Francesco Morlacchi: J!"#$$ G!%%&!' S()**(+% (†1824) fertigte einen Kupferstich nach einer Zeichnung von G!%%&!' F+.(/+.0" T"!+3()(+.

170 Morlacchi, Francesco

Ho? apellmeister, Ehrenbürger von Bischofswerda 14.06.1784 – 28.10.1841

V: Alessandro (1760–1818), Violinist an der Kathedrale von Perugia; M: Virginia geb. Terenzi (1766–1834); E: um 1808, Anna geb. Fabrizi (†1855); K: 3 Söhne

Morlacchi besuchte in Perugia das Kirchenmusiken. Nach dem Erfolg Gymnasium. Die engen Bindungen seiner Oper „Le Danaide“ wurde man seiner Familie an die hiesige Kathe- in Dresden auf ihn aufmerksam. In drale ermöglichten ihm zusätzlich Dresden hatte es 1685 unter J*<'// eine gründliche musikalische Ausbil- G3*(& III. schon einmal eine ita- dung. Sein Vater war hier Violinist lienische Oper gegeben. Nach der und unterwies den Sohn schon mit Glaubenskonversion der Wettiner sechs Jahren in diesem Instrument. unter A$&$)4 =3^ S4'(_3/ wurde Der Kapellmeister der Kathedrale, sie vor allem unter A$&$)4 III. stark L$%&% C'($)*, und der Organist gefördert. Berühmte Ho? apell- G%*+'//% M'22344%, ein Onkel meister während des A ugusteischen seiner Mutter, lehrten ihn Gesang, Zeitalters waren A/4*/%* L*44% Klavier, Orgel und Bass. Ein erstes (1717–1719) und J*<'// A=*6>< Oratorium, in seinem 18. Lebens- H'))3 (1733–1763), danach J*<'// jahr gescha5 en, erregte soviel Auf- G*446%3q N'$^'// (1776–1801). merksamkeit, dass ihn Graf P%34(* Auf Vermittlung der Sängerin M'- B'&6%*/% zur weiteren Ausbildung zu (%' M'(9*6%/%, einer Nichte des N%99*6* Z%/&'(366% an die Kirche Kabinettsministers C'^%66* G('x Santa Casa in Loreto sandte. Ab 1805 M'(9*6%/%, wurde Morlacchi am vervollkommnete Morlacchi seine 7. September 1810 für ein Jahr Ausbildung bei S4'/%)6'* M'443% in als königlicher Kapellmeister und , der zu jener Zeit auch den Assistent von J*)3>< S9<$)43( mit späteren Kreuz- und ; omaskantor 1300 Talern Gehalt und 300 Talern und Richard Wagner-Lehrer C<(%)4%- Grati{ kation für jede neu kompo- '/ T<3*=*( W3%/6%& unterrichtete. nierte Oper angestellt. Maria Marco- Anlässlich der Krönung von N'>*- lini dankte Morlacchi einen großen 63*/ zum König von Italien im Jahre Erfolg an der Mailänder Scala bei der 1805 komponierte Morlacchi eine Au5 ührung von „Sa5 o“. Schon am 6. Kantate, die in Bologna aufgeführt Juli 1811 erhielt er eine Anstellung auf wurde. Es folgten erfolgreiche Opern Lebenszeit und sein Gehalt wurde auf in Florenz, Mailand, Bologna, , 1500 Taler jährlich erhöht. Neben der Verona, Livorno und Rom sowie viele Oper gehörten Konzertau5 ührun-

