Inhaltsverzeichnis Plenarprotokoll 18/110

Deutscher

Stenografischer Bericht

110. Sitzung

Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015

Inhalt:

Tagesordnungspunkt 23: ner Speicherpflicht und Höchstspei- cherfrist für Verkehrsdaten – Zweite und dritte Beratung des von der Drucksache 18/5088 ...... 10582 C Bundesregierung eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Erhöhung der Si- b) Antrag der Abgeordneten , cherheit informationstechnischer Sys- Dr. André Hahn, , weiterer Ab- teme (IT-Sicherheitsgesetz) geordneter und der Fraktion DIE LINKE: Drucksachen 18/4096, 18/512110563 A . . 10563 A Auf Vorratsdatenspeicherung verzichten Drucksache 18/4971 ...... 10582 C – Bericht des Haushaltsausschusses gemäß § 96 der Geschäftsordnung , Bundesminister Drucksache 18/5122 ...... 10563 B BMJV ...... 10582 D Dr. Thomas de Maizière, Bundesminister Jan Korte (DIE LINKE) ...... 10585 B BMI ...... 10563 C (CDU/CSU) ...... 10586 A (DIE LINKE) ...... 10566 A Dr. Günter Krings, Parl. Staatssekretär BMI ...... 10588 A Gerold Reichenbach (SPD) ...... 10567 A Katrin Göring-Eckardt (BÜNDNIS 90/ (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 10589 D DIE GRÜNEN) ...... 10569 A Dr. Eva Högl (SPD) ...... 10591 C (Altötting) (CDU/CSU) . . . . . 10570 C (DIE LINKE) ...... 10593 B Dr. (DIE LINKE) ...... 10572 A (SPD) ...... 10594 B (SPD) ...... 10573 B (Heilbronn) (CDU/CSU) . . . . 10594 C Renate Künast (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 10574 C (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 10596 A (CDU/CSU) ...... 10576 A Dr. (SPD) ...... 10597 C Christina Kampmann (SPD) ...... 10577 D Elisabeth Winkelmeier-Becker (CDU/CSU) . 10598 D Hansjörg Durz (CDU/CSU) ...... 10579 B Dr. Volker Ullrich (CDU/CSU) ...... 10600 D Marian Wendt (CDU/CSU) ...... 10580 D (CDU/CSU) ...... 10602 A

Tagesordnungspunkt 24: Tagesordnungspunkt 25: a) Erste Beratung des von den Fraktionen der Antrag der Abgeordneten , Matthias CDU/CSU und SPD eingebrachten Ent- W. Birkwald, Dr. , weiterer Ab- wurfs eines Gesetzes zur Einführung ei- geordneter und der Fraktion DIE LINKE: II Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015

Keine Paralleljustiz für internationale Kon- (SPD) ...... 10625 B zerne durch Freihandelsabkommen Drucksache 18/5094 ...... 10603 B Dr. André Hahn (DIE LINKE) ...... 10625 B Klaus Ernst (DIE LINKE) ...... 10603 B Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD) ...... 10625 D Andreas G. Lämmel (CDU/CSU) ...... 10604 D Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 10626 C Klaus Ernst (DIE LINKE) ...... 10606 B Michaela Engelmeier (SPD) ...... 10627 B Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 10607 A Dirk Wiese (SPD) ...... 10608 B Tagesordnungspunkt 28: Heike Hänsel (DIE LINKE) ...... 10610 A a) Antrag der Abgeordneten , Tom Koenigs, , weiterer Dr. (CDU/CSU) ...... 10610 D Abgeordneter und der Fraktion BÜND- Klaus Ernst (DIE LINKE) ...... 10612 C NIS 90/DIE GRÜNEN: Seenotrettung jetzt – Konsequenzen aus Flüchtlings- Dr. Heribert Hirte (CDU/CSU) ...... 10613 A katastrophen auf dem Mittelmeer zie- Dr. (SPD) ...... 10613 B hen Drucksache 18/4695 ...... 10628 B b) Antrag der Abgeordneten Ulla Jelpke, Jan Tagesordnungspunkt 26: Korte, Wolfgang Gehrcke, weiterer Abge- Erste Beratung des von der Bundesregierung ordneter und der Fraktion DIE LINKE: eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes zur Das Mittelmeer darf nicht zum Massen- Anpassung des nationalen Bankenabwick- grab werden – Für eine Umkehr in der lungsrechts an den Einheitlichen Abwick- EU-Asylpolitik lungsmechanismus und die europäischen Drucksache 18/4838 ...... 10628 C Vorgaben zur Bankenabgabe (Abwick- Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/ lungsmechanismusgesetz – AbwMechG) DIE GRÜNEN) ...... 10628 C Drucksache 18/5009 ...... 10614 C Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär Dr. , Parl. Staatssekretär BMI ...... 10629 D BMF ...... 10614 C Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ Dr. (DIE LINKE) ...... 10615 D DIE GRÜNEN) ...... 10630 C Manfred Zöllmer (SPD) ...... 10616 C Omid Nouripour (BÜNDNIS 90/ Dr. (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) ...... 10631 A DIE GRÜNEN) ...... 10617 D Jürgen Trittin (BÜNDNIS 90/ Klaus-Peter Flosbach (CDU/CSU) ...... 10618 D DIE GRÜNEN) ...... 10632 B (Heidelberg) (SPD) ...... 10619 D Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär BMI ...... 10632 C (CDU/CSU) ...... 10621 A Ulla Jelpke (DIE LINKE) ...... 10633 B

Tagesordnungspunkt 27: Christina Kampmann (SPD) ...... 10634 B a) Antrag der Fraktionen der CDU/CSU und (CDU/CSU) ...... 10635 C SPD: Einhaltung der Menschenrechte Dr. (SPD) ...... 10636 D in Aserbaidschan einfordern Drucksache 18/5092 ...... 10621 D (CDU/CSU) ...... 10638 A b) Antrag der Abgeordneten Özcan Mutlu, , (Bremen), Nächste Sitzung ...... 10639 C weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Demokra- tie, Rechtsstaatlichkeit und Menschen- Anlage 1 rechte in Aserbaidschan auch bei den Liste der entschuldigten Abgeordneten . . . . . 10641 A Europaspielen 2015 einfordern Drucksache 18/5097 (neu) ...... 10622 A (Chemnitz) (CDU/CSU) . . . . 10622 A Anlage 2 Dr. André Hahn (DIE LINKE) ...... 10624 A Amtliche Mitteilungen ...... 10641 D Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015 10621

