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Europa Kultur Stadt IV deutsch/englisch

Zeitung des Deutschen Kulturrates

Nr. 03/05 • Mai - Juni 2005 www.kulturrat.de 3,00 € • ISSN 1619-4217 • B 58 662

Kultur und Ökonomie Presse-Grosso EU-Dienstleistungsrichtlinie Jahresbericht 2004 Soziale Sicherung Hermann Glaser und Max Fuchs, Das Presse-Grosso sichert Informati- Welche Gefahren von der EU-Dienst- Die Arbeit des Deutschen Kulturrates, Welche Chancen die Riester-Rente gehen der Frage nach, welchen Ein- ons- und Meinungsfreiheit. Welche leistungsrichtlinie für den Kultur- die Themenschwerpunkte der Sektio- für Künstlerinnen und Künstler fluss die Ökonomie auf die Gesell- Anforderungen an das Presse-Grosso und Medienbereich ausgehen, disku- nen und die Vertretung des Deutschen bietet, wird anhand diverser Mo- schafts- und Kulturpolitik hat. Oli- zu stellen sind, wird aus Sicht der Kul- tieren Fritz Pleitgen, Verena Wie- Kulturrates in externen Gremien wer- dellrechnungen vorgestellt. Die ak- ver Scheytt und Michael Zimmer- turstaatsministerin Christina Weiss, demann, Sigrid Skarpelis-Sperk, Max den im Jahresbericht vorgestellt. Im tuelle Debatte zur KSK im Deut- mann stehen für kulturelle Grund- den Zeitungs- und Zeitschriftenver- Fuchs und . Ein- Mittelpunkt standen internationale schen kommentieren versorgung angesichts wachsender leger und des Presse-Grosso selbst hellig appellieren sie für Ausnahme- und europäische Kulturpolitik, kultu- Olaf Zimmermann und Gabriele Ökonomisierung ein. debattiert. regelungen bei Kultur und Funk. relle Bildung soziale Sicherung. Schulz. Seiten 2 bis 4 Seiten 5 bis 8 Seiten 18 bis 21 Seiten 11 bis 14 Seiten 15 bis 16

Editorial Kulturland Deutschland Kakaopulver Von

ie Sahne auf dem Kaffee ist ein einen kleinen Zuschuss und wer Gäbe es einen PISA-Test für Kultur, verbunden. Die deutsche Nation hat wichtige Grundlagen von Kunst und D beliebtes Bild, um das Verhält- Geld verteilen darf, wird immer auch dann gehörte die Bundesrepublik sich noch vor der ersten demokrati- Kultur. Es gilt, vor dem Hintergrund nis von privater zu öffentlicher Kul- gemocht. Einen Rechtsanspruch auf Deutschland zweifellos zur Spitzen- schen Verfassung und der territori- gewandelter Verhältnisse die mate- turförderung zu beschreiben. Die eine Förderung gibt es aber selbst- gruppe. Kaum ein Land auf der Welt al-staatlichen Einigung als Bildungs- riellen Voraussetzungen auch für die öffentliche Hand finanziert den Kaf- verständlich nicht. hat in solch hohem Maß Opernhäu- und Kulturnation verstanden. Kulturnation und den Kulturstaat fee, der private Förderer die Sahne Die Spitze dieser Entwicklung ser, Theater, Orchester, Chöre und Fragt man heute, worauf die Deut- wieder neu zu sichern. auf dem Kaffee. Damit stellen beson- sind die Kulturstiftungen von Bund Plattformen für die literarischen schen stolz sind, dann werden neben Auf dieser Basis stehen wir dann ders die Vertreter von Stiftungen und und Ländern. Besonders die nach und bildenden Künste auf engstem den Leistungen deutscher Forscher vor der Aufgabe, eine zukunftsorien- Unternehmen klar, dass sie sich eigenen Angaben größte Kulturstif- Raum versammelt wie unser Land. und Ingenieure oder dem Wirtschafts- tierte Kunst- und Kulturpolitik zu nicht in der Verantwortung für eine tung Europas, die Kulturstiftung des Trotz aller Sparmaßnahmen der wunder der Nachkriegsjahre vor allem entwickeln. Ich möchte fünf wichti- dauerhafte Kulturförderung sehen, Bundes zeigt, wie in der Zukunft Kul- letzten Jahre konnte dieser hohe die Errungenschaften von Kunst und ge Punkte dafür nennen: sondern zusätzlich das kulturelle turförderung funktionieren soll. In- Standard insgesamt gehalten wer- Kultur genannt. Dies hat nach 1945 Sahnehäubchen spendieren wol- stitutionelle Förderung ist gänzlich den. Und die Nachfrage nach Kunst auch geholfen, die vierzigjährige deut- len. verboten. und Kultur wächst, wie die Besu- sche Teilung durch Mauer und Sta- Doch was passiert eigentlich, Der Niedergang der Berliner Sym- cherzahlen ausweisen. In einigen cheldraht nicht zu einer Teilung des wenn auch die öffentlichen Hände phoniker hat es gerade erst deutlich Bereichen – man denke nur an die Volkes werden zu lassen. Der Artikel keine dauerhafte Kulturförderung gemacht: Wenn die öffentliche Events, 0estspiele oder „Kultur- 35 des Einigungsvertrages spricht die mehr unternehmen wollen. Der Hand eine dauerhafte Finanzierung sommer“ – haben Marketing und gemeinsame Identität als Kulturnati- haushaltstechnische Begriff für eine verweigert, werden die Privaten die Marktorientierung verstärkt Einzug on und als Kulturstaat ausdrücklich dauerhafte Unterstützung lautet „In- Lücke nicht füllen. Das liegt nicht gehalten. Unsere kulturellen Stan- an. stitutionelle Förderung“ und ist in nur daran, dass es eindeutig nicht dards unter den veränderten Bedin- Kultur versteht und entfaltet sich den letzten Jahren gerade bei den für ihre Aufgabe ist, sondern dass das gungen der Zukunft aufrecht zu nicht von selbst. Sie bedarf der Pflege Kulturförderung verantwortlichen private Engagement, ob über Stif- erhalten, erfordert allerdings gro- und Fortentwicklung. Gerade weil bei Politikern zum Unwort geworden. tungen, Spenden oder Sponsoring, ße Anstrengungen von Kommunen, uns die Kulturnation in hohem Maß Eine „Institutionelle Förderung“ im Kulturbereich ständig großer Ländern und Bund – und zuneh- Zugehörigkeit dokumentiert und so- würde die Haushaltsmittel dauerhaft geredet wird, als es in Wirklichkeit mend auch von der Bürgergesell- zialen Zusammenhalt fördert, bedarf binden und sollte nur noch in extre- ist. schaft. sie der besonderen Aufmerksamkeit men Ausnahmefällen gewährt wer- Die öffentlichen Hände finanzie- von Gesellschaft, Wirtschaft und Staat. den. „Projektförderung“ ist das Zau- ren nur noch die kulturellen Sahne- ultur prägt einen eigenständigen Nun wäre es weltfremd, Kunst berwort. Kurzfristig, zeitlich be- häubchen, die Privaten liefern das K Freiheitsraum aus. Dieser Raum und Kultur losgelöst von den aktuel- grenzt und natürlich immer innova- Kakaopulver zur Verzierung der Sah- ist essentiell für eine Freiheitsgesell- len gesellschaftlichen Entwicklungen Die Vorsitzende der CDU/CSU-Bundes- tiv muss das zu fördernde kulturelle ne und der Kaffee darunter wird schal, schaft, die gleichermaßen auf Tradi- zu betrachten. Die Globalisierung, tagsfraktion, Angela Merkel Projekt sein. Zeitlich unbefristet fest- das ist das zeitgemäße Bild bundes- tion und Fortschritt, auf staatlicher die Vertiefung und Erweiterung der Foto: Deutscher Bundestag angestellte Mitarbeiter, funktionie- deutscher Kulturförderung. Mit nach- Förderung und Selbstentwicklung Europäischen Union, die wissen- rende Infrastrukturen, alles nur noch haltiger Kulturpolitik hat das nichts beruht. Auch für die Zukunft gilt: Die schaftlich-technologischen Innovati- Erstens: Der föderale Bundes- Begriffe aus dem vergangenen Jahr- zu tun. föderal organisierte Kunst und Kul- onen und der Wandel in der Arbeits- staat bleibt als Kulturstaat Hüter und hundert. Für die Politiker und die tur ist ein Erbe, das auf keinen Fall welt erfordern mehr denn je ein Um- Pfleger deutscher Kultur. Sein Auf- Kulturverwaltungen hat das Vortei- Olaf Zimmermann, verspielt werden darf. Denn Kunst denken in den gewohnten Struktu- trag bleibt die kulturelle Grundver- le: Es gibt immer etwas Neues zu Geschäftsführer des Deutschen und Kultur sind untrennbar mit der ren. Die Aufgaben der Haushaltssa- sorgung als Daseinsvorsorge. Dazu entscheiden. Hier ein paar Euro, dort Kulturrates Identität der Deutschen als Nation nierung, des Umbaus des Sozialstaa- gehört weiterhin die entsprechende tes und die Notwendigkeit höherer Grundfinanzierung. Allerdings wird Mittelbereitstellung für Wissenschaft es dabei stärker auch um Evaluation und Forschung erfordern Um- und von Zielen und Mitteln gehen, um Neuverteilungen in den Etats. Aber attraktive Angebote, neue Konzepte Kultur-Mensch trotz wachsender finanzieller Zwän- der regionalen Förderung – Beispiel ge und Engpässe, die im Einzelnen zu Sachsen – und Netzwerkbildungen Andreas Joh. Wiesand durchaus schmerzlichen Einschnit- mit Unternehmen und Bürgern. ten im Kunst- und Kulturbereich füh- Zweitens: Regionen und Kommu- ren, droht kein allgemeiner Kultur- nen müssen gestärkt werden, damit Wenn aktuell wieder über die Künstlersozialversicherung de- notstand. Wie in anderen gesell- sie weiterhin in der Lage sind, Kul- battiert wird, lohnt es sich, die Pionierarbeiten von Andreas schaftlichen Bereichen – Arbeitswelt, tur in der Breite zu fördern. Denn in Wiesand und Karla ohrbeck zur sozialen Lage der Künstler, Rente, Gesundheit und Bildung – geht den „kleinen Einheiten“ wird der den Autorenreport aus dem Jahr 1965 und den Künstlerre- es auch im Kultursektor insgesamt Sinn von Kunst und Kultur für die port aus dem Jahr 1975 wieder einmal zur Hand zu nehmen. nicht um Abbau, sondern um Umbau Menschen am ehesten erfahrbar. Material für beide Untersuchungen waren Interviews mit Künst- und zeitgemäße Weiterentwicklung. Drittens: Es geht um eine Revita- lern und Publizisten und Auswertungen vorhandener Statisti- Es gibt keine Tendenz, dass Kunst und lisierung der aktiven Bürgergesell- ken. Die Einführung der Künstlersozialversicherung geht nicht Kultur ihren Stellenwert in der entste- schaft. Hier liegen viele Unterstüt- zuletzt auf beide Untersuchungen zurück. henden Wissensgesellschaft verlieren zungsmöglichkeiten in finanzieller Als Leiter des Zentrums für Kulturforschung (ZfKf) das in die- werden – und es gibt auch wahrlich wie ehrenamtlicher Hinsicht brach. sem Jahr sein 35jähriges Jubiläum feiert und als Generalsek- keinen vernünftigen Grund, eine sol- Die Potentiale einer aktiven Bürger- retär des Europäischen Kulturforschungsinstituts (EriCarts) che Entwicklung einzuleiten. gesellschaft werden noch immer dra- steht Andreas Joh. Wiesand für unabhängige Kulturforschung. Die biblische Einsicht bleibt gül- matisch unterschätzt. Der Staat muss Seine Arbeiten zur Kulturwirtschaft, zu Kultur- und Medienbe- tig: Der Mensch lebt nicht vom Brot nicht alles selber machen. Es geht rufen, zur kulturellen Bildung und zur Kulturstatistik sind Mei- allein. Aber das heißt: Er lebt eben deshalb um ein neues Verhältnis von lensteine in der Kulturforschung. Wesentlich für die Arbeiten auch vom Brot. Notwendig ist des- halb, dass Deutschland in einer na- ist stets der europäische Blick, der mehr ist als was können Weiter auf Seite 2 wir von den Nachbarn lernen. tionalen Kraftanstrengung wieder eine größere wirtschaftliche Dyna- mik entfaltet. Mehr Wachstum, mehr 0oto: privat Menschen in Arbeit und mehr Inno- vation sichern die gesellschaftliche 4:V;Y Wohlfahrt der Zukunft – und damit ZUR DISKUSSION GESTELLT politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 2

tive Bürgerschaft sind zwei Seiten Fünftens: Kunst und Kultur ist Für die produktive Ausgestaltung ei- del als Voraussetzung für Reformen Fortsetzung von Seite 1 einer Medaille. Die Entfaltung der nicht nur nationale Aufgabe, son- ner solchen Politik von Kunst und vermissen lässt. Weil Kunst und Kul- bürgerschaftlichen Potentiale dern Teil der europäischen Identität. Kultur sollte man insbesondere auf tur geistige Fähigkeiten und Einstel- Kulturland Deutschland schafft für Kunst und Kultur eine Wir dürfen die Europäische Union die Bestandsaufnahme und konkre- lungen für gesellschaftliche Teilha- breitere Finanzbasis, erbringt mehr nicht nur als eine supranationale Ad- ten Vorschläge der Enquete-Kom- be und Reformbereitschaft unter- Staat, Wirtschaft und Gesellschaft. Kreativität für die Lösung anstehen- ministration ansehen. Die Europäi- mission des Deutschen Bundestages stützt, muss Kulturpolitik breit an- Im Kulturbereich brauchen wir ei- der Probleme und sorgt für größe- sche Union ist zu einem gemeinsa- „Kultur in Deutschland“ schauen. gelegt sein. Als Querschnittsaufga- nen Staat, der ermuntert und akti- ren sozialen Zusammenhalt. men Raum der Freiheit, des Rechts, Unabhängig davon geht es aber auch be muss sie nicht nur die Förderung viert, Unternehmen, die gesellschaft- Viertens: Kunst und Kultur leben der Demokratie und der Kultur ge- um einen Beitrag zum allgemeinen der Künste und Kultureinrichtun- liche Verantwortung ernst nehmen, von der Bildung und bedürfen der worden. Das historische Fundament Reformprozess in Deutschland. gen umfassen, sondern sich auch und eine aktive Bürgerschaft, die von Bildung. So wichtig beruflich nütz- Europas liegt in einer die Bürger ver- Denn Kunst und Kultur können hel- auf Bildung, Wissenschaften, Fami- sich aus Aufgaben übernimmt. Es liche Fertigkeiten sind, so muss es bindenden, historisch über Jahrhun- fen, die mentalen Voraussetzungen lie, Kommunen und die vielfältigen geht um die stärkere Entwicklung doch immer auch um die Bildung derte gewachsenen Kunst und Kul- für die Erneuerung Deutschlands zu Formen der aktiven Bürgergesell- von ehrenamtlichem Engagement, der gesamten Persönlichkeit ge- tur. Hier liegt die Seele Europas, von schaffen: Selbst- und Mitverantwor- schaft beziehen. Umbrüche bieten von Mäzenatentum, von privaten hen. Dazu gehört die Vermittlung der Jacques Delors gesprochen hat. tung, eigenständige Urteilskraft, Mut große Chancen. Wie in der Wirt- Stiftungen und jüngst den Bürger- von Geschichte, Wissenschaft und Europaweite Ausstellungen, musi- zu Neuem, Wertebewusstsein und schaft können wir auch in der Kul- stiftungen. Neben dem ökonomi- Sprachen und ebenso von Litera- kalische Vorführungen oder Muse- kulturelle Offenheit. tur zu einer zweiten Gründerzeit schen Effizienzdenken brauchen tur, Musik und Kunst. Es gibt keine umsverbünde sind Ausdruck kultu- Es gehört zu den fatalen Fehlern kommen. wir gerade auch die nichtökonomi- „Randfächer“. Allgemeinbildung reller Gemeinsamkeiten – einer Ein- der rot-grünen Bundesregierung, schen Motivationsquellen von Soli- ist und bleibt auch Kulturaneig- heit in Vielfalt. Auch die Kür zur je- dass sie nicht nur ein klares Kon- Die Verfasserin ist Vorsitzende der darität, Selbstorganisation und Ei- nung – erst recht in der Wissensge- weiligen „Kulturhauptstadt Euro- zept, sondern auch den Blick für CDU-Deutschland und der CDU/ geninitiative. Patriotismus und ak- sellschaft. pas“ hat neue Energien freigesetzt. den notwendigen Einstellungswan- CSU-Bundestagsfraktion Der Nutzen ist das große Idol der Zeit Aktuelle Tendenzen der Ökonomisierung der Kultur aus dem Blickwinkel !riedrich Schillers • Von Hermann Glaser

Das Schiller-Jahr treibt die üblichen mierung nur den Hohn der „Wirt- Event-Blüten, zum Beispiel in !orm schaftseliten“ findet. einer 24-Stunden-Nonstop-Lesung Man kann natürlich einwenden, dass im Neubau der Akademie der Küns- ein Denken im Geiste der „alten“ Be- te in , übrigens eine inzwischen grifflichkeit „sozialer Marktwirtschaft“ längst schal gewordene „Idee“: Gro- den heutigen Möglichkeiten nicht ßer Auftrieb, denn es sind natürlich mehr entspräche. Aber darüber müss- Prominente am Werk; viel action, te zumindest ein ernsthafter Diskurs aber wohl kaum geistige satisfac- stattfinden, der zum einen die Kon- tion. Dem allgemeinen Oberflächen- zepte einer „okkasionellen“ (nur aus gehabe gegenüber empfehle ich al- dem Augenblick heraus handelnden len Politikern und Politikerinnen wie Politik) kritisch hinterfragt – wie es z.B. der Gesellschaft insgesamt, und Albrecht Müller mit seinem Buch „Die zwar nicht nur in diesem Jahr, einen Reformlüge. 40 Denkfehler, Mythen Grundgedanken Schillers tief grei- und Legenden, mit denen Politik und fend und nachhaltig zu reflektieren Wirtschaft Deutschland ruinieren“ tut; und daraus, angesichts der kulturel- zum anderen wäre die heuristische len und geistigen Verelendung der Wirkung von Visionen und Utopien Berliner Republik, entsprechende vorurteilsfrei zu würdigen. Zumindest !olgerungen zu ziehen. die Generationen, die 1945 und die Aufbaujahre bewusst erlebt haben, n den Briefen „Über die ästheti- wissen, dass gerade „voraus geworfe- I sche Erziehung des Menschen“ ne“ Ideen das Konkret-Richtige zu be- findet sich, sozusagen als negativer wirken vermögen. Aus dem No-whe- Ausgangspunkt für die dann aufge- re können dem Now-here starke Im- zeigte Hoffnung, dem Menschen über pulse zufließen. Kulturelle Leiden- das Erlebnis des Schönen zur sittli- schaft – „Edel sei der Mensch, hilfreich chen Reife zu verhelfen („weil nur aus und gut“ – ist etwas ganz anderes, als dem ästhetischen, nicht aber aus dem die vorherrschende semantische Er- physischen Zustand der moralische bärmlichkeit (Hartz IV, Agenda 2010), sich entwickeln kann“), das Diktum: mit der man heutzutage Verfassungs- „Jetzt aber herrscht das Bedürfnis und patriotismus brach liegen lässt. beugt die gesunkene Menschheit un- Nach Max Weber sollte politisches Trogalien zur Verdauung der Xenien – Schiller mit Flasche und Peitsche, 1787 ter sein tyrannisches Joch. Der Nutzen Handeln sich als ein „starkes langsa- ist das große Idol der Zeit, dem alle mes Bohren von harten Brettern mit laut werden, Krach machen, denn: cher Aktivitäten und Äußerungen un- sportlicher Sensationsrekorde ihrem Kräfte fronen und alle Talente huldi- Leidenschaft und Augenmaß“ erwei- „der Markt ist kein Naturgesetz“. ter die Verwertungsmechanismen der schon gar nicht mehr ungewollten gen sollen. Auf dieser groben Waage sen. Heute fehlt den von der Politik Ein derart zorniges, aber auch mit Warenwirtschaft werden, also bewir- Untergange entgegen. … Von seinem hat das geistige Verdienst der Kunst meist noch dazu mit handwerklicher Hoffnung auf Wandel durchdrungenes ken, dass die wahre Ästhetik zuguns- sanft-gewaltigen Willen gehe durch kein Gewicht, und, aller Aufmunte- Schludrigkeit vorgelegten sogenann- Pathos reibt sich freilich wund an den ten der Warenästhetik suspendiert das Fest seiner Grablegung und Auf- rung beraubt, verschwindet sie von ten Innovationen bzw. Reformen das subtilen Methoden, mit denen kultu- wird. Statt Anmut und Würde ein de- erstehung etwas in uns ein: von sei- dem lärmenden Markt des Jahrhun- verbindende Band; sie sind fraktali- relle Urbanität zur Erosion gebracht odorantes Frischwärts! nem Willen zum Schönen, Wahren derts.“ Ein paar Zeilen später meint siert und nicht Teil einer weiter wei- werden soll. Da ist vor allem „Deregu- Die an Einfluss insgesamt zuneh- und Guten, zur Gesittung, zur inneren Schiller – er war 1792 (also drei Jahre senden Gesamtkonzeption. Für die lierung“: Eine die Kommerzialisierung mende Auffassung vom Warencharak- Freiheit, zur Kunst, zur Liebe, zum vor dem Erscheinen der Schrift) vom Politik, meint der Nestor der Politolo- auf alle Bereiche ausdehnende neoli- ter der kulturellen Tätigkeiten und Frieden, zu rettender Ehrfurcht des französischen Nationalkonvent zum gie, Wilhelm Hennis, gelte der katego- berale Ideologie, die das wirklich libe- Produkte – eng mit der Existenz der Menschen vor sich selbst.“ „Bürger Frankreichs“ ernannt wor- rische Imperativ – handle so, dass die rale, d. h. sozialmarktwirtschaftliche Kulturindustrien verbunden –, ist zwar den –: „Erwartungsvoll sind die Blicke Maxime deines Handelns Grundlage Credo von der Notwendigkeit des von der deutschen Politik noch nicht Der Verfasser war Kulturdezernent in des Philosophen wie des Weltmannes einer allgemeinen Gesetzgebung sein größtmöglichen Glücks der größtmög- verinnerlicht; doch wird ihr nicht en- Nürnberg und ist heute Publizist. auf den politischen Schauplatz ge- könnte – nicht mehr. Nimm, was du lichen Zahl auf den Kopf stellt. Dere- ergisch genug entgegengetreten, was richtet, wo jetzt, wie man glaubt, das kriegst, laute Paragraph eins des Gier- gulierung erfasst immer mehr auch allein schon durch die Reduzierung große Schicksal der Menschheit ver- Gesetzes; Paragraph zwei: Lache dei- Kultur. Das 1994 zeitgleich mit der der für die öffentliche Finanzierung „Götterpläne & Mäusegeschäfte“ handelt wird.“ nen Kritikern ins Gesicht. Sie sind Nei- Gründung der WTO (World Trade Or- der Kultur zur Verfügung stehenden Marbach zeigt eine große In unsere Zeit transponiert: Immer der. „Der Kampf um die Macht – das ganisation) beschlossene „Allgemeine Mittel (im Besonderen die schlechte Sonderausstellung über Schillers mehr schwinden die staatsbürgerli- ist das Einzige, was diese Generation Abkommen mit Dienstleistungen“ Finanzausstattung der Kommunen) Leben und Werk chen Erwartungen, dass in unserer interessiert. Die ganze Generation ist (GATS: General Agreement on Trade verdeutlicht wird. Am 9. Mai 2005 jährt sich zum 200. Demokratie das „Gemeinwohl“ genü- eine Fehlbesetzung.“ Einer der letzten and Services) etwa birgt große Gefah- Kultur(politik) kann zwar die rea- Mal der Todestag riedrich Schillers. gend beachtet wird. Das Denken der standhaften und standfesten Sozial- ren für ein autonomes Kultur- und Bil- len Verhältnisse nicht ändern, wohl Mit je einer großen Sonderausstel- politischen Kaste ist weitgehend vom Demokraten, nämlich Heiner Geißler, dungswesen. GATS – von den USA aber das Bewusstsein, das für diese lung erinnern die Deutsche Schiller- Subsystem des Ökonomismus usur- stellte kürzlich fest, das die Geldgier besonders befördert – erfasst grund- jeweils verantwortlich ist. Zurzeit ha- gesellschaft in Marbach am Neckar piert; die W-Sinnfragen – was tun wir die Gehirne zerfresse. Die Wähler sä- sätzlich alle Dienstleistungen. Der öf- ben wir zwar manches Richtige (vor und die Stiftung Weimarer Klassik wie warum mit welchen Mitteln wo- hen sich mit einer großen Koalition fentlich-rechtliche Rundfunk zum allem dank der kulturellen Basisar- und Kunstsammlungen an den her kommen wir wohin gehen wir – konfrontiert, die offensichtlich die Beispiel, in der Bundesrepublik Ga- beit), aber einen falschen Überbau. 1759 in Marbach geborenen und werden zugunsten der Kosten- und Er- Republik mit einem Metzgerladen ver- rant des dualen Systems, da nur seine Deshalb sollte man sich im Schillerge- 1805 in Weimar gestorbenen Dich- tragsberechnungen (mit Controlling) wechsle. In ihm werde „so tief ins so- durch Gebühren gesicherte Existenz denkjahr 2005 an Thomas Manns ter. Den Auftakt macht im Marba- suspendiert, volkswirtschaftliche ziale Fleisch geschnitten, dass das Blut den quotenabhängigen kommerziel- 1955, zum 150. Todesjahr, in beiden cher Schillerjahr 2005 die Sonder- Überlegungen auf betriebswirtschaft- nur so spritzt“. (Auch ins kulturelle!) len Rundfunk in seiner Einseitigkeit Deutschland gehaltenen Rede erin- ausstellung „Götterpläne und Mäu- liche reduziert; diese wiederum sind Mit diesem Wirtschaftssystem könne auszugleichen ermöglicht (die kultu- nern, deren Aktualität noch gestiegen segeschäfte. Schiller 1759-1805“. weiter verengt, d.h. vom Popanz des es so nicht mehr weitergehen, denn es relle Grundversorgung der Bevölke- ist: „Ohne Gehör für seinen Aufruf (vom 23.4. bis 9.10.2005 in Mar- Shareholder value bestimmt. Mit dem sei im Kern verdorben. Die Stärkeren rung, abgestützt auch durch Grund- zum stillen Bau besserer Begriffe, rei- bach und vom 30.10.2005 bis Argument, dass alles „sich“ rechnen müssten zur Solidarität mehr beitra- satzurteile des Bundesverfassungsge- nerer Grundsätze, edlerer Sitten, ‘von 17.04.2006 in Weimar zu sehen). muss, wird antizipatorische Vernunft gen als die Schwächeren. Das Kapital richts, sichernd), ist durch GATS dem zuletzt alle Verbesserung des ge- IN!ORMATIONEN ausgeschaltet, zumal mit dem Killer- habe „den Menschen zu dienen“, genauso bedroht wie die öffentliche sellschaftlichen Zustandes abhängt’, www.dla-marbach.de; Argument der Globalisierung jeder nicht umgekehrt. Ein Wandel, wie es Finanzierung von Kultur generell. taumelt eine von Verdummung trun- www.schiller-weimar-marbach.de; Denk-Widerstand gegenüber scham- die Bergpredigt verlange, sei in der GATS könnte zum Stoßkeil für die fort- kene, verwahrloste Menschheit un- www.schillerjahr2005.de loser, verantwortungsloser Profitmaxi- deutschen Politik nötig. Man müsse schreitende Unterwerfung menschli- term Ausschreien technischer und ZUR DISKUSSION GESTELLT politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 3

Kultur für alle bleibt die Leitidee Kulturelle Grundversorgung und gesellschaftliche Nachhaltigkeit • Von Oliver Scheytt und Michael Zimmermann

Ökonomische Globalisierung, demo- Sinne einer wohlverstandenen kul- neuen Anforderungen an das Bil- verantwortbar. Um der existenzbe- entfaltet künstlerische und schöpfe- graphischer Wandel und die politi- turellen Grundversorgung nachhal- dungs- und Qualifikationsprofil und drohenden Finanzkrise der Kommu- rische Impulse, sie fördert gesell- sche Gesamtkonstellation deuten tige Ausnahmeregelungen zu for- eines erheblich wachsenden gesell- nen als zentrale Träger kulturpoliti- schaftliche Handlungskompetenz darauf hin, dass die öffentlichen dern, die den Kulturstandort Bun- schaftlichen Integrationsbedarfs aber scher Leistungen abzuhelfen, ist und politische Mündigkeit. Kulturel- Haushalte in den nächsten Jahren desrepublik im vereinigten Europa vielfach eine stärkere Inanspruch- zunächst eine einschneidende Ge- le Grundversorgung stellt sich vor schrumpfen werden. Die Kulturetats sichern. nahme kultureller Bildungsangebo- meindefinanzreform notwendig. diesem Hintergrund als Angebot der der Gemeinden, der Länder und des Mit Blick auf die nationalstaatli- te voraussagen. Auch das verlangt Hier sollten sich die Kulturpolitiker öffentlichen Hände an die Einzel- Bundes laufen damit Gefahr, merk- che Ebene sieht man sich mit der For- eine nachhaltige Sicherung der kul- aktiver als bisher einmischen. Denn nen, als Cultural Empowerment dar. lich zusammengestrichen zu wer- derung konfrontiert, den Wohl- turellen Infrastruktur. es geht um die Voraussetzungen für Die Garantiefunktionen, die an eine den. Unter diesen schwierigen Vor- fahrtsstaat auf die Kernbereiche ei- Auf der kommunalen Ebene, auf kulturelle Teilhabe in einer ohnehin so verstandene kulturelle Grundver- zeichen verbessert die !orderung nes „Schlanken Staates“ zurückzu- die wir unsere Argumentation im fol- schwierigen gesellschaftlichen Situ- sorgung gekoppelt sind, besagen nach kultureller Grundversorgung stutzen, den verbleibenden Korridor genden konzentrieren möchten, hat ation, die Ralf Dahrendorf in seinem keineswegs, dass ausschließlich die die Chancen für eine Politik, die den staatlicher Leistungen auf eine Ge- sich die Schere zwischen Einnah- 2004 erschienenen Buch „Der Wie- öffentlichen Hände kulturelle Ver- wachsenden gesellschaftlichen An- währleistungsfunktion zu reduzie- men und Ausgaben in den letzten derbeginn der Geschichte“ besorgt antwortung wahrnehmen; Staat und sprüchen an Bildung und Kultur ren und diese Leistungen über Aus- Jahren zusehends geöffnet. Die Ur- als „Wiederkehr des Sozialdarwinis- Kommunen sollten aber dafür ein- Rechnung trägt. schreibung und Wettbewerb nicht- sachen sind komplex: Auf der EU- mus unter dem Druck der Globali- stehen, dass ihre kulturellen Leistun- staatlichen Trägern zu überantwor- Ebene wie im zweistufigen, verfas- sierung“ charakterisiert. Sowohl im gen und Einrichtungen auch in Herausforderungen ten. Die Vorstellung von kultureller sungsrechtlich auf Bund und Länder globalen Maßstab als auch innerhalb schwierigen Zeiten gesichert wer- Grundversorgung korrespondiert fixierten deutschen Politiksystem der modernen westlichen Gesell- den. uf der europäischen Ebene und in hingegen mit dem Konzept des „Ak- sind die institutionell verbrieften schaften bilde sich eine zunehmend In einer Konzeption mittlerer A den GATS-Verhandlungen der tivierenden Staates“, der auch selbst Mitwirkungsmöglichkeiten der Ge- allein gelassene Unterklasse, die alle Reichweite, die sich auf die Perspek- Welthandelsorganisation steht eine qualifizierte, rechtlich und finanziell meinden gering. Des weiteren bür- erdenklichen Nachteile auf sich ver- tive der kulturpolitisch Handelnden Deregulierung von Dienstleistungen gesicherte Angebote unter Einbezie- den Bund und Länder den Kommu- einige. Das extreme „Auseinander- konzentriert, lassen sich unsere Über- auf der Tagesordnung. Die sukzessi- hung von Akteuren aus der Zivilge- nen Aufgaben und Ausgaben auf, klaffen der Lebenschancen großer legungen zur kulturellen Grundver- ve Ausdehnung von Marktöffnungs- sellschaft macht und dessen Ge- ohne für zureichenden finanziellen sozialer Gruppen“ sei aber „unver- sorgung so zusammenfassen: Zu- verpflichtungen, wie im General meinwohlverständnis sich auf die Ausgleich zu sorgen. Hinzu kommen einbar mit einer Bürgergesellschaft.“ nächst geht es darum, sich den öf- Agreement on Trade in Services Inklusion aller Gesellschaftsmitglie- Einnahmeausfälle, die teils durch Es gibt leider wenig Anlass, diese fentlichen Auftrag der Kultureinrich- (GATS) avisiert, stellt trotz möglicher der richtet. strukturelle und konjunkturelle öko- Diagnose in Zweifel zu ziehen. In tungen zu vergegenwärtigen. Daraus Ausnahmeklauseln die Instrumente In demographischer Hinsicht ge- nomische Defizite, teils durch eine dieser Situation steht Kulturpolitik folgen die Erörterung von Zielen und nationaler Kultur- und Bildungspo- hen alle vorliegenden Modellrech- Steuerpolitik bedingt sind, die eine vor der Aufgabe, auch jenen die Par- Qualitätsstandards und, in einem litik grundlegend in Frage. Die viel- nungen von einer erheblich sinken- Entschuldung der Gemeinden fak- tizipation an ihren Angeboten zu er- nächsten Schritt, von adäquaten leicht noch folgenreichere Wettbe- den Bevölkerungszahl in Deutsch- tisch ausschließt. In der Folge voll- möglichen, die an Einkommen, so- kommunalen und staatlichen Hand- werbs- und Vergabepolitik der EU land aus, was vor allem Großstädte ziehen die Kommunen tiefe Ein- zialer Anerkennung und Selbstwert- lungsprogrammen. Diese Schrittfol- zielt darauf, „geschützte Märkte“ in in altindustriellen Ballungsräumen, schnitte in ihren Personalbestand. gefühl verlieren. Deshalb plädieren ge ist an Entscheidungen in Stadträ- den Mitgliedstaaten und faktische in erheblichem Maße aber auch Kern- Solche Stellenstreichungen gefähr- wir für eine kulturelle Grundversor- ten und Parlamenten gebunden, die oder rechtliche Monopole in der Pro- städte in wirtschaftlich prosperie- den gerade jene Sektoren, in denen gung, deren regulative Idee die Teil- immerhin den Vorzug der demokra- duktion und Gewährung öffentlicher renden Regionen betrifft. Außerdem sich die Gemeinden ohne Verpflich- habe aller ist. tischen Legitimation für sich in An- und privater Dienstleistungen aufzu- werden ein steigendes Durch- tung durch ein Bundes- oder Lan- spruch nehmen können. In einem brechen. Mit Blick auf die Gemeinden schnittsalter und ein zunehmender desgesetz engagieren. Das gilt zum Ziele und Auftragsgrößen vierten Schritt geht es um die Frage, gerät hier vor allem das Politikfeld Prozentanteil von Einwohnern mit einen für lokalspezifische Sozialleis- mit welchen Partnern Staat und der kommunalen Daseinsvorsorge - Migrationshintergrund prognosti- tungen, zum anderen für kulturelle Kulturpolitik bedarf einer integrati- Kommunen gemeinsam kulturpoli- und mit ihm die nach wie vor als ziert. Relevant für die Kulturpolitik Aktivitäten. ven Begründung, deren Kern Kunst tische Verantwortung tragen wollen, ‚freiwillige Leistung‘ deklarierte Kul- sind allerdings nicht die schieren Soll man sich angesichts dieses und kulturelle Bildung bilden. Die und damit um Vereinbarungen mit turpolitik – als ein Herzstück des tra- demographischen Daten, sondern vielfältigen Drucks resignierend in Künste leben vom Wagnis, entfalten wechselseitiger Bindungswirkung ditionellen deutschen Kommunal- vielmehr die Entwicklung des Nut- vermeintlich Unabwendbare schi- Visionen, geben dem Experiment modells ins Visier. Für den Kultur- zungsbedarfs für kulturelle Einrich- cken? Ein solcher Verzicht auf poli- Raum und stärken den Eigen-Sinn und Medienbereich sind deshalb im tungen. Hier lässt sich angesichts der tisches Handeln scheint uns nicht der Individuen. Kulturelle Bildung Weiter auf Seite 4 ZUR DISKUSSION GESTELLT politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 4

munalen Handelns - Verantwor- Entscheidend für eine wohlverstan- viduen; die Wahrung des offenen, „Bürgerrecht Kultur“ lauten und die Fortsetzung von Seite 3 tungspartnerschaften“ ernst nimmt, dene kulturelle Grundversorgung ist möglichst chancengleichen Zu- sich trotz aller Widrigkeiten als ge- ist das mehr als die Moderation von das Nachdenken über die Auftrags- gangs vor allem zu den Einrichtun- staltende Gesellschaftspolitik ver- Kultur für alle Kulturpolitik und die Formulierung größen, von denen ausgehend kul- gen der kulturellen Bildung; die Ge- steht. von Strukturvorschlägen. Es ist auch turpolitisches Handeln zu begrün- währleistung von Offenheit und Viel- für die öffentlichen Kulturverant- das Bemühen um Planung und Über- den ist. Als zentrale Gesichtspunkte falt in Kunst und kultureller Produk- Oliver Scheytt ist Präsident der wortlichen und ihre Partner. Wenn prüfung kultureller Einrichtungen möchten wir hervorheben: die Ge- tion, und das heißt auch: die Förde- Kulturpolitischen Gesellschaft und gemeinsame Projekte im Sinne eines und Standards. Damit wäre die kul- währleistung künstlerischer Entfal- rung von Innovativem, Irritieren- Dezernent für Bildung, Jugend und public-private-partnership anste- turpolitische Diskussion auf eine ih- tungsmöglichkeiten und eines nach- dem und Kreativem, das es schwer Kultur der Stadt . hen, sollte man allerdings ihre Kom- rer Kernfragen zurückgeführt: Wofür haltig zu sichernden Bestandes kul- hat, sich durchzusetzen. Letztlich patibilität mit dem öffentlichen Auf- stehen Staat und Kommunen im tureller Leistungen, Angebote und geht es bei diesen Kriterien um die Michael Zimmermann ist Mitar- trag der Kulturpolitik erörtern. Das Handlungsfeld Kultur? Wir jedenfalls Einrichtungen, was diese Institutio- Gewährleistung struktureller und beiter für kulturfachliche Grund- heißt, dass man gegebenenfalls auch sehen sie nicht als Faktoren, die sich nen als Gesamtheit umfasst und finanzieller Freiräume für Kunst satzfragen im Essener Dezernat für „Nein“ sagt. auf residuale Aufgaben zurückzuzie- nicht nur Teile ihrer Arbeit; die Ent- und Kultur. Die Forderung nach kul- Bildung, Jugend und Kultur und Wenn man die Schrittfolge „Öf- hen hätten, sondern als Handelnde, faltung ästhetischer Wahrnehmung tureller Grundversorgung ist inso- Privatdozent für Neuere und fentlicher Auftrag - Qualitätssiche- die einen demokratisch legitimierten und die Förderung der kreativen fern Ausdruck einer Kulturpolitik, Neueste Geschichte an der Ruhr- rung - konkrete Perspektiven kom- öffentlichen Auftrag wahrnehmen. Selbsttätigkeit möglichst vieler Indi- deren Leitideen „Kultur für alle“ und Universität Bochum. Kulturverbände wieder beteiligen !ahren Länderbürokraten die Kulturstiftung der Länder vor die Wand? • Von Bogislav von Wentzel

Der Traum einer „Deutschen Kultur- Kulturrat, die Literatur, der Deutsche Die Kriterien der möglichst staats- Es folgt die Hiobsbotschaft: Der streben“ hat. Andere noch so förde- stiftung“ zur !örderung der Künste Städtetag, Fernseh/Hörfunk, wie ein fernen Künste haben zurückzuste- Bund zieht sich aus der KSL zurück, rungswürdige Anträge, zwischen de- von nationaler Bedeutung ist eine Sitz, den sich die Künstlerverbände hen. Primär achten die Länderbü- kündigt den Vertrag zum Ende des nen das Kuratorium eine Auswahl Geschichte der !rustrationen und und der Kunsthandel alternierend rokratien vor allem auf die Anwen- Jahres 2005. Damit fehlen € 5,61 Mil- treffen könnte, werden nicht vorge- Hiobsbotschaften. Als „Nationale teilen mussten. dung des „Königsteiner Schlüssels lionen der KSL, die ab 2006 ihre Aus- legt. Kulturstiftung“ von Willy Brandt auf Eine Hiobsbotschaft für die Kul- (vgl. Protokollnotiz des Freistaates stellungsförderung einstellen muss. Sollte das Kuratorium hier und da Drängen von Günter Grass und an- turverbände ist nun, dass sie durch Bayern vom 25.10.91), d.h. darauf Es ist nicht auszumachen, ob die wohl dosierte Bedenken äußern, deren in die Regierungserklärung eine klammheimliche Satzungsän- einen möglichst großen Beitrag für Länder die Chance ergreifen, der braucht sich der Stiftungsrat der 1973 aufgenommen, von Helmut derung im Juni 2000 ihren Anspruch, ihr Land einzufahren. Möglicher- KSL auch ohne den Bund eine Zu- Länderbeamten daran nicht zu hal- Schmidt 1976 nochmals bekräftigt, einen Vertreter ins Kuratorium zu weise unbequeme, aufmüpfige, kunft zu geben. Mit Föderalismus ten - und das tut er auch hin und kam es nach beschämenden klein- entsenden, verloren haben. Meines aber unabhängige Verbandsvertre- per se hat das alles wenig zu tun, wieder. karierten Streitereien zwischen Bund Wissens nach sind erstaunlicherwei- ter – wie ich einer war - werden wohl aber mit viel Kleingeistigkeit. Die Förderer im Kuratorium, und Ländern erst 1987 zur Gründung se weder die betroffenen Verbände, ferngehalten! Die bisherige Generalsekretärin hochmotivierte Männer und Frau- der „Kulturstiftung der Länder“ noch die normalen Kuratoriumsmit- Es bleibt die Frage, ob die Kultur- Dr. von Welck jedenfalls verließ depri- en aus der Wirtschaft, halten sich (KSL). Die Ausstattung seitens der glieder davon unterrichtet worden. verbände um die verloren gegange- miert das von den Länderbürokraten gegenüber dem überbordenden Länder für den erhabenen Zweck ist Ende 2004 waren nur noch drei Ver- nen Sitze kämpfen sollen. Lohnt es übernommene Schiff. Ihr Stellvertre- Einfluss der Kulturbürokraten schon mit einer Zuwendung von jährlich 8 bände vertreten: Literatur ( noch bis sich noch? ter Frank Däberitz ging in den Ruhe- aus zeitlichen Gründen vornehm zu- Millionen Euro eher karg. Der Bund April 2005), Bildende Kunst und der Nach der Gründung der Kultur- stand. Der dritte Mann in der Füh- rück. Sie schaffen für die Sitzungen ist an der !inanzierung durch das Deutsche Kulturrat, beide ausge- stiftung des Bundes im März 2002 rungsriege Prof. Dr. Fischer ging nach an diversen Orten ein nachfürstli- „Mitwirkungsabkommen“ zu 50% schieden Ende 2004. mit einem Jahresetat von fast € 40 München und übernahm die Sie- ches Ambiente und helfen diskret da beteiligt. In der nun gültigen Satzung steht Millionen steht die Kulturstiftung mens Stiftung. Seitdem ist es beängs- aus, wo die Mittel fehlen. nun: „Das Kuratorium besteht aus 15 der Länder mit einem läppischen € tigend still geworden um die KSL. Die Sachverständigen, die Gro- er Deutsche Kulturrat hatte in Förderern (– früher 10 -) und bis zu 8 Millionen Förderanteil der Länder Dabei half die KSL in den 10 Jah- ßen aus der Museumswelt, legen D vielen Resolutionen und Akti- 15 Sachverständigen (– früher 10). im Abseits. , ren ihres Bestehens nicht nur mit sich aus verständlichen Gründen mit vitäten drängend die Gründung der Die Verbandsvertreter sind entfallen. damals kulturpolitischer Sprecher Zuschüssen einzigartige Werke, wie ihren Länderbürokratien nicht an, Kulturstiftung über die 10 Jahre ge- Einen Aufschrei hat es nicht gege- der CDU, machte in der 2003 einset- den Quedlinburger Domschatz, den sondern befördern jedweden Antrag fordert und musste sich schließlich ben. Die Kulturverbände wurden zenden Fusionseuphorie eine ironi- Barlach-Nachlass, zentrale Werke von Kollegen, sei er auch noch so dis- darüber freuen, dass der angestreb- klammheimlich nicht wieder aufge- sche Bemerkung: „Die Bundesstif- der Malerei, Bildhauerei etc., oder kussionswürdig, mit so viel Ge- te Berg doch noch eine Maus gebar. fordert turnusmäßig ausscheidende tung sitzt in Halle, die Länderstiftung Archive anzukaufen, sondern wirkte schick, dass auch die Förderer ihnen Vergessen ist, dass damals insbeson- Kuratoriumsmitglieder zu ersetzen jedoch in der Hauptstadt. Aus den mit ihrem Sachverstand und uner- meist folgen. Wenn aus der KSL kein dere im Kunstrat auch ein so klein- und bei Nachfrage z.B. des Kulturrats Ländergeldern werden Museumsan- schöpflichen Wissen beispielhaft Selbstbedienungsladen für die Hob- kariertes wie zänkisches Gerangel oder der Kunsthandelsverbände mit käufe von wirklich nationaler Bedeu- auch hinter den Kulissen mit, für bys – wie Schloss Moyland NRW - um geforderte Sitze für die diversen so freundlichen, wie nichtssagenden tung bestritten, während aus Bun- weitere Projekte, die sie nicht selber von Länderbürokraten werden soll, Verbände der Künstler, des Kunst- Briefen hingehalten. desmitteln schöne regionale Sachen finanziell unterstützen konnte, er- halte ich es darum für die höchste handels etc. im Kuratorium der KSL Der allmächtige Stiftungsrat der wie die Ausstellung Stadtkultur in folgreich Stiftungen und Förderer zu Zeit, die vornehm wohltemperierte entbrannte. Diese Streitereien nah- KSL, bestehend aus je einem Beam- Dresden oder eine „künstlerische Er- finden. Diskretion zu durchbrechen und men oft einen so persönlichen Cha- ten der 16 Länder, hat nun das allei- forschung“ des Hamburger Stadt- Das Kuratorium, aus 30 hochka- sich mit Macht dafür einzusetzen, rakter an, dass sie kaum zu schlich- nige Sagen, wen er beruft. Schon in raums etc. bezahlt werden“. rätigen ehrenamtlichen Fachleuten die Kulturverbände wieder an der ten waren und der Kunstrat daran der Anlaufphase der KSL hatte der Mitte Dezember 2003 läßt Bayern und Förderern besetzt, ist nur bera- Arbeit der KSL zu beteiligen. Nur so fast zerbrach. Aber der erzeugte erste Generalsekretär Dr. Klaus Mau- endgültig zum zweiten Mal die Ver- tend tätig. Der Vorstand der KSL legt ist zugunsten der Kultur eine gewis- Druck reichte immerhin aus, dass rice nicht die Möglichkeit einen Kan- handlungen über die Fusion der Stif- zweimal jährlich eine Liste von An- se Behördenferne gewährleistet. 1988 für die Kulturverbände 10 Ku- didaten seiner Wahl für das Kurato- tungen scheitern. Die Kulturförde- trägen auf Förderung vor, die – un- ratoriums-Sitze vorgesehen wurden, rium durchzusetzen. Mit der Sat- rung von Bund und Ländern laufen, ausgesprochen – gemäß Satzung ei- Der Verfasser vertrat von 1999 davon aber 1995 nur 6 Sitze besetzt zungsänderung 2000 kann nun prak- wie bisher, nun wieder ungeordnet nen „angemessenen Ausgleich zwi- bis 2004 den Deutschen Kulturrat waren: Die Glücklichen waren der tisch jedes Land einen Sachverstän- nebeneinander her. Leider ist dieser schen den Ländern durch den Ein- im Kuratorium der Kulturstiftung Deutsche Musikrat, der Deutsche digen benennen. Konflikt nun auf Dauer gestellt. satz von Erwerbungsmitteln anzu- der Länder Kultur(politik) und Armut Ein detaillierter Lagebericht • Von Max !uchs

Wer kennt ihn nicht, den armen Po- Jahren des letzten Jahrhunderts richt der Bundesregierung. Und er ist leiden. Es hat sich nämlich die frü- tigkeit“, und über den Gerechtig- eten, wie er gut eingemummt in der immer noch gültig: Nur so viele Ab- durchaus unerfreulich für viele, here Altersarmut in eine Kinderar- keitsbegriff kann man gut philoso- zugigen Dachkammer in seinem solventen von Kunsthochschulen allerdings nicht für alle Menschen in mut gewandelt. Dass Deutschland phieren und ihn so oder so auslegen. Bett hockt. Es ist ein freundliches konnten mit ihrer Kunst ihren Le- diesem Lande. „Deutschland ist ein kein kinder- und familienfreundli- Dabei ist es nicht neu, dass die Rei- Bild von Armut, das sehr gut zu der bensunterhalt bestreiten. Der Rest reiches Land“, so heißt es zutreffend ches Land ist, kann man daher auch chen immer reicher werden. Das ist Alltagstheorie passt, dass gute fuhr Taxi, verrichtete andere Hilfs- gleich am Anfang. Aber: „Soziale daran erkennen, dass Kinder inzwi- anscheinend ein Naturgesetz. Neu Kunst nur in Situationen der Entbeh- arbeiten oder hatte einen gut ver- Ungleichheit ist eine Tatsache“, und schen ein Armutsrisiko sind. Wer es ist allerdings, dass die Schere zwi- rung entstehen kann. Zeiten der dienenden Lebenspartner. Armut ist diese ist in den letzten Jahren ge- nicht glaubt, lese die offiziellen Kin- schen Arm und Reich auch deshalb Entbehrung kennen in der Tat viele also ein Thema der Kulturpolitik, wachsen. Konkret heißt dies, dass der- und Jugendberichte der Bun- auseinanderdriftet, weil die Armen KünstlerInnen weltweit, aber auch nämlich dann, wenn es um die sozi- die Kluft zwischen Arm und Reich desregierung und der Landesre- immer ärmer werden. So haben wir in Deutschland. So bewegt sich das ale Lage der KünstlerInnen geht. größer geworden ist. So verfügt – um gierungen. Eine Lösung dieses Pro- inzwischen eine Zweiklassengesell- Durchschnittseinkommen der in der Und diese – so scheint es sich an- nur eine Zahl zu nennen – das rei- blems wurde immer wieder ver- schaft auch im Umgang mit „Refor- Künstlersozialkasse registrierten zubahnen – wird eher schlechter. che Fünftel der Gesellschaft über sucht: Eine schönere Welt herzustel- men“: Reform des Sozialsystems be- KünstlerInnen um die 1000 € im Denn zu den Gewinnern der Hartz- zwei Drittel des Gesamtvermögens, len durch eine geschmeidigere De- deutet zwangsläufig, dass die Betrof- Monat, liegt also kaum wesentlich Reformen wird die Kultur nicht ge- während das ärmste Fünftel nur finition. Dies tat etwa seinerzeit die fenen am Ende weniger bekommen. über der Armutsgrenze (z. Zt. 938 € hören (s. hierzu exemplarisch den Schulden aufweist. Armut ist für ei- Jugendministerin rund um den 10. Eine Reform der Unternehmensbe- pro Haushalt und Monat), wie sie Report „Hartz IV“ von P. Laudenbach nige ein Dauerzustand, für viele ist Kinder- und Jugendbericht des Bun- steuerung läuft jedoch darauf hin- durch unser soziales Sicherungs- in theater heute 10;04). sie zumindest eine vorübergehende des. PISA hat zudem gezeigt, wie eng aus, dass hier die Betroffenen mehr system festgelegt ist. Und dabei Phase. Für immer mehr Menschen die soziale Lage und der Schulerfolg bekommen sollen. Beides ist nicht handelt es sich durchaus um eine rmut berührt jedoch noch in ei- ist jedoch das Armutsrisiko gestie- zusammenhängen: Bildungs- und sonderlich rational: Weder investie- privilegierte Gruppe, denn viele Kul- A ner weiteren Hinsicht das kul- gen. So verschwindet offenbar die damit Lebenschancen werden weit- ren die Unternehmen mehr, wenn turschaffende erreichen noch nicht turelle Leben. Denn die Situation der Mittelschicht, für die das Risiko des gehend entsprechend dem Geldbeu- sie noch mehr Geld haben. Auch in- einmal das geforderte Mindestein- Gesellschaft, in der es stattfindet, sozialen Abstiegs – gerade im Falle tel der Eltern verteilt. Wieder ver- dustrielle Großunternehmen verdie- kommen und schlagen sich ander- bleibt nicht ohne Einfluss auf die In- von Arbeitslosigkeit und den dann sucht man sich in philologischer nen heute schon oft mehr mit Fi- weitig durchs Leben. Vermutlich ist halte der künstlerischen Prozesse. geltenden Hartz-Gesetzen – greifbar Problembearbeitung: Die klassische die seinerzeitige Zahl von 5% aus „Lebenslagen in Deutschland“ heißt geworden ist. Und es sind die Kin- Forderung nach Chancengleichheit Weiter auf Seite 5 dem Künstlerreport aus den 70er der inzwischen zweite Armutsbe- der, die verstärkt unter der Armut wird ersetzt durch „Chancengerech- PRESSE-GROSSO politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 5

werten der Freiheit, Gleichheit und tur“ hat also viel mit Armut zu tun. hang von Kultur, Freiheit, Demokra- ordneten Aktivitäten, die man sich Fortsetzung von Seite 4 Gerechtigkeit messen lassen muss, Dies zeigt auch ein Blick in die inter- tie und (ökonomischer) Entwicklung erst dann leisten kann, nachdem die eine entscheidende Aufgabe erfüllt. nationale Armutsdiskussion. Die erforscht. Ökonomie und die Politik ihre Arbeit nanzspekulationen als mit der Her- „Kultur“ ist Teil der Öffentlichkeit, Weltkulturberichte der Unesco dür- Hierbei ist ein weiterer Aspekt erfolgreich verrichtet haben, son- stellung und dem Vertrieb ihrer Pro- die die Demokratie zu ihrer Funkti- fen nicht blind sein gegenüber der wichtig. Neben der Erfahrung objek- dern sie sind die Grundlage für de- dukte. Kein seriöser Wirtschaftsex- onsfähigkeit braucht. Kulturelle Teil- Tatsache, dass etwa 1 Mrd. Menschen tiver Lebenslagen gibt es eine For- ren Erfolg. Dies gilt in armen Län- perte hält es zudem für sinnvoll, die habe wird so eng verknüpft mit öko- unter der berühmt-berüchtigten 1- schungsrichtung, die sich mit dem dern. Das Überraschende ist, dass ohnehin schon problematische Bin- nomischer, politischer und sozialer Dollar-(pro-Tag)-Grenze leben – und subjektiven Empfinden und mit der man es in reichen Ländern vergisst nennachfrage durch die Masse der Teilhabe – im ureigensten Interesse sie sind es auch nicht. Die regelmä- individuellen Verarbeitung dieses oder glaubt ignorieren zu können. Verbraucher weiter zu schwächen. des Kultursystems übrigens, denn ßig erscheinenden Weltentwick- objektiven Rahmens befasst. So hat „Kultur“ ist nicht nur Analyse und Denn dass der Exportweltmeister eine blühende Kulturlandschaft lungsberichte des Entwicklungspro- man vor einigen Jahren mit einer Bewertung, so wie oben beschrie- Deutschland seit Jahren ein erhebli- braucht eine Bevölkerung in ange- gramms der Vereinten Nationen Befragung herausgefunden, dass ben, „Kultur“ meint auch Anerken- ches Problem mit der Binnennach- messenen Lebensumständen. Die (UNDP) beschreiben ebenfalls ein- sich die Menschen in Bangladesch nung und Ermutigung zum Handeln, frage hat, weiß eigentlich jeder. Und Künste haben soziale Probleme da- drucksvoll diese desolate Lage. Inte- am glücklichsten fühlen, und dies ist auch Bedingung der Möglichkeit trotzdem betreibt man weiterhin her immer schon aufgegriffen. ressant ist vor diesem Hintergrund wohlgemerkt in einem der ärmsten für das individuelle und soziale Pro- eine eigentlich widerlegte so ge- Nachdem das Bürgertum mit seinen der letzte Bericht aus dem Jahr 2004: Länder der Welt. Eine ähnliche Un- jekt des guten Lebens. nannte angebotsorientierte Wirt- Problemen den Adel als Motiv, Sujet „Kulturelle Freiheit in einer Welt der tersuchung katapultierte kürzlich schaftspolitik. oder Handlungsvorlage in der Lite- Vielfalt“. In diesem Bericht wird in die Dänen an die Spitze der Zufrie- Der Verfasser ist Vorsitzender des Was hat dies alles mit Kulturpo- ratur, der Bildenden Kunst und im den Begriff von „menschlicher Ent- denheit. Beide Befunde haben offen- Deutschen Kulturrates litik zu tun? Zum einen geht es na- Theater verdrängt hatte, wurden im wicklung“ neben der ökonomischen sichtlich kulturelle Ursachen: Im ers- türlich um Geld, das aufgrund der 19. Jahrhundert sehr schnell das Pro- Dimension auch die Frage der Ge- ten Fall ist es eine fatalistische Reli- Literaturhinweise schlechten ökonomischen Lage letariat und das Kleinbürgertum und sundheit und – mit der Rolle des Le- gion, die einen zwar an den Gefah- Der zweite Armutsbericht der Bundesregie- rung liegt im Entwurf vom 14.12.2004 vor. fehlt, das aber auch im Kulturbereich ihre Lebenslagen Thema der Küns- sens und Schreibens – auch Kultur ren des Alltags nicht verzweifeln lässt, benötigt wird. Doch ist hier etwas te. Die „soziale Frage“ und ihre einbezogen und damit eine Veren- die jedoch auch verhindert, dass En- Die Kinder- und Jugendberichte erschei- anderes gemeint. Das gesellschaftli- künstlerische Bearbeitung faszinier- gung von „Lebensqualität“ auf einen ergien zur Veränderung schlechter nen in der Verantwortung des Bundesmi- nisteriums für Frauen, Senioren, Familie te schließlich selbst erzkonservative bloß ökonomisch definierten Le- Verhältnis mobilisiert werden. Im che Subsystem Kultur hat die Aufga- und Jugend. Zur Zeit ist der 12. Bericht be, auch die unangenehmen Seiten Schriftsteller wie Balzac, so dass ihre bensstandard vermieden. Es wird dänischen Fall hat man darauf hinge- in Arbeit. der Gesellschaft und insbesondere Werke – in völligem Gegensatz zu zudem eindrucksvoll nachgewiesen, wiesen, dass es sich dort einfach Für die (Kinder- und Jugend-)Kulturar- ihrer eigenen politischen Überzeu- dass kulturelle Freiheit und Teilha- nicht gehört, zu viel Unzufriedenheit das Fehlverhalten von Wirtschaft beit siehe Bundesvereinigung Kulturelle und Politik aufzugreifen und mit sei- gung – zu einer Anklage gegen die be geradezu ein Motor für Entwick- öffentlich zu äußern. „Kultur“ kann Jugendbildung (Hg.): Kulturarbeit und nen Mitteln darzustellen und zu be- Gesellschaftsordnung wurden. Und lung und Armutsbekämpfung sind. also Kräfte mobilisieren, sie kann sie Armut. Remscheid/Bonn 2000. auch dort, wo Romane und Dramen Man spürt hierbei die Handschrift aber durchaus auch lähmen. werten. Damit wird gerade bei der Zitiert wurde auch UNDP (Hg.): Bericht zentralen Frage der Legitimität un- im gut situierten Bürgertum spiel- des indischen Nobelpreisträgers und Kunst und Kultur – so kann man über die menschliche Entwicklung 2004 serer gesellschaftlichen Ordnung, ten, ging es um Armut: um geistige, Armutsforschers Amartya Sen, der gerade im reichen Deutschland ler- – kulturelle Freiheit in unserer Welt der die sich an den bürgerlichen Grund- seelische und soziale Armut. „Kul- seit Jahrzehnten den Zusammen- nen – sind jedenfalls keine nachge- Vielfalt. Berlin 2004. Garant der Pressevielfalt an der Ladentheke Das deutsche Presse-Grosso • Von Christina Weiss

