Heinrich Sutermeister Herausgeber Musiques Suisses Romeo und Julia Aufnahmen Bayerischer Rundfunk, München, 1980 In Lizenz der BRW-Service GmbH Remastering Andreas Werner Einführungstext Claudio Danuser Übersetzungen Jacques Lasserre (frz.) Antonella Montesi Staub (ital.) Chris Walton (engl.) Titelbild Hans Makart (1840–1884) Romeo und Julia auf der Treppe (1870) Foto: M. Preischl, Museen der Stadt Regensburg © Bundesrepublik Deutschland, Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen Design und Konzept versus Werbeagentur GmbH, Basel Heinrich Sutermeister Satz und Litho englerwortundbild, Zürich Hersteller Adcom Production AG, Neuenhof MGB CD 6263

Ein Projekt des

16908_booklet_Romeo und Julia.indd 4-1 31.10.2008 10:12:48 Uhr Heinrich Sutermeister (1910–1995) III Romeo und Julia Oper in 2 Akten (6 Bildern). Text nach Shakespeare vom Komponisten (1939) CD 1 Akt I 1. Bild: Piazza die Signori in Verona 1 Streit der Familien Capulet und Montague 4’24” 2 Einladung Romeos zum Fest der Capulets 7’28” 3 Madrigal der verliebten Paare / Szenenverwandlung 2’59” 2. Bild: Festsaal im Hause Capulets 4 Szene Gräfin Capulet – Julia – Amme 4’57” 5 Ballett und Madrigal 5’58” 6 Duett Romeo und Julia 4’11” 7 Amme – Romeo – Gäste 3’19” 8 Arie Julia und Verwandlung 6’36” 3. Bild: Im Garten der Capulets 9 Notturno (Fee Mab) 3’41” 10 Liebesduett Romeo und Julia (Balkonszene) 9’44”

T.T.: 53’25’’ CD 2 Akt II 4. Bild: Freie Höhe über Verona mit Einsiedelei 1 Pater Lorenzo (Arie) und Hirtenknabe 4’32” 2 Quartett Romeo – Julia – Amme – Pater Lorenzo 6’07” 3 Verwandlungsmusik (Liebesnacht) 5’30” 5. Bild: Julias Schlafgemach 4 Abschied Romeos und Streit Julias mit den Eltern 7’55” 5 Duett Julia – Pater Lorenzo 2’59” 6 Arioso Julia und Finale 5’02” 6. Bild: Katakombe mit dem Capulet’schen Grabmal 7 Totenklage (Frauenchor) 3’44” 8 Tod Romeos 7’12” 9 Tod Julias 6’44”

T.T.: 49’50’’ Heinrich Sutermeister zur Zeit von Romeo und Julia

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Es c a l u s , Fü r s t v o n Ve r o n a Jörn W. Wilsing, Bariton Mo n t a g u e Theodor Nicolai, Sprechrolle Ca p u l e t Alexander Malta, Bass Ro me o , So h n d e s Mo n t a g u e Adolf Dallapozza, Tenor Ba l t h a s a r , Ro me o s a l t e r Di e n e r Raimund Grumbach, Bariton Ju l i a , To c h t e r d e s Ca p u l e t Urszula Koszut, Sopran Gr ä f i n Ca p u l e t , i h r e Mu t t e r Hildegard Laurich, Mezzosopran Die Amme Gudrun Wewezow, Alt De r Be d i e n t e Ferry Gruber, Tenor Pa t e r Lo r e n z o , e i n Fr a n z i s k a n e r Nikolaus Hillebrand, Bass Hi r t e n k n a be /Kn a be n s t i mme Gregor Lütje, Knaben-Sopran Die v i e r v e r l i eb t e n Pa a r e Karin Hautermann, Helene Grabenhorst, Sopran Juliana Falk, Kahko Kawata, Alt Anton Rosner, Heinrich Weber, Tenor Paul Hansen, Theodor Nicolai, Bass

Tölzer Knabenchor (Leitung: Gerhard Schmidt-Gaden) Chor des Bayerischen Rundfunks (Leitung: Heinz Mende) Münchner Rundfunkorchester

Heinz Wallberg, Dirigent

Verlag: B. Schott’s Söhne, Mainz

Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks, München (1980)

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Zu Heinrich Sutermeisters Oper Romeo und Julia

«Heinrich Sutermeister, dessen Oper aus dem Jahre 1980, die 1984 bei Ex Romeo und Julia ich an der Dresdener ­Libris für kurze Zeit auf LP erschienen ist. Staatsoper uraufführte, ist eine der Der 1910 in Feuerthalen (Kanton Zürich) grössten schöpferischen Begabungen, in eine protestantische Pfarrersfamilie die das heutige europäische Musik- geborene Sutermeister studierte nach schaffen kennt.» So empfahl Karl Böhm dem Humanistischen Gymnasium Basel in den 40er Jahren den jungen Schwei- zuerst Philologie in Basel und Paris, zer Komponisten an seine Dirigenten- ­bevor er 1931 in München (u. a. beim kollegen. Kurz nach der umjubelten Ur- Schweizer ) zur Musik aufführung am 13. April 1940 in Dresden wechselte. Dort pflegte er auch enge mit der bekannten Maria Cebotari in der Beziehungen zu und Werner Rolle der Julia, setzte Sutermeisters Egk. Während ­seiner Zeit als Korrepeti- erst zweites Bühnenwerk zu einem bei- tor am Stadttheater Bern schrieb Suter- spiellosen Siegeszug durch ganz Europa meister 1936 seine erste Oper «Die an. In den Nachkriegsjahren ging die Schwarze Spinne» (MGB CD 6147). Nach Zahl der Aufführungen deutlich zurück, dem sensationellen Erfolg seines zwei- wohl auch wegen der in der offiziellen ten Bühnenwerks liess er sich 1942 in Musikszene der 50er-Jahre als rück- Vaux-sur-Morges nieder. Von 1958–80 ständig empfundenen tonalen Musik- war er Präsident der Schweizerischen sprache Sutermeisters. Seit langem ist Urhebergesellschaft. Zahlreiche Preise keine Aufnahme im Handel mehr erhält- krönten sein Schaffen, u. a. 1967 der lich, und so entschloss sich das Label Preis des Schweizerischen Tonkünstler- Musiques Suisses zur CD-Edition einer vereins. Von seinem guten Dutzend Aufnahme des Bayerischen Rundfunks Bühnenwerken erlebte besonders

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­Raskolnikoff nach Dostojewski (1948) von Musik. Vorbild für den formalen einen grossen Erfolg, wie auch das von Aufbau seiner Oper waren Boitos und Herbert von Karajan 1953 in Rom urauf- Verdis Shakespeare-Opern (v. a. Otello) geführte Requiem. sowie deren Konzept des «effetto». Wie in den meisten seiner Bühnen­ werken schrieb Sutermeister auch in Szenisch-musikalischer Ablauf Romeo und Julia sein Libretto selber. Er CD 1, Akt I griff auf die Schlegel’sche Übersetzung 1. Bild: Piazza dei Signori in Verona des Shakespeare-Originals zurück und 1 Mitglieder der verfeindeten Adels­fami­ arbeitete auch Passagen aus Shakes- lien Capulet und Montague geraten auf peare-Sonetten sowie barocken deut- der Piazza dei Signori in Verona wieder schen Dichtungen ein. Die Handlung der einmal in kämpferische Auseinander­ Oper konzentriert sich ganz auf die Lie- setzungen. Eine heftige «Agitato»-­Musik besgeschichte. Zahlreiche Rollen (Mer- mit viel Schlagzeugklang, Trompeten- cutio, Tybalt u.a.) sind gestrichen, der fanfaren, Sprech-Chor und Klagegesang Familienkonflikt tritt in den Hintergrund, der Frauen begleitet die turbulente Szene und auch die Versöhnung am Schluss bis zum Auftritt des Fürsten Escalus, der ist weggelassen. Julia ersticht sich Ruhe gebietet und den Streithähnen bei nicht, sondern stirbt – wie in der vor- jedem weiteren Bruch des Friedens die shakespearschen Legende – einen Lie- Todesstrafe androht. Die verfeindeten bestod. Die Handlungsvorlage bietet in Parteien ziehen sich zurück. erster Linie Stimmungsbilder (und Ex- 2 Dem auftretenden Romeo berichtet sein tempore wie das Madrigal der Verlieb- alter Diener Balthasar vom Vorfall. In ei- ten und das Notturno) für die Entfaltung nem elegischen Gesang sinniert ­Romeo

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über den Fluch, der auf diesem Fami­ Beisein der dazwischen plappernden lienzwist ruht. Ein Diener Capulets, des Amme, dass Graf Paris um ihre Hand anhält.­ Lesens unkundig, bittet Romeo, ihm die 5 In einer langen Ballszene tanzt zuerst Namen der Herrschaften zu entziffern, Paris mit Julia und anschliessend die ganze die abends zum Ball im Palazzo Capulet Gesellschaft zum Madrigal der «verliebten eingeladen sind. Der Bediente lädt auch Paare», deren Lachen am Ende eine klare Romeo zum Feste ein. Balthasar warnt Reminiszenz an das ­Lachen der Frauen Romeo vor diesem verhängnisvollen im 2. Bild aus Verdis «Falstaff» ist. Schritt. Fanfaren kündigen das Fest an. 6 Romeo hat seine Maske abgenommen, Begleitet von ätherischen Klängen (Harfe, und Julia will verwirrt fliehen. Da hält Klavier und Röhren­glocken) beschliesst Romeo sie zurück. Sein von einer ex- Romeo im Gottvertrauen ermutigt, un- pressiven Melodie der Solovioline be- erkannt auf das Maskenfest zu gehen. gleiteter galanter Gesang steigert sich 3 Während des Szenenwandels treten vier zum immer leidenschaftlicheren Liebes- Liebespaare vor den Vorhang und sin- werben. Es ist das zentrale «Liebes­ gen ein Madrigal von der Vergänglich- thema», geprägt von der Tritonus-Span- keit des Menschen. nung, welches hier zum ersten Mal aufscheint, später auch die Balkon­ 2. Bild: Festsaal im Palazzo Capulet szene, die Liebesnacht und die Todes- 4 Auf dem Höhepunkt der Verwandlungs- szene prägt und so wie eine Klammer musik öffnet sich der Vorhang und gibt die ganze Oper zusammenhält. den Blick frei auf das bunte Festtreiben 7 Von der Amme erfährt Romeo, dass ­Julia im Palazzo Capulet. Im Vordergrund ver- Capulets einzige Tochter ist. Er mas- kündet die Gräfin ihrer Tochter Julia im kiert sich wieder und geht ab. Auch die