(A) Alexander Radwan (CDU/CSU): Herr Kollege Schick, Sie haben die Anpassung der (C) Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute de- MaRisk – ich habe es so verstanden – kritisiert. Ich bin battieren wir den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Meinung, europäische Vorgaben und europäische des nationalen Rechts an den Einheitlichen Abwick- Anwendungen sind notwendig. Aber wir müssen uns lungsmechanismus. Es ist ja schon mehrfach gesagt wor- schon genau anschauen, ob es nicht auch notwendig ist, den: Es ist ein wichtiger Baustein der Bankenunion, dass dafür zu sorgen, dass sich europäische Einrichtungen, wie es jetzt bei der Aufsicht der Fall ist, dann, wenn es keine Steuergelder mehr verwendet werden, sondern die vonseiten des Gesetzgebers in Deutschland möglich ist, Banken selber haften sollen. Wir haben die nationale an nationales Recht halten müssen. Dazu dient eine Ver- Umsetzung im Rahmen des Gesetzes schon hinter uns. ordnung. Nur dann, wenn eine solche Verordnung vor- Derzeit befindet sich die Behörde im Aufbau. Bereits handen ist, werden sich die entsprechenden Einrichtun- jetzt hat sie mit Frau König eine Präsidentin, die hart da- gen auch zukünftig daran halten müssen. Da gerade wir ran arbeitet, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen. die Subsidiarität und die Regionalbanken hochhalten 150 sollen es dieses Jahr werden, bis 2017 sollen es und sie immer wieder verteidigen, sollten wir diese auch 300 sein. Wir werden uns noch intensiv damit beschäfti- bei den Möglichkeiten, die wir haben, berücksichtigen. gen, wie die Behörde zukünftig zu finanzieren ist. Natür- lich beschäftigen wir uns aber auch damit, wie das, was Ich möchte einen weiteren Punkt aufgreifen, der in in der Theorie gut klingt – grenzüberschreitende Ab- der Debatte über die Einrichtung dieser Organisation wicklung –, hinhaut. Dazu nehmen wir jetzt eine Anpas- heftig diskutiert wurde: Sollen wir für den Fonds eine in- sung vor, um gesetzliche Hürden, die vorhanden sind, tergouvernementale Vereinbarung treffen, oder reicht abzubauen. das europäische Vertragsrecht dafür aus? Ich bin der Bundesregierung und Wolfgang Schäuble zutiefst dank- Das Bail-in ist schon angesprochen worden. Der Kol- bar, dass durchgesetzt wurde, dass eine intergouverne- lege Binding hat uns gerade plastisch beschrieben, was mentale Vereinbarung als Rechtsgrundlage für den der Unterschied zwischen Bail-in und Bail-out ist. Dem Fonds gilt. Momentan erleben wir in Brüssel eine Dis- stehen konkrete Fragen gegenüber. Dabei geht es zum kussion darüber, ob auch die Einlagensicherung, die wir Beispiel um das Insolvenzrecht und die Nachrangigkeit schon umgesetzt haben – manche in diesem Haus waren der Papiere. Die Diskussion über die Nachrangigkeit der ja schon früher der Meinung, dass die Einlagensicherung Papiere beeinflusst schon jetzt die Frage, wie die Papiere europäisiert gehört –, in einen europäischen Fonds mün- bepreist werden. Dies ist ein Thema, mit dem wir uns im den soll. Hätten wir damals, als es um die Abwicklungs- mechanismen ging, akzeptiert, dass europäisches Ver- Gesetzgebungsverfahren – Herr Kollege Binding nickt – tragsrecht als Rechtsgrundlage ausreichend ist, dann beschäftigen müssen. wäre damit bereits entschieden worden, ob allein das (B) Es geht um die Fragen: Was bedeutet es, wenn wir Europäische Parlament und der Europäische Rat darüber (D) den Weg einer gesetzlichen oder den Weg einer vertrag- entscheiden, ob der Einlagensicherungsfonds zukünftig lichen Lösung gehen, und was bedeutet es für die Finan- europäisiert wird, oder ob die Abgeordneten des Deut- zierung der entsprechenden Häuser, wenn wir gesetzge- schen Bundestages mitentscheiden. Ich bin Wolfgang Schäuble dankbar dafür, dass der Deutsche Bundestag berisch bereits heute – wenn auch nicht gewollt, aber wir bei den weiteren Schritten in Sachen europäischer Fonds tun es – auf den Preis Einfluss nehmen? Wir müssen mitentscheiden kann. Ich denke, das sollten wir berück- auch grenzüberschreitende Sachverhalte erfassen, wenn sichtigen. der Abwicklungsmechanismus mit den nationalen Ge- setzen Probleme bekommt. Wir werden uns die Frage Ich wünsche uns für den weiteren Verlauf gute Bera- stellen müssen – auch das wurde schon angesprochen –, tungen. wie wir mit nationalen Mitteln umgehen, die in den Besten Dank für die Aufmerksamkeit. europäischen Fonds zu überführen sind. (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) Wir haben Prioritäten zu setzen. Wichtig ist sicherlich die Frage, wie Abwicklungsorganisationen und die ent- Vizepräsidentin : sprechenden Einrichtungen parlamentarisch kontrolliert Vielen Dank. – Damit sind wir am Ende der Ausspra- werden. Es ist ganz wichtig, zu begutachten, wie die che angelangt. Umsetzung in den anderen Mitgliedstaaten erfolgt. Wenn es nicht eine gewisse Anzahl von Mitgliedstaaten Interfraktionell wird Überweisung der Vorlage auf gibt, die dies schon umgesetzt haben, dann werden wir Drucksache 18/5009 an die in der Tagesordnung aufge- zukünftig gar nicht damit starten können. Darum ist es führten Ausschüsse vorgeschlagen. – Ich sehe, Sie sind dringend notwendig, dass wir auch mit den Kollegen in damit einverstanden. Dann ist die Überweisung so be- anderen Parlamenten darüber debattieren, wie dies erfol- schlossen. gen soll. Ich rufe die Tagesordnungspunkte 27 a und 27 b auf: Ich hoffe, dass wir demnächst die konkreten Vorgaben a) Beratung des Antrags der Fraktionen der CDU/ erfahren. Dann wissen wir, wie hoch die Abgaben für die CSU und SPD einzelnen Häuser sind. Auch die Zusammenarbeit zwi- Einhaltung der Menschenrechte in Aserbaid- schen EBA, EZB und der Abwicklungsorganisation ist schan einfordern wichtig, damit den Häusern die notwendigen Informatio- nen zur Verfügung stehen. Drucksache 18/5092 10622 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015

