverlässig zueinander, und auch künstlerischen, zu den wissenschaft- ben und einen einheitlichen deutschen dabei wird es bleiben. lichen, zu dem, was man heute Beamte Staat zu schaffen. In dieser Zeit über- Ich will auch kurz etwas zu einer nennt, die damals Staatsangestellte nahm ein Mann riesige Verantwortung. ehemaligen Vorsitzenden, nämlich waren. Was macht man eigentlich mit Das war Hans Modrow, und zwar in ers- Gabi Zimmer, sagen, weil von ihr heute solchen Millionen Menschen? Es gibt ter Linie – ich möchte daran erinnern noch gar nichts gesagt worden ist: Sie immer Leute, die über Geschichte – zunächst gar nicht vornehmlich für wurde in einer schwierigen Zeit Vorsit- urteilen, die dann immer denken, die uns, sondern für die gesamte DDR. Er zende. Als die Partei in eine Krise geriet sind einfach weg. Die Millionen blieben hat für alle Punkte gesorgt, die damals – das ist wieder typisch Frau, muss ich aber alle da. Sie hatten auch Interes- wichtig waren: von Heizung, Ernährung, mal sagen –, da hatte sie nicht nur den sen. Die Frage war: Wer artikuliert diese die Organisation, alle rechtlichen Fra- Mut, einen Sonderparteitag zu fordern, Interessen? Ist es überhaupt gerecht- gen, bis hin dazu, dass alles die ganze sondern auch sich selbst zurückzuneh- fertigt, sie zu artikulieren? Viele mora- Zeit friedlich verlief. Es gab sehr viel men. Das muss man erst mal können. lische Fragen kamen auf uns zu. Das Aufregung. Er hat einen großen Anteil Deshalb sind wir auch ihr zu Dank ver- Wichtigste war doch Folgendes bei der daran, dass kein einziger Schuss gefal- pfl ichtet. Wende 1989/90, nämlich, dass alle len ist. Lasst mich noch etwas hinzufü- Dann möchte ich einen weiteren die, die vorher Verantwortung getragen gen: Viele hatten etwas davon, und er Namen erwähnen. Ich möchte einem hatten, bereit waren, friedlich, ohne hat Undank und Verachtung geerntet, Mann danken, der von Anfang an mit- eine einzige Waffe einzusetzen, diese aber nie von uns. Dabei wird es auch gewirkt hat und der in seiner Beschei- Macht abzugeben, das heißt zu akzep- bleiben. Hans, wir danken dir! denheit in der Politik einzigartig ist, der tieren, dass die Mehrheit der Bevölke- Ich hatte hier noch so viele schöne so etwas von extrem uneitel ist, dass rung eine andere Sicht auf die Dinge Sätze für dich, aber ihr habt zu schnell man sich jeden Beruf für ihn vorstel- bekam. Das war nicht selbstverständ- zu stark geklatscht. Ich wollte noch len kann, bloß nicht den, den er aus- lich. Ich behaupte, das würde nicht in sagen, dass deine Bescheidenheit, übt, und der immer sehr integrativ jeder Gesellschaftsordnung gelingen. deine Geradlinigkeit eine große Wir- gewirkt hat und der uns aus vielen Kri- Das ist aber damals gelungen. kung hatten. Ich wollte noch sagen, sen geführt hat: Lothar Bisky, wir sind Unsere Partei ist auf verschiedenen dass viele Dinge aufgelöst werden dir zu tiefem Dank verpfl ichtet, und das Wegen entstanden. Die früheren Eliten mussten, zum Beispiel das Ministe- bleibt auch so! wurden von der Union nicht akzeptiert. rium für Staatssicherheit, dass das nur Also Dietmar, da ich jetzt noch Sie wurden nicht akzeptiert von der durch dich ging, und zwar auch, weil du einen Satz zu dir sagen will, plädiere SPD. Diese führte Bewährungszeiten vorher Funktionär warst. Auf dich haben ich dafür, die Beifallzeiten abzuziehen, für ehemalige SED-Mitglieder ein. Sie sie gehört. Auf andere hätten sie doch da ich sonst mit meiner Redezeit nicht wurden nicht akzeptiert durch die FDP gar nicht gehört. Da ich damals dabei hinkomme. Ich werde jetzt keine wei- und schon gar nicht durch die Grünen. war, weiß ich, wie schwer das war. Ich teren Einzelpersonen benennen. Das Hier kam eine Aufgabe auf uns zu, dass weiß auch, wie du Tag und Nacht daran würde so ungerecht werden, weil viele wir bestimmte Interessen zu vertreten gearbeitet hast. Dann bist du unser Verdienste haben. Aber einen will ich hatten, sie zu artikulieren hatten, was Ehrenvorsitzender geworden. Das war doch noch nennen, und das ist Dietmar nicht immer einfach war. Aber ohne