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Gäste verabschieden sich und ­brechen CD 2, Akt II auf. Im Hintergrund hört man Romeos 4. Bild: Höhe über Verona, Einsiedelei Gesang, währenddessen die Amme Julia 1 Pater Lorenzo erklärt einem Hirtenkna- über die wahre Identität des fremden ben (dessen Lied an den Anfang des 3. Gastes aufklärt. Aktes «Tosca» erinnert) die Bedeutung 8 Julia beklagt ihr Schicksal, ausgerech- der Heilkräuter und der ihnen innewoh- net den ärgsten Feind zu lieben. Ihr ver- nenden Kräfte. zweifelter Ruf wird echoartig von «Stim- 2 Romeo tritt auf und bittet den Pater, ihn men der Nacht» (Coro a bocca ­chiusa) heimlich mit Julia zu vermählen. Lorenzo aufgenommen und effektvoll in die erklärt sich bereit und erhofft sich durch Mondnacht weitergetragen. diese Verbindung den Hass der beiden Fürstenhäuser zu besänftigen. Julia er- 3. Bild: Im Park des Palazzo Capulet scheint mit ihrer Amme, und alle vier 9 Notturno: während der Szenenverwand- Stimmen vereinen sich zu einem «con- lung singen die Madrigalsänger die Ballade certato» Verdischen Zuschnitts, zuerst von der Fee Mab, die die Träumenden narrt. a cappella, dann von einer Basslinie 10 Höhe- und Schlusspunkt des 1. Aktes ­pesante (Vc/Kb) und schliesslich von der ­bildet eine grossangelegte Liebesszene ganzen Blechbläsergruppe begleitet. (Balkonszene), in der sich Romeo und Ju- 3 Die Nacht ist herein gebrochen, und eine lia, begleitet von den Stimmen der Nacht, expressive Verwandlungsmusik mit dem ewige Treue schwören. Ihre «grenzenlose» weitgeschwungenen Liebesthema, um- Liebe wird klanglich faszinierend ausge- spielt mit flackernden Farbtupfern von kostet. Dabei steht das Liebens­duett aus Celesta, Glockenspiel, Triangel und grun- Verdis «Otello» durchaus Pate. diert von einem Hintergrundschor der

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«Stimmen der Nacht» symbolisiert die 6. Bild: Katakombe mit dem Capulet’- Liebensnacht von Romeo und Julia. schen Grabmal 7 Die scheintote Julia liegt aufgebahrt in der 5. Bild: Julias Schlafgemach Capulet’schen Gruft. Im Hintergrund hört 4 Der Lerchengesang kündet den Tagesan- man die Totenklage eines­ Frauenchors. bruch an, und die heimlich Getrauten 8 Romeo dringt in die Gruft ein. An der nehmen Abschied voneinander. Auf ­Totenbahre Julias setzt er zu einem ­immer Wunsch der Eltern soll Julia noch am leidenschaftlicheren Abschiedsgesang an. selben Tag den Grafen Paris heiraten. Ein Trauermarsch begleitet seinen ver- Als Julia sich weigert, wird sie von bei- zweifelten Selbstmord, während im den Eltern verstossen. ­Hintergrund erneut der Zwist der verfein- 5 Verzweifelt wendet sie sich an Pater deten Familien (wie im 1. Bild) hörbar ist. ­Lorenzo, der ihr einen Kräutergeist 9 Julia erwacht vom Waffenlärm und ent- übergibt, der ihren Körper für 32 Stun- deckt mit Entsetzen Romeos toten den wie tot erstarren lässt. Der Konnex ­Körper. In einem äusserst zart instru- zum Tod wird durch Sprechgesang mit mentierten (6 Soloviolinen sowie 3 Solo­ Xylophon-Begleitung unterstrichen. bratschen und 2 Solo-Celli) Abschieds- 6 Zu einer warmen Streicherbegleitung gesang ruft sie – innerlich ruhig – die misterioso nimmt Julia in einer expres- Todesnacht auch für sich selbt herab siven Kantilene (vorläufig) Abschied vom und stirbt zur Geigenmelodie der Liebes- Leben. Vor dem Hintergrundschor der nacht (Zitate aus Verwandlungsmusik eintreffenden Hochzeitsgesellschaft ent- und Balkonszene) einen eigentlichen zieht sich Julia der geplanten Hochzeit Liebestod, grundiert vom Frauenchor durch das Kräutergetränk. hinter der Szene. Claudio Danuser

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L’opéra Roméo et Juliette de Heinrich Sutermeister

«Heinrich Sutermeister, dont j’ai créé Suisses a décidé de graver sur CD un l’opéra Roméo et Juliette à l’Opéra ­enregistrement de la Radio bavaroise ­national de Dresde, est l’un des plus (Bayerischer Rundfunk) de 1980, paru grands talents créateurs que connaisse brièvement sur microsillon chez Ex Libris la musique européenne actuelle.» C’est en 1984. en ces termes que, dans les années Né à Feuerthalen (canton de ) en 1940, Karl Böhm recommandait le jeune 1910 dans une famille de pasteurs, compositeur suisse à ses collègues ­Sutermeister fait ses humanités au chefs d’orchestre. Après la première gymnase de Bâle, puis étudie les lettres audition sensationnelle à Dresde, le 13 à Bâle et Paris avant d’entrer au Conser- avril 1940, avec la célèbre Maria Cebo- vatoire de en 1931 (notamment tari dans le rôle de Juliette, ce qui n’était dans la classe du Suisse Walter Cour- que le deuxième ouvrage scénique de voisier), où il se lie étroitement avec Sutermeister entama une tournée sans Carl Orff et . Pendant qu’il précédent dans toute l’Europe. Dans les est chef de chant au Théâtre municipal années d’après-guerre, le nombre des de Berne, il compose en 1936 son représentations baissa sensiblement, ­premier opéra, Die schwarze Spinne sans doute aussi à cause du fait que, (L’araignée noire, MGB CD 6147), d’après dans les années 1950, le langage tonal Jeremias Gotthelf. Après le succès de Sutermeister était ressenti comme triomphal de son deuxième ouvrage réactionnaire par les pontes officiels. Il y scénique, il s’établit en 1942 à Vaux- a longtemps qu’on n’en trouve plus d’en- sur-Morges. Il sera président de la registrement dans le commerce, raison ­société suisse de gestion des droits pour laquelle la collection Musiques d’auteurs d’œuvres musicales (SUISA)

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de 1958 à 1980 et titulaire de nombreux surtout des prétextes à des tableaux prix, dont le Prix de compositeur de musicaux (et des occasions d’improvi- l’Association suisse des musiciens en ser, comme le madrigal des amoureux 1967. L’un des plus grands succès de sa et le nocturne). Les modèles formels bonne douzaine d’opéras est Raskol- sont les opéras de Verdi/Boito d’après nikoff d’après Dostoïevski (1948), sans Shakespeare (Otello en tout premier) et parler du Requiem, créé à Rome en 1953 leur conception de l’effetto. par Herbert von Karajan. Dans Roméo et Juliette, comme pour la L’action plupart de ses ouvrages scéniques, CD 1, acte I ­Sutermeister est son propre librettiste. 1er tableau: Vérone, piazza dei Signori Il se sert de la traduction allemande, 1 Des membres des familles nobles enne- par Schlegel, de l’original de Shakes- mies des Capulet et des Montaigu en peare, mais inclut aussi des passages viennent de nouveau aux mains sur la des sonnets de Shakespeare et des Piazza dei Signori, à Vérone. Un ­agitato ­poèmes baroques allemands. L’intrigue violent – percussions multiples, éclats se concentre exclusivement sur le drame de trompettes, chœur parlé et déplora- amoureux; de nombreux rôles (Mercutio, tion des femmes – accompagne l’effer- Tybalt, etc.) ont disparu, le conflit entre vescence jusqu’à l’entrée du prince les familles passe à l’arrière-plan, et ­Escalus, qui ordonne le retour au calme la réconciliation finale est supprimée. et menace de mort les combattants en ­Juliette ne se poignarde pas, mais meurt cas de nouveau trouble. Les adversai- d’amour, comme dans la légende pré­ res se retirent. shakespearienne. L’argument fournit 2 Survient Roméo, à qui son vieux servi-

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teur Balthazar raconte l’incident. Dans en présence d’une nourrice bavarde, une élégie, Roméo médite sur la malé- que le comte Pâris brigue sa main. diction qui pèse sur leurs familles anta- 5 Au cours d’une longue scène de bal, gonistes. Un domestique analphabète Pâris et Juliette, puis toute la compa- de Capulet prie Roméo de lui lire les gnie, dansent sur le madrigal des cou- noms des seigneurs invités le soir au ples d’amoureux, dont les rires finals bal qui se déroulera au palais et y invite constituent une réminiscence évidente aussi Roméo. Balthazar avertit ce der- de celui des femmes au 2e tableau du nier du danger. Des fanfares annoncent Falstaff de Verdi. la fête. Sur un accompagnement éthéré 6 Roméo tombe le masque et Juliette, (harpe, piano et cloches tubulaires), confuse, veut s’enfuir, mais Roméo la Roméo décide de se rendre masqué au retient. Sa chanson galante, accom­ bal et de faire confiance à Dieu. pagnée d’une cantilène expressive du 3 Pendant l’entracte musical, quatre cou- violon solo, tourne peu à peu en décla- ples d’amoureux avancent devant le ration d’amour enflammée. Cette canti- ­rideau et chantent un madrigal sur la lène est le leitmotiv central, basé sur la fragilité humaine. tension de l’intervalle de triton, qui re- paraîtra dans la scène du balcon, dans 2e tableau: salle des fêtes au palais la nuit d’amour et dans la mort d’amour, Capulet à la façon d’une grande accolade unis- 4 Au point culminant de l’entracte, le rideau sant tout l’opéra. s’ouvre pour révéler le tourbillon de la 7 Roméo apprend de la nourrice que Juliette fête au palais Capulet. Au premier plan, est la fille unique de Capulet. Il remet la comtesse annonce à sa fille ­Juliette, son masque et s’en va. A leur tour, les

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invités prennent congé et se dispersent. CD 2, acte II On entend dans le fond le chant de 4e tableau: ermitage sur les hauteurs de ­Roméo, pendant que la nourrice révèle à Vérone Juliette la véritable identité de l’étranger. 1 Le père Laurent explique à un jeune 8 Juliette déplore son sort, qui est d’aimer ­pâtre (dont la chanson rappelle le début le pire ennemi de sa famille. Son cri du 3e acte de Tosca) l’importance et les ­désespéré est repris en écho par les vertus des plantes médicinales. «voix de la nuit» (chœur à bouche fer- 2 Entre Roméo, qui demande au moine de mée) et se fond avec beaucoup ­d’effet célébrer son mariage secret avec Juliette. dans le clair de lune. Celui-ci s’y déclare disposé et espère que cette union atténuera la ­haine entre 3e tableau: parc du palais Capulet les deux familles princières. Juliette 9 Nocturne: pendant l’entracte musical, ­arrive avec sa nourrice et les quatre les madrigalistes chantent la ballade de personnages unissent leurs voix pour la reine Mab, fée qui ensorcelle ceux qui un ensemble de style verdien, d’abord a rêvent. cappella, puis accompagné d’une ligne 10 Le point culminant et final du 1er acte de basse pesante (violoncelles/contre- est une longue scène d’amour ­(scène du basses) et finalement de tous les cuivres. balcon) où, accompagnés par les «voix La nuit est tombée. Un entracte ­musical de la nuit», Roméo et Juliette se jurent 3 expressif – ample cantilène de violon, fidélité éternelle. Leur amour «sans touches scintillantes de célesta, glocken­ ­limite» donne lieu à des sonorités fas­ spiel et triangle sur fond de «voix de la cinantes – le duo d’amour d’Otello de nuit» – symbolise la nuit d’amour de Verdi n’est pas loin. ­Roméo et Juliette.