Vizepräsidentin Ulla Schmidt (A) b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Özcan Der Mann, der noch nicht verurteilt war, saß in einem (C) Mutlu, Monika Lazar, Marieluise Beck (Bre- Käfig im Gerichtssaal. Nach einer Dreiviertelstunde, von men), weiterer Abgeordneter und der Fraktion der mir etwa zwei Drittel übersetzt wurden, hat sich die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Richterin mit ihrem Gremium zur Beratung zurückgezo- gen; so wurde es angekündigt. Drei Minuten später kam Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Men- das Gremium wieder heraus und verlas ein 13-seitiges schenrechte in Aserbaidschan auch bei den Urteil. Europaspielen 2015 einfordern (Özcan Mutlu [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Drucksache 18/5097 (neu) NEN]: Die sind halt schnell!) Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für – Die sind schnell, allerdings. die Aussprache 25 Minuten vorgesehen. – Ich höre kei- nen Widerspruch. Dann ist so beschlossen. Berichten zufolge sollen die politischen Gefangenen unter sehr schlechten Haftbedingungen, Misshandlungen Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen. und einer unzureichenden medizinischen Versorgung lei- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Frank den. Die Arbeit von NGOs, von Nichtregierungsorgani- Heinrich, CDU/CSU. sationen, wird eingeschränkt. Der Länderbericht unseres Auswärtigen Amtes bestätigt dies. Frank Heinrich (Chemnitz) (CDU/CSU): Bei meinem Aufenthalt habe ich unter anderem auch Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Rasul Jafarov besucht. Er hat mir verschiedene Organi- Kollegen! Liebe Damen und Herren! Vielleicht erinnert sationen vorgestellt, auch die Veranstaltung „Sing for sich der eine oder andere an das Gewinnerlied des Euro- Democracy“, wegen der ich da war. Diese Veranstaltung vision Song Contest von Baku, der Stadt, um die es sollte die Chance bieten, ein anderes Licht auf die Situa- heute auch geht. tion zu werfen, eine andere Stimmung zu erzeugen und ein farbiges Fest in dieser Stadt zu feiern, allerdings mit (Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- anderen Tönen. Diese Veranstaltung wurde abgesagt. NEN]: Können Sie das mal eben vorsingen?) Ich konnte mit Kollegen aus dem Parlament reden. – Das Lied zu singen, würde mir wahrscheinlich nicht Die Pressefreiheit kam zur Sprache. Ich wurde darauf gelingen, Frau Künast. Entschuldigen Sie. – Es heißt angesprochen, warum denn die Bundesregierung in Euphoria. Vielleicht klingt das bei dem einen oder ande- Deutschland so schlecht über Aserbaidschan spreche. ren noch im Ohr. Euphorie mit der Menschenrechtssitua- Ich habe mich verwundert geäußert und gefragt, warum tion in Aserbaidschan oder Baku zu verbinden, wäre al- (B) sie denn so darüber denken würden. Das stehe dort in der (D) lerdings, gerade heutzutage, vermessen. Mit dem Beitritt Zeitung, sagte man mir. Als ich erklärte, dass bei uns die Aserbaidschans zum Europarat im Jahr 2001 und der Ra- Zeitungen unabhängig seien, habe ich Unverständnis ge- tifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention erntet, nicht Widerspruch. Meine Gesprächspartner ver- am Ende des Jahres 2001 waren viele Hoffnungen ver- standen nicht, was das ist. Eine unabhängige, freie Presse bunden. lag außerhalb der Denkfähigkeit meiner Gesprächspart- Tatsächlich hat sich seit der Präsidentschaftswahl im ner. Das ist ein subjektives Beispiel. Das ist mir bewusst. Jahr 2013 – Präsident Alijew ist damals wiedergewählt Aber es wird von Fakten unterstützt. worden – Die Organisation Reporter ohne Grenzen erstellt ( [CDU/CSU]: Welch Zufall!) jährlich eine Rangliste, in der aufgeführt wird, in welchem Maße die Länder die Pressefreiheit achten. In die Lage der Menschenrechte in Aserbaidschan drastisch dieser Rangliste liegt Aserbaidschan auf Platz 162 von verschlechtert. Das wird von verschiedensten Seiten be- 180 Plätzen. Wenn man das auf den Sport übertragen stätigt. Viele Regimekritiker verlassen das Land oder sind würde – es sind ja die Europaspiele, die heute dort be- inhaftiert. Nach unterschiedlichen Quellen sind mindes- ginnen –, dann müsste man sagen: Das ist ziemlich weit tens 50, wahrscheinlich mehr als 100 Gefangene aus poli- hinten in der Fairplay-Rangliste. Wenn man sich so oft tischen Gründen in Haft. Die staatliche Repression richtet wegen Fouls Rote Karten eingehandelt hat, dann braucht sich gegen Menschenrechtsverteidiger, Rechtsanwälte, man sich nicht zu wundern, wenn man hinterher das Journalisten, Blogger, politisch aktive Personen, die eine Spiel von draußen beobachten muss. unabhängige Meinung vertreten, auch gegen Personen, die mit internationalen Institutionen wie dem Europarat, (Beifall bei der CDU/CSU und der SPD) dessen Mitglied Aserbaidschan selbst ist, zusammenar- beiten. Oft werden sie unter konstruierten Beschuldigun- Kritische Journalisten und Onlineaktivisten werden gen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. drangsaliert, bedroht und inhaftiert. Human Rights Watch berichtet von 33 Fällen, in denen Aktivistinnen Ich ahne, dass in diesem Moment andere sagen: Was und Aktivisten der Zivilgesellschaft inzwischen verhaf- heißt hier „konstruiert“? Ich war wenige Wochen vor tet wurden, darunter auch mein guter Bekannter Rasul dem Eurovision Song Contest im Land. Ich habe mir ein Jafarov. Er hat vor wenigen Wochen sechseinhalb Jahre Bild von der Lage gemacht, und man hat mir erlaubt, ei- Gefängnis für Bloggen, Posten auf Facebook und dafür, nem Gerichtsverfahren gegen einen dieser – ich würde dass er eine andere Meinung hat, bekommen. Es gab das positiv werten – Überzeugungstäter beizuwohnen. eine Zeit, da haben sich die Regierungsmaßnahmen nur Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015 10623