Die Lage auf dem deutschen Zei- tungsmarkt hat sich in den vergan- genen Jahren dramatisch verschlech- tert. Sinkende Auflagen und Werbe- einnahmen, steigende Kosten, ein zunehmender Konzentrationsdruck, wachsende Konkurrenz durch die elektronischen Medien und spürba- re Veränderungen des Leseverhal- tens insbesondere junger Menschen prägen das Bild und haben viele Blät- ter in ernsthafte ökonomische Schwierigkeiten gebracht. Zwar lässt die jüngste Konjunkturentwicklung durchaus wieder Hoffnung keimen; die Krise ist aber keinesfalls über- wunden. Im Gegenteil: Der Zeitungs- markt wird dauerhaft wirtschaftli- chem Druck ausgesetzt bleiben.

ie öffentliche Debatte dreht D sich meist um die Situation der Verleger und die Arbeitsbedingun- gen der Redakteure. Der Vertrieb wird dabei selten tangiert, obwohl auch er schwere Stürme zu bestehen hat und ein Garant für die journalis- tische Vielfalt in Deutschland ist. Ge- meinsam mit meinem Kollegen Wolfgang Clement analysiere ich seit langem die Probleme des Vertriebs und setze mich vehement für eine gute Zukunft des deutschen Presse- Grosso ein. Es ist eine vortreffliche Trotz sinkender Auflagen werben immer mehr neue Titel um Leser. Foto: Deutscher Kulturrat Idee, dass sich nunmehr auch der Deutsche Kulturrat dieses Themas Gebietsmonopol, dessen Grenzen er beleumundet und gilt innerhalb der spannen eintrugen, müssen verkraf- onen nicht mehr oder nur noch un- engagiert annehmen will. In dieser nicht überschreiten darf. Im Gegen- Europäischen Union als das effizien- tet werden. Hinzu kommt, dass eini- ter erheblichen Schwierigkeiten be- Initiative kommt zum Ausdruck, zug muss er aber nicht nur alle Verla- teste Vertriebswesen. Ganz überwie- ge große Verlagshäuser ein klassi- friedigt werden. Die Monopolisten dass die kulturelle Farbenlehre ohne ge, sondern auch alle Einzelhändler gend verlagsunabhängig ausgestal- sches System auszuhebeln versu- frohlockten, die Regale der Zeitungs- Pressevielfalt nicht denkbar ist. Was grundsätzlich gleich behandeln. Der tet, garantiert das Grosso die Presse- chen, indem sie Exklusiv-Lieferver- läden füllten sich mit gedruckter Ein- den Pressevertrieb hindert, geht also Grossist bestimmt das für den jewei- und Meinungsvielfalt „an der Laden- träge mit Lebensmittel-Discountern förmigkeit – eine Vorstellung, die der nicht nur die Wirtschafts- und Me- ligen Einzelhändler maßgebliche theke“. Wenn man so will, ist dieses und anderen Einzelhandelsketten Kulturpolitik nicht geheuer sein kann. dienpolitik an, sondern ruft auch die Pressesortiment, muss dafür aber die Modell die handfeste Seite der ver- abschließen. Man versucht, das Pres- Diese Sorge teilte offenbar auch das Kulturpolitik auf den Plan. Worum vom Einzelhändler nicht verkaufte fassungsrechtlich garantierten Pres- se-Grosso zur Seite zu räumen, um Bundesverfassungsgericht, als es das geht es dabei im Einzelnen? Ware gegen Rückerstattung des Kauf- se- und Meinungsfreiheit. Denn ein für besonders auflagenstarke Publi- Presse-Grosso in einer Entscheidung preises zurücknehmen (Remissions- solch freiheitlicher Wert wäre hohle kationen direkte Wege zum Leser auf- aus dem Jahre 1988 als elementaren Wesen und Funktion des recht). Durch dieses System erlangen Floskel, würde nicht wirklich in je- zubauen. Darin aber liegt die Gefahr Bestandteil der Pressefreiheit und Ga- Presse-Grosso kleine Verlage und Publikationen mit dem Winkel unseres Landes gelesen einer wirtschaftlichen Aushöhlung ranten für publizistische Vielfalt aner- geringer Auflage einen kostengüns- werden können, was die besten Fe- des traditionellen Modells, beruht es kannte. Etwa achtzig Grossisten versorgen tigen Zutritt zum Vertrieb. Ihnen er- dern der Nation zu bieten haben. doch auf einer sorgfältig austarierten Deutschland täglich mit Zeitungen öffnen sich Marktchancen, die sich Die Grossisten sind wichtige Anwäl- „Mischfinanzierung“ von auflage- Beiträge der Politik zur und Zeitschriften. Das sind beileibe nicht böten, müssten sie ihren Ver- te unserer Demokratie. starken und -schwachen Titeln. Bestandssicherung des keine Einzelhändler, sondern mittel- trieb selbst organisieren. Und nicht nur das: Unter den ge- Presse-Grosso ständische Unternehmen mit Mit einem Marktanteil von etwa Beeinträchtigungen des schilderten Umständen würde die durchschnittlich 140 Beschäftigten. 54 Prozent ist das Grosso-System Grosso-Systems gefährden Meinungsvielfalt schwinden, weil sie Um das Presse-Grosso überleben zu Sie beliefern etwa 117.000 Einzelhan- neben dem verlagseigenen Abonne- die Pressevielfalt nur noch von den stärksten Verlagen lassen, waren zunächst auch gesetz- delsgeschäfte mit rund 4.000 Titeln. ment, dem Bahnhofsbuchhandel, dominiert wird. Wirtschaftlich Schwä- liche Regelungen erwogen worden. Dabei zeichnet das Grosso-System dem werbenden Buch- und Zeit- Die Zeitungskrise bedrängt die Gros- chere erreichten ihre Leserinnen und Gemeinsam mit den Verlegern hat eine Reihe von Besonderheiten aus, schriftenhandel sowie den Lesezir- sisten in immer stärkeren Maße. Leser nur noch mit Mühe. Umgekehrt sich die Bundesregierung jedoch die für eine flächendeckende Versor- keln das bedeutendste Vertriebs- Umsatzeinbußen und schwierige könnte die Befriedigung einer Nach- gung vonnöten sind. Der einzelne netzwerk. Das deutsche Presse- Verhandlungsrunden mit den Verla- frage nach bestimmten, meist abseits Weiter auf Seite 6 Grossist agiert in einem definierten Grosso wird international vorbildlich gen, die ihnen geringere Handels- des Mainstream liegender Publikati- PRESSE-GROSSO politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 6

zu erhalten und exklusive Lieferver- lagswirtschaftliche Kooperationen ben, ist deshalb unbegründet. Ich mission vorgelegten Entwurf einer Fortsetzung von Seite 5 träge der Verlage mit Einzelhändlern im Anzeigenbereich, bei Druck und hoffe, dass der Bundesrat diesen Dienstleistungsrichtlinie diskutiert. nur dann zuzulassen, wenn sie im Vertrieb ermöglichen, um die wirt- Gesichtspunkt bei seiner Entschei- Hier wäre noch zu prüfen, inwieweit Garant der Pressevielfalt Rahmen definierter Marktöffnungs- schaftlichen Rahmenbedingungen dung über die Reform des Pressekar- sie Presseproduktion und -vertrieb tests erfolgen und auf einen Über- der Zeitungsverlage zu verbessern. tellrechts angemessen berücksichti- tangiert. Die Bundesregierung wird entschieden, einer privatwirtschaft- gang zur Sortimentsbelieferung Damit dies nicht auf Kosten des gen und im zu erwartenden Vermitt- mögliche Beeinträchtigungen kei- lichen, vertraglichen Lösung den Vor- durch das Presse-Grosso angelegt Grosso-Systems geschieht, hat der lungsverfahren eine Lösung gefun- nesfalls hinnehmen, wenn sie die zug zu geben. Nach vielen Gesprä- sind. Auf der Grundlage dieser Ge- Gesetzgeber Kooperationen im Ver- den wird, die den wirtschaftlichen Presse- und Meinungsvielfalt gefähr- chen, die ich mit den Verlegerverbän- spräche erwarte ich, dass die Verein- trieb auf den Abonnementbereich Bedrängnissen der Zeitungen den. den und dem Bundesverband Presse- barung von der Branche ohne Abstri- beschränkt. Die gelegentlich geäu- ebenso hilft wird wie der verfas- Grosso geführt habe, hat sich die che umgesetzt wird. ßerte Sorge, die Reform des Presse- sungsrechtlich gebotenen Presse- Die Verfasserin ist Staatsministerin Branche im August 2004 in einer „Ge- Die vom Deutschen Bundestag kartellrechts könne die Kräftever- und Meinungsvielfalt. beim Bundeskanzler und Beauftrag- meinsamen Erklärung“ darauf ver- verabschiedete Reform des Presse- hältnisse zwischen Verlegern und Ein letzter Punkt: Derzeit wird in- te der Bundesregierung für Kultur ständigt, das Grosso-Vertriebssystem kartellrechts soll künftig auch ver- Grossisten zu deren Lasten verschie- tensiv über den von der EU-Kom- und Medien Eine bewährte Zusammenarbeit Presse-Grosso und Zeitungsverlage • Von Jörg Laskowski

Täglich 23 Millionen Zeitungsexem- fen. Handlich, günstig und schnell plare, 347 Titel: Deutschland ist konsumierbar sollen diese Titel sein der größte Zeitungsmarkt in Euro- und werden über den Einzelverkauf pa und der fünftgrößte der Welt. vertrieben; Aufgabe und zusätzliche Es gibt eine Vielzahl unterschiedli- Erlösquelle auch für das Presse- cher Zeitungen in Deutschland. Die Grosso. 20 Cent heißt die Zeitung für größte Gruppe bilden die 329 lo- junge Leute in Cottbus, Boulevard kalen und regionalen Abonnement- Würzburg in der dortigen Region, zeitungen, daneben 27 Wochenzei- auch getragen von der Hoffnung, tungen, 10 überregionale Zeitun- dass später zum Hauptprodukt ge- gen, 8 Kaufzeitungen und 7 Sonn- griffen wird. tagszeitungen; über 1.550 ver- Zeitungen sind ein Kulturgut schiedene Ausgaben. Sie alle müs- und untrennbar mit der Lesekultur sen zum Leser transportiert wer- verbunden, jedoch lässt die PISA- den, im Abonnement oder im Ein- Studie wenig Grund zur Freude und zelverkauf. <ür den Einzelverkauf wer die Elternabende seiner schul- ist das Presse-Grosso neben dem pflichtigen Kinder besucht, verlässt Bahnhofsbuchhandel und dem ver- diese oft verzweifelt. Lesen und Li- lagseigenen Vertrieb ein wichtiger teratur hat leider einen zweitrangi- Partner der Verlage, um die Bevöl- gen Stellenwert. In den Familien kerung mit diesem System optimal wird den Kindern das Lesen nicht mit Presserzeugnissen zu versor- mehr vorgelebt, das Bücherbord gen. weicht dem Flachbildfernseher und dem heimischen PC. Betrachtet inkende Auflagen der Zeitungen, man dazu die rückläufige Bevölke- S eine rückläufige Lesekultur bei rungsentwicklung in den nächsten jungen Leuten, starke Konkurrenz 10 bis 15 Jahren, sind Verlage und durch die elektronischen Medien Presse-Grosso gefordert. Sie müs- und veränderte Käuferströme be- sen sich der Entwicklung anpassen einflussen das Vertriebsgeschäft. und sollten dies wie in der Vergan- Die Verlage versuchen dagegen zu genheit partnerschaftlich angehen. steuern, viele neue Produkte im Ta- Die Verlage entwickeln neue Pro- bloid-Format sind auf den Markt ge- dukte und stellen sie dem potenti- In eigener Sache: politik und kultur ist präsent am Bahnhofskiosk dank Presse-Grosso. Foto: Deutscher Kulturrat kommen, die Innovationsbereit- ellen Lesermarkt zur Verfügung, das schaft der Verlage ist hoch. Ob Welt Presse-Grosso muss den Einzelver- ferströmen zu folgen. Ändern sich seerzeugnisse angeboten werden. steht auch keinerlei medienwirt- Kompakt, News oder Kölner Stadt- kauf der Zeitungen weiter verbes- Kaufgewohnheiten und die Struktur Gesetzliche Maßnahmen sind in dem schaftliche Notwendigkeit für eine anzeiger Direkt, alle diese Titel ver- sern. Hierzu muss auch das ständi- des Handels, muss flexibel reagiert Zusammenspiel von Verlagen und Beschränkung der Vertriebsfreiheit. suchen junge Leute zu erreichen, ge Bemühen zählen, neue Verkaufs- werden. Presse-Grosso schädlich. Die Verlage Es sind gerade kleinere und mittle- die immer weniger zur Zeitung grei- stellen zu erschließen und den Käu- Hierzu zählen beispielsweise die haben, neben den Auswirkungen re Verlage, die eine Direktbeliefe- Discounter, wobei es entgegen den durch eine negative Wirtschaftsent- rung des Einzelhandels, beispiels- Spekulationen nicht den Versuch wicklung, in den letzten Jahren keine weise den örtlichen Bäckereien, einzelner Verlage gegeben hat, die- guten Erfahrungen mit dem Gesetz- schon heute dem Vertriebsweg über se direkt zu beliefern. Vielmehr ist es geber gemacht. Die Erinnerung an den Pressegroßhandel vorziehen. ein gemeinsames Anliegen, die Dis- das 630-Mark-Gesetz lässt schau- Dies ist oft auch der Aktualität ge- counter als Presseverkaufsstellen zu dern, die Zustellung der Abonne- schuldet, denn bei einem späten erschließen. Über dieses Ziel sind ments wurde über Nacht an den Rand Andruck ist eine Auslieferung über sich alle einig, über die Wege dahin des Kollaps gebracht, Zehntausende das Presse-Grosso zeitlich nicht mög- kann man unterschiedlicher Mei- Zusteller kündigten. Mittlerweile ist lich. nung sein. Darum haben sich Zei- durch das Gesetz zu den Mini-Jobs Das Dispositionsrecht, d.h. das tungs- und Zeitschriftenverlage mit eine Kompensation geglückt. Recht, insbesondere über die an dem Presse-Grosso im August 2004 Auch ein gesetzlicher Schutz des den Einzelhandel zu liefernden in einer gemeinsamen Erklärung Presse-Grosso liegt nicht im Inter- Mengen zu entscheiden, ist ein ur- über das Vorgehen geeinigt. Dies esse der Leser und damit auch nicht eigenes Recht der Verlage. Aufgrund schließt ausdrücklich ein, dass ein- im Interesse des Erhalts der Presse- der zwischen Grossisten und Verla- zelne Titel als „Türöffner“ eingesetzt vielfalt. Das Presse-Grosso hat bei gen bestehenden Verträge nehmen werden sollen und in einem festge- den national vertriebenen Zei- die Grossisten lediglich das Dispo- legten Testzeitraum die Belieferung tungs- und Zeitschriftentiteln die sitionsrecht der Verlage wahr (abge- mit nur einem Titel erfolgen darf. Ein Ausgangssituation, die nationale leitetes Dispositionsrecht). Dies er- solcher Test mit unterschiedlichen Auslieferung der Objekte kosten- gibt sich aus der Tatsache, dass die Belieferungen läuft derzeit bei den günstiger gestalten zu können, als Verlage das volle wirtschaftliche Ri- Discountern Lidl, Penny und Norma. dies ein einzelner Verlag realisieren siko tragen, weil sie aufgrund des Es bleibt abzuwarten, welcher Zeit- könnte. Es gilt sicher zu stellen, dass Remissionsrechts der Grossisten raum erforderlich sein wird, die Dis- die durch Art. 5 Abs. 1 GG geschütz- diesen zur Gutschrift unverkaufter counter dauerhaft für Presseproduk- te Pressefreiheit und die Berufsfrei- Exemplare verpflichtet sind. Auch te zu erschließen. heit der Verlage (Art. 12 GG) nicht die Presse-Grossisten ihrerseits tra- Die Erschließung neuer Ver- angetastet werden. Das Recht der gen wirtschaftlichen Notwendigkei- kaufsstellen ist Aufgabe des Presse- Unternehmen, über die Vertriebs- ten Rechnung, indem sie – nicht Grosso, aber die Vertriebsfreiheit wege für eigene Produkte zu ent- anders als die Verlage – absatzori- von Verlagen ist ein Teil der Presse- scheiden, ist bereits durch das entiert disponieren. Sollten ihre freiheit und somit können die Ver- Grundrecht der Berufsfreiheit in Leistungen die Kunden und Verlage lage über alle denkbaren Vertriebs- Art. 12 GG geschützt. nicht befriedigen, müssen sie sich möglichkeiten entscheiden und sel- Würde eine Pflicht der Verlage auch zukünftig, wie im Wettbewerb ber initiativ werden. Dies hat sich bestehen bei der Belieferung des üblich, bemühen, ihre Leistungen bewährt, waren es doch in der Ver- Einzelhandels einen Grossisten ein- zu verbessern. Diese Leistungsver- gangenheit stets die Verlage selbst, zuschalten, würde dies nicht nur die besserung kann in der Preisgestal- die neue Verkaufstellen erschlossen wirtschaftliche Situation vieler Ver- tung liegen, dem Service oder der haben. Es waren die Verlage, die in lage verschlechtern, sondern offen- aktiven Erschließung neuer Ver- den 50er Jahren bei der Erschlie- kundig dem Sinn und Zweck des kaufsstellen für Presseerzeugnisse. ßung des Lebensmitteleinzelhan- Wettbewerbsrechts widersprechen, dels, in den 60er Jahren bei der Er- die Märkte offen zu halten und Der Verfasser ist Geschäftsführer des schließung von Tankstellen und in durch eine Vielzahl von Marktteil- Bereiches Verlagswirtschaft den 70er Jahren bei den Bäckereien nehmern wirtschaftliche Macht- beim Bundesverband Deutscher dafür gesorgt haben, dass dort Pres- bündelung zu vermeiden. Es be- Zeitungsverleger PRESSE-GROSSO politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 7

Neue Herausforderungen für den Pressevertrieb Presse-Grosso als konstitutives Element der Pressevielfalt • Von Ludwig von Jagow

Wer einmal den Blick über seine angestammte Zeitungs- oder Zeit- schriftenlektüre hinaus auf die Viel- falt an Zeitschriften richtet, die wö- chentlich, vierzehntäglich, monat- lich oder vierteljährlich in knapp 115.000 deutschen Geschäften zu finden ist, kann ermessen, was der deutsche Presse-Großhandel – kurz Presse-Grosso – nicht nur für Print- verlage, sondern insbesondere auch für den Leser, den wissens- durstigen Bürger, bedeutet.

äglich werden bundesweit meh- T rere Millionen Exemplare ver- schiedenster Zeitschriftengattungen von den Verlagen und ihren Druck- standorten über ein hochkomplexes logistisches System durch 78 Gebiets- grossisten in den Presseregalen von Nachbarschaftsgeschäften, Super- märkten, Kiosken, Presse-Fachhänd- lern oder Tankstellen für den Leser platziert, um nur die bedeutendsten Geschäftsarten für den Presseverkauf zu nennen. Davon losgelöst ist der für die Zeitschriftenverlage zweifelsohne bedeutsame Bahnhofsbuchhandel zu sehen, der nicht durch das Presse- Grosso, sondern durch die Verlage direkt beliefert wird. Preisbindung, das vom Verlag abgeleitete Dispositionsrecht des Grossisten, das Alleinauslieferungs- Zeitungskiosk in der Sennestadt (Bielefeld) aus dem Jahr 1959 Foto: Deutsche Bauzeitung recht des Grossisten in seinem Ge- biet und das Remissionsrecht, also Das Neutralitätsgebot, d.h. die Pflicht liche Verankerung des Grosso-Sys- spürbarer Weise gewandert – weg ndere Herausforderungen für das das Recht des Einzelhändlers gegen- des Presse-Grossisten, allen Verlags- tems im Rahmen der Pressefusions- von den klassischen kleineren Le- Presse-Grosso. Hier können die Ver- über dem Grossisten und somit auch erzeugnissen Zugang zum Markt zu rechtsnovelle gewandt. Eine derarti- bensmittelgeschäften in der Nach- lage auch noch mehr Initiative er- des Grossisten gegenüber dem Ver- verschaffen, führt zu einem interes- ge Absicherung und somit Zemen- barschaft, hin zu den Großformen warten. Dazu gehört beispielsweise, lag, unverkaufte Exemplare zurück- santen und durchaus wünschens- tierung eines von mehreren Presse- des Einzelhandels, den Verbraucher- den Einzelhandel noch intensiver zugeben, sorgen für eine Sonderstel- werten Effekt: hinsichtlich der Dis- Vertriebskanälen wäre ein ordnungs- märkten und Discountern. Diesen zu hegen und pflegen. Die bereits lung des Pressevertriebs. Diese Son- tribution ihrer Erzeugnisse zum Ein- politisch falscher, im übrigen aber Strukturveränderungen müssen erwähnte Konsumzurückhaltung, derstellung gewährleistet eine welt- zelhandel hin stehen die Verlage in auch für das Gesamtgefüge zwi- sich nicht nur die Verlage, sondern Tabaksteuererhöhung und eine all- weit einzigartige Versorgung der Be- keinem nennenswerten Wettbewerb schen Verlagen und Presse-Grosso in besonderer Weise auch das Pres- gemein zu hohe Kosten- und Steu- völkerung mit Presse – in Ballungs- untereinander. Der Wettbewerb ent- schädlicher Eingriff gewesen. Wür- se-Grosso stellen. Das erfordert ge- erbelastung haben den Einzelhan- zentren ebenso wie in ländlichen faltet sich somit maßgeblich erst am den Verlage gesetzlich zur Distribu- rade in Zeiten von Konsumflaute del in den letzten vier Jahren Räumen. Wenn in Deutschland die- entscheidenden Ort der Wertschöp- tion ihrer Erzeugnisse über das Pres- und damit einhergehendem Ab- bekanntermaßen in eine äußerst ser Tage gerne in vielen Bereichen fungskette über die Qualität der Zei- se-Grosso verpflichtet werden, wäre satz- und Umsatzrückgang ein ho- schwierige Situation geführt. Verla- das „Schlusslicht“ heraufbeschwo- tung oder Zeitschrift, nämlich im dies nicht nur ein klarer Verstoß ge- hes Maß an Einsatz, Phantasie und ge und Presse-Grosso stehen hier ren wird, so wäre diese Metapher für Einzelhandelsgeschäft am Regal gen die in unserem Wirtschaftssys- Flexibilität, denn noch keiner kann in gemeinsamer Verantwortung den Anspruch nach Pressevielfalt oder an der Theke im Augenblick der tem selbstverständlich verankerte die Frage eindeutig beantworten, in zum Erhalt und Pflege bewährter und Presseversorgung völlig fehl am Kaufentscheidung. Diese schlicht Vertriebsfreiheit des Produzenten, welchem Maße sich diese Käuferbe- Partner am entscheidenden Ende Platze. anmutende Erkenntnis führt unwei- hier der Verlage, es würde auch die wegungen auf das Pressesortiment der Wertschöpfungskette wie auch Allerdings darf daraus nicht – wie gerlich zu zwei weiteren Überlegun- auf Vertrauen und kaufmännischer auswirken werden. Was heißt das zur Erschließung neuer Absatzpo- in jüngster Vergangenheit geschehen gen: Eigenverantwortung beruhende Ba- konkret? Wenn Großfilialisten, zum tentiale. Ganz so schlecht dürfte die – der Rückschluss gezogen werden, Erstens: Das verlegerische Dru- lance zwischen Verlagen und dem Beispiel Discounter, immer stärker Meinung des Einzelhandels in Be- das bestehende Grosso-System genie- ckerzeugnis selbst, seine durch Re- Presse-Grosso empfindlich stören. die Funktion des Nahversorgers an- zug auf Presse nämlich nicht sein, ße aus sich heraus Grundrechtsschutz dakteure, freie Journalisten, Fotogra- Medien- und gesellschaftspolitisch nehmen, der Käufer dort somit zu- denn eines konnten das Presse- und müsse daher besonders gesetz- fen, Reporter oder Künstler mit jeder unerwünschte Konzentrationen nehmend seinen Lebensbedarf ab- Grosso und der VDZ gerade jüngst lich abgesichert werden. Vielmehr ist Ausgabe immer wieder im wahrsten werden ohnehin bereits durch das decken kann, sollte er dort natürlich durch eine Studie beweisen: Im Ver- die Sonderstellung des Presse-Grosso Sinne des Wortes einmalig geschaf- bestehende Kartellrecht in ausrei- auch das ihm gewohnte breite An- gleich zu anderen Warengruppen als Ableitung des originär den Presser- fene Qualität, sorgt dafür, dass inte- chendem Maße verhindert. gebot an Zeitungen und Zeitschrif- weist Presse eine hohe Profitabili- zeugnissen und deren Herstellung ressierte Leser informiert, geschult Nur am Rande sei mit Blick auf ten vorfinden können. Discounter, tät aus. und Verbreitung eingeräumten oder unterhalten werden. Der gesetzgeberische Aktivitäten noch die derzeit als zu erschließende Wenn sich Verlage, das Presse- Grundrechtsschutzes zu sehen. dahinter stehende Verlag mit seinen erwähnt, dass das Presse-Grosso neue potentielle Verkaufsstellen für Grosso und nicht zuletzt auch der Die Zeitschriftenverlage sehen kaufmännischen Kapazitäten und nicht einmal die Hälfte der im Markt Presse im Blickfeld der Verlage und presseführende Einzelhandel, in der somit im Presse-Grosso einen be- nicht zuletzt mit seinem wirtschaft- befindlichen Zeitungen und Zeit- des Presse-Grosso stehen, sind ge- seit mittlerweile Jahrzehnten einge- deutenden Marktpartner und sind lichen Risiko ist es darüber hinaus, schriften zum Leser bringt. Andere mäß ihrer Politik der schmalen Sor- spielten Weise partnerschaftlich und stolz auf dieses Vertriebssystem, das der das erst ermöglicht, was wir tag- Vertriebswege wie das Abonnement timente allerdings noch nicht an mit Engagement um ihren gemein- sie in erheblichem Maße mit aufge- täglich an Vielfalt in unserer unmit- oder der Lesezirkel wären mit einer dem Punkt, eben solch ein Presser- samen besten Freund, den Presse- baut haben. Dies bezeugt unter an- telbaren Umgebung selbstverständ- gesetzlichen Verankerung des Pres- egal mit hundert und mehr Presse- käufer, kümmern, haben alle gewon- derem die gemeinsame Erklärung lich gewohnt sind. Dies sollte jedem se-Grosso in nicht zu rechtfertigen- titeln aufzustellen wie wir es z.B. nen. der Verlegerverbände BDZV und klar sein, der im Presse-Grosso gerne der Weise benachteiligt. von Edeka, Minimal, Rewe oder Kai- VDZ sowie des Grosso-Verbandes das konstitutive Element von Pres- Zweitens: Die Zeitschrift muss sers kennen. Der Verfasser ist Leiter des Fachbe- aus dem vergangenen Jahr, in der ein sevielfalt und -erhältlichkeit sieht. auch dort liegen, wo sich der poten- In diesem Spannungsfeld liegen reichs Vertrieb Publikumszeitschrif- Bekenntnis zum Grosso-System und Deshalb hat sich der VDZ im vergan- tielle Käufer aufhält, und dieser ist die Herausforderungen für den Pres- ten im Verband Deutscher Zeit- dessen Essentialia abgelegt wird. genen Jahr auch gegen eine gesetz- in den letzten Jahren in deutlich severtrieb und es sind eben insbeso- schriftenverleger

Zeitschriften bei ConBrio

Oper&Tanz Zeitschrift der VdO für ZEITUNG Opernchor und Bühnentanz

ConBrio Verlagsgesellschaft, Brunnstraße 23, 93053 Regensburg, Tel. 0941/945 93-0, Fax 0941/945 93-50, E-Mail: [email protected], www.conbrio.de PRESSE-GROSSO politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 8

Die Inhalte der „Gemeinsamen Erklärung“ beachten Ein klares Bekenntnis der Verlage zum Presse-Grosso • Von Gerd Kapp

In der Bundesrepublik beliefern 78 Zeitung wurde im Presse-Grosso dukte. Insofern haben die Zeitungen Presse-Grosso erfüllt als Lieferant wirtschaftlich nur dann zumutbar, Presse-Großhandlungen cirka bereits sehr früh sukzessive die flä- einen hohen Stellenwert beim Ein- von bedarfsgerechten Sortimenten wenn er den Verkaufspreis der 116.000 Einzelhändler täglich mit chendeckende Erschließung auch zelhandel. seinen Auftrag als neutraler Mittler Presseerzeugnisse festlegen kann. Zeitungen und Zeitschriften. Die ländlicher Gebiete für den Pressever- Während der Urlaubsperioden und garantiert die Überallerhältlich- Das Grosso-Vertriebssystem mit Presse-Grossisten sind jeweils in Al- kauf eingeleitet und vollzogen. Die liefern die Grossisten nicht nur über- keit von Presseerzeugnissen. seinen Besonderheiten wird von leinauslieferung in 76 von den Ver- Bundesrepublik verfügt über ein im regionale, sondern auch lokale und Die EU-Kommission hat im Jah- der EU-Kommission nicht in Frage lagen vorgegebenen Vertriebsgebie- internationalen Vergleich sehr dich- regionale Zeitungen in die Saison- re 1999 in ihrem 29. Bericht über gestellt. ten tätig. Lediglich in und tes Verkaufsstellennetz, das ganz gebiete. Ausländern, die in der Bun- die Wettbewerbspolitik die Preis- Die Presse-Großhändler haben im ehemaligen West-Berlin liefern maßgeblich durch den BILD-Vertrieb desrepublik ihren Urlaub verbrin- bindung für Zeitungen und Zeit- stets das Infrastrukturnetz den in einem Vertriebsgebiet zwei Gros- zum Nutzen für das Pressesortiment gen, wird der Kauf der gewohnten schriften, die gegen Artikel 81 Abs. Marktentwicklungen angepasst. Bei sisten jedoch mit getrennten Sorti- insgesamt geprägt wurde. Es sind nur Heimat-Zeitungen ebenfalls ermög- 1 EGV verstößt, nach Art. 81 Abs. 3 der Erschließung neuer Einzelhan- menten. Das System des Presse- wenige lokale Tageszeitungen, die licht. vom Preisbindungsverbot freige- delskunden oder Kunden-Gruppen großhandels ist außer der bereits den Vertrieb an den Einzelhandel Im Zuge der Wiedervereinigung wur- stellt, weil die Voraussetzungen für muß das Grosso dem Grundsatz der erwähnten Alleinauslieferung in ei- heute noch selbst vornehmen. Die de das System des Gebiets-Grosso eine Freistellung erfüllt sind. Die Neutralität folgen und darf keinem nem vorgegebenen Vertriebsgebiet Gründe hierfür liegen meistens in der auch auf die neuen Bundesländer EU-Kommission begründet diesen marktbeherrschenden Verlag sach- durch weitere Besonderheiten ge- druckbedingt nicht rechtzeitigen An- übertragen. Dort hat sich sehr Vorgang damit, dass für den Pres- lich ungerechtfertigte Vorteile im kennzeichnet: Das Remissionsrecht lieferungsmöglichkeit beim Presse- schnell ein dichtes Verkaufsstellen- severtrieb das Remissionsrecht Wettbewerb verschaffen. Direktbe- beinhaltet, dass Einzel- und Groß- Grosso. Neben der Belieferung des netz entwickelt, das dem der alten notwendig und typisch ist. Das Re- lieferungen von Einzelhändlern handel für die unverkauften Exem- Einzelhandels betreuen die Grossis- Bundesländer vergleichbar ist. Das missionsrecht wäre dem Verlag durch marktbeherrschende Verlage plare Gutschriften von den Vorlie- ten in großen Teilen den ambulanten können dem Presse-Grosso-System, feranten erhalten. Das Dispositions- Handel am Sonntag und teils auch die das den Verlagen den freien Markt- recht ergibt sich aus dem Remissi- Zeitungsverkaufskästen. zutritt für alle Presseerzeugnisse, onsrecht. Der Großhandel legt das Der Zeitungsvertrieb bestimmt Überallerhältlichkeit und Neutralität für den jeweiligen Einzelhändler ver- den Rhythmus in den Grosso-Be- garantiert, erheblichen wirtschaftli- käufliche Sortiment und die markt- trieben. Um die pünktliche Anliefe- chen Schaden zufügen, mit der Fol- gerechten Liefermengen fest. =ür rung der hochaktuellen und somit ge, dass das System in der Erfüllung Zeitungen und Zeitschriften neh- zeitkritischen Ware Tageszeitung im seines medienpolitischen Auftrages men die Verlage das Preisbindungs- frühöffnenden Einzelhandel bei al- behindert wird. Marktbeherrschen- privileg in Anspruch. Sie binden den len Witterungslagen zu gewährleis- de Verlage dürfen sich nicht durch Endverbraucherpreis und den Abga- ten, müssen die Grosso-Unterneh- faktische oder tatsächliche Aus- bepreis des Großhandels an den men Nacht für Nacht den Wettlauf schließlichkeiten Vorteile im Einzel- Einzelhandel. Die Presse-Grossisten gegen die Uhr gewinnen. Die tägli- verkauf zu Lasten anderer Verlage unterliegen wegen ihrer Alleinstel- che Belieferung der Einzelhändler verschaffen. lung in den Vertriebsgebieten dem ermöglicht auch einen schnellen, Die am 19.08.04 vom Verband kartellrechtlichen Diskriminierungs- kundenfreundlichen Nachliefe- Deutscher Zeitschriftenverleger, verbot. Der Pressevertrieb muß rungsservice. Am Sonntag sind Bundesverband Deutscher Zei- nachfragegerecht, neutral erfolgen. derzeit ca. 45.000 Presseverkaufs- tungsverleger und Bundesverband stellen geöffnet mit steigender Ten- Deutscher Buch-, Zeitungs- und u Abgabepreisen setzte das Pres- denz. Zeitschriften-Grossisten unterzeich- Z se-Grosso knapp 3 Mrd. € in Bei den regionalen und lokalen nete “Gemeinsame Erklärung” ent- 2004 um. Dies entspricht einem Tageszeitungen werden nur ca. 3 bis hält ein klares Bekenntnis der Verla- Umsatz des Einzelhandels mit Pres- 10 % der Auflage über das Presse- ge zum Presse-Grosso und zu den serzeugnissen zu Copypreisen von Grosso abgesetzt. Der überwiegen- Systemessentials. In diesem Doku- ca. 4 Mrd. €. Hieran haben die Zei- de Anteil befindet sich im Abonne- ment sind auch die Regeln für die tungen einen Umsatzanteil von mentvertrieb. Dennoch ist der Ein- Erschließung von Discountern fest- bundesweit durchschnittlich ca. 25 zelverkauf bedeutend: Zu sehr güns- gelegt, ein Vorgang, der diskriminie- %. Das Presse-Grosso setzt ca. 750 tigen Kosten liefert das Presse-Gros- rungsfrei erfolgen muß. Wenn sich Mio. € mit Zeitungen um. Das Zei- so kleine und kleinste Auflagen an die Verlage an die Inhalte der “Ge- tungssortiment umfasst mehr als den Einzelhandel. Dort haben die meinsamen Erklärung” halten, be- 300 Titel. Hierzu zählen Boulevard- Leser die Möglichkeit, Zeitungen aus darf es keiner gesetzlichen Absiche- Zeitungen, überregionale Zeitun- einem vielfältigen Angebot auszu- rung des Vertriebssystems. Das Pres- gen, regionale und lokale Zeitun- wählen. Mit Hilfe des Einzelverkaufs se-Grosso wird dann auch künftig gen, Wochenzeitungen und Sonn- kann der Markenartikel “Zeitung” seine die Pressevielfalt fördernde tagszeitungen, außerdem ausländi- gepflegt werden. Die Titel bleiben und garantierende Funktion ver- sche Zeitungen. bekannt und finden dort immer trieblich erfüllen können. Eine besondere Bedeutung beim wieder neue Leser. Zeitungsvertrieb kommt BILD aus Die Tageszeitung erweist sich bei Der Verfasser ist Hauptgeschäfts- dem Axel Springer Verlag zu. Mit der vielen Verkaufsstellen als „Türöffner“ führer des Presse-Grosso erstmals 1952 erschienenen BILD- für den Erwerb auch anderer Pro- Transatlantisch: der Zeitungskiosk von heute Foto: Deutscher Kulturrat Bundesverband Die Stiftung Presse-Grosso Zur Bedeutung des unabhängigen Pressevertriebs für das Informationsrecht des Bürgers • Von Klaus-Dieter Wülfrath

Das in über 50 Jahren gewachsene Aufgabe, Wissenschaft und For- merk wurde dabei auf die Funktion onsfreiheit und Pressevertrieb in tem benutzen, um ihre Massentitel Presse-Grosso-Vertriebsnetz ge- schung sowie Ausbildung auf dem des Presse-Grosso als Vertriebs- und Europa“ kommt der Medienwissen- im Markt durchzusetzen und kleine- währt grundsätzlich allen Presse- Gebiet des Pressevertriebs, der quasi Kommunikationsnetz gelegt, schaftler Prof. Dr. Michael Haller, re Titel aus dem Markt zu drängen. verlagen gleichen Marktzutritt so- durch einen unabhängigen Presse- welches nicht nur den Händlern und Universität Leipzig, zu dem Ergeb- Haller resümiert: „Wenn an der La- wie Überallerhältlichkeit zu gleichen Großhandel die nach Artikel 5 des Verlagen nützt, sondern durch die nis, dass die Versorgung der Bevöl- dentheke der Grundsatz der Gleich- Preisen für den Leser und fördert Grundgesetzes geschützte Presse- strikte Neutralität des Pressever- kerung mit Tagespresse in den west- behandlung aller Titel aufgegeben so die Vielfalt der Presselandschaft. freiheit garantiert, zu fördern. Die triebs auch allen anderen Beteilig- europäischen Staaten durch die wird, steht auch die Pressevielfalt in Die Bedeutung des unabhängigen Stiftung verfolgt dabei das Ziel, ten, insbesondere den Lesern der Pressekonzentrationsentwicklungen Frage“. Pressevertriebs für das Informati- durch das Ergebnis ihrer Arbeit ei- Printmedien. der letzten Jahre, aber auch durch Im Spannungsfeld zwischen freiem onsrecht des Bürgers ist gleichwohl nen Beitrag zum Erhalt von Presse- In einer weiteren gutachtlichen festzustellende Entwicklungs-ten- Wettbewerb der Presseunternehmen, nicht überall gleich bekannt. Im freiheit und Pressevielfalt als wich- Untersuchung hat Prof. Dr. Thomas denzen in der Handelslandschaft, auch auf dem Sektor des Vertriebs, Rahmen ihrer Grundlagenstudien tigen Garanten unseres freiheitli- von Danwitz, Universität Köln, die erheblich gefährdet sei. Auch in und den auf das Gemeinwohl bezo- hat die Stiftung Presse-Grosso in- chen, demokratischen Staatswesens Auffassung entwickelt, der Gratisver- Deutschland, so Haller, leide der genen Schutzpflichten des Staates, zwischen drei wichtige Gutachten zu leisten. trieb ausschließlich werbefinanzier- Pressevertrieb unter Beeinträchti- um informatorische Individualfrei- erarbeiten lassen, die die Bedeu- Das Presse-Grosso stellt daher ter Tageszeitungen sei mit dem gungen, die zu Lasten kleiner Titel heiten des Bürgers vor störenden Ein- tung des Presse-Grosso für das In- nach Beurteilung des Staatsrechtlers Wahrnehmungsauftrag des Instituts gehen und die grundrechtlich gefor- griffen zu bewahren, arbeitet Haller formationsrecht der Bürger bele- Prof. Dr. Michael Kloepfer von der der freien Presse und ihrer öffentli- derte Meinungsvielfalt bedrohen heraus, dass sich bei Infrastruktur- gen. Die Arbeiten haben Ausstrah- Humboldt-Universität Berlin einen chen Aufgabe einer unbeeinflussten könnten. Am Pressevertrieb lässt netzen der Wettbewerb nicht im lungswirkung auch in die jüngste wesentlichen und spezifischen Be- Informations- und Meinungsbildung sich, so Haller, ablesen, inwieweit Wettbewerb, sondern um den Markt Diskussion um die Bedeutung des standteil der Kommunikationsord- insgesamt unvereinbar. Dabei stell- das Prinzip der Informationsfreiheit nach Maßgabe eines Anforderungs- Pressevertriebs. Die Bedeutung nung der Bundesrepublik Deutsch- te von Danwitz heraus, dass der ent- Ernst genommen wird und die Pres- profils bilden könne, dem zufolge die des Erhalts der Vielfalt im Presse- land dar. Kloepfer hat in einer Stu- geltliche Vertrieb von Tageszeitun- sevielfalt in Europa noch gesichert geforderten Pressevertriebsleistun- vertrieb ist nicht nur aus der Sicht die zur Stellung des Pressevertriebs gen gewährleiste, dass die Leser kei- ist. Dabei stellt er fest, dass insbe- gen im konkreten Fall möglichst effi- der publizierenden Verlage, sondern im deutschen und europäischen Ver- ner Gefahr einseitiger Berichterstat- sondere in Italien die Reichweite der zient zu erbringen sind. auch aus der Sicht des nach überall fassungsrecht untersucht, ob und in tung ausgesetzt seien, wie sie für die vom Straßenverkauf abhängigen Ta- In Frankreich und Italien wurde erhältlichen Informationen aus welchem Umfang sich wegen dieser ausschließliche Werbefinanzierung gespresse auf einen bedenklich tie- schon in den späten 40er Jahren ver- Printmedien suchenden Bürgers von besonderen Funktion der grund- des Rundfunkwesens schon vom fen Stand abgesunken sei; auch in sucht, über Gesetzgebungen ein hoher Bedeutung. rechtliche Schutz der Presse– und Bundesverfassungsgericht ange- Frankreich und Großbritannien gehe Gemeinwohl orientiertes Funktions- Kommunikationsfreiheit im deut- nommen worden ist. In einem Gut- die Reichweite der Zeitungen drama- system einzurichten, um den meri- ie Stiftung Presse-Grosso, eine schen Verfassungsrecht und im eu- achten zur Funktionsleistung der tisch zurück. Die Gefährdungen des torischen Charakter der Presse- D wissenschaftlich ausgerichtete ropäischen Primärrecht auch auf Pressevertriebssysteme in ausge- Systems beruhten im Wesentlichen gemeinnützige Stiftung bürgerlichen den Pressevertrieb durch das Presse- wählten Staaten der europäischen auf dem Umstand, dass einige weni- Weiter auf Seite 9 Rechts, hat nach ihrer Satzung die Grosso erstreckt. Besonderes Augen- Union unter dem Titel „Informati- ge Pressekonzerne das Vertriebssys- ARBEITSMARKT KULTUR politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 9

onalität mehr und mehr an eine Beteiligten zum grundsätzlichen Sys- Sicherung des Presse-Grosso als Ga- wiederum im Haller’schen Sinne der Fortsetzung von Seite 8 selbstregulative Systemstruktur ge- temerhalt zu erreichen. rant einer Pressevielfalt „an der La- allgemeinen Tendenz der Abkehr bunden ist und nicht allein durch In der „gemeinsame Erklärung“ dentheke“, die von der Bundesregie- vom Versorgerstaat hin zum sich distribution zu sichern, wobei Ge- rechtliche Gebots- oder Verbotsnor- vom 19. August 2004 haben sich die rung als unverzichtbar angesehen selbst steuernden deregulierten Wett- meinwohl gebundene Vertriebsprin- men gesichert werden kann. Die so beteiligten Zeitungs- und Zeitschrif- wird, betrachtet worden. Mittelbar ist bewerb um den Markt entspricht. zipien, wie gleicher Marktzutritt, beschriebene Komplexität der Funk- tenverlegerverbände sowie der Bun- die „gemeinsame Erklärung“ in die Getragen vom Konsens aller Be- Kontrahierungszwang und Diskrimi- tionssysteme im Pressevertrieb führt desverband Deutscher Buch-, Zei- Begründung des Gesetzes zur Presse- teiligten und der steten Bereitschaft, nierungsverbot auf allen Stufen for- nach Haller zur Einsicht, dass weder tungs- und Zeitschriften-Grossisten fusionskontrolle eingeflossen, die ak- für das Vertriebssystem notwendige mell durchgesetzt wurden. Die tat- die Eigendynamik des Marktes allein e.V. in der Präambel dieser Erklärung tuell wegen der Tatsache dieses Kon- Weiterentwicklungen unter Beach- sächlichen Befunde zeigen aber, noch die gesetzgeberische Regulie- einmütig zum Erhalt des im öffent- senses aller am Vertrieb Beteiligten tung und Wahrung seiner grundsätz- dass die Rechtssetzungen auf der rung durch die Politik längerfristig die lichen Interesse liegenden Presse- eine spezialgesetzliche Absicherung lichen Bedeutung anzupassen, geht Vertriebsebene zu keinen nachhalti- Funktionalität der Systeme zu sichern vertriebssystems bekannt. Zugleich des Pressevertriebs für nicht erforder- die Stiftung Presse-Grosso davon gen Funktionssicherungen des Pres- gewährleisten vermag – das eine be- haben sie Rahmenbedingungen de- lich erachtet wird. In diesem Sinne aus, dass die Grundlagen dieses be- severtriebssystems geführt haben. dingt vielmehr das andere. Gerade finiert, unter denen der Pressever- schreibt die „gemeinsame Erklärung“ währten Pressevertriebssystems als Dies lieget daran, dass sich die Pres- aus der Sicht dieses im Jahr 2004 er- trieb auch aktuellen Entwicklungen vom 19. August 2004 die im Gutach- ein beispielhaftes Modell den Sys- sedistribution im Verlauf der vergan- schienenen europaübergreifenden der Handelslandschaft entsprechen ten von Prof. Haller aufgestellten me- tembestand auch in der Zukunft ge- genen zwei Jahrzehnte in den west- Vergleichsgutachtens ist es beson- kann. Diese „gemeinsame Erklärung“ ritorisch legitimierten Rahmenbe- währleisten kann. europäischen Gesellschaften zu ei- ders erfreulich festzustellen, dass es ist von der Beauftragten der Bundes- dingungen der Pressedistribution nem komplexen, von zahlreichen in der jüngsten politischen Entwick- regierung für Kultur und Medien, einvernehmlich fest und vermeidet Der Verfasser ist Vorsitzender Faktoren beeinflussten Netzwerk lung in Deutschland gelungen ist, ei- Frau Dr. Christina Weiss, nachdrück- so auch im Sinne dieses Gutachtens des Vorstands der Stiftung ausdifferenziert hat, dessen Funkti- nen Konsens der im Pressevertrieb lich als tragfähige Grundlage für die eine gesetzliche Regelung, was Presse-Grosso Künstler vermitteln Künstler Die Zentrale Bühnen-, ernseh- und ilmvermittlung (ZB ) und die Künstlerdienste (KD) • Von Johannes Klapper

Ein beliebiges Drei-Sparten-Theater Deutschland. Was macht nun ein In- Überdies sind die Agenten allesamt atern in aller Regel erheblich ent- Jahre die geforderten 360 Tage sozi- irgendwo in Deutschland. Der Inten- tendant in derart verzweifelter Lage, vom Fach, haben selbst langjährige spannter verläuft, aber deswegen alversicherungspflichtiger Beschäf- dant, seine Dramaturgen und der zumal dann, wenn er seine Karteien Erfahrung in den Berufen, die sie auch Extremsituationen nach Art der tigung zu erreichen wodurch sie Regisseur der nächsten Schauspiel- für Künstler, die er immer schon mal vermitteln – was sie für unsere Inten- Geschilderten recht gut gemeistert wieder Anspruch auf Arbeitslosen- produktion konferieren über die engagieren wollte (was ihm aber ge- danten auch als Gesprächspartner werden können. geld I erwürben. Angesichts derart Besetzung von „Kabale und Liebe“. rade jetzt nicht weiter hilft) sowie die zu verschiedenen Fragen und Pro- Was der Intendant nicht weiß düsterer Berufsrealitäten (die bereits Klar ist, wer den „ erdinand“ spielt zahllosen Stapel mit ungelesenen blemen seines Hauses interessant (und auch nicht wissen muss) sind lange vor „Hartz“ seit vielen Jahren und wer die „Luise“, auch einen Bewerbungen für nahezu jede Posi- macht. die Hintergründe von ZBF und KD. immer düsterer geworden sind) „Wurm“ hat man im Ensemble, aber tion in seinem Theater vergeblich Im vorliegenden Fall telefonieren Beide Agenturen sind Teile der Bun- wundert es, dass immer noch so vie- Sorgen macht zum Beispiel die Rol- hat durchsehen lassen? Wenn auch also er und seine Mitarbeiter desanstalt für Arbeit (BA) und darin le junge Leute in diese Berufe stre- le der „Lady Milford“, deren ur- die fabelhaften Kontakte zu Kollegen zunächst mit der Schauspielabtei- der Zentralstelle für Arbeitsvermitt- ben. Staatliche und private Schau- sprünglich vorgesehene Darstellerin vielleicht das eine oder andere sei- lung der ZBF, um sich eine ,Milford‘ lung (ZAV) in Bonn organisatorisch spielschulen bzw. Musikhochschu- den Intendanten dringend um eine ner Probleme lösen, er auf dem nicht und einen ,Präsidenten‘ vorschlagen verbunden. Sie verfolgen keine wirt- len können sich vor Ausbildungswil- reiphase gebeten hat – ein Dreh- unbedeutenden Rest aber sitzen zu lassen. Parallel wird in aller Eile schaftlichen Interessen und bewil- ligen kaum retten – und nur ein angebot lockt, das ihr der Intendant bleibt? Was soll er schon machen: Er ein Agent der Musiktheaterabteilung ligen keine Lohnersatzleistungen Bruchteil von ihnen bekommt einen nicht abschlagen kann. Am Vortag ruft einen oder mehrere der ihm aus mit der raschen Suche nach einem (z.B. Arbeitslosengeld). Der Grund der wenigen Plätze (zwischen 400 hatte sich der Darsteller des „Präsi- zahlreichen Besuchen seines Hauses Abendgast für die erkrankte ,Chry- für die Einrichtung dieser bundes- und 1000 Bewerber konkurrieren denten“ für mehrere Wochen krank wohl bekannten und geschätzten sothemis‘ beauftragt, der Chordirek- weit operierenden Fachvermitt- um zwischen 5 bis 12 Plätze an den gemeldet, der Mann ist in mehreren Agenten der ZBF an. Er hat oft mit tor lässt die einschlägig erfahrenen lungseinrichtung für darstellende Staatlichen Schulen!) um die späte- Produktionen beschäftigt, Spielplan- ihnen gearbeitet, meist in weniger Vermittler nach 1. Sopranen und 2. Künstler, künstlerisch-technisches ren Berufsanfänger möglichst ge- änderungen sind ebenso unaus- dramatischen Situationen als derje- Tenören suchen und der Ballettdi- Personal sowie für Künstler aus den nau kennen zu lernen, finden einmal weichlich wie Umbesetzungen – und nigen, in der er augenblicklich rektor bittet die Tanzexperten der Bereichen Show, Artistik, Unterhal- pro Jahr die so genannten ZBF- oder wer, bitte, soll ihn jetzt in „Kabale steckt. Da die Agenturen der ZBF ZBF schweren Herzens ihm fürs tung und Werbung liegt in der Be- Intendantenvorsprechen statt. Im und Liebe“ ersetzen? Mitten in die und der KD in Köln, Berlin, Ham- nächste Vortanzen operetten- und sonderheit ihres Marktes. Charakte- Bereich des Musiktheaters gibt es Sitzung platzt die Intendanzsekretä- burg, Leipzig und München sowie musicalerfahrene Tänzer vorbei zu ristisch ist vor allem das weitgehen- entsprechend ein Begabtenvorsin- rin mit der Nachricht, dass die „Elek- darüber hinaus auch noch in Ro- schicken. Inzwischen hat der Be- de Fehlen „normaler“, unbefristeter gen und eine große Audition für tra“-Vorstellung am Abend gefährdet stock, Hannover, Halle, Frankfurt triebsdirektor längst beim nächstge- Arbeitsverhältnisse. Arbeitsverträge Musicaldarsteller. Die Integrations- ist („ausverkauftes Haus!“, stöhnt und Stuttgart angesiedelt sind, ha- legenen Künstlerdienst angerufen, sind für die Klienten der ZBF und quote der ZBF für Anfänger liegt bei der Intendant), weil die Sängerin der ben die Agenten es in der Regel nicht wo ihm sein Artistenproblem für die der KD immer befristet – auf ein über 90%. Insgesamt haben ZBF „Chrysothemis“ offenbar so heiser allzu weit ihn zu besuchen. Er hat die „Bohème“-Produktion gelöst wird. oder zwei Jahre, auf ein paar Mona- und KD im vergangenen Jahr über ist, dass selbst der bei allen Sän- Agentur als zuverlässig, schnell und Anschließend telefoniert er mit ei- te oder sogar nur auf einzelne Tage. 80.000 Engagements vermittelt, was gern wie ein Guru verehrte HNO-Arzt kompetent kennen gelernt, viele nem Agenten der Film/Fernseh-Ab- Das bedeutet für die Künstler hohe auch bei selbstkritischer Betrach- keine Möglichkeit sieht, die Stimme Künstler seines Theaters haben ihr teilung, um prophylaktisch mögliche Mobilität, den ständigen Wechsel tung keine schlechte Bilanz ist und auch nur für kurze Zeit wieder ein- Engagement über die ZBF bekom- Drehtermine für die Mitglieder des zwischen Engagement und Arbeits- bei allen internen Verbesserungs- satzfähig zu machen. Und da die Se- men – und zahlen müssen er oder Schauspielensembles abzuspre- losigkeit als Normalzustand – und notwendigkeiten für die Unver- kretärin gerade im Raum steht und seine Künstler für die Vermittlung chen. dies alles bei vergleichsweise gerin- zichtbarkeit einer unabhängigen, der Intendant ihr im Augenblick nicht auch nichts, denn im Gegensatz zu So weit unsere fiktive Situation, gen Einkommen für den allergröß- bundesweiten Fachvermittlung für entkommen kann, teilt sie noch Privatagenturen werden die Kosten zu der nur noch einmal angemerkt ten Teil dieser Berufsgruppen. Auch Künstler spricht. schnell üble Kunde aus dem Opern- der ZBF und der KD durch die Bei- werden soll, dass – Gottlob – die deshalb treffen die neuen „Hartz“- chor mit, wo derzeit eine Erkältungs- träge zur Arbeitslosenversicherung meisten Vakanzen einen erheblich Gesetze die Künstler empfindlich. Der Verfasser ist Leiter der zentralen welle vor allem die 1. Soprane und gedeckt, die von ihm und den Künst- längeren Vorlauf haben und die Zu- So wird es z.B. in Zukunft für viele Bühnen-, Fernseh- und Film- die 2. Tenöre („eigenartig“, denkt der lern ja bereits bezahlt worden sind. sammenarbeit der ZBF mit den The- sehr schwierig sein, binnen zwei vermittlung Intendant) erwischt hätte.

amit nicht genug, der Ballettdi- D rektor ruft an und meldet kühl einen bedenklich hohen Kranken- stand im Ballett; er lässt durchbli- cken, dass er diesen Umstand für eine Reaktion der Tänzer auf die jüngste Entscheidung des Intendan- ten hält, der zufolge sie aus Sparsam- keitsgründen nicht nur in künstle- risch wertvollen Choreographien des Ballettdirektors vor überschaubarem Publikum aufzutreten haben, son- dern das Tanzbein auch in Operet- ten und Musicals vor „bumsvoller Hütte“ (O-Ton des Künstlerischen Ballettdirektors) schwingen müssen. In das betretene Schweigen der Run- de platzt nun der Regisseur der neu- en „La Bohème“-Produktion (Pre- miere in vier Tagen), er kommt direkt von einer Bühnen-Orchester-Probe und droht mit sofortiger Abreise, wenn er weiter mit diesen „steppen- den Hausfrauen und unvorstellbar di- lettantischen Artisten“ zusammenar- beiten müsse, die weder Feuerschlu- cken, Einradfahren noch Jonglage be- herrschten, aber genau solche Spezi- alisten braucht er als „Farbe“ vor dem „Café Momus“ im 2. Akt der Oper. Wie gesagt: Ein beliebiges Drei- Sparten-Theater irgendwo in Szenenfoto aus dem Musical Ludwig hoch 2: Kronprinz Ludwig und Sybille Foto: Ludwig Musical ARBEITSMARKT KULTUR politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 10

Ein-Euro-Jobs: Zusätzlichkeit ernst nehmen Positionspapier des Deutschen Kulturrates zu Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung (so genannten Ein-Euro-Jobs)