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5e tableau: chambre de Juliette 8 Roméo pénètre dans le caveau. Son 4 Le chant de l’alouette annonce l’aube et chant d’adieu devant le cadavre de les époux secrets se disent adieu. Les ­Juliette prend un tour de plus en plus parents de Juliette souhaitent qu’elle passionné. Une marche funèbre accom- épouse le comte Pâris. Quand elle re­fuse, pagne son suicide de désespoir, tandis sa famille la répudie. que le combat des familles ennemies 5 De désespoir, Juliette se tourne vers le résonne une nouvelle fois dans le fond père Laurent, qui lui remet un philtre (musique du 1er tableau). qui la fera paraître morte pendant trente- 9 Juliette est réveillée par le bruit des ­armes deux heures. Le cadre mortifère est sou- et découvre avec horreur le cadavre de ligné par le Sprechgesang et l’accompa- Roméo. Dans un chant d’adieu instru- gnement de xylophone. menté de façon extrêmement délicate 6 Enveloppée du chaud accompagnement (6 violons, 3 altos et 2 violoncelles des cordes (misterioso), Juliette prend ­solos), elle appelle sereinement la mort congé (provisoirement) de la vie dans et expire au son de la mélodie de violon une cantilène expressive. Pendant que de la nuit d’amour ­(citations de l’entracte le chœur annonce en coulisse l’arrivée musical et de la scène du balcon); sa de la noce, Juliette boit le philtre pour mort d’amour (Liebestod) est accom­ se soustraire au mariage. pagnée en coulisse par le chœur de ­f e m m e s . 6e tableau: caveau funéraire des Capulet Claudio Danuser 7 La fausse morte est étendue sur une ­civière. On entend au fond la plainte ­funèbre d’un chœur de femmes.

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L’opera Romeo e Giulietta di Heinrich Sutermeister

«Heinrich Sutermeister, di cui ho rap- Radio bavarese (Bayerische Rundfunk) presentato per la prima volta l’opera del 1980, apparsa per breve tempo nel Romeo e Giulietta all’Opera nazionale 1984 su LP da Ex Libris. di Dresda, è uno dei più grandi compo- Nato nel 1910 a Feuerthalen (Canton sitori di talento che la musica attuale ­Zurigo) da una famiglia di pastori prote- europea conosca.» È così che, negli anni stanti, dopo gli studi al liceo umanista 40, Karl Böhm raccomanda il giovane di Basilea studia dapprima Filologia a compositore svizzero ai colleghi diret- Basilea e Parigi per poi passare, nel tori d’orchestra. Poco dopo la sensazio- 1931, al Conservatorio di musica di Mo- nale prima del 13 aprile 1940 a Dresda, naco di Baviera (dove segue anche il con la famosa Maria Cebotari nel ruolo corso dello svizzero Walter Courvoisier), di Giulietta, per quella che è solo la dove stringerà amicizia con Carl Orff e ­seconda opera di Sutermeister, inizia Werner Egk. Mentre lavora come cori- una strepitosa tournée in tutta Europa. petitore presso il Teatro municipale di Durante il dopoguerra il numero delle Berna, nel 1936 Sutermeister scrive la rappresentazioni diminuisce sensibili- sua prima opera Die schwarze Spinne mente, anche a causa del fatto che, (Il ragno nero, MGB CD 6147). Dopo il nell’ambiente musicale ufficiale degli sensazionale successo della sua secon- anni 50, il linguaggio tonale di Suter- da opera scenica, nel 1942 si stabilisce meister è sentito come reazionario. Da a Vaux-sur-Morges. Dal 1958 al 1980 è diverso tempo non è più in commercio presidente della società svizzera per i nessuna registrazione, ragione per cui diritti degli autori musicali (SUISA). Ha la casa Musiques Suisses ha deciso di ricevuto numerosi premi, tra i quali, nel far uscire su CD una registrazione della 1967, il premio dell’associazione svizze-

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ra dei musicisti. Tra la decina di opere il madrigale degli innamorati ed il not- create, ha riscosso particolare suc­cesso turno). Il modello formale dell’opera è Raskolnikoff (1948), basato su un ­lavoro costituito dalle opere shakespeariane di Dostoevskij e Requiem, presentato in di Boito e Verdi (soprattutto Otello) e prima esecuzione assoluta nel 1953 a dalla loro concezione dell’«effetto». Roma da Herbert von Karajan. Come nella maggior parte delle sue L’azione ­opere, anche per Romeo e Giulietta Suter­ CD 1, atto I meister scrive lui stesso il libretto. Si 1a scena: Verona, piazza dei Signori rifà alla traduzione di Schlegel dell’ori- 1 Membri delle famiglie nobili nemiche ginale shakespeariano e vi include an- dei Montecchi e Capuleti vengono nuova- che passaggi di sonetti di Shakespeare mente alle mani sulla piazza dei Signori e poemi barocchi tedeschi. La trama a Verona. Un agitato violento – percus- dell’opera si concentra esclusivamente sioni multiple, squilli di tromba, coro sulla storia d’amore. I numerosi ruoli parlato e deplorazione delle donne – ac- (Mercuzio, Tebaldo, ecc.) sono scom- compagnano la scena turbolenta fino parsi, il conflitto tra le famiglie passa in all’entrata in scena del principe Escalo, secondo piano ed anche la riconciliazio- che ordina il ritorno alla calma e minaccia ne finale è soppressa. Giulietta non si di morte chi oserà rompere la tregua. Le pugnala, ma muore d’amore, come nella due fazioni avversarie si ritirano. leggenda pre-shakespeariana. L’argo- 2 Arriva Romeo il quale viene infor­mato mento fornisce soprattutto un pretesto dell’accaduto dal vecchio servitore per sviluppare delle scene musicali (e ­Baldassarre. In un’elegia Romeo medita delle occasioni per improvvisare, come sulla maledizione che grava sulle loro

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famiglie antagoniste. Un domestico il conte Paride intende chiedere la sua analfabeta dei Capuleti prega Romeo di mano. leggergli il nome dei signori invitati la 5 Durante una lunga scena di ballo ­Paride sera al ballo nel palazzo dei Capuleti ed e Giulietta e poi tutta la compagnia bal- invita anche Romeo. Baldassare avverte lano sul madrigale delle «coppie inna- Romeo del pericolo. Le fanfare annun- morate», la cui risata alla fine è una ciano la festa. Accompagnato da suoni chiara reminescenza di quella delle don- eterei (arpa, piano e campane tubolari), ne nella 2a scena del Falstaff di Verdi. Romeo confidando in Dio, decide di pre- 6 Romeo si toglie la maschera e ­Giulietta, sentarsi mascherato al ballo per non confusa, vuole scappare, ma Romeo la farsi riconoscere. ferma. La sua canzone galante, accom- 3 Durante il cambio di scena 4 coppie di pagnata da una melodia espressiva del innamorati avanzano davanti al sipario violino solista, si trasforma sempre più in e cantano un madrigale sulla caducità una passionale dichiarazione d’amore. umana. Si tratta del tema centrale «dell’amore», basato sull’intervallo tritonico, e che 2a scena: salone delle feste nel palazzo più tardi si ripresenterà nella scena del Capuleti balcone, nella notte d’amore e nella 4 Al momento culminante dell’intermezzo ­scena di morte e che tiene unita l’intera musicale si apre il sipario ed appare il opera come in una morsa. turbinio della festa nel palazzo dei 7 Dalla nutrice Romeo viene a sapere che ­Capuleti. In primo piano la contessa Giulietta è l’unica figlia dei Capuleti. Si ­annuncia a sua figlia Giulietta, in pre- rimette la maschera e se ne va. Anche senza di una nutrice chiacchierona, che gli ospiti si congedano e se ne vanno. In

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sottofondo si sente il canto di Romeo CD 2, atto II mentre la nutrice rivela a Giulietta la 4a scena: eremo sulle alture di Verona vera identità dell’ospite sconosciuto. 1 Padre Lorenzo spiega ad un giovane 8 Giulietta deplora il suo destino di amare ­pastore (il cui canto ricorda l’inizio del proprio il peggior nemico della sua 3° atto di Tosca) l’importanza e le virtù ­famiglia. Il suo grido disperato viene delle piante medicinali. ­ripreso come un’eco dalle «voci della 2 Entra Romeo che chiede al monaco di notte» (coro a bocca chiusa) che si fonde celebrare il suo matrimonio segreto con con grande effetto nel chiaro di luna. Giulietta. Padre Lorenzo si dichiara ­disposto e spera che questa unione pla- 3a Scena: nel parco del palazzo Capuleti cherà l’odio tra le due casate. Giulietta 9 Notturno: durante l’intervallo musicale arriva con la nutrice e i quattro perso- i madrigalisti cantano una ballata della naggi uniscono le loro voci in un «con- regina Mab, la fata che fa sognare. certato» di stile verdiano, dapprima con 10 Punto culminante e finale del 1° atto è un canto a cappella, poi accompagnati una lunga scena d’amore (scena del bal- da una linea di bassi pesante (violon- cone) in cui, accompagnati dalle voci celli/contrabbassi) ed infine da tutto il della notte, Romeo e Giulietta si giurano gruppo di ottoni. fedeltà eterna. Il loro amore «senza 3 È scesa la notte. Un intervallo musicale ­limiti» dà luogo a sonorità piene di espressivo – un’ampia cantilena di violino, ­fascino: il duetto d’amore dell’Otello di tocchi scintillanti di celesta, glocken- Verdi non è lontano. spiel e triangolo sullo sfondo del coro delle «voci della notte» – simboleggia la notte d’amore di Romeo e Giulietta.