Frank Heinrich (Chemnitz) (A) gegen einheimische Journalisten gerichtet. Inzwischen der UN-Sonderberichterstatter Michel Frost getan. Er (C) werden auch ausländische Journalisten bei der Arbeit be- forderte die Freilassung aller politischen Gefangenen. hindert. Als das seinerzeit der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, unser Abgeordnetenkollege Strässer, Heute steht ein europäisches Großereignis auf dem tat, hat er die Rote Karte bekommen. Seitdem darf er Programm. Die Hauptstadt Baku wird von heute an bis nicht mehr einreisen. zum 28. Juni die Europaspiele, European Games, veran- stalten. Das ist ein neuer Wettbewerb der europäischen Meinen Respekt haben die deutschen Athleten, die olympischen Bewegung mit 20 Sportarten – 16 olympi- sich Frosts Forderungen ungewohnt scharf angeschlos- sche, 4 nicht olympische –, 31 Disziplinen, 6 000 Athle- sen haben. Christian Schreiber, der Sprecher der Athle- ten und 253 Goldmedaillen, wenn nicht in irgendeiner tenkommission, schreibt ebenfalls in der FAZ: Disziplin zwei Athleten gleichzeitig als Sieger durch das Ziel gehen. Elf Sportarten werden dabei direkte oder in- Die Einhaltung von grundlegenden Menschenrech- direkte Qualifikationsmöglichkeiten für Rio bieten. ten und das Recht, deren Nichteinhaltung zu kriti- sieren, steht außer Frage. Unabhängig vom Sport, Unter den Athleten sind auch mehrere Sportler aus mei- der Situation in Baku und den ersten European ner Stadt Chemnitz. Ich selbst bin dort aktiv im Schwimm- Games schließen wir uns der Forderung des UN- club. Zwei meiner Sportfreunde, Paul Hentschel und Beauftragten an und weisen darauf hin, dass diese Paulus Schön, haben sich letzte Woche in Berlin qualifi- Forderung für alle Länder gelten muss, in denen ziert. Die sind natürlich heiß drauf. Facebook lässt grü- Menschen inhaftiert sind, die für die Einhaltung der ßen. Ich habe schon einiges davon sehen können. Die Menschenrechte einstehen. Wasserballerinnen von uns werden dort mitspielen. So sind auch wir als Fraktionen und als Bundesregierung Jetzt steht Aserbaidschan wie damals wieder im Fo- gefragt, deutliche Worte zu finden, was wir heute tun. kus der Öffentlichkeit. Jetzt die Frage: Ist das eine Chance für die Öffentlichkeit? Ist das eine Gefahr für die Aserbaidschan ist – deswegen wollen wir es beim Menschenrechte? Deshalb haben wir diesen Antrag ge- Wort nehmen – Mitglied des Europarates. Aserbaidschan stellt. Ich bin froh, dass auch ihr von den Grünen einen hat alle wesentlichen internationalen Menschenrechtsab- gestellt habt. Nach Ansicht des Menschenrechtsbeauf- kommen unterzeichnet und ist Teil der Europäischen tragten Christoph Strässer werden die Spiele zu Pro- Menschenrechtskonvention. Die EU führt im Rahmen pagandazwecken missbraucht. Er hat in der FAZ vor der Östlichen Partnerschaft regelmäßige Dialoge mit der wenigen Wochen den Auftritt des Botschafters von Regierung. Darüber hinaus – das muss man wissen – Aserbaidschan im Sportausschuss sehr deutlich kriti- gibt es im Zusammenhang mit Wirtschaftsverträgen (B) siert. Das war ein einziger Werbeauftritt. Strässer nannte viele Gelegenheiten, diese Themen anzusprechen, weil (D) die Zustände in dem Land schockierend und sprach von umfangreiche Gas- und Ölvorkommen Aserbaidschan zu systematischer Repression. einem gefragten Gesprächspartner machen. Die Nachrichten aus Aserbaidschan stützen die An- Es geht darum, alle Möglichkeiten zu nutzen und alle sicht des Menschenrechtsbeauftragten. Ich zitiere aus Hebel in Bewegung zu setzen, um die Umsetzung der dem Newsticker von Zeit Online von vorgestern: Absichtserklärung von Präsident Alijew einzufordern. Die CDU/CSU-Fraktion hat daher Forderungen an die Einer Delegation der Organisation Amnesty Inter- Bundesregierung formuliert. Sie fordert sie unter ande- national ist die Einreise nach Aserbaidschan ver- rem auf, in bilateralen Gesprächen jeder Art, wie gerade wehrt worden, wo am Freitag die Europaspiele be- beispielhaft von mir genannt, die aserbaidschanische Re- ginnen. Wie die Menschenrechtsorganisation am gierung auf die systematische Verletzung der Menschen- Mittwoch erklärte, wollte sie im Vorfeld der Spiele rechte anzusprechen und auf die Einhaltung der unter- in der Hauptstadt Baku bei einer Pressekonferenz zeichneten Konventionen zu drängen, sich fortgesetzt einen Bericht zu Menschenrechtsverletzungen prä- für die sofortige und bedingungslose Freilassung von sentieren. Die aserbaidschanischen Behörden hätten politischen Gefangenen einzusetzen, die Arbeit zivilge- Amnesty mitgeteilt, dass sie derzeit „eine Mission sellschaftlicher Kräfte weiter zu fördern und im Europa- Amnesty Internationals nicht empfangen“ könnten. rat und in der EU weiterhin im Sinne der Menschen- rechte auf Aserbaidschan einzuwirken. Ich finde, noch schlimmer ist die Nachricht über die völlig überraschende Forderung der aserbaidschanischen Ich komme zum Schluss. Den Sportlerinnen und Regierung, das Büro des OSZE-Projektkoordinators, das Sportlern – in meinem Fall besonders Paul und Paulus – bislang außerordentlich gute Arbeit geleistet hat, bis wünsche ich viel Erfolg bei dem, was sie dort sportlich Ende des Monats zu schließen. Das wirft ein ziemlich tun. Vielleicht gelingt es dem einen oder anderen Sport- schlechtes Licht auf die Situation und die politische ler oder Funktionär, die Botschaft der Unteilbarkeit der Lage in dem Land. Beides spricht eine deutliche Spra- Menschenrechte in Baku auf die eine oder andere Weise che. Kritische Beobachter dieser Spiele sind nicht er- deutlich zu machen. wünscht. Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit. Zugleich haben wir, wie bei dem European Song Contest vor drei Jahren, noch einmal die Chance, Ver- (Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeord- besserungen der Menschenrechtslage zu fordern. Das hat neten der SPD) 10624 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015

