Internationale Kontakte und Verbindungsstellen

1. Die Anfänge der internationalen Arbeit der Hanns-Seidel-Stiftung Neben der politischen Bildung und der politikwissenschaftlichen Forschung stellt gemäß ihrer Satzung „die Förderung der internationalen Gesinnung und der Völkerverständigung sowie der europäischen Einigung“ einen weiteren Arbeitsschwerpunkt der Hanns-Seidel-Stiftung dar. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, hat die Hanns-Seidel-Stiftung im April 1970 das „For- schungsinstitut für Sicherheit und internationale Fragen“ unter Leitung von Armin Steinkamm gegründet. Diese Einrichtung wurde 1973 in das „Institut für Internationale Begegnung und Zusammenarbeit“ (IBZ) überführt, dessen Leitung zunächst Otto von Habsburg, und ab 1976 Rainer Gepperth übernahm. Da sich das IBZ aufgrund der vom Bundesministerium für wirt- schaftliche Zusammenarbeit gewährten Förderung mehr und mehr auf die entwicklungspoliti- sche Zusammenarbeit konzentrierte, kam es am 1. Januar 1979 mit der Gründung des „Insti- tuts für Auswärtige Beziehungen“ (IAB) zu einer grundlegenden Neustrukturierung der HSS- Auslandsarbeit. Aufgabe des IAB war es nun, sich komplementär zur entwicklungspolitischen Arbeit des IBZ, vor allem der internationalen Zusammenarbeit mit den westlichen Industrie- ländern und den osteuropäischen Staaten zu widmen. Das Institut für Auswärtige Beziehun- gen, seit seiner Gründung bis zum 1.7.2004 von Dieter A. Schmidt geleitet, fungierte darüber hinaus auch als Ansprechpartner für politische Parteien, Organisationen und Institutionen in all jenen Ländern der Dritten Welt, in denen die Stiftung nicht durch entwicklungspolitische Projekte des IBZ vertreten war. Eine enge Zusammenarbeit der beiden Institute sowie ein ständiger Informations- und Erfahrungsaustausch stellten sicher, dass die internationale Ar- beit beider Abteilungen sinnvoll koordiniert und aufeinander abgestimmt wurde.

2. Die Arbeitsschwerpunkte des Instituts für Auswärtige Beziehungen (IAB) 1979 - 1990 Hauptziel des IAB war es, durch breit angelegte internationale Dialogmaßnahmen daran mit- zuwirken, den Frieden zu sichern, die europäische Einigung zu fördern, den transatlantischen Dialog zu pflegen und für Freiheit und Menschenrechte einzutreten.

Politische Grundsatzfragen, Sicherheits- und Verteidigungspolitik Angesichts der durch die Hochrüstung des kommunistischen Warschauer Paktes bestehenden politischen und militärischen Spannungen bestand in den achtziger Jahren ein Arbeitsschwer- punkt des IAB darin, einen möglichst breit angelegten internationalen Dialog über Maßnah- men zur effektiven Rüstungskontrolle, Abrüstung und Friedenssicherung zu organisieren. Hier- zu führte das Institut zahlreiche internationale Fachtagungen im In- und Ausland durch, auf denen namhafte Politiker, Militärs und Abrüstungsexperten vielbeachtete Konzepte zur Über- windung der Ost-West-Konfrontation entwickelten.

Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die ab 1980 in München jährlich durchgeführte „Internationale Fachtagung für Politik und Strategie“, an der stets über 100 einflussreiche Politiker, darunter Minister und Staatssekretäre, sowie hochrangige Militärs und bedeutende Wissenschaftler aus zahlreichen Ländern teilnahmen. „Spiritus rector“ dieses Symposiums war bis zu seinem Tod im Oktober 1988 der langjährige Bayerische Ministerprä- sident und CSU-Vorsitzende Franz-Josef Strauß, weshalb ihm zu Ehren diese bedeutende Ta- gungsreihe ab 1989 in „Franz-Josef-Strauß-Symposium“ umbenannt wurde. Gerade bei die- - 2 - sem Symposium legte das IAB stets größten Wert darauf, auch führende Repräsentanten von Ländern des Warschauer Pakts in den politischen Dialog miteinzubeziehen.