570 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS uns hätten viele von diesen Menschen kaum jemanden, der so vielen gekün- wir aus der Aufarbeitung der Geschichte überhaupt keinen Weg in die Einheit digt hat wie ich. Das muss ich selbst- gezogen? Wir haben zwei Dinge gesagt: gefunden. Es war nicht leicht für sie, kritisch einräumen. Wir haben sozial Das eine war leichter, das andere etwas einen Platz zu fi nden, aber mit unserer abgefedert das politisch Notwendige schwieriger. Wir haben gesagt, für uns Hilfe, weil wir ihre Interessen artikuliert getan, ohne dass es diesbezüglich kommen autoritäre diktatorische Struk- haben, kamen sie mit der Situation Skandale gegeben hatte. Das war aber turen für irgendeine Gesellschaftsord- zurecht. Es gibt ein paar ganz wenige nicht ganz leicht. Da haben sehr viele nung nie wieder infrage. Wir verlangen konservative Politiker in Deutschland, daran mitgewirkt. Wir haben versucht, immer eine demokratische Struktur. die das sogar wissen und die es mir ihnen auch eine Chance auf Zukunft zu Der zweite Punkt: Wir haben gesagt, mal ganz heimlich nachts erzählen, geben, so schwer es auch in der dama- aber der Kapitalismus kann nicht die wenn kein anderer mithört. Aber es ligen Zeit war. letzte Antwort der Geschichte sein. Wir ist die ganze Wahrheit: Wir hatten hier Dann hatten wir Jahre mit der Auf- bleiben Sozialistinnen und Sozialisten, eine ganz schwierige, aber eine eben arbeitung der Geschichte zu tun. Ich weil wir in die Zukunft schauen. Und so wichtige Funktion. Ich möchte mich weiß auch, wie unterschiedlich das wenn wir heute nur die Ökologie neh- bei allen, die damals den Mut hatten ablief. Ich weiß auch, dass wir gute men: Eine Wirtschaft, die nur Wachs- zu sagen, ich war mal in der mächtigs- Kongresse gemacht haben. Da gab es tum kennt, kann sie nicht beherrschen, ten Partei, ich bleibe jetzt aber in einer keine Medienberichte. Dann weiß ich und deshalb brauchen wir insofern halb ohnmächtigen Partei und ich habe natürlich, dass Kongresse auch dane- einen Systemwechsel, da hat Lothar eine wichtige Aufgabe, bei all denen bengingen. Da gab es dann viele Medi- recht. möchte ich mich bedanken. enberichte. Und immer wie die Stim- Aber was sollte nun aus uns wer- Was haben wir uns über die Beurtei- mung im Osten sich veränderte, so ver- den? Irgendwann war die deutsche lung von Geschichte, über alles Mög- änderte sich auch bei uns die Aufarbei- Einheit hergestellt. Eine Vereinigung liche gestritten. Wir machten uns Vor- tung. Machen wir uns nichts vor: Wenn gab es nicht – darüber habe ich schon würfe untereinander. Wer sei irgendwie die Leute vor allem darüber reden, vor zwei Parteitagen geredet und wie- von vorvorgestern übrig geblieben und dass sie früher eine Arbeit hatten und derhole es daher heute nicht –, dass wer meistere wirklich die Zukunft oder heute nicht, dann bestätigt uns das ja den Menschen im Westen ja nicht umgekehrt etc. Haben wir mal darüber auch ein bisschen. Da muss man höl- das Erlebnis gegönnt wurde, dass nachgedacht, dass wir in der schwie- lisch aufpassen. Wir müssen als Partei sich in einem Punkt die Lebensquali- rigsten Situation uns alle entschieden immer ein bisschen klüger sein als der tät erhöhte, indem man Erfahrungen haben, Sozialistinnen und Sozialisten Zeitgeist – weder so lang noch so lang. aus dem Osten dorthin übertrug. Das zu bleiben. Das müssen wir doch erst Aber wie hart war das, welche Ausein- haben die Regierenden nicht gemacht. einmal gegenseitig akzeptieren, bevor andersetzungen haben wir diesbezüg- Damit haben wir es noch heute zu tun. wir Vorwürfe gegeneinander formulie- lich geführt. Aber nun entwickelten wir uns. Wir wur- ren. Das erwarte ich auch heute von Und es gibt zwei Parteien, von den selbstbewusster. uns. denen ich mir wirklich hinsichtlich Es ging auch gar nicht mehr nur um Im Januar 1990 saßen wir im Vor- der Aufarbeitung der Geschichte nicht die Eliten. Es ging um die Situation der stand und stellten fest, dass ein Mar- ein einziges Wort vorhalten lasse: Das Ostdeutschen schlechthin. In dieser xismus-Leninismus-Professor in Sach- eine ist die Union, und das andere ist Zeit wurden wir Schritt für Schritt eine sen die Republikaner gründete, ein die FDP. Beide haben je zwei DDR-Par- ostdeutsche Partei. Ich habe etwas MfS-Offi zier in einem anderen Landes- teien übernommen und nicht einmal darunter gelitten, weil ich so gerne teil, ein NVA-Offi zier in einem dritten eine halbe Stunde Aufarbeitung der wollte, dass wir auch in Schleswig-Hol- Landesteil, und da hatten wir die Frage Geschichte betrieben, was wir jahre- stein und Bayern akzeptiert werden. Im zu beantworten: Kümmern wir uns um lang gemacht haben, und da will ich an Nachhinein sage ich, es war vielleicht solche Leute, vertreten wir ihre Ren- viel schlimmere Kapitel der Geschichte nötig. Es musste auch eine ostdeut- teninteressen und andere oder lassen gar nicht denken. sche Partei geben, denn hätte es sie wir das so wie die anderen bleiben? Die Aufarbeitung der Geschichte nicht gegeben, wäre es in keiner Partei Da habe ich damals gesagt: Wenn wir war für uns nicht leicht. Es gab in der möglich gewesen, direkt ostdeutsche einen wirksamen Beitrag gegen Rechts- DDR Unrecht. Es gab Verfolgung. Es Interessen zu artikulieren. Ich glaube, extremismus leisten wollen, müssen gab einen ungeheuren Mangel an in einer Zwischenphase war das wich- wir uns dieser herumstreunenden Eli- Freiheit und Demokratie. Das ist alles tig, was wir gemacht haben. Es hat das ten annehmen, müssen wir deren sozi- wahr. Das haben wir alles aufgearbei- Selbstbewusstsein vieler Ostdeutscher ale Interessen vertreten, sonst können tet. Es gab aber auch durchaus beacht- gestärkt, dass es uns gab. Aufgrund der wir den Prozess gar nicht beherrschen. liche soziale und kulturelle Leistungen. begrenzten Zeit kann ich das gar nicht Ich sage, es ist das Verdienst unserer Ich verstehe gar nicht, warum man bei alles erzählen. Aber ich kann mich Partei, dass der Rechtsextremismus Geschichtsaufarbeitung nicht differen- noch sehr gut daran erinnern, wie ich nicht stärker geworden ist. Auch das zieren darf, warum man nicht beides in bestimmten Gegenden des Ostens muss man heute ganz klar anerken- sagen kann, weil beides wahr ist. Wir behandelt wurde und wann sich das nen. müssen lernen, differenziert zu beiden wie geändert hat. Das hatte etwas mit Dann hatten wir damals eine Auf- Wahrheiten zu stehen. Ohne uns hätte dem Gefühl zu tun, dass sie plötzlich gabe, die auch viele vergessen haben es keine Adresse für Geschichte gege- sagten, das ist ja einer von uns und an – den ganzen Apparat der Partei abzu- ben. Wir waren sie. Das war auch nicht sich tritt der ja gar nicht so schlecht auf, bauen. Ich war ja wie erschlagen, als leicht, sich dafür zu entscheiden. Dafür der kann ja mithalten. Versteht ihr, das ich hier Vorsitzender wurde. Ich hatte erntet man viel Prügel, völlig unabhän- Selbstbewusstsein war gestört. Es war 44.000 Angestellte, und zwar nur im gig davon, was man individuell damit wichtig, es wieder aufzubauen. Und direkten Sinne. Die ganzen Parteibe- zu tun hat oder nicht. Ich danke euch es bleibt übrigens für uns wichtig, mit triebe kamen da noch hinzu. Wir haben allen, dass ihr das durchgehalten habt. Selbstbewusstsein auch die neuen sie auf 75 reduziert. Ich glaube, es gibt Welche Schlussfolgerungen haben Schritte zu begehen! Nie wieder lassen

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 058 © Aris wir den Kopf hängen! Nicht die Arme liert. Dieses Thema haben wir besetzt. sich darauf ein. Das kann ich ja alles hoch, sondern den Kopf – das war Und wir wurden in den Medien auch verstehen. Aber jetzt müssen wir raus. schon ein richtiger Spruch. Dabei muss mit einem zweiten Thema wahrgenom- Es tut ein bisschen weh, aber es ist es auch bleiben! men – mit dem Friedensthema. Das auch dringend notwendig, denn wir Und was mir wichtig ist: Zu kei- hängt mit dem völkerrechtswidrigen wollen doch Gesellschaft verändern. nem Zeitpunkt haben wir das einseitig Krieg gegen Jugoslawien und mit ande- Dafür sind wir doch in eine Partei ein- gemacht. Ich nenne ein Beispiel, weil ren Fällen zusammen. getreten, und dafür haben wir jetzt viel wir aktuell jetzt wieder damit zu tun Aber dann kam unsere Schwäche, bessere Möglichkeiten! Der Sprung hatten. Wir waren immer dafür, schon Genossinnen und Genossen, dass wir nach ganz Deutschland ist uns allein in der , dass diejenigen, eben doch nur als ostdeutsche Partei nicht gelungen. Und deshalb, sage ich, denen in der DDR Unrecht geschehen mit diesen zwei Themen wahrgenom- müssen wir besonders dankbar jenen ist, eine anständige Opferrente bekom- men wurden. Wir konnten uns ja zu aus den alten Bundesländern sein, die men. Wir haben gesagt: Wenn jemand Steuergerechtigkeit, zu Arbeitsmarkt- trotzdem bei uns Mitglied wurden, weil nicht die Entwicklung nehmen konnte, politik, zu Wirtschaftsfragen äußern, das ein mutiger Schritt von ihnen war. die ihm eigentlich zugestanden hätte, wie wir wollten, es nahm keine Zei- Das müssen wir in hohem Maße akzep- weil er zu Unrecht daran gehindert tung zur Kenntnis. Nicht einmal das tieren. wurde, dann hat er einen Anspruch ND, geschweige denn andere. Darun- Aber, liebe Genossinnen und Genos- auf Schadenersatz. Man muss ihn so ter haben wir auch immer ein bisschen sen, die Bundesrepublik Deutschland stellen, als ob er die andere Entwick- gelitten. Und deshalb sage ich euch: ist ein europäischer Sonderfall. In kei- lung hätte nehmen können mit Rente Diese Art der ostdeutschen Interessen- nem anderen Land herrschte ein so etc. Aber die zweite Seite haben wir vertretung als Hauptproblem war eine militanter Antikommunismus. In kei- nie geteilt. Wir haben nie gesagt, dar- historisch begrenzte Aufgabe. Es war nem anderen Land war es so, dass eine aus ergibt sich, dass wir den früheren ein wichtiges Zwischenstadium. Und Partei links von der Sozialdemokratie Staatsnahen die Rente kürzen müssen! wir sollten es begrüßen, dass wir jetzt nach 1949 keine Chance hatte, in die Wir erledigen doch nicht ein Unrecht die Chance haben, zu einer bundes- Nähe der Fünf-Prozent-Hürde zu kom- und schaffen ein neues, sondern wir weiten Linkskraft zu werden für ganz men. Ich weiß, dass es Kräfte gab. Aber wollen, dass der eine Schadenersatz Deutschland. Das hätte sich doch von die gesellschaftliche Akzeptanz blieb in Form einer Rente bekommt und der uns 1990 gar keiner träumen lassen! immer gering. Und dann kamen wir. andere natürlich die Rente, die er sich Aber psychologisch ist auch klar: Aber wir kamen ja ursprünglich aus der erarbeitet hat. Das war immer unser Wir haben es uns dann irgendwann DDR. Ich bitte euch, nicht zu vergessen, Standpunkt. Was ist daran eigentlich ein bisschen gemütlich gemacht. Ja, es für die meisten Westdeutschen war die falsch? Ich fi nde das glaubwürdig und ist nun einmal so. Da kennt man dann DDR fremder als Frankreich, Großbri- moralisch richtig. alle, man sieht sich auf den Parteita- tannien und andere Länder. Wir waren Nur durch unsere Partei wurde die gen immer wieder, man ärgert sich über so eine Art westpolnische Partei. Die Benachteiligung Ostdeutscher immer dieselben, man freut sich über diesel- wird nicht so leicht in Bayern gewählt. wieder artikuliert und wurde auch die ben. Es ist auch eine Enge da, und du Das sind Sprünge, die man kulturell Forderung nach Gleichstellung artiku- kommst nicht raus. Und da richtet man nicht hinkriegt. Und da habe ich auch