(A) Vizepräsidentin Ulla Schmidt: (Frank Schwabe [SPD]: Das ist doch unterir- (C) Vielen Dank. – Es spricht jetzt Dr. André Hahn, Frak- disch! Peinlich für die Linken!) tion Die Linke. Richtig ist, dass die Presse- und Versammlungsfrei- (Beifall bei der LINKEN) heit in Aserbaidschan eingeschränkt, die Unabhängig- keit der Justiz nicht hinreichend gewährleistet und Kor- Dr. André Hahn (DIE LINKE): ruption weit verbreitet ist. Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und (Michaela Engelmeier [SPD]: Kritische Men- Herren! Die Linke teilt die Einschätzung, dass es in schen werden verhaftet!) Aserbaidschan beträchtliche Defizite bei bestimmten Menschenrechten gibt. Hier darf nichts beschönigt wer- Zu einer ehrlichen Bilanz gehören aber auch die erziel- den. Es sollte aber auch nichts pauschalisiert werden. ten Erfolge. Ist es nicht vielleicht auch Ausdruck von Religionsfreiheit, wenn die Angehörigen der drei mono- Defizite bei der Einhaltung von Menschenrechten und theistischen Weltreligionen dort friedlich zusammenle- der Umsetzung von internationalen Konventionen gibt ben? Vielleicht sollten Sie auch das zur Kenntnis neh- es leider auch in vielen anderen Staaten dieser Welt. men: Aserbaidschan ist eines der wenigen traditionell Selbst Deutschland ist davon nicht ausgenommen. So ist muslimischen Länder, in denen der Neubau von Kirchen beispielsweise die UN-Behindertenrechtskonvention be- und Synagogen ermöglicht wird und stattfindet. reits seit 2009 in Kraft, die gesetzliche Umsetzung in Bund und Ländern jedoch bis heute nur mangelhaft er- (Frank Schwabe [SPD]: Das ist peinlich, was folgt. Sie hier machen! Kommen Sie mal zum Thema!) (Frank Schwabe [SPD]: Was sind das für Ver- gleiche?) Und was ist mit der Senkung der Armutsquote in der Bevölkerung von rund 50 Prozent auf aktuell 5 Prozent Doch darüber reden wir heute nicht. Es geht aus- innerhalb der letzten zehn Jahre? Davon findet sich schließlich um Aserbaidschan, weil heute in diesem nichts in den Anträgen. Ich bedauere, dass hochgradig Land die European Games, die ersten europäischen selektiv auf das Land geblickt wird und dass man sich Spiele eröffnet werden, an denen rund 6 000 Sportlerin- ausschließlich auf die Defizite beschränkt. Wir leugnen nen und Sportler aus allen 50 Staaten, die dem EOC, diese Defizite nicht, wir sprechen sie klar an. dem Europäischen Olympischen Komitee, angehören, teilnehmen werden, darunter auch eine Delegation des (Frank Schwabe [SPD]: Dann sagen Sie doch Deutschen Olympischen Sportbundes mit 265 Sportle- einmal, welche denn?) (B) rinnen und Sportlern. – Ich habe sie doch genannt. Sie sollten zuhören, oder le- (D) Europa war bis dato der einzige Erdteil ohne Konti- sen Sie das im Protokoll nach. – Diese Dinge sind für nentalspiele im Sportbereich. Deshalb wurden vom EOC uns auch nicht akzeptabel. im Dezember 2012 die European Games ins Leben geru- (Frank Schwabe [SPD]: Dort sind politische fen und an die aserbaidschanische Hauptstadt Baku, dem Gefangene in Haft! Können Sie das einmal be- einzigen Bewerber, vergeben. Auch der DOSB hat zuge- nennen?) stimmt. Die Menschenrechte sind unteilbar und bedingen ei- Über die beiden vorliegenden Anträge soll heute nach nander – hier stimme ich Ihnen zu –; da geht es auch um knapp halbstündiger Debatte ohne Ausschussberatung soziale Fragen. Diese Dinge haben Sie zum Beispiel sofort abgestimmt werden. Das war zuletzt bei den nicht angesprochen. Olympischen Sommerspielen 2008 in Peking und bei den Olympischen Winterspielen in Sotschi im vergange- Ich füge hinzu: Sportliche Großereignisse sind kein nen Jahr der Fall. Ich bin sehr gespannt darauf, ob das geeignetes Mittel, um alle politischen Probleme zu klä- auch so sein wird, wenn das nächste Sportgroßereignis ren. Das kann der Sport nicht leisten. Solche Veranstal- zum Beispiel in den Vereinigten Staaten von Amerika tungen sollten vielmehr den Gedanken der Völkerver- stattfindet, und ob dann Union und SPD oder vielleicht ständigung und des friedlichen Miteinanders befördern, auch die Grünen einen Antrag vorlegen, der auf die Ab- und die Politik muss in die Pflicht genommen werden, schaffung der unmenschlichen Todesstrafe drängt, die es den Dialog fortzuführen. noch in einigen Bundesstaaten der USA gibt. (Frank Schwabe [SPD]: Um Gottes willen!) (Beifall der Abg. Dr. [DIE Wir müssen den Menschenrechtsdialog dauerhaft auch LINKE] – Frank Schwabe [SPD]: Kommen mit schwierigen Partnern führen. Sie mal zum Thema! Aserbaidschan ist das Thema! Ich bin gespannt, was die Linke dazu (Frank Schwabe [SPD]: Gibt es politische Ge- zu sagen hat! Das ist doch unterirdisch!) fangene in Aserbaidschan?) Ich finde, dass es völlig legitim ist, im Zusammen- Diese Aufgabe darf nicht bei den Sportlerinnen und hang mit Sportgroßereignissen auch über Menschen- Sportlern abgeladen werden. Deshalb werde ich am rechtsfragen im Austragungsland zu reden. Ich halte es 21. Juni 2015 nach Baku reisen und mir, wie andere Kol- aber für problematisch, wenn dabei dort mit zweierlei legen aus dem Sportausschuss auch, als kritischer Be- Maß gemessen wird. obachter selbst ein Bild vor Ort machen. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015 10625