Die politische Brisanz und Sprengkraft der weltweit anschwellenden Flüchtlings- und Migrati- onsströme wurden von der Hanns-Seidel-Stiftung schon sehr früh erkannt, weshalb das IAB in zahlreichen internationalen Fachtagungen versuchte, Möglichkeiten aufzuzeigen, durch Be- kämpfung von Fluchtursachen den Migrationsdruck zu lindern. In diesem Zusammenhang be- mühte sich das Institut ferner, durch geeignete Dialogmaßnahmen einen Beitrag zur umfas- senden Beachtung der Menschenrechte zu leisten.

Bereits 1984 begann das IAB, die Tagungsserie zum Thema „Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität“ regelmäßig in Deutschland und im europäischen Ausland durchzuführen. Damit hatten bereits zu einem Zeitpunkt, als dieses Thema noch nicht auf der Top-Agenda der internationalen Politik stand, jeweils 50 hochrangige Polizeiexperten, Parla- mentarier und Regierungsvertreter aus zahlreichen Ländern die Gelegenheit, sich auf hohem fachlichen Niveau mit dieser Materie zu befassen. Die immer enger werdende Verflechtung im Bereich der internationalen Wirtschafts- und Währungspolitik legte es ferner nahe, im Rahmen von Fachsymposien auch diese komplexen Fragestellungen fortlaufend zu analysieren.

Außereuropäische und transatlantische Beziehungen Die Pflege der transatlantischen Partnerschaft und die Vertiefung der deutsch-amerikanischen Beziehungen gehören zu den Grundfundamenten der deutschen Außenpolitik. Angesichts der anti-amerikanischen Agitation der westdeutschen Friedensbewegung in den achtziger Jahren galt es – insbesondere nach der Realisierung des NATO-Doppelbeschlusses – die deutsch- amerikanische Freundschaft zu festigen und die transatlantische Wertegemeinschaft zu stär- ken.

Dies erfolgte durch zahlreiche vom IAB organisierte bilaterale deutsch-amerikanische Fach- konferenzen, in deren Rahmen hochrangige Politiker von beiden Seiten des Atlantiks zu ver- trauensvollen Dialogprogrammen zusammengeführt wurden, mit dem Ziel, gegenseitige Irrita- tionen abzubauen und die transatlantische Kooperation zu fördern. Schon damals galt es, bei den europäischen Gesprächspartnern um Verständnis dafür zu werben, dass amerikanische Politiker nicht nur europäische, sondern auch globale Interessen vertreten müssen und sich irritiert fühlen, wenn die Europäer vielfach nicht bereit sind, internationale Verantwortung über ihren unmittelbaren Interessenbereich hinaus zu übernehmen. Andererseits musste auch den amerikanischen Gesprächspartnern immer wieder verdeutlicht werden, dass durch recht- zeitige, umfassende Konsultationen und Abstimmungen vieles an Irritationen im transatlanti- schen Verhältnis von vornherein vermeidbar gewesen wäre.

Aufgabe des Instituts war es in den achtziger Jahren ferner, die notwendigen politischen Kon- takte mit jenen Ländern der Dritten Welt herzustellen, in denen die Stiftung nicht mit entwick- lungspolitischen Maßnahmen vertreten war. Die wachsende Bedeutung Zentralamerikas und des Pazifischen Raumes für das internationale Kräftespiel schlug sich in einer ganzen Reihe von hochrangig besetzten bi- und multilateralen Konferenzen mit Vertretern dieser Staaten nieder. Große Aufmerksamkeit räumte das Institut in den achtziger Jahren auch dem politi- schen Umbruch im Südlichen Afrika ein. Im Mittelpunkt der Diskussionen standen die politi- schen Entwicklungen in Namibia sowie die Friedensinitiativen in Angola und Mosambik sowie - 3 - die Reformpolitik in Südafrika. Ferner war das IAB bemüht, durch bilaterale Dialogprogramme zur Vertiefung der Beziehungen zur Türkei, Marokko und den ASEAN-Staaten beizutragen.