171 gen und die Kirchenmusik zu seinen unter F('/2 S39*/=' und die itali- P| ichten. Morlacchi blieb für 31 Jahre enische Oper zu einer verbundenen in Dresden, wegen seines Eintretens Staatsanstalt erhoben und T<3*=*( für die traditionelle italienische Oper H366 zu deren Intendanten ernannt. musste er jedoch manchen Kon| ikt F(%3=(%9< A$&$)4 =3( G3(39<43 austragen. Zwar stand der Hof unter bestätigte die neue Einrichtung nach F(%3=(%9< A$&$)4 =3^ G3(39<43/ seiner Rückkehr 1815. und seinem ein| ussreichen Kabinetts- minister D3463+ G('x +*/ E%/)%3- Am 30. Oktober 1818 wurde in Bi- =36 weiter treu zur etablierten Oper, schofswerda die nach dem Stadtbrand doch auch in Dresden ließ sich die von 1813 neu errichtete, heutige Zeit nicht au} alten. Zunächst dur~ en Christuskirche geweiht. Die Pläne deutsche Stücke jedoch nur von der stammten von Hoƒ aumeister G*44- Deutschen Operngesellscha~ des 6*q F(%3=(%9< T<*(^3„3(, für die J*)3>< S39*/=' aufgeführt werden. musikalische Umrahmung hatte die Keinem Mitglied des Hofensembles Stadt Morlacchi eingeladen, der seine war es gestattet, daran teilzunehmen. berühmtesten Sänger mitbrachte. Zu- In der Zeit des russischen General- nächst ertönte ein Choral, gesungen gouvernements in Dresden in den von den Solisten Demoiselle Gaudin, Jahren 1813/14 wurde der Fortbe- Madame Friedrich, Geheimsekretär stand von Ho~ heater und Ho? apelle Klee und Kassenschreiber Götze. aus { nanziellen Gründen infrage Es folgte ein Hymnus aus dem 100. gestellt. Morlacchi unterstützte den Psalm, vertont von Morlacchi und damaligen Direktor beider Einrich- vorgetragen von den königlichen tungen, J*)3>< F(%3=(%9< F(3%<3(( Kammersängern Filippo und Ger- +*/ R'9_/%42, maßgeblich darin, mano Sassaroli, Vincenzo Buccolini, dass keine der beiden Einrichtungen Carlo Tibaldi und Gioacchino Be- aufgelöst werden musste. Er suchte in nincasa. Nach der Einweihungskan- dieser Angelegenheit den russischen tate mit einem Text von C<(%)4*>< Zaren A63€'/=3( I. in Frankfurt auf, C<(%)4%'/ H*<6x36=4 und einer zu dessen Geburtstag er ihm zuvor Musik von Kreuzkantor F(%3=(%9< eine Kantate gewidmet hatte. Mor- W%6<36^ A&<43, aufgeführt von lacchi benötigte hierfür nur 48 Tage den Hofmusikern unter Leitung von – anderenfalls hatte ihm der russische Morlacchi, und einem Vaterunser, Gouverneur N%_*6'% G(%&*(3- vorgetragen von Sassaroli, folgte ein ‚%4)9< R3>/%/-W*6_*/)_% mit von Morlacchi komponierter Nachge- Sibirien gedroht. Dessen Gunst ge- sang. Zur Einweihung des Denkmals wannen Racknitz und Morlacchi mit für F(%3=(%9< A$&$)4 =3/ G3(39<- Schauspielen und Konzerten. Schließ- 43/ auf dem Marktplatz sangen die lich wurden das deutsche Schauspiel Chöre der Kreuzschule Dresden und

172 des Gymnasiums Bautzen (Direktor: Ho~ heater und Ho? apelle sowie die K'(6 G*44x(%3= S%3q36%)) ein Werk Kunstakademie verantwortlich, hatte von Hohlfeldt und Morlacchi. Zu- sich für Weber stark gemacht. Damit gunsten der neuen Kirche gab Mor- begann eine Zeit he~ igen Wider- lacchi am Abend noch ein Konzert, streits der Meister, deren Gipfelung in das 70 Taler einbrachte. Die dankbare persönlicher Fehde aber möglicher- Bürgerscha~ von Bischofswerda ver- weise nur in übertriebenen Berichten lieh Morlacchi das Ehrenbürgerrecht. existierte. Nach Eckstädts Ausschei- den 1820 besserte sich das Verhält- Morlacchi besuchte auch in seiner nis von Weber und Morlacchi. Zu Dresdner Zeit häu{ g Italien, wo er Webers Sängern gehörte mit L$=‚%& mit weiteren Opernkompositionen G3„3( ein ehemaliges Ensemblemit- beau~ ragt wurde. Seit 1816 war er glied von F('/2 S39*/='. Bekannt Mitglied der Akademie der schönen wurde Geyer vor allem als Stiefvater Künste in Florenz. Für sein Orato- – Gerüchte sagen sogar leiblicher rium „La Passione“, 1816 in Perugia Vater – von R%9<'(= W'&/3(, aufgeführt, verlieh ihm Papst P%$) dessen Weber-Verehrung von Geyer VII. den Titel eines „Conte Palatino geprägt worden war. Unterstützung e Lateranense“ und ernannte ihn fand Weber damals mehrheitlich im zum „Cavaliere dello Sperone d‘Oro“. Dresdner Liederkreis , der unter der Musikhistorisch werden Morlac- Leitung von G*446*q A=*6x E(/)4 chis Werke in die ältere italienische +*/ N*)4%42 $/= Jˆ/_3/=*(x Tradition der bu5 a und der stand und in den ihn K'(6 A$&$)4 Opera seria eingeordnet. Dass aber B‰44%&3( eingeführt hatte, sowie bei unter ihm ein glanzvolles Jahrhundert der dem Liederkreis nahestehenden der italienischen Oper in Dresden Dresdner Abendzeitung unter Leitung zu Ende gehen sollte, lag weniger am von T<3*=*( H366 und J*<'// Musiker selbst, sondern entsprach C<(%)4*>< A(/*6=. Hell wirkte dem Trend der Zeit. Die Dresd- nach Eckstädts Rückkehr am Ho~ he- ner war die letzte italienische Oper ater als Sekretär. Im wechselseitigen nördlich der Alpen. Seit 1817 war Verhältnis von Weber und Morlacchi die Dresdner Opernszene gespalten. zu Liederkreis und Abendzeitung Neben der von Morlacchi geführten widerspiegelt sich, dass sie bei allen italienischen Oper entstand eine tatsächlich existierenden Spannun- deutsche Oper unter Leitung von gen zusammenarbeiteten. So traten C'(6 M'(%' +*/ W3q3(, was den sie selbst im kon| iktträchtigen Jahr Wünschen breiter Bevölkerungskreise 1818 – Morlacchi war gerade erst von entsprach. Besonders H3%/(%9< C'(6 einem umstrittenen achtmonatigen G('x V%42 4<$^ +*/ E9_)4ˆ=4, seit Heimaturlaub zurückgekehrt – ge- des Königs Rückkehr 1815 wieder für meinsam auf. Zu den Feierlichkeiten