Dr. André Hahn (A) Ich denke, wir sollten mit anderen Ländern einen zungen in Aserbaidschan gibt. Ich habe dann auch kon- (C) Menschenrechtsdialog auf Augenhöhe und ohne Über- kret welche genannt, nämlich die Einschränkung von heblichkeit führen. Nur dann sind wir glaubwürdig und Presse- und Versammlungsfreiheit, die nicht vorhandene können wir Erfolge erzielen. Unabhängigkeit der Justiz und die weitverbreiteten kor- ruptiven Strukturen. Das habe ich aufgezählt. Ich wünsche mir ganz zum Schluss – hier schließe ich mich dem Kollegen Frank Heinrich von der CDU an –, Ich bestreite nicht, dass es politische Gefangene gibt. dass wir den Sportlerinnen und Sportlern, die dort an den Es gibt auch keinen Grund, das zu bestreiten. Ich habe Wettbewerben teilnehmen werden, gemeinsam die Dau- nur versucht, deutlich zu machen, dass Sie hier vor men drücken und ihnen beste Erfolge wünschen. sportlichen Großereignissen bei bestimmten Ländern Anträge stellen, während Sie das bei anderen Ländern, in Vizepräsidentin Ulla Schmidt: denen es auch Menschenrechtsverletzungen gibt – dafür Denken Sie bitte an die Zeit, Herr Kollege. Sie sind habe ich als Beispiel die Todesstrafe in den Vereinigten jetzt schon eine Minute über Ihrer Redezeit. Staaten genannt –, nicht tun. Ich glaube, dass es wichtig ist, mit den Verantwortli- Dr. André Hahn (DIE LINKE): chen in Aserbaidschan einen politischen Dialog zu füh- Sehr wohl, Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. ren. Es hilft nicht, die Menschenrechtsverletzungen, die – Ich wünsche mir, dass wir den Menschenrechtsdialog es gibt, zu leugnen oder zu verharmlosen. Das will ich mit Aserbaidschan auch nach den Spielen weiterführen; auch nicht tun. Aber wir möchten uns dann bitte schön denn gerade wenn die Lichter aus sind und die Öffent- alle ernst nehmen und andere Defizite, die es gibt, lichkeit nicht mehr so präsent ist, ist er notwendig und ebenso deutlich ansprechen. wichtig. (Dr. Rolf Mützenich [SPD]: Die hätten Sie Herzlichen Dank. beim Besuch des ägyptischen Staatspräsiden- ten auch nennen müssen!) (Beifall bei der LINKEN – Frank Schwabe [SPD]: So etwas Peinliches habe ich überhaupt Vizepräsidentin Ulla Schmidt: noch nie gehört!) Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist Dr. Ute Finckh- Krämer, SPD-Fraktion. Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Das Wort zu einer Kurzintervention hat jetzt der Kol- (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten lege Frank Schwabe. der CDU/CSU) (B) (D) Frank Schwabe (SPD): Dr. Ute Finckh-Krämer (SPD): Herr Dr. Hahn, der Kollege Movassat hat in seiner Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Rede zu Eritrea am Mittwoch Teilen des Hauses vorge- Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer auf den worfen, bei Menschenrechtsfragen mit zweierlei Maß zu Tribünen! Vor gut vier Wochen hat die Arbeitsgruppe messen. Mein Eindruck ist – das tut mir ganz schrecklich Menschenrechte der SPD-Fraktion die Initiative zu dem leid –, dass genau Sie gerade zweierlei Maß angelegt Koalitionsantrag ergriffen, der heute zur Abstimmung haben. Wie kann man hier fünf Minuten reden und die vorliegt. Wir wollten die heutige Eröffnung der Europa- Menschenrechtsverletzungen in Aserbaidschan nicht spiele in Baku zum Anlass nehmen, die Menschen- beim Namen nennen? rechtssituation in Aserbaidschan zu reflektieren, die sich nach der Einschätzung von internationalen Menschen- Sie werden mir ja vielleicht noch antworten. Würden rechtsorganisationen in den letzten Jahren deutlich ver- Sie bitte einmal benennen, dass es politische Gefangene schlechtert hat. in Aserbaidschan gibt? Oder sehen Sie nicht, dass es sol- che politischen Gefangenen gibt und dass es deshalb Insbesondere sind wir um das Schicksal der politi- auch notwendig ist, das hier im Deutschen Bundestag zu schen Gefangenen im Land besorgt. Unter menschenun- benennen, um den Menschen vor Ort jedenfalls ein biss- würdigen Bedingungen sitzen immer mehr Menschen- chen zu helfen? rechtsverteidiger, Rechtsanwälte, Journalisten, Blogger und politisch aktive Personen, die eine unabhängige (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie Meinung vertreten, im Gefängnis. Denken wir stellver- bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE tretend für alle unrechtmäßig Inhaftierten an Intigam GRÜNEN) Aliyev, Khadija Ismayilova, Rasul Jafarov, Ilgar Mammadov, Tofig Yagublu, Anar Mammadli, Seymur Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Haziyev, Rauf Mirgadirov, Ilkin Rustemzadeh und an Herr Kollege Hahn. Leyla und Arif Yunus. (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem Dr. André Hahn (DIE LINKE): BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Frau Präsidentin, ich will gerne darauf reagieren. – Ihnen gilt unsere Solidarität. Herr Schwabe, ich bitte Sie einfach, zur Kenntnis zu nehmen, dass ich in meinem ersten Satz davon gespro- In den vergangenen Tagen erreichten uns weitere be- chen habe, dass es beträchtliche Menschenrechtsverlet- unruhigende Nachrichten aus Aserbaidschan. Das Ein- 10626 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015

Dr. Ute Finckh-Krämer (A) reiseverbot für die Delegation von Amnesty Internatio- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem (C) nal hat der Kollege Frank Heinrich eben erwähnt. Die BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) britische Zeitung Guardian teilte zudem gestern mit, dass ihrem Sportkorrespondenten Owen Gibson die Ak- Ich bitte daher um Zustimmung zu unserem Antrag. kreditierung und damit die Einreise verweigert wurde, Danke schön. vermutlich aufgrund eines kritischen Berichtes im Vor- feld der Europaspiele. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) Noch gravierender ist die ebenfalls schon erwähnte Tatsache, dass die Regierung Aserbaidschans Anfang Vizepräsidentin Ulla Schmidt: des Monats die OSZE aufgefordert hat, innerhalb eines Danke schön. – Für Bündnis 90/Die Grünen hat jetzt Monats das Büro des OSZE-Projektkoordinators in Baku Özcan Mutlu das Wort. zu schließen und ihre Programme im Land zu beenden; dies wurde in dieser Woche öffentlich bekannt. Die völ- Özcan Mutlu (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): lig überraschende ultimative Forderung der aserbai- Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist dschanischen Regierung, das Büro, das bisher außeror- interessant, dass sich bei einer Redezeit von insgesamt dentlich gute Arbeit geleistet hat, bis Ende dieses zehn Minuten kein einziger Sportpolitiker der CDU/ Monats zu schließen, wirft ein weiteres äußerst negati- CSU-Fraktion die Mühe gemacht hat, zu den European ves Bild auf die politische Lage in dem Land. Die Regie- Games Position zu beziehen. Wir haben als Fraktion vor rung Aserbaidschans ist dringend aufgefordert, diese mehreren Wochen einen Antrag in den Bundestag einge- Entscheidung zurückzunehmen und ihren OSZE-Ver- bracht mit dem Titel „Für verbindliche politische Regeln pflichtungen vollumfänglich nachzukommen. im internationalen Sport – Menschenrechte achten, Um- (Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem welt schützen, Korruption bekämpfen“. Die jüngsten BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Skandale der FIFA und auch die aktuelle Debatte über die European Games in Baku sind der beste Beweis da- Deutschland übernimmt nächstes Jahr den OSZE-Vor- für, wie richtig wir mit unserem Antrag liegen und wie sitz. Daher bitten wir die Bundesregierung um ein deutli- wichtig es ist, dass wir uns an dieser Stelle endlich ein- ches Zeichen der Missbilligung, das zum Beispiel darin mal bewegen. Ich empfehle Ihnen, vor allem der Großen bestehen könnte, den aserbaidschanischen Botschafter Koalition, unseren Antrag vor der zweiten Beratung hier einzubestellen und ihm die Forderung nach Rücknahme im Bundestag noch einmal, dann aber bitte ohne dieser Entscheidung zu übermitteln. schwarz-rote Scheuklappen, genau durchzulesen. Viel- (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU) leicht können Sie dann über Ihren Schatten springen. (B) Unser Antrag bietet konkrete Lösungsansätze und for- (D) Wir müssen sorgfältig darauf achten, welche Auswir- muliert klare Kriterien, um Ausrichter von Sportgroß- kungen die Schließung des Büros auf die Beobachtung veranstaltungen in der ganzen Welt insbesondere in der der Parlamentswahlen im November durch die OSZE Frage der Einhaltung der Menschenrechte beim Wort haben wird. Die Berichte über die Durchführung der und an die Kandare zu nehmen. Parlamentswahlen 2010 und der Präsidentenwahl am 9. Oktober 2013 haben zahlreiche Mängel offenbart; in Heute diskutieren wir über die Menschenrechtslage in ihnen werden auch Empfehlungen für zukünftige Wah- Aserbaidschan. Ehrlich gesagt: Ich hätte nicht gedacht, len abgegeben. dass wir diese Diskussion führen; ich hätte Ihnen das nicht zugetraut. Nach Tagen der Unklarheit darüber, ob Herr Dr. Hahn, wenn Sie Aserbaidschan und die USA diese Debatte überhaupt stattfinden wird, war ich wirk- vergleichen, dann würde ich Sie bitten, auch einmal die lich überrascht, doch so klare Worte in Ihrem Antrag zu Berichte zu vergleichen. finden. Anscheinend haben sich bei Ihnen in den Reihen der Großen Koalition die Freunde der aserbaidschani- (Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Das habe ich schen Führung nicht durchsetzen können, und ich sage nicht gemacht! Nein!) an dieser Stelle: Das ist auch gut so. – Sie haben jedenfalls den Eindruck erweckt, dass Sie Wir müssen in der Tat feststellen, dass sich der autori- das tun. – Es wäre gut, wenn Sie auch einmal in die Be- täre Kurs des Landes trotz vielerlei Bemühungen in den obachtungsberichte über die Wahlen in den USA und letzten Jahren deutlich verschärft hat. Dies gipfelt ganz über die in Aserbaidschan schauen. Dann sehen Sie viel- aktuell – wir haben es von einigen Vorrednern gehört – leicht, dass es um die Demokratie zumindest in Bezug in der Forderung an die OSZE, das örtliche Büro zu auf das Thema Wahlen in beiden Ländern sehr unter- schließen, und in dem Einreiseverbot für Amnesty Inter- schiedlich bestellt ist. national und zahlreiche internationale Medienvertreter; (Beifall bei der SPD sowie des Abg. Frank The Guardian wurde hier genannt. Dabei wollten alle Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU]) nur zu den European Games und darüber berichten. Das gemeinsame Haus Europa wird nicht in erster Li- Kurz gesagt: Auch wenn Ihr Antrag bewusst manche nie durch sportliche Großereignisse definiert, sondern Dinge außer Acht lässt, begrüßen wir im Grundsatz Ihre durch gemeinsame Regeln für Demokratie, Rechtsstaat- Forderungen an die Bundesregierung. Aber hier sind Ta- lichkeit und den Schutz der Menschenrechte. Darauf ten gefordert statt wohlgemeinter Worte. Ihre Politik können und müssen wir heute hinweisen. spricht eine andere Sprache. Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015 10627