Berlin, den 06.04.2005. Der Deut- aussichtlich 332.500 liegen, was in aus Eigeneinnahmen, Bürgerschaftli- Tätigkeit wird vor allem durch sozial- den, den Ganztagsbetrieb von Schu- sche Kulturrat, der Spitzenverband der etwa dem Niveau von 1995 mit chem Engagement, Zuwendungen der versicherungspflichtige Beschäftigung len auf der Basis von „Ein-Euro-Jobs“ Bundeskulturverbände, sieht das be- 330.000 Arbeitsplätzen entspricht. In öffentlichen Hände und privaten Mit- gesichert. Dieser Kernbereich einer einzuführen. drückende Problem der Arbeitslosig- der Tendenz wird die sozialversiche- teln den Herausforderungen gerecht zu Kultureinrichtung, eines kulturellen Pro- keit und teilt die Auffassung, dass alle rungspflichtige Beschäftigung im Kul- werden. jektes oder eines Kulturvereins muss Voraussetzung für die Einrichtung ei- gesellschaftlichen Kräfte einen Bei- turbereich zurückgehen und die Selbst- inhaltlich definiert und abgegrenzt wer- nes „Ein-Euro-Jobs“ im Kulturbereich trag zum Abbau der Arbeitslosigkeit ständigkeit zunehmen. Ein qualitativ hochstehendes Kulturan- den. Bei Kultureinrichtungen mit einem ist die 5reiwilligkeit. Dieses gilt sowohl leisten sollten. Der Deutsche Kultur- gebot sowie ein Angebot kultureller Bil- Stellenplan kann dieser zusätzliche für die Institutionen, die nicht gezwun- rat sieht daher auch den Kulturbereich Bereits seit einigen Jahren konnte in dung wird mittelfristig aber nur dann Anhaltspunkte dafür liefern, welche gen werden dürfen, „Ein-Euro-Jobs“ in der Verantwortung, dazu beizutra- vielen Kultureinrichtungen wie z.B. Bi- zu gewährleisten sein, wenn der Kern- Position zum personellen Kernbestand einzurichten, als auch für die Über- gen, dass Arbeitslose wieder Zutritt bliotheken, Museen, soziokulturellen bereich der Tätigkeit durch eine Konti- einer Einrichtung gehört und welche nahme des so genannten Ein-Euro- zum Arbeitsmarkt erhalten. Zentren oder Einrichtungen der kultu- nuität und Professionalität gesichert ist, Stellen als zusätzlich zu betrachten Jobs durch die betreffende Person. Im rellen Bildung der Betrieb ohne die die dauerhaft und mit einer gewissen sind. Kulturbereich werden „Ein-Euro-Jobs“ Der Deutsche Kulturrat will mit die- Nutzung arbeitsmarktpolitischer Instru- Planungssicherheit vor allem durch teilweise auch in solchen Bereichen sem Positionspapier auf die Beson- mente wie Arbeitsbeschaffungsmaß- sozialversicherungspflichtig Beschäftig- So genannte Ein-Euro-Jobs dürfen nicht angeboten werden, in denen die Be- derheiten des Arbeitsmarktes Kultur nahmen nicht mehr aufrecht erhalten te gewährleistet werden kann. Maßnah- dazu führen, dass Künstlerinnen und treffenden mit Publikum und in päd- aufmerksam machen und erste An- werden. D.h. im Kulturbereich existiert men der Arbeitsmarktpolitik wie Arbeits- Künstler oder andere Berufsgruppen, agogischen Zusammenhängen arbei- haltspunkte für die Bereitstellung von neben dem ersten Arbeitsmarkt bereits beschaffungsmaßnahmen oder auch die bisher im Rahmen von Honorarver- ten. Dieses kann nur bei einer freiwil- Arbeitsgelegenheiten mit Mehrauf- seit Jahrzehnten ein zweiter Arbeits- Arbeitsgelegenheiten mit Mehrauf- trägen Aufgaben in der kulturellen Bil- ligen Übernahme der Arbeit gedeih- wandsentschädigung, so genannter markt. wandsentschädigung können immer dungsarbeit oder anderen Bereichen lich gelingen. Ein-Euro-Jobs, im Kulturbereich ge- nur zusätzlich sein und müssen im öf- des kulturellen Lebens übernommen ben. Zugleich ist festzustellen, dass die fentlichen Interesse liegen. haben, durch „Ein-Euro-Jobs“ verdrängt Der Deutsche Kulturrat fordert die Kul- Selbstständigkeit im Kulturbereich ste- werden. Zumal für Künstlerinnen und tureinrichtungen vor Ort auf, sich ähn- Die Gestaltung der konkreten Rah- tig zunimmt. Die Statistik weist im Mi- Arbeitsgelegenheiten Künstler sind diese Honorartätigkeiten lich den Wohlfahrtsverbänden aktiv an menbedingungen für so genannte Ein- krozensus 318.000 Selbstständige im mit Mehraufwands- oft ein wesentlicher Bestandteil ihres den Beiräten der Arbeitsgemeinschaf- Euro-Jobs wurde vom Gesetzgeber Kulturbereich aus. Dazu zählen als entschädigung Einkommens. ten bzw. der optierenden Kommunen den Arbeitsgemeinschaften, den Ar- Kerngruppe die Künstlerinnen und zu beteiligen und damit einen Beitrag beitsagenturen und optierenden Kom- Künstler, in zunehmendem Maße aber Der Gesetzgeber hat im Sozialgesetz- Ebenso wenig dürfen bestehende In- zur regionalen Gestaltung der „Ein- munen vor Ort übertragen, damit den auch andere Berufsgruppen, die zuvor buch II § 16 definiert, dass für erwerbs- strumente der aktiven Arbeitsmarktpo- Euro-Jobs“ zu leisten. regionalen Gegebenheiten Rechnung sozialversicherungspflichtig beschäftigt fähige Hilfsbedürftige, die keine Arbeit litik – wie etwa Arbeitsbeschaffungs- getragen werden kann. Der Deutsche waren. Von den 318.000 Selbststän- finden können, Arbeitsgelegenheiten maßnahmen – verdrängt werden. Auf Da „Ein-Euro-Jobs“ zur Qualifizierung Kulturrat sieht die Verantwortlichen in digen im Kulturbereich erwirtschaften geschaffen werden sollen. Werden die- Grund der längeren Dauer und der auch von Langzeitarbeitslosen dienen sol- den Kultureinrichtungen und Kultur- aber nur 118.000 einen Umsatz der se Gelegenheiten für im öffentlichen arbeitsrechtlichen Einbindung der Be- len, regt der Deutsche Kulturrat an, vereinen vor Ort gefordert, sich aktiv über 16.617 Euro im Jahr liegt. Nur Interesse liegende, zusätzliche Arbei- schäftigten in den Betrieb ermöglichen dass vor Ort das Gespräch mit Anbie- an der Gestaltung der Rahmenbedin- diese Gruppe von 118.000 Selbststän- ten nicht als Arbeitsbeschaffungsmaß- Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in tern solcher Qualifizierungsmaßnah- gungen für „Ein-Euro-Jobs“ in den je- digen wird in der Umsatzsteuerstatis- nahmen gefördert, ist den erwerbsfä- weitaus stärkerem Maße einen Einstieg men über die praktische Tätigkeit in weiligen Regionen zu beteiligen. tik erfasst. D.h. der größte Teil der higen Hilfsbedürftigen zuzüglich zum Ar- in das Berufsleben als es bei kurzfristi- dem Job hinaus gesucht wird, um Selbstständigen in Kulturberufen hat beitslosengeld II eine angemessene gen Maßnahmen wie „Ein-Euro-Jobs“ Synergien zwischen verschiedenen Der Deutsche Kulturrat behält sich vor, einen jährlichen Umsatz von unter Entschädigung für Mehraufwendungen der 5all sein kann. Trägern zu entwickeln. Zudem ist an in der zweiten Hälfte des Jahres 16.617 Euro im Jahr und gehört damit zu zahlen; diese Arbeiten begründen die Verantwortung der Einsatzorte für 2005, nachdem erste Erfahrungen zu den Kleinstunternehmern, die von kein Arbeitsverhältnis im Sinne des Ar- Einige Einrichtungen und Institutionen entsprechende Qualifizierungsmaß- mit den so genannten Ein-Euro-Jobs ihrem Verdienst nicht auskömmlich le- beitsrechts; die Vorschriften über den des Kulturbereiches bilden junge Men- nahmen zu erinnern. gesammelt wurde, erneut Stellung zu ben können. Arbeitsschutz und das Bundesurlaubs- schen in anerkannten Ausbildungsbe- nehmen. gesetz sind entsprechend anzuwenden; rufen aus. Diese Ausbildungsleistung So genannte Ein-Euro-Jobs sollen Künstlerinnen und Künstler als der pro- für Schäden bei der Ausübung ihrer darf durch die Zurverfügungstellung von nach der Intention des Gesetzes be- Arbeitsmarkt Kultur duktive Kern des kulturellen Lebens Tätigkeit haften erwerbsfähige Hilfsbe- „Ein-Euro-Jobs“ nicht eingeschränkt fristet sein (z.B. sechs Monate) und erwirtschaften nach Angaben der dürftige nur wie Arbeitnehmerinnen und werden. Vielmehr ist auch der Kultur- keinen Ersatz für feste Beschäftigung Das kulturelle Leben in Deutschland Künstlersozialkasse, in der freiberufli- Arbeitnehmer. Regelungen des Mitbe- bereich gefordert, jungen Menschen, schaffen, sondern viel mehr eine Ge- wird auf der Angebotsseite von Künst- che Künstler und Publizisten sozialver- stimmungsrechts gelten für so genann- sofern es möglich ist, Chancen für eine legenheit für Langzeitarbeitslose bie- lern, Kultureinrichtungen, Kulturverei- sichert sind, ein durchschnittliches Jah- te erwerbsfähige Hilfsbedürftige nicht. Berufsausbildung zu bieten. ten, wieder Erfahrungen im Arbeits- nen und -initiativen sowie der Kultur- reseinkommen von rd. 11.000 Euro. markt zu sammeln. Der Deutsche wirtschaft bestimmt. Diese Bereiche Empfehlungen des Deutschen Kul- Das kulturelle Leben beruht zu einem Kulturrat regt an, dass die Tätigkeit leisten ihren wesentlichen Beitrag Steigende Ansprüche - turrates zu so genannten Ein-Euro- erheblichen Teil auf Bürgerschaftlichem in einem „Ein-Euro-Job“ bei Interes- zum kulturellen Leben und stehen in geringe Mittel Jobs im Kulturbereich Engagement. In vielen Einrichtungen se der jeweiligen Person und der In- enger Wechselwirkung zueinander. wie z.B. soziokulturellen Zentren und stitution in weitere arbeitsmarktpoli- Maßnahmen auf der einen Seite, be- Die eigenen Ansprüche an die Qualität Arbeitsgelegenheiten mit Mehrauf- Museen, in den Vereinen des Laienmu- tische Instrumente münden könnte, wirken zugleich Veränderungen auf der Arbeit sind bei Kultureinrichtungen, wandsentschädigung, so genannte Ein- sizierens, den Kunstvereinen, den Li- um so über die Befristung des „Ein- der anderen. -vereinen und -initiativen gestiegen. Euro- oder Zusatzjobs, zielen darauf ab, terarischen Gesellschaften, den kirch- Euro-Jobs“ hinaus den Arbeitssuchen- Ebenso steigen trotz sinkender Mittel Langzeitarbeitslose wieder in das Er- lichen Büchereien und anderen Insti- den und den Institutionen die Pers- Künstlerische und kulturelle Berufe die politischen und gesellschaftlichen werbsleben zu integrieren. Sie sind ein tutionen übernehmen bürgerschaftlich pektive der Zusammenarbeit zu bie- üben auf viele Menschen eine beson- Erwartungen an Kultureinrichtungen, - Instrument, das den Betroffenen er- Engagierte wesentliche Teile oder gar ten. dere 5aszination aus. Der Arbeits- vereine und -initiativen, z.B. bei der möglichen soll, nach Jahren der Er- die gesamte Arbeit. Dieses Bürger- markt Kultur gehört jedoch trotz sei- Mitgestaltung der Ganztagsschule oder werbslosigkeit einen Einstieg in das schaftliche Engagement darf durch Der Deutsche Kulturrat fordert, dass ner Wachstumsraten in den letzten bei der Integration von Kindern mit Erwerbsleben zu finden. Der Wiederein- „Ein-Euro-Jobs“ nicht ersetzt, abgewer- bei der gesetzlich vorgesehenen Eva- Jahren vielfach zu den prekären Ar- Migrationshintergrund. Darüber hinaus stieg in das Berufsleben soll unterstützt tet und damit gefährdet werden. luation des Gesetzes die Auswirkun- beitsmärkten. besteht der Zwang für die betreffenden werden. Insofern sind diese „Ein-Euro- gen auf den gesamten Kulturbereich Institutionen, das Angebot weiterzuent- Jobs“ vor allem als Qualifizierungsmaß- Die vielleicht wichtigste bildungspoliti- besonders in den Blick genommen In der Studie „Kulturberufe in wickeln, um weiterhin Nutzerinnen und nahmen zu sehen. Dieses gilt auch für sche Reform ist die zur Zeit diskutierte werden. Die Bundesregierung hat in Deutschland – Statistisches Kurzpor- Nutzer zu gewinnen und auf dem Markt Personen mit akademischer Ausbil- und bereits begonnene Einführung von ihrer Koalitionsvereinbarung die so trait zu den erwerbstätigen Künstlern, der Projektförderungen konkurrenzfähig dung. Ganztagsschulen. Eine solche Schule genannte Kulturverträglichkeitsprü- Publizisten, Designern, Architekten zu bleiben. Auch leiden Kultureinrich- kann nur dann gelingen, wenn sie Ko- fung vereinbart. D.h. Gesetze aus al- und verwandten Berufen im Kulturbe- tungen unter gesetzlicher Bürokratie, „Ein-Euro-Jobs“ dürfen in Kultureinrich- operationen mit Künstlerinnen und len Politikfeldern sollen mit Blick auf rufemarkt in Deutschland 1995 – insbesondere dann, wenn sie öffentli- tungen und Kulturvereinen nur zusätz- Künstlern, mit Kultur- und kulturpäda- ihre Auswirkungen auf den Kulturbe- 2003“ wird dargestellt, dass in den che Zuschüsse erhalten. Die erforder- lich bereit gestellt werden. Sie sollen gogischen Einrichtungen eingeht. Es reich überprüft werden. Der Deutsche Jahren 1995 bis 2001 die Zahl der lichen Ressourcen zum Aufbau und zur nicht dazu dienen, fehlende Mittel im geht nicht um die Aufbewahrung von Kulturrat sieht die Kulturstaatsmini- sozialversicherungspflichtigen Be- Weiterqualifizierung der Mitarbeiter- Kultur- oder Bildungshaushalt auszu- Kindern und Jugendlichen und um 5rei- sterin in der Verantwortung die Kul- schäftigung auf 351.300 Arbeitsplät- innen und Mitarbeiter werden aber von gleichen und so Lücken in der Kulturfi- zeitangebote, sondern um Bildung. Ein turverträglichkeitsprüfung bei der Eva- ze angestiegen war. Im abgelaufenen den Trägern oftmals nicht zur Verfügung nanzierung zu schließen, die womöglich qualifiziertes Bildungsangebot außer- luation der Arbeitsmarktreformen an- Jahr 2004 wird die Zahl der sozial- gestellt. Den meisten Institutionen des durch Kürzungen der öffentlichen Kul- halb des Unterrichts braucht qualifizier- zuwenden. Der Deutsche Kulturrat, versicherungspflichtigen Arbeitsplätze kulturellen Lebens ist es bislang gelun- turhaushalte erst aufgerissen werden te 5achkräfte, braucht eigene Stan- als Spitzenverband der Bundeskultur- im Kulturbereich statistisch bei vor- gen, dank eines 5inanzierungsmixes oder worden sind. Der Kernbereich der dards. Es muss daher vermieden wer- verbände, wird sich daran beteiligen.

CONBRIO Capriccio für Siegfried Palm Henriette Zehme: ConBrio Verlagsgesellschaft Ein Gesprächsporträt Zeitgenössische Musik und ihr Publikum Brunnstraße 23 93053 Regensburg von Michael Schmidt Eine soziologische Untersuchung im Tel. 0941/945 93-0 Unter Mitwirkung von Theo Geißler, Rahmen der Dresdner Tage der Fax 0941/945 93-50 NEUHEITEN Juan Martin Koch, Brigitte Palm und zeitgenössischen Musik www.conbrio.de [email protected] FRÜHJAHR Ludwig Harig ZeitMusikSchriften Band 1(Hellerauer Beiträge zur zeitgenössischen Musik) 2005 Paperback, 200 Seiten € 14,80 Paperback, 228 Seiten CB 1171, ISBN 3-932581-71-7 € 14,80, CB 1151, ISBN 3-932581-51-2 JAHRESBERICHT 2004 politik und kultur • MaiMai – Juni – Juni 2005 2005 • Seite• Seite 11 11

Jahresbericht des Deutschen Kulturrates e.V. für das Jahr 2004

Zwei Themen ragten aus der Ar- rung des Kulturbereiches Vorschub tensiven Debatte, damit daraus eine Begleitet wurde vom Deutschen Kul- beitsgruppen und dem Sprecherrat beit des Deutschen Kulturrates im geleistet würde. Demgegenüber wird Position erwächst, die von einem turrates das Bewerbungsverfahren zur des Deutschen Kulturrates. In den Jahr 2004 heraus: Die Erarbeitung von anderen entgegengehalten, dass breiten Konsens getragen wird. Posi- Kulturhauptstadt Europas 2010. Zu- Fachausschüssen und adhoc-Ar- der Stellungnahme „Kultur als Da- es darum gehen muss, sich offensiv tionen des Deutschen Kulturrates nächst siebzehn, dann nach den ers- beitsgruppen werden die Stellung- seinsvorsorge“ und die Erstellung gegen die Ökonomisierung zu wen- sind eben keine Einzelmeinungen ten Entscheidungen auf Landesebene nahmen und Positionspapiere vor- der Studie „Kulturelle Bildung in den. Dazu kann eine Definition von von Experten, sondern bilden den zehn deutsche Städte haben sich um bereitet, hier werden teilweise kon- der Bildungsreformdiskussion - Kultur als Daseinsvorsorge hilfreich Konsens von mehr als 200 Bundeskul- den Titel Kulturhauptstadt Europas troverse Debatten geführt und Konzeption Kulturelle Bildung“. sein, um Sonderregelungen für den turverbänden aller künstlerischen 2010 beworben. Im Auftrag der Bewer- schließlich die verschiedenen Posi- Kulturbereich zu erhalten. Der letzt- Sparten und der verschiedenen Be- berstädte hat der Deutsche Kulturrat tionen zusammengeführt. Im Spre- ie Stellungnahme „Kultur als genannte Weg wird auch im Rahmen reiche des kulturellen Lebens ab. deren Treffen organisiert. Eine der For- cherrat findet die abschließende D Daseinsvorsorge“ (siehe hier- der UNESCO bei der Erarbeitung der In der Stellungnahme „Kultur als derungen der Bewerberstädte war, Diskussion und Verabschiedung von zu politik und kultur 5/2004) wur- Konvention zum Schutz der kulturel- Daseinsvorsorge“ wird auch auf die dass die Auswahl der Städte, die der Stellungnahmen statt. Unser herzli- de unter Beteiligung aller Sektio- len Vielfalt beschritten. Bedeutung der kulturellen Bildung als europäischen Ebene vorgeschlagen cher Dank gilt allen Mitgliedern der nen des Deutschen Kulturrates in Nach sehr intensiven Diskussio- Möglichkeit zur Teilhabe an Kunst werden, durch eine fachliche Jury und Fachausschüsse, der adhoc-AGs und einer eigens eingerichteten adhoc- nen zunächst in der adhoc-AG Sozia- und Kultur eingegangen. Breiter wur- nicht durch die Verwaltung erfolgt. des Sprecherrates für die konstruk- Arbeitsgruppe erarbeitet. Aus- le Sicherung, dann in den Sektionen de das Thema Kulturelle Bildung im Der Bundesrat als zuständiges Organ tiven Beiträge und Diskussionen. gangspunkt war der Diskussions- und schließlich in zwei Sitzungen des September 2004 bei der Abschluss- für die Auswahl der vorzuschlagenden Herzlich danken möchte wir prozess zum „Grünbuch über Sprecherrates setzte sich im Deut- konferenz zum Projekt „Kulturelle Bil- Städte und die Kultusministerkonfe- ebenfalls den Autorinnen und Auto- Dienstleistungen von allgemeinem schen Kulturrat die Meinung durch, dung in der Bildungsreformdiskussi- renz als zuständige Fachministerkon- ren von politik und kultur. Die Zei- Interesse“ der Europäischen Kom- dass es mit Blick auf die GATS-Ver- on - Konzeption Kulturelle Bildung“ ferenz haben diesen Vorschlag positiv tung politik und kultur hat sich in mission. In Rahmen dieses Prozess handlungen und die geplante EU- diskutiert. Etwa 150 Teilnehmerinnen aufgegriffen und eine entsprechende den drei Jahren ihres Bestehens zu wurde eine Klassifikation von Dienstleistungsrichtlinie erforderlich und Teilnehmer aus den verschiede- Jury eingesetzt. Die Kulturstiftung der einem wichtigen kulturpolitischen Dienstleistungen in: Dienstleistun- ist, eindeutig Position zu „Kultur als nen Bereichen des kulturellen Lebens Länder wurde damit betraut, das Aus- Diskussionsforum entwickelt. In gen im wirtschaftlichen Interesse, in Daseinsvorsorge“ zu beziehen. In der und den unterschiedlichen künstle- wahlverfahren zu organisieren. Zu- diesen Dank möchten wir den Con- Dienstleistungen im allgemeinen Stellungnahme wird Daseinsvorsorge rischen Sparten nahmen an der zwei- sammen mit der Kulturstiftung des Brio-Verlag einschließen, dessen Interesse und in Dienstleistungen wie folgt beschrieben: „Daseinsvor- tägigen Tagung teil. Eröffnet wurde Bundes gibt der Deutsche Kulturrat Engagement weit über eine sonst im allgemeinen wirtschaftlichen In- sorge im Bereich der Kultur meint ein die Konferenz nach einem Eingangs- die deutsch-englische Beilage „Euro- übliche Dienstleistung hinausgeht. teresse vorgenommen. Je nachdem flächendeckendes Kulturangebot in statement des Vorsitzenden des pa Kultur Stadt“ zur Zeitung politik Dank gebührt ebenfalls unseren wie ein Sektor klassifiziert wird, sind den verschiedenen künstlerischen Deutschen Kulturrates Prof. Dr. Fuchs und kultur heraus. Zuwendungsgebern. Im Jahr 2004 staatliche Zuwendungen oder Bei- Sparten, das zu erschwinglichen Prei- von Bundesministerin Edelgard Bul- Wie in den Vorjahren hat der waren dies die Beauftragte der Bun- hilfen erlaubt oder nicht. Der Kul- sen, mit niedrigen Zugangsschwellen mahn und der Präsidentin der Kultus- Deutsche Kulturrat die Bundesge- desregierung für Kultur und Medien, turbereich wird ohne wenn und breiten Teilen der Bevölkerung konti- ministerkonferenz Doris Ahnen. Da- setzgebung begleitet und in Stellung- das Bundesministerium für Bildung aber von der EU-Kommission als nuierlich und verlässlich zur Verfü- ran schlossen Vorträge zu Fragen der nahmen und Positionspapieren die und Forschung, das Auswärtige Amt Dienstleistung klassifiziert. Die EU gung steht.“ kulturellen Bildung in der Kinder- und verschiedenen Positionen aus dem und die Kulturstiftung des Bundes. legt damit an den Kultursektor den Die Breite des kulturellen Lebens Jugendarbeit, in der Erwachsenenbil- Kulturbereich gebündelt. In der Aus- Mit allen wurde über das unmittel- gleichen Maßstab wie die Welthan- in Deutschland wird aufgezeigt und dung und in der Schule an. Am zwei- gabe 2/2005 von politik und kultur bare Vorhaben hinaus ein intensiver delsorganisation (WTO) an. verdeutlicht, dass für ein lebendiges ten Tag wurde aus den verschiedenen findet sich im Vorstandsbericht eine kollegialer Austausch gepflegt. Innerhalb des Deutschen Kul- kulturelles Leben beides erforderlich künstlerischen Sparten berichtet. Auflistung der Stellungnahmen aus Unser Dank gilt ebenfalls den turrates fand in der ersten Hälfte des ist: die Bewahrung und Pflege des Breiten Raum nahm die Debatte um dem Jahr 2004. Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Jahres 2004 eine rege Auseinander- Bestehenden sowie die Förderung die Entwicklung der Ganztagsschule Als Novum wurde der puk-Preis des Deutschen Kulturrates, den Stu- setzung darüber statt, ob sich der neuer künstlerischer Ausdrucksfor- und hier ganz besonders die Einbezie- der Zeitung des Deutschen Kulturra- dentischen Aushilfen und den Prak- Kulturbereich der Sichtweise der men. Konkrete Forderungen zur bes- hung der kulturellen Bildung in die tes politik und kultur vergeben. Die tikantinnen und Praktikanten. Mit EU-Kommission, Kultur als Dienst- seren Absicherung von Kunst und Ganztagsschule ein. Einige Sektionen Berliner Journalistin Birgit Walter ihrem Engagements haben sie dazu leistung zu klassifizieren, beugen Kultur sowie kultureller Bildung run- des Deutschen Kulturrates wie der (Berliner Zeitung) wurde mit dem beigetragen, dass trotz enger perso- müsse oder ob es nicht sinnvoller den die Stellungnahme ab. Deutsche Musikrat, der Rat für darstel- puk-Preis für allgemeinverständliche neller Ressourcen ein beträchtli- sei, auf den Kunstfreiheitsartikel des Der innerverbandliche Diskussi- lende Künste, die Deutsche Literatur- Beiträge im Feuilleton ausgezeichnet. ches Arbeitspensum bewältigt wer- Grundgesetzes abzuheben und onsprozess war aus Sicht von Vor- konferenz und der Rat für Baukultur Die Verleihung fand in Kooperation den konnte. daraus abgeleitet, jegliche Diskussi- stand und Geschäftsführung sehr haben Stellungnahmen zur kulturel- mit DeutschlandRadio im Rahmen on über Kultur als Dienstleistung wichtig. Es waren teilweise schwieri- len Bildung in ihrem jeweiligen Feld eines Konzertes „Debut im Deutsch- Prof. Dr. Max Fuchs, Vorsitzender oder auch Kultur als Daseinsvorsor- ge Diskussionen, doch haben diese vorgelegt. Diese Stellungnahmen flie- landRadio“ im Kammermusiksaal der Heinrich Bleicher-Nagelsmann, ge abzulehnen sei. Die Befürworter schließlich zu einer Klärung geführt. ßen ebenso wie die Positionspapiere Philharmonie Berlin statt. Stellvertretender Vorsitzender der letztgenannten Position vertre- Klärungsprozesse innerhalb großer des Deutschen Kulturrates in die drit- Die Arbeit des Deutschen Kultur- Christian Höppner, ten die Meinung, dass, in dem sich Organisationen, in denen unter- te Konzeption Kulturelle Bildung ein, rates wäre nicht möglich ohne das Stellvertretender Vorsitzender auf die Sprache der Ökonomie ein- schiedliche Interessen zusammen- die im Frühsommer 2005 erscheinen ehrenamtliche Engagements in den Olaf Zimmermann, gelassen würde, der Ökonomisie- treffen, bedürfen der Zeit und der in- wird. Fachausschüssen, den adhoc-Ar- Geschäftsführer Bericht aus den Sektionen des Deutschen Kulturrates Im $olgenden berichten die Ge- Präsident Krüger nahm als Mitglied das Musikland Deutschland“ im ARD- Zum ersten Mal fand am 1. April 2004 Rat für darstellende Künste schäftsführer beziehungsweise des Vorstandes (Executive Board) Hauptstadtstudio, das durch den WDR in Kooperation mit der Messe Frank- Sprecher der Sektionen des Deut- des Internationalen Musikrats (In- aufgezeichnet wurde und an dem – furt ein Musikalischer Bildungstag Der Rat für darstellende Künste tag- schen Kulturrates über die Arbeit der ternational Music Council; IMC). an moderiert durch Dr. Albrecht Dümling auf der Musikmesse statt, der durch te am 11. März in Köln, am 18. Mai Sektion im Jahr 2004, die teilweise dessen Tagung in Naga/ Philippinen - , Martin Maria Krü- eine fulminante Grundsatzrede Jo- in Bonn, am 10. September und am in das Jahr 2005 hineinreicht. teil, in deren Mittelpunkt die strate- ger, Fritz Pleitgen, Dr. Thomas hannes Raus zur Notwendigkeit mu- 4. November 2004 in Köln. gische Ausrichtung und organisato- Schmidt-Ott und Dr. Claus Strulick sikalischer Bildung eröffnet wurde. Themen des Rates für darstellen- Deutscher Musikrat rische Reform des IMC, sowie das teilnahmen, meldete sich der Deut- Das Aktionsthema des Deut- de Künste waren eine Stellungnah- Aktionsprogramm „Many Musics“ sche Musikrat zum Themenkomplex schen Musikrates „Musikalische me zur sozialen Sicherung freiberuf- Der Deutsche Musikrat hat seine zur Wahrung der Vielfalt musikali- Kulturauftrag des öffentlich-rechtli- Bildung ist auch Sozialarbeit“ hat licher Künstlerinnen und Künstler Satzungs- und Strukturreformen scher Kulturen standen. Dieses reiht chen Rundfunks zu Wort. Weiterhin die Escola da musica aus Vina del bzw. zum Künstlersozialversiche- abgeschlossen und sich verstärkt sich ein in die Ziele der bevorstehen- engagierte sich der Deutsche Musik- Mar in Chile in einem Elendsvier- rungsgesetz, eine Stellungnahme mit musikpolitischen Themen be- den UNESCO-Konvention Wahrung rat in vielfältiger Weise für den Erhalt tel mit einem beispielhaften Kon- zum EU-Richtlinienvorschlag fasst. Im Bereich der auswärtigen der kulturelle Vielfalt. des Münchner Rundfunkorchesters zept umgesetzt. Im Sinne einer „Dienstleistungen im Binnenmarkt“ Musikpolitik stehen der zunehmen- Im Rahmen des „Warschauer und der Berliner Symphoniker. Entwicklungshilfe für Deutschland sowie insbesondere ein Beschluss de Kompetenzzuwachs auf europä- Herbstes“ hat Generalsekretär Höpp- Die Entflechtungsdebatte wurde auf diesem Gebiet haben acht Ju- des Deutschen Kulturrats zum The- ischer Ebene und die Bedeutung in- ner im September 2004 die 1. Tagung u.a. durch eine gemeinsame Presse- gendliche dieser Musikschule im ma „Kultur als Daseinsvorsorge“. ternationaler Abkommen bzw. Pla- mit hochrangigen Vertretern der pol- konferenz von Deutschem Kulturrat September 2004 diese Idee ge- Bezogen auf die soziale Lage nungen (GATS) im Vordergrund. Auf nischen Woiwodschaften (ähnlich und Deutschen Musikrat sowie der meinsam mit den Coolen Streichern der Künstlerinnen und Künstler dieser Ebene sind die zentralen The- deutschen Bundesländern), Mar- „Sondershäuser Erklärung“ der Lan- aus Hamburg bei mehreren Veran- bzw. zum Künstlersozialversiche- men die UNESCO-Konvention zur schallämter (vergleichbar Landes- desmusikräte und des Präsidiums staltungen (Hannover Bundes- rungsgesetz äußerte sich der Rat für Kulturellen Vielfalt, GATS und die ministerien) und des polnischen begleitet. schulmusikwoche, Hamburg, Ber- darstellende Künste dahingehend, geplante EU-Dienstleistungsrichtli- Komponistenverbandes sowie der Vizepräsident Prof. Udo Dah- liner Philharmonie gemeinsam mit dass Veränderungen des Künstlerso- nie. Wesentliche Aufgabe war es und Landesmusikräte aus Deutschland men hat den Deutschen Musikrat den Berliner Symphonikern) prä- zialversicherungsgesetzes zuguns- wird es weiterhin bleiben, gemein- für den Deutschen Musikrat eröff- bei einer Anhörung des Bundes- sentiert. Dieses Projekt (Ltg.: Prof. ten der Versicherten nur möglich sam mit den anderen Sektionen im net. Im Laufe dieser Tagung wurden tagsausschusses Kultur und Medien Dr. Hans Bäßler, Christian Höpp- seien, wenn die entsprechende Fi- Deutschen Kulturrat die Auswirkun- viele konkrete Projekte auf Länder- und der Enquete-Kommission Kul- ner) wurde gemeinsam mit der nanzierung durch eine Erhöhung gen dieser Entwicklungen auf die ebene unter maßgeblicher Mitwir- tur in Deutschland im Bundestag Kindernothilfe durchgeführt. des Beitrags des Bundes zur Künst- Bundes-, Landes- und Kommunal- kung des Vorsitzenden der Konferenz vertreten. Die mehrfach über die Präsident Krüger wurde einstim- lersozialkasse sichergestellt werde. ebene deutlich zu machen und in der Landesmusikräte, Prof. Ernst Medien verbreitete Position des mig zum Vorsitzenden des Aufsichts- Über das Thema „Kultur als Da- abgestimmter Weise den Einfluss im Folz, verabredet. Deutschen Musikrates zu einer frei- rates der gGmbH Deutscher Musik- seinsvorsorge“ beriet der Rat für Sinne einer Verbesserung der kultu- Mit einer Podiumsdiskussion willigen Selbstverpflichtung der rat gewählt. rellen Rahmenbedingungen auf die zum Thema „Auslaufmodell Rund- Sendeanstalten hat er erneut be- Christian Höppner, Generalsekretär Weiter auf Seite 12 Politik zu verstärken. funkklangkörper? – Perspektiven für kräftigt. des Deutschen Musikrates JAHRESBERICHT 2004 politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 12

Theater“. Dabei erhoffte sich der Rat Schreib- und Leseförderung, der Ver- dende Kunst ist - sowohl die „freie“ überstrapaziert werden. Naturge- Fortsetzung von Seite 11 für darstellende Künste von beiden mittlung von Reflexionswissen oder als auch die so genannte „angewand- mäß gibt es auch in Sachen Künst- Initiativen eine breite Unterstützung der Begegnung mit Literatur beglei- te“ bildende Kunst. Vertreten sind lersozialversicherung - vermutlich darstellende Künste ebenfalls aus- zum Erhalt unserer Theater und Or- ten und ergänzen zwar den eigentli- hier nicht nur die diversen Verbän- wie in den anderen Sektionen auch führlich. Einbezogen in diese Dis- chester. chen (Aus-)Bildungsweg, sie liefern de der Urheber und Künstler (inclu- - innerhalb des Kunstrats keine kussion war auch die Stellungnah- Rolf Bolwin, Sprecher des Rates auch Anregungen für eine Verbesse- sive Restauratoren), sondern auch vollkommene Übereinstimmung me des Deutschen Kulturrates zum für darstellende Künste rung beispielsweise des Schulunter- der kommerziellen Vermarkter zu der Frage, an welchen Stellen EU-Richtlinienvorschlag „Dienst- richts. Aber sie können nicht der (Kunsthandel, Galerien, Editionen) hier Reformen angesetzt bzw. ge- leistungen im Binnenmarkt“. Es Deutsche Verpflichtung entheben, daß die sowie der institutionellen Vermittler meinschaftlich gefordert werden wurde die Gefahr gesehen, dass die Literaturkonferenz Vermittlung von Sprachkompetenz (Museen und Kunstvereine) und, sollen. öffentliche Finanzierung solcher eine Aufgabe vorrangig des Eltern- nicht zu vergessen: die Kunstkritiker. Trotz der unterschiedlichen kulturellen Dienstleistungen im Das Jahr 2004 zeichnete sich durch hauses, der Kindergärten und der Im Jahr 2004 gab es im Kunstrat Meinungsbilder ist der Kunstrat ein Rahmen des EU-Rechtes nur noch eine Reihe von Initiativen und Veran- schulischen Bildung ist. Nur auf keine im eigentlichen Sinne gemein- optimales Forum, um andere Blick- als zulässig angesehen wird, soweit staltungen der Deutschen Literatur- dem Gelingen dieses Bildungspro- samen Aktivitäten, über die an die- winkel kennen- und verstehen zu sie der Grundversorgung im kultu- konferenz und ihrer Mitglieder aus. zesses kann ein vielfältiges kulturel- ser Stelle zu berichten wäre. Dies lernen. Auch sind einzelne Vertre- rellen Bereich dient. In diesem Zu- Auf dem mittlerweile traditionell im les Leben aufbauen. mag auch einer gewissen Über- ter von Mitgliedsverbänden des sammenhang hat der Rat für dar- Frühjahr auf der Leipziger Buchmes- 4. Damit die Ausbildungseinrich- gangszeit zwischen dem Ausschei- Kunstrats in den Arbeitsgruppen stellende Künste auch die Verhand- se von der Deutschen Literaturkon- tungen ihre Aufgabe erfüllen kön- den des vormaligen und der Wahl des Deutschen Kulturrates sehr ak- lungen der Welthandelsorganisati- ferenz durchgeführten Symposion nen, sind sie nicht nur auf eine an- eines neuen Sprechers geschuldet tiv, etwa im Steuerausschuss, in der onen über ein Abkommen zur Li- stand in diesem Jahr die Literaturkri- gemessene Ausstattung angewie- sein. Auch stellt der Kunstrat keinen Arbeitsgruppe Soziale Sicherung beralisierung des Dienstleistungs- tik im Mittelpunkt. Die öffentlich- sen, sie müssen auch in die Lage festen institutionellen Rahmen - wie sowie in der neuen AG zum Arbeits- bereichs (GATS) diskutiert. Dabei rechtlichen Rundfunk- und Fernseh- versetzt werden, Qualitätsansprü- etwa der Deutsche Musikrat - son- markt im Kulturbetrieb (Ein-Euro- wurde zur Vorsicht geraten, wenn anstalten kürzen die Sendezeiten für che zu entwickeln und ihre Einhal- dern eher eine informelle Plattform Jobs). All diese - und andere - The- es um die Frage geht, inwieweit literarische Programme, die diesen tung zu sichern. An den deutschen dar. men werden auf der Versammlung künstlerische Arbeit überhaupt als Namen verdienen. Gleichzeitig wird Schulen und Hochschulen müssen Zwar gibt es eine Vielzahl an The- des Kunstrats im Mai behandelt wirtschaftliche Dienstleistung an- der Raum für Literaturkritik in den daher umgehend wieder klar defi- men, die für die Verbände von gro- werden. gesehen werden kann. Dies ist aus etablierten Feuilletons immer klei- nierte Leistungsmaßstäbe bei der ßem Interesse sind und über die im Birgit Maria Sturm, Sprecherin Sicht des Rates insbesondere des- ner. Hat sich die Literaturkritik als Vermittlung von Sprachkompetenz Rahmen der etwa halbjährlich statt- des Kunstrates halb erforderlich, weil - so das Er- Institution überlebt? Oder wechselt eingeführt werden. findenden Sitzungen des Kunstrates gebnis der Beratungen - keines- sie nur ihren Ort, wird in Literatur- 5. Die Qualität und die Qualitätssi- stets ein anregender Austausch statt- Rat für Baukultur wegs abzusehen ist, inwieweit es zeitschriften und im Internet fortbe- cherung von Angeboten außerschu- findet. Jedoch gibt es zu diesen Pro- in internationalen Verhandlungen stehen? Wie lange wird es professio- lischer Bildungseinrichtungen müs- blemfeldern aktuell keine gemeinsa- Der Rat für Baukultur konzentrier- gelingt, Sonderregelungen für die nelle Literaturkritik noch geben? sen ebenfalls gewährleistet sein. me, alle Interessen harmonisierende te sich im Jahr 2004 auf zwei Kultur durchzusetzen. Und was bedeutet es für das Kultur- Dazu gilt es, verbindliche, eindeu- Stellungnahme. So wurden Mitte Schwerpunkte. Zum einen beteilig- Der Rat für darstellende Küns- leben, sollte dieses Metier nicht tige und überprüfbare Qualitätskri- letzten Jahres der Deutsche Muse- te er sich an übergreifenden Initia- te hat dementsprechend die Initi- mehr von Spezialisten ausgeübt wer- terien zu formulieren. Dies betrifft umsbund und der Arbeitskreis Deut- tiven im Kontext des Deutschen ative der UNESCO begrüßt, durch den? Diese und weitere Fragen dis- die Schulung von sogenannten Vor- scher Kunsthandelsverbände von Kulturrates. Zum anderen baute er eine Konvention über „Kulturelle kutierten die Kritiker und Autoren lesepaten für das ehrenamtliche En- der Beauftragten für Kultur und Me- seine Öffentlichkeitsarbeit aus. Vielfalt“ der Tendenz, Kultur stär- Thierry Chervel, Frauke Meyer-Go- gagement in Kindergärten ebenso dien um eine Stellungnahme zu ei- Anknüpfend an Aktivitäten im ker in einen wirtschaftlichen sau, Ina Hartwig, Tilman Krause, wie die Vermittlung von Techniken nem Ausführungsgesetz der Jahr 2003 setzte der Rat für Baukul- Dienstleistungsbegriff einzubezie- Gunther Nickel, Wilfried F. Schoeller literarischen Erzählens in einer UNESCO-Konvention zum Kultur- tur erneut einen Akzent auf das hen, entgegenzutreten. Dabei ver- und Burkhard Spinnen. Die Veran- Schreibwerkstatt. gutschutz gebeten. Selbstverständ- Thema „Baukultur macht Schule“. tritt der Rat für darstellende Küns- staltung wurde aufgezeichnet und 6. Die Arbeit der bestehenden Bil- lich fordern die Kunsthändler Er erarbeitete eine Stellungnahme te in der Diskussion die Auffassung, im Wallstein Verlag unter dem Titel dungs- und Weiterbildungseinrich- ebenso wie die Museen einen inter- zur baukulturellen Bildung und war die Besonderheiten des künstleri- „Kaufen! statt Lesen! – Literaturkri- tungen – von den Schulen und national geltenden, verbindlichen bei der Konferenz des Deutschen schen Schaffens müssten im Vor- tik in der Krise?“ veröffentlicht. Hochschulen über die Bibliotheken Schutz kultureller Güter - aber hin- Kulturrates zur Bildungsreformdis- dergrund der Betrachtungen ste- Breiten Raum in der Tätigkeit bis hin zu den Literaturhäusern – sichtlich der Frage, wie die geeigne- kussion im September 2004 mit ei- hen. Der Rat für darstellende Küns- der Deutschen Literaturkonferenz muß unverzüglich und nachhaltig ten Maßnahmen hierfür beschaffen nem Vortrag vertreten. te hat deswegen zahlreiche Ände- nahm die Erarbeitung eines Positi- gestärkt werden, statt sie immer sein müssen, gibt es doch sehr un- Die Disziplinen der Baukultur, rungsvorschläge insbesondere zur onspapiers zur Rolle der Kulturellen mehr, bis hin zur billigenden Ge- terschiedliche, an manchen Stellen ob Hochbauarchitektur, Innenar- Stellungnahme des Kulturrates Bildung in der Gesellschaft ein. Das fährdung ihrer Existenz, finanziell gar inkompatible Auffassungen. chitektur, Landschaftsarchitektur, „Kultur als Daseinsvorsorge“ einge- Ergebnis der Diskussion der Mit- einzuschränken (siehe www.biblio Über die schiere Vielfalt der Ak- Stadtplanung, Ingenieurbaukunst bracht. Die Änderungsvorschläge glieder ist in den „Sieben Göttinger thekssterben.de). tivitäten der dem Kunstrat angehö- oder Denkmalschutz, sind erst mit wurden vom Kulturrat weitgehend Thesen der Deutschen Literatur- 7. Die Kompetenzstreitigkeiten zwi- renden einzelnen Mitgliedsverbände der Erweiterung des Kulturbegriffs berücksichtigt. Auch im Zusam- konferenz zu Literatur und Kulturel- schen dem Bund und den Ländern in kann hier nicht im einzelnen referiert ins Zentrum des kulturellen Be- menhang mit der Stellungnahme ler Bildung in der Bildungsreform- der Frage der Kulturhoheit dürfen werden. Diese reichen von Messever- wusstseins zurückgekehrt. Dem- des Kulturrates zum EU-Richtlini- diskussion“ niedergelegt: nicht weiter auf dem Rücken der Be- anstaltungen und Ausstellungen, entsprechend spielte Baukultur envorschlag „Dienstleistung im 1. Sprachkompetenz, Lese- und troffenen – seien es Lernende und Rechtsberatung, Fortbildungsmaß- auch in der Diskussion um die kul- Binnenmarkt“ mahnte der Rat für Schreibfähigkeit sind Schlüssel- Lehrende oder Bibliotheken, Archive nahmen und Serviceleistungen für turelle Bildung lange Zeit eine un- darstellende Künste zur Zurückhal- qualifikationen. Sie ermöglichen das und Museen – ausgetragen werden. Mitglieder über öffentliche Symposi- tergeordnete Rolle. Um das zu än- tung. Dieses Thema war auch Ge- Verständnis der Welt und das Mit- Die Untersetzung der Thesen ist en und Workshops sowie die Vergabe dern, haben die Architektenkam- genstand eines in der Sitzung des einander der Menschen. Selbst die auf der 2004 neu eingerichteten Ho- von Kunstpreisen bis hin zur Heraus- mern und die Ingenieurkammern Rates am 18. Mai 2004 stattfinden- scheinbar ganz auf technischer Lo- mepage der Deutschen Literatur- gabe von Mitgliederverzeichnissen, der Länder und die Deutsche Stif- den Gespräches mit dem Vorsitzen- gik und Mathematik aufbauenden konferenz (www.literaturkonferenz. Katalogen und Publikationen aller tung Denkmalschutz zahlreiche den und dem Geschäftsführer des Naturwissenschaften sind ohne Spra- de) nachzulesen. Art. Hinzu kommen kulturpolitische Projekte für mehr Baukultur in den Deutschen Kulturrates. che nicht möglich. Die Begegnung Mit der im Gedenken an den Aktivitäten, zu denen die Mitglieds- Schulen gestartet, die Pilotcharak- Die aktuelle Situation der The- mit Literatur als Kunst eröffnet den Gründer der ersten deutschen Bür- verbände der Sektion Kunst im Rah- ter haben und zur Nachahmung ater und Orchester war Gegenstand Reichtum sprachlicher Ausdrucks- gerbibliothek von der Deutschen Li- men der Urheberrechtsnovelle und anregen sollen. Für ein flächende- eines ausgiebigen Meinungsaus- möglichkeiten und vermittelt ein teraturkonferenz gestifteten Karl- der Diskussion um die Künstlersozi- ckendes Angebot in ganz Deutsch- tausches des Rates für darstellende differenziertes Bild menschlichen Preusker-Medaille wurde 2004 das alversicherung in jüngster Zeit mehr land sind aber bessere Rahmenbe- Künste. Dabei galt die Aufmerksam- Verhaltens und humaner wie ästhe- bürgerschaftliche Engagement der denn je herausgefordert sind und die dingungen und staatliches Engage- keit vor allem den zahlreichen Kri- tischer Anschauungsweisen, das Gründerinnen des Kölner Aktions- sie elementar bewegen. ment unabdingbar. Der Rat für senherden sowie dem Abschluss kritische Kompetenz und soziale bündnisses „Leselust statt Pisa- Doch auch hier gibt es Unverein- Baukultur fordert deshalb: vieler Haustarifverträge, mit denen Fähigkeiten erweitert. frust“ Angelika Casper, Christel barkeiten. Die von den Künstlerver- · die gleichberechtigte Berücksich- die Mitarbeiter von Theatern und 2. Das Erlernen der Sprache und der Mannhardt und Ina Philippsen- bänden nach wie vor geforderte Aus- tigung von Baukultur in Kinder- Orchestern auf Teile ihrer Vergütung mit ihrer Beherrschung verbunde- Schmidt geehrt. Die drei Mütter stellungsvergütung - die im Gesetz- garten, Schule und Erwachsenen- verzichten. Besondere Aufmerk- nen Kulturtechniken ist – schulpflichtiger Kinder hatten die- entwurf versagt wurde - ist für Mu- bildung, bis es soweit ist, eine be- samkeit galt dabei der Sparte Tanz, zumindest in den sogenannten In- ses Aktionsbündnis ins Leben geru- seen und Kunstvereine aus vielerlei sondere Förderung von Baukultur die in erheblicher Weise von den dustrieländern – immer mehr die fen, um gemeinsam mit anderen Gründen inakzeptabel. Im Gesetz- · eine nationale Anlaufstelle nach Haushaltskürzungen betroffen ist. Aufgabe meist staatlich verwalteter Eltern, Schülern, Bibliothekaren, entwurf zur Umsetzung der EU- dem Vorbild des „Pavillon of Edu- Gerade mit Rücksicht auf den Tanz- Bildungsinstitute – von den Kinder- Lehrern und Autoren für den Erhalt Richtlinie zum Folgerecht - welches cation“ in Rotterdam, die mit An- plan der Bundeskulturstiftung und gärten und Schulen bis hin zu den der Schulbibliotheken an 21 Kölner die Teilhabe bildender Künstler am geboten baukultureller Bildung die nach wie vor erhebliche Förde- Hochschulen. Umso schwieriger die Schulen, die die Politik bereits auf Wiederverkauf ihrer Werke regelt - Impulse setzt und Schaltstelle des rung des Tanzes durch Kommunen Rahmenbedingungen des Heran- die Streichliste gesetzt hatte, zu wurden die Wünsche bildender Wissenstransfers für Erzieher, und Länder (97 Mio Euro) hat sich wachsens werden, desto deutlicher streiten – mit Erfolg! Künstler weitgehend erfüllt. Die Ga- Lehrer, Architekten, Ingenieure der Rat vorgenommen, das Thema werden diese Einrichtungen in ihren Im Berichtszeitraum fanden zwei lerien hingegen sehen sich der Ze- und Denkmalpfleger ist, und „Tanz“ in Zukunft besonders zu be- begrenzten Möglichkeiten gefordert Mitgliederversammlungen statt, am mentierung einer Wettbewerbsver- · schöne Schulgebäude. handeln. Begrüßt wurde die zumin- und auch überfordert. Eine ernsthaf- 26. März 2004 in Leipzig und am 8. zerrung ausgesetzt, die sie - mittel- Die im Herbst 2000 von der dest teilweise Fortsetzung des Stu- te Bildungsreform hätte aus diesem Oktober in Frankfurt/Main. Die und langfristig zu Ungunsten der Bundesregierung gestartete Initia- diengangs „Darstellendes Spiel“ an Grund zunächst einmal die Voraus- Deutsche Literaturkonferenz e.V. Künstler - hinter kunsthandels- tive Architektur und Baukultur hat der Universität Hildesheim, für die setzungen dafür zu schaffen, dass vereint 22 Mitgliedsverbände und - freundliche Länder wie England zu- an der Renaissance der Baukultur sich der Rat eingesetzt hatte. Au- der Bildungsauftrag überhaupt ver- institutionen. Sprecher des Vereins rückwirft. einen wesentlichen Anteil. Der Rat ßerdem wurde die Bedeutung der antwortlich wahrgenommen werden ist der Übersetzer Dr. Burkhart Kro- Auch hinsichtlich der Künstler- für Baukultur unterstützt deshalb darstellenden Kunst in der aktuel- kann. Dazu zählt, dass die Regeln für eber, Stellvertreter des Sprechers ist sozialkasse stehen sich zwei Positi- den vom Bundeskabinett im De- len Debatte über ästhetische Bil- die deutsche Rechtschreibung Dr. Georg Ruppelt. onen gegenüber. Die drastische An- zember 2004 verabschiedeten Ge- dung hervorgehoben und die wieder einheitlich und verbindlich Iris Mai, Geschäftsführerin hebung der Künstlersozialabgabe in setzentwurf zur Errichtung einer Möglichkeiten zu Beiträgen der gefasst werden. der Deutschen Literaturkonferenz diesem Jahr hat auf einen Schlag Bundesstiftung Baukultur. Die Stif- Theater, Orchester und Künstler 3. Außerschulische kulturelle Ein- deutlich gemacht, dass sinnvolle tung soll den einmal in Gang ge- diskutiert. richtungen haben im Bereich der Kunstrat Maßnahmen ergriffen müssen, um setzten Dialog fortsetzen, genauer Die Arbeit der Enquete-Kommissi- Sprachpflege zunehmend Aufgaben diesem wichtigen Institut eine stabi- „das Bewusstsein für Baukultur on „Kultur in Deutschland“ wurde übernommen, die von den zustän- Der Kunstrat setzt sich aus zwei Dut- le Zukunft zu ermöglichen und zwar ebenso beraten wie die mögliche digen Stellen allein nicht mehr be- zend Vereinigungen zusammen, de- dergestalt, dass weder die Versicher- Weiter auf Seite 13 Wiederaufnahme des „Bündnis für wältigt werden. Angebote der ren Dreh- und Angelpunkt die bil- ten noch die Verwerter dauerhaft JAHRESBERICHT 2004 politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 13