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5a scena: camera di Giulietta 8 Romeo entra nella cripta. Il suo ­canto 4 Il canto dell’allodola annuncia l’alba e d’addio davanti al cadavere di Giulietta gli sposi segreti si congedano. Per volere diventa sempre più appassionato. Una dei genitori, Giulietta quello stesso marcia funebre accompagna il suo sui- giorno deve sposare il conte Paride. Nel cidio disperato mentre in sottofondo momento in cui si rifiuta, viene ripudiata ­risuona ancora una volta il rumore degli dai genitori. scontri tra le due famiglie rivali (come 5 Disperata si rivolge a padre Lorenzo che nella scena 1a). le dà un filtro che la farà sembrare morta 9 Giulietta viene svegliata dal rumore per 32 ore. Il quadro funebre è sottoli- d’armi e scopre con orrore il cadavere di neato dallo Sprechgesang e dall’accom- Romeo. In un canto d’addio strumentale pagnamento dello xilofono. e particolarmente delicato (6 violini, 6 Con un caldo accompagnamento di archi 3 viole e 2 violoncelli solisti), Giulietta (misterioso), Giulietta prende congedo invoca serenamente la morte e spira al (provvisorio) dalla vita con una cantilena suono della melodia del violino della espressiva. Sullo sfondo del coro che notte d’amore (citazioni dell’intermez- annuncia l’avvicinarsi delle nozze, Giu- zo musicale e della scena del balcone); lietta beve il filtro per sottrarsi al matri- la sua morte d’amore è accompagnata monio. dal coro di donne dietro le quinte. Claudio Danuser 6a scena: cripta della cappella dei Capuleti 7 La morta apparente giace sul catafalco. In sottofondo si sente il pianto ­funebre di un coro di donne.

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Heinrich Sutermeister’s Opera Romeo and Juliet

‘Heinrich Sutermeister, whose opera recording made by the Bavarian Radio Romeo and Juliet I premièred at the in 1980, which in 1984 had made a brief Dresden State Opera, is one of the appearance on the market as an LP on greatest creative talents on the Euro­ the label Ex Libris. pean music scene today’. This was how Sutermeister was born in 1910 in Feuer- Karl Böhm recommended the young Swiss thalen in Canton Zurich into a Protes- composer to his conducting colleagues tant vicar’s family. He attended the in the 1940s. Shortly after its highly ­Humanistic Grammar School in Basle, successful world premiere on 13 April then first studied philology in Basle and 1940 in Dresden (with the famous Maria Paris before changing to study music in Cebotari in the role of Juliet), this opera 1931, at which he moved to Munich. His embarked on an unprecedented, trium- teachers there included the Swiss com- phal procession across Europe – and it poser Walter Courvoisier, though he was only the second work that Suter- also established close contact with Carl meister had written for the stage. In the Orff and Werner Egk. After returning to post-War years, however, it enjoyed Switzerland, Sutermeister worked as a considerably less performances. This répétiteur at the Berne City Theatre. It was, no doubt, also on account of Suter­ was while working there that he wrote meister’s tonal musical language, which his first opera in 1936, The Black Spider in the 1950s was regarded by the ‘offi- (MGB CD 6147). After the spectacular cial’ music scene as antiquated. For success of his second stage work, Suter­ many years now, no recording of it has meister settled in 1942 in Vaux-sur- been on the market. So Musiques Morges. From 1958 to 1980 he was the ­Suisses has decided to release on CD a President of the Swiss Performing

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Rights Society. His music was awarded plot primarily offers atmospheric op- numerous prizes, including the Prize of portunities for the music to unfold (plus the Swiss Musicians’ Association in improvisatory moments such as the lov- 1967. Of his dozen or so stage works, ers’ madrigal and the ‘Notturno’). The Raskolnikoff (1948), after Dostoyevsky, composer’s models for the formal enjoyed particular success. So did his framework were the Shakespeare oper- Requiem, which was given its world as of Boito and Verdi (e.g. Otello) as première under Herbert von Karajan in well as their concept of the ‘effetto’. Rome in 1953. As was often his custom, Sutermeister Scenic/musical synopsis wrote his own libretto for Romeo and CD 1, Act I Juliet. He made use of the standard Scene 1: Piazza dei Signori in Verona Shakespeare translation by Schlegel, 1 Members of the rival noble families of but also utilized passages from Shake- Capulet and Montague once more clash speare’s sonnets and from Baroque on the Piazza dei Signori in Verona. Up German poetry. The opera’s plot is con- to the entrance of Prince Escalus, this centrated wholly on the love story. turbulent scene is accompanied by im- ­Numerous roles (Mercutio, Tybalt etc.) pulsive, ‘agitato’ music with much per- have been cut, the conflict between the cussion, trumpet fanfares, speaking families takes a back seat, and even chorus and women’s laments. Escalus their reconciliation at the end is omit- restores order and threatens the brawl- ted. Juliet does not stab herself, but – ers with the death penalty, should any- as in the pre-Shakespearian legend – one break the peace again. The rival dies a ‘love-death’ or ‘Liebestod’. The parties withdraw.

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2 Romeo enters and tells his old servant the Countess is busy telling her daugh- Balthasar of the incident. He sings in el- ter Juliet, amidst the blabbering inter- egiac fashion of the curse that lies upon jections of the Nurse, that Count Paris the two families. A servant of the Capu- has asked for her hand in marriage. lets, unable to read, asks Romeo to de- 5 During a long ball scene, first Paris cipher the names of the guests who are dances with Juliet, then the whole com- invited to the ball that same evening in pany dances to the madrigal of the the Capulets’ palazzo. The servant also ­‘couples in love’. This ends in a laughter invites Romeo to attend. Balthasar that is clearly reminiscent of the laugh- warns Romeo not to take this fateful ing of the women in the Second Scene of step. Fanfares announce the ball. Ac- Verdi’s Falstaff. companied by ethereal sounds (harp, 6 Romeo takes his mask off, at which Juliet, piano and tubular bells), Romeo de- confused, wants to flee. Romeo holds cides to trust in God and to go in dis- her back. His gallant song, accompanied guise to the masked ball. by an expressive melody in the solo vio- 3 During the scene change, four pairs of lin, becomes an ever more passionate lovers come before the curtain and sing song of courtship. This is the first a madrigal about the transience of man. ­appearance of the central ‘love theme’, which is characterized by the tension Scene 2: Ballroom of the Capulets’ palazzo produced by a tritone. This theme also 4 As the music for the scene change determines the later balcony scene, the reaches its climax, the curtain opens to lovers’ conjugal night and the death show us the merry scene at the ball in the scene; it serves to knit the whole opera Capulets’ palazzo. In the foreground, together.

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7 The Nurse tells Romeo that Juliet is ‘boundless’ love is accorded an expan- Capulet’s only daughter. He puts his sive, fascinating musical treatment for mask back on, and leaves. The guests which the model was obviously the love bid their farewells too, and begin to go. duet from Verdi’s Otello. In the background, we hear Romeo sing- ing while the Nurse explains to Juliet CD 2, Act II the true identity of the unknown guest. Scene 4: Field above Verona, hermitage 8 Juliet bemoans her fate: to love the man 1 Father Lorenzo explains to a shepherd who is her worst enemy. Her cries of boy (whose song is reminiscent of the ­despair are taken up in echo fashion beginning of the third act of Puccini’s by ‘voices of the night’ (a humming Tosca) the significance of medicinal herbs ­chorus) and carried out into the moonlit and the powers residing within them. night in a highly effective manner. 2 Romeo appears and begs the priest to marry him and Juliet in secret. Lorenzo Scene 3: In the park of the Capulets’ ­declares himself ready and hopes that this Notturno: during the scene change, the union might dampen the hatred between 9 madrigalists sing the ballad of Queen the two houses. Juliet appears with her Mab, the fairy who brings wish-fulfilling Nurse, and all four voices are united in a dreams to those who sleep. ‘concertato’ after the manner of Verdi, first 10 The climax of Act One, and also its finale, a cappella, then ­accompanied by a ­pesante is a large-scale love scene (the balcony bass line (with celli and double basses) scene), in which Romeo and Juliet, accom- and finally by the whole brass group. panied by the ‘voices of the night’, 3 Night has fallen, and an expressive trans- swear eternal love to each other. Their formation music signifies the couple’s

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marriage night, with an expansive Scene 6: The Capulets’ burial vault in ­cantilena on the violin, adorned by flick- the catacombs erings of colour from celeste, glocken- 7 Juliet, seemingly dead, has been laid out. spiel and triangle, and with a back- In the background, we hear the lament ground chorus of the ‘voices of the night’. of a women’s chorus. 8 Romeo forces his way into the tomb. In Scene 5: Juliet’s chamber front of Juliet’s bier, he sings an ever- 4 The song of the larks announces the more impassioned song of farewell. His break of day, and the secret newly-weds desperate suicide is accompanied by a say their farewells. Juliet’s parents want funeral march, while in the background her to marry Count Paris that same day. once more the quarrel of the rival fami- When Juliet refuses, she is renounced lies can be heard (as in the first scene). by both parents. 9 Juliet is awoken by the sound of weap- 5 In desperation, she turns to Father Lorenzo, ons and to her horror discovers Romeo’s who gives her a potion that will make her dead body. Inwardly at peace, she sings seem dead for 32 hours. The mention of a song of farewell that is scored in a death is underlined by the use of Sprech- highly delicate manner (6 solo violins, gesang to a xylophone accompaniment. 3 solo violas and 2 solo cellos) and calls 6 Accompanied by a warm, misterioso string down death upon herself. To the violin accompaniment, Juliet takes her (provi- melody from her marital night (quota- sional) leave of life with an expressive tions from the transformation music and the cantilena. The assembling marriage guests balcony scene), she undergoes a ‘Liebes­ sing in the background, but Juliet avoids tod’, accompanied by the women’s chorus the marriage thanks to the potion. behind the scenes. Claudio Danuser

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Romeo und Julia

Die Sturmglocke ertönt, die Mägde drängen CD 1 Akt I sich in den Torbogen, um den Verlauf des Erstes Bild Streites zu verfolgen. Piazza dei Signori in Verona Rufe und Waffenlärm hinter der Szene stei- 1 Der Palazzo, der das Bühnenbild beherrscht, gern sich; plötzlich weichen die Mägde und zu dessen Hauptportal die große Frei- schreiend zurück: Die Capulets werden von treppe hinaufführt, wird von den Capulets den Montagues durch den Torbogen auf die bewohnt. – Ein weiterer Hauseingang zu ebe- Bühne gedrängt. Hier entbrennt der Kampf ner Erde. – Auftritte zur Piazza von beiden der beiden feindlichen Parteien aufs neue. Seiten und von hinten links durch einen Tor- Die Mo n t a g u e s : bogen. – Später Nachmittag. Nieder mit den Capulets! Die Ca p u l e t s : Erste Szene Nieder mit den Montagues! Trompetensignale hinter der Szene, die sich Die Bü r g e r i n n e n : rasch nähern, dann Trommelwirbel und Waf- Laßt los! fenlärm. Die Bü r g e r : Die Mo n t a g u e s : Schlagt zu! Hie Montague! Das Hauptportal am Palazzo öffnet sich, Graf hinter der Szene Capulet erscheint. Die Ca p u l e t s : Gr a f Ca p u l e t : Hie Capulet! Was ist das für ein Lärm? Einige Mägde kommen angstvoll aus dem Er erblickt unter den Streitenden den greisen unteren Eingang des Palazzo auf die Szene Montague. gelaufen; sie horchen auf die sich nähernden Holla! – Rufe und schreien um Hilfe. Seht dort den Schurken Montague! Die Mä g d e : Zurück in deine Hundehütte, sag ich dir! Hilfe! Hilfe! in höchster Wut: Kommt zu Hilfe! Wo ist mein Degen? Sie schlagen sich tot!