173 des 50-jährigen ; ronjubiläums von Dem 1826 verstorbenen C'(6 M'(%' F(%3=(%9< A$&$)4 =3^ G3(39<43/ +*/ W3q3( folgte im Amt als Hof- waren u. a. die Jubel-Ouvertüre von kapellmeister für die deutsche Oper Weber und eine Arie aus „Boadicea“ C'(6 G*446%3q R3%))%&3(. Gegen von Morlacchi zu hören, zudem san- den am Hof angesehenen Morlac- gen Sassaroli, Tibaldi und Benincasa. chi hatte er jedoch zunächst einen Diese kamen wenige Tage später bei schweren Stand. Zu Morlacchis besten einer wohltätigen Nachfeier erneut Werken wird ein Requiem aus jener zum Einsatz bei einer Ode mit einer Zeit gerechnet, das 1827 zu Ehren des Übersetzung von Böttiger und der verstorbenen Friedrich August des Musik von Morlacchi. Die zunächst Gerechten aufgeführt wurde. Unter abgelehnte Jubel-Kantate von Weber dessen Nachfolger, König A/4*/ mit einem Text vom Liederkreis- =3^ GŒ4%&3/, wurden 1832 die Mitglied F(%3=(%9< K%/= dur~ e italienische und die deutsche Oper diesmal auch aufgeführt werden. zusammengelegt. Die Au5 ührungen Kind, Librettist des „Freischütz“ der italienischen Opern erfolgten jetzt von Weber, erinnerte Jahre später in in deutscher Sprache. Morlacchi blieb seinem „Freischütz-Buch“ an Morlac- aber bis zu seinem Tode, also auch chi, dessen Worte an Kind gewandt unter König F(%3=(%9< A$&$)4 II. ab er zitierte: „Sie und Weber haben zu 1836, königlich-sächsischer Kapell- den Menschenherzen gesprochen, meister neben Reißiger. Die gemein- und kein Zweifel, Sie sind verstanden same Intendanz von Ho? apelle und worden...“ Morlacchis O5 enheit für Ho~ heater lag seit 1824 in den Hän- nicht-italienische Musik ungeachtet den von W*6x A$&$)4 +*/ LŒ44%- aller Konkurrenz und Eifersüchteleien 9<'$. Dramaturg am Ho~ heater war mit Weber zeigte sich in seinen Auf- mit L$=‚%& T%39_ ein ausgewiesener führungen von L$=‚%& +'/ B334- Böttiger-Gegner. Der vormalige erste <*+3/ und W*6x&'/& A^'=3$) Intendant der verbundenen Anstalt, M*2'(4. Auch von Carl Maria von T<3*=*( H366, wurde 1825 Regis- Weber ließ er sich künstlerisch beein- seur der italienischen Oper und 1841 | ussen. 1826 gründete Morlacchi eine Vizedirektor des Ho~ heaters. Unterstützungskasse für Witwen und Waisen von Mitgliedern der Ho? a- Mit seinen eigenen Kompositionen pelle. Zugunsten dieses Fonds führte hatte Morlacchi die Musikentwick- er alljährlich zum Palmsonntag im lung zwar nicht voran bringen kön- alten Opernhaus im Zwinger, 1772 nen. Trotzdem gilt er als führender zum Konzertsaal umgebaut, Wohl- italienischer Komponist der Musik- tätigkeitskonzerte auf. Sie ersetzten epoche vor G%*'9<%/* A/4*/%* die im Jahr zuvor an der Ho? irche R*))%/% („Der Barbier von Sevilla“, abgesetzten Passionsoratorien. „Aschenputtel“) und seine Verdienste