men. Dabei ging es um Gesetzesvor- zusätzlichen kapitalgedeckten Al- versammlung eingeladen. Zu den für Kongresses „Kulturelle Bildung in Fortsetzung von Seite 12 haben des Bundes sowie die interna- tersvorsorge werden bislang von die Mitglieder dieser Sektion wichti- der Bildungsreformdiskussion – tionalen und europäischen Einflüsse dieser Gruppe denn auch kaum ge- ge Diskussionsthemen zählten dabei: Konzeption Kulturelle Bildung“ ein- stärken und die Qualität, Nachhaltig- auf die Kulturpolitik in Deutschland. nutzt. · die Föderalismusdebatte gebracht haben. Die Geschäftsfüh- keit und wirtschaftliche Leistungsfä- Themen wie „Kulturelle Bildung“, Dieses Thema hat der Designer- · die Arbeit der Enquete-Kommissi- rerin der Sektion verwies in diesem higkeit des Architektur- und Ingeni- „Kultur als Daseinsvorsorge“, Urhe- tag auch in seinem Newsletter „DT on „Kultur in Deutschland“ Zusammenhang auf zentrale pro- eurwesens in Deutschland national berrecht in der Informationsgesell- Informationen“ im Rahmen seiner · das Thema kulturelle Grundversor- grammatische Orientierungen der wie international herausstellen“. schaft“ und die „EU-Dienstleistungs- Homepage www.designertag.de be- gung Soziokultur für eine zukunftsorien- Der Deutsche Kulturrat hat die richtlinie“ standen dabei unter ande- handelt, um es der Profession der · die Konvention zur kulturellen Viel- tierte Bildungspolitik und stellte Initiative zur Stiftungsgründung mit rem zur Debatte. Ein wichtiges The- Designer und einer größeren Öffent- falt konkrete Entwicklungsimpulse der einer Stellungnahme begrüßt, die ma, das den Kulturrat und die Sekti- lichkeit näher zu bringen. Dieser · die Folgen von GATS und von Hartz Ratsmitglieder für die anstehende der Rat für Baukultur vorbereitet on Design schon lange beschäftigt Newsletter hat sich auch im vergan- IV Bildungsreform vor. hat. Der Deutsche Kulturrat spricht und wohl auch noch in den nächsten genen Jahr an der Schnittstelle zwi- · die Sicherung von Zivilgesellschaft Für die Mitglieder des Rates für sich für eine Erhöhung des Stif- Jahren beschäftigen wird, ist das The- schen der Design- und anderen kul- durch kulturelles Engagement Soziokultur und kulturelle Bildung tungskapitals, eine größere Unab- ma der sozialen Sicherung. Konkret: turellen Szenen bewährt. Mit diesem · und vor allem die Stärkung kulturel- gilt: Sie sind mit ihrem Engagement hängigkeit der Stiftung von Bundes- Die Künstlersozialkasse (KSK). Die Informationsmedium, von dem im ler Bildung in der Ganztagsschule. „ganz nah dran“ an der Bildungs- ministerien und -tag und die An- Sektion Design hat in diesem Zusam- abgelaufenen Berichtszeitraum 11 Intensiv mitgewirkt und in ihren reformdiskussion. Ihre kulturelle siedlung der Stiftung in Berlin aus. menhang die Forderung des Kultur- Ausgaben erschienen sind, wird die Ergebnissen geprägt haben Mitglieder Bildungsarbeit führt sie ganz nah (s. puk 2/2005, S. 14) rates, die KSK in die Selbständigkeit Designszene über Themen und Ereig- dieser Sektion die Arbeit des Deut- heran an Künstlerinnen und Künst- Nachdem der Bundestag im Ok- zu überführen, nachdrücklich unter- nisse aus dem übergreifenden The- schen Kulturrates in den AGs zur „Kul- ler, an Kunst- und Bauwerke, an die tober 2003 dem Antrag „Die Quali- stützt. Die Angliederung der KSK seit menspektrum des Deutschen Kultur- turellen Daseinsvorsorge“ und zur faszinierende Welt der Töne, Far- tätsoffensive für gutes Planen und 2001 an die „Unfallkasse des Bundes“ rates informiert und umgekehrt die „Sozialen Sicherung von Künstlern“. ben und der Gestalt, und damit Bauen voranbringen“ zunächst mit halten wir nicht für optimal. Die Szenen der anderen Sektionen des Der Schwerpunkt der Beratungen zugleich auch an die Auseinander- den Stimmen aller Fraktionen zuge- Künstlersozialkasse hat eine kom- Deutschen Kulturrates über Themen des Rates für Soziokultur und kultu- setzung um die Gestaltung des ge- stimmt hatte, scheint das Stiftungs- plett andere Klientel als die Unfallkas- und Ereignisse aus dem Designbe- relle Bildung lag 2004 auf dem bil- sellschaftlichen Wandels durch projekt jedoch nunmehr in den Sog se des Bundes. Im Umgang mit die- reich. dungspolitischen Reformprozess und Kunst und Kultur. Eine ernstzuneh- des Föderalismusstreits zu geraten: ser Klientel entstehen auch immer Kai Ehlert, Sprecher dem Ausbau der Ganztagsschule. Wie mende Bildungsreform sollte den Erst gab der Bundesrat im Februar wieder Irritationen, weil die KSK aus der Sektion Design es der Sektionsname schon andeutet, Organisationen der kulturellen Bil- 2005 eine ablehnende Stellungnah- verwaltungstechnischen Gründen liegt es für die Mitglieder nahe, sich dung und der Soziokultur ein grö- me zum Entwurf des Stiftungsgeset- Bezüge zur UKB herstellen muss. Den Sektion Film und Medien aktiv in die Gestaltung anstehender ßeres Gewicht bei den anstehenden zes ab. Im März 2005 löste der Ge- Künstlern, den Verwertern, anderen bildungspolitischer Veränderungen Veränderungen beimessen. Sozio- setzesentwurf dann bei der ersten Behörden und der Öffentlichkeit ist Umfassende gemeinsame Aktivitäten einzubringen. Zu dieser Sektion ge- kultur hat in der Vergangenheit sehr Beratung im Bundestag eine Kon- nicht zu vermitteln, dass eine Behör- aller Sektionsmitglieder hat es im hören u. a. der Bundesverband der Ju- prononciert ernst gemacht mit der troverse aus. (s. auch S. 25) de wie die KSK mit zur Zeit über Berichtszeitraum nicht gegeben. gendkunstschule und kulturpädago- Forderung, Kulturpolitik und kultu- Außer an der Bildungsreform- 140.000 Versicherten und mehr als Mehrfach anvisierte Sektionstreffen gischen Einrichtungen, die Bundes- relle Bildung als Querschnittsaufga- diskussion und der Initiative Archi- 40.000 abgabepflichtigen Verwertern, sind aus terminlichen Gründen nicht vereinigung Kulturelle Jugendbil- be und Gesellschaftspolitik zu ver- tektur und Baukultur beteiligte und einem Haushalt von über 500 Millio- zustande gekommen. An der Arbeit dung, die Gesellschaft für Medienpä- stehen. Diese Position muss sich beteiligt sich der Rat für Baukultur nen Euro an einen Unfallversiche- der Fachausschüsse des Deutschen dagogik und Kommunikationskultur, auch in der Bildungsreform wieder an der Koalition zum Schutz kultu- rungsträger angegliedert ist, der mit Kulturrates sowie an ad hoc-AGs ha- das Institut für Bildung und Kultur, finden lassen. Die Mitglieder der reller Vielfalt der deutschen den Aufgaben der KSK absolut nichts ben sich die Sektionsmitglieder mit die Kulturpolitische Gesellschaft, der Sektion „Soziokultur und kulturelle UNESCO-Kommission. Seit Herbst zu tun hat. Hier ist die Politik gefor- unterschiedlicher Intensität beteiligt. Bund Deutscher Kunsterzieher, die Bildung“ erwarten, dass sich Bil- 2004 ist der Rat für Baukultur darü- dert, Abhilfe zu schaffen. Auf der Sitzung der Sektion im Museumspädagogen, die Akademien dungspolitik nicht in Schulpolitik ber hinaus Mitglied der Initiative Im Zusammenhang mit dem Be- März 2005 wurden Schwerpunkte für in Remscheid und Wolfenbüttel, der erschöpft. Sie erwarten, dass die Hören. Mitglieder des Rates für Bau- reich „Soziale Sicherung“ hat sich die die künftige gemeinsame Arbeit dis- Bundesverband der soziokulturellen kulturellen Bildungsmöglichkeiten kultur arbeiten schließlich kontinu- Sektion Design auch mit dem Thema kutiert. Zum einen will sich die Sek- Zentren sowie Organisationen wie die in der Breite und Vielfalt durch die ierlich im Sprecherrat und den „Riester-Rente“ beschäftigt. Aus- tion stärker an den Diskussionen im GEW, der DGB und die UNESCO. Or- Bildungsreformpolitik gestärkt wer- Fachausschüssen des Deutschen gangspunkt dafür war eine gemein- Fachausschuss Medien beteiligen, da ganisationen also mit eindeutigen Or- den und sich auch die Rahmenbe- Kulturrates mit. same Veranstaltung mit dem Titel es dort um originäre Belange der Sek- ganisationsprofilen in der kulturellen dingungen ihrer Bildungs-Arbeit im Als neue Mitglieder konnte der „Riester-Rente für selbständige tion geht. Zum anderen wurden für Bildung: sowohl im Bereich der schu- Handlungsfeld Soziokultur verbes- Rat für Baukultur die Vereinigung Künstler und Publizisten“ des Bun- die weitere Arbeit noch in diesem lischen kulturellen Bildungsförderung sern – und zwar nicht nur in Wor- für Stadt-, Regional- und Landespla- desministeriums für Gesundheit und Jahr folgenden Themenfelder bzw. als auch im Bereich der außerschuli- ten, sondern auch in politischen nung und die Deutsche Gesellschaft Soziale Sicherung und des Kulturrats Themenfelder vereinbart: Filmfinan- schen kulturellen Bildung, teils stärker Taten und durch bereitgestellte Res- für Gartenkunst und Landschafts- im Dezember 2004 in Berlin. zierung, Filmkompetenzagentur, Ur- engagiert im Kinder- und Jugendbe- sourcen. Die Überzeugung der Sek- kultur gewinnen. Der Sozialverband Im Mittelpunkt standen dabei die heberrechtsfragen im Filmsektor so- reich oder im Bereich der kulturellen tionsmitglieder ist: Bildungspolitik VdK Deutschland trat jedoch mit Möglichkeiten, die sich aus dem Mo- wie filmpolitische Entwicklungen im Bildung durch Medien und Kunst, mal muss zukünftig gesellschaftspoliti- Wirkung zum 31. Dezember 2005 dell der Riester-Rente als zusätzliche EU-Bereich. deutlich gebunden an Orte der kultu- scher gestalten, ressortübergreifen- aus dem Rat für Baukultur aus. Altersvorsorge für selbständige Sektionssprecher sind Heinrich rellen Bildung wie Museen, Jugend- der handeln und im Verbund mit So- Im September 2004 veröffent- Künstler, Designer und Publizisten Bleicher-Nagelsmann (ver.di) und kunstschulen und soziokulturelle Zen- zial-, Jugend- und Kulturpolitik die lichte der Rat für Baukultur erstmals ergeben, die Mitglied in der Künstler- Christiane von Wahlert (SPIO). Stell- tren oder an Aufgaben der bundeszen- Zukunft kultureller Bildung sichern! einen Imageflyer. Seit Anfang April sozialkasse sind. Ausgangspunkt für vertretende Sprecher/Sprecherin tralen kulturellen Fort- und Weiterbil- Sprecher des Rates für Soziokul- 2005 ist der Rat für Baukultur onli- die Beschäftigung mit diesem Thema sind Rolf Zitzelsperger (BMF) und dung bzw. neuen Kulturpolitik und in- tur und kulturelle Bildung sind: Prof. ne: www.baukulturrat.de. war die Tatsache, dass viele Künstler Anna Fantl (BuFi). Auf der nächsten ternationalen Kultur- und Bildungs- Dr. Max Fuchs (Bundesvereinigung Claudia Schwalfenberg, und Publizisten - als Folge unter- Sitzung des Sektion im Juni sollen förderung. Die Arbeit dieser Organisa- Kulturelle Jugendbildung), Andreas Sprecherin des Rates für durchschnittlicher Einkommen- nur Neuwahlen für die Mitglieder der tionen ist kulturelle Bildungsarbeit. Kämpf (Bundesvereinigung sozio- Baukultur über unzureichende Rentenanwart- Sektion im Sprecherrat stattfinden. Ihre pädagogischen und strategischen kultureller Zentren). Stellvertretende schaften aus der gesetzlichen Heinrich Bleicher-Nagelsmann, Konzepte zielen darauf, Bildung und Sprecher sind: Dr. Karl Ermert (Bun- Sektion Design Künstlersozialversicherung verfü- Sprecher der Sektion Film und Kultur für alle Menschen - im Netz- desakademie für kulturelle Bildung gen. Medien werk schulischer und außerschuli- Wolfenbüttel), Dr. Cordula Fink- Wie auch in den vergangenen Jah- Die Erkenntnis, dass als Folge scher, kommunaler, landes- und bun- Schürmann (Gesellschaft für Medi- ren, konzentrierte sich die Arbeit der demografischen Entwicklung Rat für Soziokultur und desweiter Kooperationen und Struk- enpädagogik und Kommunikations- der Sektion Design im Deutschen die gesetzliche Rente allein nicht kulturelle Bildung turen - zu ermöglichen. kultur). Die Geschäftsstelle wird von Kulturrat, die vom Deutschen Desi- ausreicht, hat sich gerade bei die- Vor diesem Hintergrund war es der Bundesvereinigung kulturelle Ju- gnertag gebildet wird, auf die Wahr- sem Personenkreis noch nicht her- Der Rat für Soziokultur und kulturelle nahe liegend, dass sich FachkollegIn- gendbildung wahrgenommen. nehmung der Interessen der Desig- umgesprochen. Die im Zusammen- Bildung hat im März 2004 zu seiner 61. nen aus dem Rat besonders in die Ge- Hildegard Bockhorst, Geschäftsfüh- ner im Zusammenhang mit den hang mit der Riester-Rente deutlich Mitgliederversammlung und im De- staltung des vom Deutschen Kultur- rerin des Rates für Soziokultur und vom Kulturrat behandelten The- verbesserten Möglichkeiten einer zember 2004 zu seiner 62. Mitglieder- rat im September 2004 veranstalteten kulturelle Bildung Vertretung des Deutschen Kulturrates in externen Gremien Vertreter des Deutschen Kulturra- hätte gewesen sein können. Denn die Thema primär für Ost-Deutschland, Arbeitskreis gesellschaft- nur ein buchhalterisches Archivie- tes vertreten in verschiedenen ex- Fusion mit der Kulturstiftung der Län- inzwischen auch ein Problem vieler licher Gruppen im Haus ren von Geschehnissen, sondern ein ternen Gremien die Anliegen der der schien so gut wie sicher gewesen westlicher Städte. Ein nächster Instrument zur Schaffung von Iden- Mitgliedsverbände des Deutschen zu sein. Diese hat jedoch bekanntlich Schwerpunkt will das Thema Wandel der Geschichte tität, aber auch ein Machtinstru- Kulturrates und damit des kultu- nicht stattgefunden, so dass es im Ok- der Arbeitsgesellschaft und die Rolle Im Jahre 2004 habe ich Olaf Schwen- ment. Denn wer „Lufthoheit“ über rellen Lebens in Deutschland. Über tober 2004 zu einer zweiten Sitzung der Kultur aufgreifen. All dies ist be- ke als Vertreter des Deutschen Kul- die Geschichte hat, hat durchaus die Tätigkeit in den Gremien wird gekommen ist. Inzwischen hat sich die grüßenswert und wird vom Beirat be- turrats in dem in der Überschrift ge- auch Einfluss auf die Herzen und regelmäßig im Sprecherrat des Kulturstiftung des Bundes etabliert, ratend begleitet und im Grundsatz un- nannten Arbeitskreis abgelöst. Dieser Köpfe der Menschen bei der Gestal- Deutschen Kulturrates berichtet selbst härteste Kritiker auf Länderebe- terstützt. Ein Problem, das mir am Arbeitskreis ist repräsentativ quer tung von Gegenwart und Zukunft. und dadurch eine Rückbindung an ne haben ihren Frieden mit ihr ge- Herzen liegt, ist die Frage der kultur- durch unterschiedliche gesellschaft- George Orwell hat daher in seinem die Sektionen des Deutschen Kul- macht, so dass die Förderarbeit be- politischen Auswertung, was nicht liche Felder besetzt und hat eine be- Roman 1984 zu Recht ein gesamtes turrates gewährleistet. Im $olgen- gonnen werden konnte. Neben inno- dasselbe ist wie die Sicherung des ratende Aufgabe. Neben Informatio- „Ministerium der Wahrheit“ damit den wird die Arbeit der Vertreter vativen, primär künstlerisch orientier- künstlerisch-innovativen Ertrages. nen über die Kerntätigkeit dieser beschäftigt, die Geschichte jeweils des Deutschen Kulturrates in aus- ten Projekten ist es verdienstvoll, dass Das Interesse der Stiftungsleitung an wichtigen Institution werden alle nach aktuellen politischen Erforder- gewählten Gremien vorgestellt. die Stiftung gezielt gesellschaftspoli- einer solchen Fragestellung ist ge- Wechselausstellungen vorgestellt nissen umschreiben zu lassen. Es tische Themen sucht, in denen sie mit weckt und es könnte sein, dass auch (und dies von den verantwortlichen gibt quasi kein Thema, bei dem die- Stiftungsbeirat der künstlerischen Interventionen Proble- in dieser Hinsicht die Stiftung und ihre WissenschaftlerInnen), qualifiziert ser Machtaspekt nicht auch eine Kulturstiftung des Bundes me und Dimensionen aufzeigt und Projekte zu einem Labor für eine in- diskutiert und – was für beratende Ar- Rolle spielt. So zeigt sich dies etwa Veränderungs- und Gestaltungsmög- novative Kulturpolitik werden könn- beitskreisvertreter wichtig ist – ernst bei der Elvis-Ausstellung und der Bei der ersten Sitzung des Beirates lichkeiten auslotet. Ein solches Groß- ten. genommen und in die Tätigkeit ein- gingen die Mitglieder davon aus, projekt kümmert sich etwa um Max Fuchs, Vorsitzender des bezogen. Geschichte, so wird auch in Weiter auf Seite 14 dass es zugleich die letzte Sitzung schrumpfende Städte, zunächst ein Deutschen Kulturrates diesem Arbeitskreis deutlich, ist nicht JAHRESBERICHT 2004 politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 14

Konvention, da die Ökonomisierung 4.Gemälde und Zeichnungen von Welle dar. Im Berichtszeitraum bis Markt zu etablieren, kann zum au- Fortsetzung von Seite 13 der Kunst und Kultur durch GATS, Heinrich Vogeler (NI) zum März 2005 fanden insgesamt genblicklichen Zeitpunkt nicht ab- aber auch durch die EU die größte 5.Theolog. Literaturslg. Ysenburg- vier Sitzungen des Rundfunkrates geschätzt werden. Frage, ob Rock’n Roll auch insofern Gefahr für jede ernsthafte Kulturpo- Büdingen, Landesmuseum Olden- statt, auf denen neben dem quasi Bei der Berichterstattung über zur Demokratisierung der Gesell- litik darstellt. burg (NI) routinemäßigen Aufgaben die sich die Tsunami-Katastrophe hat die schaft beigetragen hat, weil erstmals Max Fuchs, Vorsitzender des Deut- 6. Skulptur M. Abakanowicz „ Hand- auf die Programmbeobachtung, -ent- Deutsche Welle dank ihrer Präsenz eine kulturelle Ausdrucksform von schen Kulturrates like Tree, für Schloss Gottorf (SH) wicklung und -diskussion für den vor Ort eine herausragende Positi- Proletarierjugendlichen die Hege- 7.Max Liebermann, Selbstbildnis Online-Bereich, den Hörfunk und das on in der Berichterstattung inne ge- monie gewann – und ob dies The- Kuratorium der Kultur- 1929, Staatliche Kunstsammlungen Fernsehen beziehen die Diskussio- habt. Parallel dazu sind mit Unter- ma der Ausstellung wird oder eher stiftung der Länder 2004 Dresden (SN) nen um die Novellierung des Deut- stützung der Deutschen Welle Wie- nicht. Besonders einsichtig ist die 8. Photos Nachlaß Eduard Gaertner, schen Welle Gesetzes auf der Tages- deraufbaumaßnahmen angelaufen. politische Dimension am Thema Ende des Jahres 2003 waren die für Stadtmuseum Berlin, (BE) ordnung. Insbesondere wird der Wiederauf- Vertreibung, wo man durchaus das Verhandlungen zur Zusammenfüh- Alles in allem nur knapp € 900.000. Im Hause der Staatsministerin für bau von Radiosendern in der Pro- Gefühl haben kann, dass die betei- rung der Kulturstiftung der Länder Wieder Unter den Linden gab sich Kultur war ein Gesetzentwurf erarbei- vinz Aceh auf der indonesischen In- ligten Vetriebenenverbände ein (KSL) und der Kulturstiftung des Bun- im Oktober die Deutsche Bank die tet und am 24. März vom Kabinett sel Sumatra unterstützt. Stück weit die Geschichte neu statt- des (KSB) gescheitert. Ehre. Frau von Welck, nun Kulturse- beschlossen worden. Wesentliche Äußerst positiv stellt sich dage- finden lassen möchten. Der Bund kündigte noch im De- natorin in Hamburg, war als Stif- Neuerungen waren: gen die Entwicklung der dritten All diese durchaus kontroversen zember zum Jahresende 2005 das Mit- tungsratsmitglied Gast im Kuratori- 1.Die Ergänzung der Aufgabenpla- Säule der Deutschen Welle DW- Debatten werden jedoch offen, dis- wirkungsabkommen mit der KSL und um anwesend. Mitgeteilt wird, dass nung neben Hörfunk und Fernse- World dar. Mit Verabschiedung des zipliniert und „kultiviert“ geführt, konzentriert sich von nun an auf sei- Herr Prof. Fischer – ein „Urgestein“ hen um Telemedien (Teledienste neuen Gesetzes ist im Vergleich zu wobei bei besonders hartem Konf- ne Stiftung. Damit kommt es zu einem der KSL – zum Oktober auch die KSL und Mediendienste). Damit ist der den Öffentlichen Rechtlichen Rund- likt die Museumsleitung sich großen Ungleichgewicht. Während verläßt und die Siemens Stiftung in Online-Auftritt DW-World quasi funkanstalten der Bundesrepublik durchaus zu ihrer letztlichen Verant- der Bund nun fast alles für „Gegen- München übernimmt. Herr Däberitz die dritte Säule. bei der Deutschen Welle das Onli- wortung bekennt. wart“ tun kann, bleiben nach dem – stellvertretender Generalsekretär - 2.die Neuformulierung des Pro- nemedium rechtlich anerkannt. Max Fuchs, Vorsitzender des Wegfall der Bundesmittel für die Län- jedenfalls will trotz anstehender Pen- grammauftrages, der nicht nur Dies kann entsprechen der Aufga- Deutschen Kulturrates der immer weniger für die „Tradition“. sionierung bis Ende 2004 bleiben. Für „deutsche Auffassungen“ sondern benstellung und dem Verbreitungs- Über zwei Jahre hatten Bund und die KSL ist es ein schwerer Schlag, auch „andere Sichtweisen“ aus an- gebiet der Deutschen Welle auf- Fachausschuss Kultur Länder, unterstützt von den Stiftun- dass die Spitze mit ihrem Fachwissen deren Kontinenten beinhalten soll grund der medientechnischen Ent- der Deutschen Unesco- gen, über die Systematisierung der und Beziehungen mehr oder weniger 3.die Aufgabenplanung und ein öf- wicklung auch gar nicht anders sein. Zuständigkeiten im Kulturbereich gleichzeitig das Boot verläßt. fentliches Beteiligungsverfahren Ein erfreulicher Durchbruch ist auf Kommission und über eine gemeinsame Kultur- Als erster Punkt geht es um Feu- einschließlich Bewertung dem chinesischen Markt über das Der Deutsche Kulturrat ist (noch) stiftung verhandelt. Im Sommer 2003 erschäden der Herzogin Anna Ama- 4.die Finanzierung in ausreichen- Aktionsfeld Sport, konkret Fußball. kein Mitglied der Deutschen bestand bereits eine Einigung auf der lia Bibliothek und deren Bitte um ei- dem Umfang mit Garantie für ei- erzielt worden. Verstärkt laufen Unesco-Kommission (DUK) (was Grundlage eines BKM Papiers unmit- nen Matching Fund bei der Wieder- nen mittelfristigen Zahlungszeit- auch in Abstimmung mit DW-TV sicherlich bald geändert werden soll- telbar bevor, scheiterte aber auf der beschaffung von Büchern und einen raum Aktivitäten für den arabisch spre- te). Allerdings ist eine enge Verbin- Ministerpräsidentenkonferenz im Zuschuss zusätzlich zu Spenden Drit- Insbesondere zu diesen Fragen chenden Raum. dung insofern institutionalisiert, als Juli 2003 an der Stimme Bayerns, d.h. ter (TH). Ferner befürwortete man hatte der Deutsche Kulturrat auch in Nicht unerwähnt bleiben soll, die DUK Mitglied im Rat für Sozio- Edmund Stoibers. Eine Kompromiss- die Bezuschußung einen Teilnachlass seiner Stellungnahme zum Deut- dass es gelungen ist, im Zusammen- kultur und Kulturelle Bildung ist. Ich vorlage der Chefs der Staatskanzlei- von Hugo von Hofmannsthal, Frank- schen Welle-Gesetz vom 24. Juni 2004 hang mit der Berlinale die Deutsche bin als persönlich berufenes Mitglied en, der sich auf die Länder zu beweg- furt (HE), den Ankauf der Glasgemäl- Stellung bezogen. Der Bundestag hat Welle sowohl in der bundesrepub- sowohl tätig im Fachausschuss Kul- te, sah vor, dass Bundesförderungen desammlung des Freiherrn von Stein, nach Beratung in den Ausschüssen likanischen Öffentlichkeit, als auch tur als auch in der DUK selbst, wo- zu unterbleiben hätten, wenn sechs Westfälisches Landesmuseum Müns- am 28. Oktober das neue Gesetz ver- im Sektor Film für das internationa- bei man bei der Wahl in die DUK Länder widersprächen. Bayern lehn- ter (NW), des Archivs von Walter abschiedet und es ist am 1. Januar le Ansehen deutlich zu steigern. Ne- sicherlich den Verbandshintergrund te im Dezember wieder ab und be- Kempowski für die Akademie der 2005 in Kraft getreten. ben der Berichterstattung über die berücksichtigt hat zusammen mit stand auf einer Lösung, in der der Künste (BE), den Zuschuss für eine Den Forderungen bzw. Neuerun- Berlinale wurde die Zusammenar- der Tatsache, dass ich seit Jahren eng Bund bei der Vergabe seiner Mittel Werkgruppe Carl Lohse für das Stadt- gen wurde im Wesentlichen entspro- beit dort mit den Partnern „Ger- mit der DUK zusammenarbeite. Der nicht hätte mitreden können. museum in Bautzen einstimmig. Auf chen. Als nicht abschließend zufrie- man Films“ und dem „Talentcam- Fachausschuss Kultur berät alle re- Die Konsequenz des Rückzugs den einhelligen Widerstand stieß die denstellend muss die Finanzierungs- pus“ vertieft. Auch dies hat sich wie levanten Themen der Unesco. In den des Bundes aus der KSL war, dass die Unterstützungsbitte für ein „kulturel- frage gesehen werden. Sie ist verbun- die Übertragung des „BerlinToday letzten Jahren hatte die Sicherung „Arbeitsgruppe Ausstellungen“ des les Filmprojekt GG 19 – Episodenfilm den mit einer nicht ausreichend ab- Award“ im der Berichterstattung des Kulturerbes (materiell und im- Kuratoriums sich letztmalig im Mai zum Grundgesetz“, das sich zur Auf- gesicherten mittelfristigen Finanz- der Deutschen Welle niederge- materiell) eine gewisse Priorität, was 2004 zusammenfand, da die Mittel gabe machen wollte, die demokrati- planung und auch der unzureichen- schlagen. sich auch mit einem großen Gewicht Ausstellungsförderung nur noch bis schen Grundwerte der BRD in Episo- den Höhe der Mittel. Inwieweit dau- Über seine Arbeit im Rundfunk- von Museumsfachleuten im Kultur- Ende 2005 vom Bund kamen. Die ge- den filmisch umzusetzen. Eine der erhaft Programme z. B. für den ara- rat der Deutschen Welle sowie über ausschuss korrelierte. In jüngster währten Zuschüsse bewegten sich im heftigsten Debatten meiner Zeit als bischen Raum in ausreichendem den Fernseh- und Online-Aus- Zeit hat sich diese Akzentsetzung et- Rahmen von € 10.000 bis maximal € Kuratoriumsmitglied brach ich los Umfang finanziert werden können schuss in denen er vertreten ist, was verändert, natürlich ohne die 400.000. Dies war oft nur ein Bruch- über ein von Henry Nannen u.a. ge- bleibt fraglich. Zur Zeit läuft die Fi- wurde regelmäßig im Vorstand und Bedeutung des Weltkulturerbes zu teil der Gesamtkosten. Aber mit die- stiftetes Gemälde der niederländi- nanzierung über Sondermittel des Sprecherrat des Deutschen Kultur- schmälern: Die Diskussion der Kon- sem Engagement der KSL konnten schen Flotte, das eine Institution ei- Auswärtigen Amtes. Der Start in An- rates berichtet. vention zur Kulturellen Vielfalt rück- weitere Förderer mit gemeinsamen ner ostfriesischen Stadt an eine an- wesenheit von Bundeskanzler Schrö- Heinrich Bleicher-Nagelsmann, te in den Mittelpunkt des Interesses. Kräften gefunden werden. Ein Eigen- dere Institution der selben Stadt für € der im Februar in Kuwait war Mitglied für den Deutschen Auf Vorschlag des Deutschen Kultur- tor der Länder? Nun ist vorgesehen, 1.4 Millionen verkaufen wollte, um ei- jedenfalls ein gelungener Auftakt. Kulturrat im Rundfunkrat der rates hat sich unter der engagierten dass die Ausstellungsförderung durch nen gleichhohen Fehlbetrag beim Über den ägyptischen Satelliten Ni- Deutschen Welle und kompetenten Federführung der die KSB erfolgt; dazu war aber noch Bau eines Museums zu finanzieren. lesat erreicht die DW mehr als 9 Mil- DUK eine „Bundesweite Koalition“ eine Satzungsänderung nötig. Das Wertgutachten eines großen Auk- lionen Haushalte in 25 Ländern. Programmausschuss gegründet, die die Genese der Kon- Die damals geförderten Ausstel- tionshauses hatte die gleiche Quali- Entsprechend dem neuen Gesetz hat von RTL vention begleitet, die Regierung be- lungen laufen z.Zt. bereits wie u.a. tät, wie das Zeugnis, dass man für ei- der Rundfunkrat in seiner Sitzung am rät und die dafür sorgen will, dass die „Die Gebrüder Grimm in Berlin“, nen gekündigten Mitarbeiter ausstel- 10./11. März die Aufgabenplanung Der Programmausschuss von RTL Konvention in der kulturpolitischen „Cranach – Aus der Gemäldegalerie len muss. Diese Umwegfinanzierung der Deutschen Welle für die Jahre befasste sich u.a. mit der Frage, wie Szene bekannt wird. Letzteres ist Alte Meister Staatliche Kunstsamm- hielten die Förderer und Verbands- 2006 bis 2009 diskutiert und für die der Anteil kultureller Sendeinhalte nicht ganz einfach, da die Konventi- lung Dresden“ Chemnitz, „Carsten vertreter für satzungswidrig, die Mu- Öffentliche Diskussion verabschie- gesteigert und im Programm plat- on nur vor dem Hintergrund der Nicolai“ Schirn Frankfurt, „Ägypten – seumsleute in wortgewaltiger Solida- det. Der Deutsche Kulturrat wird sich ziert werden könne. Die Geschäfts- Welthandelsorganisation (WTO) Griechenland – Rom“ Städel Frank- rität für zulässig. Ob der Stiftungsrat in der nächsten Sitzung seines Fach- führung hat nach einem ausführli- und dem Dienstleistungsabkommen furt, „Monet und Camille – Frauen- der Ablehnung durch das Kuratorium ausschusses Medien mit dieser Auf- chen und spannenden Diskussi- GATS zu verstehen ist, es also nicht portraits im Impressionismus“ Bre- folgte, weiß ich nicht. gabenplanung befassen und eine onsprozess die Ausweitung kultu- bloß um einen humanistischen Dis- men, „Krone und Schleier – Kunst aus Aus dem Kuratorium schieden im Stellungnahme dazu abgeben. reller Programmanteile befürwor- kurs um das Gute, Wahre und Schö- mittelalterlichen Frauenklöstern“ April 04 Prof. Dr. Meyer, Verbandsver- Weitere wesentliche Diskussions- tet. Die Gestaltung solcher kulturel- ne geht, sondern um internationales Bonn – Essen, „Canossa – Erschütte- treter Deutscher Städtetag, Dezember punkte im Berichtszeitraum waren ler Programmanteile – u.a. mehr Handelsrecht und die Dominanz des rung der Welt. Kunst und Kultur der 04 Andreas Schmid, Bildende Kunst German-TV, die Berichterstattung Kultur in den Nachrichten – wird Ökonomischen. Für die Unesco ist Salierzeit“ Paderborn. und Bogislav von Wentzel, Deutscher über die Tsunami-Katastrophe sowie sicherlich im Spannungsfeld von diese Annäherung an den „hardco- Auf der 29. Sitzung des gesamten Kulturrat aus. Früher ausgeschieden die außerordentlich positive Entwick- Quote und inhaltlichem Tiefgang re“-Bereich von (Kultur-)Politik Kuratoriums am 7. Mai 04 , der letz- waren der Deutsche Musikrat und lung der dritten Säule der Deutschen stehen, wobei die Verbindung von durchaus eine Trendwende. Die ten, die Frau von Welck leitete, drück- Fernseh / Hörfunk. Im April 2005 folgt Welle DW-World. Beidem nicht aus dem Blick verloren bundesweite Koalition hat mit gro- te das Kuratorium seine Hoffnung der letzte Verbandsvertreter, Yaak German TV hat im Berichtszeit- werden darf. Die mehrfachen Perso- ßem Erfolg bislang drei Treffen aus, dass die Zusammenführung der Karsunke. Auf Grund einer klamm- raum die Schwelle von 15.000 Kun- nalwechsel innerhalb der Führungs- durchgeführt – zuletzt auf Einladung beiden Stiftungen von den Ländern heimlichen Satzungsänderung des den überschritten und durch Veran- ebene von RTL innerhalb relativ kur- der BKM, Frau Staatsministerin Dr. ermöglicht würde. Ort der Handlung Stiftungsrats im Jahre 2000 fällt die kerung in amerikanischen und kana- zer Zeit und die damit verbundenen Weiss, im Kanzleramt. Ein großer war auf Einladung der Bertelsmann- Gruppe der Verbandsvertreter aus dischen Kabelnetzen seine Abon- Strukturanpassungen haben diesen Vorteil ist es, mit Prof. von Schorle- stiftung die fabelhaft renovierte Kom- dem Kuratorium nun heraus. Die Sit- nentenzahl verdoppelt. Trotz vielfäl- wichtigen Themenpunkt noch nicht mer eine Expertin zur Verfügung zu mandantur Unter den Linden in Ber- ze der Förderer und Sachverständigen tiger Anstrengungen ist aber noch abschließen lassen können. haben, die zu dem kleinen Kreis de- lin. Herr Dr. Breuer wird zum Kurato- wurden, um wieder auf die Zahl 30 zu immer nicht gelungen den Brake- Aus Sicht der Ausschussmitglie- rer gehört, die der Unesco-General- riumsvorsitzenden wiedergewählt. kommen, auf je 15 erhöht. Even-Point zu erreichen. Ein weite- der wäre dieses verstärkte Engage- direktor mit der Ausarbeitung eines Über die vorgeschlagene Empfeh- Bogislav von Wentzel, bis Dezember res Handycap ist dadurch eingetre- ment von RTL gerade im Bereich ersten Entwurfs einer Konvention lungsliste der Förderungen gab es 2004 Vertreter des Deutschen ten, dass der Direktor von German- kultureller Jugendarbeit eine wich- beauftragt hat. Zur Zeit gehen die Be- keine Meinungsverschiedenheiten: Kulturrates im Kuratorium der TV, Herr Krüger, aus den Diensten tige Botschaft von RTL an die Öf- ratungen in die heiße Phase. Denn 1. Rebecca Horn, Nachtschatten 2003, Kulturstiftung der Länder der Deutschen Welle ausgeschieden fentlichkeit, sich für die Zukunftsfä- nach dem überaus optimistischen Lindenbrauerei Unna (NW) ist, weil er eine Position im Branden- higkeit unserer Gesellschaft zu en- Zeitplan soll ein abstimmungsreifer 2. Yves Klein, Monochrome bleu, Slg. Rundfunkrat der burger Ministerium übernommen gagieren. Ein schöner Nebeneffekt (also ein im voraus bereits inhaltlich Cremer, Landesmuseum Münster Deutschen Welle hat. Ob es gelingt, sozusagen vor Er- wäre zudem ein weiterer Imagege- abgestimmter) Entwurf vor der Som- (NW) reichen der Ziellinie noch einmal winn für diesen Privatsender. merpause vorliegen. 3. Caspar Neher, Entwürfe des Büh- Der Berichtszeitraum des Jahres ausreichende finanzielle Mittel für Christian Höppner ist für den Der Deutsche Kulturrat unter- nenbildners, Theatermuseum 2004/5 stellt einen besonderen Ent- German-TV bereitzustellen, um sich Deutschen Kulturrat Mitglied im stützt nachdrücklich eine starke München (BY) wicklungszeitraum für die Deutsche endgültig auf dem amerikanischen Programmausschuss von RTL SOZIALE SICHERUNG politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 15

Warum die Riester-Rente an Attraktivität gewinnt Übersicht der wichtigsten Produktkategorien • Von Rainer "uchs

Es ist kein Geheimnis, dass Künst- an die Verbände appelliert, ihre Mit- beginn mindestens das eingezahlte lage, die für jedes kindergeldbe- Anlagekonto. Der Sonderausgaben- lerinnen und Künstler nicht nur häu- glieder über die Vorteile der Riester- Kapital (einschließlich der Zulagen) rechtigte Kind gezahlt wird. Die abzug ist auf einen Höchstbetrag von fig schwankende Einkommen ha- Rente zu informieren und mit den zur Verfügung steht. Nominale Ver- Höhe der Zulagen steigt bis zum zur Zeit 1.050 Euro begrenzt. Er steigt ben, sondern dass ihre Einnahmen Anbietern der Produkte Rahmenver- luste sind somit ausgeschlossen. Jahr 2008 alle zwei Jahre an. Die je- bis zum Jahr 2008 auf 2.100 Euro. im Durchschnitt auch nur äußerst träge für ihre Mitglieder zu schließen Man kann Riester-Verträge grund- weiligen Beträge sind aus der un- gering sind (rund 11.000 €). Von da- und Informationskampagnen mit sätzlich in drei Produktkategorien tenstehenden Tabelle ersichtlich. Verfahren her sind die Ansprüche aus der ge- Hilfe der Anbieter und des Bundes- aufteilen. Darüber hinaus kann es sinnvoll setzlichen Rentenversicherung, die ministeriums für Gesundheit und sein, den gesamten Altersvorsorge- Die Riesterzulagen müssen über sie erwerben können, meist nicht Soziale Sicherung durchzuführen. Banksparplan: aufwand im Rahmen der Einkom- den Anbieter bei der Zentralen Zu- ausreichend für eine angemessene Die Verbände werden in diesen Bei einem Banksparplan wird ein mensteuerveranlagung als Sonder- lagenstelle für Altersvermögen (ZfA) Versorgung im Alter. Die neue „Grund- Tagen das Bundesministerium für Guthaben mit festgelegter Verzin- ausgabenabzug geltend zu machen. beantragt werden. Sie können aber sicherung“ ist eine wichtige Hilfe Gesundheit und soziale Sicherung sung angespart. Dabei kann der Ist die Steuerersparnis durch den hierzu Ihren Anbieter bevollmäch- gerade für Künstlerinnen und Künst- über ihre dabei bisher gemachten Zinssatz von der Laufzeit oder dem Sonderausgabenabzug höher als die tigen. Die schriftliche Bevollmäch- ler. Doch trotz des eingeschränkten Erfahrungen unterrichten und Anre- Sparbetrag abhängig sein oder sich Zulage, wird die Differenz erstattet. tigung kann bereits bei Vertragsab- Rückgriffs auf die Kinder bleibt sie gungen für die künftige Arbeit ma- nach einem Referenzwert wie z.B. Das Finanzamt führt diese Günsti- eine bedarfsabhängige Leistung, chen. Im Sommer werden die Ver- der Umlaufrendite festverzinslicher gerprüfung von Amts wegen durch. Weiter auf Seite 16 eben Sozialhilfe, und darauf wollen bände noch einmal in das Bundes- Anleihen richten. Es besteht nur ein Die gezahlte Zulage verbleibt auf dem Künstlerinnen und Künstler, wie ich ministeriums eingeladen, um über sehr geringes Risiko. Allerdings aus vielen Gesprächen und Veran- neue Aktionen zu sprechen. Wir dür- wachsen die Erträge auch nur lang- Tab. 2: Beispiele (2005): staltungen weiß, zu Recht nicht an- fen die Künstlerinnen und Künstler sam. Zusätzliche Kosten entstehen gewiesen sein. in der wichtigen Frage der Zukunfts- in der Regel nicht. Banksparpläne sicherung nicht alleine lassen! eignen sich besonders für ältere An- Mindesteigenbeitrag 2 % des Vorjahreseinkommens er aber etwas für sein Alter tun Nachfolgend werden noch leger, deren Ansparzeitraum kürzer bei Ehepaar = Einverdienerhaushalt W will, der braucht neben der einmal die Vorzüge der Riester-Ren- ist, und für Menschen mit hohem gesetzlichen Rente eine zusätzliche te knapp dargestellt: Sicherheitsbedürfnis. Ehepaar mit 2 Kindern allein stehend, kinderlos private Altersvorsorge. Für die über Vorjahreseinkommen: 10.000 € Vorjahreseinkommen: 10.000 € die Künstlersozialkasse in der ge- Förderberechtigung Private Rentenversicherung: davon 2 % 200 € davon 2 % 200 € setzlichen Rentenversicherung ver- Die private Rentenversicherung ver- abzüglich: abzüglich: sicherten Künstler ist die „Riester- Die Förderung können grundsätz- bindet Kapitalanlage und Versiche- Grundzulage (2 x 76 € ) 152 € Grundzulage 76 € Rente“ die erste Wahl. Sie sind Ries- lich alle Personen beanspruchen, die rung. Die Beiträge werden dabei in Kinderzulage (2 x 92 € ) 184 € ter-Berechtigte. Und für freiberufli- · in einer gesetzlichen Rentenversi- der Regel mit einer garantierten Þ Eigenbeitrag (Sockelbetrag): 30 € Þ Eigenbeitrag: 124 € che Künstlerinnen und Künstler mit cherung pflichtversichert sind und Mindestverzinsung (2,75 % für Ver- Steuervorteil: 0 € Steuervorteil: 0 € ihren schwankenden und häufig · in der Bundesrepublik Deutsch- trags-Abschlüsse ab dem 01.01. 2004) Gesamtförderung: 336 € Gesamtförderung: 76 € niedrigen Einkommen lohnt sich die land unbeschränkt einkommen- angelegt. Hinzu können Überschuss- „Riester-Rente“ ganz besonders. Die steuerpflichtig sind. beteiligungen kommen, die jedoch Ehepaar mit 2 Kindern allein stehend, kinderlos staatliche Zulage ist hier oft höher als Unbeschränkt einkommensteu- nicht garantiert sind. Private Renten- Vorjahreseinkommen: 20.000 € Vorjahreseinkommen: 20.000 € der Eigenbeitrag – das Geld liegt erpflichtig sind insbesondere alle versicherungen haben im allgemei- davon 2 % 400 € davon 2 % 400 € gewissermaßen auf der Straße. diejenigen, die ihren Wohnsitz in nen ein eher geringes Risiko und abzüglich: abzüglich: Zum 1.1.2002 wurde die staatlich Deutschland haben und pflichtver- mittlere Ertragschancen. Die Ab- Grundzulage (2 x 76 € ) 152 € Grundzulage 76 € geförderte zusätzliche kapitalge- sichert in der gesetzlichen Renten- schlusskosten werden auf die ers- Kinderzulage (2 x 92 € ) 184 € deckten Altersvorsorge eingeführt – versicherung sind. Hierunter fallen ten zehn Jahre der Laufzeit verteilt. Þ Eigenbeitrag: 64 € Þ Eigenbeitrag: 324 € dies ist die so genannte „Riester- auch selbständig tätige Künstler und Private Rentenversicherungen eig- Steuervorteil: 0 € Steuervorteil: 29 € Rente“. Die Förderung besteht aus Publizisten, die nach dem Künstler- nen sich besonders für jüngere si- Gesamtförderung: 336 € Gesamtförderung: 105 € einer Kombination von Zulagenför- sozialversicherungsgesetz versiche- cherheitsbewusste Anleger. derung und Steuerfreistellung in der rungspflichtig sind. Besonderheiten Ehepaar mit 2 Kindern allein stehend, kinderlos Ansparphase, verbunden mit der gelten für Ehegatten. Fondssparplan: Vorjahreseinkommen: 30.000 € Vorjahreseinkommen: 30.000 € vollen Besteuerung des Altersein- Wichtig insbesondere bei Aus- Bei einem Fondssparplan erfolgt die davon 2 % 600 € davon 2 % 600 € kommens in der Auszahlungsphase. landsaufenthalten: Diese beiden Vor- Anlage des Kapitals in Investment- abzüglich: abzüglich: Der nachfolgende Beitrag stellt die aussetzungen müssen nicht das ge- fonds, z. B. Aktien-, Renten- oder ge- Grundzulage (2 x 76 € ) 152 € Grundzulage 76 € Grundzüge kurz dar und zeigt, dass samte Kalenderjahr vorliegen; viel- mischten Fonds. Sie unterscheiden Kinderzulage (2 x 92 € ) 184 € die Riester-Rente gerade auch für mehr reicht ein Teil des Jahres aus. sich in den Ertragschancen – und im Þ Eigenbeitrag: 264 € Þ Eigenbeitrag: 524 € Künstler ein interessantes und Risiko für den Anleger. Bei Aktien- Steuervorteil: 0 € Steuervorteil: 113 € durchaus lukratives Altersvorsorge- Produkte fonds steht der Chance auf eine hohe Gesamtförderung: 336 € Gesamtförderung: 189 € instrument ist. Anlagerendite bei günstiger Entwick- Der Abschluss eines Riester-Ren- Voraussetzung für den Erhalt der lung der Kapitalmärkte das Verlustri- ten-Vertrages ist auch nicht schwierig. Förderung ist weiter, dass Sie einen siko durch fallende Kurse gegenüber. Tab. 3: Welche Rente ist zu erwarten? Erfahrungsgemäß haben aber gerade von der Bundesanstalt für Finanz- Eine Mindestrendite ist nicht garan- Berechnung der Rente aus einem Riester-Vertrag bei Einzahlungen ab 2008 auch die Künstlerinnen und Künstler dienstleistungsaufsicht (BaFin) zerti- tiert, lediglich der Kapitalerhalt muss damit gewisse Schwierigkeiten. fizierten Altersvorsorgevertrag (Ries- bei geförderten Produkten zugesagt Um ihnen diese Scheu zu neh- ter-Vertrag) abschließen. Wesentli- werden. Die Chance auf eine hohe Maßgebendes Maßgebendes Maßgebendes men, haben im Dezember 2004 Bun- ches Kriterium eines Riester-Vertrags Rendite hängt genau wie das Verlust- Vorjahres- Vorjahres- Vorjahres- desministerin und der ist die lebenslange Auszahlung einer risiko von der Mischung des Fonds einkommen einkommen einkommen Vorsitzende des Deutschen Kulturra- Rente. Allerdings ist eine Einmalaus- ab, ist jedoch höher als bei Bankspar- zu Beginn zu Beginn zu Beginn tes, Prof. Dr. Max Fuchs, zu einem zahlung in Höhe von bis zu 30 % zu plänen und privaten Rentenversiche- 11.000 Euro 20.000 Euro 30.000 Euro Workshop zur Alterssicherung von Rentenbeginn möglich. Das geför- rungen. Kosten entstehen durch Aus- Künstlern und Publizisten eingela- derte Riester-Vermögen ist vor Pfän- gabeaufschläge beim Kauf und durch Altersvorsorge 440 800 1.200 den, an dem alle wichtigen Künstler- dung und Anrechnung geschützt Verwaltungs-/Depotgebühren. Fonds aufwendungen1) verbände, aber auch die Anbieter (z.B. beim Arbeitslosengeld II). Au- mit hohem Aktienanteil sind eher für zu Beginn von Riester-Produkten teilgenom- ßerdem garantieren die Anbieter von jüngere risikofreudige Anleger geeig- Euro/Jahr men haben. Gemeinsam haben sie Riester-Verträgen, dass zu Renten- net, weil hier ausreichend Zeit ist, vorübergehende Kursverluste wieder Zusätzliche Rente2) 35 64 95 Tab. 1: Erforderlicher Eigenaufwand für maximale Zulage (Jahresbeträge) auszugleichen. bei Laufzeit 10 Jahre (Kinderzulagen gelten nur für kindergeldberechtigte Kinder) Es gibt allerdings auch Mischproduk- Kapitalrendite 4% te: Euro/Monat Bei Banksparplänen können die Mindesteigenbeiträge für maximale Zulagenförderung Zinsen in Fonds angelegt werden, Zusätzliche Rente2) 99 179 269 um die Erträge zu steigern. Bei bei Laufzeit 20 Jahre Jahr der örderung 2002/2003 2004/2005 2006/2007 ab 2008 fondsgebundenen Rentenversiche- Kapitalrendite 4% Betrag in Höhe von 1 % 2 % 3 % 4 % rungen wird das Kapital zum Teil in Euro/Monat Investmentfonds angelegt. Bis zum des maßgebenden Vorjahreseinkommens Beginn der Rentenzahlung ist die Zusätzliche Rente2) 139 252 378 fondsgebundene Rentenversiche- bei Laufzeit 20 Jahre höchstens jedoch 525 € 1050 € 1575 € 2100 € rung unmittelbar an der Wertent- Kapitalrendite 6% abzüglich 38 € 76 € 114 € 154 € wicklung dieser Fonds beteiligt. Euro/Monat Grundzulage Weil die Wertentwicklung der Fonds nicht vorhersehbar ist, kann wie Zusätzliche Rente2) 209 380 569 abzüglich 46 € 92 € 138 € 185 € beim Fondssparplan nur der Kapi- bei Laufzeit 30 Jahre Kinderzulage(je Kind) talerhalt zugesichert werden. Bei Kapitalrendite 4% positiver Wertentwicklung kann je- Euro/Monat mindestens jedoch Sockelbetrag doch eine wesentlich höhere mo- natliche Rente als bei der herkömm- Zusätzliche Rente2) 328 596 893 bei Anspruch 2002 bis 2004 ab 2005 lichen privaten Rentenversicherung bei Laufzeit 30 Jahre auf Grundzulage erzielt werden. Kapitalrendite 6% ohne Kinderzulage 45 € Euro/Monat 1 Kinderzulage 38 € 60 € Förderung mehrere Kinder- 30 € Die Altersvorsorgezulage (Riester- 1) 4% des maßgebenden Vorjahreseinkommens zu Beginn zulagen Zulage) setzt sich zusammen aus 2) konstante Rente; durchschnittliche Laufzeit 18 Jahre; Verwaltungskosten 10%; Sparbeitrag durch- der Grundzulage und der Kinderzu- gängig 4% des Bruttoeinkommens; Bruttoeinkommen steigt jährlich um 3,0 % SOZIALE SICHERUNG politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 16

verhältnisse ändern (z.B. Geburt ei- beitrag ist, ergibt sich aus Tabelle 1 terpunkt „Rente“ – Unterpunkt „Zu- ter-Angebote miteinander vergli- Fortsetzung von Seite 15 nes Kindes, Heirat, Scheidung). Der (siehe Seite 15). sätzliche Altersvorsorge (Riester- chen und Empfehlungen abgege- zusätzliche Sonderausgabenabzug Die Beispiele (Tab. 2 und 3 auf Rente)“ informieren. Außerdem kön- ben. Empfehlenswert ist auch eine Riester Rente auch für wird durch Abgabe der Anlage AV mit Seite 15) zeigen: Es lohnt sich! Nut- nen Sie die Informationsbroschüre unabhängige Beratung durch die Künstler der Einkommensteuererklärung be- zen Sie also die Fördermöglichkei- „Zusätzliche Altersvorsorge“ (Be- Verbraucherzentralen. antragt. ten, die Ihnen der Staat bietet. Al- stell-Nr.: A 817) beim Bundesminis- schluss oder im Rahmen des Zula- tersvorsorge tut Not, wenn Sie Ihren terium für Gesundheit und Soziale Der Verfasser ist Leiter des Referats genantrags erteilt werden und gilt Eigenbeitrag Lebensstandard im Alter halten Sicherung unter der Telefon-Nr. 413 - Sozialversicherung, Künstlerso- bis auf Widerruf (Dauerzulagenan- möchten. 0180/5151510 bestellen. zialversicherung, Europäische und trag). Der Riester-Sparer muss künf- Um die volle Förderung zu erhal- Wer mehr wissen möchte, der In der Zeitschrift „FINANZtest“ Internationale Angelegenheiten tig somit nur dann aktiv werden, ten ist ein bestimmter Eigenbeitrag kann sich unter www.bmgs.bund.de (Hefte 11 und 12/2004) der Stiftung beim Bundesministerium für wenn sich die persönlichen Lebens- erforderlich. Wie hoch dieser Eigen- unter „Themenschwerpunkte“ - Un- Warentest werden zahlreiche Ries- Gesundheit und Soziale Sicherung Private Altersvorsorge ist unverzichtbar Informationen zur Riester-Rente aus Sicht eines Versicherers • Von Wolfgang Wagemann

Eine private Vorsorge wird für die von Investmentfonds, mit denen privaten Vorsorge. Ein Bausteinkon- Rahmenvertrag und stellen können und eine überdurch- Sicherung des Lebensstandards im man, je nach Wahl des Fonds, in zept, wie es die Allianz anbietet, Branchenlösung schnittliche Ertragskraft aufweisen. Alter immer wichtiger, da damit die unterschiedlicher Art an den Chan- lässt eine flexible Absicherung zu Außerdem muss dieses ein vielfälti- Vorsorge auf eine breitere Basis ge- cen der Kapitalmärkte profitieren und ermöglicht eine auf die jeweili- Zwischen den Verbänden der Künst- ges Produktangebot haben, um nach stellt wird. Eine besonders vorteil- kann, um ein Extra an Rendite zu ge Lebenssituation maßgeschnei- ler und Publizisten und den Versi- sorgfältiger Analyse des Bedarfs das hafte "orm der privaten Vorsorge erzielen. Dabei kann aus einer Viel- derte Vorsorge und lässt sich bei Än- cherungsunternehmen können Rah- passende Versorgungsmodell aus- stellt dabei die sogenannte „Ries- zahl von unterschiedlichen Fonds derungen des Versorgungsbedarfes menverträge eingerichtet werden. wählen zu können. ter-Rente“ dar. gewählt werden und somit die einfach ergänzen. Auch bei der pri- Dadurch lassen sich weitere Vorteile Die Allianz Lebensversicherungs- Chancen der Kapitalmärkte nach vaten Altersvorsorge kann, je nach beim Abschluss einer Riester-Rente AG beispielsweise wird diesen An- Vorteile der Riester-Rente der persönlichen Situation und Situation und Risikoneigung, zwi- als auch bei den Produkten zur pri- forderungen gerecht und zeichnet nach dem Vorsorgeziel ausgerichtet schen klassischen und fondsgebun- vaten Vorsorge erreichen. sich auch durch ihre große Erfah- er Staat fördert die Eigenvorsor- werden. Bei beiden Produkten steht denen Produkten gewählt werden. Sofern die Umsetzung über eine rung im Bereich von Branchenlö- D ge bei der Riester-Rente mit einem Kunden zu Rentenbeginn Sofern man bereits unmittelbar Branchenlösung erfolgt, also ver- sungen aus – wie z. B. dem Versor- Zulagen und möglichen Steuerer- mindestens die Summe seiner Bei- vor dem Bezug der gesetzlichen Al- bandsübergreifend durch eine gungswerk MetallRente, dem Ver- sparnissen. Erst in der Leistungspha- träge und die staatlichen Zulagen zur tersrente steht, kann zudem über ei- Dachorganisation, wird ein auf sorgungswerk der Presse, der Bran- se unterliegt die Rente der vollen Verfügung. nen einmaligen Beitrag eine sofort- Künstler und Publizisten optimiertes chenlösung KlinikRente und dem Steuer / also gibt es eine Steuerstun- Seit 2005 hat die Riester-Rente beginnende Rentenversicherung ab- Versorgungsmodell angeboten. Der Konsortialvertrag für die chemische dung. Die Förderung beträgt regel- deutlich an Attraktivität gewonnen, geschlossen werden. Damit erhält Beitritt wäre denkbar einfach: Es Industrie. Zudem besitzt sie ein ex- mäßig zwischen 35 und 55 % des unter anderem durch ein vereinfach- man Planungssicherheit durch eine muss bei Abschluss eines Produktes zellentes Know-how bei der priva- Beitrages, je nach Familienstand und tes Zulagenverfahren in Form eines lebenslang garantierte Rente plus ei- zur Alters-, Hinterbliebenen- oder ten und betrieblichen Vorsorge. Einkommen. In manchen Fällen sind Dauerzulagenantrages. Somit ist ner Rente aus Überschüssen. Berufsunfähigkeitsvorsorge lediglich Darüber hinaus bescheinigen ihr sogar über 90 % möglich. Dabei pro- einmalig ein Antrag beim Versiche- Die Änderungen des Altersein- eine Verbandszugehörigkeit nach- unabhängige Ratingagenturen lau- fitieren Personen mit einem gerin- rungsanbieter zu stellen. Dieser gilt, künftegesetzes entlasten Rentenleis- gewiesen werden, zum Beispiel in fend eine hohe Finanzkraft, welche gen Einkommen von der staatlichen solange sich die Lebensverhältnisse tungen aus der privaten Vorsorge seit Form einer Mitgliedsbestätigung. für die Erfüllung der langfristigen Förderung in besonderem Maße. nicht ändern. Die Möglichkeit, sich dem 01.01.2005, indem der zu versteu- Eine individuelle Beratung zum Ver- Leistungsversprechen eine maß- Es wird ein Gesamtbeitrag in Ab- zum Rentenbeginn einen Teil des zur ernde Anteil der Rentenleistung deut- sorgungsmodell kann jeder Außen- gebliche Rolle spielt. hängigkeit des Vorjahreseinkom- Verfügung stehenden Kapitals als lich gesenkt wurde. Der Anteil der Be- dienstmitarbeiter vor Ort leisten. mens zu Grunde gelegt. Im Jahr 2005 einmaligen Betrag auszahlen zu las- steuerung richtet sich nach dem Alter Die Wahl des Vertragspartners für Der Verfasser ist Leiter der Abteilung beträgt dieser 2 % des Vorjahresein- sen, wurde von 20 % auf 30 % ange- des Rentenempfängers bei Rentenein- ein Rahmenabkommen bzw. eine Firmenkunden-Vertrieb-Beratung kommens (3 % ab 2006 und 4 % ab hoben. Ein weiterer Vorteil ist, dass tritt. Somit sinkt für einen 65-jährigen Branchenlösung ist von besonderer im Fachbereich Konzern- 2008). Von diesem Gesamtbeitrag die Riester-Rente bei Bezug von Ar- Rentenempfänger der zu versteuern- Bedeutung. Der gewählte Lebens- und Firmenkunden/Maklervertrieb sind die staatlich gewährten Zulagen beitslosen- und Sozialhilfe bzw. von de Anteil seiner Rente von 27 % im Jahr versicherer muss eine persönliche bei der Allianz Lebens- in Abzug zu bringen und ergibt so Arbeitslosengeld II nicht angerech- 2004 auf 18 % im Jahr 2005. und umfassende Beratung sicher- versicherungs-AG den Eigenbeitrag. Jeder Förderbe- net wird. rechtigte erhält eine Grundzulage Aktuelle und umfassende Infor- von derzeit 76 Euro. Diese steigt im mationen sind zum Beispiel im In- Jahr 2006 auf 114 Euro und ab 2008 ternet auf den Homepages der Ver- wird sogar eine Grundzulage von 154 sicherungsunternehmen (zum Bei- Künstlersozialversicherung stärken Euro gewährt. Je kindergeldberech- spiel www.allianz.de) oder beim Zur aktuellen Debatte im Bundestag • Von Olaf Zimmermann und Gabriele Schulz tigtem Kind wird diese um weitere 92 Bundesministerium für Gesundheit Euro erhöht. Auch die Kinderzulage und Soziale Sicherung (unter www. Im März dieses Jahres haben die Grund der späten Terminsetzung wur- dass in den vergangenen Jahren die steigt in den Jahren 2006 auf 138 bmgs. bund.de) zu finden. Regierungsfraktionen den Antrag den die Reden zu Protokoll gegeben. Selbstständigkeit propagiert und in Euro und ab dem Jahr 2008 auf 185 „Künstlersozialversicherung stär- Es steht nun die Beratung in den einigen Bundesländern die Kultur- Euro. Ergänzende Vorsorge- ken“ in den Deutschen Bundestag Aussschüssen an. Als Problem wur- und Medienbranche als Hoffnungs- eingebracht. Sie haben damit An- Bei der Riester-Rente kann zwi- möglichkeiten de von allen Abgeordneten der An- branche behandelt wurde. Bereits schen zwei Produktarten gewählt schluss an eine Diskussion genom- stieg an Versicherten gesehen. Die seit mehr als einem Jahrzehnt wer- werden. Klassische Rentenversiche- Die Riester-Rente dient ausschließ- men, die auf Regierungsebene seit Abgeordnete Angelika Krüger-Leiß- den für das Land Nordrhein-Westfa- rungen, welche aufgrund von klas- lich der Vorsorge für das Alter. Darü- Ende des letzten Jahres geführt ner (SPD) rief die Zahlen der KSK len Kulturwirtschaftsberichte er- sischen Mischanlagen des Lebens- ber hinaus sind weitere Absicherun- wird. Nachdem auf dem Erlassweg noch einmal in Erinnerung. Im ers- stellt, in denen das Wachstum dieser versicherers eine besonders siche- gen für den Fall der Berufsunfähig- bekannt gegeben worden war, dass ten Jahr des Bestehens waren gera- Branche hervorgehoben wird. Erst re Altersvorsorge darstellen, sowie keit, der Pflegebedürftigkeit und die Künstlersozialabgabe zum 01.01. de mal 12.000 Künstler und Publizis- im vergangenen Herbst hat Kultur- Rentenversicherungen auf der Basis des Todes wichtige Bausteine zur 2005 von 4,3% auf 5,8% steigen ten versichert, heute sind es rd. staatsministerin Weiss bei der Vor- wird, haben die Verwerter künstle- 140.000. Ein Ende des Zuwachses ist stellung der Studie „Kulturberufe in rischer und publizistischer Leistun- derzeit noch nicht abzusehen. Deutschland“ herausgestrichen, dass gen sich in einem Aktionsbündnis Als Grund für den Zuwachs an der Arbeitsmarkt Kultur mit der zusammengefunden, um gemein- Versicherten wurde in den Redebei- Mehrzahl an Selbstständigen den Resolution sam für eine Begrenzung der Künst- trägen der Abgeordneten Outsor- künftigen Arbeitsmarkt antizipiert lersozialabgabe einzutreten. Ins Vi- cing-Strategien der Unternehmen (siehe hierzu auch den Beitrag von Künstlersozialversicherung stärken – Deutscher sier haben sie dabei auch ihre Be- angeführt. Es ist sicherlich richtig, Zimmermann in politik und kultur rufskollegen genommen. Denn noch dass in einigen Branchen Outsor- 2/2005). Der Arbeitsmarkt Kultur Kulturrat fordert Erhöhung des Bundeszuschusses immer kommen nicht alle Abgabe- cing-Strategien bestehen und diese und daraus folgend der Anstieg der pflichtigen ihrer gesetzlichen Ver- zweifelsohne dazuführen, dass in der Künstlersozialversicherung Berlin, den 06.04.2005. Der Deut- den ursprünglichen Satz von 25% an- pflichtung zur Künstlersozialabgabe ehemals festangestellte Mitarbeiter Versicherten ist also wesentlich sche Kulturrat, der Spitzenverband der gehoben wird und damit der Bund und nach. Das schafft Wettbewerbs- nun teilweise als freie Mitarbeiter komplexer als dass er allein mit dem Bundeskulturverbände, begrüßt, dass die Verwerter wieder paritätisch an der nachteile für diejenigen, die sich an arbeiten und über die Künstlersozi- Outsorcing erklärt werden könnte. die Regierungsfraktionen im Deut- inanzierung des so genannten Ar- Recht und Gesetz halten, weshalb alversicherung versichert sind. Vor Trotz der Anklage des Outsor- schen Bundestag, SPD und Bündnis beitgeberanteils an der Künstlersozi- von den Verwertern selbst eine bes- allem Verlage und die Medienbran- cings erstaunt die Distanz und Kälte 90/Die Grünen, mit ihrem Antrag alversicherung beteiligt werden. sere Erfassung der Abgabepflichti- che werden in diesem Zusammen- mit der die Situation der Künstler „Stärkung der Künstlersozialversiche- gen eingefordert wird. Eine größere hang angeführt. In anderen Berei- beschrieben wird. Kaum ein Abge- rung“ (Bundestagsdrucksache 15/ Weiter fordert der Deutsche Kulturrat, personelle Ausstattung der Künstler- chen wie z.B. bei Bildenden Künst- ordneter lässt die Gelegenheit aus, 5119) sich der Zukunft der Künstler- dass alle Vorschläge zur Sicherung sozialkasse (KSK) soll dazu beitra- ler trifft diese Beschreibung aber die Frage zu stellen – und sei es in- sozialversicherung annehmen. Als und Stärkung der Künstlersozialversi- gen, den Kreis der Verwerter, die überhaupt nicht zu. Bildende Künst- direkt – ob denn alle Versicherten wichtiges Signal zur Bedeutung der cherung von der Politik ernsthaft ge- ihrer Abgabepflicht nachkommen, ler waren niemals bei Galeristen an- tatsächlich zu Recht in der Künstler- Künstlersozialversicherung wertet der prüft werden. zu erweitern. gestellt und werden es voraussicht- sozialversicherung versichert sind. Deutsche Kulturrat die eindeutige or- lich auch in der Zukunft nicht sein. So lädt nach Auffassung der Abge- mulierung im Antrag, dass sich die Das Bundesministerium für Gesund- er o.g. Antrag der Regierungs Von einem arbeitnehmerähnlichen ordneten (Bündnis Künstlersozialversicherung bewährt hat heit und Soziale Sicherung hat ge- D fraktionen unterstützt dieses Status für in der Künstlersozialversi- 90/Die Grünen) die Vorausschätzung und von einem ungeteilten Konsens meinsam mit dem Deutschen Kultur- Ziel nachdrücklich. Doch zugleich cherung versicherte freiberufliche der Einkommen zum Missbrauch aller politischen Kräfte getragen wird. rat unter Einbeziehung der Beauftrag- scheinen die Regierungsfraktionen Künstler und Publizisten zu spre- geradezu ein. Auch ist sie der Mei- ten der Bundesregierung für Kultur nicht nur die Verwerter stärker an die chen, wie es die Abgeordnete Silvia nung, dass im Vergleich zu anderen Damit eine langfristige Stärkung der und Medien einen Runden Tisch ein- Kandare nehmen zu wollen, es wer- Schmidt in ihrer Rede formuliert, Selbstständigen die in der Künstler- Künstlersozialversicherung gelingen gerichtet, um die Diskussion um die den zusätzlich verschärfte Kontrol- geht daher fehl. sozialkasse Versicherten Privilegien kann, fordert der Deutsche Kulturrat, weitere Entwicklung der Künstlerso- len für die Versicherten gefordert. Auch sollte, wenn man den An- Am 17.04.2005 sollte die Bundestags- stieg der Versichertenzahl beklagt, dass der Bundeszuschuss wieder auf zialversicherung aktiv voranzutreiben. Weiter auf Seite 17 debatte zum Antrag stattfinden. Auf ehrlicherweise dazu gesagt werden, EUROPA politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 17

scheiden. Sie schlussfolgert daraus, Vorsorge mit einem durchschnittli- und der Bundeszuschuss ein Beitrag bung des Bundeszuschusses auf 25%. Fortsetzung von Seite 16 dass alle Sondersysteme in der Sozi- chen Gehalt von 11.100 Euro im Jahr des Staates zur Künstler- und zur Insgesamt versprechen die zur Proto- alversicherung in Frage gestellt wer- kaum bewältigen können, ist nicht Kunstförderung ist. Damit wird koll gegebenen Reden eine heiße De- genießen. Selbstständige müssen den sollten. Die Abgeordnete Vera Sorge des Staates. Wir müssen eine nochmals klargestellt, dass die batte zur Künstlersozialversicherung. ansonsten alleine die Beiträge zur Lengsfeld (CDU/CSU) geht noch ei- stärkere Eigeninitiative der Versi- Künstlersozialversicherung eine sozi- Beide Oppositionsfraktionen, CDU/ Sozialversicherung aufbringen und nen Schritt weiter, sie sagt klipp und cherten fordern.“ al- und kulturpolitisch wichtige Errun- CSU und FDP, haben für die nun an- erhalten keinen fiktiven Arbeitge- klar: „... Im Prinzip ist heute jeder Demgegenüber erinnerte der Ab- genschaft ist. Auch der Abgeordnete stehenden Ausschussberatungen ei- beranteil. Ihres Erachtens wird es Einzelne dazu aufgefordert, eine ei- geordnete Hans-Joachim Otto (FDP) Matthias Sehling (CDU/CSU) hebt gene Anträge zur Stärkung der Künst- immer schwieriger, selbstständige genständige Vorsorge zu treffen. Das daran, dass die Künstlersozialversi- auf den Bundeszuschuss ab und sieht lersozialversicherung angekündigt. Tätigkeit und abhängige Beschäfti- gilt auch für Künstler. Dass deren cherung Grundlage der sozialen Absi- als eine Maßnahme zur Absenkung Es bleibt abzuwarten, welche Schwer- gung voneinander sauber zu unter- Einkommen so gering ist und sie ihre cherung selbstständiger Künstler ist der Verwerterabgabe die Wiederanhe- punkte dort gesetzt werden. Von wegen Waffenklirren! – Plädoyer für die europäische Verfassung Der Verfassungsentwurf steht für die Emanzipation Europas von der Wirtschaftsgemeinschaft zur Wertegemeinschaft • Von Karin Junker