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Gr a f Mo n t a g u e : Hört eures ungehaltenen Den Degen her! Fürsten Spruch: So alt ich bin, Du, alter Montague! heut lösch’ ich dich und deinen Du, alter Capulet! verfluchten Namen aus! Verstört ihr jemals wieder unsre Stadt, Allgemeines Getümmel, Capulet eilt die Treppe so zahl’ eu’r Leben mir herunter, wo er von Montague mit gezoge- den Friedensbruch! nem Degen erwartet wird. Die Parteien nehmen die Schwerter auf und Die Bü r g e r : entfernen sich, die Capulets in den unteren He! He! Eingang des Palastes, die Montagues nach Spieß und Stangen her! hinten links (Torbogen), der Fürst und sein Gefolge nach vorne links. Zweite Szene Ba l t h a s a r : Im Augenblick, wo Capulet mit Montague er will sich als Letzter wegbegeben ­zusammenstößt, erscheint von vorne links 2 Da kommt mein guter Herr! Fürst Escalus mit Gefolge. Die Hellebardiere Wie froh bin ich, treiben einen Keil zwischen die Kämpfen- er war nicht bei dem Streit. den. Fü r s t Es c a l u s : Dritte Szene Aufrührerische Vasallen! Friedensfeinde! Romeo nähert sich langsam von rechts. Die ihr den Stahl Ba l t h a s a r : durch Nachbarblut entweiht! Gnädiger Herr... Er tritt einige Schritte vor. Ro me o : Wollt ihr nicht hören? Sag mir nichts, Männer!? Nein: Wilde Tiere! ich hört’ es alles schon. Zu Boden werft, bei Buß Haß gibt hier viel zu schaffen... an Leib und Leben, Warum denn dieser Haß? die mißgestählte Wehr Langsame Dämmerung. aus blutigen Händen! Für sich, sehr ruhig:

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Montague –– Er liest Capulet –– ...«Signor Martino und seine Frau und Tochter, Was für ein Fluch Graf Anselm und seine reizenden Schwes- auf diesem Hasse ruht! tern, die verwitwete Freifrau von Vitruvio Und ich ein Montague... ­Signor Placentio und alle edlen Freunde Was ist denn «Montague»? ­unseres Hauses...» Es ist nicht Hand, nicht Fuß, Ein schöner Haufe! nicht Arm noch Antlitz, noch Wohin lädst du sie? ein anderer Teil, De r Be d i e n t e : der Menschen eignet. ... mit piffig-dummschlauem Ausdruck In unser Haus! Vierte Szene Ro me o : Ein Bedienter tritt aus dem unteren Teil des In wessen Haus? Palazzo. De r Be d i e n t e : De r Be d i e n t e : Meines Herrn! Die Leute soll ich suchen, Ro me o : wovon die Namen hier geschrieben stehn, Und wer ist der? geschrieben stehn! und ich De r Be d i e n t e : kann gar nicht lesen! Der große, reiche Capulet! Er erblickt den in Gedanken versunkenen Ihr kommt doch auch? ­R o m e o . Stecht eine Flasche Wein mit uns! Das scheint mir ein Studierter! Gehabt Euch wohl! Wenn der nur lesen kann!? nach links ab. Er nähert sich Romeo. Gott grüß’ Euch, Herr! Fünfte Szene Ich bitt’ Euch, Herr! – Stärker zunehmende Dämmerung; die Fas­ Könnt Ihr lesen? sade des Capuletschen Palastes hebt sich Ro me o : dunkel gegen den Abendhimmel ab. Gib her!

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Duett: Sechste Szene Ro me o : Die Türflügel des Palazzo oben auf der Trep- übermütig pe öffnen sich, ein heller Lichtschein fällt auf He, Balthasar, den dunklen Platz und zwei Herolde treten hast du gehört? Wir sind geladen heut aus dem Haus, um mit ihren Fanfaren zum ins Haus des größten Feindes! Feste zu rufen. – Dann treten sie wieder zu- Ba l t h a s a r : rück, das Portal bleibt weit offen. beschwörend Ro me o : O geht nicht, bester Herr! Laß gut sein, alter Balthasar! Das gottverfluchte Haus der Capulet Was kann mir schon geschehn? entfacht nur neuen Streit, Hol Maskenkleid und Fackel mir, bringt Unheil Euch! und dann begleite mich Ro me o : zum Fest der Capulet! Mein Herz erbangt Balthasar ab nach rechts. und ahnet ein Verhängnis, allein welches, noch verborgen in den Sternen, Denn er, heute Nacht der mir zur Fahrt den furchtbaren Zeitlauf das Steuer lenkt, beginnen wird... richt’ auch Ba l t h a s a r : mein Segel! O geht nicht, bester Herr, Vorhang fällt. Orchesterzwischenspiel. ich bitt’ Euch! Die «verliebten Paare» treten vor den Vor- Nichts kann den Unstern hang und singen zum Publikum gewandt. dieses Tages wenden. Madrigal der «Verliebten Paare» Er hebt das Werk an, Die z w e i e r s t e n Pa a r e : andre werden’s vollenden... 3 Ach Liebste(r), laßt uns eilen, Romeo wendet sich um gegen das dunkle es flieht die Zeit, Haus. es schadet das Verweilen uns beiderseit.

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Die z w e i z w e i t e n Pa a r e : Capulet mit Julia und der Amme rasch auf die Der edlen Schönheit Gaben verlassene Vorderbühne zurück. flieh’n Fuß für Fuß, Gr ä f i n Ca p u l e t : daß alles, was wir haben 4 Amme! verschwinden muß. Geh’ beiseit! Al l e v i e r Pa a r e : Wir müssen heimlich sprechen. Das Mündlein von Korallen Die Amme wendet sich beleidigt ab. wird ungestalt – Komm, Julia! die weißen Händ’ verfallen, Bei deinem ersten Feste und du wirst alt! – – – möcht ich dir noch ein Die Paare verschwinden wieder hinter dem Wörtchen sagen: Du weißt... Vorhang. du weißt... Amme, komm nur wieder her, Zweites Bild ich habe mich besonnen, Der große Festsaal im Hause Capulet. Der ich will dich mit zur Überlegung ziehn! vordere, etwas höher liegende Teil der ­Bühne führt links zu den inneren Gemächern, rechts Achte Szene wird er durch ein hohes­ gotisches Fenster ab- Gr ä f i n Ca p u l e t : geschlossen. – Im Hintergrund ist die Weiter- zur Amme führung des Saales nach links gedacht; nach Du weißt: Mein Kind der rechten Seite setzt sich der Saal dem Aus- hat schon ein hübsches Alter... gang zu fort. – Buntes Maskengewühl. Amme : ...das zähl ich, meiner Treu’, Siebente Szene am Finger her: eins, zwei, drei, Graf und Gräfin Capulet – etwas zurück Julia vier, fünf, sechs, sieben, acht... mit der Amme – werden durch die Gäste be- Gr ä f i n Ca p u l e t : grüßt, es bildet sich ein Festzug nach der unterbrechend Bühnentiefe hin, wo sich die Masken nach Sie ist nicht siebzehn Jahr hinten links zerstreuen. Dann kehren Gräfin

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Amme : als je von vorn eines alten eifrig Buhlers Kuß... Sie ist noch nicht siebzehn! Gr ä f i n Ca p u l e t : Wie lang ist’s bis Johannis? unterbrechend Gr ä f i n Ca p u l e t : Genug davon, genug davon. Nun... Amme : vierzehn Tag’ und drüber – – zu Julia Amme : Nicht wahr, meine Kind? – – nun drüber oder drunter: Ju l i a : Just den Tag wird sie Ach Amme, siebzehn Jahre, schweig’ doch nur ich wette siebzehn ein bißchen still. meiner Zähne drauf. Amme : traurig Gut, ich bin fertig? Zwar hab’ ich nur Gott behüte dich! vier Zähne, Erleb’ ich deine Hochzeit noch einmal... ich arme Frau! Gr ä f i n Ca p u l e t : zu Julia ...Die Hochzeit, ja, Wie hübsch du warst als Kind... das ist der Punkt, von dem ich Du bist’s noch jetzt, sprechen wollte! – Sag mir, liebe Tochter, gewiß, noch jetzt, – doch damals, wie steht’s mit deiner Lust, o mein Gott, wie konnte allerliebst dich zu vermählen...? das kleine Dingchen krahlen... Ju l i a : Ich legt’ es übern Schoß Ich träumte nie wohl tausendmal und mehr von dieser Ehre noch. und klatscht’ es sanft Amme : und küßt’ es hinterher, beiseit und solch ein Küßchen Wie klug und weise spricht das Kind! war süßerer Genuß,

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Gr ä f i n Ca p u l e t : Turbulenter Auftritt der männlichen Masken, Gut, denke jetzt daran! die als «Roß» und «Reiter» verkleidet, ein ko- ... mit einem Wort: der wackre misches Turnier darstellen. Die Verkleidun- Paris wirbt um deine Hand! gen fallen, ausgelassener Tanz. Dann holen Amme : die männlichen Masken die Mädchen, allge- Das ist ein Mann, mein Fräulein! meiner Tanz zum Madrigal der verliebten Ein wahrer Zuckermann, Paare: solch ein Mann, als alle Welt. Die z w e i e r s t e n Pa a r e : Gr ä f i n Ca p u l e t : Ach Liebste(r), laßt uns eilen, Die schönste Blume von Veronas Flur. es flieht die Zeit, Geh’, Amme, hol Graf Paris schnell! es schadet das Verweilen Graf Paris tritt, von der Amme geleitet, vor, uns beiderseit. verneigt sich vor Julia, die seinen Gruß an- Die z w e i z w e i t e n Pa a r e : mutig erwidert, und fordert sie zum Tanz Der edlen Schönheit Gaben auf. flieh’n Fuß für Fuß, Gr ä f i n Ca p u l e t : daß alles, was wir haben, So recht, mein Kind. verschwinden muß. Amme : Al l e v i e r Pa a r e : Ein schönes Paar... Das Mündlein von Korallen Gr ä f i n Ca p u l e t : wird ungestalt, Und wir, wir beide schauen zu, die weißen Händ’ verfallen, wie sich die Jugend freut! und du wirst alt! – – Der Tanz steigert sich zu fröhlicher Ausgelas- Neunte Szene senheit. Romeo, der unbemerkt eingetreten 5 Ballett. Tanz der Julia mit Paris, dann er- ist, lehnt in dunkler Maske an einem Pfeiler. scheint eine Gruppe junger Mädchen, ruhig- Gr o s s e r Ta n z c h o r : graziöser Tanz. Die Mädchen, und mit ihnen Hier in diesen Armen Paris und Julia, tanzen sich allmählich in den hoff ich zu erwarmen! Hintergrund und verschwinden. Hier bei deinem Herzen