590 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS irgendwann die Hoffnung aufgegeben, das ist Deutschland – unter der Verant- eine ökologische Nachhaltigkeit nicht das gebe ich zu. Wir hätten immer rum- wortung der Sozialdemokratie. Und des- wie die Grünen in sozialer Ausgren- gekrepelt um unsere fünf Prozent. halb haben wir die WASG! Und deshalb zung, sondern in sozialer Gerechtig- Aber nun ist etwas passiert, und zwar haben wir plötzlich in der alten Bundes- keit. Und wir wollen keine reine Wachs- weil die Leute wenigstens den rhei- republik eine Kapitalismuskritik, wie sie tumsgesellschaft, wir wollen wirklich nischen Kapitalismus wollten, nicht den die nie kannte nach 1949. Das wird aber ökologische Nachhaltigkeit – detail- von Manchester. Weil sie wenigstens auch Zeit! lierter kann ich darauf jetzt aus Zeit- den Sozialstaatskompromiss wollten. Ich möchte euch gerne noch sagen, gründen nicht eingehen. Und wir wol- Und plötzlich kam Schröder. Er wurde was wir mitbringen in diese neue Par- len für jeden die Möglichkeit zu einer gewählt, um diesen Sozialstaatskom- tei. Es ist gar nicht wenig. Es sind völlig Erwerbsarbeit in Würde, die ihm auch promiss zu retten. Und dann hat er ihn in vernünftige Vorstellungen, alle auf der ein Leben in Würde ermöglicht. einer Art und Weise antisozialdemokra- Grundlage des Grundgesetzes der Bun- Was ist denn so schlimm an den For- tisch aufgekündigt, dass es endlich Zeit desrepublik Deutschland zu erklärende derungen, die wir stellen? Wir fordern wurde, eine Partei links von der Sozial- Forderungen eines demokratischen auch ein Höchstmaß an Bürgerinnen- demokratie auch in den alten Bundes- Sozialismus mit dem Primat der Politik und Bürgerrechten, damit an Freiheit, ländern zu gründen! Mit der Agenda und einer entsprechenden Bedeutung weil wir die Einheit von Freiheit und 2010 hat die SPD den Bruch vollzogen. der Demokratie, mit der Forderung, alle sozialer Sicherheit, die Einheit von Sie hat gesagt, sie steht dafür, Steuer- Schlüsselbereiche der Wirtschaft in die Freiheit und sozialer Gerechtigkeit for- geschenke an die Konzerne zu machen, öffentliche Hand zu geben, genauso dern. Das ist auch etwas, was wir aus Steuergeschenke an die Vermögenden wie die öffentliche Daseinsvorsorge. der Geschichte gelernt haben. Und ich zu machen, Steuergeschenke an die Unterhalb dessen wollen wir eine faire füge hinzu: Wir wollen alle internatio- Bestverdienenden zu machen. Sie steht Marktwirtschaft. Wir haben gelernt: Wir nalen Probleme lösen. Aber friedlich! auch für völkerrechtswidrige Kriege. wollen nicht die Staatsbäckerei. Aber Wir glauben nicht an das Lösungsmit- Und gleichzeitig dreht sie sich um und wir wollen auch keine private Rüstung, tel Krieg! Wir wissen, dass Krieg keine teilt den Rentnerinnen und Rentnern, wir wollen, dass es aufhört, dass man Probleme löst, sondern nur neue Pro- den Arbeitslosen und den Kranken mit, an Rüstung verdient! Und wir wollen bleme schafft. Und deshalb: Alles, was dass für sie leider kein Geld da sei. Die die politische Verantwortung für Ener- wir fordern, auch an sozialer Wohlfahrt, einzige Industriegesellschaft, in der in gie und für andere wichtige Bereiche! fordern wir nicht nur national, sondern den letzten zehn Jahren der Reallohn Und wir fordern gleiche Bildungs- und international. Das ist auch das Beson- um fünf Prozent zurückgegangen ist, Kulturchancen für alle. Und wir fordern dere an unserer Partei! © Aris

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 060 © Erich © Erich Wehnert Erinnerung für die Zukunft. Das DISPUT-Sonderheft »Das war. Das bleibt« zu den 17 PDS-Jahren passte zum letzten Parteitag.

Heute soll Westerwelle gesagt über uns. 4,9 Prozent bei der Bundes- Ich weiß, wir haben heute alle ein haben: Freiheit oder Sozialismus. Alles tagswahl 2005 im Westen und 25 Pro- weinendes und ein lachendes Auge. Quatsch, Guido Westerwelle. Freiheit zent im Osten. Wer von uns hätte denn Ich verstehe auch das weinende Auge. und Sozialismus – das ist die Antwort! im Dezember 1989 daran geglaubt! Ich verstehe, dass wir ein bisschen Und jetzt sage ich euch: Es gibt Hoff- Nun lasst uns doch ein bisschen stolz Gemütlichkeit verlieren. Aber ich sage nungen! Wir sehen die Entwicklungen sein auf das, was wir in Deutschland euch: Jetzt müssen wir das weinende in Lateinamerika. Ich habe 1990 gesagt, erreicht haben! Auge schließen und müssen mit dem die neue Linke kommt aus Lateiname- Ich weiß, beide Parteien unter- lachenden Auge in den morgigen Tag rika. Ich bin aber nicht so genial. Ich scheiden sich. Wir sind inzwischen und in die Zeit danach gehen. Lasst uns dachte, die kommt gleich. Es hat 17 ziemlich seriös, aber auch einen Stich Aufschwung ausstrahlen! Das kommt Jahre gedauert, aber jetzt kommt sie. müde. Die andere Partei ist jung, ner- nicht von alleine. Ihr müsst das auch Immerhin überwinden die Menschen vös, ein bisschen hibbelig. Das habe ein bisschen in den Gesichtern tragen. doch ihre Abhängigkeit von den USA ich mir in Dortmund angesehen. Wenn Ihr müsst etwas freundlicher schauen und die grobe soziale Ungerechtig- wir das zusammenpacken, kann es und wissen, dass es jetzt vorangeht. keit. Armut und Elend werden endlich vernünftig werden. Wir werden wieder Ich bitte euch, mir meine Leiden- bekämpft! lebendiger, und die anderen bekom- schaft zu verzeihen, und lasst uns Auch in Deutschland erleben wir men einen Schuss Seriosität. Das ist gemeinschaftlich leidenschaftlicher Veränderungen. DIE LINKE hat Akzep- doch eine Mischung, die wir hinbe- werden! Wisst ihr was: Wir werden tanz. Die Medien berichten anders kommen. wichtiger. Na und?!

610 DISPUT Juni 2007 LINKSPARTEI.PDS WAHLEN

Wahl der KandidatInnen der Linkspartei.PDS für den Parteivorstand

Wahl des Kandidaten für die Wahl Kersten Naumann LV Thüringen) Matthias Höhn (LV Sachsen-Anhalt) des Parteivorsitzenden 192 Stimmen (54,2), 180 Stimmen (50,8 Prozent), Inga Nitz (LV Bremen) Jan Korte (LV Sachsen-Anhalt) Gewählt: Lothar Bisky 208 Stimmen (58,8), 255 Stimmen (72,0 Prozent), Abgegebene Stimmen: 340, Sahra Wagenknecht Wolfgang Methling gültige Stimmen: 340, (Kommunistische Plattform) (LV Mecklenburg-Vorpommern) Ja-Stimmen: 293 (86,2 Prozent), 218 Stimmen (61,6) und 259 Stimmen (73,2 Prozent), Nein-Stimmen: 36, Halina Wawzyniak Bodo Ramelow (LV Thüringen) Enthaltungen: 11 (LV Berlin) 242 Stimmen (68,4 Prozent), 241 Stimmen (68,1) Helmut Scholz (AG Frieden und Internationale Wahl der Kandidatinnen für die Politik) Wahl der stellvertretenden Wahl der gemischten Liste der 221 Stimmen (62,4 Prozent), Parteivorsitzenden Linkspartei.PDS für den Sascha Wagener Parteivorstand der Partei DIE LINKE (Linksjugend [‘solid]) Gewählt: Katja Kipping: 161 Stimmen (45,5 Prozent), 268 Stimmen (77,0 Prozent) Wolfgang Gehrcke Harald Werner und Katina Schubert: (LV Hessen) (AG Betrieb & Gewerkschaft) 236 Stimmen (67,8 Prozent) 237 Stimmen (66,9 Prozent), 209 Stimmen (59,0 Prozent)