Özcan Mutlu (A) Wir werden die European Games mit unserem Antrag ten Damen und Herren! Drei Minuten Redezeit sind (C) zum Anlass nehmen, dieses Thema anzusprechen. Heute kurz. Deswegen komme ich schnell zur Sache. – Eines werden die ersten European Games in Baku eröffnet, die vorweg: Ich unterstütze den gemeinsamen Antrag von den europäischen Kontinent bis zum 28. Juni mit Sport CDU/CSU- und SPD-Fraktion voll und ganz. Aber ge- unterhalten sollen. Mir will einfach nicht in den Kopf, statten Sie mir als sportpolitische Sprecherin meiner warum Sie dieses herausragende internationale Sporter- Fraktion, die übrigens nicht zu den European Games eignis des Jahres zwar in Ihren Reden, aber in Ihrem An- nach Aserbaidschan reist, auf die sportpolitischen Di- trag mit keinem einzigen Wort ansprechen. Ich frage mensionen kurz einzugehen. auch deswegen, weil viele der inhaftierten Menschen- rechtler und Journalisten unter anderem auch wegen ih- Wir haben es gehört: Vom 12. bis zum 28. Juni 2015 rer Kritik an den European Games inhaftiert und verur- finden die ersten European Games in der aserbaidschani- teilt wurden. schen Hauptstadt Baku statt. Diese Spiele sind nicht nur ein sportliches Großereignis, sondern auch ein Politi- Ich habe aber auch an weiteren Punkten Kritik. Sie kum; das muss man in aller Deutlichkeit sagen. Seit der beschönigen zum Beispiel den bisherigen Einfluss der Präsidentschaftswahl 2013 hat sich die Menschenrechts- Bundesregierung bzw. ihre Absicht, überhaupt auf die lage in Aserbaidschan – Herr Heinrich, Sie haben es be- Menschenrechtssituation einzugehen. Die Bundesregie- reits angeführt – massiv verschlechtert. Viele Regime- rung selbst hat letzten Mittwoch im Ausschuss für Men- kritiker verlassen das Land, sind inhaftiert oder werden schenrechte vorgetragen, dass bis auf die Verbesserung überwacht. Die staatliche Repression richtet sich gegen der medizinischen Versorgung einer bekannten Inhaftier- Menschenrechtsverteidiger, Rechtsanwälte, Journalisten ten der Einfluss der Bundesregierung auf den Menschen- und alle politisch aktiven Personen, die eine unabhän- rechtsdialog gleich null war; das muss man hier deutlich gige Meinung vertreten. Um eine kritische Berichterstat- sagen. Deshalb sage ich: Hören Sie bitte auf, sich die tung während der Europaspiele zu verhindern, drohen Welt schönzureden. Dies sage ich vor allem in Ihre Rich- die Behörden den Journalisten mit dem Entzug der Ak- tung, Herr Kollege Hahn. Ich schätze Sie sonst sehr; aber kreditierung und weiteren Strafmaßnahmen. Zugleich hier hatte ich wirklich etwas anderes von Ihnen erwartet. nutzt die aserbaidschanische Regierung die Europaspiele Meine Damen und Herren, lassen Sie uns das Kind als politische Imagewerbung. beim Namen nennen. Das Land Aserbaidschan entfernt sich immer mehr von universellen Werten wie dem Ich mache keinen Hehl daraus, dass ich das für ekla- Recht auf freie Meinungsäußerung, Pressefreiheit und tant falsch und ungerecht halte. Natürlich stehen bei Menschenrechte. Lassen Sie uns gemeinsam die Bun- Sportgroßveranstaltungen die Sportlerinnen und Sportler desregierung auffordern, statt wirtschaftliche Interessen mit ihren Leistungen im Mittelpunkt, und das ist auch (B) zu verfolgen, noch entschiedener gegenüber Aserbai- richtig so. Aber deshalb dürfen Menschenrechtsverlet- (D) dschan und anderen Ländern, in denen Menschenrechte zungen in Austragungsländern nicht einfach ausgeblen- mit Füßen getreten werden, aufzutreten und sich für die det werden. Einhaltung der Menschenrechte einzusetzen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN) Enden möchte ich mit Ihrer Erlaubnis, Frau Präsiden- tin, mit einem schönen türkischen Sprichwort. Es heißt: Solange sich autoritäre Staaten wie Aserbaidschan nicht „Dost aci söyler“. Ein Freund ist der, der auch unlieb- glaubhaft um eine Demokratisierung und die Einhaltung same Wahrheiten ausspricht. – Wir müssen hier deutli- der Menschenrechte bemühen, sollten große internatio- che Worte sprechen und sagen: Die Menschenrechte sind nale Sportereignisse nicht dorthin vergeben werden. Er- nicht verhandelbar. fahrungen mit den Olympischen Spielen in China und Herzlichen Dank. Russland sowie der Eishockey-Weltmeisterschaft in Belarus zeigen, dass positive Auswirkungen auf die (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Lage der Menschenrechte in den betreffenden Ländern sowie bei Abgeordneten der SPD) leider ausbleiben.