Es mag viele gute Gründe geben, wurde der Grundstein für die Inte- sich den Ostermärschen anzuschlie- gration Europas gelegt. Das „alt“ Eu- ßen. Die Attac-Attacke gegen die ropa auf dem Weg zu einem „neuen“ Europäische Verfassung gehörte Europa ist das „Europa der Vielfalt nicht dazu. Im Gegenteil: Sie ist ein seiner Kulturen, Sprachen und Regi- guter Grund, dafür auf die Straße onen“, wie es in Artikel 22 der Grund- zu gehen. Die These von der dro- rechtecharta der Europäischen Uni- henden Militarisierung der EU durch on und auch im Entwurf der Europä- die Verfassung ist nicht nur haltlos, ischen Verfassung heißt. Europa hat sondern völlig unsinnig und spielt sich mit der Europäischen Union zu den ewig Gestrigen in die Hände. einer umfassenden Werte- und Auf dem geltenden Vertrag von Niz- Rechtsgemeinschaft entwickelt, die za stehen zu bleiben, bedeutet nicht immer mehr zu einer Gemeinschaft nur Stillstand, sondern Rückschritt des Friedens, der Demokratie, der angesichts fortschreitender Erwei- Rechtstaatlichkeit und Zusammen- terung ohne Vertiefung. Wer Nizza arbeit herangewachsen ist. Mit der als „Geschäftsgrundlage“ nicht wei- so genannten Osterweiterung sind ter entwickeln will, will auch keinen traditionsreiche Kulturnationen mit ;ortschritt des Integrationsprozes- Jahrtausende alten Schätzen in die ses, sondern eine (Re-)Nationalisie- europäische Mitte zurückgekehrt. rung der europäischen Gesellschaf- Damit sind noch immer nicht alle ten. Kein vernünftiger Mensch kann Kriegsfolgen geheilt, aber der Frie- Demokratie, Wohlstand durch wirtschaftliche Freiheit, soziale Gerechtigkeit und gleiche Sicherheit für alle Länder der EU dies für erstrebenswert halten sech- densprozess schreitet fort. zig Jahre nach dem Ende des zwei- Der amerikanische Autor Jeremy ihren außenpolitischen Zielsetzun- tärstrategien liegen gegenüber ei- Veränderungen, meint Verbesserun- ten Weltkriegs. Rifkin, Präsidet des „Foundation on gen erhebt die Europäische Verfas- ner Politik, die diesen Prozess zu gen, in Zukunft besteht allemal. Ein Economic Trends“ in Washington sung die Förderung des Friedens zu harmonieren sucht und Alleingän- entschiedeneres Bekenntnis zur Eu- s passt gut, dass sich den Feiern D.C., (1) sieht gar den amerikani- ihre obersten Gebot. Sie legt dabei ge verhindern soll? ropäischen Kulturgemeinschaft mit E zum Gedenken an die Befreiung schen Traum ausgeträumt, denn in einen erweiterten Sicherheitsbe- Natürlich ist es erlaubt, von ei- den unglaublichen Schätzen kultu- von der Hitler-Diktatur am 8. Mai die Europa kämen „alle wichtigen Ele- griff zugrunde und bindet sich ein- nem militärfreien Europa zu träu- reller Vielfalt und zur Sicherung plu- Feiern anlässlich des Europatages mente für einen radikal neuen deutig an das Völkerrecht und die men. Realistisch ist das leider nicht. raler Meinungsvielfalt hätte man am 9. Mai nahtlos anschließen las- Traum zusammen, der für die ge- UN-Charta. Damit unterwirft sich Aber Europa kann viel tun zur Frie- sich durchaus schon wünschen dür- sen, denn mit dem Ende des Krieges samte Welt viel attraktiver“ sei als die EU unmissverständlich dem ab- denssicherung und Konfliktbewälti- fen. Aber dennoch: Mit der Rechts- der „unzeitgemäße amerikanische soluten Verbot eines Angriffskrie- gung. Der avisierte Europäische verbindlichkeit der Charta der Traum von uneingeschränktem Wirt- ges. Außenminister wird der Europäi- Grund- und Menschenrechte hat Auszug aus der „Charta von Pa- schaftswachstum, materiellem Reich- Was bringt also Attac und ande- schen Union eine außenpolitische sich die Europäische Union von der ris über ein neues Europa“ tum und individuellem Fortschritt“. re dazu, die „Militarisierung Euro- Stimme verleihen, mit der sich auch Wirtschaftsgemeinschaft alten (KSZE 1990) Der europäische Traum hingegen pas“ zu wittern? Die derzeit disku- der Anspruch untermauern lässt, im Schlages zu einer Wertegemein- setze auf Lebensqualität, nachhal- tierte Aufhebung des EU-Waffen- UN-Sicherheitsrat einen europäi- schaft besonderer Art emanzipiert. „Das Zeitalter der Konfrontation tige Entwicklung und eine nähren- embargos für China (von den USA schen Sitz zu erhalten. Ein neues Das ist auch eine beachtliche kultu- und der Teilung Europas ist zu Ende de Gemeinschaft sowie Menschen- gewiss nicht nur aus moralischen Korps für humanitäre Hilfe soll es er- relle Leistung. gegangen. ... Europa befreit sich rechte und Zusammenarbeit der Völ- Zweifeln, sondern auch aus wirt- möglichen, intensiver zivile Konflikt- Was aber, wenn das im ersten An- von der Last der Vergangenheit. ker, „um global den Frieden zu su- schaftlichen Interessen so heftig prävention zu betreiben. Die Europä- lauf nicht alle begreifen? Dann muss Durch den Mut von Männern und chen.“ kritisiert) reicht als Indiz dafür al- ische Sicherheitsstrategie (ESS) stellt eben ein neuer Anlauf genommen rauen, die Willensstärke der Völ- Die meisten, die dem Phantom lein nicht aus und greift zu kurz. Multilateralismus, Verhandlungen, werden. Der europäische Motor ist ker und die Kraft der Ideen ... bricht von einer angeblichen Militarisie- Auch die mit der Verfassung ange- Sanktionen und Handelspolitik in schon häufiger ins Stottern geraten in Europa ein neues Zeitalter der rung Europas nachlaufen, dürften strebte Einrichtung einer Verteidi- den Vordergrund der Mittel zur Frie- – zum Stilstand gekommen ist er Demokratie, des riedens und der noch keinen Blick in den Text des gungsagentur und die Aufforderung denssicherung statt Waffenklirren. nie. Ein interkultureller Dialog kann Einheit an. Nun ist die Zeit gekom- Europäischen Verfassungsentwurfs an die Mitgliedstaaten, „die militä- Man muss die Augen schon fest ver- helfen, ihn wieder in Gang zu brin- men, in der sich die jahrzehnte geworfen haben. Leider finden alle rischen Fähigkeiten zu verbessern“, schließen, um das alles nicht wahr- gen. lang gehegten Hoffnungen und Er- Bewegungen ihre Mitläufer. Diejeni- ist kein „Ukas“ zur Aufrüstung, son- zunehmen. Es ist zudem nicht legi- wartungen unserer Völker erfüllen: gen, die die Wortklauberei des Kal- dern das Ansinnen, Kräfte sinnvoll tim, den Regierenden innenpolitisch Die Verfasserin gehörte von 1989 ein unerschütterliches Bekenntnis ten Krieges betreiben, sind offenbar zu bündeln, Synergieeffekte zu nut- mit europapolitischen Aversionen bis 1994 dem Europäischen Parla- zu einer auf Menschenrechten und von einer bedauerlicherweise weit zen und Konzepte aufeinander ab- eins auswischen zu wollen. ment an und ist freiberufliche Grundfreiheiten beruhenden De- verbreiteten Europhobie befallen. zustimmen, was durchaus auch den Es gibt noch viele andere als frie- Journalistin mokratie, Wohlstand durch wirt- Wie anders lässt es sich erklären, dass Abbau von militärischen Überkapa- denspolitische Gründe, den Euro- schaftliche reiheit und soziale zitäten bedeuten kann und eine päischen Verfassungsentwurf zu un- sie sich gegen eine Verfassung sträu- 1 Die Zitate sind dem Band „Kultur in Gerechtigkeit und gleiche Sicher- ben, die zum Beispiel eine Neuauf- wesentliche Aufgabe der Verteidi- terstützen und für seine Akzeptanz Europa – Einheit und Vielfalt“, Mittel- heit für alle unsere Länder.“ lage des Kosovo-Krieges in Zukunft gungsagentur sein wird. Worin soll zu werben. Wunder dauern bekannt- deutscher Verlag, ISBN 3-89812-267- unmöglich machen wird? Denn mit der Vorteil von 25 nationalen Mili- lich etwas länger, d.h. die Chance auf 0, entnommen. Europa und die Kultur „Bürger für Europa“ wird konkret • von Barbara Gessler

Nun ist auch der dritte Baustein auch konkret Forschungs- und zivil- Deutlich wird jedoch schon im Vor- würfe mangelnder europäischer ralisierung von Dienstleistungen des im vergangenen Jahr vorgeleg- gesellschaftliche Strukturen geför- schlag, dass die Kommission sich Kommunikation, nicht getrennt vorgelegt. Dabei macht die Bericht- ten Bürgerschaftsprogramms auf dert werden, die sich Gedanken bemühen wird, den Zugang zu die- davon zu sehen, ob und wie viel erstatterin (Marie-Hélène Des- dem Tisch. Am 6. April hat die Kom- über die europäische Politik ma- sen Mitteln so unbürokratisch wie Geld man auch hier bereit ist, für camps, PPE-DE/F) deutlich, dass mission ihre Vorschläge dafür ge- chen und diese anhand von ver- möglich zu gestalten. dieses, aber auch für KULTUR 2000 die kulturelle Vielfalt in Europa ge- macht, um die Bürgerinnen und schiedensten Aktivitäten mit der Die kommenden Monate sind und MEDIA Plus, zur Verfügung zu mäß den Zielen der Verfassung ge- Bürger zu mehr Beteiligung am eu- Öffentlichkeit teilen. Auf die Kohä- also weiterhin gekennzeichnet von stellen. Organisatorisch bereitet schützt werden muss. In einer An- ropäischen Aufbauwerk zu ermuti- renz mit anderen Instrumenten den politischen Bemühungen um dieser Monate die neu eingerichte- hörung hat man sich zunächst in gen. etwa aus dem Jugend-, Kultur- und einen Kompromiss um die Ausstat- te Exekutivagentur für die Verwal- diesem Zusammenhang bemüht, Bildungsbereich wird ebenso ge- tung des Haushalts der Europäi- tung dieser beiden, aber auch der einer Definition von „audiovisuel- xplizit nimmt sie Bezug auf die achtet werden wie mit den Berei- schen Union für die kommenden Bildungs- und Jugendprogramme, len Dienstleistungen“ näher zu E Notwendigkeit, in einem sol- chen der Nachbarschaftspolitik, der Jahre, von dem auch direkt die Fort- ihre Aufgaben vor. Die Kommission kommen. Insbesondere für diese, chen Bemühen die kulturelle Diver- Forschung und der Chancengleich- führung und Realisierung dieser soll so wieder mehr Spielraum für aber auch für Pressedienstleistun- sität zu achten und somit den heit. Insgesamt ist das Programm identitätsstiftenden Programme ab- politische und institutionelle Ange- gen fordert die Berichterstatterin Reichtum der verschiedenen Kultu- mit 207 Millionen Euro ausgestattet, hängt. Obwohl natürlich das Prin- legenheiten bekommen, wobei ihr den Ausschluss aus dem Anwen- ren zu würdigen. Im Mittelpunkt die konkrete Umsetzung, wie diese zip der Subsidiarität hier besonders die Kontrolle und das Monitoring dungsbereich der Richtlinie. Der steht daher auch der unmittelbare Unterstützung dann operationell beachtet werden muss, sind doch dieser Agentur obliegt. Bericht schlägt dem entsprechend interkulturelle Austausch. Mit dem erfolgen kann, wird möglich sein, der auch in Deutschland allerorten Der Kulturausschuss des Europä- Ziel, zur Bildung einer europäi- sobald die finanzielle Vorausschau geäußerte Wunsch nach Informati- ischen Parlaments hat inzwischen Weiter auf Seite 18 schen Identität beizutragen, sollen für die Jahre 2007 bis 2013 vorliegt. on oder manchmal auch: die Vor- seine Stellungnahme über die Libe- EUROPA politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 18

Schutz des Medienpluralismus si- Herkunftslandsprinzip. Gleichzei- beigepflichtet. Eine positive Einbe- Es sieht so aus, als würde die Forde- Fortsetzung von Seite 17 cherzustellen. Im federführenden tig wird dem eigentlichen Ziel des ziehung des Kulturbereichs in an- rung nach Verträglichkeit und Kohä- Binnenmarktausschuss hat Evely- Kommissionsvorschlags, nämlich dere EU-Politiken fordert das Euro- renz politischer Initiativen mit der Europa und die Kultur ne Gebhardt (PSE/D) Mitte April bestehende Hindernisse für den päische Parlament auch für das Eu- kulturellen Vielfalt langsam, aber ihren Berichtsentwurf eingebracht, grenzüberschreitenden Dienstleis- ropäische Nachbarschafts- und doch stetig an Boden gewinnen. konkrete Änderungen am Kom- der auf eine stärkere Harmonisie- tungsverkehr abzubauen und so- Partnerschaftsinstrument, das eine missionsentwurf vor, die auch zum rung und gegenseitige Anerken- mit zur Schaffung und Sicherung enge Zusammenarbeit der EU mit Die Verfasserin ist Leiterin der Ziel haben, die Instrumente zum nung setzt statt dem allgemeinen von Arbeitsplätzen beizutragen, ihren Nachbarländern fördern soll. EU-Vertretung in Bonn Die Dienstleistungsrichtlinie und die Kultur Tiefgreifende Sorgen über Kompetenzverteilung und Zuständigkeiten • Von Max ;uchs

Spät aber nicht zu spät hat die Dis- anzuführen. Als erstes wäre der kussion über den Entwurf zu einer Kampf im Kontext der WTO zu nen- „Dienstleistungsrichtlinie“ begon- nen, Kultur und Medien aus den nen. Nun hat die Debatte erheblich GATS-Verhandlungen herauszuhal- an ;ahrt gewonnen: Der Kanzler und ten. Seit dieses internationale Dienst- der französische Staatspräsident leistungsabkommen 1995 in Kraft kritisieren den Entwurf, die Wohl- gesetzt wurde, gibt es jene umfassen- fahrtsverbände und der Deutsche de Typologie von 12 Kategorien, die Kulturrat kämpfen um Ausnahmere- keine menschliche Wesensäußerung gelungen für ihren Bereich, der Bun- als mögliche Dienstleistung auslas- desrat hat erhebliche Probleme. sen. GATS könnte (zusammen mit dem GATT-Abkommen) eine Art Uni- as ist eigentlich so schlimm an versalzuständigkeit von allen Dingen W einem Papier, das immerhin des menschlichen Lebens bekom- seit Februar 2004 öffentlich zugäng- men – sofern es nicht ausgebremst lich ist? Dass Dienstleistungen inzwi- wird. Dabei weiß jeder, dass gerade schen 70% am Bruttoinlandsprodukt im Umgang mit Gesundheit, bei Fra- ausmachen, zeigt ihre ökonomische gen der Versorgung mit Wasser (und Relevanz. Der freie Austausch von Wa- Luft), bei Fragen der Bildung und na- ren und Dienstleistungen über Gren- türlich auch im kulturellen Bereich zen hinweg ist auch nicht nur nicht der Markt ein untaugliches Vertei- unanständig, sondern hat in der Ge- lungsinstrument ist. Bestimmte As- schichte oft genug wichtige positive pekte des Lebens dürfen eben nicht kulturelle Folgen gehabt: Meinungen, vom Geldbeutel abhängen, wenn die Momentaufnahme beim Parlamentarischen Gespräch des Deutschen Kulturrates und des WDR zur EU-Dienstleistungs- Informationen, Sichtweisen, Wertun- Rede von Menschenwürde auch nur richtlinie im März 2005, v.l.n.r.: Olaf Zimmermann (DKR), Heinrich Bleicher-Nagelsmann (DKR), Max Fuchs (DKR), Fritz gen – all dies wird nämlich – als oft un- den geringsten Sinn haben soll. Wäre Pleitgen (WDR), Verena Wiedemann (WDR), Eva-Maria Michel (WDR) Foto: Deutscher Kulturrat sichtbares Zusatzgepäck bei grenzü- Kultur in die Dienstleistungsrichtlinie berschreitendem Verkehr – mitgelie- einbezogen, dann wäre auch der ker in puk 2/05). Die wenigen natio- linie mit dem Bundesrat und dem bleibt, dann nur mit erheblichen fert. Und trotzdem nimmt die Kritik Kampf um einen Ausschluss von Kul- nalen Kultur(politik)forschungsinsti- Bundeskanzler – durchaus eine inte- Ausnahmetatbeständen, in jedem gerade an diesem letzten Erbe des tur bei der WTO verloren. tute sind hierbei leider keine Hilfe, ressante Koalition – mächtige Part- Fall jedoch die Ablehnung des Her- seinerzeit zuständigen Kommissars Dasselbe gilt für die zweite Bau- denn sie befassen sich nicht mit sol- ner. Daher haben wir die Hoffnung, kunftslandsprinzips auch zur Sicher- Bolkestein recht harte Formen an: stelle: Die Unesco-Konvention zur chen Fragen. Aber auch dies kennt dass die in unserer Stellungnahme stellung ereichter Sozial- und fach- Unzulässige Überschreitung der Kom- kulturellen Vielfalt, deren erster Ent- die Kulturpolitik seit langem. Unser (puk 2/05) formulierten Forderun- licher Standards. petenzen, Verstoß gegen den EU-Ver- wurf vom Juli 2004 zur Zeit in der Be- Motto bleibt daher, dass die Hoff- gen auch Gehör finden: u.a. sekto- trag, Überrumpelungsstrategie, Unbe- ratung ist. Kulturelle Güter und nung zuletzt stirbt. Immerhin gibt es rale statt horizontale Regelungen, Der Verfasser ist Vorsitzender des lehrbarkeit des Brüsseler Apparates Dienstleistungen sind Waren einer gerade bei der Dienstleistungsricht- falls es bei horizontalen Regelungen Deutschen Kulturrates bei höchst sensiblen Fragestellungen. besonderen Art, so heißt das Schlüs- Offenbar geht es nicht bloß um eher selargument gegen eine völlige Un- technische Fragen der Steuerbarkeit terwerfung unter eine Marktrationa- und Regulierung, sondern es geht um lität. Und weil dies so ist, müssen Na- tiefgehende Sorgen über Kompetenz- tionalstaaten auch weiterhin ihre ei- Fernsehen ohne Grenzen verteilungen und Zuständigkeiten. gene Kulturpolitik machen dürfen, Das Herkunftslandsprinzip im audiovisuellen Sektor • Von Verena Wiedemann Auch für die Kulturpolitik ist die- müssen also in der Verantwortung se Dienstleistungsrichtlinie von für kulturelle Vielfalt im eigenen Oft wird unterstellt, dass diejenigen, revidierte Fassung der Fernsehricht- Aber geht es ganz ohne Definition? höchster Bedeutung. Denn sie scheint Land bleiben. Auch hier gab es schon die für eine Ausnahme des audiovi- linie mit einem erweiterten Anwen- Ich glaube nicht, jedenfalls nicht zum einen den mühsamen Konsulta- recht früh eine Begehrlichkeit der suellen Sektors aus dem Anwen- dungsbereich vorzulegen, in der gänzlich. Ich schlage vor, unser Au- tionsprozess zu dem „Grünbuch zu EU, das Verhandlungsmandat für dungsbereich der Dienstleistungs- nicht mehr auf den technischen genmerk auf das Welthandelsab- Dienstleistungen von allgemeinem ihre Mitglieder zu bekommen. Dies richtlinie plädieren, gegen das Her- Übertragungsweg abgestellt wird. kommen über Dienstleistungen Interesse“ insofern zu unterlaufen, ist zwar nicht geschehen. Doch kunftslandprinzip sind. Das Gegen- Wegen der Konvergenz der Me- (GATS) zu richten. Es war immer als Fakten geschaffen werden sollen, immerhin gibt es eine Zuständigkeit teil ist der ;all. Alles was wir sagen, dien reicht es auch nicht aus, die schon die Position des Europäischen bevor dieser Prozess einen sinnvol- für solche Fragen, die die Gemein- ist, dass der audiovisuelle Sektor nach jetzigem Stand durch die Fern- Parlaments, dass die EU in ihren Ver- len Abschluss gefunden hat. Und als schaft als Ganzes betreffen. Aus mei- aufgrund seiner einzigartigen Bedeu- sehrichtlinie geregelten Fernsehpro- handlungen beim GATS die Beson- sinnvoller Abschluss wird eine Rege- ner Sicht liegt es auf der Hand: Mit tung für Demokratie, Medienplura- gramme aus dem Anwendungsbe- derheit des audiovisuellen Sektors lung über „Dienstleistungen von all- der Inkraftsetzung der Dienstleis- lismus, sozialen Zusammenhalt und reich der Dienstleistungsrichtlinie berücksichtigen muss. Es ist die er- gemeinem Interesse“ gesehen, also tungsrichtlinie hat man die Zustän- kulturelle Vielfalt Gegenstand einer auszunehmen. Vielmehr muss der klärte europäische Verhandlungspo- solchen Dienstleistungen, für die die digkeit der EU für alle darin geregel- eigenständigen Regelung sein muss. audiovisuelle Sektor in seiner Ge- sition, keine Zugeständnisse im Be- strengen Regeln des Binnenmarktes ten Bereiche anerkannt. Gehören samtheit ausgenommen werden, reich des audiovisuellen Sektors zu nicht gelten müssen und bei denen Kultur und Medien dazu, dann gibt usgangspunkt hierfür ist die will man der Bedeutung der Medien- machen, um die Europäische Ge- die öffentliche Hand weiter in der es kein nationales Verhandlungs- A Richtlinie (89/552 EG) „Fernse- konvergenz gerecht werden. meinschaft und die Mitgliedstaaten Verantwortung für eine kostengüns- mandat bei der Konvention mehr. hen ohne Grenzen“. Zentraler Bau- Wie aber soll diese audiovisuel- nicht in ihrem Anliegen, die kulturel- tige und flächendeckende Bereitstel- Für die nationale Kulturpolitik ist stein dieser Richtlinie ist das Her- le Ausnahmeregelung definiert wer- le und sprachliche Vielfalt zu fördern lung steht. Kultur und Rundfunk, so für die Beschreibung dieser Situati- kunftslandprinzip mit den Ziele ei- den? Müssen wir die Diskussion über und zu schützen, einzuschränken. der Deutsche Kulturrat, müssen on das Wort „Herausforderung“ fast nen Binnenmarkt für Fernsehpro- den Anwendungsbereich einer euro- An dieser Stelle erlangt die De- dazu gehören. Wäre dies eindeutig ein Euphemismus. Denn natürlich gramme zu schaffen. Das Herkunfts- päischen Inhalte-Richtlinie vorweg- batte eine überraschende neue po- geklärt, dann könnte man für den bleiben einstweilen die nationalen landprinzip birgt aber auch die Ge- nehmen, um die audiovisuellen litische Dimension. Was wäre, wenn verbleibenden (kommerziellen) Rest kulturpolitischen Fragestellungen er- fahr einer Abwärtsspirale der Regu- Dienste im Rahmen der Dienstleis- wir den audiovisuellen Sektor nicht an Dienstleistungen durchaus sinnvoll halten. Und diese sind angesichts der lierung in den Mitgliedstaaten, weil tungsrichtlinie zu bestimmen? Ich aus dem Anwendungsbereich der eine Richtlinie verabschieden. Doch Finanzkrise der öffentlichen Hände sie Unternehmen geradezu dazu meine, dass wir diese Schwierigkeit Dienstleistungsrichtlinie ausneh- auch dieses eigenartige Vorgehen, bei nicht klein. Zusätzlich müssen wir einlädt, in diejenigen Mitgliedstaa- vermeiden können. Mein erstes Ar- men würden? Dann würden wir al- dem scheinbar die rechte Hand (die uns nun nicht nur mit kulturpoliti- ten abzuwandern, in denen die nied- gument ist rein praktischer Art: Au- len unseren WTO-Verhandlungs- eine Richtlinie entwirft), nicht weiß, schen Akteuren auf internationaler rigsten gesetzlichen Anforderungen diovisuelle Dienste sind in der eu- partnern deutlich machen, dass wir was die linke Hand tut (nämlich Mei- Ebene (wie der Unesco) befassen: Wir gestellt werden. Aus diesem Grund ropäischen Gesetzgebung nirgend- die Besonderheit des audiovisuel- nungen zur Definition und Abgren- müssen uns auch um die Handels- ist die Wirkungsweise der Fernseh- wo definiert. Wir können also für len Sektors innerhalb der Gemein- zung von „Dienstleistungen von allge- und Wettbewerbspolitik der EU, der richtlinie auch optimal. Durch sie eine Definition nicht einfach auf be- schaft weder politisch noch gesetz- meinem Interesse“ einzuholen), er- OECD (PISA!) und der WTO küm- entsteht mit Hilfe des Herkunfts- stehende Gemeinschaftsregelun- lich künftig weiterhin anerkennen klärt noch nicht die Vehemenz, mit der mern. Mit Ausnahme des öffentlich- landprinzips ein gemeinsamer gen zurückgreifen. Mein zweites Ar- wollen. Statt dessen würden wir au- auch der Deutsche Kulturrat diesen rechtlichen Rundfunks ist der sehr Markt für Fernsehprogramme, und gument ist ein politisches: Was von diovisuelle Dienste nach europäi- Prozess begleitet und kritisiert. Diese heterogene „Rest“ des Kulturbereichs gleichzeitig legt die Richtlinie in einer künftigen europäischen Inhal- schem Recht genauso behandeln, erklärt sich vielmehr aus dem Kontext, für diese Problematik eher nicht so Schlüsselbereichen des öffentlichen te-Richtlinie erfasst sein soll und wie alle anderen Dienstleistungen in dem die Dienstleistungsrichtlinie gut aufgestellt. Es fehlen „Vorposten“ Interesses Mindeststandards fest, was nicht, sollte von der für den au- auch, ohne die besonderen kultu- gesehen werden muss. Und dieser in Brüssel (in Genf und Paris), es feh- die verhindern, dass eine Abwärts- diovisuellen Bereich zuständigen rellen Auswirkungen zu berücksich- Kontext – quasi die aktuelle kulturpo- lend Ressourcen, um die erhebliche spirale der Medienregulierung in Kommissarin und der Generaldirek- tigen. Das wäre genau das, was die litische Großbaustelle – betrifft den Papierproduktion rund um EU-Vor- Gang kommt. tion Informationsgesellschaft und Vereinigten Staaten seit über zehn Versuch, Kunst und Kultur weitgehend gänge überhaupt zu überblicken. So Richtig ist ferner, dass die Fern- Medien vorbereitet werden. Auch Jahren von uns verlangen. Wenn wir unter das Diktat rein ökonomischen spricht die Berichterstatterin zur sehrichtlinie aufgrund der Konver- der erforderlichen Diskussion im also unsere WTO-Verhandlungspo- Denkens zu stellen. Neben den Bau- Dienstleistungs-Richtlinie im Euro- genz der Medien technologisch ver- zuständigen Kulturausschuss des sition bei audiovisuellen Dienstleis- stellen „Dienstleistungsrichtlinie“ und päische Parlament davon, die Zahl altet ist. Daher begrüßen wir die An- Europäischen Parlaments und der Grünbuchprozess sind dabei der Änderungsanträge unter 800 zu kündigung von Frau Kommissarin Ratsarbeitsgruppe Audiovisuelles Weiter auf Seite 19 zumindest zwei weitere Baustellen halten (vgl. den Artikel von Karin Jun- Reding, zum Ende dieses Jahres eine sollte nicht vorgegriffen werden. EUROPA politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 19

beitsdefinition für audiovisuelle davon, welche Technologien ver- Produktion, die Distribution und die alle anderen Dienstleistungen be- Fortsetzung von Seite 18 Dienste. Als die Kommission ihre wendet werden, d.h. also sowohl tra- Kommunikation audiovisueller Inhal- trachtet und behandelt werden, Position für die GATS-Verhandlungs- ditionelle Übertragungsmittel, als te an die Öffentlichkeit, das heißt be- sondern eine ganz besondere Rolle tungen erfolgreich verteidigen wol- runde im Jahr 1999 definierte, for- auch Dienste, die auf der Anwen- wegte Bilder und/oder Ton, unabhän- für unsere Gemeinwesen spielen. len, dann ist es ein „Muss“, diesen mulierte sie folgendermaßen: dung neuer Technologien beruhen.“ gig von der verwendeten Technologie. Sektor aus dem Anwendungsbe- „Die europäische Gemeinschaft In der Tat hat die Europäische Ge- Das ist die beste Definition, um Die Verfasserin ist Mitarbeiterin reich der Dienstleistungsrichtlinie und ihre Mitgliedstaaten haben sich meinschaft schon immer den Stand- die Ausnahme für audiovisuelle des ARD-Vebindungsbüros Brüssel auszunehmen. für einen weiten Begriff der audio- punkt vertreten, dass neue Technolo- Dienste aus dem Anwendungsbe- Damit muss unsere Definition für visuellen Dienste ausgesprochen. Im gien keinen Einfluss auf die Klassifi- reich der Dienstleistungsrichtlinie Der Aufsatz fasst die Ergebnisse ei- die Ausnahme der audiovisuelle Kontext der Uruguay-Runde wurde zierung einer Dienstleistung nach zu bestimmen. Wenn es uns nicht ner öffentlichen Anhörung des Aus- Dienstleistungen aus der Dienstleis- deutlich, dass nach Ansicht der Eu- dem GATS-Abkommen haben sollen gelingt, den audiovisuellen Sektor schusses Kultur und Bildung des Eu- tungsrichtlinie die gleiche sein, die ropäischen Gemeinschaft hierzu alle und dass das GATS auch auf die Onli- auszunehmen, wäre das der Anfang ropäischen Parlaments zur Dienst- wir unseren GATS-Verhandlungen Aktivitäten zählen, die im weitesten ne-Übermittlung von digitalen Inhal- vom Ende unseres europäischen leistungsrichtlinie und den audiovi- zugrunde legen. In diesen Verhand- Sinne mit audiovisuellen Inhalten in ten anzuwenden ist. Der Begriff „au- Gesellschaftsmodells, in dem audi- suellen Medien Brüssel, 15. März lungen verwenden wir eine Art Ar- Zusammenhang stehen, unabhängig diovisuelle Dienste“ umfasst also die ovisuelle Dienste gerade nicht wie 2005 zusammen. Ein europäischer Irrweg Zur politischen Brisanz der EU-Dienstleistungsrichtlinie • Von Sigrid Skarpelis-Sperk

Wenige Projekte in der Europäi- Bisher sind auf der Grundlage des gelage verschiedener Regulierungen, lichen Gesetzgebung wäre die abseh- nachteiligung inländischer Unter- schen Union bargen in den letzten Subsidiaritätsprinzips Entscheidun- deren Einhaltung dem Herkunftsland bare Folge. Eine solche Entwicklung nehmen gegenüber ausländischen Jahren eine ähnliche politische Bri- gen in den oben genannten Bereichen des jeweiligen Dienstleisters oder den würde die Europäische Union einer Anbietern kommen. sanz wie der Vorschlag der Europäi- allein den Mitgliedsstaaten überlas- Herkunftsländern z.B. einer ARGE der wichtigsten Stützen ihres inneren Grundsätzlich ist es nicht akzep- schen Kommission für eine Richtlinie sen, um zu den nationalen, sozialen überlassen bliebe, wäre die unaus- Zusammenhaltes - der sozialen Aus- tabel, Bereiche wie Kultur und Me- zum Dienstleistungsbinnenmarkt. und kulturellen Interessen und Ge- weichliche Folge. gestaltung ihrer Marktwirtschaften - dien dem Kommerz zu unterwerfen. Diese vom ehemaligen EU-Kommis- pflogenheiten entsprechenden Über- Inakzeptabel ist und bleibt, dass berauben. Ein solches Vorgehen kann Kulturgüter wie eine facettenreiche, sar ;rits Bolkestein initiierte Richt- einkommen und Gesetzen zu kom- eherne Grundsätze der deutschen Ver- sich die europäische Politik nicht er- die regionalen Besonderheiten her- linie ist eine der komplexesten, wi- men. Dabei soll es im Bereich der au- fassung wie der EG-Verträge - die lauben – will sie nicht das Vertrauen vorhebende Theater- und Musik- dersprüchlichsten und komplizier- diovisuellen Medien und der Kultur Gleichheit aller Menschen vor dem der breiten Masse der Europäerinnen landschaft sind keine bloßen Markt- testen Gesetzesvorschläge, die von bleiben, um die Wahrung der kulturel- Gesetz - faktisch ausgehebelt würden, und Europäer verlieren. Güter. Sie sind vielmehr auch Grund- der Europäischen Kommission len Vielfalt in Europa zu garantieren. da die nationalen Rechtssysteme je Eine völlig neue Konzeption der säulen eines gesellschaftlichen Be- bisher angegangen wurden. Kern der Richtlinie ist das Her- nach Herkunftsland des Dienstleis- Richtlinie oder wenn das nicht durch- wusstseins, das sich gerade im An- kunftslandprinzip, wonach europä- tungserbringers große Unterschiede setzbar ist, eine grundlegende Überar- gesicht einer zunehmend intensive- iel der Richtlinie ist es, den 1986 ische Dienstleister bei der Ausübung aufweisen. Daraus wird nach dem vor- beitung ist dringlich. Das Herkunfts- ren und spürbaren Globalisierung Z in der „Einheitlichen Europäi- einer Tätigkeit im europäischen Aus- liegenden Vorschlag der absurde Fall landprinzip darf nur in den Bereichen als unverzichtbare Komponente der schen Akte“ vertraglich vorgesehe- land nur den Bestimmungen ihres entstehen, dass die heute zu Recht Anwendung finden in denen bereits Identität der jeweiligen Nationen nen, europäischen Binnenmarkt zu Heimatlandes unterworfen sind. beklagte gelegentliche Diskriminie- eine europäische Harmonisierung, und des sozialen Zusammenhaltes vollenden, indem dieser auf den rung ausländischer Unternehmen wie z.B. beim „e-commerce“, stattge- erweist. Dienstleistungssektor ausgeweitet Babylonische durch eine regelmäßige Diskriminie- funden hat. Bis zu dieser Harmoni- wird. Dienstleistungen tragen heute Rechtsverwirrung rung inländischer Unternehmen er- sierung muss nationales Recht gel- Die Verfasserin ist Mitglied des schon ca. 60-70% zum europäischen setzt wird, indem inländische Anbie- ten. Die öffentliche Kontrolle muss in Deutschen Bundestages, Mitglied Bruttosozialprodukt bei und neh- Die Umsetzung dieses Prinzips wür- ter dem Wettbewerb mit, z.B. durch jedem Falle bei den nationalen Be- des Ausschusses für Wirtschaft und men aus diesem Grund eine zentra- de ein bisher nicht da gewesenes niedrigere ausländische Steuern, So- hörden des Landes verbleiben, in Arbeit und Stellvertretende Vorsit- le Rolle in der Diskussion um Wachs- Rechtschaos auslösen, da in der Fol- zialabgaben, Löhne und Qualitäts- dem die Dienstleistungen erbracht zende der AG Wirtschaft und Arbeit tumspotentiale der Europäischen ge auf dem Boden eines EU-Staates standards begünstigten ausländi- werden und es darf nicht zu einer Be- der SPD-Bundestagsfraktion Union ein. 25 verschiedene Rechtsordnungen schen Anbietern ausgesetzt werden. Die Tatsache, dass es in einer Rei- in 21 verschiedenen Sprachen par- Den heimischen Unternehmen he von Branchen zu Einschränkun- allel zur Geltung kämen. Transpa- bleibt nur der Ruin oder die Abwan- gen ausländischer Dienstleister renz, Rechtssicherheit und eine ge- derung ins „günstigere“ Ausland, um kommt, die eine Geschäftstätigkeit ordnete Rechtsprechung, die als un- formal von dort aus ihre Geschäfte zu in einem europäischen Nachbarland verzichtbare Vorraussetzungen für betreiben. Hohe Arbeitsplatzverluste aufnehmen wollen, ist im Grunde jedes wirtschaftliche Handeln und wären die Folge. unumstritten. Die Dienstleistungs- jede soziale Ordnung angesehen Im kulturellen Bereich würden richtlinie in der von der Kommissi- werden müssen, sind vor diesem darüber hinaus auch Themen von der on vorgelegten Fassung ist jedoch Hintergrund kaum zu gewährleisten. Dienstleistungsrichtlinie erfasst, die - nicht das richtige Instrument, dieser Wie soll ein deutscher Richter 25 wie z.B. in der Fernsehrichtlinie - be- Problematik zu begegnen. Rechtssysteme beherrschen und in wusst nicht einheitlich geregelt wur- Der Vorschlag will die in der Lis- ihnen Recht sprechen? den. Ohne eine vorauslaufende Har- sabon-Strategie formulierten Wachs- Ein weiteres Problemfeld ist die monisierung könnte durch die Verla- tumsziele erreichen helfen, stellt Kontrolle der im Ausland tätigen gerung von Firmensitzen der Jugend- aber den weitestreichenden Eingriff Dienstleistungserbringer. Diese ver- schutz oder der Schutz der Menschen- in die nationale Souveränität der EU- bleibt nämlich den Brüssler Überle- rechte umgangen werden. Mitgliedsstaaten dar. Bisher national gungen zufolge bei den Behörden regulierte Bereiche wie Kultur, Bil- und Verwaltungen des Herkunfts- Harmonisierung statt dung und Gesundheit sollen nun eu- landes des Dienstleisters. Inwieweit Lohn- und Sozialdumping ropaweit geregelt und dem kommer- ist aber z.B. eine lettische Behörde ziellen Wettbewerb unterworfen in der Lage, die Einhaltung der Auf- Ein aus ordnungs- und sozialpoliti- werden. Mit diesem Vorhaben über- lagen bei einem in Spanien tätigen scher Sicht verheerendes gegensei- schreitet die Kommission jedoch die lettischen Architekten zu überprüfen tiges Herunterkonkurrieren der Mit- Momentaufnahme beim Parlamentarischen Gespräch DKR und WDR, v.l.n.r.: ihr in den EG-Verträgen zugestan- – sofern sie überhaupt gewillt ist, dies gliedsländer der EU hinsichtlich ih- , MdB; Sigrid Skarpelis-Sperk, MdB; Wolfgang Müller, SPD- denen Kompetenz. zu tun? Eine unübersichtliche Gemen- rer steuer-, sozial- und arbeitsrecht- Bundestagsfraktion Foto: Deutscher Kulturrat In Vielfalt geeint Richtlinie muss grundlegend überarbeitet werden • Von Eva-Maria Burger-;eß

Der Kulturbereich ist ein wesentli- päische Union lediglich unterstüt- bestehenden Hindernisse für die Nie- schaftlichen Tätigkeiten der Da- nie. Gerade diese Bereiche haben je- cher Bestandteil der Identität der zende, koordinierende oder ergän- derlassungsfreiheit von Dienstleis- seinsvorsorge finden. Der Kulturbe- doch weit reichende Bedeutung für Mitgliedstaaten und ihrer Regionen. zende Maßnahmen treffen darf (Ar- tungserbringern und für den freien reich gehört zur Daseinsvorsorge, da Demokratie, kulturelle Vielfalt sowie Mit Recht spricht der EG-Vertrag in tikel I-17). In den Zielen der Europäi- Dienstleistungsverkehr zwischen den Kultur zur geistigen Grundversor- Meinungsbildung und dürfen deshalb Artikel 151 im Plural von den „Kul- schen Union nennt der Verfassungs- Mitgliedstaaten beseitigen oder ver- gung des Menschen gerechnet wer- nicht auf die wirtschaftliche Dimen- turen der Mitgliedstaaten“ und der vertrag, dass die Union den Reichtum ringern. Ausgehend von einem weit den muss. Diese Zuordnung gilt sion reduziert und als gewöhnliche Wahrung der nationalen und regio- ihrer kulturellen und sprachlichen gefassten unscharfen Dienstleistungs- zumindest für den Teil, der ganz oder Handelsgüter betrachtet werden. Die nalen Vielfalt und macht damit deut- Vielfalt wahrt und für den Schutz und begriff umfasst der Richtlinienentwurf überwiegend öffentlich verantwor- deutschen Länder haben daher im lich, dass die Kulturhoheit bei den die Entwicklung des kulturellen Erbes einen sehr weiten Bereich wirtschaft- tet und finanziert wird. Aufgrund der Rahmen ihrer Bundesratsstellungnah- Mitgliedstaaten und ihren Regionen, Europas sorgt (Art. I-3). Trotz allem licher Tätigkeiten. Einzige Vorausset- finanziellen Engpässe in allen Berei- me zur Dienstleistungsrichtlinie vom in Deutschland bei den Ländern, hat in der Praxis die Politik der Euro- zung ist, dass es sich um eine entgelt- chen der öffentlichen Haushalte sind April 2004 gefordert, dass die europä- liegt. Gerade diese kulturelle Vielfalt päischen Union zunehmend auch liche Tätigkeiten handeln muss. auch Kulturangebote zunehmend ische Gemeinschaft dieser Tatsache ist es, was Europa kennzeichnet. Der direkte oder indirekte Wirkungen auf Die Richtlinie soll lediglich auf privat finanziert. Solche notwendi- Rechnung tragen muss. Sie verlangen Verfassungsvertrag hat dies treffend den Kulturbereich und damit die na- die Tätigkeiten keine Anwendung gen Angebote, die nicht die öffentli- deshalb die Herausnahme der audio- in seinem Motto „In Vielfalt geeint“ tionalen Kulturpolitiken. Auch der finden, die der Staat ohne wirtschaft- che Hand erbringt, sondern markt- visuellen Dienstleistungen, insbeson- zum Ausdruck gebracht. aktuelle Vorschlag der Europäischen liche Gegenleistung in Erfüllung sei- wirtschaftlich ganz oder teilweise dere der Bereiche Rundfunk und Film- Kommission für eine Richtlinie über ner sozialen, kulturellen, bildungs- auch der private Sektor, sind nach förderung, aus dem Anwendungsbe- rtikel 151 Abs. 5 EGV verbietet Dienstleistungen im Binnenmarkt politisch und rechtlichen Verpflich- der Definition jedoch vom Anwen- reich der Richtlinie. Dieser Forderung A daher auch ausdrücklich Har- gibt hier Anlass zur Sorge. tungen ausübt. Ebenfalls keine An- dungsbereich der Richtlinie erfasst. haben sich zahlreiche Vertreter der monisierungen in diesem Bereich. Im Der Anwendungsbereich der wendung soll die Richtlinie, mit dem Darüber hinaus fallen alle Medien deutschen Medienwirtschaft und europäischen Verfassungsvertrag ist Richtlinie soll – von zahlreichen Aus- Verweis auf das „Grünbuch zu (audiovisuelle Dienste, Hörfunk und klargestellt, dass die Kultur weiterhin nahmen abgesehen – für alle Dienst- Dienstleistungen von allgemeinem Pressevertrieb) unter den Anwen- Weiter auf Seite 20 ein Bereich bleibt, in dem die Euro- leistungstätigkeiten gelten und die Interesse“, auch auf alle nicht wirt- dungsbereich der geplanten Richtli- EUROPA politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 20

tung des Sekundärrechts zunehmend fahren in Frage. Die Sicherung des Die Besonderheit des kulturellen Auf ihrem Frühjahrsgipfel haben die Fortsetzung von Seite 19 die Tendenz zeigt, audiovisuelle Medien- und Meinungspluralismus, und audiovisuellen Bereichs im Staats- und Regierungschefs entschie- Dienste primär als Wirtschaftsgut die Frequenzknappheit, der Jugend- Rahmen der Handelsgüter wird den, dass die Richtlinie grundlegend In Vielfalt geeint zu regeln. Zum anderen ist unklar, schutz und der Verbraucherschutz auch im Verfassungsvertrag deut- überarbeitet werden muss. Die Länder wie sich das Verhältnis zu anderen erfordern aber besondere nationa- lich. Dort wird für den Bereich des werden den weiteren Beratungen auf- -politik angeschlossen. Zum einen Richtlinien, zum Beispiel der Richtli- le Zulassungssysteme. Aus Sicht der Handels mit kulturellen und audi- merksam folgen und sich in den wei- drohen durch die geplante Richtlinie nie „Fernsehen ohne Grenzen“ dar- Länder liegen Definition und Aus- ovisuellen Leistungen weiterhin teren Fortgang der Verhandlungen Wertungswidersprüche zwischen der stellt. Hier drohen divergierende gestaltung der Zulassungssysteme die Einstimmigkeit im Ministerrat entsprechend einbringen. externen Handels- und Kulturpolitik Rechtsrahmen für audiovisuelle In- in der alleinigen Kompetenz der vorgesehen. Damit ist ein klares der EU, die derzeit den besonderen halte, je nachdem auf welchem Weg Mitgliedstaaten und können des- Zeichen gesetzt, dass die Mitglied- Die Verfasserin ist stellvertretende Charakter der audiovisuellen Dienste sie übertragen werden. Schließlich halb nicht unter reinen Binnen- staaten ihren Einfluss in diesem Referatsleiterin des Referates bei den GATS-Verhandlungen strikt stellt die geplante Richtlinie das marktgesichtspunkten auf die Ge- Bereich nicht an die EU abgeben Europapolitik im Staatsministeri- verteidigt, während sie bei der Gestal- deutsche Rundfunkzulassungsver- meinschaft verlagert werden. werden. um Baden-Württemberg Kulturelle Vielfalt darf nicht dem Binnenmarkt geopfert werden Die EU-Dienstleistungsrichtlinie und die Kultur • Von ;ritz Pleitgen

Mit dem Richtlinienentwurf zu Dienst- der Seite der EU-Mitgliedstaaten in fallen. Was wären die Konsequen- leistungen im Binnenmarkt setzt sich der UNESCO für eine Konvention zen? Künftig müssten sich die Bun- die Europäische Kommission zum zum Schutz der kulturellen Vielfalt desländer, so die Bedingungen des Ziel, die noch zahlreich vorhandenen im Kontext der Handelsliberalisie- Richtlinienentwurfs, alle Änderun- Hindernisse im grenzüberschreiten- rung engagiert, in der Union aber gen ihrer Rundfunkgesetze bzw. den Dienstleistungsverkehr in der dieses Ziel der Vollendung des Bin- Staatsverträge, soweit diese sich mit Europäischen Union weiter zu besei- nenmarkts unterordnen will. Kabeleinspeisung oder Frequenzver- tigten. Die Richtlinie ist Teil der Stra- ARD und ZDF setzen sich des- gabe beschäftigten, von der General- tegie der Kommission, die so genann- halb an der Seite der Kulturwirt- direktion Binnenmarkt vorher ge- ten Lissaboner Ziele zu verwirklichen. schaft dafür ein, dass audiovisuelle nehmigen lassen. Dabei würde die Dienstleistungen gänzlich aus dem Prüfung nach den strengen Maßstä- ie neue Kommission mit ihrem Anwendungsbereich der Richtlinie ben der Verhältnismäßigkeit der D Präsidenten Manuel Barroso ausgenommen werden. Dienstleistungs-Richtlinie erfolgen. will die EU zum wettbewerbsfähigs- Die Dienstleistungs-Richtlinie fin- Deren einziges Ziel ist aber die Ver- ten wissensbasierten Wirtschaftsraum det nicht nur inzidenter auf den audi- wirklichung des Binnenmarkts. Eine der Welt machen. Sie strebt damit ovisuellen Sektor Anwendung, weil sie Sicherungsklausel, nach der die Mit- nicht zuletzt mehr Wachstum und Be- als horizontal angelegte Richtlinie gliedstaaten auch Erwägungen zum schäftigung in der EU an. Die Kom- sozusagen systemimmanent alle Schutz der kulturellen Vielfalt und Momentaufnahme beim Parlamentarischen Gespräch DKR und WDR, v.l.n.r.: mission läuft aber Gefahr, über das Dienstleistungen ungeachtet ihrer tat- des Medienpluralismus anstellen Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, MdB; , MdB; Laurenz Ziel hinaus zu schießen und bedeut- sächlichen Unterschiede erfasst. Nein, dürften, fehlt im Richtlinienentwurf. Meyer, MdB Foto: Deutscher Kulturrat same Errungenschaften des europäi- die Richtlinie ist sogar bewusst darauf Dieser Angriff auf die Rundfunk- schen Wirtschafts- und Sozialmodells angelegt, die Regelungskompetenz kompetenz der Mitgliedstaaten geht Richtlinie gefordert. Gemeint ist da- Anwendung finden sollte. Das aber allzu leicht zur Disposition zu stellen. der Mitgliedstaaten im audiovisuellen von dem im Richtlinienentwurf vor- mit, dass die Konvergenz der elektro- wäre ein entscheidender politischer Die Strategie der Kommission erfährt Sektor zu unterminieren. gesehenen sog. Verwaltungsverfah- nischen Medien dazu geführt hat, Rückschritt für die Forderung über deshalb zur Zeit deutliche Kritik aus ren aus. Er ist also keine Konsequenz dass die Fernsehrichtlinie technolo- eine Revision der Fernseh-Richtlinie dem Europäischen Parlament und aus Zentrale Instrumente des so kontrovers diskutierten Her- gisch veraltet ist. Sie regelt nur klas- doch bestimmte Mediendienste ei- den Mitgliedstaaten. Es geht bei die- kunftslandprinzips. Von diesem sische Fernseh-Programme, die ner europäischen Mindestregulie- ser Richtlinie aber nicht nur um Wirt- Der Richtlinienentwurf unterwirft ex- Prinzip gehen aber die potenziell fa- „point-to-multipoint“ übertragen rung zu unterwerfen. schafts- und Sozialpolitik. Das Richt- plizit einige zentrale Instrumentarien talsten Wirkungen für die Rundfunk- werden. Video-on-Demand und an- Statt dessen erlaubt doch die Gel- linienvorhaben droht in seiner gegen- der Mitgliedstaaten zur Verhinderung kompetenz der Länder aus. dere Mediendienste, die in Deutsch- tung der Dienstleistungs-Richtlinie wärtigen Form, auch Errungenschaf- der Medienkonzentration und zur land im Sinne des Mediendienste- eine ganz andere Strategie: Künftig ten der kulturellen und audiovisuellen Förderung der kulturellen Vielfalt im Zur Fernsehrichtlinie Staatsvertrags geregelt sind, sind von können internationale Medienkon- Politik in Europa zu unterminieren. Rundfunksektor der Aufsicht und vor- der geltenden Fernseh-Richtlinie zerne ihren Firmensitz in das Land Denn was für die Dienstleistungen herigen Genehmigung der Kommissi- Fernsehen ist bislang auf europäi- nicht erfasst. Deshalb fordern der Europäischen Union verlegen, von Handwerksmeistern, Wirtschafts- on. Das gilt etwa für Must Carry Re- scher Ebene in der Fernseh-Richtli- Deutschland und weitere Mitglied- das vermeintlich hinderliche medi- prüfern, Fremdenführern oder Soft- geln für die Kabelbelegung und die nie geregelt und müsste damit als staaten, dass der Anwendungsbe- enrechtliche Regulierungen abzu- ware-Spezialisten gilt, passt noch lan- Vergabe von Rundfunkfrequenzen. sektorielle europäische Regelung ei- reich der Fernseh-Richtlinie auf an- schaffen bereit ist. Diesen tendenzi- ge nicht auf audiovisuelle Dienstleis- Eigentlich müssten diese Instrumen- gentlich der Dienstleistungs-Richtli- dere elektronische öffentliche Medi- ell unregulierten Zustand könnte tungen. Die Rolle der - im weitesten te vom Geltungsbereich der Dienst- nie vorgehen. Hier soll außer Acht enangebote erweitert werden sollte. man dann in alle anderen Mitglied- Sinne - Kulturdienstleister ist vorran- leistungs-Richtlinie ausgenommen gelassen werden, dass der gegenwär- Diese Erweiterung soll im Sinne ei- staaten der Union exportieren. Wie gig nicht durch die Bereitstellung sein. Denn im Richtlinienentwurf tige Richtlinienentwurf an dieser Stel- ner abgestuften Regelungsdichte ge- lange wird es dann noch dauern, bis marktgängiger Produkte definiert, heißt es ausdrücklich, dass die Richt- le keineswegs eindeutig ist und nicht schehen, d.h. also mit unterschied- sich auch die deutschen Bundeslän- sondern besteht im Wesentlichen da- linie nicht auf den Telekommunikati- klar genug den Vorrang der Fernseh- lichem Regulierungsniveau je nach der im Standortwettbewerb gezwun- rin, Beiträge für die funktionsfähige onssektor anzuwenden ist, da dieser Richtlinie bezeichnet. Dieses Manko Massenwirksamkeit des Angebots. gen sähen, auf ihre medienrechtli- Demokratie, für eine pluralistische im sog. Telekom-Paket der Kommis- ließe sich sicher leicht durch eine Kommissarin Reding, die in der EU che Regulierungskompetenz nach Gesellschaft und für ein kulturell viel- sion schon im Jahre 2001 detailliert Klarstellung beheben. Damit scheint für die audivisuellen Medien zustän- und nach zu verzichten? fältiges Leben zu erbringen. Hierbei geregelt wurde. Zu diesem Paket zäh- sogar die Generaldirektion Binnen- dig ist, hat bereits angedeutet, dass Letztlich würde die Liberalisie- geht es auch um individuelle und ge- len auch Regeln zu Must Carry und zur markt einverstanden zu sein. sie sich einen entsprechenden Revi- rung der audiovisuellen Dienste, wie sellschaftliche Identitäten. Diese so Vergabe von Rundfunkfrequenzen. Sehr viel gravierender ist allerdings sionsvorschlag für die Fernseh-Richt- sie durch die Dienstleistungsrichtli- genannten meritorischen Güter las- Das Recht der Mitgliedstaaten, die schon der Umstand, dass die Fernseh- linie noch in diesem Jahr vorstellen nie in ihrer jetzigen Form zu erfolgen sen sich nicht in Euro und Cent auf- Einspeisung bestimmter Fernsehpro- Richtlinie ganz bewusst bestimmte könne. Ob dies tatsächlich geschieht, droht, auch die bisherige Position der rechnen und sind doch so wertvoll gramme in Kabelnetze festzulegen, ist Bereiche von der europäischen Har- ist aber noch keineswegs ausge- Europäischen Union bei den GATS- und geradezu unbezahlbar für die Ge- beispielsweise detailliert in der Uni- monisierung ausgenommen hat, um macht. Denn gegen diese Überlegun- Verhandlungen im Rahmen der WTO sellschaften, aber auch für die Wirt- versaldienst-Richtlinie geregelt. auf das Subsidiaritätsprinzip im Rund- gen formiert sich Widerstand, nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Aus schaftsstandorte in Europa. An Kultur- Ausgerechnet aber für die Verga- funksektor Rücksicht zu nehmen. Bei- nur von Seiten der Industrie, auch in gutem Grund sind die audiovisuellen dienstleistungen und ihre Erbringer be von Rundfunkfrequenzen und für spiele sind etwa die Regelungen zur der Kommission selbst. Dieser Wider- Dienste in der EU de facto von der in- können somit nur in sehr einge- Must Carry Regeln soll nach dem Wahlberichterstattung oder zu stand nährt sich aus grundsätzlichen ternationalen Handelsliberalisierung schränktem Maße die Maßstäbe des Willen der Kommission die Ausnah- sprachlichen Anforderungen an ideologischen Überzeugungen: Be- ausgeschlossen. Denn nur so erhal- Marktes und des Wettbewerbs ange- me von der Ausnahme gelten: Das Rundfunkprogramme. Aber auch der darf es im digitalen Zeitalter ten sich die Union und ihre Mitglied- legt werden. heißt, genau diese beiden Regelun- Hörfunk wurde bewusst nicht auf eu- überhaupt noch einer inhaltlichen staaten die Möglichkeit, audiovisuel- Es ist in diesem Zusammenhang pa- gen sollen in den Geltungsbereich ropäischer Ebene harmonisiert, weil Regulierung der elektronischen Me- le Dienste angemessen zu regulieren radox, dass sich die Kommission an auch der Dienstleistungs-Richtlinie es ihm an der ausreichenden grenzü- dien, oder könnte man Werberegeln und zu fördern. Dies dient dem Ziel, berschreitenden Dimension fehlt. und Jugendschutz nicht einfach der die kulturelle Vielfalt und den Medi- Jetzt soll in all diesen Bereichen freiwilligen Selbstkontrolle der Indus- enpluralismus zu bewahren und zu das Herkunftslandprinzip der Dienst- trie überlassen? Hat diese Multikanal- stärken. Aus diesem Grund engagiert leistungs-Richtlinie gelten, und das welt wirklich noch etwas mit Kultur sich die Union an der Seite der Mit- ohne eine vorherige Mindestharmo- zu tun, oder ist sie nicht vielmehr nur gliedstaaten in der UNESCO auch für nisierung. Bei der Weiterleitung von ein großer Marktplatz, der sich allein eine internationale Konvention für europäischen Radiosendern inner- nach Angebot und Nachfrage regelt? die kulturelle Vielfalt. Es wäre also – halb Deutschlands würde dies also Diese Überlegungen sind auch wie bereits eingangs kurz skizziert - beispielsweise bedeuten, dass für sie für die Zukunft des öffentlich-recht- deshalb völlig unverständlich, wenn nur noch die Regeln zur Werbung lichen Rundfunks unmittelbar rele- die EU diese Haltung im Rahmen der und zum Jugendschutz aus ihrem vant. Sie spielen aber auch im Zu- Handelsliberalisierung verteidigte, Ursprungsland gelten würden. sammenhang mit der Dienstleis- zugleich aber innerhalb der EU dar- Dies alles stellt sehr gravierende tungs-Richtlinie eine große Rolle. an ginge, die Besonderheiten der au- Eingriffe in die Rundfunkkompetenz Denn würde die Richtlinie in der vor- diovisuellen Dienste den Gesetzmä- der Mitgliedstaaten dar. Aber die größ- geschlagenen Form in Kraft treten, ßigkeiten des Binnenmarktes zu op- te Gefahr liegt in einer bisher noch würde das Prinzip anerkannt, dass in fern. Die Verhandlungsposition der völlig verkannten politischen Dimen- den elektronischen Medien, also EU im Rahmen des GATS würde da- sion dieses Regelungsvorschlags. vom Radio über bestimmte Bereiche mit Glaubwürdigkeit und Wirkung Schon seit längerem wird eine des Fernsehens bis hin zu den neu- verlieren. Momentaufnahme beim Parlamentarischen Gespräch DKR und WDR, v.l.n.r.: Revision der Fernseh-Richtlinie im en Mediendiensten, das reine Her- Thomas Silberhorn, MdB; Mitarbeiter Deutscher Bundestag; , MdB Sinne der Weiterentwicklung dieser kunftslandprinzip ohne jegliche eu- Der Verfasser ist Intendant des Foto: Deutscher Kulturrat Richtlinie hin zu einer sog. Inhalte- ropäische Mindestharmonisierung Westdeutschen Rundfunks EUROPA / KULTUR UND RECHT politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 21