Wahl des Kandidaten für das Amt des Bundesgeschäftsführers

Gewählt: Dietmar Bartsch Ja-Stimmen: 261 (77,0 Prozent), Nein-Stimmen: 64, Enthaltungen: 14 Wahl der KandidatInnen der Linkspartei.PDS für die Bundes- Wahl des Kandidaten für das Amt schiedskommission des Bundesschatzmeisters Wahl der Frauenliste Wahl der gemischten Liste Gewählt: Karl Holluba Ja-Stimmen: 313 (95,4 Prozent), Ruth Kampa (LV Berlin) Michael Faber (LV NRW) Nein-Stimmen: 7, 210 Stimmen (76,1 Prozent), 229 Stimmen (73,4 Prozent), Enthaltungen: 8 Kerstin Pohnke (LV Berlin) Kay Werner (LV Sachsen) 189 Stimmen (68,5 Prozent), 171 Stimmen (54,8 Prozent), Sandra Wünsch (LV Bayern) Frank Nieswandt (LV MV) Wahl der Frauenliste der Linkspartei. 135 Stimmen (48,9 Prozent) 166 Stimmen (53,2 Prozent) PDS für den Parteivorstand der Partei DIE LINKE

Elke Breitenbach (LV Berlin) Wahl der KandidatInnen der Linkspartei. 178 Stimmen (50,3 Prozent), Angelika Gramkow PDS für die Bundesfi nanzrevisions- (LV Mecklenburg-Vorpommern) kommission, 225 Stimmen (63,6), Rosemarie Hein (LV Sachsen-Anhalt) Wahl der Frauenliste Wahl der gemischten Liste 195 Stimmen (55,1), Caren Lay (LV Sachsen) Heidemarie Ehlert Raju Sharma 203 Stimmen (57,3), (LV Sachsen-Anhalt) (LV Schleswig-Holstein) Irene Müller (AG Selbstbestimmte 230 Stimmen (79,9 Prozent), 221 Stimmen (79,5 Prozent), Behindertenpolitik) Ute Lukasch (LV Thüringen) Ralf Fiebelkorn (LV Sachsen) 182 Stimmen (51,4), 138 Stimmen (47,9 Prozent) 155 Stimmen (55,8 Prozent)

LINKSPARTEI.PDS DISPUT Juni 2007 062 6. BUNDESPARTEITAG DER WASG 15. JUNI 2007 BERLIN ►

Gut drei Stunden nach der Linkspartei, gegen 13.15, Uhr eröffnete die WASG ihren sechsten und letzten Parteitag. Auch hier – in den Reden und in der Aussprache zum Bericht des Bundes- vorstandes – schwang etwas Wehmut mit. Diskussionen gab es noch mal um die Trennung von Amt und Man- dat. Gewählt wurden die Kandida- tinnen und Kandidaten der Partei für die ersten Gremien der neuen LINKEN. Um 22.40 Uhr endete dieser Parteitag und mit ihm auch die Geschichte der WASG.

Beide Parteien hatten jeweils 398 Delegierte für den Gründungspartei-

© Erich © Erich Wehnert tag der LINKEN.

63 0 DISPUT Juni 2007 WASG Die Linke muss glaubwürdig bleiben Rede von Christine Buchholz, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der WASG, zur Eröffnung des 6. WASG-Parteitages am 15. Juni 2007 in Berlin

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich sche Bundestag über den Bundeswehr- begrüße euch herzlich im Namen des einsatz in Afghanistan abstimmen. Die Bundesvorstandes der WASG und LINKE ist die einzige Partei, die der im Namen meiner Bezirksgruppe der mehrheitlichen Meinung der deut- WASG Neukölln zu diesem letzten Par- schen und der afghanischen Bevölke- teitag der WASG. rung nachkommt und einen Rückzug Vor zwei Monaten in Dortmund aus Afghanistan fordert. haben wir die Weichen gestellt für die Wir können uns nicht auf die CDU Vereinigung. »Jetzt geht’s los« war der verlassen, aber leider auch nicht auf die Slogan in Dortmund. SPD und die Grünen. Wir wollen nicht, Wir haben losgemacht! Die Linke ist dass im Namen der Menschenrechte angekommen. Die neue Linke ist ange- deutsche Wirtschaftsinteressen mit Mili- kommen im Westen. Der Einzug in die tär in der ganzen Welt verteidigt werden. Bremer Bürgerschaft ist ein furioser Wir sind eine Anti-Kriegs-Partei. Erfolg. Wir sind gekommen, um zu blei- Wir sind gekommen, um zu bleiben. ben. Dank an die Bremer Kolleginnen Aber wir sollten nicht hochmütig sein. und Kollegen und an alle, die sie unter- Wie Uli Maurer immer betont: stützt haben! Erstens: Gestern hat die SPD es fer- Opportunismus ist der Begleiter des Die neue LINKE ist angekommen tig gebracht, bei der namentlichen Erfolges. Die neue LINKE muss glaub- in der außerparlamentarischen Bewe- Abstimmung einen von der LINKEN ein- würdig bleiben, darf ihre Positionen gung. Die G8-Proteste waren großartig. gebrachten Antrag zum Mindestlohn, nicht auf dem Altar der Regierungsbe- Aber auch der Beitrag der Linken zu den der wortgleich mit einer SPD-Unter- teiligung opfern. G8-Protesten war großartig. Wir waren schriftenliste war, abzulehnen. Wir als WASG haben die Erfahrung viele, wir haben eng zusammenarbeitet Die CDU hat einstimmig gegen den und den Konsens, dass wir in diesem mit Bündnispartnern in der globalisie- Mindestlohn votiert, was nicht weiter Land nur etwas ändern können, wenn rungskritischen Bewegung, wir waren verwundert, weil das Kapital gegen wir die gesellschaftlichen Kräftever- präsent, wir haben demonstriert, blo- den gesetzlichen Mindestlohn ist und hältnisse verändern. ckiert, deeskaliert und diskutiert. sie deshalb auch. Ihr, Kolleginnen und Kollegen, seid Wir sind gekommen, um zu bleiben. Ein Drittel der SPD-Abgeordneten der Garant dafür, dass die neue LINKE Vielen Dank an alle von euch, die hat gar nicht erst an der Abstimmung eine wirkliche Alternative zur Einpartei- geholfen haben, die G8-Kampagne teilgenommen, nur vier aufrichtige enkoalition wird. zum Erfolg zu machen. Genossen haben entsprechend ihrer Ich wünsche uns einen guten Par- Es gibt tausend Gründe, warum eigenen Position abgestimmt. teitag. Und nicht vergessen: Wir sind wir bleiben werden. Ich nenne zwei. Zweitens: Im Herbst wird der Deut- gekommen, um zu bleiben!

WASG DISPUT Juni 2007 064 Populistisch? Populär! Rede von Klaus Ernst, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes der WASG, auf dem 6. WASG-Parteitag am 15. Juni 2007 in Berlin

Liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe tragen werden konnte. Wir haben für Freundinnen und Freunde, liebe unseren morgigen Parteitag formal Genossinnen und Genossen, zurzeit den Beschluss der Parteibildung. Wir sind Tausende von ver.di-Beschäf- haben damit die Voraussetzungen tigten im Arbeitskampf. Sie wehren geschaffen, dass es in Deutschland sich dagegen, dass ihre Löhne um bis auf Dauer eine stabile linke Partei links zu 40 Prozent abgesenkt werden sol- von der SPD gibt! Zu diesem Prozess, len bei gleichzeitiger Verlängerung der von dem viele immer gesagt haben, Arbeitszeit. Und sie wehren sich dage- das ist ein von oben gesteuerter Pro- gen, dass sie damit für Fehler dieses zess, möchte ich nur sagen: Ich kenne Vorstands verantwortlich gemacht wer- keine Partei, die an dieser Frage nicht den, der durch permanente Umorgani- nur so viele Parteitage durchgeführt sationen die Telekom ins Schwanken hat, sondern der es auch gelungen ist, bringt. Ich erkläre hiermit in aller Klar- die Mitglieder unmittelbar durch drei heit: Die WASG steht an der Seite der Urabstimmungen am Prozess zu betei- Telekom-Beschäftigten! Und wenn die ligen. Ohne diese Beteiligung von euch Bundesrepublik Deutschland über 30 wäre dieser Prozess gescheitert. Mit Prozent Anteile an der Telekom besitzt, stand bei denen der Esel zu unterst. euch ist er gelungen, liebe Kolleginnen wir eine Anfrage im Bundestag stellen Das ist der Unterschied. und Kollegen! und uns dann gesagt wird, so ein Auf- Wenn wir uns an die Seite der Wir haben inzwischen einige wei- sichtsrat wäre ja vollkommen unab- Beschäftigten der Telekom stellen, tere offene Punkte klären können, die hängig vom Eigentümer – dann kön- dann sagt man uns, wir seien Popu- mit unserem Personal zusammenhin- nen wir nur sagen: Wenn gegenwärtig listen. Kolleginnen und Kollegen, wir gen. Wir haben geklärt, dass über ein ein Herr Obermann diesen Laden rui- sind keine Populisten, sondern wir Jahr hinaus, entsprechend dem Para- niert, dann macht er das mit Zustim- kümmern uns um die Beschäftigten graphen 6.13 BGB, alle unsere Kolle- mung der Bundesregierung. Deshalb und um die Bürgerinnen und Bürger ginnen und Kollegen, die bei uns ein ist auch sie in der Verantwortung! Ein dieses Landes. Und das macht uns Beschäftigungsverhältnis hatten, bei Unternehmen ist dann erfolgreich, populär. Das ist ein Unterschied zum der LINKEN ohne Abstriche weiterbe- wenn die Beschäftigten und die Unter- Populismus. Wir vertreten die Mehrheit schäftigt werden. Wir haben unsere nehmensleitung fair zusammenarbei- der Bevölkerung: Ob wir die Frage der Finanzen in Ordnung gebracht. Der ten. Das war schon bei den Bremer Rente nehmen, bei der über 80 Pro- Kollege Händel hat mir das noch mal Stadtmusikanten so. Sie konnten die zent der Bürger eine Rente erst ab 67 eindeutig bestätigt. Wir haben einen Räuber in die Flucht schlagen, weil sie ablehnen. Ob wir die Gesundheit neh- erheblichen Teil organisatorisch für zusammengehalten haben. Allerdings men, bei der über zwei Drittel der Bür- die neue LINKE beigetragen. Finanzi- gerinnen und Bürger die Gesundheits- ell können wir uns sehen lassen. Bis reform ablehnen. Ob wir die Kriegsein- Ende 2007 werden wir das Projekt mit sätze in Afghanistan und anderswo etwa fünf Millionen Euro aus Beiträgen, nehmen, bei der über die Hälfte der Spenden und staatlicher Teilfi nanzie- Bürger, zwei Drittel, das ablehnen. Im rung unterstützt haben. Das ist fi nan- Bundestag gibt es dafür immer eine ziell ein guter Erfolg. Wir sind die erste Zwei-Drittel-Mehrheit. Wir vertreten Parteigründung seit 1945, deren erster im Bundestag die Mehrheit der Bürge- Geschäftsbericht von der Bundestags- rinnen und Bürger dieses Landes, und verwaltung ohne jede Beanstandung zwar als einzige Partei! Das ist gegen- anerkannt wurde. wärtig die Realität. Auch das sei gesagt: Wir haben Wir haben im Zuge unserer Partei- unseren Job gut gemacht, insbeson- bildung das politische Spektrum schon dere die Kolleginnen und Kollegen, deutlich verändert. Ich möchte euch die sich um die Finanzen gekümmert einige Punkte nennen, an denen wir haben. Wir gehen ohne Schulden in arbeiten. Wir haben auf Bundesebene die neue Partei. Ich möchte mich für in beiden Parteien die Urabstimmun- die viele geleistete Arbeit der Landes- gen mit deutlicher Mehrheit für diese und Kreisschatzmeister bedanken. Parteibildung hinter uns gebracht. Wir Dass unsere Geschäftsberichte fertig waren inzwischen beim Notar – Lothar geworden sind, das war die wesent- Bisky und ich – und haben die entspre- liche Voraussetzung für diese Partei- chenden Voraussetzungen geschaffen, bildung, sonst hätte das nicht funkti- dass jetzt der Verein, der unsere neue oniert. Ich möchte mich bei allen recht

© Erich © Erich Wehnert (3) LINKE ist, ins Vereinsregister einge- herzlich bedanken. Ihr habt organisa-

65 0 DISPUT Juni 2007 WASG torisch die Voraussetzungen geschaf- ger von 44 nur dann erreichen können, das anders macht. Ich kann an dieser fen, dass DIE LINKE entstehen kann! wenn sich jede Partei für sich auch an Stelle – und ich hoffe auf eure Unter- Wir haben jetzt noch den einen diese Regelung hält. Nur dann funk- stützung – nur noch mal an die Links- oder anderen ungeklärten Punkt. tioniert das. Jetzt haben wir das Pro- partei.PDS appellieren, in diesem letz- Einen konnten wir klären, das ist die blem, dass diese Satzungsregelung ten Akt der Parteibildung die Fairness Wahlordnung. Sie ist heute bei der möglicherweise nur eingehalten wird, vor alte Zöpfe zu stellen! Linkspartei.PDS beschlossen worden, weil wir als WASG weniger Mandats- Was bringen wir in die neue LINKE und zwar so, wie wir sie noch einmal träger nominieren werden, während ein? Wir bringen klare politische Posi- gemeinsam verhandelt haben. Eines die Linkspartei.PDS möglicherweise tionen ein, zum Beispiel bei der Priva- ist klar: Es ging nie darum, an der mehr nominiert. Dann ist unsere Sat- tisierung. Es freut mich, dass wir heute Quote der Frauen etwas zu drehen. Das zung nach wie vor eingehalten. Das wissen, dass der Sparkassenverkauf war nicht unsere Absicht. Der Unter- wäre kein Satzungsverstoß, aber ich in Berlin so abläuft, dass die Spar- schied bestand nur darin: Wählen wir sage eindeutig: Der Geist unserer Ver- kasse letztlich im Sparkassenverbund in einem oder in zwei Wahlgängen. Das einbarung war anders. Der Geist dieser bleiben wird. Und ich sage euch: Ich ist geklärt. Das ist auch gut so. Aber, Vereinbarung ist, dass in jeder Partei glaube, dass das so gelaufen ist und jetzt haben wir ein neues Problem. Es das letztlich so gemacht wird, wie es dass die Positionen der Linkspartei. besteht darin, dass wir mit der Links- für die gesamte Partei vereinbart war. PDS klar waren, hat auch ein kleines partei.PDS vereinbart hatten, dass wir So ist die Regelung! Um deutlich zu bisschen mit uns zu tun. unsere Gremien maximal zu 50 Prozent machen, welches Problem entstehen Wir bringen klare politische Posi- mit unseren Mandatsträgern besetzen. kann: Es kann passieren, dass bei uns tionen bei völkerrechtswidrigen Das haben wir für den gesamten neuen noch Mandatsträger kandidieren und Kriegseinsätzen, in der Sozialpoli- Vorstand vereinbart, der aus 44 Mit- gewählt werden und die Quote über- tik und bei Regierungsbeteiligungen gliedern bestehen wird. 22 Mitglieder schritten wird. Was macht denn dann ein. Wir bringen aber auch den Wes- werden von uns kommen. Jetzt ergibt die Linkspartei? Streicht sie dann wel- ten ein, denn der war vorher bei der sich eigentlich aus der Logik der Sache, che von ihrer Liste? Aber wen? Auch Linkspartei.PDS in der Form nicht vor- dass wir diese maximal 22 Mandatsträ- daraus ergibt sich die Logik, dass man handen. Deshalb sage ich: Wenn wir