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end’ ich meine Schmerzen! Festzuges, der durch den ganzen Saal und In dem Freudensaal schließlich bei dem abseits stehenden tausend, tausendmal! ­Romeo vorbeiführt: Julia hält plötzlich inne, Liebste(r), laßt und leben, Romeo nimmt die Maske ab, beide verharren ich will dir mich geben regungslos Auge in Auge, unbemerkt von auch bis in den Tod, den Gästen, die in festlichem Zuge die Bühne sei mein Trost in Not! verlassen. In dem Freudensaal Die festlichen Fanfaren hinter der Szene tausend, tausendmal! ­rufen Julia in die Wirklichkeit zurück; sie will Die v e r l i eb t e n Pa a r e : entfliehen, doch Romeo hält sie mit einer bit- Einsamkeit bringt lauter Not, tenden Bewegung zurück. einsam ist lebendig tot, gibt dem Herzen alle Pein Elfte Szene trauriger Gedanken ein. In ruhigem, fast unmerklich angedeutetem Ach, wie wohl sind die daran, Tanz kommt das Paar allmählich in den Vor- welche Liebe paaren kann, dergrund. Dort bleiben sie stehen, während und, einander beigesellt, die leichte Konversation unmerklich in bis in ihren Tod erhält. ­Romeos leidenschaftliche Werbung über- Ta n z c h o r u n d v e r l i eb t e Pa a r e : geht. Hier in diesen Armen Duett hoff ich zu erwarmen! Ro me o : Hier bei deinem Herzen 6 Entweihet meine Hand verwegen dich, end’ ich meine Schmerzen! o Heilgenbild, In dem Freudensaal so will ich’s lieblich büßen... tausend, tausendmal! Ju l i a : ...Nein, Pilger, lege nichts der Hand zu schulden Zehnte Szene für ihren andachtsvollen Gruß. Auf dem Höhepunkt des Tanzes erscheinen Ro me o : Paris und Julia an der Spitze eines feierlichen O, so vergönne, teure Heil’ge nun,

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daß auch die Lippen wie die Hände tun. 7 Mama will Euch ein Wörtchen sagen. Er küßt ihre Hand. Im Hintergrund rüsten sich die Gäste zum Voll Inbrunst beten sie zu dir: Aufbruch, Julia geht nach hinten zu den El- Erhöre sie, tern, allmählich Abgang der Gäste nach hin- daß Glaube sich nicht ten rechts. in Verzweiflung kehre! Gr a f Ca p u l e t : Er fällt vor ihr auf die Knie. immer im Hintergrund Ju l i a : Nein, liebe Herren, indem sie ihn aufhebt denkt doch ans Weggehn nicht! Du weißt, ein Heilger Ro me o : pflegt sich nicht zu regen, die Amme zurückhaltend selbst wenn er eine Bitte zugesteht... Wer ist des Fräuleins Mutter? Ro me o : Amme : So reg’ dich, Holde, nicht, Ei nun, Junker, das ist die gnädge Frau wie Heilge pflegen, vom Hause hier! derweil mein Mund dir nimmt, Ab nach hinten. was er erfleht. Ro me o : Er küßt sie. für sich Ro me o u n d Ju l i a : Sie eine Capulet, Unsre Liebe wird ewig stehn, ich ein Montague, sie wird im Leben und im Tode o teurer Preis: mein Leben ist nicht vergehn... meinem Feind als Schuld dahingegeben. Er maskiert sich wieder und geht ab nach Zwölfte Szene hinten. Die Amme erscheint suchend im Hintergrund, Gr a f Ca p u l e t : betrachtet die beiden mit Interesse, dann zum abgehenden Romeo kommt sie rasch in den Vordergrund. Muß es denn sein? – Nun wohl, Amme : ich dank’ euch allen. zu Julia

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zu den Dienern: versunken, unbeweglich stehen geblieben. Mehr Fackeln! Erst Romeos aus weiter Ferne herklingende zu den Gästen: Stimme weckt sie aus ihren Träumen. Gut’ Nacht, ihr edlen Herrn, Ro me o s St i mme (entfernt): ich dank euch allen. O Liebe, o Liebe, Den Abschluß bilden die vier verliebten Paare. was für ein gewaltiges, Die e r s t e n z w e i Pa a r e : wunderbares Wesen bist du, Ach Liebchen, laßt uns eilen... daß du Leib und Seele Die z w e i t e n z w e i Pa a r e : so gefangen halten kannst... Es schadet das Verweilen... Ju l i a : Die e r s t e n z w e i Pa a r e : in höchster Erregung im Abgehen Amme! Der Wangen Schnee verbleichet... Die Amme erscheint. Die z w e i t e n z w e i Pa a r e : Geh’, frage, wie er heißt! im Abgehen Amme ab. verbleichet... Ist er vermählt, Gr a f Ca p u l e t : so ist das Grab gähnend, zu den Dienern zum Brautbett mir erwählt... Kommt nun, Amme : bringt mich zu Bett, kommt zurück ’s ist spät geworden. Sein Nam’ ist Romeo, ein Montague, Ich will zur Ruhe gehn. und Eures großen Feindes einz’ger Sohn. Er küßt Julia auf die Stirn. – Kommt, laßt uns gehn, Gr ä f i n Ca p u l e t : kein Fremder ist mehr da... Gut’ Nacht, mein Kind! Die Amme wartet – Julia bleibt unbeweglich – Beide ab nach vorne links, der letzte Diener dann nimmt sie den letzten Kerzenleuchter löscht die Kerzen und verschwindet eben- mit und verschwindet ebenfalls in den inne- falls im Innern des Hauses. ­Julia, nun allein, ren Gemächern. Der Lichtschein ihrer Kerze ist auf der Vorderbühne, tief in Gedanken erhellt, immer schwächer werdend, aus der

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Ferne die Vorderbühne, während der Hinter- den Raum und erfüllt nach und nach die gan- grund im Dunkel versinkt. ze Bühne, die Gegenstände verschwimmen, schließlich ist nur noch Julias Gestalt am Vierzehnte Szene Fenster zu erkennen, während von außen Arie klagende Vogel­rufe und die Stimmen der Ju l i a : Nacht hereinklingen. Verwandlung. immer unbeweglich 8 So einz’ge Lieb’ Drittes Bild aus einz’gem Haß entbrannt... 9 Allmählich werden die Baumsilhouetten des Ich sah zu früh, Capuletschen Gartens sichtbar. Dunkle, mond­ den ich zu spät erkannt. lose Nacht. Alles, auch das Haus mit Balkon, O, welch Verhängnis hat mich angetrieben, liegt in tiefem Dunkel. Ebenso die dem Bal- den ärgsten Feind aufs herzlichste zu lieben? kon gegenüberliegende Mauer. Doch denk’ ich dein, ist all mein Gram besiegt, Fünfzehnte Szene der Lerche gleich’ ich dann, Notturno. Auftritt der verliebten Paare (mas- die früh am Morgen kiert) vom Hause her. helljubelnd auf zum goldnen Himmel fliegt... Die v e r l i eb t e n Pa a r e : O Liebe, Fee Mab – Fee Mab – die ich so schön und strahlend mir gedacht, Sie ist der Feen Traumentbinderin, nun bist du dunkel, sie fährt mit einem Spann von Sonnenstäubchen schwarz wie Nacht. dem Schlafenden Nun ist auch die Vorderbühne in vollkomme- quer über die Nase hin. nes Dunkel gehüllt, Julia geht langsam zum Die Speichen sind gemacht Fenster rechts vorn. aus Spinnenbeinen, O welch Verhängnis hat mich angetrieben, die Zügel aus des den ärgsten Feind Mondes feuchtem Strahl. zu lieben. Die vier männlichen Masken verschwinden Sie öffnet die Fenster, das Mondlicht fällt in im Hintergrunde des Gartens.

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Die w e i b l i c h e n Ma s k e n : Sechzehnte Szene Eine kleine Mücke Ro me o : sitzt als Fuhrmann vorn: auf der Mauer so trabt sie Nacht für Nacht, 10 Kann ich von hinnen, befährt das Hirn da mein Herz hier bleibt? Verliebter! Geh, frostge Erde, suche deine Sonne. Nun verstecken sich die vier weiblichen Masken. Er springt in den Garten. Die m ä n n l i c h e n Ma s k e n : Doch still, Bald kitzelt sie des Pfarrers Nase, was schimmert durch das Fenster dort? von einer fetten Geh auf, du holde Sonne! Gans träumt ihm dann, Julia erscheint auf dem Balkon. bald fährt sie auf dem Soldaten daher: Sie ist’s. Sie trommelt ihm ins Ohr, St i mme n a u s d e r Ri c h t u n g Ju l i a s : da fährt er auf Wehe – – und flucht in seinem Schreck Ro me o : ein paar Gebete... Sie ist’s. Al l e Ma s k e n : St i mme n a u s d e r Ri c h t u n g Ju l i a s : und schläft von neuem! Wehe – –, wehe – – Sie ist die Hexe, welche Mädchen drückt, Ro me o : die träumen dann von Liebe... Sie ist es, meine Göttin, Fee Mab –! Fee Mab –! meine Liebe, Während des Scherzos der verliebten Paare (o wüßte sie, daß sie das ist...) ist der dunkle Park von unwirklichem grün­ St i mme n a u s d e r Ri c h t u n g Ju l i a s : lichem Licht erfüllt; dann verschwinden die Wehe – –, wehe – – Paare im Garten, die ­Bühne liegt wieder in Ro me o : vollkommener Dunkelheit. Hinter den riesi- Sie spricht, doch sagt sie nichts... gen Bäumen im Hintergrund geht der Mond was schadet das: auf, beim Auftritt des Romeo (auf der Mauer) Ihr Auge spricht, ist der Garten in helles Mondlicht getaucht. ich will ihm Antwort geben.