Vizepräsidentin Ulla Schmidt: Seit Jahren sehen wir uns mit der Situation konfron- tiert, dass zahlreiche internationale Spitzenverbände ihre Vielen Dank. Das ist auch der Grund, warum ich im- Großveranstaltungen in Staaten vergeben, die autoritäre mer an die Redezeitbegrenzung erinnern muss. Strukturen aufweisen und die Menschenrechte nicht be- Als letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt achten bzw. sie politischen Zielen unterordnen. Darum spricht jetzt die Kollegin Michaela Engelmeier, SPD- müssen wir in Gesprächen mit nationalen und internatio- Fraktion. nalen Sportverbänden nachdrücklich auf deren men- schenrechtliche, soziale und ökologische Verantwortung (Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten bei der Auswahl der Austragungsorte für Sportereignisse der CDU/CSU) hinweisen und empfehlen, diese Kriterien in die Aus- richterverträge aufzunehmen Michaela Engelmeier (SPD): Herzlichen Dank. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! (Beifall der Abg. Dr. Ute Finckh-Krämer Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Meine sehr verehr- [SPD]) 10628 Deutscher Bundestag – 18. Wahlperiode – 110. Sitzung. Berlin, Freitag, den 12. Juni 2015

Michaela Engelmeier (A) und ihre Umsetzung einzufordern und nachzuhalten. Seenotrettung jetzt – Konsequenzen aus (C) Flüchtlingskatastrophen auf dem Mittelmeer (Beifall bei Abgeordneten der SPD sowie des Abg. ziehen Frank Heinrich [Chemnitz] [CDU/CSU]) Drucksache 18/4695 Derzeit sind in Aserbaidschan mindestens acht Jour- Überweisungsvorschlag: nalisten und vier Blogger wegen ihrer Tätigkeit im Ge- Innenausschuss (f) fängnis. Ich will sie kurz aufzählen; Ute, du hast das Auswärtiger Ausschuss ebenfalls gemacht. Ich fordere hiermit die Regierung Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe von Aserbaidschan auf: Lassen Sie diese Menschen Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union frei: Khadija Ismayilova, die seit fünf Monaten in Unter- b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulla suchungshaft sitzt, Rauf Mirgadirov, der seit über einem Jelpke, Jan Korte, Wolfgang Gehrcke, weiterer Jahr in Untersuchungshaft sitzt, Sejmur Chasi, der we- Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE gen „schweren Rowdytums“ zu fünf Jahren verurteilt wurde, und nicht zuletzt Leyla und Arif Yunus als Akti- Das Mittelmeer darf nicht zum Massengrab visten gegen Menschenrechtsverletzungen. Lassen Sie werden – Für eine Umkehr in der EU-Asyl- diese politischen Gefangenen frei, und wahren Sie die politik Menschenrechte in Ihrem Land. Drucksache 18/4838 (Beifall des Abg. [SPD]) Überweisungsvorschlag: Innenausschuss (f) Mein letzter Satz. Im Übrigen finde ich es geradezu Auswärtiger Ausschuss Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe eine Unverschämtheit und halte es für einen Affront, Ausschuss für die Angelegenheiten der Europäischen Union dass die aserbaidschanische Botschaft in einer Presse- mitteilung Journalisten in unserem Land brandmarkt, Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für weil sie kritisch über die Spiele berichten. Sehr geehrter die Aussprache 38 Minuten vorgesehen. – Ich sehe, dass Herr Botschafter aus Aserbaidschan, zu Ihrer Informa- Sie damit einverstanden sind. Dann ist so beschlossen. tion: In unserem Land herrscht Presse- und Meinungs- Ich eröffne die Aussprache. Das Wort hat Tom freiheit! Koenigs, Bündnis 90/Die Grünen. (Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE Tom Koenigs (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): GRÜNEN) Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und (B) Herren! Seenotrettung, das können wir, das geht. Die (D) Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger mit Vizepräsidentin Ulla Schmidt: 180 Festangestellten und 800 Freiwilligen rückt jedes Vielen Dank. – Ich schließe die Aussprache. Jahr 2 000-mal aus und rettet Hunderte. Nord- und Ost- Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag der see sind sicher. Das wünschten wir uns auch für das Mit- Fraktionen der CDU/CSU und SPD auf Drucksache telmeer. 18/5092 mit dem Titel „Einhaltung der Menschenrechte (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN in Aserbaidschan einfordern“. und bei der LINKEN sowie des Abg. Rüdiger Veit [SPD]) Wer stimmt für diesen Antrag? – Wer stimmt dage- gen? – Wer enthält sich? – Damit ist der Antrag mit den Das geht. Es ist eine Verpflichtung der Europäischen Ge- Stimmen von CDU/CSU- und SPD-Fraktion bei Enthal- meinschaft; denn es handelt sich um unsere europäi- tung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Frak- schen Grenzen. Es ist außerdem eine Verpflichtung jedes tion Die Linke angenommen. einzelnen Mitgliedstaats. Stichwort „Mare Nostrum“, die italienische Marine hat gezeigt, dass es geht. Das zei- Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag gen inzwischen auch eigentlich dafür nicht geschaffene der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auf Drucksache Organisationen wie Frontex, Triton und Poseidon, oder 18/5097 (neu) mit dem Titel „Demokratie, Rechtsstaat- welche Meeresgötter wir noch anrufen. Hinzu kommt: lichkeit und Menschenrechte in Aserbaidschan auch bei Jeder einzelne Mitgliedstaat hat seine Verpflichtungen. den Europaspielen 2015 einfordern“. Wer stimmt für Deutschland stellt Fregatten, Tender und Einsatzgrup- diesen Antrag? – Wer stimmt dagegen? – Wer enthält penversorger zur Verfügung. Das ist gut. sich? – Der Antrag ist mit den Stimmen von CDU/CSU- und SPD-Fraktion gegen die Stimmen von Bündnis 90/ (Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Die Grünen bei Enthaltung der Fraktion Die Linke abge- Was wir brauchen, ist eine effektive, koordinierte eu- lehnt. ropäische Seenotrettung. Dahin müssen wir kommen, Ich rufe die Tagesordnungspunkte 28 a und 28 b auf: und auch das geht. Was leider noch nicht geht, ist das Aufnahmeverfahren. Wir brauchen ein menschenwürdi- a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Luise ges, einheitliches und effektives europäisches Aufnah- Amtsberg, Tom Koenigs, Omid Nouripour, wei- meverfahren. Darüber wird jetzt noch verhandelt, hof- terer Abgeordneter und der Fraktion BÜND- fentlich unter aktiver und erfolgsorientierter Beteiligung. NIS 90/DIE GRÜNEN Auch die Verteilung stellt noch ein Problem dar. Hierzu