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WASG DISPUT Juni 2007 066 die Wahlergebnisse bei der Bundes- gemeinsam gefordert, diese Glaub- ihre Vorträge gemacht haben. Recht tagswahl anschauen und auch die würdigkeit und Verlässlichkeit unserer herzlichen Dank für eure Arbeit! Wahlergebnisse in Bremen: Ich selber neuen LINKEN in der Zukunft zu kon- Der Länderrat – eine Besonder- habe nicht mit diesem guten Ergeb- trollieren. Deshalb ist es wichtig, dass heit unserer Partei. Wenn ich an die nis gerechnet. Wir können stolz auf wir Regelungen haben, mit denen vielen kritischen Debatten, die wir im das sein, was unsere Kolleginnen und wir sagen, wir wollen, dass die Basis Länderrat hatten, denke. Wie wir auch Kollegen in Bremen geleistet haben, unserer Partei direkt und unmittelbar angemacht wurden. Aber ich sage aus und das ganz eindeutig und klar! Wir mitreden darf und nicht nur die Gre- heutiger Sicht: Es war richtig, dass wir haben damit bewiesen, dass das Pro- mien. Das Wichtigste, was wir einbrin- auch die Länder über ihren Länderrat jekt keine Eintagsfl iege ist, sondern gen: Wir bringen uns als Menschen ein. ein Stück weit zum Kontrollorgan des dass die Chance tatsächlich besteht, Wir sind kritisch. Wir sind auch unbe- Vorstands gemacht haben. Wir haben den Westen zu kriegen. Der Westen, quem. Wir sind konsequent. Und ich damit gut leben können. Die Ergeb- der kommt im Wesentlichen durch sage es auch – vielleicht ein bisschen nisse geben uns Recht. Auch den Kol- uns, ohne damit dem einen oder der leiser: Ich glaube auch, wir sind der leginnen und Kollegen aus dem Län- anderen zu nahe treten zu wollen. Wir spannendere Teil der neuen LINKEN. derrat recht herzlichen Dank! bringen den Zugang zu den Gewerk- All das lässt uns selbstbewusst Die eigentlich die meiste Arbeit schaften ein. Das ist unheimlich wich- und mit aufrechtem Gang in die neue gemacht haben, ohne dass man es tig, weil wir davon ausgehen können: LINKE gehen, mit der klaren Botschaft, gemerkt hat – nicht, weil sie schlechte Wenn wir inzwischen bei den Telekom- dass die Ideen der WASG nicht unter- Arbeit geleistet haben, sondern weil Streiks eingeladen werden, wenn auf gehen, sondern die Chance haben, in sie im Hintergrund waren –, das waren der anderen Seite Sozialdemokraten der neuen LINKEN erst richtig groß und unsere Kolleginnen und Kollegen aus zum 1. Mai ausgeladen werden, dann breit aufgehen zu können. Das sind den Arbeitsteams in Berlin und Fürth. ist das ein Zeichen, wohin sich Gewerk- unsere Positionen, liebe Kolleginnen Recht herzlichen Dank, Kolleginnen schaften künftig zum großen Teil orien- und Kollegen. Und ich sage: Unser und Kollegen, für eure Arbeit und dafür, tieren werden. Selbstbewusstsein speist sich daraus, dass ihr es so sauber und gut hinbe- Wir bringen die Akzeptanz der sozi- dass wir sagen: Ohne uns wäre DIE kommen habt. alen Bewegungen mit ein. Da komme LINKE eine Regionalpartei. Ohne uns Und jetzt ein Wort zum Schluss: ich zu Heiligendamm und zu Chris- wäre DIE LINKE chancenlos. Und ohne Viel ist an unserer Organisation kriti- tine Buchholz, der ich ebenfalls für uns hätten selbst Oskar und Gregor siert worden. Da hat auch nicht alles ihr Engagement, das sie dort gezeigt nicht die Basis, die sie brauchen, um funktioniert. Ich nenne euch mal ein hat, danken möchte. Aber zu Heili- ihre Talente für uns gemeinsam in die kleines Beispiel: Ich habe eine Ver- gendamm noch ein paar Worte mehr: Politik einzubringen. Auch das ist klar waltungsstelle mit 20.000 Mitgliedern Selbstverständlich lehnen wir Gewalt und deutlich! mit einem guten Organisationsverhält- aus einer Demonstration heraus ab. Ich möchte mich – weil das ja sozu- nis. Wenn ich da einmal die Situation Das ist unbestritten. Aber – und damit sagen die letzte Rede eines Mitglieds gehabt hätte, dass aus den Faxgeräten meine ich nicht, dass ich das Steine- des geschäftsführenden Bundesvor- so viele Neuaufnahmen herauslaufen, werfen rechtfertigen möchte – der standes ist – bei allen bedanken. Ich so dass das Papier nicht mehr reicht, Protest ist notwendig. Wenn wir über möchte mich als erstes bei den Grün- um es nachzufüllen, dann hätte ich Gewalt reden, dann müssen wir auch dern der beiden Initiativen – Initia- auch in diesem gut organisierten Laden über die völkerrechtswidrigen Kriege tive für Arbeit und soziale Gerechtig- ein riesiges Problem gehabt. Das war reden, die in der Tolerierung oder keit und Wahlalternative – bedanken, der Zustand, den wir am Anfang in die- durch Veranlassung von Staaten der weil ohne diese beiden Initiativen ser Partei hatten. Wir hatten nämlich G8 durchgeführt werden. Darüber müs- die Parteigründung der WASG wohl nichts und haben alles aus dem Stand sen wir dann auch reden. Und wir müs- nicht gelaufen wäre. Recht herzlichen heraus aufbauen müssen. Deshalb sen darüber reden, wie denn die Rolle Dank an alle, die damals den Mut hat- bitte ich euch mit Nachdruck um ein der Polizei und deren Führung war, ten, sich als erste hinzustellen und zu wenig Verständnis auch für das, was wie auch die Rolle der Bundeswehr sagen: Wir sagen Nein zu dieser Poli- alles nicht funktioniert hat. Ich glaube, war. Wenn man nun plötzlich feststellt, tik der SPD, zu dieser Politik der grün- insgesamt haben wir es mit etwas Fair- dass im »schwarzen Block« verkleidete roten Regierung. ness trotz allem geschafft, die Dinge Polizisten stecken: Ja, was wollen die Ich möchte mich bei allen Mitglie- miteinander gut hinzukriegen. denn da? Was tun die denn da? Über dern des Bundesvorstandes bedan- Ich bedanke mich zum Schluss bei solche Fragen muss man nachdenken! ken. Die Debatten waren oft sehr kri- euch allen, bei den Delegierten, nicht Deshalb ist es notwendig, dass wir uns tisch und nervenaufreibend, aber ins- nur für die Geduld, meiner heutigen darüber informieren und im Bundestag gesamt doch zielführend. Wir haben Rede und meinen sonstigen Reden die notwendige Initiative dazu ergrei- viel erreicht. Recht herzlichen Dank für zuzuhören, sondern auch für die fen. Wenn Polizisten – wie wir hören euer Engagement! Geduld, dass ihr den geschäftsführen- – solange nichts zu essen erhalten und Das Ganze gilt natürlich auch für den Vorstand sozusagen habt überle- schlecht untergebracht werden, bis sie alle, die in den Kommissionen gear- ben lassen, aber vor allem dafür, liebe so aggressiv werden, dass sie dann auf beitet haben, die in mühsamer Klein- Kolleginnen und Kollegen, dass ihr alle Demonstranten und Demonstrantinnen arbeit die Vorbereitungen gemacht hier seid, verantwortlich für die neue einprügeln, dann müssen wir uns dar- haben, dass unsere Parteitage – und LINKE. Ich danke für das Zuhören! über auch Gedanken machen und sol- es waren nicht wenige – vernünftig lau- che Dinge künftig abstellen. Das sage fen konnten. Das war die Satzungsbe- ich ebenfalls in aller Klarheit. ratungskommission und das war die Kolleginnen und Kollegen, wir brin- Programmkommission. Das waren aber www.die-linke.de gen in unsere Partei Glaubwürdigkeit auch all die Leute, die sich mit Finan- und Verlässlichkeit ein. Wir alle sind zen beschäftigt haben und hier auch

670 DISPUT Juni 2007 WASG Partei der direkten Demokratie Rede von Oskar Lafontaine, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag, auf dem 6. WASG-Parteitag am 15. Juni 2007 in Berlin