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St i mme n a u s d e r Ri c h t u n g Ju l i a s : Ro me o : Wehe – – Die Liebe lieh mir ihre Flügel. Ro me o : Ju l i a : Ich bin zu kühn, in steigender Angst sie redet nicht zu mir, Sie werden dich ermorden! ihre Augen sprechen nur: Ein Paar Ro me o : der schönsten Sterne... am ganzen Himmel... Aus deinen Augen droht mir mehr Gefahr! Ju l i a : Ju l i a : für sich Wenn sie dich sehn. O Romeo, Ro me o : Dein Nam’ ist nur mein Feind. Liebst du mich nicht, Verleugne deinen Vater, deinen Namen, so laß sie nur mich finden: und für den Namen Ich sterbe gern: nimm ganz mich selbst dafür... Ju l i a : Ro me o : Wie hab’ ich Angst! indem er nähertritt Ro me o : Nenn’ «Liebster» mich, rufend so bin ich neu getauft... Hie Montague! Ju l i a : Der Mond tritt plötzlich hinter die Wolken, erschreckt Dunkelheit. Trompeten- und Hörnersignale Wer bist du, aus der Ferne. der du von der Nacht beschirmt Ju l i a : dich wagst in meines Herzens Rat? O Gott, sie sind dir Bist du nicht Romeo, ein Montague? auf der Spur... hörst du? Wie kamst du her? Und ich hab’ solche Angst um dich. Ro me o : Wo bist du, liebster Freund? Der Liebe Schwingen trugen mich. O Mond, warum verhüllst du dich! Ju l i a : Willst du der Mörder unsrer Liebe sein? Wer zeigte dir den Weg? Das Mondlicht erfüllt wieder die ganze Bühne,

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und aus dem Garten ertönt eine glaszarte vom Abend bis zum Morgenrot. Melodie. Ro me o u n d Ju l i a : Kn a be n s t i mme n : So grenzenlos unendlich Die Welten kreisen all’ um Liebe, ist meine Liebe. Lieb’ ist ihr Leben, ist ihr Tod, Je mehr ich gebe, sie ist es, die das Weltrad drehet je mehr auch hab’ ich, vom Abend bis zum Morgenrot. unendlich, Ju l i a : grenzenlos... Sag, liebst du mich? Hinter den Bäumen des Gartens dämmert der Ro me o : Morgen herauf. Ich schwör’ es, Fräulein, Ju l i a : bei dem Mond, der silbern jener Bäume Wipfel Das sind die Glocken schon säumt... zur ersten Messe, Ju l i a : das halbe Licht des Morgens O schwöre nicht bricht schon durchs dunkle Kleid beim Mond, dem wandelbaren, der Nacht. damit nicht wandelbar Du mußt jetzt gehn; dein Lieben sei. leb wohl! Ro me o : Ro me o : Wobei denn soll ich schwören? Leb wohl... Ju l i a : Er wendet sich langsam zur Mauer. Bei deinem edlen Selbst, auf der Mauer dem Götterbilde meiner Anbetung. Julia! Julia läßt ihren Schleier in die Tiefe gleiten, Ju l i a : Romeo ergreift dessen unteres Ende. Mein Romeo... Die St i mme n d e r Na c h t : Die Welten kreisen all’ um Liebe, Ende des ersten Aktes Lieb’ ist ihr Leben, ist ihr Tod, sie ist es, die das Weltrad drehet

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Der Hirtenknabe ist im Hintergrund auf eine CD 2 Akt II kleine Anhöhe gestiegen und blickt nach Viertes Bild ­Verona hinunter. 1 Die Einsiedelei bei Pater Lorenzo. Freie Höhe Pa t e r Lo r e n z o : über Verona mit Kapelle, Olivenhain, weiter fährt, tief in Gedanken versunken, fort südlich-blauer Himmel. Heile Mittagssonne. O, große Kräfte sind’s, die Kräuter, Pflanzen, Stein’ Erste Szene in ihrem Innern hegen... Liedchen des Hirtenknaben hinter der Szene, dann Auftritt: er trägt einen mit Blumen und Dritte Szene Kräutern gefüllten Korb. Er klopft an die Tür Ro me o : der Einsiedelei. aus der Richtung der Stadt auftretend, fröhlich 2 Mein Vater! Zweite Szene Pa t e r Lo r e n z o : Arie Sei mir der Herr gesegnet! Pa t e r Lo r e n z o : Ro me o : tritt aus der Einsiedelei Mein Vater, hört mich an: Den ganzen Korb hat du mir vollgepflückt! Bei unserm Freundschaftsbund, Komm, setz dich her! bei Eurer väterlichen Huld, Zum Lohn erzähl’ ich dir bei allem, was Euch lieb und teuer ist, von den geheimen Kräften der Natur, bei Eurem, meinem Seelenheil... die übermächtig jede Kreatur bewegen. Lorenzo, – wollt Ihr mich erhören? Schau her: die kleine Blume hier, Pa t e r Lo r e n z o : sie labet den Geruch; Wer hastig läuft, der fällt! gekostet, Du warst von jeher stets dringt sie gleich zum Herzen tödlich hin! mein treuster Freund und Schüler, Zwei Feinde und was in meinen alten, schwachen Kräften lagen so im menschlichen Gemüt: steht... verderbter Will und Güte.

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Ro me o : der Lebenswürger Tod, genug, Ich wandte Seel’ und Sinn in Liebe wenn ich nur mein ihn (sie) nennen darf. auf Capulets holdseIger Tochter hin; Amme : sie gab ihr ganzes Herz zurück mir für das Ich muß die Leiter holen, meine, die der Liebste bald und zur Vermählung fehlt die heilge Trauung zum Nest hinan, wenn’s Nacht wird, nur. klimmen soll. Ich bitte: will’ge drein, Ich bin das Lasttier, noch heut’ uns zu vermählen. muß für euch mich plagen, Pa t e r Lo r e n z o : doch ihr sollt eure Last schon tragen Ich bin bereit, aus einem Grund heute Nacht! euch beizustehn: Gott sei euch gnädig, daß ihr fast Vielleicht, daß dieser Bund mich hetzt zu Tod! zu großem Glück sich wendet Pa t e r Lo r e n z o : und eurer Häuser Groll durch ihn O Wunderkraft Natur, im Frieden endet. du fügst mit weiser Hand zusammen. was schwacher, starrer Menschensinn Vierte Szene in blindem Haß zu trennen glaubte. Auftritt Julia und Amme O, daß der Bund zu großem Glück sich wende, Ju l i a : und eurer Häuser Groll durch ihn Ehrwürd’ger Herr! Ich sag Euch guten Abend. in Frieden, in Freundschaft ende. Pa t e r Lo r e n z o : Lorenzo führt Romeo und Julia an der Hand in Für mich und sich dankt Romeo, die Einsiedelei, die Amme kehrt in die Stadt mein Kind! zurück. Quartett Während wie zu Anfang das Lied des Hirten- Ju l i a u n d Ro me o : knaben ertönt, schließt sich der Vorhang Füg’ unsre Hände über der in abendliches Licht getauchten durch deinen Segensspruch in eins, Landschaft. dann tue sein Äußerstes 3 Orchesterzwischenspiel, Verwandlung.

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Fünftes Bild Ju l i a : Julias Schlafgemach. Das Licht ist nicht Auf dem Höhepunkt des Zwischenspiels öff- des Tages Licht! net sich der Vorhang; der untere Teil der Büh- Drum bleibe noch, o bleibe noch! ne, auf dem sich der (unsichtbar gemachte) Ro me o : Chor gefindet, liegt im Dunkel. Die obere Ich bleibe gern. Hälfte der Bühne erstrahlt im tiefen Blau des Willkommen, Tod, hat Julia Nachthimmels. – Dann langsame Morgen- dich beschlossen. – dämmerung, der Himmel verblaßt, die Um­ Ju l i a : risse von Balkon und Zimmer treten hervor, – Es ist die Lerche, Romeo kniet an Julias Ruhebett, Eine Tür ins die so heiser singt und falsche Weisen, Hausinnere. Eine Tapetentür. Ein Fenster rauhen Mißton gurgelt: seitlich rechts, links ein Betpult. Auf, eile fort von hier. Ro me o : Fünfte Szene Komm, Herz, noch tagt es nicht – – Duett Ju l i a : Ju l i a : Wir müssen scheiden. 4 Willst du schon gehn? Be i d e : Der Tag ist ja noch fern... Es tagt, es tagt, wir müssen scheiden, Es ist die Nachtigall, und nicht die Lerche, hell das Licht und dunkel das Leid... die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang, Der Schmerz trinkt unser Blut... sie singt des Nachts Wir müssen scheiden. auf dem Granatbaum dort. Die St i mme d e r Amme : Glaub, Liebster, mir Fräulein, Fräulein! es war die Nachtigall... Ju l i a : Ro me o : Amme? Die Lerche war’s, Die St i mme d e r Amme : die Tagverkünderin. Die gnädge Gräfin kommt in Eure Kammer,

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seid auf der Hut, Denk dir, Kind, heute noch schon regt man sich im Haus. soll der hochedle, wackre, junge Ro me o : Graf Paris dich zum Altar geleiten! Ich steig hinab, – laß dich noch einmal küssen. Ju l i a : Er steigt über die Brüstung des Balkons in Er soll mich nicht als frohe Braut geleiten. die Tiefe. Ich bitt’ Euch, gnädge Mutter, Ju l i a : sagt meinem Vater und Herrn, Geliebter, ich wollt’ mich nicht vermählen. bist du mir entrissen! Freund und Gatte. Siebente Szene Ro me o s St i mme : Auftritt des Grafen Capulet Julia! Gr a f Ca p u l e t : Ju l i a : Nun wie stehts, Frau? Romeo! – O Gott, Gr ä f i n Ca p u l e t : ich hab’ ein unglückahnend Herz, Sie will nicht! mich dünkt, ich säh dich – tot – Gr a f Ca p u l e t : in eines Grabes Tiefe... Was!? Sie will nicht!? Die St i mme d e r Gr ä f i n Ca p u l e t : Ich versteh nicht, Frau, Julia! Kind! weiß sie uns keinen Dank, Bist du schon auf? daß wir solch einen würd’gen Herrn Ju l i a : ihr zum Gemahl erwählt, Wer ruft mich? unwürdig, wie du bist. Ist’s meine gnädge Mutter? Hör, Fräulein Zierlich, du! Mach nur recht hurtig Sechste Szene dein zart Gestell zurecht, Auftritt der Gräfin, dahinter die Amme mit Paris in die Kirch’ zu gehn, Gr ä f i n Ca p u l e t : sonst schlepp’ ich dich auf einer Schleife hin. Wie geht es meiner Tochter? Eine Du bleichsüchtiges Ding, schöne Nachricht bring’ ich dir: du Hexe, du Dirne!