Europäische Beziehungen – Europäische Einigung Die Förderung des politischen Einigungsprozesses in Europa bildete einen weiteren Arbeits- schwerpunkt des Instituts. Der weitere Ausbau der Europäischen Gemeinschaft, und hier ins- besondere der EG-Beitritt Griechenlands (1981) sowie Spaniens und Portugals (1986), ferner die Vollendung des Europäischen Binnenmarktes stellten die Mitgliedsländer der Gemein- schaft vor große Herausforderungen. Das IAB war deshalb bestrebt, durch Verstärkung der bilateralen Gesprächskontakte zu den neu beigetretenen Mitgliedsländern zur Auslotung trag- fähiger Kompromisslösungen beizutragen. Hierzu war es notwendig, die Interessenlagen und politischen Entwicklungen in den einzelnen Mitgliedsstaaten wie in den europäischen Institu- tionen genau zu analysieren und aufbauend darauf Impulse für die Ausarbeitung konstruktiver Handlungskonzepte zu geben. Dies geschah vor allem in Form von europapolitischen Fachta- gungen zu wirtschafts-, währungs-, energie-, verkehrs- und umweltpolitischen Fragen. Im Rahmen seiner europapolitischen Dialogmaßnahmen bemühte sich das Institut ferner um ei- nen Beitrag zur Lösung grundsätzlicher europapolitischer Problemstellungen, wie z.B. der Kompetenzerweiterung des Europäischen Parlaments, der Schaffung einer gemeinsamen eu- ropäischen Außen- und Sicherheitspolitik, der Reform der Agrar-, Energie- und Umweltpolitik.

Selbstverständlich unterhielt das Institut auch enge Gesprächskontakte zu Ländern, die nicht bzw. noch nicht der Europäischen Gemeinschaft angehörten, wie z.B. zu Österreich, der Schweiz und den skandinavischen Staaten. Auch die Türkei wurde schon in den achtziger Jah- ren in den europapolitischen Dialog mit einbezogen. Hierzu führte das IAB 1985 sowie 1989 bilaterale Fachtagungen in Istanbul durch, auf denen u.a. der damalige türkische Außenminis- ter und spätere Ministerpräsident Mesut Yilmaz sowie der bayerische Finanzminister Gerold Tandler über Voraussetzungen und Implikationen eines möglichen EG-Beitritts der Türkei dis- kutierten. Die Diskussion über politisch hochsensible Frage des EU-Beitritts der Türkei wurde in den neunziger Jahren auf mehreren deutsch-türkischen Fachtagungen in Istanbul fortge- setzt. Als Diskussionspartner standen den deutschen Politikern neben Außenminister Mesut Yilmaz weitere einflussreiche türkische Parlamentarier zur Verfügung. Im Rahmen dieser Ta- gungen wurde die Schlüsselfunktion der Türkei für die angrenzenden Länder Zentralasiens ebenso behandelt wie ihre Rolle im Nahen Osten.

Ost- und Südosteuropa Ziel der ostpolitischen Arbeit der Hanns-Seidel-Stiftung in den achtziger Jahren war es, den Ost-West-Konflikt durch den Aufbau von Gesprächskontakten zu moderaten, osteuropäischen Politikern zu entschärfen und damit zur Vertrauensbildung beizutragen. Hierzu wurden zahl- reiche bilaterale Gesprächsprogramme mit politischen Entscheidungsträgern von Ländern des Warschauer Paktes und der Sowjetunion sowie des damals blockfreien Jugoslawiens initiiert. Angesichts der sich abzeichnenden Politik von Glasnost und Perestroika forcierte das Institut ferner gezielt den Dialog mit Ländern wie Ungarn und Polen, in denen besonders starke demo- kratisch orientierte Oppositionskräfte wirkten. Zum Beispiel bei der schon im Oktober 1985 in Budapest durchgeführten internationalen Fachtagung zum Thema „Hochschule und Wirtschaft – Möglichkeiten der Zusammenarbeit“ und der 1988 durchgeführten ersten „Deutsch- Polnischen Fachtagung“ in Warschau wurde stets darauf geachtet, dass neben offiziellen Re- - 4 - gierungsteilnehmern möglichst auch Persönlichkeiten mitwirken konnten, die der damaligen Regierungspolitik kritisch gegenüberstanden.

Soweit möglich und ohne Gefährdung der jeweiligen Akteure durchführbar, unterstützte das Institut ferner die sich herausbildenden demokratischen Oppositionsbewegungen in Osteuro- pa. Diese Anstrengungen wurden nach dem Zusammenbruch des Kommunismus selbstver- ständlich intensiviert und auf alle bürgerlich und christlich-demokratisch orientierten Grup- pierungen ausgeweitet. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang ein im April 1989 vom Institut organisierter Deutschlandbesuch des damaligen Vorsitzenden des Auswär- tigen Ausschusses des Obersten Sowjets und Auslandsexperten des Zentralkomitees der KPdSU, Professor Vadim Zagladin. In einem Gespräch mit dem Bayerischen Ministerpräsiden- ten Max Streibl und dem Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung Fritz Pirkl wurde in München über die Möglichkeit diskutiert, die Sowjetunion verstärkt in die außenpolitische Arbeit der Hanns-Seidel-Stiftung einzubeziehen. Mit diesem Gespräch, das ein halbes Jahr vor der uner- warteten Öffnung der Berliner Mauer stattfand, wurden bereits die Weichen für die Gründung einer Verbindungsstelle der Hanns-Seidel-Stiftung in Moskau gestellt.