Liebe Freundinnen und Freunde, ihr Willy Brandts, des Friedensnobelpreis- in Rente gehen. Das war die Idee des habt mir zur Vorstellung zehn Minuten trägers, verbindlich, und der hieß: »Von Sozialstaates, und dieser Sozialstaat gegeben, dafür danke ich euch, das deutschem Boden soll niemals wieder ist nun von den anderen Parteien sys- enthebt mich der Verpfl ichtung, eine Krieg ausgehen«, und diesem Satz füh- tematisch zerstört worden, und das längere Rede zu halten, die muss ich len wir uns auch heute noch verpfl ich- Tollste ist, dass sie diese Zerstörung morgen halten, insofern danke ich tet. Der Menschenrechtsbellizismus auch noch verkleistern mit einer For- noch mal für so viel Rücksichtnahme. der Grünen und vieler anderer, auch mel, die da heißt »vorsorgender Sozi- Ich bin aufgefordert worden, zu kan- der großen Parteien, dieser Menschen- alstaat«. Nachdem sie die Rentenver- didieren, das tue ich gerne, weil wir rechtsbellizismus nach dem Motto Frei- sicherung und die Arbeitslosenversi- vor zwei Jahren zusammen aufgebro- heit und Demokratie und Menschen- cherung zerstört haben und die Kran- chen sind, um die deutsche Politik rechte bewahren wir am besten, indem kenversicherung beschädigt haben, zu verändern. Und heute können wir wir die Bundeswehr zu Kampfeinsätzen stellen sie sich hin und sagen, unser sagen, die neue LINKE ist da, ihr alle schicken, dieser Menschenrechtsbelli- Programm ist der vorsorgende Sozial- habt mitgewirkt, dass sie da ist, und zismus ist kläglich gescheitert. Es wäre staat. Wenn Wörter einen Sinn machen, ihr alle habt mitgewirkt, dass wir wirk- an der Zeit, die deutschen Truppen aus liebe Freundinnen und Freunde, dann lich jetzt denen eine Stimme verleihen Afghanistan zurückzuziehen. hat man die Politik der letzten Jahre können, die jahrelang keine Stimme Wie sehr sich die deutsche Diskus- auf den Kopf gestellt. Wir haben nicht mehr hatten, nämlich den Ausgegrenz- sion in den letzten Jahren verirrt hat, mehr einen vorsorgenden Sozialstaat, ten, den Rentnerinnen und Rentnern, kann man an einem einzigen Sach- sondern wir haben leider mittlerweile den Arbeitslosen und den Arbeitneh- verhalt festmachen, der mich wirklich einen Sozialstaat, der diesen Namen merinnen und Arbeitnehmern. Und für empört hat. Vorgestern ist veröffent- nicht mehr verdient. DIE LINKE ist auf- mich ist zum Beispiel eine Befragung, licht worden, dass wir, die Deutschen, gerufen, ihn wieder herzustellen. die im Osten jetzt durchgeführt worden auf Platz 3 der Waffenexporteure der Und wenn es noch eines Beweises ist, eine große Genugtuung für unsere Welt vorgerückt sind. Das ist für mich bedurft hätte, dann war es der letzte Arbeit, ich sage für unsere Arbeit. In angesichts unserer Geschichte, auch Bericht der OECD. Die OECD ist eine dieser Befragung wurde festgestellt, angesichts zweier Weltkriege, die neoliberale Organisation, sie liefert dass wir im Osten für 48 Prozent der unter deutscher Verantwortung vom ständig Reformrezepte, die die hoch- Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Zaune gebrochen worden sind, ein rie- bezahlten Beamten im XVI. Arrondis- der erste Ansprechpartner sind, dass siger Skandal. Dieses Land darf nicht sement von Paris nicht betreffen. Die wir diejenigen sind, die ihre Interessen zur Waffenschmiede der Erde werden. sitzen dort hochbezahlt und sind von vertreten, während die Sozialdemokra- Und das Interessante ist, dass die mit allen ihren Vorschlägen nicht betrof- tische Partei nur noch auf 12 Prozent uns konkurrierenden Parteien darü- fen. Aber auf die Statistiken kann man kommt. Man sieht also, die Menschen ber so gut wie überhaupt nicht disku- sich zumindest beziehen, und es war erkennen, wer wirklich ihre Interessen tieren, und dass sie nicht zur Kennt- für mich unfassbar, dass diese Statis- vertritt. nis nehmen wollen, dass diese Waffen tik ausweist, man glaubt es gar nicht, Deshalb lasst mich in diesen zehn geliefert werden in Spannungsgebiete, dass diejenigen, die in Deutschland Minuten drei Punkte ansprechen, die also in die Gebiete, in denen kriege- einen niedrigen Lohn beziehen, das wichtig sind, heute vielleicht gerade rische Auseinandersetzungen statt- werden ja immer mehr, die niedrigste angesichts der aktuellen Ereignisse. fi nden. Hier zeigt sich doch der ganze Rentenerwartung aller Industriestaaten Erstens die Außenpolitik: Man muss Irrsinn der Politik, zuerst rüsten wir die haben! Welch ein Zeugnis für das es immer und immer wieder sagen, miteinander kämpfenden Parteien auf Reformchaos der letzten Jahre, an dem wir sind die einzige politische Kraft in und dann schicken wir die Bundeswehr alle mit uns konkurrierenden Parteien Deutschland, die eine Außenpolitik hin, um Frieden zu stiften – schwach- beteiligt waren. befürwortet, die sich auf die Grund- sinniger geht es doch nicht mehr, liebe Und das Thema der Wiederherstel- lage des Völkerrechtes stellt. Alle Kolleginnen und Kollegen. lung der Rentenformel, liebe Freun- anderen politischen Parteien miss- Zweiter Schwerpunkt neben der dinnen und Freunde, das muss für uns achten und brechen das Völkerrecht. Außenpolitik, die sich wieder auf die jetzt ins Zentrum der Politik rücken. Aber was für das Innenleben der Staa- Grundlage des Völkerrechtes stellt, ist Dazu rufe ich euch auf. Das betrifft noch ten gilt, das Frieden nur dann erreich- die Wiederherstellung des Sozialstaa- mehr Menschen als die Mindestlohn- bar ist zwischen den Menschen, wenn tes. Der Sozialstaat war identitäts- forderung. Alle Arbeitnehmerinnen und die Gesetze beachtet werden, das gilt stiftend für viele Deutsche nach dem Arbeitnehmer haben Sorge, sie können genauso für die Beziehungen zwischen Kriege. Wenn sie gefragt worden sind, zu zu niedrigeren Löhnen beschäftigt den Staaten. Solange Deutschland was bedeutet für dich eigentlich die werden, und damit betrifft es faktisch das Völkerrecht bricht, solange leistet deutsche Nation, dann war die deut- alle oder zumindest die große Mehr- Deutschland keinen Beitrag zum Frie- sche Nation vermittelt über einen Sozi- heit, aber es ist doch für uns eine zen- den in der Weit. Ich kann es auch in der alstaat, der in gemeinschaftlicher Soli- trale Herausforderung. Was im vorletz- Tradition der Arbeiterbewegung for- darität diejenigen auffängt, die krank ten Jahrhundert die Regel war, nämlich mulieren. Für mich war immer ein Satz werden, die arbeitslos werden oder Altersarmut, haben die Reformchaoten

WASG DISPUT Juni 2007 068 der letzten Jahre jetzt für Deutschland tierenden waren, während die Vorsit- chung beispielsweise der Netze muss wieder programmiert, und deshalb zende der Grünen vom Zug weggebuht ergänzt werden durch die Kommuna- braucht es eine LINKE, die das wieder worden ist, weil sich die dort Demons- lisierung der Energieversorgung. Lasst verändert, die zum Kampf antritt und trierenden verbaten, dass jemand dort uns das zu unserem Markenzeichen sagt, wir kämpfen für die Arbeitneh- demonstriert, der seine Hand gehoben machen, liebe Kolleginnen und Kolle- merinnen und Arbeitnehmer. hat für völkerrechtswidrige Kriege. gen. Nachdem im Zuge der Privatisie- Drittes Thema: Wir sollten die ökolo- Wenn wir bei der ökologischen rung alle Stadtwerke verkloppt worden gische Erneuerung der Industriegesell- Erneuerung der Industriegesellschaft sind, nachdem jeden Tag nachzulesen schaft ebenfalls zu unserem Kernthema die Systemfrage stellen, dann ist das ist, wie die großen Energieversorger machen. Wir sollten den anderen poli- auch konkret. Wir, DIE LINKE, wir sind immer mächtiger werden, nachdem wir tischen Parteien deutlich machen, dafür, leitungsgebundene Industrie- wissen, dass die Energieexperten der dass sie keinerlei Rezepte haben, auch zweige zu vergesellschaften, in gesell- Fraktionen in Beiräten und Aufsichts- die Grünen, denn sie formulieren, wir schaftliche Verantwortung zu überneh- räten der großen Energieversorger sit- brauchen eine ökologische Marktwirt- men, das gilt für die Stromnetze, das zen, und jeder weiß ja, was das heißt, schaft, und verkennen, dass ein Wirt- gilt für die Bahn usw. usw. Wir haben nach all dem müssen wir wieder an das schaftssystem, das ausgerichtet ist auf einen Entwurf gesellschaftlicher Ord- anknüpfen, was lange Zeit unbestrit- Gewinn, auf mehr Verbrauch und auf nung, mit dem die anderen nicht kon- ten war: Energieversorgung braucht Expansion, niemals ökologisch sein kurrieren können. Leitungsgebundene Dezentralisierung, und Dezentralisie- kann. Wir stellen die Systemfrage, denn Wirtschaftszweige können nicht pri- rung heißt zurück in kommunale Ver- nur durch das Stellen der Systemfrage vatisiert werden und dem marktwirt- antwortung. ist die ökologische Herausforderung zu schaftlichen Wettbewerb ausgesetzt Und letzter Punkt: Wir wollen die bewältigen. werden, das gilt für die Bahn, das gilt Partei der demokratischen Erneuerung Im Übrigen ein Wort zu den Grünen, für die Stromversorgung, für die Gas- werden in einer Zeit, in der die Demo- die ja wirklich eine Konkurrenz zu uns versorgung und für viele ähnliche kratie in Deutschland in Frage gestellt sind. Es war schon gut zu erleben, dass Wirtschaftsbereiche. Aber damit nie- ist. Wenn Demokratie heißt, dass die wir in Heiligendamm Ansprechpartner mand jetzt mit der Verstaatlichungs- politische Ordnung so verfasst ist, dass der großen Mehrheit der dort Protes- keule kommt, sage ich, die Verstaatli- die Interessen der Mehrheit berücksich- tigt werden, dann hat das repräsenta- tive System in Deutschland versagt. Die Interessen der Mehrheit werden bei Renten, bei Arbeitslosenversicherung, bei Gesundheitsversicherung, bei der Steuerpolitik und bei der Außenpolitik nicht mehr berücksichtigt. Es kommt nicht von ungefähr, dass 80 Prozent der Deutschen sagen, wir gehen nicht mehr zur Wahl oder es lohnt sich nicht mehr zur Wahl zu gehen, weil die poli- tischen Parteien unsere Interessen nicht mehr vertreten. Das ist aber auch eine Herausforderung für uns, eine Herausforderung dahingehend, dass wir selbst glaubwürdig sein müssen, und das heißt, dass wir selbst direkte Demokratie in unserer Mitgliedschaft zur Grundlage wichtiger Richtungsent- scheidungen machen müssen. Das ist das Neue, was ich als Vorsitzender der Partei empfehlen möchte. Denn ich habe eines gelernt in den Jahrzehnten meiner politischen Arbeit, die ja auch von Fehlern begleitet waren: Alle Orga- nisationen neigen dazu abzuheben. Alle Organisationen neigen dazu, dass in Spitzengremien falsche Entschei- dungen getroffen werden. Ich sage euch hier eines: Wenn die Sozialdemo- kratische Partei Deutschlands ihre Fehl- entscheidung in Agenda 2010, Harz IV und völkerrechtswidrige Kriege einem Mitgliederentscheid unterworfen hätte, gäbe es uns vielleicht gar nicht, aber es gäbe diese Fehlentscheidungen nicht für die Menschen in Deutschland, und daraus müssen wir lernen, wir wollen die Partei der direkten Demokratie wer-