EU-Richtlinien über Dienstleistungen und Fernsehen Rolle des Bundestages bei EU-Vorhaben neu definieren • Von Thomas Silberhorn

Mit dem Vorschlag der Europäi- tive der Kommission gegeben und tung der Dienstleistungsrichtlinie, le Medien zumindest teilweise nicht meldung, ob und inwieweit die Be- schen Kommission für eine Richtli- zudem an den regelmäßig mehrere während der französische Staatsprä- einzubeziehen. Schließlich sollte die schlüsse des Bundestages in den nie über Dienstleistungen im Bin- Jahre dauernden vorbereitenden Ar- sident die „totale Ablehnung“ an- Revision der Fernsehrichtlinie mit Ministerrat eingebracht und durch- nenmarkt und mit der ,orderung beiten teilgenommen, worüber kündigte. Dies wird freilich nichts dem Ziel der Einbeziehung des digi- gesetzt werden konnten. nach einer Revision der ,ernseh- allerdings der Bundestag jeweils daran ändern, dass die Kommission talen Sektors und von online-Ange- Solche Verfahrensweisen mögen richtlinie geraten kulturelle und au- nicht unterrichtet wird. Auch der an ihrem Entwurf nichts ändern boten gleich mit erledigt werden, erklären, weshalb öffentliche Auf- diovisuelle Dienstleistungen derzeit Entwurf der Dienstleistungsrichtli- wird. Vielmehr liegt der Ball nun wofür freilich ein gesonderter Vor- merksamkeit für EU-Vorhaben so erneut auf die Agenda der EU. Mehr nie ist in seinen Grundzügen selbst- beim Europäischen Parlament und schlag der Kommission erforderlich schwer zu erzielen ist und oft auf noch als streitige Inhalte werfen verständlich mit den nationalen Re- anschließend beim Ministerrat. Die wäre. Skandalberichterstattung beschränkt das Verfahren und der Verlauf der gierungen abgestimmt. Schließlich Regierungen werden also selbst ihre Auch wenn die Debatte bislang bleibt. In der mangelnden Transpa- öffentlichen Debatte grundlegende ist die Vollendung des Binnenmarkts Änderungswünsche präzisieren und von Sachlichkeit kaum getrübt war: renz der Entscheidungsfindung ,ragen zum Umgang mit EU-Vorha- für Dienstleistungen ein Kernpunkt Mehrheiten dafür organisieren müs- Gerade deshalb ist es wohl gelungen, dürfte auch eine der wesentlichen ben in Deutschland auf. der so genannten „Lissabon-Strate- sen. in Deutschland eine öffentliche Dis- Ursachen für die schwindende Ak- gie“ der Staats- und Regierungs- Die kulturellen und audiovisuel- kussion über die Dienstleistungs- zeptanz der europäischen Integrati- rotz der weit reichenden Bedeu- chefs, die EU bis 2010 zum „wettbe- len Dienstleistungen verdienen richtlinie anzustoßen. Wie nur selten on liegen. T tung der Dienstleistungsrichtli- werbsfähigsten und dynamischsten dabei besondere Aufmerksamkeit. zuvor besteht damit die Chance, im Was Not tut ist daher, wichtige nie selbst für die Medien fand der wissensbasierten Wirtschaftsraum Schließlich geht es hier nicht nur um Rahmen eines breiten Diskurses Ein- Vorhaben der EU in den Mitglied- bereits im Februar 2004 unterbreite- der Welt“ zu machen. Wachstum und Wettbewerbsfähig- fluss auf die Beratungen in Europäi- staaten vor der jeweiligen nationa- te Kommissionsvorschlag in der Dementsprechend hat der Euro- keit, sondern auch um den Erhalt schem Parlament und Ministerrat zu len Öffentlichkeit zur Diskussion zu deutschen Öffentlichkeit erst Auf- päische Rat am 22./23. März 2005 in von kultureller Vielfalt und Medien- nehmen. stellen. Die nationalen Parlamente merksamkeit, als Journalisten ein Brüssel die zentralen Ziele bekräf- pluralismus. Aus diesem Grund be- Dabei werden manche Defizite in sind dafür die geeigneten Foren. Sie Jahr später im Februar 2005 die mas- tigt, Wachstum und Beschäftigung darf die geplante Einführung des der Befassung mit EU-Vorlagen zu müssen ihre Rolle bei der Mitwir- senhafte Beschäftigung osteuropäi- zu fördern und die Wettbewerbsfä- Herkunftslandprinzips, demzufolge Tage treten. So hat der Deutsche kung an der EU-Rechtsetzung neu scher Arbeitnehmer zu Dumping- higkeit zu stärken. Hierzu müsse der Erbringer einer Dienstleistung Bundestag zwar eine Stellungnah- definieren. So soll etwa der Deutsche konditionen in niedersächsischen „der Binnenmarkt für Dienstleistun- lediglich den Bestimmungen seines me zur Dienstleistungsrichtlinie ab- Bundestag erweiterte Informations- Schlachthöfen aufdeckten. Der lau- gen in vollem Umfang funktionieren, Herkunftslandes unterliegt, einer gegeben, die aber die Bundesregie- und Beteiligungsrechte gegenüber te Ruf, Lohn- und Sozialdumping zu wobei zugleich das europäische So- kritischen Überprüfung. rung nicht beachten, sondern ledig- der Bundesregierung erhalten. Denn unterbinden, trifft zwar die Stim- zialmodell zu wahren ist“. Deshalb Im audiovisuellen Bereich ist lich berücksichtigen muss. Welche je mehr die Bundesregierung in mungslage der aufgebrachten Bevöl- „fordert der Europäische Rat, dass zwar das Herkunftslandprinzip in Position die Bundesregierung ein- Brüssel und nicht in Berlin entschei- kerung. Doch die schnell geforder- im Rahmen des Rechtsetzungsver- Fernsehrichtlinie, Telekompaket nimmt, bleibt ihr überlassen und det, desto effizienter müssen die Par- ten Änderungen der Dienstleis- fahrens alle Anstrengungen unter- und eCommerce-Richtlinie veran- für Dritte im Unklaren, insbeson- lamentarier ihre Kontrollfunktion im tungsrichtlinie werden das Problem nommen werden, damit ein breiter kert. Insoweit bedarf es jedoch einer dere wenn divergierende Auffassun- Hinblick auf das Verhalten der Bun- schon deshalb nicht lösen können, Konsens herbeigeführt werden Klarstellung, dass diese bereichsspe- gen zwischen verschiedenen Res- desregierung im Ministerrat wahr- weil die Richtlinie mangels Verab- kann, der allen Zielen gerecht wird.“ zifischen Regelungen nicht durch sorts bestehen. nehmen. schiedung nicht die Ursache der Die Staats- und Regierungschefs üb- allgemeine Bestimmungen der Die Verhandlungen in den vor- festgestellten Missstände sein kann. ten sich damit erfolgreich in der Dienstleistungsrichtlinie verdrängt bereitenden Arbeitsgruppen des Der Verfasser ist Mitglied des Reaktive Reflexe dieser Art statt Quadratur der Kreises – ein Klassi- werden können. Im Übrigen wäre es Rates und im Ausschuss der Ständi- Deutschen Bundestags und Mitglied proaktiver Politik kennzeichnen viel- ker der Gipfellyrik. ein gangbarer Weg, in Form einer gen Vertreter betrachtet die Bundes- im Ausschuss für die Angelegenhei- fach die Behandlung von EU-Ange- Ungeachtet dieses Konsenses im Positivliste den Anwendungsbereich regierung ohnehin als reines Regie- ten der Europäischen Union sowie legenheiten. Dabei haben alle Bun- Europäischen Rat forderte der deut- des Herkunftslandprinzips exakt rungsgeschäft, über das der Bun- im Rechtsausschuss des Deutschen desregierungen nicht selten selbst sche Bundeskanzler vor den Mikro- einzugrenzen. Dann wäre es möglich, destag nicht unterrichtet wird. Es Bundestages, Mitglied im Parteivor- die Anregung zu so mancher Initia- fonen eine grundlegende Überarbei- den Kulturbereich sowie audiovisuel- erfolgt noch nicht einmal eine Rück- stand der CSU Von den Schattenseiten der Kunst Archaisches System der Besteuerung ausländischer Künstler • Von Dick Molenaar

Deutschland ist ein schönes Land auch die Steuerverwaltung gegenü- len”. Vor dem Hintergrund dieser und kann sich der grenzüberschrei- ber (ausländischen) Künstlern, so- Regelung als auch vor derjenigen des tenden Anerkennung seiner kultu- weit es um eine gerechte Behand- Art. 13 A Abs. 1 n) der 6. EG-Richtli- rellen Errungenschaften sicher lung im Bereich der Besteuerung nie ist der kundige Betrachter nicht sein. Es gibt eine Vielzahl von Aus- geht. Als Außenstehender ist nicht zu überrascht darüber, dass die früher stellungen und künstlerischen Auf- verstehen wovor eigentlich Deutsch- noch weiter eingeschränkte Mög- tritten, nicht nur von deutschen land Angst hat. lichkeit der Freistellung von Einzel- Kunstschaffenden sondern auch künstlern im Wege der Vorabent- von solchen aus dem Ausland. Das Umsatzsteuerprobleme scheidung des BGH durch den Euro- Publikum ist an kleinen und großen (und –möglichkeiten) päischen Gerichtshof (EuGH) als Namen interessiert, was wiederum nicht gemeinschaftsrechtskonform die Personengruppe von Künstlern Im Bereich der Umsatzsteuer liegt erachtet wurde. In der Rechtssache inspiriert. Wenn ich in Deutschland das Problem bei der (Nicht-)Anwen- Matthias Hoffmann (Urteil 3.4.2003, bin (zum Beispiel in Berlin, München dung der Freistellungsmöglichkei- C-144/00) nämlich entschied das oder dem Ruhrgebiet), gehe ich ten, die das nationale und europäi- Gericht, dass die früher vorgesehe- gerne zu Theateraufführungen, in- sche Recht für kulturelle Einrichtun- ne generelle Unterscheidung bei der teressanten Pop- und Jazzkonzer- gen und Individualkünstler bietet. Befreiung zwischen Einzelkünstlern ten, großartigen Museen und eigen- Arbeiten diese Personen für ein und Gruppen gegen die 6. EG-Richt- tümlichen Kunsthallen. deutsches Theater, Konzerthaus, linie verstößt, denn es ergab sich für Museum oder eine Kunsthalle, wer- die ausschließliche Freistellung von eider gibt es aber auch eine den ihre Leistungen oft nicht als Gruppen kein Rechtfertigungs- L Schattenseite im Zusammen- gleichwertig im Vergleich mit öffent- grund. Das Bundesfinanzministeri- Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare Foto: Archiv hang mit der Kunst in Deutschland, lich-rechtlich organisierten Einrich- um (BMF) hat die Fehlinterpretati- nämlich den Bereich der Besteue- tungen angesehen. Darüber hinaus on der europäischen Richtlinie ein- und welche nicht. Inzwischen sind haupt den Weg der Steuerbefreiung rung von (ausländischen) Bühnen- wird in der Praxis oft eine 16 %ige gestanden und regelte im Wege eines weitere Verfahren bei Gerichten beschritten hat. Die 6. EG-Richtlinie künstlern. Die Form der Besteue- Umsatzsteuer von der Gage in Abzug Schreibens am 31.7.2003, wie bis zur wegen der Befreiung der Dirigenten bietet für die Umsatzsteuer in Anla- rung ist altmodisch, schwerfällig und gebracht was – vorsichtig ausge- Änderung des Gesetzes zu verfahren und Regisseure anhängig gemacht ge H alternativ auch die Möglichkeit zum Teil für den ausländischen Be- drückt - fremdartig erscheint, da ist. worden. Nicht auszuschließen ist, die Eintrittseinnahmen für Konzer- trachter unverständlich. Auch nach- allenfalls Umsatzsteuer i.H.v. 7% ge- Leider hatte das BMF nicht den dass der Europäische Gerichtshof te, Theater und Museen allgemein dem der Europäische Gerichtshof schuldet wird. Jens Michow hat Mut gehabt, die m.E. (klare) Ent- erneut deutliche Worte sprechen gesehen unter einen ermäßigten (EuGH) in Luxemburg für Kenner der hierzu bereits einen Artikel in puk scheidung des EuGH in dem Sinne muss. Der Nachteil besteht bei der Umsatzsteuersatz zu bringen. Viele Branche im Sinne einer gerechten März-April 2005, S. 22, veröffent- umzusetzen, dass nicht nur indivi- in Deutschland gewählten Verfah- EU-Länder, wie z.B. die Niederlande, Besteuerung geurteilt hat aber auch licht, der auf die wesentlichen Pro- duell auf der Bühne auftretende rensweise darin, dass erst Jahre spä- haben ausschließlich diese Möglich- nach Vorstößen der Europäischen blemstellungen eingeht. Künstler begünstigt werden, son- ter die bestehende Ungleichbe- keit genutzt. Der ermäßigte Umsatz- Kommission in Brüssel im Wege des Die Freistellung wird nicht für dern auch solche, die kein Instru- handlung festgestellt wird, steuersatz ist wohl überwiegend vor- Vertragsverletzungsverfahrens alle Gruppen von Steuerschuldnern ment spielen, wie Dirigenten oder mittlerweile aber viele deutsche teilhafter als eine Umsatzsteuerbe- scheint Deutschland noch immer aus dem Bühnenbereich gewährt. aber auch Regisseure und Bühnen- und ausländische Betroffene wegen freiung ohne Berechtigung zum Ab- sein archaisches Steuersystem bei- Ein Teil der Betroffenen wird m.E. bilder. Diese einschränkende Inter- eingetretener Verjährung nicht zug der Vorsteuer. In der Berliner behalten zu wollen. Es gibt im Be- willkürlich aus der Begünstigung pretation wird von den zuständigen mehr im Wege der richtigen Besteu- Zeitung vom 28.01.2005 habe ich z.B. reich der Besteuerung zwei große ausgeklammert, worauf später noch Behörden der Bundesländer unter- erung kompensiert werden können. gelesen, dass das Berliner Ensemble Problembereiche für Bühnenkünst- einmal eingegangen wird. Dieser stützt, die in der Praxis für die Ertei- Warum agiert Deutschland nicht neben seinen Subventionen unge- ler: (1) die Umsatzsteuerbefreiung Umstand befremdet, sind doch Leis- lung der für die Gewährung der Frei- flexibeler, zumal die Folgen für das fähr 23 % selbst erwirtschaftete Ein- für die Leistungen der kulturellen tungen von Individuen Teil der zen- stellung erforderlichen Bescheini- Staatsbudget gering sind? nahmen erzielt. Daraus könnte der Einrichtungen, und (2) die Ertrags- tralen Aktivitäten einer kulturellen gung zuständig sind. Auch muss mit berücksichtigt Rückschluss gezogen werden, dass besteuerung. Einrichtung i.S.d. § 4 Nr. 20(a) des An diesem Verhaltensmuster werden, dass die Steuerbefreiung sich die normale Umsatzbesteue- So flexibel und herausragend Umsatzsteuergesetzes. Dieses verdeutlicht sich die Tragödie der nicht immer vorteilhaft ist. Dabei ist rung günstiger auswirkt als eine Um- Deutschland bei der Förderung spricht nämlich über Umsätze deutschen Steuergesetzgebung bei zu berücksichtigen, dass der Vorsteu- satzsteuerbefreiung, es sei denn der künstlerischer Äußerungen ist, um “gleichartiger Einrichtungen anderer der Erfassung und Abgrenzung von erabzug verloren geht, was zu Nach- so konservativer und engstirniger ist Unternehmer, …… wenn sie die glei- Berufsbildern, welche für die Be- teilen führen kann. Daher ist es be- Weiter auf Seite 22 der deutsche Gesetzgeber und damit chen kulturellen Aufgaben …… erfül- günstigung in Betracht kommen fremdlich, dass Deutschland über- KULTUR UND RECHT politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 22

zu erwartenden Grad an Gastfreund- chende Reaktion i.S.d. Gemein- Fortsetzung von Seite 21 lichkeit vermissen. schaftsrechts gesehen hat. In der Praxis wird gegen die zuvor Insbesondere auf Grund des zu- Die Künstlerbesteuerung beschriebene Wirkungsweise der vor genannten EuGH Verfahrens FKP aus europäischer Sicht Besteuerung an der Quelle einge- Scorpio Konzertproduktionen GmbH wendet, dass das nachgelagerte sog. hat das BMF am 17.10.2004 amtlich Staat möchte verhindern, dass seine vereinfachte Erstattungsverfahren geregelt, dass die von den ausländi- Subventionen, wegen der Erfassung als Problemlösung dienen kann (§ 50 schen Künstlern einbehaltene Ab- des Zuschusses bei der Umsatzbe- Abs. 5 Satz 2 Nr. 3 EStG). In diesem zugsteuer bei Einspruch und Bean- steuerung als zusätzliches Entgelt, Verfahren kann der Künstler nach tragung der Aussetzung der Vollzie- steigen müssen. dem Auftritt einen Antrag auf Erstat- hung nicht abzuführen ist. Es bleibt Deutschland sollte m.E. die in tung stellen und so die zuviel gezahlte zu hoffen, dass Aussetzung der Voll- der 6. EG-Richtlinie verankerten Steuer zurückerhalten. Dieses Verfah- ziehung nicht bedeutet, dass später Möglichkeiten ausgewogener nutz- ren ist leider aber zu kompliziert, denn wieder ein Grund gesucht wird, die bar machen. es müssen die Originalbelege beige- unberechtigt einbehaltene Steuer fügt werden; des Weiteren dürfen nur unter einem anderen Vorwand nicht Einkommensteuerpro- die direkten Kosten abgezogen wer- auszuzahlen. bleme und -möglichkeiten den. Schließlich wird auch nur die Es steht die Frage im Raume, wa- Steuer erstattet, die vom Veranstalter rum sich Deutschland nicht interna- Die steuerlichen Probleme sind an das Finanzamt abgeführt wurde. In tionalen Erkenntnissen bei der Quel- leider im Bereich der Einkommen- der Praxis pflege ich zu sagen, dass es lenbesteuerung anpasst. Gute Bei- steuer noch gravierender, soweit es sich eigentlich um ein „erschwertes spiele zeigen das Vereinigte König- um die korrekte steuerliche Erfas- Erstattungsverfahren“ handelt, weil reich und das Königreich der Nieder- sung von ausländischen Bühnen- wegen der bestehenden Probleme nur lande, die schon seit Jahren einen künstlern geht. Dieses verdeutlicht wenige ausländische Künstler einen Kostenabzug bei der Quellenbesteu- Dick Molenaar in seinem Büro in Rotterdam Foto: Tim Zonne sich daran, dass 21,1 % der Brutto- Antrag stellen. Pro Jahr sind es z. Zt. erung zulassen. Des Weiteren erlau- gage selbständiger Künstler (ein- weniger als 100. ben diese Länder zusätzlich, im daraus ein potentieller Ertrag von € richtungen auf Regisseure, Dirigen- schließlich SolZ) als Quellensteuer Zur Entlastung beigetragen hat die Wege der Einkommensteuerveranla- 6,7 Mio. Bei einer zu erkennenden ten und Bühnenbilder ausdehnen. im Wege des Steuerabzugs erhoben eingeführte Staffelbesteuerung für gung ggf. weiter bestehende Erstat- Kostenbelastung von durchschnitt- Will man den Kultureinrichtungen werden, ohne dass die Möglichkeit Kleinkünstler. Für diese Vertreter des tungen durchzusetzen. In beiden lich 75 % beträgt der steuerpflichti- einen steuerlichen Vorteil verschaf- eingeräumt wird, vor der Erhebung Geschäfts mit der Kunst gelten ab 2002 Ländern begutachtet ein speziali- ge Nettoertrag ca. €1,68 Mio. Die Be- fen ist auch in Erwägung zu ziehen, der Steuer Kosten bereits an der geringere Bruttosteuersätze bei Gagen siertes Finanzamt die Anträge auf völkerung in Deutschland ist 5-mal diese Unternehmer dem ermäßigten Quelle in Abzug zu bringen. Die Wir- unter € 1.000 pro Person pro Auftritt. Kostenberücksichtigung. Die dort größer als die in den Niederlanden, Steuersatz mit Vorsteuerabzug zu kungsweise der in § 50a Abs. 4 EStG Auch die Senkung des Steuersatzes arbeitenden Beamten haben eine wobei beide Länder ökonomisch zu unterwerfen. verankerten Quellensteuererhebung von 25% der Einnahmen auf 20% ab umfassende Sachkenntnis aufge- vergleichen sind. Bei einem Steuers- Auf der anderen Seite steht der von den Einnahmen verdeutlicht 1. Januar 2003 führte zu einer zu be- baut und können die Kostenstruktur atz in Deutschland von 21,1 % (ein- Bereich der Einkommensteuer, in sich an folgendem Beispiel: grüßenden Entlastung. wegen der eigenen Erfahrungen schl. SolZ) dürfte die deutsche Ab- dem Deutschland erhebliche ge- eine ausländische Popgruppe Trotz dieser Bestrebungen ist postwendend beurteilen. zugsteuer in 2002 deswegen maxi- meinschaftsrechtliche Probleme hat. mit 4 Musikern erhält eine Gage von Deutschland leider für viele ausländi- Das Problem in Deutschland be- mal € 33,5 Mio. eingebracht haben. Es sieht im Ergebnis für Deutschland € 8.000 für ein Konzert in Deutsch- sche Künstler ein Land, das wegen der steht darin, dass es keine Erkenntnis- Bei einer gerechten Form der Be- nicht gut aus, in der Ecke der Verlie- land. Die Kosten für Transport, Ton, verbliebenen Belastungen eine Förde- se über die Kostenstruktur bei Kon- steuerung würden sich die Steuer- rer zu stehen. Die Rechtsentwicklung Licht, Agent, Manager, Techniker, rung des internationalen Kulturaus- zerten gibt und dass dadurch bedingt aufnahmen auf € 8,5 Mio. verringern. auf der Ebene des EuGH ist nach der Hotels, Essen, Trinken, usw. betragen tausches verhindert. Aber Europa übt die favorisierte Einnahmenbesteue- Beide Summen sind nicht so Arnoud Gerritse Entscheidung noch € 6.000, so dass ein Gewinn von € Druck auf Deutschland aus, bezieht rung zu einer Last wird. Der in hoch, dass man sie als tragend be- nicht beendet und wird sich mit Scor- 2.000 verbleibt. Betrachtet man nur man die Regelungen des EG-Vertrages Deutschland ansässige Unternehmer zogen auf den Staatshaushalt anse- pio, Centro Equestre und Stauffer den Gewinn könnte man sagen, die- in Betrachtung mit ein. In der Arnoud würde sich der beschriebenen Ver- hen müsste. Bezieht man noch die noch weiter entwickeln. Das Ergeb- ser sei nicht schlecht für ein einzi- Gerritse Entscheidung des EuGH vom fahrensweise widersetzen; zudem lie- Kosten des Staates aus der Überprü- nis wird sein, dass Deutschland ge- ges Konzert. Bei Berücksichtigung 12.06.2003 (C-234/01) ist entschieden ße das deutsche Verfassungsrecht fung und Überwachung mit ein wird zwungen sein wird in jeder Phase der der deutschen Einkommensteuer worden, dass das deutsche Beteue- eine solche Verfahrensweise nicht zu. erkennbar, dass er eigentlich einen Besteuerung, auch bei ausländischen (incl. SolZ) von 21,1 % auf € 8.000, rungssystem für ausländische Künst- Warum aber werden ausländische „Verlust“ aus dieser potentiellen Künstlern, Steuern vom Nettoergeb- beträgt der Steuerabzug aber € 1.688. ler nicht gemeinschaftsrechtskonform Künstler anders, d.h. ungünstiger be- Steuerquelle erzielt. Mehr Realismus nis zu erheben. Daher sei die Frage Das entspricht bei einem Gewinn ist. Das Gericht hat festgestellt, dass handelt? In den Niederlanden haben bei der Steuererhebung würde erlaubt, warum sich der deutsche von € 2.000 einem durchschnittli- Kosten abgezogen werden dürfen. Ver- wir eine Untersuchung durchgeführt, Deutschland bei ausländischen Gesetzgeber und das BMF nicht chen Steuersatz von 84,4 % bezogen bliebene Zweifel dahingehend, ob und wonach die Kostenbelastung bei 2500 Künstlern ein mehr positives Gesicht schon heute in die europäische Ent- auf das Nettoergebnis! Steuern in in welchem Umfang der Kostenabzug Auftritten in 3 Jahren (2001-2004) verschaffen als das bisher bestehen- wicklung einer ehrlichen Künstlerbe- dieser Größenordnung zahlen selbst bereits an der Quelle zu gewähren ist analysiert wurde. Das Ergebnis war de System der Diskriminierung. steuerung einreiht? Der Steuerausfall Großverdiener nicht! Zurück in ih- bzw. ob eine in Deutschland gewähr- deutlich. Es wurde nämlich erkenn- ist gering; die Verwaltungskosten ver- rem Wohnsitzstaat versuchen diese te ertragsteuerliche Steuerbefreiung bar, dass die durchschnittliche Belas- Bleibt Deutschland in der ringern sich; alle Seiten hätten ge- Künstler eine Steueranrechnung auch für ausländische Institutionen tung bei 75 % der Einnahmen liegt. Defensive? wonnen. durchzusetzen. Unterstellt der per- gilt, werden in den laufenden Verfah- Der Ausfall von Steuereinnah- Deutschland hat die Möglichkei- sönliche Steuersatz beträgt durch- ren von FKP Scorpio Konzertproduk- men darf für Deutschland nicht das Als Außenstehender bin ich über die ten aus der Defensive zu kommen schnittlich 35 % auf den Gewinn von tionen GmbH (C-290/04), Centro Argument sein, an der dargestellten defensive Haltung der deutschen Fi- und einer offensiveren und positive- € 2.000 sind das lediglich € 700. Da- Equestre da Leziria Grande Lda (C- ungerechten Form der Besteuerung nanzbehörden gegenüber (ausländi- ren Taktik zu folgen. Deutschland mit „erwirtschaftet“ nur dieses ein- 345/04) und Centro di Musicologia von ausländischen Künstlern festzu- schen) Künstlern erstaunt. Eine of- würde es gut zu Gesicht stehen, die zelne Konzert eine Übermaßbesteu- Walter Stauffer (C-386/04) geklärt wer- halten. Eine Untersuchung des nie- fensivere Haftung wäre durchaus an- Türen für die Verständigung der Völ- erung von € 1688 – €700 = € 988! Die- den. Darüber hinaus hat die Europä- derländischen Finanzministeriums gebracht. ker weit zu öffnen. Nicht zuletzt ser Umstand trägt dazu bei, dass sich ische Kommission im Oktober 2004 aus dem Jahr 2002 ergab, dass in die- Europa bietet viele Möglichkei- dient ein solcher Ansatz auch der davon betroffene Künstler das zusätzlich ein Vertragsverletzungs- sem Jahr eine Summe von €33,5 Mio. ten, die genutzt werden könnten. Auf wirtschaftlichen Entwicklung. nächste Mal gut überlegen werden in verfahren gegen Deutschland einge- als Bruttovergütung an ausländische der einen Seite steht die Umsatz- Deutschland aufzutreten. Eine steu- leitet, weil man in den Aktivitäten Künstler und Sportler gezahlt wurde. steuer. In diesem Bereich sollte Der Verfasser ist Steuerberater erliche Schlechterstellung in dieser Deutschlands seit der Entscheidung Bei einer Bruttobesteuerung mit ei- Deutschland so bald wie möglich die bei All Arts Belastingadviseurs in Größenordnung lässt den eigentlich des EuGH i.S. Gerritse keine ausrei- nem Steuersatz von 20 % ergibt sich Steuerbefreiung für kulturelle Ein- Rotterdam, Niederlande. Die Ausnahme ist die Regel Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis • Von Gabriele Schulz

Das Zuwendungsrecht ist ein Recht Im Bundesnetzwerk Bürgerschaftli- · Beauftragte der Bundesregierung Regelungsdichte und Verbindlich- · Beratung hinsichtlich der Beach- für Intelligente, so beschrieb eine ches Engagements arbeiten ca. 180 für Kultur und Medien (BKM) keit haben. tung von Rechtsvorschriften Referatsleiterin des Bundesverwal- Verbände und Organisationen aus · Auswärtiges Amt (AA) Der zuständige Referatsgruppen- · Ermessensausübung im Rahmen tungsamtes die Gestaltungsmög- den verschiedensten Bereichen der · Bundesministerium für Bildung leiter, der das Heft während der Ver- der jeweiligen Vorschriften lichkeiten innerhalb des Zuwen- Zivilgesellschaft von der Wohlfahrts- und Forschung (BMBF) anstaltung fest in der Hand behielt, Der letztgenannte Punkt, die Er- dungsrechts bei einer Tagung des pflege, den Kirchen, den Gewerk- · Bundesministerium der Verteidi- stellt gleich zu Beginn klar, wofür das messungsausübung im Rahmen der Bundesnetzwerkes Bürgerschaftli- schaften, den Naturschutzverbän- gung (BMV) BVA nicht zuständig ist, nämlich: jeweiligen Vorschriften, war der ches Engagements (BBE) und des den, der Selbsthilfe, den Jugendein- Das Gesamtbewirtschaftsvolu- · Lockerung des Jährlichkeitsprin- Dreh- und Angelpunkt der sehr an- Bundesverwaltungsamtes (BVA) am richtungen bis zum Kulturbereich men der Abteilung II umfasste im zips regenden Diskussionen über den 07.04.2005 in Köln. zusammen. Das Bundesnetzwerk Jahr 2004 1,2 Mrd. Euro. Die Refe- · Veränderung hinsichtlich der Ver- gesamten Tag hinweg. Bei fast allen Bürgerschaftliches Engagements ratsgruppe II A hat sieben Referate, wendungsfrist von 2 Monaten Problemen, die von Zuwendungs- usgangspunkt des Gespräches geht u.a. auf den Nationalen Beirat die Zuwendungen in Höhe von 600 · Vorgabe der Finanzierungsarten empfängern geschildert wurden, A war das Positionspapier des zur Begleitung des Internationalen Mio. Euro im Jahr 2004 an ca. 2.400 hinsichtlich institutioneller und wurde entweder darauf verwiesen, BBE vom 14. Juli 2004 „Bürgerschaft- Jahres der Freiwilligen 2001 zurück. Zuwendungsempfänger in rd. 2.200 Projektförderung dass sie nicht in die Zuständigkeit lich Engagierte unbürokratisch för- Das Bundesverwaltungsamt ist Projekten ausgereicht haben. · Definition zuwendungsfähiger des BVA fallen oder aber im Rahmen dern“. In diesem Papier werden von eine nachgeordnete Bundesbehör- Das BVA präsentierte sich in der Ausgaben. des Ermessens ohnehin alles zum Seiten des BBE Probleme der Zu- de. Es ist Dienstleister für verschie- Diskussion mit den anwesenden Ver- Zuständig ist das BVA für: Besten des Zuwendungsempfängers wendungsnehmer in der Anwen- dene Bundesministerien. Die Abtei- tretern aus den Reihen des BBE als · zügige Sachbearbeitung unter Be- geregelt würde. Dabei war unmiss- dung des Zuwendungsrechts be- lung II ist u.a. Zuwendungsdienstlei- eine moderne Dienstleistungsbe- rücksichtigung der jeweiligen Be- verständlich klar, wer die Regelungs- schrieben und Lösungsmöglichkei- ster für folgende Bundesministerien: hörde. Im Mittelpunkt der Betrach- sonderheiten beim Zuwendungs- kompetenz besitzt, nämlich das BVA ten aufgezeigt. Nachdem bereits ein · Bundesministerium des Innern tung standen Zuwendungen aus empfänger als Zuwendungsgeber und wer sich Gespräch mit dem Bundesministe- (BMI) dem Bereich des BMFSFJ, die auf · Gestaltung von Abrufmodalitäten nach den Regeln zu richten hat, rium des Innern geführt wurde, · Bundesministerium für Familie, Grund der Vorgaben des Kinder- und im Rahmen der 2-Monats-Frist stand nun ein Austausch mit dem Senioren, Frauen und Jugend Jugendplans des Bundes und des · zeitnahe Prüfung des Verwen- Weiter auf Seite 23 Bundesverwaltungsamt an. (BMFSFJ) Bundesaltenplans eine relativ hohe dungsnachweises KULTURELLES LEBEN politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 23

zente zu setzen. Ebenso klar wird in recht Köckritz et al. nachgelesen wer- spräch des BBE mit dem BVA bestim- das Recht lässt, werden die Zuwen- Fortsetzung von Seite 22 diesem Kommentar formuliert, dass den können, kennzeichnen das Ver- mend. Ohne Zweifel ist das BVA be- dungen ausgereicht. auf Grund einer Vielzahl unbestimm- hältnis zwischen Zuwendungsgeber strebt, ein moderner kundenorien- Da der Zuwendungsgeber zahlrei- nämlich der Zuwendungsempfän- ter Rechtsbegriffe, die Verwaltung ei- und Zuwendungsnehmer: der Zu- tierter Dienstleister zu sein, der In- che Möglichkeiten besitzt im Rah- ger. Ebenso deutlich wurde, dass es nen weiten Auslegungsspielraum be- wendungsgeber hat das Sagen, der formationen schnell weiterreicht men des geltenden Rechts nach sei- für fast jede Regel eine Ausnahme sitzt und eine Rechtssprechung weit- Zuwendungsnehmer nimmt hin. und seine Vorgänge zügig bearbeitet. nem Ermessen zu entscheiden, wird gibt, so dass der Eindruck entstand gehend fehlt. Die fehlende Rechts- Dieses wird u.a. darin deutlich, wenn Selbstverständlich haben sich die auch nicht die Notwendigkeit gese- die Ausnahme ist die Regel. sprechung rührt zum einen daher, mit Stolz verkündet wird, dass Spen- zuständigen Mitarbeiterinnen und hen, grundsätzliche Veränderungen Zuwendungen werden recht grob dass Rechtsstreitigkeiten innerhalb den nicht vollständig auf Zuwendun- Mitarbeiter eine große Kompetenz in vorzunehmen. Wenn es in der An- in den §§ 23 und 44 der Bundeshaus- der staatlichen Seite, also z.B. zwi- gen angerechnet werden, damit das ihrer beruflichen Praxis angeeignet. wendung des Zuwendungsrechts haltsordnung (BHO) beschrieben. Im schen Ministerien und dem Rech- Interesse beim Zuwendungsempfän- Was aber fehlt, ist ein Verständnis für hakt, liegt es allein am Zuwendungs- einschlägigen Kommentar zur Bun- nungshof nicht ausgetragen werden ger nicht erlahmt, sich um Spenden die grundsätzlich unterschiedliche empfänger. Schulungen sollen dann deshaushaltsordnung, der u.a. vom können, da es sich um unzulässige zu bemühen. Wie viel Prozent einer Herangehensweise an Zuwendungen Abhilfe schaffen. Auch wenn diese ehemaligen Leiter der Abteilung Kul- „Insichprozesse“ handeln würde und Spende allerdings beim Zuwen- zwischen Zuwendungsgeber und Zu- sicherlich wünschenswert sind, soll- tur im Bundesministerium des Innern dass Zuwendungsempfänger es tun- dungsempfänger verbleiben und wie wendungsnehmer. Für den Zuwen- te von Seiten der Zivilgesellschaft dem inzwischen verstorbenen Dr. von lich unterlassen zu klagen, da sie viel auf die Förderung angerechnet dungsnehmer steht der Inhalt im Vor- nicht nachgelassen werden, grund- Köckritz begründet wurde, ist nachzu- zumeist auf staatliche Förderung an- wird, liegt wiederum im Ermessen dergrund, um diesen zu verfolgen, sätzliche Veränderungen einzufor- lesen, dass Zuwendungen in der Haus- gewiesen sind und daher alles ver- des Zuwendungsgebers. nutzt er mangels eigener Mittel Zu- dern. Eine wesentliche Veränderung haltspraxis eine große Bedeutung ha- meiden, was das Verhältnis belasten Dieses aus meiner Sicht unglei- wendungen. Für den Zuwendungsge- wäre bereits, wenn Zuwendungsemp- ben, da die Bundesbehörden hierüber könnte. Diese eindeutigen Worte, die che Verhältnis war auch bei dem ber steht das Recht im Vordergrund, fänger und Zuwendungsgeber auf Au- die Möglichkeit haben, politische Ak- im Kommentar zum Zuwendungs- sehr offenen und freundlichen Ge- innerhalb der Gestaltungsräume, die genhöhe verhandeln würden. Strategische Allianzen mit praktischem Mehrwert Jeunesses-Musicales-Initiative „tutti pro - Die Orchesterpatenschaft“ • Von Claudia Dünnebier und Ulrich Wüster

Mit der öffentlichen )örderung für Wüster die Aktion ein. „Als hätten die Kunst und Kultur geht es beständig Orchester nur darauf gewartet.“ So abwärts. Die Tatsache, dass Kultur- wurde zum Beispiel zwischen dem orchester dezimiert und – wie im )all Puchheimer Jugendkammerorches- des Münchner Rundfunkorchesters ter und dem Münchner Kammeror- versucht und von eigentlich doch zu chester, dem Collegium Musicum wenig Aufschrei begleitet – abge- der Berliner Universitäten TU/FU schafft werden, spricht eine deutli- und dem Deutschen Symphonie- che Sprache: Die Decke wird dünner Orchester Berlin, der Jungen Süd- und reißt an immer mehr Stellen. deutschen Philharmonie Esslingen )adenscheinig sind freilich auch die und dem SWR-Radio-Sinfonieor- Argumente der Verantwortlichen sol- chester Stuttgart, sowie dem Jugend- chen Streichkonzerts. Scheinheilig sinfonieorchester Ludwigsburg und sind daher die Sonntagsreden, wann dem Staatsorchester Stuttgart auf- immer man sich schmückend mit grund der Initiative erst kürzlich Pa- Kultur, mit musikalischem Rahmen tenschaftsverträge unterzeichnet. und Hintergrund umgibt. )ür solche Entstanden ist die Initiative „tut- Repräsentanzen eignen sich – zu ti pro“ im Rahmen einer Kooperati- Recht übrigens – besonders auch onsvereinbarung zwischen JMD und junge Musikerinnen und Musiker, der DOV. Diese wurde am 29. April 2004 hoffnungsvolle Nachwuchs, enga- im Schloss Bellevue in Berlin unter- giert, talentiert, mit ideellen Werten zeichnet und erfuhr durch die Ein- fürs Leben versehen: Deutschland ladung und Anwesenheit des dama- Kulturnation. Hoffentlich gelingt es, ligen Bundespräsidenten Johannes die Empfehlung der Enquete-Kom- Rau sowie Staatsministerin Dr. Weiss mission „Kultur in Deutschland“ po- und der Kulturausschussvorsitzen- litisch durchzusetzen, Kultur und den des Bundestages Griefahn be- kulturelle Bildung im Grundgesetz als sondere Würdigung. Mit ihrer Zu- Staatsziel zu verankern. Es wäre sammenarbeit wollen JMD und DOV höchste Zeit, bevor uns noch mehr die Vielfalt und Lebendigkeit der ein- Kultur als angeblich freiwillige Leis- zigartigen Orchesterlandschaft in tung „unverzichtbar“ wegbricht. Deutschland erhalten. NachÜber- zeugung der DOV, die mit rund Die erste Urkunde nach dem „tutti pro“-Standard von Jeunesses Musicales und Deutscher Orchestervereinigung über- a man hierauf nicht warten 13.500 Mitgliedern die Musiker- reichten DOV-Geschäftsführer Gerald Mertens (2. V.l.) und JMD-Vorstandsmitglied Konstanze Schreiber (r.) an den Kon- D kann und weil ein vielstimmi- innen und Musiker der deutschen zertmeister der Deutschen Streicherphilharmonie, Adam Markowski (l.) und an David Drop (2.v.r.), Vorstandsmitglied ges Lamento niemanden weiter- Kulturorchester vertritt, müssen Or- des RundfunkSinfonieorchesters Berlin. Foto: Jeunesses Musicales bringt, sind intelligentere Lösungen chester vor allem aktive Kontakte zu gefragt. Anstatt dass Kulturschaffen- jungen Menschen aufbauen, was schaftlichen Bewegung, mancher sen. Das Staatsorchester zeigt mit die- dürfen in Proben und eventuell auch de ihren Gartenzaun erhöhen und auch durch diese Initiative möglich Orchestermusiker findet in der Ar- ser Patenschaft, dass es kulturelle Ver- in Konzerten mitspielen. Zudem sich in autistischem Lobbying aufrei- wird. Die Mitgliedsorchester der Jeu- beit mit den Jugendlichen eine inter- antwortung übernimmt, dass seine stellt das Staatsorchester dem Ju- ben, wäre die sinnvolle Öffnung zur nesses Musicales Deutschland, die essante zusätzlich motivierende Auf- Mitglieder einschließlich aller Betei- gendorchester kostenlos Leihinstru- Pflege von Nachbarschaftshilfe ein der Fachverband für über 220 Ju- gabe, das Orchester kann gerade über ligten im Umfeld wesentlich mehr zu mente zur Verfügung. konstruktiver Weg. Vorausgesetzt, es gendorchester mit rund 15.000 jun- die Mitglieder der Jugendorchester leisten im Stande sind, als schöne Kon- Bernd Wyszynski, Geschäftsfüh- entsteht ein gemeinsamer Nutzen, gen Musikerinnen und Musikern ist, und deren Familien- und Bekannten- zerte für ein ausgesuchtes Publikum rer des Collegiums Musicums der ein neuer Mehrwert, eine innovative können ihr musikalisches Bildungs- kreise eine treue „Fankurve“ für den zu produzieren.“ Berliner Universitäten TU/FU, freut Energie. „Strategische Allianzen“ angebot um eine wesentliche Facet- eigenen Konzertsaal entwickeln. Und Die Attraktivität der Jungen Süd- sich vor allem über die Fachkompe- heißt das Stichwort, unter dem die te erweitern und qualifizieren. insgesamt ist das aktive Bekenntnis deutschen Philharmonie Esslingen tenz bei der Beratung und bei den Jeunesses Musicales Deutschland Bei der Vermittlung von Patenschaf- zu musikalischer Bildungsarbeit ein (JSPE) wird durch ihre Patenschaft Stimmproben, die seine Musikstu- (JMD) und die Deutsche Orchester- ten arbeiten JMD und DOV eng zu- weiterer positiver Faktor für das mit dem SWR-Radio-Sinfonieor- denten jetzt durch die Musiker des vereinigung (DOV) eine breite sammen. So werden Anfragen wei- Image und die Wertschätzung der chester Stuttgart (RSO) für Musikstu- Deutschen Symphonie-Orchesters Schnittfläche gefunden haben und tergeleitet und Ansprechpartner in- deutschen Kulturorchester. denten gesteigert, die „besonders Berlin erhalten. Im Gegenzug erhält diese aktiv bearbeiten. Freilich ist der teressierter Orchester ausgetauscht, Andreas Schultze-Florey vertritt heiß“ auf den Kontakt mit den Profi- das Patenorchester neues Publikum bundesverbandliche Schulterschluss die durch Umfragen beider Verbän- im JMD-Bundesvorstand die Initiati- musikern seien, so Ulrich Egerer, aus jungen Musikstudenten, die kein Selbstzweck, sondern hat zum de bei ihren Mitgliedern ermittelt ve. Er ist Fagottist beim Niedersächsi- JSPE-Vorstand. Besetzungsschwie- bereits großes Interesse an verbillig- Ziel, weitere Impulse auf der Ebene wurden. Über 30 weitere Patenschaf- schen Staatsorchester Hannover, das rigkeiten, die es für manche Projek- ten Eintrittskarten zu dessen Kon- der jeweiligen Mitglieder zu bewirken ten befinden sich derzeit in Vorberei- bereits eine Kooperation mit dem Nie- te schon mal gegeben habe, dürften zerten zeigten. „Ohne die Initiative – also im Nahbereich der zumeist tung. Konkrete Hilfestellung erhalten dersächsischen Jugendsinfonieor- zukünftig der Vergangenheit angehö- tutti pro“, sagt Bernd Wyszynski, kommunal verorteten Jugend- und die Orchester durch eine Materialien- chester pflegt. Er hat fest gestellt, dass ren. Für das RSO ist die Patenschaft „wäre diese Patenschaft wahrschein- Kulturorchester – , um somit das sammlung, die ihnen Informationen in fast allen Berufsorchestern die viel- Teil ihres neu eingeführten Bildungs- lich nicht zustande gekommen“, und jeweils im eigenen Verband verkör- zur Gründung von Patenschaften lie- fältigen außermusikalischen Bega- programms mit dem sie demnächst er hofft, „dass noch viele Orchester perte Netzwerk zur Bildung von Syn- fert. So stellen DOV und JMD etwa bungen der Musiker kaum genutzt zur musikpädagogischen Arbeit für davon profitieren können“. apsen draußen in der freien Orches- einen Muster-Patenschaftsvertrag oder kreativ in den Berufsalltag einge- Jugendliche beitragen. In Zukunft Funktionierende Orchesterpa- terlandschaft zu stimulieren. oder eine Good-Practice-Sammlung bunden werden. Durch die Paten- werden die Musiker des RSO als Kon- tenschaften werden von DOV und „tutti pro“ heißt die Initiative, mit zur Verfügung. Die Initiative inner- schaft zum Jugendorchester sehen zertsolisten beim JSPE auftreten und JMD mit einer öffentlichen Urkun- der JMD und DOV seit Herbst letz- halb der Orchester ergreifen die Mu- sich die Orchestermusiker mit der die Funktionen von Beratern und denverleihung gewürdigt. Diese for- ten Jahres die Jugendorchester und siker, der Dirigent oder der Vorstand Übernahme von Verantwortung Dozenten während der Proben und in male Anerkennung wird Patenschaf- die Berufsorchester in Deutschland jedoch jeweils selbst. anders gefordert. Durch den direkten Workshops übernehmen. Die Mit- ten nur verliehen, wenn sie be- miteinander in Verbindung bringen. „Oftmals geht gerade in den Be- Dialog mit den Jugendlichen und glieder des Jugendorchesters dürfen stimmte Mindestkriterien erfüllen, Orchesterpatenschaft nennt sich das rufsorchestern die Initiative von den durch ihr pädagogisches Einfühlungs- alle Arbeitsproben des Berufsorches- um die Qualität der musikpädagogi- Modell, das die beiden Verbände Musikern aus“, freut sich Gerald vermögen können sie ihre Kompeten- ters besuchen. Ein gemeinsames schen Arbeit zu gewährleisten. So nach bestimmten Kriterien mit einer Mertens, Geschäftsführer der DOV, zen vermitteln. „Diese Tätigkeiten Konzert ist bereits in Planung. soll es vor allem zu einem aktiven Urkunde offiziell anerkennen. „Be- über das Engagement seiner Mitglie- können“, so Andreas Schultze-Florey, Die Mitglieder des Jugendsinfo- Kontakt und Austausch zwischen Ju- denkt man, dass wir die Hürde nicht der, „und die haben auch manchmal „einen Ausgleich zur psychisch und nieorchesters Ludwigsburg werden gendlichen und Profis kommen. zu niedrig gehängt haben, ist der einiges an Überzeugungsarbeit zu physisch besonderen Arbeitsweise im durch ein Angebot des Staatsorches- Anfangserfolg sehr beachtlich“, leisten“. Doch immerhin profitieren Orchester bieten und das Berufsbild in ters Stuttgart besonders motiviert: Weiter auf Seite 24 schätzt JMD-Generalsekretär Ulrich auch die Profis von der nachbar- der Öffentlichkeit positiv beeinflus- Gute Musiker des Jugendorchesters KULTURELLES LEBEN politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 24

Enqueté-Kommission „Kultur in harmonie tätig. Sie sprechen regel- schaftsvertrages gab es nur eine die für die Kulturtragenden nicht al- Fortsetzung von Seite 23 Deutschland“ des Deutschen Bun- mäßig Einladungen zu Proben und mündliche Absprache. Durch die of- lein ein strategischer Weg zur gegen- destages, ein gutes Zeichen, dass die Konzerten des RSB aus und regen fizielle Patenschaft wird die Initiati- seitigen Absicherung wäre, sondern Strategische Allianzen mit Initiative „tutti pro“ auch politisch gemeinsame Projekte an. So soll im ve Einzelner nun vom gesamten Or- auch neue Handlungsmöglichkeiten praktischem Wert wahrgenommen wird. Bei dem Kon- September 2005 erstmals ein ge- chester getragen und von der Or- ohne den zwangsläufigen Einsatz zert der „Deutschen Streicherphil- meinsames Konzert von RSB und chesterleitung aktiv unterstützt. neuer Ressourcen ermöglichte. Die bundesweit erste Urkundenver- harmonie“ wurde die Urkunde ver- Deutscher Streicherphilharmonie Und so ist der Name der Initiati- leihung dieser Art fand am 23.De- liehen und bildete den Abschluss ei- realisiert werden. ve Programm: „tutti pro“ spielt mit Claudia Dünnebier ist Studierende zember 2004 in Berlin statt. Dort ner von RSB-Chefdirigent Marek Ja- Die nächste Urkunde wird der dem Fachbegriff für „volles Orches- des Studiengangs Kultur- und wurde die über 30-jährige Koopera- nowski und dem Dozententeam der bereits seit 2002 bestehenden Koo- ter“ auf das Füreinander-Einstehen Tourismusmanagement an der Fach- tion der Deutschen Streicherphilhar- Deutschen Streicherphilharmonie peration zwischen dem Niedersäch- an und die darauf aufbauende Bin- hochschule Heilbronn-Künzelsau monie und des Rundfunk-Sinfonie- ehrenamtlich geleiteten Arbeitspha- sischen Jugendsinfonieorchester dung und Verantwortung. „tutti pro“ orchesters Berlin (RSB) gewürdigt. se. Schon seit Gründung des Orches- und dem Niedersächsischen Staats- könnte damit auch als Leitgedanke Ulrich Wüster ist Generalsekretär Schirmherrin dieser Verleihung war ters sind Mitglieder des RSB als Men- orchester Hannover verliehen. Vor einer kooperativ denkenden und der Jeunesses Musicales , Vorsitzende der toren für die Deutsche Streicherphil- der Unterzeichnung des Paten- handelnden Kulturpolitik dienen, Deutschland Begehbare Kunst-Kiste soll auf Weltreise Wasa Marjanovs Projekt THEATRON • Von Pia Müller-Tamm