174 als Kapellmeister in Dresden sind unbestritten. Er brachte ein breites Repertoire auf die Bühne und för- derte auch unbekannte Stücke und junge Künstler für Oper und Kapelle. So holte er G%*'99<%/* B3/%/9')', einen ehemaligen Schuster, als Sänger nach Dresden. Während nach 1800 die katholische Kirchenmusik fast überall an Bedeutung verlor, erreichte Kleines Ho7 heater in Dresden: Hier sie an der Dresdner Ho? irche in der fanden mehr als 60 Jahre die Opern- Zeit Morlacchis eine große Blüte und au= ührungen von Naumann, Mor- entwickelte sich zu einem Besu- lacchi, Weber und Reißiger statt. chermagneten. Die Ho? apelle hatte Es befand sich auf dem Areal des zeitweise über 250 Kirchendienste pro heutigen Italienischen Dörfchens Jahr zu verrichten. Erst mit der Auf- und wurde 1841 nach dem Bau der lösung der italienischen Oper erlitt ersten Semper-Oper abgerissen. die Kirchenmusik in der Ho? irche Quellen: Moritz Fürstenau: Allgemeine einen tiefen Einschnitt, weil die itali- Deutsche Biographie, „Morlacchi, Fran- cesco“, Bd. 22, 1885, S. 320–322, „Racknitz, enischen Sänger Dresden verließen. Joseph Friedrich Freiherr von“, Bd. 27, 1888, Morlacchis Nachfolge als Ho? apell- S. 105–106, „Reißiger, Karl Gottlieb“, Bd. 28, meister trat 1843 R%9<'(= W'&/3( 1889, S. 145–149; Joseph Kürschner: ebenda, an, der die von Carl Maria von Weber „Hell, ; eodor“, Bd. 11, 1880, S. 693–694; begonnene Ära der deutschen Oper Michael Märker: „Morlacchi, Francesco“. Neue Deutsche Biographie, Bd. 18, 1997, glanzvoll weiterführte. Dies entsprach S. 152 f.; Allgemeine musikalische Zeitung, auch dem zunehmenden National- Bd. 20, Breitkopf & Härtel, 1818; Friedrich bewusstsein in den vorrevolutio- Kind: „Freischütz-Buch“. Göschen, 1843; Karl nären Jahren. Die frühere Ehrung Wilhelm Mittag: „Chronik der königl. sächs. Stadt Bischofswerda“. May, 1861; Gustav Morlacchis in Bischofswerda ist hier Schilling u. a.: „Encyclopädie der gesammten heute vergessen, nach Carl Maria von musikalischen Wissenscha~ en oder Universal- Weber wurde dagegen eine Straße Lexicon der Tonkunst“. Bd. 5, Köhler, 1837; benannt. An seinem Geburtsort Peru- Ludwig von Alvensleben: „Biographisches gia gedenkt man Morlacchi nach wie Taschenbuch deutscher Bühnen-Künstler und Künstlerinnen“. Bd. 2, Fischer & Fuchs, 1837; vor mit Stolz. Nach ihm benannt sind Conversations-Lexikon der Gegenwart, Bd. 3, ; eater und Konservatorium. Sein Brockhaus, 1840; Carl Glasenapp: „Das Leben Grabdenkmal be{ ndet sich in der Richard Wagners in 6 Büchern“. Bd. 1, Leipzig, Kathedrale S. Lorenzo. Die Tradition Breitkopf & Härtel, 1905, S. 40–49; Max Maria von Weber: „Carl Maria von Weber. Ein der Palmsonntags-Konzerte wurde Lebensbild“. Leipzig, Ernst Keil, 1866; Gerhard von der Sächsischen Staatskappelle Poppe: „Musik in der Katholischen Ho? irche Dresden wieder aufgenommen. zu Dresden“. SLUB-Kurier, 2001 H. 3, S. 8–10

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