© Erich © Erich Wehnert den.

690 DISPUT Juni 2007 WASG WAHLEN

Wahl der KandidatInnen der WASG für den Parteivorstand Strohmeier, Hendrik Thomé und Sibylle Wankel. Im ersten Wahlgang wurden bei Wahl des Kandidaten für die Wahl Janine Wissler 277 abgegebenen gültigen Stimmen des Parteivorsitzenden 270 Stimmen (79,9 Prozent), gewählt: Sophie Dieckmann Oskar Lafontaine wurde mit 93,8 232 Stimmen (68,8 Prozent), Maike Lüdemann Prozent der abgegebenen Stimmen Sabine Lösing 209 Stimmen (75,5 Prozent), gewählt. 221 Stimmen (65,4 Prozent), Manfred Coppik Jürgen Klute 193 Stimmen (69,7 Prozent), 213 Stimmen (63,0 Prozent), Dorothee Diehm Wahl der KandidatInnen für Anny Heike 177 Stimmen (63,9 Prozent), die Wahl der stellvertretenden 206 Stimmen (60,9 Prozent), Sibylle Wankel Parteivorsitzenden Michael Schlecht 168 Stimmen (60,6 Prozent). 187 Stimmen (55,3 Prozent), Ulrike Zerhau wurde bei Heidi Scharf Im zweiten Wahlgang musste die 80 Nein-Stimmen und 187 Stimmen (55,3 Prozent). Frauenquote nicht mehr beachtet 48 Enthaltungen mit 208 von 336 werden. gültigen abgegebenen Stimmen Im zweiten Wahlgang genügte die Bei 250 abgegebenen gültigen (61,9 Prozent) gewählt. relative Mehrheit. Stimmen erhielten: Für Klaus Ernst stimmten 74,8 Prozent Bei 305 abgegebenen gültigen der Delegierten. Stimmen Hendrik Thomé wurden gewählt: 109 Stimmen (43,6 Prozent) und Dieter Müller Wahl des/der Finanzbeauftragten im Axel Troost 94 Stimmen (37,6 Prozent). geschäftsführenden Parteivorstand 153 Stimmen (50,2 Prozent), Brigitte Ostmeyer Christel Rajda erhielt von 328 gültigen 152 Stimmen (49,8 Prozent), abgegebenen Stimmen Ralf Krämer Wahl der KandidatInnen 243 (74,1 Prozent) Ja-Stimmen sowie 129 Stimmen (42,3 Prozent), der WASG für die 57 Nein-Stimmen Thies Gleiss und 28 Enthaltungen. 125 Stimmen (41,0 Prozent), Bundesfi nanz- Marc Mulia revisionskommission 123 Stimmen (40,3 Prozent), Wahl des geschäftsführenden Partei- Fritz Schmalzbauer vorstands mit Schwerpunkt »West« 120 Stimmen (39,0 Prozent), Zur Finanzrevision kandidierten: Peter Erlanson Auf Uli Maurer entfi elen von 339 119 Stimmen (39,0 Prozent), Thomas Händel, Astrid Kraus, abgegebenen gültigen Stimmen Britta Pietsch Bernd Mehrling und Nicole Röhrig. 288 Ja-Stimmen (85 Prozent). 116 Stimmen (38,0 Prozent) und Elke Theisinger-Hinkel Vier Plätze sind von der WASG zu 109 Stimmen (35,7 Prozent). besetzen. Wahl für den geschäftsführenden Parteivorstand Im ersten Wahlgang erhielten von 230 abgegebenen gültigen Stimmen: Christine Buchholz wurde mit Wahl der KandidatInnen 78,8 Prozent der Delegiertenstimmen Thomas Händel gewählt. der WASG für die Bundes- 192 Stimmen (83,5 Prozent), schiedskommission Astrid Kraus 173 Stimmen (75,2 Prozent), Wahlen zum erweiterten Nicole Röhrig Bundesvorstand Für die sechs Plätze in der 134 Stimmen (58,3 Prozent). Schiedskommission kandidierten Im ersten Wahlgang erreichten bei neun Mitglieder: Im zweiten Wahlgang mit 204 338 abgegebenen gültigen Stimmen abgegebenen gültigen Stimmen die folgenden sieben Kandidatinnen Manfred Coppik, Dorothee Diehm, erhielt Bernd Mehrling die und Kandidaten die erforderliche Jürgen Egener, Maike Lüdemann, erforderlichen 89 Stimmen 50-Prozent-Mehrheit (179 Stimmen): Dieter Müller, Ernst Reuß, Karl-Heinz (43,6 Prozent).

WASG DISPUT Juni 2007 070 FRAUENPLENUM © Erich © Erich Wehnert

Bereits am Vortag der letzten Partei- Seit sich die neue Partei DIE LINKE engagiert: mit Initiativen zu den »Pro- tage von Linkspartei.PDS und WASG abzuzeichnen begann, seit Sommer grammatischen Eckpunkten« und zum hatten sich zahlreiche Delegierte und 2005, waren Frauen aus Linkspartei, Statut, zur Mindestlohnkampagne, weitere Interessierte zum Frauenple- WASG und Parteilose unter dem Motto zum Feminismus und einer neuen num getroffen. In der Werkstatt der »ermutigen und selbstermächtigen« linken Kultur. Davon berichteten sie Kulturen in Berlin diskutierten sie am aufeinander zugegangen und hatten auch auf den beiden Parteitagen am 14. Juni Erfahrungen und Ansprüche. sich im Parteibildungsprozess stark 15. Juni.

710 DISPUT Juni 2007 AUSSPRACHE INHALT 2.500 Frauen und MännerihrInteresse 16. Juni 2007 dabei: 100ausländische Gäste,526 Medienver- Grußworte Grußworte Wahlen Mitglieder des Parteivorstandes Besucher aus nah und fern.Inderersten Woche Neben 751 (von 798 Delegierten gewählten) bekundet, sich inderLINKEN zu engagieren. nach demGründungspart Interviews ausländischeInterviews Gäste Rede von Oskar Lafontaine Rede von Lothar Bisky Gysi Gregor von Rede Rede von Klaus Ernst Beschlüsse BeiträgeKünstlern von Bericht von derAussprache Blick indieMedien Gründungsparteit treter und mehrals 1.000 Besucherinnen und 32 20 36 ag DIE LINKE, 44 30 3 eitag haben rund 8 24 12 16 40 34 3. Tagung des 10.Parteitages 6. Bundesparteitag der WASG, 15. Juni 2007 6. Bundesparteitag Juni der WASG, 15. Wahlen Wahlen Rede von Gregor Gysi Gysi Gregor von Rede Rede von Lothar Bisky Rede von Hans Modrow Rede von Oskar Lafontaine Rede von Klaus Ernst Rede von Christine Buchholz Begrüßung durch Klaus Lederer der Linkspartei.PDS, 15. Juni 2007 der Linkspartei.PDS, Juni 15. 62 70 65 57 52 50 68 64 48

© Aris