Wasa Marjanov ist Bildhauer, der sein ertheater, das Erinnerungen an eine tekturbezug tragen. Was hier in der hin offener roter Würfel mit einer xis entwickelt. Dies ist eine der Werk seit den achtziger Jahren an der Wanderbühne, an ein Theater aus Form kleiner, höchst suggestiver plas- Kantenlänge von 3 Metern. Die Sei- (Kunst-)Geschichten, die THEA- Schnittstelle von Skulptur, Architek- dem Koffer weckt. Es folgte eine Rei- tisch-architektonischer Capriccios in tenwände des aus Aluminium gefer- TRON in sich trägt; es gibt viele an- tur und Theater entwickelt. Er ist der he höchst inspirierter skulpturaler Ar- Erscheinung tritt, soll nun in Form ei- tigten Kubus sind beweglich, das dere, die dieses Phantasie anregen- handwerklich perfekte Konstrukteur beiten, die auf Bühne und Theater ner betretbaren und bespielbaren heißt, hier kann nicht nur eine Seite de Projekt aktivieren wird. kleiner architektonischer Aperçus, metaphorisch Bezug nehmen. In das Wanderbühne Wirklichkeit werden. geöffnet werden, um den Blick des Ein mögliches Szenario sieht die zumeist modellhaften Charakter Jahr 2003 datiert Marjanovs bisher THEATRON ist begehbare Skulp- räumlich fixierten Betrachters in vor, dass eine Aufführung an einem haben, die witzig-ironische Titel tra- letzte Allusion an den Theatertopos: tur, Miniaturwanderbühne, Ort der eine Guckkastenbühne zu lenken; Ort in sieben Tagen erarbeitet und gen und die gedanklich bis in den die Serie der 20 kleinen Theaterkisten, Möglichkeiten für die unterschied- hier können in einem vom Künstler dass sie dann in sieben verschiede- großen Zusammenhang des urbanen die in ihrer synästhetischen Wirkung lichsten Formen der künstlerischen nicht vorbestimmten Rhythmus nen Bühnenformationen in sieben Raumes ausgreifen können. gleichsam ein Theater im Kopf entste- Aneignung und Interpretation. Die eine, zwei, drei oder alle vier Wände mal sieben Minuten realisiert wird. hen lassen. Dabei handelt es sich um potentiellen Akteure können Tänzer, nach unten geklappt werden. Auf Die Dokumentation einer jeden ie Bühne spielt seit längerem kleine, an der Wand befestigte Käst- Darsteller, Poeten oder Musiker sein; diese Weise verwandelt sich der Aufführung steht den jeweils nach- D eine zentrale Rolle im Marja- chen, die ein reiches Innenleben ent- sie können mit den offenen Vorga- Schauplatz von der klassischen folgenden Spielorten zur Verfügung. novs künstlerischem Denken und halten, das sich dem Betrachter beim ben von THEATRON auch gänzlich Guckkastenbühne in eine an zwei Auf diese Weise entsteht im Ideal- Arbeiten, doch hat er bisher nie für Öffnen entbirgt, die durch fotografi- neue Kunst- und Präsentationsfor- Seiten offene Passage oder eine fall ein Archiv des Welttheaters en das Theater oder im Größenmaßstab sche Bilder und akustische Signale er- men erproben. Gegeben sind ein ku- über Eck bzw. an drei Seiten offene miniature: individuell und global einer bespielbaren Bühne gestaltet. gänzt werden und die Titel von neu- bischer Metallrahmen in der Art ei- Bühne. Sind alle Wände geöffnet, so zugleich. THEATRON besticht auf- 1989 entstand das Barbecue-Wand- zeitlichen Theaterstücken mit Archi- nes Tisches, darunter ein nach oben entfaltet sich eine fünfteilige Fläche grund seiner einfachen, praktikab- mit einem zentralen Bodenquadrat. len Technik, die das Aufführungsge- Je nach Art der Öffnung werden die schehen gänzlich unabhängig von Akteure und mit ihnen das Publi- den komplizierten Prozessen eines kum den Standort wechseln. THE- großen und schwerfälligen Theater- ATRON gleicht einer mobilen, apparates macht. Es überzeugt auf- überaus flexiblen Versuchsanord- grund seiner allgemein verständli- nung, die allerdings gewisse ästhe- chen und deshalb in den unter- tische Vorgaben seitens des Künst- schiedlichsten kulturellen Zusam- lers enthält: Die Wand- und Boden- menhängen vermittelbaren Kon- flächen sind mit geometrischen zeption. Es berührt aufgrund seines Körpern besetzt, die die Akteure in humanen Maßstabes und seines ihr Spiel produktiv einbeziehen kommunikativen Potentials. müssen. Mehrere Zylinder unter- Bisher ist THEATRON nur Mo- schiedlicher Größe, eine Kugel, ein dell, ein handliches, in leuchtend geknickter Kegel, ein Kubus, eine bunten Farben angestrichenes Holz- flache Ellipse und diverse andere kistchen. Man wünscht sich, dass geometrische Objekte sind als fest diese originelle Kiste mit dem not- montierte Requisiten Teil der Büh- wendigen Transportequipment ge- nenausstattung. Sie fügen sich in baut wird, dass sie auf Reisen geht, Wasa Marjanovs formales Vokabu- dass sie an unterschiedlichen Orten lar, das auf den Findungen der abs- der Welt Station macht. Die Auf- trakten geometrischen Moderne, merksamkeit der Betrachter dürfte insbesondere des Bauhauses, ba- diesem ungewöhnlichen Projekt si- siert. Dort, am Bauhaus, wurde cher sein. auch die Idee der Experimentier- bühne erprobt. Insbesondere Oskar Die Verfasserin ist wissenschaftliche Schlemmer hat eine hochgradig ar- Leiterin, K20 Kunstsammlung THEATRON von Wasa Marjanov Foto: Achim Kukulis tifizielle, abstrakte Aufführungspra- Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf Jetzt muss die Politik ihre Schlüsse ziehen Enquete-Kommission informiert sich über Informationsvermittlung durch Bibliotheken • Von Olaf Zimmermann

Die Enquete-Kommission des Deut- schaft Berücksichtigung finden. Kommission neun Experten aus den Mangelnde Wertschätzung Schnittstellenfunktion zwischen schen Bundestags „Kultur in Deutsch- Im Oktober 2003 hat die 22-köp- unterschiedlichen Bereichen des Bi- der Arbeit den Bereichen Kultur, Bildung, Wis- land“ führte am 14. März 2005 eine fige Enquete-Kommission, die aus bliothekswesens von der Bundesver- senschaft und manchmal auch So- öffentliche Anhörung zur Situation elf Abgeordneten und elf Sachver- einigung Bibliotheks- und Informa- Obwohl öffentliche Bibliotheken zialarbeit beschreiben. der „Öffentlichen Bibliotheken“ ständigen zusammengesetzt ist, mit tionsverbände bis zur Regionalbibli- mit ihrem nahezu flächendecken- durch. Damit befasste sich die En- einem ehrgeizigen Programm ihre othek in Neubrandenburg zur Verfü- den Angebot weitaus mehr Nutze- Entwicklungshemmnis quete-Kommission erstmals in einer Arbeit aufgenommen. Der komplet- gung. Sowohl wissenschaftliche Bi- rinnen und Nutzer erreichen als Föderalismus öffentlichen Anhörung mit den Pro- te Kulturbereich mit all seinen unter- bliotheken, als auch kirchliche, Re- andere Kultureinrichtungen wie blemen einer bestimmten Kulturein- schiedlichen Strukturen und Akteu- gional- wie Stadtbibliotheken waren beispielsweise ein Theater, führen Der Föderalismus und die in jüngs- richtungsform. Bislang führte die ren soll zunächst in einer Bestands- repräsentiert. Die Bertelsmann-Stif- sie in der kulturpolitischen Debatte ter Zeit immer stärkere Abgrenzung Enquete-Kommission vornehmlich aufnahme analysiert werden, damit tung, die lange Jahre hinweg Innova- oftmals ein Schattendasein. Es ist der Länder ist für Bibliotheken ein zu übergreifenden Themen öffentli- auf dieser Grundlage Handlungs- tionen im Bibliothekswesen geför- daher ein wichtiges kulturpoliti- Entwicklungshemmnis. Es fehlt das che Anhörungen durch. empfehlungen entwickelt werden dert hat, stand den Mitgliedern der sches Signal, dass die Enquete-Kom- übergeordnete klare Bekenntnis zu können. Adressat der Handlungs- Enquete-Kommission ebenfalls mission den Problemen der Biblio- Bibliotheken als wichtigen Orten der Arbeit der empfehlungen ist der Deutsche Bun- Rede und Antwort. theken in einer öffentlichen Anhö- Bereitstellung von Informationen, Enquete-Kommission destag. Er soll noch im November Den Experten war vorab ein um- rung nachgegangen ist. Fast uniso- ganz gleich auf welchem Medium. dieses Jahres den Abschlussbericht fänglicher Fragenkatalog zu den no wurde von den Experten ein Bi- Das Kompetenznetzwerk Bibliothe- ie Enquete-Kommission „Kultur debattieren, damit noch in dieser Strukturen des Bibliothekswesens bliotheksgesetz eingefordert. Dabei ken, das nach langem Hickhack end- D in Deutschland“ wurde im Juli Legislaturperiode erste gesetzgebe- und dem Beitrag der Bibliotheken erwarten die meisten davon v.a. Pla- lich seine Arbeit aufnehmen konn- 2003 vom Deutschen Bundestag ein- rische Maßnahmen auf den Weg ge- zur kulturellen Bildung zugegangen. nungssicherheit und mehr Verbind- te, kann lediglich einen Teil der Auf- gesetzt. Laut Einsetzungsbeschluss bracht werden können. Dank der ausführlichen Antworten lichkeit für die Finanzierung und gaben wahrnehmen, die bis Anfang hat sie den Auftrag nach einer Be- aller Expertinnen und Experten Unterstützung der gesellschaftli- der 90er Jahre vom Deutschen Bibli- standsaufnahme dem Deutschen Expertenanhörung konnte bei der Anhörung direkt in chen Aufgaben der Bibliotheken. otheksinstitut als übergreifender In- Bundestag Handlungsempfehlun- Bibliotheken medias res gegangen werden. Ein Bibliotheksgesetz als erster stitution für das deutsche Biblio- gen zur Verbesserung der Rahmen- Beklagt wurde von den meisten Schritt und darauf fußend ein zwi- thekswesen erfüllt wurden. bedingungen von Kunst und Kultur In der Expertenanhörung zum öf- der angehörten Expertinnen und Ex- schen Bund und Ländern abge- unterbreiten. Dabei soll auch die fentlichen Bibliothekswesen stan- perten die mangelnde Wertschätzung stimmter Bibliotheksentwicklungs- Weiter auf Seite 25 Entwicklung der Informationsgesell- den den Mitgliedern der Enquete- bibliothekarischer Arbeit. plan müsste Bibliotheken in ihrer KULTURELLES LEBEN politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 25

setzt werden dürfen. In diesem State- der kulturellen Bildung, wie deutlich, welche Anforderungen an munen zu verstärken, statt die Ent- Fortsetzung von Seite 24 ment scheint die schwierige Lage beispielsweise Bibliotheken, durch Kultureinrichtungen gestellt werden, flechtung der Zuständigkeiten vor- von Bibliotheken durch. Bibliothe- gemeinsame Besuche zu eröffnen. welche Probleme auf Grund knapper anzutreiben, wie es von einigen Län- Ehrenamt ja oder nein ken sind schon längst auf Mitarbei- Als zweischneidiges Schwert wird Ressourcen, aber auch mangelnder dern gefordert wird. Ein Bibliotheks- ter angewiesen, die mit Hilfe arbeits- teilweise der Ausbau von Schulbib- Abstimmung in der Politik vorhaben gesetz könnte ein Beispiel für ein Hinsichtlich des Einsatzes ehrenamt- marktpolitischer Maßnahmen in Bi- liotheken gesehen. Hier sollte nach sind und welche Leistung eine Kul- gemeinsames Vorgehen von Bund, licher Mitarbeiterinnen und Mitar- bliotheken arbeiten, da die Mittel Meinung der Experten stärker die tureinrichtung erbringt. Ländern und Kommunen werden. beiter tat sich der alte Graben zwi- nicht ausreichen, um alle Tätigkeits- Kooperation mit öffentlichen Bibli- Dennoch wird es nicht einfach Vielleicht sind die Bibliotheken ein schen den kirchlichen und den öf- felder mit festangestelltem professi- otheken gesucht werden. sein, für viele der angesprochenen sehr gutes Modell, um diesen koope- fentlichen Bibliotheken wieder auf. onellen Personal zu erfüllen. Die Dis- Probleme durch eine Handlungs- rativen Kulturföderalismus wieder Umsetzung in Politik empfehlung an den Deutschen lebendiger werden zu lassen. Bundestag zumindest eine Lösungs- Die Anhörung der Enquete-Kom- perspektive zu entwickeln. Deutlich Der Verfasser ist Sachverständiges mission zum Öffentlichen Biblio- wurde vielmehr, dass es gilt, den ko- Mitglied der Enquete-Kommission thekswesen in der Bestandsaufnah- operativen Föderalismus weiterzu- des Deutschen Bundestags „Kultur me zur Kultur in Deutschland. Am entwickeln und die Zusammenar- in Deutschland“ und Geschäfts- Beispiel der Bibliotheken wurde beit von Bund, Ländern und Kom- führer des Deutschen Kulturrates Föderalismus contra Baukultur? Von Claudia Schwalfenberg

Am Anfang schien alles so einfach chen Riebel, Hessicher Minister für Aufgaben wie der Deutschen Bun- und ein parteiübergreifender Kon- Bundes- und Europaangelegenhei- desstiftung Umwelt oder der Kultur- sens über die Errichtung einer Bun- ten, dem Bund die Gesetzgebungs- stiftung der Länder wäre die Bun- desstiftung Baukultur sicher. In un- kompetenz für die Errichtung einer desstiftung Baukultur ohnehin ein Der Vorstand vom BID (Bibliothek und Information Deutschland) mit Olaf Zim- gewöhnlicher Einmütigkeit verab- Bundesstiftung Baukultur ab. Dass äußerst zartes Pflänzchen. Im Ge- mermann (DKR): v.l.: Dr. Klaus-Steffen Dittrich, Barbara Schleihagen, Dr. Win- schiedeten alle Bundestagsfraktio- der Bund als Bauherr und im Bereich setzentwurf sind gerade einmal fried Sühl-Strohmenger, Prof. Dr. E. Mittler, Christian Hasiewicz, Helmut Rös- nen im Oktober 2003 den von SPD der Städtebauförderung so oder so 250.000 Euro als Stiftungskapital ner, Dr. Claudia Lux, Dr. Jürgen Warmbrunn, Dr. Georg Ruppelt, Michael Reis- und BÜNDNIS 90/Die Grünen einge- Träger von Baukultur ist und dass ein vorgesehen und in den Finanzplan ser, Christel Mahnke, Olaf Zimmermann, Henner Grube. brachten Antrag „Die Qualitätsof- Foto: Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek – Niedersächsische Landesbibliothek Stiftungsziel die Außendarstellung der Bundesregierung bis 2008 zu- fensive für gutes Planen und Bau- Deutschlands sein soll, spielte für sätzlich 1,5 Millionen Euro jährlich Öffentliche Bibliotheken in kirchli- kussion um Bürgerschaftliches En- en voranbringen“. Mit dem Antrag die Bundesratsmehrheit jedenfalls eingestellt. cher Trägerschaft gründen auf ehren- gagements und seit jüngstem die forderte das Parlament die Regie- keine Rolle. Und auch bei der ersten Wer es ernst meint mit der Baukul- amtlichem Engagement. Auch im Ein-Euro-Jobs hat die Debatte ver- rung unter anderem auf, ein Gesetz Beratung des Gesetzentwurfes im tur, sollte sich deshalb nicht im Zu- ländlichen Raum und bei der wohn- schärft. für die Baukulturstiftung vorzuberei- Bundestag am 10. März 2005 be- ständigkeitshickhack verlieren, son- ortnahen Bibliotheksversorgung, ten. Und noch Anfang Dezember gründete die ableh- dern für eine bessere finanzielle Aus- sprich den Stadtteilbibliotheken, Bibliotheken und 2004 sprachen sich die Bauminis- nende Haltung der CDU/CSU-Frak- stattung der Stiftung einsetzen. Au- könnte ohne ehrenamtliches Engage- kulturelle Bildung ter der Länder für das Stiftungspro- tion damit, dass die Bundesländer ßerdem wäre es gut, wenn die Stif- ment das vorhandene Angebot längst jekt aus. „seit dem Scheitern der Föderalis- tung unabhängiger von Bundesmi- nicht mehr aufrecht erhalten werden. Im Zusammenhang mit der Entwick- muskommission noch stärker auf nisterien und -tag würde als im Ge- Dennoch wird von Seiten der öffent- lung von Ganztagsschulen kommen ls der Bundesrat den inzwischen die Wahrung ihrer Verfassungsrech- setzentwurf vorgesehen und Berlin lichen Bibliotheken das ehrenamtli- auf Bibliotheken neue Aufgaben zu. A vom Bundeskabinett verab- te“ achten. als Stiftungssitz festgeschrieben che Engagement in der Bibliothek Sie können sich auch hier als Orte schiedeten Gesetzentwurf dann am Selbst die Kritiker der Bundesstif- würde. eher kritisch gesehen und als geeig- der kulturellen Bildung profilieren, 18. Februar 2005 diskutierte, sah tung Baukultur bezweifeln nicht, Es wird sich bald zeigen, ob es nete Einsatzfelder ehrenamtlichen zumal Ganztagsschule nicht auto- plötzlich alles ganz anders aus. Auf dass in Deutschland mehr für Bau- den Gegnern des Gesetzentwurfes Engagement eher Freundes- und För- matisch heißt, dass die Kinder und Antrag Hessens und Baden-Wüttem- kultur getan werden muss. Deshalb um Baukultur oder um bloße Obst- derkreise erachtet. Mit Bedacht wird Jugendlichen den ganzen Tag in der bergs lehnte die Länderkammer das bleibt zu hoffen, dass die Stiftung ruktion geht. darauf verwiesen, dass professionel- Schule sind. Die Ganztagsschule bie- Vorhaben ab. Unter Verweis auf die nicht dem Föderalismusstreit zum le Bibliotheksdienste durch ehren- tet vielmehr die Chance, allen Kin- Kulturhoheit der Länder und die Fö- Opfer fällt. Gemessen an den Etats Die Verfasserin ist Sprecherin des amtlich tätige Mitarbeiter nicht er- dern den Zugang zu Einrichtungen deralismuskommission sprach Jo- von Institutionen mit ähnlichen Rates für Baukultur NEUER VORSTAND politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 26

Claudia Schwalfenberg

Vier Fragen an den Vorstand puk: Was haben Sie sich für Ihre erste Insbesondere für Junge muss es fai- Am 6. April 2005 wurde der neue sitzender) und Christian Höppner Vorsitzende). politik und kultur frag- Amtszeit als stellvertretende Vorsit- re Zugangsmöglichkeiten geben Vorstand des Deutschen Kulturra- (Stellvertretender Vorsitzender). te die Vorstandsmitglieder nach ih- zende des Vorstands des Deutschen („Generation Praktikum“). tes gewählt. In ihrem Amt bestätigt Neu im Vorstand ist Dr. Claudia ren Vorhaben für die Amtszeit bis Kulturrates e.V. vorgenommen? wurden Prof. Dr. Max uchs (Vor- Schwalfenberg (Stellvertretende 2007. Schwalfenberg: Zunächst einmal puk: Der Kulturrat arbeitet sparten- scheint es mir wichtig, eine Diskussi- übergreifend, Sie kommen aus der Max uchs on darüber in Gang zu setzen, was Kul- Sektion Baukultur? Welche Chancen tur heute ist. Wir befinden uns ja in der und Probleme sehen Sie in dieser zu- puk: Was haben Sie sich für Ihre drit- Die neuen Probleme werden also zu paradoxen Situation, dass einerseits künftigen Doppelfunktion? te Amtszeit als Vorsitzender des Vor- einem überwiegenden Teil die alten immer mehr gesellschaftliche Berei- Schwalfenberg: Baukultur ist sicher standes des Deutschen Kulturrates sein, weil die Welt sich wenig nach der che ihre Zwecke mit dem offenbar eine besondere Sparte, weil sie sich e.V. vorgenommen? Amtszeit des Kulturrat-Vorstandes prestigeträchtigen Titel „Kultur“ adeln anders als freie Kunst immer im uchs: Meine kulturpolitische Grund- richtet. Immerhin bieten die Bundes- möchten, andererseits die Bereit- Spannungsfeld von Schönheit und überzeugung bleibt nicht nur, sie hat tagswahl 2006 und der 25. Geburts- schaft, Kultur in ihrer Substanz zu er- Zweck bewegt. Baukultur ist aber sich sogar während meiner bisherigen tag des Kulturrates gute Gelegenhei- halten, immer weiter abnimmt. Wo zugleich eine Sparte mit langer Tra- Vorstandstätigkeit verdichtet und prä- ten, zur Bilanz bzw. zur Formulierung Kultur zu einer Worthülse oder einem dition. In der Antike galt Architektur zisiert: Wir brauchen eine enge Verbin- von Wünschen und Erwartungen. Instrument der Aufhübschung ver- zum Beispiel als „Mutter der Künste“. dung von operativem Alltagsgeschäft kommt, wird es kaum möglich sein, Die spartenübergreifende Zusam- und konzeptionellen, vielleicht sogar puk: Der Kulturrat arbeitet sparten- für ihre besondere Bedürfnisse zu wer- menarbeit sehe ich als große Chance theoretischen Reflexionen. Denn auch übergreifend, Sie stehen für die Sekti- ben. Die Schärfung des Kulturbegriffs in beide Richtungen. Baukultur hat in unsere kulturpolitischen Alltagssor- on Soziokultur. Welche Chancen und ist für mich eine Voraussetzung dafür, den letzten Jahren deutlich an Bedeu- gen aufgrund einer ständigen Ver- Probleme liegen in dieser Verbindung? kulturpolitische Anliegen selbstbe- tung gewonnen und kann der kultu- schlechterung der Rahmenbedingun- uchs: Meine Sektion heißt seit eini- wusst nach außen zu tragen. Ange- gen können wir nur dann lösen, wenn ger Zeit Rat für Soziokultur und kul- sichts immer neuer Hiobsbotschaften wir gute Gründe für die Erhaltung un- turelle Bildung. Es liegt auf der Hand, Max Fuchs Foto: Bockhorst dürfen wir uns nicht in die Defensive serer Kulturlandschaft anführen. Ich dass gerade das Themenfeld “kultu- drängen lassen, sondern müssen of- werde genau an dieser Problemlage relle Bildung”, bei dem der Kulturrat von Kunst und Kultur in unserer Ge- fensiv herausstellen, was die Kultur für weiterarbeiten. Ein Beispiel dafür ist ausgesprochen gut aufgestellt ist – ich sellschaft (siehe hierzu Frage 1), zum den einzelnen Menschen und die Ge- – zwar nicht als neues Problem, – die erinnere an unseren großen Kongress anderen von der Entwicklung der Art sellschaft insgesamt leistet. Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt im September 2004, aber auch an die und Weise, wie Politik in Zukunft statt- Kultur. Ganz pragmatisch wird es etwa Überarbeitung der Konzeption kultu- finden wird. Als Spitzenverband ist der puk: In welchen kulturpolitischen darum gehen, die Auswirkungen von relle Bildung, die wir in Kürze vorle- Kulturrat Teil der organisierten Zivil- Feldern sehen Sie besonderen Hand- Hartz I bis IV für den Kulturbereich zu gen –, weiterhin aktuell bleibt. gesellschaft und hat damit in einem lungsbedarf? evaluieren (im Sinne der Kulturver- Insbesondere ist die Ganztagsschule Politikverständnis, das neben dem Schwalfenberg: Besonderen Hand- träglichkeitsprüfung). Ich selbst habe eine Herausforderung auch für Kul- Staat weitere Akteure kennt, eine lungsbedarf sehe ich in fünf kultur- auf der eher grundsätzlichen Ebene tur- und Jugendeinrichtungen. Auch wichtige Rolle. Die Vertreter unseres politischen Handlungsfeldern. zur Zeit einen Schwerpunkt bei der die “Soziokultur” sollte eigentlich kei- Staates haben jedoch gelegentlich ei- 1. Angesichts internationaler Libera- Frage der Menschenwürde. Es liegt auf ne Probleme mit sich bringen. Denn nige Probleme damit, andere Politik- lisierung (EU-Dienstleistungsrichtli- der Hand, dass es eine enge Verbin- auch die Kunst ist für uns wesentlich gestalter zu akzeptieren. In Deutsch- nie, GATS) brauchen wir wirksame dung zwischen täglich erlebter Armut deshalb relevant, weil sie eine Kultur- land ist ein etatistisches Politikver- Schutzmechanismen für Kulturgüter. Claudia Schwalfenberg Foto: privat und dieser eher abstrakt klingenden macht ist. Und dies heißt auch: sie ist ständnis in der Bevölkerung, aber vor Deshalb ist es gut, dass die UNESCO Thematik gibt. vielfältig mit sozialen und politischen allem auch im Staatsapparat sehr stark eine Koalition zum Schutz kultureller rellen Debatte neue Impulse geben. Problemen verquickt. Man muss verankert. Der Staat kann sich daher Vielfalt ins Leben gerufen hat. Umgekehrt profitiert Baukultur vom puk: In welchen kulturpolitischen Be- allerdings feststellen, dass die Vertei- oft nur schwer von der Vorstellung lö- 2. Kulturpolitik muss mit Blick auf die Bündnis mit anderen Sparten. reichen sehen Sie besonderen Hand- lungskämpfe generell härter werden, sen, alles alleine machen zu können. Föderalismusdebatte national und in- Angesichts der zunehmenden Kon- lungsbedarf? so dass auch die Moderationsfunkti- Dort wo es zu einer gemeinsamen ternational handlungsfähig bleiben. kurrenz um öffentliche Aufmerksam- uchs: Neben dem, was ich zur ers- on, die der Vorstand neben seiner Im- Aushandlung kommt – bei vielen Jüngstes Beispiel ist die geplante Er- keit und öffentliche Gelder halte ich ten Frage bereits gesagt habe, wird es puls-, Anregungs- und Konzeptfunk- Fragestellungen spielen die z. T. recht richtung einer Bundesstiftung Baukul- die spartenübergreifende Zusam- weiter gehen mit der Abwehr der tion in meinen Augen hat, schwieri- aufwendig erarbeiteten Position des tur, die ursprünglich alle Bundestags- menarbeit für immer wichtiger. Ur- Ökonomisierungstendenzen, so wie ger wird. Kulturrates eine wichtige Rolle – wird parteien befürwortet haben (s. S. 25). sprünglich von der Literatur herkom- sie durch die Welthandelsorganisati- die Qualität der Regelungen besser. 3. Als Voraussetzung für kulturelle mend, sehe ich hierin auch persön- on (GATS-Abkommen) oder die Eu- puk: Worin liegt Ihrer Meinung nach Ein starker Kulturrat, starke Kultur- Teilhabe muss kulturelle Bildung lich eine sehr reizvolle Aufgabe. ropäische Union (Dienstleistungs- die Zukunft des Deutschen Kulturra- verbände insgesamt, sind daher zeitgemäß ausgestaltet und gestärkt richtlinie) vorangetrieben werden. tes? wichtig. Daraus folgt aber auch, dass werden. Das gilt für Früherziehung, puk:Worin liegt Ihrer Meinung nach die Hierzu gehörte die Debatte über die uchs: Die Zukunft des Kulturrates wir die personelle und finanzielle Aus- Schulunterricht und Erwachsenen- Zukunft des Deutschen Kulturrates? im Entstehen begriffene Unesco- hängt von der Entwicklung in zwei Be- stattung unseres Verbandes verbes- bildung gleichermaßen. Schwalfenberg: Für die Zukunft des Konvention zur kulturellen Vielfalt. reichen ab: Zum einen von der Rolle sern müssen. 4. Die gegenwärtige Bedrohung der Deutschen Kulturrates gibt es vor al- Medienvielfalt gefährdet über die lem zwei große Herausforderungen. Kultur hinaus die Demokratie. Ein Zum einen wird die Aufklärungsfunk- Christian Höppner vielfältiges Medienangebot kann tion gegenüber seinen Mitgliedern – sich nicht in einer Vielzahl von Sen- entsprechend der zunehmenden puk: Was haben Sie sich für Ihre zwei- fung der einzelnen Sektionen sicher- dern und Programmen erschöpfen, Komplexität kulturpolitischer Prozes- te Amtszeit als stellvertretender Vor- lich weitere Felder gemeinsamer The- sondern braucht inhaltlich differen- se – eine zunehmend größere Rolle sitzender des Vorstandes des Deut- men ergeben werden. zierte Angebote. spielen. Zum anderen ist es notwen- schen Kulturrates e.V. vorgenommen? 5. Der Arbeitsmarkt Kultur darf sich diger denn je, bestehende Allianzen Höppner: Verstärken möchte ich mein puk: In welchen kulturpolitischen Be- nicht zum Vorreiter für prekäre Be- mit anderen kulturpolitischen Akteu- Engagement zu dem Themenkomplex reichen sehen Sie besonderen Hand- schäftigungsverhältnisse entwickeln. ren weiter auszubauen. der kulturellen Identität und des inter- lungsbedarf? kulturellen Dialoges. In unserer Ge- Höppner: Die EU-Dienstleistungs- sellschaft, deren Altersdurchschnitt richtlinie und die dazu korrespon- steigt, deren Bevölkerungsstruktur dierenden Prozesse, wie z.B. die Heinrich Bleicher-Nagelsmann mehr und mehr durch Migration be- UNESCO-Konvention zur kulturel- stimmt wird und deren Bedeutung als len Vielfalt und GATS, werden scheidet aus dem Vorstand aus Nationalstaat durch die zunehmende weiterhin im Brennpunkt der Kultur- Heinrich Bleicher-Nagelsmann ist mit der UNESCO-Konferenz zur Kul- Kompetenzverlagerung politischer ratsarbeit stehen. nach sieben Jahren aus dem Vorstand turpolitik im Stockholm 1998, an der und wirtschaftlicher Entscheidungen Das Thema „Nationale Kulturpo- des Deutschen Kulturrates ausge- er für den Deutschen Kulturrat und ich auf die europäische und internationa- litik in einer föderalen Bundesrepu- schieden. Er gehörte als Stellvertre- für die Bundesvereinigung Kulturelle le Ebene sinkt, sind Bildung und Kul- blik“ steht ebenso auf der Agenda tender Vorsitzender dem Vorstand Jugendbildung teilnahm. Nach mei- Christian Höppner Foto: Hufner tur die letzten verbleibenden Stand- wie die soziale Situation von Künst- seit Sommer 1997 an. Maßgeblich hat ner Wahl in den Vorstand im Jahr 2001 ortfaktoren, die sich unmittelbar mit lerinnen und Künstlern und die Ver- und das Erkennen von Unterschie- Herr Bleicher-Nagelsmann an der haben wir uns gemeinsam für die na- den Bürgerinnen und Bürgern jeweils änderungen der Arbeitswelten. den bietet alle Chancen für eine wir- Profilierung des Deutschen Kulturra- tionale Auswertung der UNESCO- vor Ort verbinden. Diesen politischen kungsvolle Bildungs- und Kulturpo- tes als Spitzenverband der Bundes- Konferenz eingesetzt. Im Jahr 2002 und wirtschaftlichen Veränderungs- puk: Der Kulturrat arbeitet sparten- litik, wenn gegensätzliche Positio- kulturverbände mitgewirkt. Schwer- fand die Konferenz des Deutschen prozessen steht ein gefährliches Vaku- übergreifend. Sie sind Generalsekre- nen nicht unter den Tisch gekehrt punkte seiner Tätigkeit waren die Kulturrates „Grenzenlos Kultur“ statt, um der kollektiven Verdrängung ge- tär des Deutschen Musikrates. Welche werden, sondern in sensibler Abwä- Medienpolitik sowie die europäische an deren Vorbereitung Heinrich Blei- genüber. In dieser spannenden Ge- Chancen und Probleme liegen in die- gung den gemeinsamen Zielen zuge- und internationale Kulturpolitik. cher-Nagelsmann intensiv mitgewirkt mengelage ist es wichtiger denn je ser Erweiterung ihrer Aufgaben? ordnet werden. Als Sprecher der Sek- Schwerpunkte seiner Arbeit in hat. Weiter hat Heinrich Bleicher-Na- danach zu fragen, wer wir sind und Höppner: Spartenübergreifendes tion Musik sind Hartmut Karmeier der Medienpolitik war die Vertretung gelsmann den Deutschen Kulturrat wer unsere Nachbarn sind – denn kul- Denken und Handeln ist Kern mei- und ich uns gemeinsam mit unseren des Deutschen Kulturrates im Pro- bei Veranstaltungen in Brüssel vertre- turelle Vielfalt beginnt vor unserer ei- ner Arbeit als Generalsekretär des beiden Stellvertretern Prof. Udo grammausschuss von RTL bis 2003 ten und die adhoc-AG Dienstleis- genen Haustür. Diese Vielfalt, zu der Deutschen Musikrates. Insofern ist Dahmen und Prof. Dr. Eckart Lange und seither die Vertretung des Deut- tungsrichtlinie geleitet. auch unser kulturelles Erbe gehört, die Mitwirkung im Deutschen Kul- einig, dass wir als größte Sektion im schen Kulturrates im Rundfunkrat Ich möchte Heinrich Bleicher-Na- unseren Kindern möglichst früh erleb- turrat originärer Bestandteil dieser Deutschen Kulturrat diesen perma- der Deutschen Welle. Als Vorsitzen- gelsmann sehr herzlich für die ausge- bar zu machen, gehört zu unserer Ver- Arbeit. Die Möglichkeit, ein Thema nenten Abwägungsprozess mit dem der des Fachausschusses Medien hat zeichnete Zusammenarbeit im Vor- antwortung. von unterschiedlichen Plattformen Ziel einer weiteren Profilschärfung er die Stellungnahmen zur Novellie- stand danken. Die Zusammenarbeit Ein weiterer Schwerpunkt wird aus zu betrachten, schafft Nähe und des DKR intensiv begleiten wollen. rung des Deutsche Welle Gesetzes war stets kollegial und von gegensei- die Verantwortung der Medien – nicht Distanz zugleich. Damit erhöht sich und zur Novelle des Filmförderungs- tigem Vertrauen geprägt. Ich freue nur der öffentlich-rechtlichen – für die Chance einer wirkungsvollen puk: Worin liegt Ihrer Meinung nach die gesetzes vorangetrieben. Sein be- mich auf unsere weitere Zusammen- unsere Gesellschaft sein. Darüber hi- kulturpolitischen Arbeit, deren Zukunft des Deutschen Kulturrates? sonderes Augenmerk galt im Vor- arbeit im Sprecherrat und in den Aus- naus möchte ich gerne den fachpoli- Grundlage immer wieder die Frage In der Bewusstseinsbildung für den stand der europäischen und der in- schüssen des Deutschen Kulturrates. tischen Diskurs im Sprecherrat inten- ist, was es unserer Gesellschaft nutzt. Wert der Kreativität, denn Bewusst- ternationalen Kulturpolitik. Unsere Prof. Dr. Max Fuchs, Vorsitzender sivieren, weil sich in der Profilschär- Die Suche nach Gemeinsamkeiten sein schafft Ressourcen. Zusammenarbeit intensivierte sich des Deutschen Kulturrates BUNDESTAGSDRUCKSACHEN politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 27

Bundestagsdrucksachen

Im Folgenden wird auf Bundestags- drucksachen mit kulturpolitischer Relevanz hingewiesen. Berücksich- tigt werden Kleine und Große Anfra- gen, Anträge, Entschließungsanträ- ge, Beschlussvorlagen, Schriftliche Fragen, Mündliche Fragen sowie Bundestagsprotokolle. Alle Drucksa- chen können unter folgender Adres- se aus dem Internet heruntergeladen werden: http://dip/bundestag.de/ parfors/parfors.htm.

Berücksichtigt werden Drucksachen zu folgenden Themen:

· Auswärtige Kulturpolitik, · Bildung, · Bürgerschaftliches Engagement, · Daseinsvorsorge, · Erinnern und Gedenken, · Europa, · Informationsgesellschaft, · Internationale Abkommen mit kultureller Relevanz, · Kulturelle Bildung, · Kulturfinanzierung, Deutscher Bundestag im Reichstagsgebäude Fotonachweis: Deutscher Bundestag · Kulturförderung nach § 96 Bun- desvertriebenengesetz, Künstlersozialversicherung und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜ- - zu dem Antrag der Fraktion der SPD Tagesordnungspunkt 13 · Kulturpolitik allgemein, NEN: Stärkung der Rolle des Deut- sowie der Fraktion des BÜNDNIS- Antrag der Fraktion der SPD sowie · Kulturwirtschaft, Drucksache 15/5119 (16.03.2005) schen Bundestages bei der Beglei- SES 90/DIE GRÜNEN: Auswärtige der Fraktion des BÜNDNISSES 90/ · Künstlersozialversicherungs- Antrag der SPD-Fraktion sowie Frak- tung, Mitgestaltung und Kontrolle Kultur- und Bildungspolitik stärken DIE GRÜNEN: Geistes-, Sozial- und gesetz, tion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN europäischer Gesetzgebung (Drucksachen 15/2659, 15/2647, 15/ Kulturwissenschaften stärken · Medien, Stärkung der Künstlersozialversi- (Drucksache 15/4937) 3244) (Drucksache 15/4539) · Soziale Sicherung cherung e) Antrag der Fraktion der FDP: Für Redner: Monika Griefhahn (SPD), Dr. Redner: (Spandau) · Steuerrecht mit kultureller Rele- mehr Mitsprache des Deutschen Klaus Rose (CDU/CSU), Kerstin Mül- (SPD), Bernward Müller (Gera) vanz, Arbeitsmarkt Kultur Bundestages bei der Rechtsetzung ler, Staatsministerin AA, Hans-Joach- (CDU/CSU), Ursula Sowa (BÜND- · Stiftungsrecht, der Europäischen Union nach In- im Otto (Frankfurt) (FDP), Dr. Nor- NIS 90/DIE GRÜNEN), Ulrike Flach · Urheberrecht. Drucksache 15/5063 (09.03.2005) Kraft-Treten des Verfassungsvertra- bert Lammert (CDU/CSU), Jörg Tauss (FDP), Heinz Schmitt (Landau) Kleine Anfrage der FDP-Fraktion ges (SPD), Günter Nooke (CDU/CSU) (SPD), Marion Seib (CDU/CSU) Kulturpolitik allgemein Erste Erfahrungen und Bestands- (Drucksache 15/4937) aufnahme bei „Ein-Euro-Jobs“ f) Beschlussempfehlung und Bericht Drucksache 15/4905 (15.02.2005) des Ausschusses für die Angelegen- Kleine Anfrage der CDU/CSU-Frak- Europa heiten der Europäischen Union zu tion dem Antrag und der Fraktion der Abonnieren oder empfehlen Koordinierungsstelle für Kulturgut- Drucksache 15/4939 (zu Drucksache CDU/CSU: Den EU-Verfassungs- verluste von Bund und Ländern 15/4900) (2302.2005) prozess zum Erfolg führen Sie puk und Sie erhalten ein Unterrichtung durch die Bundesre- (Drucksachen 15/2970, 15/4206) Drucksache 15/5088 (14.03.2005) gierung Redner: Michael Roth (Heringen) ganz besonderes Antwort der Bundesregierung auf die Entwurf eines Gesetzes zu dem Ver- (SPD), Erwin Teufel, Ministerpräsi- Kleine Anfrage der CDU/CSU-Frak- trag vom 29. Oktober 2004 über eine dent (Baden-Württemberg), Joseph Dankeschön! tion (15/4905) Verfassung für Europa – Drucksa- Fischer, Bundesminister AA, Dr. Wer- Koordinierungsstelle für Kulturgut- che 15/4900 .- ner Hoyer (FDP), Hans Martin Bury, verluste von Bund und Ländern Stellungnahme des Bundesrates Staatsminister für Europa, Dr. Wolf- und Gegenäußerung der Bundesre- gang Schäuble (CDU/CSU), Marian- Drucksache 15/4891 (18.02.2005) gierung ne Tritz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- DEUTSCHE Unterrichtung durch den Bundesrat NEN), Sabine Leutheusser-Schnar- Gesetz zur Errichtung der Akademie Drucksache 15/4900 (18.02.2005) renberger (FDP), Axel Schäfer (Bo- ORCHESTER der Künste (AdKG) Gesetzentwurf der Bundesregierung chum) (SPD), (CDU/ Zwischen Bilanz und - Drucksachen 15/3350, 15/4124, 15/ Entwurf eines Gesetzes zu dem Ver- CSU), Michael Roth (Heringen) 4633 – trag vom 29. Oktober 2004 über eine (SPD), Dr. Gesine Lötzsch (fraktions- Perspektive Einspruch gemäß Artikel 77 Abs. 3 Verfassung für Europa los), Dr. Gerd Müller (CDU/CSU), Herausgegeben von der des Grundgesetzes Günter Gloser (SPD), Thomas Silber- Jungen Deutschen Drucksache 15/4936 (23.02.2005) horn (CDU/CSU) Phiharmonie, mit Beiträgen Drucksache 15/4893 (18.02.2005) Antrag der Fraktionen SPD und von Wolfram Goertz, Heiner Antrag der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Zusatztagesordnungspunkt 3, Bil- Gembris, Monika Griefahn, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Stärkung der Rolle des Deutschen dung Gerald Mertens u.a. Zurückweisung des Einspruchs des Bundestages bei der Begleitung, Aktuelle Stunde auf Verlangen der Bundesrates gegen das Gesetz zur Mitgestaltung und Kontrolle euro- Fraktion der SPD: Klage des Landes ConBrio Verlagsgesellschaft Errichtung der Akademie der Küns- päischer Gesetzgebung Hessen gegen Finanzzuweisungen te (AdKG) des Bundes an das „Kompetenzzen- Anlässlich ihres 30. Geburtstages zieht die Junge Deutsche - Drucksachen 15/3350, 15/4124, 15/ Bundestagsdebatten trum Bologna“ der Hochschulrek- Philharmonie Bilanz und zeigt Perspektiven für die 4633, 15/4891 – torenkonferenz – Konsequenzen für Orchesterlandschaft in Deutschland auf. Plenarprotokoll 15/160 (24.02.2005) die auf europäischer Ebene verein- 160 Seiten, Paperback, Drucksache 15/4998 (03.03.2005) 14902 C-14930 C, 14955 C-14971 B, barte Reform des Hochschulwesens CB 1166 Gesetzentwurf der Bundesregierung 14991 D-15001 B, 15036 B-15042 B in Deutschland ISBN 3-932581-66-0 Entwurf eines Gesetzes zur Errich- Tagesordnungspunkt 3, Europa Redner: Dr. Erns Dieter Rossmann tung einer „Bundesstiftung Baukul- a) Erste Beratung des von der Bun- (SPD), Dr. (CDU/ ...... # tur“ desregierung eingebrachten Ent- CSU), Dr. Reinhard Loske (BÜNDNIS Ich möchte politik und kultur (puk) abonnieren wurfs eines Gesetzes zu dem Vertrag 90/DIE GRÜNEN), (€ 18,00/6 Ausgaben im Jahr, inkl. Porto) und erhalte als Bildung vom 29. Oktober 2004 über eine Ver- (FDP), (SPD), Marion Seib Geschenk das Buch: fassung für Europa (CDU/CSU), Hans-Josef Fell (BÜND- Deutsche Orchester – zwischen Bilanz und Perspektive Drucksache 15/4804 (03.02.2005) (Drucksachen 15/4900, 15/4939) NIS 90/DIE GRÜNEN), Andrea Wick- Antwort der Bundesregierung auf die b) Erste Beratung des von der CDU/ lein (SPD), (CDU/CSU), Meine Adresse (=Rechnungsanschrift) Kleine Anfrage der FDP-Fraktion CSU-Fraktion eingebrachten Ent- Ulrich Kasparick, Parl. Staatssekretär Ich abonniere puk - Drucksache 15/4684 – wurfs eines Gesetzes zur Auswei- BMBF, Axel E. Fischer (Karlsruhe- Umsetzung des Tagesbetreuungs- tung der Mitwirkungsrechte des Land) (CDU/CSU), Swen Schulz ausbaugesetzes Deutschen Bundestages in Angele- (Spandau) (SPD), Michael Kretsch- genheiten der Europäischen Union mer (CDU/CSU), Jörg Tauss (SPD) Name Drucksache 15/4914 (16.02.2005) (Drucksache 15/4716) Große Anfrage der FDP-Fraktion c) Erste Beratung des von der Frakti- Tagesordnungspunkt 7, Auswärtige Entwicklung des lebenslangen Ler- on der SPD der Fraktion des BÜND- Kulturpolitik Straße nens in Deutschland NISSES 90/DIE GRÜNEN einge- a) Unterrichtung durch die Bundes- brachten Entwurfs eines Gesetzes regierung: Bericht der Bundesregie- PLZ Ort Drucksache 15/5024 (08.03.2005) über die Ausweitung und Stärkung rung zur auswärtigen Kulturpolitik Antrag der CDU/CSU-Fraktion der Rechte des Bundestages und des 2003 Rahmenbedingungen für lebens- Bundesrates in Angelegenheiten (Drucksache 15/4591) Unterschrift/Datum langes Lernen verbessern – Wachs- der Europäischen Union b) Beschlussempfehlung und Be- Coupon einsenden/faxen an: ConBrio Verlagsgesellschaft mbH, tumspotential der Bildung nutzen (Drucksache 15/4925) richt des Ausschusses für Kultur und Brunnstraße 23, 93053 Regensburg, ax: 0941/945 93 50 d) Antrag der Fraktionen der SPD Medien DAS LETZTE politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite 28

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Die aktuellen Kultur-Signale im chen für das schleswig-holsteinische für die Belange der Landes-Rund- Lengsfeld messerscharf: „Im Prinzip Land der Dichter, Denker und Dau- Fleck-Vieh? funkanstalten bestritten. Die argu- ist heute jeder einzelne dazu aufge- men-Pianisten sind so widersprüch- Landespolitische Monsterwel- mentative Minen-Sperre der öffent- fordert, eigenständige Vorsorge zu lich, dass man sie am liebsten in len, deren Anrollen Bayerns Kini Ed- lich-rechtlichen Fernseh- und Rund- treffen. Das gilt auch für Künstler. eine Gummizelle packen möchte. Da mund Stoiber, fünfhundert Meter funk-Verantwortlichen im Angesicht Dass deren Einkommen so niedrig nimmt – als erster Politiker seit über dem Meeresspiegel beheima- der Enquete-Kommission verlief ist…ist nicht Sorge des Staates.“ Jahrzehnten – der CDU-Spitzenkan- tet, wollüstig thronend aussitzt. dann etwas flacher: Während Tho- Aber das hilft Ihnen (noch) nix, didat für die nordrheinwestfälische Auch weil in deren Gerausche das mas Bellut, Programmdirektor des verehrte Kulturauftrags-Besitzer bei Landtagswahl, Jürgen Rüttgers, den spitze Klirren beim Aufschlag Moni- ZDF, in dem marktwirtschaftlich- ARD und ZDF. Wie wäre es denn mit angeblich greisenfaltigen Begriff ka Hohlmeiers in der politischen neoliberal kategorisierten Imperativ einer Art Public-Private-Partners- „Kultur“ überhaupt mal wieder in Realität schlicht unterging. Alle gipfelte: „Kultur kann man nicht be- hip? Ihr tut Euch gegen geringen den Mund – und das auch noch im schmückenden Prädikate, die Stoi- fehlen, Kultur muss kommen“, dif- Gebühren-Abfluss mit RTL 2 zusam- Zusammenhang mit Etat-Zusagen. ber der strauchelnden Strauss-Toch- ferenzierte sein Kollege Gerhard men. An das Big-Brother-Dorf wird Im -alle eines Sieges will er ent- ter nachrief, erinnern in ihrer Halt- Fuchs vom Bayerischen Fernsehen: nach dem Vorbild amerikanischer sprechende Haushaltsmittel im Ver- barkeit an das matte Echo eines To- „Kultur muss sich selber darstellen, Kriegsgefangenenlager eine Art Gu- lauf der Legislaturperiode verdop- desjodlers im Widerhall einer rund- man kann das nicht verordnen.“ So- antanamo für den vierten Stand an- peln – womit er circa nullkommazwo lichen Endmuräne: gefühlvoll aber viel zum Selbstverständnis des Kul- gegliedert – und das sind die Künst- Prozent der Landesmittel umzuwid- kurzatmig, und situationsbedingt turauftrages bei den öffentlich- ler. Die wären weg von der Straße men hätte. Eine Heldentat, die sei- unausgegoren – eben wie die „Bil- rechtlichen Medien. und garantieren jede Menge gut kon- nem SPD-Rivalen Peer Steinbrück Theo Geißler, Herausgeber der „neuen dungsreform“ der abgestürzten Kul- Was aber, verehrte Verantwor- trollierbarer Action… vermutlich die Kohlesubvention in musikzeitung“ und „Jazzzeitung“ tusministerin. tungsträger bei ARD und ZDF, wenn Ergänzend oder alternativ könn- den landespolitischen Steinschlag- sowie Mitherausgeber der puk, Was Wunder, dass bei solchem die Kulturschaffenden Sie beim Wort te – nach dem Muster des Gesetzes Adern erstarren lässt. Moderator der Radiomagazine föderalen Seegang selbst das bun- nehmen? Abgesehen von einer radi- zur Beförderung der Steuerehrlich- „taktlos“ (BR/nmz) und „contra- despolitische Diesel-U-Boot mit dem kal-kleinen, modisch gekleideten keit – auch eine allgemeine Künstler- m hohen Norden hingegen, im punkt“ (BR) Foto: Barbara Haack schönen weiblichen Namen „Kultur- Minderheit stürmt eine Horde hun- Tauglichkeitsprüfung eingeführt wer- I Landtag zu Kiel, plant eine große Enquete-Kommission“ hundert Me- derttausender verelendeter Second- den. Die mentale Schirmherrschaft Heidemörder-Koalition die Abschaf- Harry Carstensen Künste und Päda- ter unter jeder Oberfläche versteckt Hand-Jeans-Träger Ihre Studios. Bei übernimmt Bundespräsident Horst fung des Kultur-Ministeriums – noch gogik gar zur Chefsache? Steht so die noch ins Schlingern geriet. Die Rolle einem durchschnittlichen Jahresein- Köhler. Die Berufsbezeichnung „Kul- unklar nur, warum eigentlich. Will einklassige Hallig-Hooge-Zwergschu- der öffentlich-rechtlichen Medien kommen von elftausend Euro ist für turschaffender“ oder „Künstler“ darf der ausgewiesene Arbeitsmarkt-Ex- le als Modellinstitut vor der Tür? für die Kultur wurde im Rahmen ei- die meisten Künstler kein chiqueres nur noch tragen, wer mindesten drei perte mithil- Oder bereitet der ausgewiesene Fi- ner öffentlichen Anhörung vor Outfit drin. Das wäre doch ein mise- Schiller-Balladen auswendig hersa- fe freiwerdender Beamter und Ange- nanz- und Wirtschaftsexperte Peter knapp zwei Dutzend öffentlich inte- rables Umfeld für Ihre Werbekun- gen kann, den „Franz“ oder die „Ma- stellter ein paar weitere Arbeits-Ver- Harry Carstensen von langer Hand ressierten Zuhörern in aller Öffent- den. Geschäftsschädigend. Doch rie“ darstellerisch glaubwürdig abgibt mittlungs-Agenturen bestücken? Im den Anschluss Schleswig-Holsteins lichkeit ausgelotet – offensichtlich von der ordnenden Hand unserer und alle Sponsoren europäischer Mu- Rahmen einer weitsichtigen Präven- an Dänemark vor, um mit einem bei halber Fahrt mit dem Senk-Blei. Politik ist an dieser Stelle noch kei- sikfestspiele kennt. Ferner sollte er/ tivmaßnahme unkündbare Arbeits- Schlag der bundesrepublikanischen Schon im Vorfeld hatte der ARD- ne Hilfe zu erwarten. Bei der Debat- sie nicht unter 40.000,– Euro verdie- lose mit der Verwaltung des Nichts Schulden-, Föderalismus- und Bil- Marketing-Panzerkreuzer Peter Voß, te des Deutschen Bundestages zur nen, – jährlich… absichern? Macht der ausgewiesene dungs-Falle zu entrinnen – bei gleich- immer noch Intendant des SWR, jeg- Künstlersozialversicherung analy- Kultur- und Bildungsexperte Peter zeitiger Ausweitung bester Weideflä- liche Zuständigkeit des Bundestages sierte die CDU-Abgeordnete Vera Theo Geißler Europa Kultur Stadt

Mai – Juni 2005 Beilage des Deutschen Kulturrates und der Kulturstiftung des Bundes in politik und kultur Ausgabe IV

Inhalt Nachhaltigkeit ist teilweise zum beliebigen Schlagwort von Politik und Verwaltung verkommen. Was sich hinter der Nachhaltigkeitsdiskussion verbirgt, welche Wurzeln sie hat und wie Nachhaltigkeit im Kulturbereich umge- setzt werden kann, steht im Mittelpunkt der Beilage. Dabei wird zum einen die Geschichte der Nachhaltig- keitsdebatte hergeleitet und zum anderen Anforde- rungen an eine nachhaltige Kulturpolitik formuliert. Monika Griefahn, Raimund Bleischwitz und Rainer Lucus zeigen die internationale Dimension der Nach- haltigkeitspolitik auf. Sie erinnern an die UN-Gipfel zur Nachhaltigkeit und fordern eine konsequente Umsetzung der vereinbarten Ziele ein. Dass die Viel- falt in den natürlichen Lebensgrundlagen nicht weit entfernt ist, von der Vielfalt in der Kultur diese Frage bildet den Hintergrund. Peter Vermeulen vergleicht die Kulturpolitik Österreichs und Deutschlands. Er geht hier der Frage nach, inwieweit Strukturen geschaffen wurden, die eine nachhaltige Kulturpolitik und Kul- turförderung erlauben.