Hervorzuhebende Einzelmaßnahmen Das Institut für Auswärtige Beziehungen griff stets auch über die Tagespolitik hinausragende, für die Bundesrepublik Deutschland wichtige Grundsatzfragen auf. So stellte es schon im Jahre 1981 Gesprächskontakte zwischen bayerischen Abgeordneten des Deutschen Bundestages und dem damaligen Landtagspräsidenten Franz Heubl sowie führenden Politikern der Volksre- publik China, so mit dem damaligen stellvertretenden chinesischen Ministerpräsidenten Yu Quiuli, her. Im gleichen Jahr fand auch ein deutsch-japanisches Parlamentariertreffen in Tokio statt, das vom Vorsitzenden der Hanns-Seidel-Stiftung, Staatsminister Fritz Pirkl, eröffnet wurde und auf dem Ministerpräsident Franz Josef Strauß ein vielbeachtetes Grundsatzreferat hielt. Angesichts der gerade in den achtziger Jahren sprunghaft angestiegenen internationalen Verflechtung der Weltwirtschaft, heute unter dem Begriff „Globalisierung“ ein Hauptthema der Politik, stellte sich das IAB schon damals der Herausforderung, die vielfältigen Implikationen dieser Entwicklung auf einer internationalen ASEAN-Fachtagung im Jahre 1988 in Singapur zu analysieren. Ein internationales Afghanistan-Forum, an dem neben hochrangigen Militärexper- ten und Politikern auch führende Vertreter des afghanischen Widerstandes teilnahmen, be- fasste sich im Dezember 1985 in München mit den politischen und militärischen Folgen der völkerrechtswidrigen Besetzung dieses Landes durch die Sowjetunion und deren Auswirkun- gen auf Zentralasien sowie auf die Ost-West-Beziehungen insgesamt.

3. Die Arbeit des Instituts für Auswärtige Beziehungen 1990 - 2004 Der Fall des Eisernen Vorhangs, die Wiedervereinigung Deutschlands und der Zusammenbruch der kommunistischen Herrschaftsordnung in Osteuropa stellte das Institut für Auswärtige Be- ziehungen vor neue, große Herausforderungen. Um die politischen Reformprozesse in Osteu- ropa wirksam unterstützen zu können, erwies es sich als notwendig, im Jahr 1991 in Warschau und Moskau sowie 1993 in Riga hauptamtlich besetzte Verbindungsstellen einzurichten.

Politische Grundsatzfragen – Internationale Symposien Gerade in Epochen fundamentaler außenpolitischer Umwälzungen – wie in den neunziger Jah- ren – kommt der Pflege des internationalen Dialoges eine entscheidende Bedeutung zu, da es - 5 - nur so den handelnden Politikern möglich ist, vorausschauende und zielführende Entschei- dungen zu treffen. Das „Politik- und Strategiesymposion“, seit 1989 „Franz-Josef-Strauß- Symposion“, erwies sich hierbei als exzellentes Forum für in- und ausländische Kabinettsmit- glieder, Parlamentarier, hohe Regierungsbeamte und Militärs, um teils vertraulich, teils öffent- lich über Grundsatzfragen der Außen-, Sicherheits- und Europapolitik sowie der internationa- len Wirtschaftspolitik zu diskutieren.