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Ju l i a : Ju l i a : Ich fleh’ Euch auf den Knien an, am Fenster seitlich rechts guter Vater! Mein Vater! Komm, Amme, schnell! Amme : Der liebe Pater vom Gebirg für sich Lorenzo, – – Gott im Himmel segne sie! Amme : Gr a f Ca p u l e t : Der Himmel schickt ihn her! Wenn mein du bist, Ju l i a : so soll dich heute Paris haben, Da unten steht er, wo nicht, siehst du ihn? geh, bettle, hungre, stirb, Amme : ich halte, was ich schwör’! Es ist Lorenzo! Doch still, Ab. wir müssen heimlich vorgehn, Ju l i a : – – wie mach ich’s bloß? – – Ach süße Mutter, stoßt mich doch nicht weg! Ich führ ihn durch den Garten her, Gr ä f i n Ca p u l e t : das ist’s! – Und Ihr, mein Fräulein, Mach, wie du willst, bleibt fein still, er wird, du gehst mich nichts mehr an! er muß Euch helfen! Ab. Ab. Ju l i a : Achte Szene am Betpult Ju l i a : Vor Gott und vor den Menschen O Gott, wie ist dem vorzubeugen, Amme! bist du mein lieber Ehgemahl... Tröste, rate, hilf! O wärst du da! – Helft mir, himmlische Mächte, Amme : steht mir bei! Nun, wenn denn so die Sachen stehn, das Beste wär’, Ihr nehmt den Grafen heut Neunte Szene und... Es klopft

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Ju l i a : wird je dein stilles Schlafgemach betreten. 5 Pater Lorenzo? Tretet ein! Erwachst du aber vor der Zeit, Komm, wein mit mir! dann warte ruhig, bau auf meine Hilfe: Trost, Hoffnung, Hilf ist hin. Ich will dir treu zur Seite stehen. Doch Pater Lorenzo tritt durch die Tapetentüre. wenn die Furcht – – Pa t e r Lo r e n z o : Ju l i a : Ach Julia, ich kenne schon dein Leid. O rede nicht von Furcht, Es drängt aus allen Sinnen mich heraus... gib, o gib mir... Ju l i a : Pa t e r Lo r e n z o : Laß mich sterben! Er gibt ihr das Fläschchen. Pa t e r Lo r e n z o : Nimm, Dann unternimmst du auch ein Ding... fasse Mut! wie Tod? Ju l i a : Und wenn du’s wagst, Lebet wohl, mein Vater. so biet’ ich Hilfe dir. Lorenzo ab durch die Tapetentür. Ju l i a : O sprecht... Zehnte Szene Pa t e r Lo r e n z o : Arioso und Finale Wohl denn, nimm dieses Fläschchen Ju l i a : und trink den Kräutergeist, den es verwahrt; allein dann rinnt alsbald ein kalter, matter Schauer 6 Ich reise weit von meiner Sonne weg; durch deine Adern, deiner Augen Vorhang wie find ich aber Weg und Steg? fällt, – so todesstarr sollst du verharren, Kann man auch reisen ohne Herze? zweiunddreißig Stunden, bis zur Zeit, Geht man auch sicher ohne Kerze? da ich aus tiefem Schlafe dich Die Liebe tritt an meines Herzens Statt, zu neuem Leben rufe. ihr Feuer kann mich schon bewegen, Ich selbst will dich im Grabe fest ver- und ihre Fackel ist ein Licht auf meinen Wegen. schließen, Der kommt wohl sicher fort, und keines Frevlers Fuß der diesen Leitstern hat...

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Amme! – Sie hört mich nicht! das in die Tiefe meines Mein stilles Werk muß ich allein vollenden. Jammers schaut? Wie aber – wenn ich zu früh erwach – werd ich O wärst du da... dann nicht in dem Gewölb’ ersticken, O – wie bin ich einsam und so erwürgt und hab’ doch solche Angst... daliegen, – dort, Ch o r d e r Gä s t e : im Gewölb der alten Katakombe, näher wo die Gebeine aller meiner Ahnen Ehlich zu werden seit vielen hundert Jahren aufgebahrt?... dienet der Erden, Wehe, wehe. Hilf mein Gott... ledige Leite Wer wird mich schützen vor dem Wahnsinn... mangeln der Freude. Ekler Dunst... Jeder muß sterben: Gekreisch von Alraunen... Machet euch Erben, Von draußen her näherkommend erklingt eine euerem Gut, Hochzeitsmusik. Namen und Blut. Ch o r d e r Gä s t e : Ju l i a : Lasset uns scherzen, Komm du, mein Kelch... blühende Herzen, Romeo, das bring’ ich dir. lasset uns lieben, Sie trinkt. ohne Verschieben. Ch o r d e r Gä s t e : Lauten und Geigen sehr nahe sollen nicht schweigen, Tretet die Füße, kommet zum Tanz! gebet euch Küsse, Pflücket vom Kranz! drücket die Hände, Ju l i a : reizet zum Ende. Man singt zur Hochzeit schon... Julia versucht das Ruhebett zu erreichen, Bald werden sie mich holen. sinkt jedoch auf halbem Weg langsam in sich ausbrechend: zusammen. O wohnt kein Mitleid in den Wolken, Machet euch fröhlich,

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machet euch ehlich, Zwölfte Szene lasset die Narr’n Fr a u e n c h o r a u s d e r Ti efe : einsam verharr’n! 7 Dein Traufest wandelt sich Ehlich zu werden zum Trauerfest für dich, dienet der Erden, dein Kirchgang ist zum Grabe, ledige Leute und Schmerz die Morgengabe, mangeln der Freude. der Sarg dein Hochzeitskleid. Die Laut’ ist ohne Laut, Elfte Szene Leid ist das Lied der Braut. Auftritt der Amme Der Totenglocken Klingen Amme : zeigt, wem man dich getraut. Fräulein, Fräulein Der Bräutigam tritt vor. wo steckt Ihr denn?! Das Haus ist schon voll O Hochzeit schrecklich allen! Gäste! Beständig ist der Unbestand Sie erblickt das leere Ruhebett, wendet sich in dieses Lebens Jammerland. um und sieht Julia. Hilfe! Hilfe! Dreizehnte Szene Dann stürzt sie sich über die leblos Daliegen- Romeo erscheint in der Türöffnung und steigt de, während der Vorhang rasch fällt. langsam, wie im Traum, die Treppe herunter; er bleibt unbeweglich vor dem Grabmal stehen. Sechstes Bild Ro me o : Die Katakombe mit dem Capuletschen Grab- 8 O mein Weib, mal. Von der Oberwelt führt von rechts eine der Tod hat über deine Schönheit Steintreppe vor das im Mittelpunkt der Szene nichts vermocht. gelegene Grabmal hinunter, in welchem Julia Er nimmt den Schleier von ihrem Gesicht. aufgebahrt liegt. Einzelne Kerzen erhellen Liebe Julia, warum nur schwach den Raum. bist du so schön noch? O Liebe, o Liebe, was für ein gewaltiges, wundersames Wesen bist du,

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daß du Leib und Seele Vierzehnte Szene so gefangenhalten kannst! Ju l i a : Liebe, du Einzige! 9 Wo ist Lorenzo? Du fesselst mich an sie so innig, Ich weiß recht gut noch, wo ich sollte sein, daß ich nirgends hinkann, da bin ich auch. weder zur Rechten, noch zur Linken... Wie sie sich von der Bahre erheben will, stößt Ich lasse. meine Phantasie ausfliegen sie an Romeo. durch alle Welten, ja durch alle Himmel Blut? – Ein Messer? und aller Himmel Himmel – – – In eines... Toten Hand... Sie findet nichts, was ich so feurig wünschen Romeo... Romeo, verzeih mir! könnte, Du bist allein den Weg gegangen, als daß ich an deiner Seite, in deinen Armen verzeih, mein Lieb. sterben muß! Komm Tod, komm Tod, Er bricht an der Bahre zusammen. und breit den dunklen Mantel Augen, blickt euer Letztes, auch über mich! – Arme, nehmte die letzte Umarmung, Sie kniet zu Romeo und bettet seinen Kopf in Lippen, siegelt mit rechtmäßigem Kuß ihren Schoß. den ewigen Vertrag dem Komm, milde, liebevolle Nacht! Lebenswürger Tod... Komm, bittrer Freund... Komm Romeo, du Tag in Nacht! und so, im Kusse, sterb’ ich. Komm Nacht, nimm ihn, Er ersticht sich. zerteil in kleine Sterne ihn, In die Stille der Grabkammer dringen aus der er wird des Himmels Antlitz so verschönen, Ferne Waffenlärm und die Kriegsrufe «Hie daß alle Welt sich in die Nacht verliebt. Capulet», «Hie Montague», das Kampfgetöse Komm, Nacht, scheint sich zu nähern, um dann wieder in laß mich sterben... Romeo... der Ferne zu verklingen; Julia, vom Waffen- Sie stirbt. lärm geweckt schlägt die Augen auf, allmäh- Frauenchor aus der Höhe, Vorhang fällt. liches Erkennen der Gegenwart. ENDE DER OPER

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MGB 5.11.2008 9:09:46 Uhr Heinrich Sutermeister (1910–1995) Romeo und Julia Oper in 2 Akten (6 Bildern). Text nach Shakespeare vom Komponisten (1939) H. SutermeisterH. · Romeo und Julia

CD 1 Akt I T.T.: 53’25’’ CD 2 Akt II T.T.: 49’50’’ (2 CDs)

Es c a l u s , Fü r s t v o n Ve r o n a Jörn W. Wilsing, Bariton Mo n t a g u e Theodor Nicolai, Sprechrolle Ca p u l e t Alexander Malta, Bass Ro me o , So h n d e s Mo n t a g u e Adolf Dallapozza, Tenor Ba l t h a s a r , Ro me o s a l t e r Di e n e r Raimund Grumbach, Bariton

MGB CD 6263 Ju l i a , To c h t e r d e s Ca p u l e t Urszula Koszut, Sopran Gr ä f i n Ca p u l e t , i h r e Mu t t e r Hildegard Laurich, Mezzosopran MGB Die Amme Gudrun Wewezow, Alt CD 6263 De r Be d i e n t e Ferry Gruber, Tenor Pa t e r Lo r e n z o , e i n Fr a n z i s k a n e r Nikolaus Hillebrand, Bass Hi r t e n k n a be /Kn a be n s t i mme Gregor Lütje, Knaben-Sopran Die v i e r v e r l i eb t e n Pa a r e Karin Hautermann, Helene Grabenhorst, Sopran Juliana Falk, Kahko Kawata, Alt Anton Rosner, Heinrich Weber, Tenor Paul Hansen, Theodor Nicolai, Bass STEREO D DD Tölzer Knabenchor (Leitung: Gerhard Schmidt-Gaden) Chor des Bayerischen Rundfunks (Leitung: Heinz Mende) Münchner Rundfunkorchester Ein Projekt des 6263 CD MGB Heinz Wallberg, Dirigent

Verlag: B. Schott’s Söhne, Mainz

Eine Produktion des Bayerischen Rundfunks, München (1980) In Lizenz der BRW-Service GmbH CDs) (2

p Romeo und Julia und · Romeo H. Sutermeister © 2008 und j 2008 Migros-Genossenschafts-Bund · Direktion Kultur und Soziales · CH-8031 Zürich www.musiques-suisses.ch

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