Content Sustainability has degenerated into an arbitrarily used buzzword in politics and administration. What actually lies beneath the sustainability discussion, where its roots lie and how sustainability can be put into practice in the cultural sector, will take centre stage in this issue. In doing so, on the one hand the history of the debate on sustainability will be derived and on the other the claims to a sustainable cultural policy will be devised. Monika Griefahn, Raimund Bleischwitz and Rainer Lucus present the international dimension of sustai- nability policy. We look back on the UN-summit on sustainability and demand a consistent implementa- tion of the objectives agreed upon. The question, if the diversity of natural resources is not far from cul- Kulturelle Wurzeln sind notwendig tural diversity will set the backdrop. Peter Vermeulen compares the cultural policy of Austria and . He follows up on the question of to what extent struc- Über „Nachhaltige Entwicklung“ • Von Monika Griefahn tures were created, that allow for sustainable cultu- ral policy and promotion. In der Diskussion um die »Grenzen des Wachstums« Nicht auf Kosten künftiger Generationen oder der Men- gebräuchlichen Schlagwort geworden, das in allen Po- (Meadows et al. 1972) Anfang der 70er Jahre kam schen in anderen Teilen der Welt zu leben – das ist das litikfeldern Anwendung findet, doch sagt der Begriff der Problemzusammenhang von ökonomischer, öko- wichtigste Prinzip einer Nachhaltigen Entwicklung. Aus- trotz vieler politischer Deklarationen und umfangrei- logischer und sozialer Entwicklung erstmals in aller gewogene Balancen zwischen den heutigen Bedürfnis- cher Konferenzberichte den meisten Menschen inhalt- Zu unserem Titelbild: Deutlichkeit zur Sprache. Auslöser dieser Diskussi- sen und den Lebensperspektiven künftiger Generatio- lich bislang noch recht wenig. Die Fotokünstlerin Ursula Schulz-Dornburg on war nicht zuletzt die „Ölkrise“, die uns allen die nen sollen eine hohe Lebensqualität, die Bewahrung thematisiert die Aneignung der Natur durch den Endlichkeit der natürlichen Ressourcen schmerzlich von Natur und Umwelt, den sozialen und kulturellen Kultur – eine vernachlässigte Menschen. Seit den 8Oer Jahren erforscht sie bewusst machte. Inzwischen wird allgemein aner- Zusammenhalt und die Wahrnehmung internationaler Größe im Nachhaltigkeitsdiskurs? Weizen und andere kultivierte Wildpflanzen. Ihr kannt, dass das weltweite Umweltproblem nur zu Verantwortung in einer globalisierten Welt gewährleis- Interesse gilt dabei der kulturellen Adaption dieser Pflanzen, denn als Grundnahrungsmittel hat sich lösen ist, wenn man dabei auch die sozialen und ten. Seit der Unterzeichnung der Agenda 21 sind bereits Wiewohl das Prinzip der Nachhaltigkeit heute auf vie- deren Geschichte über Jahrtausende mit der wirtschaftlichen Lebensverhältnisse der Menschen ein Reihe von Fortschritten bei der Umsetzung der Rio- len Gebieten ein allgemein anerkanntes Kriterium für Kulturgeschichte vieler Völker verbunden; sie spielen berücksichtigt. Der Begriff „Nachhaltige Entwick- Vereinbarungen erzielt worden. Woran es jedoch ganz politisches Handeln ist, bestimmt es noch nicht überall eine zentrale Rolle im sozialen, kulturellen und lung“ wurde 1987 im Brundtland-Bericht der „Welt- offensichtlich noch mangelt, ist eine breite soziale und die praktische Politik und das Verhalten der Menschen. religiösen Leben. So wird auch Weizen seit mehr kommission für Umwelt und Entwicklung“ geprägt. kulturelle Einbettung dieser Diskussionsprozesse. Die Insbesondere von Kulturschaffenden, aber auch von So- als 9000 Jahren angebaut und hat während des Dort finden wir erstmals den Leitgedanken von der Folge: Nachhaltigkeit ist zwar zu einem international Weiter auf Seite II fortlaufenden Kultivierungsprozesses unzählige Einheit und wechselseitigen Abhängigkeit ökono- Arten hervorgebracht. Durch die Entwicklung der Biogenetik hat sich dieser Entwicklungsprozess mischer Entwicklung, ökologischer Bewahrung und heute jedoch verkehrt. In Ursula Schulz-Dornburgs sozialen Ausgleichs formuliert. Dem Produzieren Fotoinstallation „Dort, wo herkömmliche Arten ohne Rücksicht auf die Interessen der nachfolgen- Sustainable development needs cultural roots aussterben, verlieren die Menschen etwas von ihrer den Generationen wird das Konzept einer „dauer- by Monika Griefahn Geschichte und Kultur“ mahnen 63 Fotografien von haften“, „zukunftsfähigen“ oder „nachhaltigen“ Ent- Ähren verschiedener Sorten in Schönheit und wicklung entgegengesetzt. Eine wesentliche Emp- In the early 1970s, discussion on the „The Limits to detailed a global action programme for the 21st century, Mannigfaltigkeit den Verlust der Arten- und fehlung der Brundtland-Kommission war die Durch- Growth“ (Meadows et al. 1972) clearly identified, for mapping out diverse levels of trade and policy fields whe- Kulturvielfalt in unserer Gesellschaft an: Jede Ähre the first time, the complex of economic, ecological re the principle of sustainability was to be applied. In the birgt eine uns unbekannte Geschichte. führung einer internationalen Konferenz der Ver- and social development as a distinct concern. At the meantime, Agenda 21 has become an internationally re- Aus dem Katalog „Natural Reality“ einten Nationen zu Fragen von Umwelt und Ent- time, the „oil crisis“, and the painful awareness of the cognised policy benchmark where, starting from the mu- wicklung. finite nature of resources, played a large part in trig- tual dependency of ecological, economic and social con- gering this debate. Now, though, it is now generally cerns, possible approaches to solutions are placed within Information on our cover picture: Mit dieser Konferenz der Vereinten Nationen für Um- acknowledged that global environmental problems can the context of a broad social debate. Although, given the The photo artist Ursula Schulz-Dornburg broaches welt und Entwicklung 1992 in Rio de Janeiro wurde die only be solved by taking social and economic living existing differences between cultures, cultural aspects the issue of the appropriation of nature through conditions into account. The 1987 Brundtland Report, were not explicitly included in the Agenda 21, culture Zielkategorie „Nachhaltige Entwicklung“ in einer inter- humans. Since the 80s she has researched wheat produced by the United Nations Commission on Envi- did, nonetheless, certainly play a role in the Rio rounds. and other cultivated wild plants. Her interest lies in nationalen Vereinbarung völkerrechtlich festgelegt. Mit ronment and Development, first coined the term of The key principle in sustainable development is that the cultural adaptation of these plants. Being staple der Agenda 21 unterzeichneten in Rio mehr als 170 „sustainable development“, explicating the core idea we do not live at the cost of future generations or peo- foods, their history has been connected with the Staaten ein weltweites Aktionsprogramm für das 21. of the unity of economic growth, environmental pro- ple in other parts of the world. Creating a healthy ba- cultural history of many peoples. They play a central Jahrhundert, welches die verschiedenen Handlungsebe- tection and social equity, and their mutual dependen- lance between our needs today and the quality of life role in social, cultural and religious life. Wheat has nen und politischen Handlungsfelder beschreibt, auf cy. The notion of development as „lasting“, „future of future generations is intended to ensure a higher been cultivated for more than 9000 years and has denen das Prinzip der Nachhaltigkeit umgesetzt wer- viable“ or „sustainable“ stood opposed to the practice standard of living, conserve nature and ecological sys- produced innumerable different kinds in this ongoing of producing goods with no thought for the interests tems, enhance social and cultural cohesion, and en- process of cultivation. Through the development of den soll. Inzwischen ist die Agenda 21 zu einem inter- of the generations to come. One of the key recom- courage the acceptance of international responsibility bio-genetics, however, this process has been reversed national anerkannten Maßstab der Politik geworden. mendations made by the Brundtland Commission called in a globalised world. Since the Agenda 21 was signed, nowadays. In Ursula Schulz-Dornburgs installation Die Themen Ökologie, Wirtschaft und Soziales in ihren for a United Nations international conference on en- a whole series of advances have already been achieved „There, where traditional species become extinct, wechselseitigen Abhängigkeiten betrachtend, werden vironmental and development issues. in implementing the Rio agreements. However, what is people lose something of their history and culture“, die möglichen Lösungsansätze in einen breiten gesell- obviously still missing is the embedding of this discus- 63 photographs of different ears in their beauty and schaftlichen Diskussionszusammenhang gestellt. Auch The 1992 United Nations Conference on Environment and sion in a broader social and cultural context. As a re- Development (UNCED) in Rio de Janeiro established sult, although sustainability may now be an internati- diversity admonish us about the loss of diversity of wenn kulturelle Aspekte wegen der bestehenden Un- culture and species in our society: Each ear carries a „sustainable development“ as a specific goal agreed on onal catchword found across all policy fields, it still terschiede zwischen den Kulturen nicht explizit in die story unknown to us. under international law. The Agenda 21 blueprint, appro- conveys very little to the majority of people, in spite of From the catalogue „Natural Reality“ Agenda 21 aufgenommen wurden, hat Kultur bei den ved at the Rio Earth Summit by more than 170 countries, Continued on page II Diskussionen in Rio durchaus eine Rolle gespielt. Europa Kultur Stadt politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite II

Fortsetzung von Seite I den Kommunen vornehmlich von den Umwelt-Res- nomie, Ökologie und Sozialem auch Kultur als quer lie- meine keineswegs nur den künstlerischen Ausdruck, sorts bearbeitet. gende Dimension umfasst. Es geht darum, die auf Viel- sondern Vielfalt als solche. Wir brauchen die Vielfalt, Kulturelle Wurzeln sind notwendig · Während der das Bezugsfeld Nachhaltigkeit beherr- falt, Offenheit und wechselseitigem Austausch basierende um uns insgesamt weiterzuentwickeln. Kultur und schende Expertendiskurs dazu geführt hat, dass sich Gestaltung der Dimensionen Ökonomie, Ökologie und Nachhaltigkeit leben gleichermaßen durch das Zusätz- zialwissenschaftlern wird beklagt, dass die Auseinan- die Politik dem Thema nicht mehr verschließen kann, Soziales als kulturell- ästhetische Ausformung von Nach- liche, die Ergänzung. Denn wir wollen ja nicht nur dersetzungen noch zu sehr auf der Ebene der Experten ist jenseits der Expertendebatte von Nachhaltiger haltigkeit zu verstehen und zu verwirklichen. Eine Zu- immer wieder den Kölner Dom reparieren, was gewiss aus Wissenschaft und Politik stattfinden und die kul- Entwicklung immer noch relativ wenig bekannt. kunftsperspektive kann in einer eng verflochtenen Welt nachhaltig im Sinne seiner Erhaltung ist, womit wir turellen Grundlagen einer Nachhaltigen Entwicklung Es gilt das Konzept Nachhaltigkeit so zu entfalten, nur gemeinsam gesichert werden. Globalisierung braucht aber nichts Neues schaffen. Wir brauchen eine Wei- zu wenig mitgedacht werden. Fortschritte werden eher dass es gleichberechtigt mit Ökonomie, Ökologie und interkulturelle Kompetenz im Dialog der Kulturen.“ terentwicklung, weil das konventionelle abendländi- im konzeptionellen Bereich gesehen und weniger auf Sozialem auch Kultur als zusätzliche Dimension er- Der Rat für Nachhaltige Entwicklung, der im April 2001 sche Herangehen an Nachhaltigkeit eine Begrenzt- der praktischen Ebene der Politik oder in der Lebens- fasst, und dass die Verschränkung von Ökonomie, Öko- als Beratungsgremium der Bundesregierung einberu- heit enthält, die, wenn man wirklich einmal weiter- welt der Menschen. Betont wird in diesem Zusammen- logie und Sozialem als kulturell-ästhetische Ausfor- fen wurde und dem seitdem 17 Persönlichkeiten des denken würde, genau dieses System zum Ende führen hang, zu einer Konzeption Nachhaltiger Entwicklung mung von Nachhaltigkeit verstanden wird. öffentlichen Lebens angehören, hat diese Überlegun- kann. Wir brauchen ein Mehr an Toleranz, an Wissen gehöre eine Kultur der Nachhaltigkeit, und umgekehrt gen aufgenommen und die Kulturpolitik als einen und an Vielfalt als Grundlagen für ein nicht mehr quan- müsse auch die Kulturpolitik stärker auf die Themen Ansätze zur Verbindung von Kultur wichtigen Eckpfeiler für eine Nachhaltige Entwicklung titatives, sondern qualitatives Wachstum. Genau dafür der Nachhaltigkeit ausgerichtet werden. und Nachhaltigkeit ausgewiesen. In seinem Dialogpapier stellt er u. a. fest: setzen wir uns im Moment beispielsweise in der Dies legt zunächst eine kulturpolitische Erweiterung des „Kulturelle Grundwerte der Gesellschaft, Lebensstile, UNESCO-Konvention zum Schutz der kulturellen Viel- Nachhaltigkeitsdiskurses im Hinblick auf eine breite De- Eine der ersten Initiativen, Kulturpolitik und Nach- Religion und ethische Verhaltensnormen, Bildung und falt ein. Hier geht es darum, im Zusammenhang des finition von Kultur nahe. Ein solcher weit gefasster Be- haltigkeitsdiskurs zu verbinden, waren die vom Öko- soziales Engagement verhelfen dem Individuum (dazu), GATS genau diese Vielfalt zu erhalten und klar zu ma- griff von Kultur beinhaltet die Gesamtheit der geistigen, Institut Tirol veranstalteten Toblacher Gespräche, wo seine geistigen und sozialen Fähigkeiten auszubilden. chen, dass Kultur eine Doppelnatur hat. Einerseits ist materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte, die man seit den 80er Jahren versuchte, die Umwelt und sie Handelsware, andererseits ist sie auch Kulturgut. eine Gesellschaft kennzeichnen. Über das künstlerische später Nachhaltigkeitsdebatte zu einem Diskurs über Kulturelle und ökologische Vielfalt Erhard Eppler hat schon Anfang der 70er Jahre be- Schaffen hinaus gehören dazu auch Lebensformen, Wert- Ästhetik, Werte, Kultur und Lebensstile zu erweitern. haben gleiche Wurzeln schrieben, dass wir uns in eine Sackgasse manövrie- vorstellungen, Traditionen und Glaubensrichtungen. Kul- Eine wichtige Etappe dieser Diskussion war auch die ren, wenn wir weiterhin dem Mythos des quantitati- tur ist in dieser Sicht der Schlüsselbegriff für das Ge- UNESCO-Konferenz von 1998 zu Kultur und Entwick- Sowohl Natur als auch Kultur gewinnen ihre Stabili- ven Wachstums frönen. Dann sind wir bei der ein- samtgeflecht von Verhaltensmustern, Normen und Wer- lung, die Nachhaltige Entwicklung als Grundlage für tät aus Vielfalt. Gegenwärtig aber werden, um ein steinschen Formel E =mc², wo wir im Prinzip Müll und ten, die innerhalb einer Gesellschaft die Vorstellungen den Erhalt und die weltweite Förderung kultureller Beispiel von vielen zu nennen, weltweit nur noch Energie produzieren, um damit Wachstum gestalten von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft prägen. Vielfalt erkannt hat. Diese Diskussion ist im Verlauf ungefähr vier Weizensorten gezüchtet. Wenn in einer zu können. Diese Problematik lässt sich nur umgehen, Während kulturelle Aspekte in der bisherigen Nach- der nationalen Vorbereitung auf den Weltgipfel für dieser Sorten irgendein Fehler auftritt, dann bricht ein wenn wir verstärkt Wissen, Bildung, Kultur fördern als haltigkeitsdebatte tatsächlich keine zentrale Rolle Nachhaltige Entwicklung im Jahr 2002 intensiviert riesiger Teil des Versorgungssystems zusammen. Die Qualitäten, die nicht zwangsläufig Müll und Zerstö- spielen, blendet die Kulturpolitik ökologische Frage- worden. Mittlerweile gibt es zahlreiche Initiativen mit Stabilität von Systemen ist nur durch Vielfältigkeit, rung produzieren. Das ist der entscheidende Punkt, an stellungen weithin aus. Als Gründe für dieses beidsei- dem Ziel, die Wechselbeziehung zwischen natur- und durch Diversität gewährleistet. Eine Zeit lang hing in dem ich auch im Blick auf die Pisa-Studie ansetzen tige Defizit werden u. a. genannt: sozialwissenschaftlich fundierten Strategien einerseits meinem Büro eine Fotoserie der Düsseldorfer Künst- würde. In Ländern wie etwa Finnland, wo man sehr viel · Die ausgeprägte Dominanz technischer Aspekte und und kulturell-ästhetischer Gestaltungskompetenz lerin Ursula Schulz-Dornburg mit 36 verschiedenen, in diesen Bereich – in Bildung, in Wissen, in Kultur – Lösungsansätze verleitet dazu, die sozialen und kul- andererseits zu untersuchen und sie für die Weiter- jeweils einzeln porträtierten Weizensorten. Viele der investiert, gibt es weniger Konsum, weniger zerstöreri- turellen Grundlagen einer Nachhaltigen Entwicklung entwicklung der Agenda 21 nutzbar zu machen. Leute, die das bei mir sahen, wussten noch nicht schen Verbrauch, weil der kulturelle Wert des „Etwas- zu vernachlässigen. Zu nennen wäre insbesondere das „Tutzinger Manifest«, einmal, dass es sich um Weizen handelte, weil die miteinander-Tuns“ eine ganz wesentliche Rolle spielt. · Infolge der Verengung der Nachhaltigkeitspolitik auf in dem es u. a. heißt: „Das Konzept Nachhaltige Ent- Ähren vollkommen verschieden aussahen. Da wird viel gelesen, und der Energieverbrauch ist ge- umweltpolitische Maßnahmen wird das Thema wicklung kann und muss in der Weise vertieft und wei- Das Gleiche gilt für Kultur. Auch Kultur bezieht ihre ringer – was miteinander zusammenhängt. Denn beim Nachhaltigkeit in Bund und Ländern, aber auch in terentwickelt werden, dass es gleichberechtigt mit Öko- Lebensfähigkeit und Stabilität aus Vielfalt – und ich bloßen Konsumieren wachsen anstelle des Erlebniswer- tes nur noch der Energieverbrauch und der Müll.

Continued from page I vestigating the reciprocal relationship between natural and especially as regards the PISA findings. Counties such as Kreativität – Voraussetzung social science-based strategies, on the one hand, and the Finland with substantial investment in these areas – in Sustainable development scope of cultural and aesthetic capacities on the other, see- education, knowledge, and culture -, record less consump- für die Zukunft needs cultural roots king to utilize them in further evolving the Agenda 21. tion, less damaging consumption, because the cultural One outstanding example in this context would be the „Tut- value of „doing things together“ plays a significant role. Hier müssen wir meiner Ansicht nach ansetzen. Das ist the multitude of political declarations and extensive zinger Manifesto“, which states: „The concept of sustai- In those countries, people read a lot and energy consump- keine rein kulturpädagogische Frage, sondern eine Ein- conference reports. nable development can and must be strengthened and ad- tion is lower – which is clearly related. After all, merely stellungsfrage, die nicht nur Kindern vermittelt werden vanced to a point where culture is afforded an importance consuming does not increase the value of experience; it sollte, sondern auch in Firmen, in Verwaltungen und Culture – a neglected dimension in the sustainability equivalent to economy, ecology and the social framework, only increases the amount of energy used and the waste discourse? überall in der Fortbildung. Wie gehen wir an die Dinge as a cross-sectional dimension. It is all about understan- produced. Today the principle of sustainability is commonly acknow- heran, wie planen wir, wie gestalten wir Räume? Wir ding and realising the design of the economy, ecology and ledged in many areas as a criterion influencing policy. müssen unsere Kultur dahingehend ändern, dass wir sa- the social framework dimensions, based on diversity, open- Creativity – the basis for the future However, it does not yet, in all instances, determine practi- ness and mutual exchange, as a cultural-aesthetic form of In my view, this is where we need to begin. It is not purely gen: Es macht Spaß, etwas gemeinsam mit anderen Leu- cal policy and people’s behaviour. Both social scientists sustainability. Perspectives for the future can only be joint- a question of cultural education but addresses the attitu- ten zu tun. Zum Beispiel macht es Spaß, in der Schule and cultural practitioners particularly have expressed their ly secured in a closely interwoven world. Globalisation needs de we adopt, the attitude we want to disseminate, not gemeinsam Dinge zu erarbeiten; vielleicht im Orchester concern that critical debate takes place far too much on intercultural skills in the dialogue between cultures.“ only to children, but also in companies, administrative the level of political and scholarly expertise, without gi- zu spielen. In der Zeit, die wir so verbringen, können wir The German Council for Sustainable Development (RNE), offices and in all aspects of further training. How do we ving enough consideration to the cultural basis of sustai- erleben, ohne konsumieren zu müssen. Das ist ein wich- convened in April 2001 as an advisory body to the Federal tackle things, how do we plan, how do we arrange spaces? nable development. Progress tends to be seen more in the tiger Schritt hin zu einer Kultur, die nicht mehr protes- Government and comprising 17 leading figures from public We need to instigate a change in our culture so that we realm of abstract concepts and less on practical policy tantisch effizient, sondern effektiv und zugleich Ressour- life, has taken up these considerations, signalling the im- say: It’s fun to do things together with others. For examp- levels or in people’s real lives yet, as is emphasised in this le it’s fun to work on things together in school; or perhaps cen sparend an die Dinge herangeht. context, a notion of sustainable development requires a portance of cultural policy as a cornerstone in sustainable to play together in an orchestra. The time we spend in Noch ein Vergleich mit der Natur: Ein Kirschbaum culture of sustainability and, vice versa, cultural policy development. As stated in one of their dialogue papers: „The braucht Tausende von Blüten, um ein Kilo Kirschen zu too needs to be more involved with sustainability issues. basic [cultural] values of society, lifestyles, religions and this way allows us to experience without having to con- First of all, this implies including cultural policy within ethical norms, education and social involvement help indi- sume. This is an important step on the road to a culture produzieren. Die Natur ist verschwenderisch, sie ist nicht the sustainability discourse to generate a broader defini- viduals to develop their mental, spiritual and social poten- that is no longer efficient in the sense of the Protestant effizient. Sie braucht nicht wenig, um etwas herzustel- tion of culture. Culture understood in this way contains tial.“ ethic, but approaches things effectively and, simultane- len, aber sie funktioniert in Kreisläufen, die nicht zer- ously, in a way that conserves resources. the entire spiritual, material, intellectual, and emotional störerisch sind. Sie produziert ohne unseren Energie- aspects that define a society and also includes, beyond Cultural and ecological diversity have the same roots We can make a further comparison with the natural world. Diversity is at the heart of stability, both ecologically and A cherry tree needs thousands of blossoms to produce a verbrauch und unser Müllaufkommen. „There is enough artistic creativity, ways of life, norms and values, traditi- for everybody’s need, but not for everybody’s greed.“ ons, and beliefs. From this perspective, culture is the key culturally. At present, though – just to take one example of kilo of cherries. Nature is not efficient, it is wasteful. It term defining the entire complex of patterns of beha- many – there are only around four different sorts of wheat needs a lot to produce something. But it works in cycles Dieser Spruch Mahatma Gandhis vergegenwärtigt, wo viour, values and norms that shape a society’s ideas about commercially grown worldwide. If one of these proves to that are not destructive. Nature produces without our der Unterschied zwischen der abendländischen Kultur the past, present and future. be faulty in some way, a massive part of our supply system energy consumption or mountains of waste. »There is und einer Kultur, die auch an Wiedergeburt denkt, liegt. While, as yet, cultural aspects in the sustainability debate would collapse. Only diversity guarantees a system’s stabi- enough for everybody’s need, but not for everybody’s Einrichtungen wie das Haus der Kulturen der Welt in lity. For a time, I had a series of photos by the Düsseldorf greed« - as Mahatma Ghandi used to say when trying to have not played a central role, cultural policy also conti- Berlin bieten uns heute die Möglichkeit, den Reichtum artist Ursula Schulz-Dornburg hanging in my office sho- make people aware of the difference between western nues to ignore ecological issues. The reasons cited for this kultureller Vielfalt zu erleben, ohne dass wir selbst in joint short-sightedness include: wing 36 different types of wheat, each individually photo- culture and a culture incorporating the idea of reincarna- die Welt ziehen und anderen Leuten klar zu machen · The dominance of technical aspects and solution-fin- graphed. The ears looked so totally different that many of tion. ding; as a result, not enough attention is paid to the so- the people who saw the photos did not even realise they Today, institutions like the House of World Cultures in versuchen, wie man mit Ressourcen umgeht. Gleich- cial and cultural basis of sustainable development. were looking at photos of wheat. Berlin offer us a chance to experience the wealth of cul- zeitig können Besuche in anderen Ländern, wo es kul- · The policy of sustainability has become increasingly as- And this applies equally to culture. Culture, too, derives its tural diversity, without having to go out into the world turelle Güter wie Naturdenkmäler oder das jeweils spe- sociated with ecology; consequently, sustainability issues life and stability from diversity – and I am not purely thin- ourselves and try to explain to others how to treat our zifische kulturelle Erbe gibt, den Austausch intensivie- king of different forms of artistic expression, but of diversi- resources. At the same time, visits to other countries where are primarily dealt with by the environmental departments ren. Überall auf der Welt haben die Menschen ihre un- ty per se. We need diversity to evolve in our entirety. Both there are cultural goods, for instance, natural wonders, or on the Federal, Land, and local levels. verzichtbaren Werte, die es zusammenzubringen gilt. · The area is dominated by a specialist sustainability dis- culture and sustainability live equally from the additional, their own specific cultural legacy, intensify this exchange. course; this has led to sustainable development becoming the supplementary. After all, we do not simply want to re- Everywhere in the word people have their basic, inalie- Das Ziel ist nach wie vor – wie 1992 in Rio –, die Le- an integral part of policy concerns but, outside the expert store the Cologne Cathedral over and over again – although nable values and the aim must be to bring them together. bensqualität insgesamt und für alle zu verbessern. sphere, remaining relatively unknown. this would undoubtedly be sustainability in the sense of The goal continues to be improving everyone’s overall life- Doch sind Kultur und Kunst keineswegs bloß instru- The aim must be to evolve the notion of sustainability so preservation, it would create nothing new. We need to ad- quality – just as it was in Rio in 1992. mentell als Mittel zum Zweck zu sehen, sondern als die as to embrace culture as an additional aspect on an equal vance because the conventional occidental approach to But culture and art are far from being mere instru- Grundlage, die wir zur Zufriedenheit, zur Erfüllung und sustainability contains a finiteness that, if we were really ments providing a means to an end. Instead, they form footing with the economic, ecological and social dimen- zur Weiterentwicklung brauchen. Wir brauchen Kultur sions and ensure the interconnections between the eco- to think through its implications, might be just that aspect the basis we need for contentment, fulfilment and ad- und Kunst, damit unsere jungen Leute sich nicht, wie nomic, ecological and social spheres are grasped as cul- leading to the end of this system. We need greater toleran- vancement. We need culture and art so that young peo- tural and aesthetic forms of sustainability. ce, knowledge and diversity as a basis for qualitative growth, ple do not merely fill up their heads with incidental das heute bei den Schülern teilweise der Fall ist, den not quantitative growth - but it is qualitative growth that knowledge, as so many pupils seem to now, at least Kopf voll packen mit Nebenwissen, etwa mit Wissen Approaches to linking culture and sustainability we are calling for, at present, for example, in the UNESCO partially. But rather than knowing about clothes brands, über Kleidermarken, Stars oder Videospiele, sondern The „Toblacher Talks“, convened by the Tirol Institute of Convention on Safeguarding Cultural Diversity. The aim must stars or video games, we need to share other values damit wir stattdessen andere Werte miteinander tei- Ecology, were one of the first initiatives trying to link cul- be here, in conjunction with GATS, to safeguard just this with one another, values that make us happier and more len, die uns glücklicher und zufriedener machen. diversity and make it clear that culture has a dual nature: contented. tural policy and the sustainability discourse. Since the Das ist das Ziel der Nachhaltigkeit. Und mir scheint, die 1980s, these discussions have attempted to expand the on the one hand, as a commodity and, on the other hand, This is the aim of sustainability. And it seems to me environmental and, subsequent, sustainability debate into as a cultural good. that the political sphere, in principle, is only now star- Politik beginnt im Grunde erst jetzt, darüber nachzuden- a discourse on aesthetics, values, culture and lifestyles. In the early 1970s, Erhard Eppler described how, in conti- ting to think about it. Although over the last years, ken. Zwar hat sich die auswärtige Kulturpolitik während The 1998 UNESCO Conference on Culture and Develop- nuing to indulge in the myth of quantitative growth, we foreign cultural policy has been concerned with cultu- der letzten Jahre um den Dialog der Kulturen, um Ent- ment provided a key stage in these discussions, since this were manoeuvring ourselves into a cul-de-sac. In this case, ral dialogue, advancing human rights and democracy, wicklung für Menschenrechte und Demokratie geküm- 2 acknowledged sustainable development as a basis for the as Einstein’s E=mc formula shows, we are, in principle, pro- it has not yet dedicated itself to integrating the aspect mert, aber sie hat dies bislang noch nicht konsequent retention and globally promotion of cultural diversity. In ducing energy and rubbish to shape growth. It is a problem of an international sustainability policy - and that, to- mit der internationalen Nachhaltigkeitspolitik ver- the course of the national-level preparations for the 2002 we can only overcome if we invest greater resources in pro- day, continues to be the task facing us. schränkt. Das ist heute nach wie vor unsere Aufgabe. United Nations World Summit on Sustainable Develop- moting knowledge, education and culture as qualities that ment (WSSD) in Johannesburg, this discussion was inten- do not inevitably produce waste and destruction. This is the The author is the Chair of German Parliamentary Com- sified. Now, there are numerous initiatives aimed at in- decisive point – and where I would like to make a start, mittee on Culture and the Media Die Verfasserin ist Vorsitzende des Ausschusses für Kultur und Medien des Deutschen Bundestags Europa Kultur Stadt politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite III Nachhaltige Entwicklung als Leitkultur Von Raimund Bleischwitz und Rainer Lucas

„Nachhaltige Entwicklung“ (sustainable develop- ben. Als Ausweg aus den Definitionsschwierigkeiten bietet Tab. 1: Nachhaltigkeit in Unternehmen und deren Operationalisierung ment) strebt die Harmonisierung der unterschiedlichen sich ein Verständnis als „regulative Idee“ (Karl Homann) Nachhaltigkeitsdimension Inhalte Interessen von Umwelt, Ökonomie und Sozialem an. an. Ähnlich den Begriffen Freiheit, Demokratie und Ge- Nach den Vereinten Nationen versteht man darunter rechtigkeit kann auch eine nachhaltige Entwicklung Ökologisch z.B. ressourcen-effiziente Gestaltung von Produkten und Prozessen die Befriedigung der Bedürfnisse heutiger Generatio- immer nur über vorläufige Zwischenbestimmungen er- Sozial z.B. langfristige Sicherung des Humankapitals, Qualifikation und nen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen folgen. Sie ist Ziel und Mittel zugleich. Als regulative Idee Kompetenzentwicklung der MitarbeiterInnen zu ihrer Bedürfnisbefriedigung zu beeinträchtigen. kann sie gleichwohl in Entscheidungsprozessen zwischen Ökonomisch z.B. Eigenkapital-Sicherung bzw. angemessenes Verhältnis zwischen Entscheidend ist die Einsicht, dass künftigen Genera- unterschiedlichen Entwicklungspfaden zur Anwendung Eigen- und Fremdkapital tionen nicht wahlweise ein intaktes ökonomisches, kommen. So können sowohl negative Kriterien der Nicht- Kulturell z.B. Verbindung der Identitäten von Unternehmen und Marke mit dem soziales oder ökologisches System hinterlassen wer- Nachhaltigkeit als auch ökologische Leitplanken und Ziel der gesellschaftlichen ZukunftssicherungÄsthetisierung und den soll, wenn dies auf Kosten der Funktionsfähigkeit Handlungsmaximen erarbeitet werden. Symbolisierung der Nachhaltigkeit eines der anderen Systeme geschieht. Vielmehr ist die Vor einigen Jahren haben Naturwissenschaften, Recht, ökonomische, soziale und ökologische Entwicklung als Technik und Ökonomie die Debatte über eine nachhalti- Quelle: eigene Zusammenstellung (siehe auch www.eventkultur.net) eine immer neu herzustellende notwendige Einheit zu ge Entwicklung dominiert. Mittlerweile wird zunehmend betrachten. Die Bedeutung einer nachhaltigen Entwick- deutlich, dass es um einen kulturellen Wandel der In- Das Wuppertal Institut setzt sich u.a. im Projekt „Event- Generation, als praktizierte Nachbarschaft: das wäre eine lung reicht damit weit über die Umweltpolitik oder dustriegesellschaften und anderer Gesellschaften geht. kultur und Nachhaltigkeit“ mit dem Wie der Kommuni- Leitkultur ohne den schalen Beigeschmack einer Restau- über die Rentenpolitik hinaus. Wie können Menschen leben, ohne die Natur für künfti- kation auseinander und befasst sich mit kulturellen Aus- ration. Statt eines „Kampfs der Kulturen“, in dem sich ge Generationen zu übernutzen? Wie wollen sie leben? prägungen von Inhalten der Nachhaltigkeit. Am Beispiel verschiedene Identitäten polarisierend gegenüberstehen, Nachhaltige Entwicklung enthält normative Implikatio- Wie können sie zwischen Massentourismus und Stand- der Unternehmenskommunikation wird das Zielsystem geht es um eine Kultivierung der Nachhaltigkeit als of- nen. Die Anerkennung der Rechte künftiger Generatio- ortdebatte Fairness gegenüber anderen Kulturen prakti- der Nachhaltigkeit um eine vierte, kulturelle Dimension fenes, gesellschaftliches Projekt. Lebensstilpioniere, Kultur nen ist konstitutiv. Darüber hinaus herrscht seit den Erd- zieren? Verkrustete Strukturen und problematische Le- erweitert. Schaffende, Schulen, Medien und Unternehmen sind gipfeln der Vereinten Nationen 1992 und 2002 Einig- bensstile stehen auf dem Prüfstand. Wie eine Kultur der Unternehmen können sich als Träger einer neuen Kultur, wichtige Träger dieses Kulturwandels. Zeitgemäße For- keit, dass die Fairness zwischen Industrie- und Entwick- Nachhaltigkeit aussehen kann, von wem sie erarbeitet einer Leitkultur der Nachhaltigkeit verstehen. Durch ein men der Ästhetisierung und Symbolisierung der Nach- lungsländern erhöht werden soll. Die Industrieländer und gelebt wird, und wie mit hartnäckigen Bewahrern reflektiertes Wertemanagement erzeugen sie Kunden- haltigkeitswerte sind hier ebenso gefragt wie neue For- haben anerkannt, dass ihre Produktions- und Konsum- des Status Quo umgegangen werden soll, wird zuneh- bindungen, die über eine bloße Kaufentscheidung hin- men der Vermittlung. Nachhaltigkeit als Event, als Ins- muster nicht ohne gravierende ökologische Konsequen- mend zu einem Vermittlungsproblem. ausgehen. Dabei ist die Internationalität vieler Unter- zenierung und schrittweise erzeugte Bindung, als neue zen von anderen Ländern nachgeahmt werden können. Die Unternehmenskommunikation hat dieses Vermitt- nehmen grundsätzlich von Vorteil. Durch eine Gestal- Leitkultur – warum nicht? Sie haben sich deshalb zur Umsetzung in ihren jeweili- lungsproblem grundsätzlich erkannt: Ökobilanzen, Stra- tung von Zuliefererbeziehungen und einen regen Aus- gen Territorien verpflichtet. International übernehmen tegien zur Verbesserung der Ressourceneffizienz und zur tausch lassen sich interkulturelle Vermittlungsformen Raimund Bleischwitz ist Stellv. Leiter der Forschungs- sie stärkere Verpflichtungen als die Entwicklungsländer Realisierung von „Öko-Profit“ sind erste Diskursschritte. praktizieren. Transparenz der Unternehmenspolitik nach gruppe „Stoffströme und Ressourcenmanagement“ und unterstützen diese finanziell und technologisch bei Dennoch ergibt sich oft eine zu strikte Aufgabenteilung außen fördert eine vorwärts gerichtete Kultur des Ver- im Wuppertal Institute für Klima Energie Umwelt ihren Bemühungen. zwischen Umweltmanagement und Public Relation in den trauens. und hat eine Stiftungsprofessur für Industrie und Die Definition einer nachhaltigen Entwicklung muss not- Unternehmen. Als Folge bleibt der Adressatenkreis der Es geht aber nicht um eine ökonomisierte Leitkultur. Nachhaltigkeit („Toyota Chair for Industry and Sus- wendigerweise offen bleiben. Niemand kann aus dem Nachhaltigkeitskommunikation auf Experten beschränkt. Nachhaltigkeit wird dann zur Leitkultur, wenn die Men- tainability“) am Europakolleg Brügge, Belgien inne. Leitbild einen allgemein verpflichtenden Zielzustand oder So wird zwar berichtet, aber die Werte der Nachhaltig- schen als verantwortliche Individuen, als Manager, Kon- gar Ziele für die individuelle Lebensführung ableiten. keit werden nur in Ausnahmefällen kommuniziert und sumenten und Bürger, agieren. Im Einklang mit der Na- Rainer Lucas ist Projektleiter Eventkultur und Nach- Vorstellungen über eine erstrebenswerte Gestaltung der selten emotional vermittelt. Nachhaltigkeit gilt als „Kopf- tur, im Respekt vor den Bedürfnissen anderer Kulturen haltigkeit am Wuppertal Institut für Klima Energie Gesellschaft lassen sich anregen, aber nicht vorschrei- thema“. und künftiger Generationen, in Anerkennung der älteren Umwelt

Sustainable Development as a Defining Culture By Raimund Bleischwitz and Rainer Lucas Sustainable development strives to harmonise the dif- cept of a „regulative ideal“ (Karl Homann). Similar to the communications with their project „Event Culture and Sus- aftertaste of restoration. Instead of a „war of cultures“, in ferent environmental, social and economic interests that notions of freedom, democracy and justice, sustainable de- tainability“ (“Eventkultur und Nachhaltigkeit”) and focus- which different identities confront each other in a pola- underpin our global community. As defined by the Uni- velopment can only arise from the grey area between other sing on the cultural hallmarks of sustainability. Using the rised fashion, what we are concerned with here is a culti- ted Nations, the term refers to development that meets definitions. It is both ends and means. As a regulative ideal, example of business communications, they include a fourth vation of sustainability as an open project for society. Life- the needs of the present without compromising the abi- it can nevertheless be applied in decision-making proces- category—the cultural dimension—in a target system of sus- style pioneers, those involved in cultural production, schools, lity of future generations to meet their own needs. The ses at diverging paths of development. It is thus possible to tainability. the media, and business are important catalysts of this cul- decisive insight guiding this view of sustainable deve- work out negative criteria for unsustainability, as well as Businesses can take on their role as the bearer of a new tural transformation. Effective symbols and aesthetic ren- lopment is the realisation that today’s societies, when ecological guardrails and maxims to guide our actions. culture—a leitkultur, or defining culture, characterized by derings of the values of sustainability are just as much in given the choice, should not leave behind an economic, A few years ago, science, law, technology and economics sustainability. By thoughtfully managing values, they can demand as new forms of communication. Sustainability as social or ecological system that compromises the viabi- dominated the discussion on sustainable development. Since create ties to customers that extend beyond mere purchase event, as mise-en-scéne and the step-by-step formation of lity of any other system. Indeed we must look at econo- then, it has become increasingly clear that it is above all a choice. In this context, the international scope of many ties, as the new defining culture—why not? mic, social and ecological development as a vital and cultural transformation with which we are now confron- businesses is a fundamental advantage. Through a lively unified whole that must be continually created anew. ted—not only in industrial nations, but in other societies as exchange of values, relationships with suppliers can be Raimund Bleischwitz is the deputy director of the research The consequences of sustainable development extend well. How can people live today so that the capacity of the shaped in a way that translates intercultural forms of com- group „Substance streams and resource management“ at far beyond policies related only to retirement benefits natural environment to meet future needs is not compro- munication into reality. And transparency in business poli- the Wuppertal institute for Klima Energie Umwelt or the environment. mised? How do we want to live? And how can we practice cies can promote a forward-looking culture of trust. (climate, energy, environment) and has an endowment Sustainable development has normative implications, and fairness vis-à-vis other cultures as we navigate between The matter is not primarily about a leitkultur based on eco- professorship for industry and sustainability („Toyota Chair recognising the rights of future generations is a constituti- mass tourism and the debate surrounding the creation of nomics. Sustainability is counted as the defining culture for Industry and Sustainability“) at the Europakolleg in ve element. Furthermore, since the United Nations World better business conditions at home and companies that only when people assume their responsibilities as individu- Brügge, Belgium. Summits of 1992 and 2002, the predominant unifying fac- export jobs overseas? Ingrained structures and problematic als, managers, consumers and citizens. In harmony with tor has been the belief that fairness between the industri- lifestyles have now been called into question. The anatomy nature, in respect of the needs of other cultures and future Rainer Lucas is the project manager for Event Culture alised and developing countries must improve. The indus- of a culture of sustainability, its progenitors and adherents, generations, in recognition of older generations, as lived and Sustainability at the Wuppertal Institute Klima trialised nations have recognised that their patterns of pro- and dealing with dogged resistance to changes in the sta- community: these constitute a leitkultur without the stale Energie Umwelt. duction and consumption cannot serve as a model for other tus quo—these are all issues that are becoming increasin- countries without grave ecological consequences. For this gly difficult, and yet essential, to communicate. Table. 1: Sustainability of Businesses and their Operationalisation reason, these nations have committed themselves to imp- The field of business communications has fundamentally lementing changes in their respective territories. Internati- recognised this problem: ecobalance, strategies for impro- Category of Sustainability Components onally, they impose stricter obligations on themselves than ving resource efficiency, and the potential to make „eco- developing countries, which they support financially and profits“ are the first steps in the discussion. Yet businesses Ecological e.g. resource-efficient design of products and processes technologically in their efforts. still exhibit an overly rigid division of responsibilities between Social e.g. long-term security for human resources, opportunities for employees to The definition of sustainable development must remain fle- environmental management and public relations. As a re- further develop skills and qualifications xible. From the current model, it is impossible to deduce an sult, when it comes to conveying the issues surround sus- ideal target condition, or for that matter even goals to which tainability, the audience remains limited to experts. There Economic e.g. security of personal assets and fair distribution of wealth. we may universally subscribe and that lay out for each in- have been countless reports on the topic, but only in ex- Cultural e.g. connection between identities of businesses and brands with the goals dividual how to lead his or her life. Though we can propose ceptional cases have the actual values of sustainability been of a secure future for society, the task of symbolizing sustainability and different models of society that are worth striving for, we communicated—and seldom with any emotional content. lending it an aesthetic representation. cannot impose them on anyone else. A way out of these Sustainability is still seen essentially a topic for the ivory difficulties of definition can be found, however, in the con- tower. The Wuppertal Institute is tackling the „how“ of Source: author’s compilation (see also www.eventkultur.net) Kulturpolitik: Ein Vergleich Deutschland – Österreich Von Peter Vermeulen

Es gibt wohl kein anderes Land in Europa, das in der · Seit Jahren werden in Österreich auf Länderebene · Wenn heute bei den Rundfunkanstalten über die Aus- und Verlierer in der Kulturförderung zu bestimmen. Kulturpolitik vergleichbarere Strukturen zu Deutsch- Kulturberichte veröffentlicht, die in einer einheitlichen gliederung der Radiosymphonieorchester nachgedacht Warum hat es in Deutschland von einigen wenigen Bei- land aufweist, als Österreich. Das Land ist, bezogen Form Umfang und Strukturen der Kulturförderung wie- wird, dann könnte ein Blick zum ORF helfen, dem dies spielen abgesehen keine vergleichbaren Innovationen auf seine Bevölkerung zehnmal kleiner und funktio- dergeben. bereits 2004 erfolgreich gelungen ist. gegeben? niert doch ähnlich: In der Kulturpolitik gibt es eine · Als man 2003 in Berlin entschied, die Theaterwerk- · Eine Evaluation der Niederösterreichischen Kulturwirt- Die Optimierung des Kulturmanagements in Deutsch- Bundes-, eine Länder- und eine kommunale Zustän- stätten der Berliner Opernhäuser zu einer Theaterser- schaft GmbH (NÖKU) erbrachte 2003 den Nachweis, land stand in den letzten 10 Jahren zu stark unter dem digkeit. Wie in Deutschland dominiert ein Sparten- vicegesellschaft zusammenzufügen, war dieses Mo- das es durch eine Holding-Struktur möglich ist, mit ei- Zeichen der Mitteleinsparung. Den Mut, mit neuen fi- denken, die Kultur teilt sich in Musik, Theater, bilden- dell seit 1997 schon in Wien erprobt. ner Bündelung des Kulturmanagements die fachliche nanziellen Strukturen auch neue Möglichkeiten und Ent- de Kunst, Literatur etc. Und doch gibt es auffällige · Als der ehemalige McKinsey-Berater Henning Röper Selbständigkeit an Kulturinstituten bestmöglich zu un- wicklungsperspektiven aufzuzeigen, hatten nur wenige. Besonderheiten, die in Österreich anders sind. in seiner Dissertation 2000 dem am besten gelunge- terstützen. Ein Modell, nach dem man in Deutschland Es überwog die vielleicht nicht unberechtigte Angst, das nen Theatermanagement nachspürte, wurde er bei den bis heute auf der Suche ist. Kind würde mit dem Bad ausgeschüttet. Viele Innovationen im Kulturmanagement stammen aus Vereinigten Bühnen in Graz fündig. Und neben dem The- · 2004 wurde in Graz ein System der Kulturförderung Als eine der wenigen löblichen Ausnahmen mag das Österreich und werden mit Verzögerung in Deutschland ater in der Josefstadt dürften die Grazer ihren Vorsprung kreiert, bei dem klar festgelegte Kriterien die Entschei- Kulturdezernat der Stadt Essen herhalten. Es gibt einen entdeckt: bis heute noch weiter ausgebaut haben. dung einer unabhängigen Jury erleichtern, Gewinner Weiter auf Seite IV Europa Kultur Stadt politik und kultur • Mai – Juni 2005 • Seite IV

Fortsetzung von Seite III cher konsequenter. Die große Kulturkontroverse, was man Menschen“ zu positionieren, ist schwierig. Selbst in der nes Bildungsbegriffs, der weh tut, sind für die einen Ur- denn bitte zur öffentlichen Kulturpolitik zählen soll und unmittelbaren Nachkriegszeit ging es nicht ums Brot, sache des Wegbleibens und für die anderen Grund, ge- Kulturpolitik: ein Vergleich... was den Privaten zu überlassen sei, wird nicht wirklich sondern - wer es sich nur irgendwie leisten konnte - um nau das Weiter-so zu fordern. Bloß nicht der Masse beu- geführt. Aus den Augen verschwunden, scheint in die Butter. In diesem Sinn sind Kunst und Kultur Delika- gen, Populismus ist der Tod der Kultur, wehe, wenn einer exzellenten jährlichen Kulturbericht. Die Kulturinstitute Deutschland und Österreich die Frage, welche Effekte tessen par excellence oder sie sind nichts wert. Was bringt lacht. Leere Häuser sind ein Qualitätsbeweis. Wie viele werden mit einer Art Balanced Score Card gesteuert. Mit Kulturpolitik erzielt. Doch marginalisiert sich eine Kul- es, den Menschen stereotyp einzureden, sie bräuchten Künstler wurden erst posthum berühmt? Gerade, weil der Philharmonie Essen konnte der alte Saalbau erfolg- turpolitik, die sich diese Frage nicht stellt. Kultur, während diese ganz genau wissen, dass sie sie die Masse wegbleibt, ist Förderung gerechtfertigt. Nur reich wieder belebt und ein Konzerthaus der Spitzen- Die vorherrschende Kulturpolitik in Deutschland und nicht brauchen, außer sie haben Lust darauf?” durch Subventionen kann erhalten werden, was der Markt klasse geschaffen werden. Gleichzeitig wurde das The- Österreich auf Ebene des Bundes, der Länder und Kom- Lauter als In Österreich wurde in Deutschland in den 80er nicht trägt. Ein schreckliches Dilemma. Fördern, was es ma Industriekultur in der Zeche Zollverein beispielge- munen verfolgt die Prolongation des Bestehenden. Kul- Jahren gefordert: Kultur für alle! Doch die armen Geis- schwer hat!, hat der Leiter des früheren Sekretariats für bend ausgebaut und über seine Vernetzung in lokale, turpolitik musealisiert sich selbst. Ein Gestaltungswille ter, die Hilmar Hoffmann rief, wird man jetzt nicht los. gemeinsame Kulturarbeit in Wuppertal, Dietmar N. regionale, nationale und internationale Kulturszenen ist ist mangels Masse vielerorts verloren gegangen. Verwal- Sie irrlichtern in Songcontests, sofern sie sich nicht auf Schmidt, ganz brav und nett formuliert und dabei offen der Essener Kulturdezernent Oliver Scheytt weit bekannt. tung, Verbände und Kulturschaffende diskutieren darüber, angewärmten Woks als Bobs im Sauerland den Winter- gelassen, ob er dieses Motto als Therapieansatz oder als Diese grundsolide kulturpolitische Arbeit wurde damit wie weiterer Flurschaden angesichts sinkender Steuer- berg hinunterstürzen. Sie rappen in den Jugendzentren, Mildtätigkeit verstanden wissen will. Wer aber ist der belohnt, dass Essen als Kulturhauptstadt weiter im Ge- aufkommen verhindert werden kann. Eine solche Kul- wetteifern in Karaoke-Studios, drehen eigene Homevi- Türwächter? Wer entscheidet über die Therapiebedürf- spräch ist. turpolitik ist rückwärtsgerichtet und verzichtbar. deos und verteilen sie im Klassenraum. Eine Unterschicht- tigkeit? Wer verteilt die großzügigen Gaben an wen? Das Kulturpolitik hat sich in Essen selbstbewusst gegen an- Vermutlich liegt das Problem tiefer. Der traditionelle, öf- kultur ist gewachsen, ungefördert, und die Hochkultur ist nicht die Kulturpolitik, sondern die Verwaltung selbst, dere Politikfelder behauptet, hat sich nicht abgegrenzt, fentlich geförderte Kulturbereich erleidet angesichts der läuft leer. Die deutsche Oper in Berlin vermeldet für 2004 und nach Förderrichtlinien, die sie der Politik zur Be- sondern das Thema Kultur mit anderen Politikfeldern aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen einen nach- eine Auslastung von 64 %, die Komische Oper im glei- schlussfassung aufgeschrieben hat. Statt Kulturpoli- verknüpft. haltigen Bedeutungsverlust. Zu seiner Verteidigung sind chen Zeitraum 52,7 %. Dagegen wächst die Zahl der tik gibt es nur noch Kulturverwaltung. Dennoch gibt Möglicherweise als Ergebnis der großen Verwaltungsre- zu viele hohle Phrasen im Spiel, zu viele uneingelöste Kulturbanausen und je aberwitziger eine Fernsehsendung, es vielleicht zwei Auswege: formbemühungen ging es anders als in Essen in den Versprechungen, zu viele selbstreferentielle Behauptun- desto höher die Einschaltquoten. Das war nie gewollt: 1. Kultur dort aufzuspüren, wo sie bislang bei vielen nicht meisten Städten darum, der Frage nachzuspüren, wie gen, die mit den Erwartungen der „Nicht-Kulturbetrieb- Kulturpolitik in Deutschland und Österreich sollte den vermutet wird: im Sozialbereich, in der Stadtentwick- gestalte ich Kulturpolitik und nicht um die Frage, was ler“ immer weniger zu tun haben. Feingeist befördern und was ist das Ergebnis? Fressen, lung, in der Bildung, Personalentwicklung; jedenfalls dort, wollen wir mit Kulturpolitik erreichen? Der Deutsche Bühnenverein fordert: Theater muss sein! ficken, fernsehen. wo Entwicklung stattfindet und nicht dort, wo die Be- Man kann glauben, die Österreicher seien Kulturarbeit Und der Kulturfreund pappt sich einen entsprechenden Der Historiker Götz Aly, der gerade spektakulär mit sei- harrungskräfte überhand genommen haben. systematischer angegangen oder es sei ihnen zumindest Aufkleber aufs Auto. Musikschulen brauchen Förderung, nem neuen Werk zur Sozialpolitik im Nationalsozialis- 2. Kultur wieder zu einem Movens gesellschaftlicher gelungen, mehr Konsens herzustellen. so der Musikschulverband und so lebt Selbstreferenzia- mus auf sich aufmerksam machte, hat einem Bericht Entwicklung umzuinterpretieren, das neugierig macht, Nun gibt es inhaltliche Differenzen im öffentlichen Kul- lität in der Kultur bis heute. der FAZ zufolge vorgeschlagen, die Druckkostenzuschüsse das fasziniert und auf diese Weise in der Lage ist, auch turbetrieb nicht wirklich. Einmal abgesehen um Schein- Völlig aus den Augen verschwunden, scheint die Frage, für historische Qualifikationsarbeiten zu streichen. „Sein Resourcen zu finden. kontroversen, um schlingensiefsche Kulturprovokationen, warum wir diese Kultur denn brauchen? Ein In-Frage- Argument: Die von der akademischen Geschichtswissen- Dazu gehören jelineksche Eigenheiten oder peymannschen Poltergeist. stellen wird als Kulturbanausentum, als –feindseligkeit schaft verbreitete Langeweile beruhe darauf, dass ihre · ein institutionelles Wollen, sich nicht nur organisato- Die inhaltliche Frage nach dem Förderzweck wurde ver- interpretiert. Wer die bestehende Kulturpolitik kritisiert, Bücher sich nicht am Markt behaupten müssten.“ Auch risch, sondern in erster Linie inhaltlich weiter zu ent- drängt durch eine Optimierung des „Wie´s“. Kulturma- wird mit dem Vorwurf des Totengräbers konfrontiert? wenn dieser Vorschlag helle Empörung auslöst, er trans- wickeln nagement und Verwaltungsreform waren zwei sich wech- Bei enem Expertenhearing am 15.3.2005 in Wien stellte portiert die Vermutung, wo Rauch ist, sei ein Feuer. · und ein politischer Überbau, der in der Lage ist, die selseitig beschleunigende Elemente bei der Erneuerung der Kulturmanager Dr. Michael Wimmer die Frage: “Eine Bislang geht Kulturpolitik über dieses Feuer hinweg. vielfältigen Einzelinteressen als einen gemeinsamen, zeit- der Kulturlandschaft. Und auch hier waren die Österrei- Verbandsrethorik, „Kultur als Grundnahrungsmittel der Der mangelnde Spaß und die gähnende Langeweile ei- gemäßen Anspruch zu bündeln und auf diese Weise überhaupt in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen. Solange Kulturpolitik darauf beschränkt ist, Tote um den Friedhof zu tragen, wird sie Neues nicht säen. Selbst, Cultural policy: A comparison Germany – Austria wenn es zum bestehenden (noch) keine Alternativen By Peter Vermeulen gibt, man muss danach suchen. Die Wirkung des Be- stehenden zu messen, forschen, entwickeln soll ein There is hardly another country in Europe whose structu- achieve through cultural policy? One could think that the and what is the result? Feed, fuck, watch TV. The histori- res in cultural policy are closer to the ones featured in Austrians have had a more systematic approach to cultural an Götz Aly, who has just drawn attention to himself in a Drang werden. Eine Politik, die auf Veränderung zielt, Germany than Austria. The country is ten times smaller – activity or that, at least, they were able to reach a greater spectacular way through his new work on social policy gerät in Österreich und dann wohl auch bald in Deutsch- based on its population – yet functions in similar ways: consensus. during the Third Reich, has, according to a report by the land ins Blickfeld. There is a federal, state and communal competence in But differences regarding content do not really exist in the FAZ, proposed to cancel the subsidies for the printing of Nachdem wir jahrelang Innovationen im Kulturmanage- cultural policy. As in Germany, thinking is dominated by public cultural scene. Apart from mock controversies about qualification papers in history. “His argument: The bore- ment entwickelt, eingeführt und gefordert haben, wird compartmentalisation: culture splits up into music, the- Schlingesiefesque cultural provocations, Jelinek eccentri- dom spread by academia in the field of history is based on es jetzt um die inhaltliche Erneuerung gehen, die wir atre, visual art, literature, etc. cities or the Peymann Poltergeist. the fact that its books do not have to compete on the genauso unerschrocken angehen müssen wie seinerzeit But there are some distinctive features, which are diffe- The question of the purpose of promotion was pushed asi- market.” Even though this proposal generated great out- rent in Austria. de by the improvement of the “how”. Cultural management rage, it does transport the assumption that there is no das Thema Kulturmanagement. Many innovations in cultural management originated in and administrative reform were two elements mutually smoke without a fire. Damals sagten Kritiker: Kultur kann man nicht rechnen. Austria and are only being discovered in Germany with a accelerating each other in the renewal of the cultural land- The lacking fun and incredible boredom of a definition of Kulturberater haben dagegen gehalten. Heute klagen delay: scape. But, again, the Austrians were more consistent. The cultivation that hurts are exactly the reason to stay away Kritiker: Kultur zählt nichts mehr! Auch heute heißt die · For years Austria has been publishing cultural reports on big cultural controversy about what should belong to pu- for some; for others the reason to demand: “Onward we simple Antwort: dann muss man dafür kämpfen, ehrlich, the federal state level, which, in a consistent form give blic cultural policy and what should be left to privates is go!“ Never stoop to the masses, populism is the death of selbstbewusst und mit offenem Visier! Ein Blick nach an account of the scope and structures of promotion of not really being led. In Germany and Austria the question culture, God forbid somebody laughs. Empty houses are Österreich zeigt: Kultur zählt, solange sie lebendig bleibt. culture. on what effects can be brought about by cultural policy proof of quality. How many artists only gained recogniti- · When, in 2003 in Berlin, it was decided to join the the- seems to have slipped into oblivion. But cultural policy that on after their death? Especially because the masses stay atre workshops of the Berlin opera houses into one the- does not ask itself this question is marginalizing itself. away, subsidies are justified. Only by subsidies we can Der Verfasser ist Vorstandsvorsitzender der ICG Con- atre service-company, the model had already been put to The prevailing cultural policy in Germany and Austria on maintain what the market will not pay for. It’s a horrible sulting Group Deutschland AG CULTURPLAN Un- the test in Vienna since 1997. the federal, state and communal level is set on prolonging dilemma. Funding for that, which has difficulties! the head ternehmensberatung · When the former McKinsey-consultant Henning Röper the existent. Cultural policy is mummifying itself. The will of the former office for cultural cooperation in Wupper- was searching for the most felicitous theatre manage- to shape is being lost in many areas, due to the lack of tal, Dietmar M. Schmidt, obediently and nicely stated, ment in his dissertation of 2000, he discovered it at the substance. The administration, associations and the per- while leaving open if he wants this motto understood as Vereinigte Bühnen (United Stages) in Graz. And besides sons engaged in the cultural sector are discussing how, in an approach for therapy or philanthropy. But who is the Impressum the theatre in the “City of Josef”, the people of Graz have the light of falling tax revenues the damage can be aver- bouncer? Who decides on need for therapy? Who disper- surely extended their healthy margin to date. ted. Such cultural policy is backward and dispensable. ses the generous gifts to whom? This is not cultural poli- Europa Kultur Stadt · When nowadays we are thinking about outsourcing the Presumably the problem runs deeper. The traditional, pu- cy, but the administration itself, and according to subsidy Eine Beilage des Deutschen radio symphony orchestra from the broadcasting corpo- blicly funded sector is suffering of a lasting loss of impor- directives, that it has passed on to the politicians for de- Kulturrates und der rations, a look at the ORF could help, where this was done tance, given the current developments in society. Too many cision making. Instead of cultural policy we are left with Kulturstiftung des Bundes successfully in 2004. hollow phrases and empty promises have been aired in its cultural administration. in politik und kultur · An evaluation of the Niederösterreichische Kulturwirt- defence, too many self-referential pronouncements, that But possibly there are two exits: schaft GmbH (Nether Austrian Cultural Economics Ltd.) have little to nothing to do with the expectations of per- 1. To discover culture, where it may be not expected by Herausgeber proved in 2003, that, in form of a holding and by bund- sons “not in the cultural know”. many at the moment: in the social sector, in city develop- Deutscher Kulturrat e.V. ling cultural management it is best possible to support The German Theatre Association (Deutscher Bühnenverein) ment, in education, human resources; anyhow there, whe- Kulturstiftung des Bundes professional independence of cultural institutions. This is demands: Theatre is a must! And the friend of culture will re development is taking place and not where the forces a model that is still being searched for in Germany today. stick a corresponding badge on their car. Music schools need of persistence have taken over. Deutscher Kulturrat · 2004 a system of cultural promotion was created in Graz, funding, as the Association of Music Schools states and in 2. To reinterpret culture as a driving force for social deve- Chausseestraße 103, 10115 Berlin in which clearly established criteria facilitate the decisi- this way self-reference lives on in culture to this day. But lopment, that sparks curiosity, that fascinates and there- on of an independent jury, to determine the winners and we seem to have lost sight of the question, why we need by is capable to secure resources. Tel.: 030/ 24 72 80 14 losers of further cultural promotion. this kind of culture in the first place? But such a question is This includes: $ax: 030/ 24 72 12 45 Why, apart from a few examples, have there not been qualified as cultural philistinism and hostility. Those who · an institutional willingness to not only move forward on Internet: www.kulturrat.de comparable innovations in Germany? criticize the existing cultural policy, are confronted with an organisational level, but firstly regarding content. E-Mail: [email protected] The pressure of budget-cuts has dominated the improve- the reproach of being the undertaker? · and a political superstructure, that is capable to bundle ment of cultural administration in Germany in the last 10 At a hearing of experts in Vienna on May 15th, 2005, the the manifold individual interests to one joint, contem- Kulturstiftung des Bundes years. Only few had the courage to point out new possi- cultural manager Dr. Michael Wimmer posed the question: porary claim and thereby manage to make it visible to the $ranckeplatz 1 bilities and development perspectives through new finan- “To position the slogan “Culture as a staple food of the peo- public. 06110 Halle an der Saale cial structures. There is also a chance that the not entire- ple”, as part of the associations rhetoric, is difficult. Even As long as cultural policy is confined to carrying dead to Tel.: 030/ 24 72 80 14 ly unfounded fear prevailed that the baby was being right after the war it was not all about the bread – whoever the cemetery, it will sow nothing new. Even if there are $ax: 030/ 24 72 12 45 thrown out with the bath water. could even barely afford it, was out for butter. In this sense (still) no alternatives to the existing, we have to search Internet: www.kulturstiftung-bund.de The cultural department of the city of Essen may serve as the arts and culture are delicacies par excellence or they for them. We should develop the urge to measure the E-Mail: [email protected] one of the few laudable exceptions. It publishes an excel- are worth nothing. What is the worth of stereotypically pre- impact of existing structures, to research and to develop. lent yearly cultural report. The cultural institutes are go- aching to people that they need culture if they know ex- A policy, that has change as a goal, has come into the Redaktion verned through a type of balanced scorecard. Through actly, that they don’t need it, unless they feel like it?” focus of Austria and surely soon of Germany. Olaf Zimmermann (verantwortlich) the creation of the Essen Philharmonic the old Saalbau In the 80s, the demand “Culture for everyone!” rang louder After we have developed, introduced and demanded in- $riederike Tappe-Hornbostel, building could be revitalized and a top-class concert hall in Germany than in Austria. But the poor spirits that Hilmar novations in cultural policy for years, we now have to Theo Geißler, Gabriele Schulz, was brought into being. Simultaneously the subject of Hoffmann summoned, we now cannot expel. They lurk in focus on a renewal regarding content, which we have to Andreas Kolb industrial culture was exemplified and expanded in the song-contests, if they are not racing down the Winterberg approach in the same unafraid manner as formerly the “Zeche Zollverein” (a former coal-mine, tr.) and the head in the Sauerland on pre-warmed woks as sleighs. They rap issue of cultural management. In those times critics said: Produktion und Layout: of the Essen cultural department, Oliver Scheytt is widely in youth-centres, compete in karaoke-studios, make their You cannot be computed. Cultural consultants have held ConBrio Verlagsgesellschaft known through his connections with local, national and own home videos and distribute them in the classroom. A against it. Nowadays critics complain: Culture counts Brunnstraße 23, 93053 Regensburg international cultural scenes. low-class culture has flourished, unaided, and high culture for nothing anymore! And today the simple answer is Tel: 0941/ 945 93 0 In Essen, cultural policy has confidently established itself is runs idle. For the year 2004 the German Opera in Berlin the same: You have to fight for it, honestly, confidently $ax: 0941/ 945 93 50 against other areas of policy and not by dissociation but reports an occupation of 64%, the Komische Oper one of and with an open visor! A look at Austria shows us: Cul- Internet: www.conbrio.de by linking the subject of culture with other political areas. 52,7% for the same period of time. On the other hand the ture counts, as long as it stays alive. E-Mail: [email protected] Possibly a result of the great effort for administrative re- number of cultural philistines is growing and the more lu- form, other cities – in contrast to Essen – have been trai- dicrous a TV-show, the higher the ratings. This was never The author is the chairman of the board of directors Übersetzungen: ling the question of how cultural policy might be formed intended: Cultural policy in Germany and Austria was sup- of the ICG Consulting Group Germany Inc. CULTUR- Andrew Boreham, Elizabeth Boshold, and not so much the question of what do we want to posed to promote knowledge and appreciation of the arts PLAN Management Consulting Mathew Gaskins