Von 1981 bis zum Jahre 2002 wurde das Symposion insgesamt 21-mal durchgeführt. Eröffnet wurde diese internationale Konferenz stets mit einer Grundsatzrede des Vorsitzenden der CSU, bis 1988 Ministerpräsident Franz Josef Strauß, dann Bundesfinanzminister , und ab 1999 Ministerpräsident Edmund Stoiber. Alljährlich konnten zu diesem Symposion – sei es als Referenten, sei es als Teilnehmer – zahlreiche bedeutende Persönlichkeiten der in- ternationalen Politik, darunter Staatspräsidenten, Minister und Staatssekretäre, gewonnen werden. So referierten im Jahr 1990 der kroatische Präsident Franjo Tudjman, der sloweni- sche Ministerpräsident Lojze Peterle und der südafrikanische Außenminister Roelof F. Botha. 1991 konnten der letzte Staatspräsident des vor der Auflösung stehenden Jugoslawiens, Stipe Mesić, 1992 und 1993 NATO-Generalsekretär Manfred Wörner sowie 1996 der neu gewählte rumänische Staatspräsident Emil Constantinescu als Referenten begrüßt werden. 1997 nah- men als Hauptredner der slowenische Staatspräsident Milan Kučan und der Staatspräsident der Slowakei Michal Kovač sowie NATO-Generalsekretär Javier Solana, teil. Der maltesische Ministerpräsident Edward Fenech Adami referierte 1998 zu aktuellen Problemen des Mittel- meerraumes, während der neue slowakische Staatspräsident Rudolf Schuster sich 1999 für die Osterweiterung der Europäischen Union einsetzte. Prominentester Redner des im Jahr 2002 letztmalig durchgeführten Symposions war neben Ministerpräsident Edmund Stoiber der damalige portugiesische Ministerpräsident und spätere Präsident der EU-Kommission, José Manuel Durão Barroso, der auf dem Symposion ein klares Bekenntnis zur Erweiterung der EU ablegte, jedoch davor warnte, hierfür bereits erreichte europäische Standards in Frage zu stel- len.

Die Öffnung der Grenzen in Osteuropa hatte nicht nur die erwünschten positiven Wirkungen, sondern eröffnete auch neue Handlungsmöglichkeiten für die organisierte Kriminalität und den internationalen Terrorismus. Deshalb setzte das IAB die in den achtziger Jahren begonne- ne Tagungsreihe zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des internationalen Ter- rorismus in den neunziger Jahren fort. Als Tagungsorte wurden vor allem osteuropäische Städ- te wie z.B. Moskau (1993, 2003), Budapest (1994), Prag (1995), Kiew (1996), Riga (1997), Sofia (1998), Athen (1999), Bukarest (2000) und Bratislava (2001) gewählt. Auf diesen Fach- tagungen diskutierten ausgewiesene Polizeiexperten, Minister und Staatssekretäre, darunter mehrfach auch der bayerische Innenminister Günther Beckstein sowie die Chefs von Interpol und Europol, Raymond E. Kendall und Jürgen Storbeck, erstmals zahlreiche polizeitaktische Maßnahmen und Verfahrensweisen, die heute im Bereich der internationalen bzw. europäi- schen Zusammenarbeit der Polizei längst zum bewährten Standard gehören.

Da für die Entwicklung einer vitalen Demokratie die freie Entfaltungsmöglichkeit der Medien unabdingbare Voraussetzung ist, hat das Institut in den neunziger Jahren in den osteuropäi- schen Reformstaaten zahlreiche internationale Fachtagungen zum Thema „Schaffung eines freiheitlichen Medienrechtes und einer freiheitlichen Medienlandschaft“ durchgeführt. Im Rahmen dieser Konferenzen gaben führende Medien-Experten und fachkundige Journalisten - 6 - wertvolle Anregungen zur verfassungsrechtlichen Verankerung der Medienfreiheit und zum Aufbau einer freiheitlichen Medienlandschaft.

Der in den neunziger Jahren zu verzeichnende starke Anstieg von Asylsuchenden und illegalen Immigranten veranlasste das IAB dazu, auch zu diesen Fragen mehrere internationale Fachta- gungen durchzuführen. Es versteht sich von selbst, dass hierbei nicht zuletzt vor dem Hinter- grund der deutschen Minderheiten in Osteuropa auch Fragen der Volksgruppenrechte und des Minderheitenschutzes erörtert wurden.

Europäische Einigung – Westeuropäische Beziehungen Die politischen Umwälzungen in Osteuropa stellten auch die Europäische Union vor neue, bis- her nicht gekannte Herausforderungen, galt es doch im Jahr 1995 nicht nur den EU-Beitritt von Finnland, Österreich und Schweden zu bewältigen, sondern auch die Voraussetzungen für den sich abzeichnenden und im Jahr 2004 erfolgten EU-Beitritt von zehn überwiegend osteu- ropäischen Ländern zu schaffen. Das IAB organisierte deshalb in den neunziger Jahren zahlrei- che Fachtagungen zur notwendigen Reform der Europäischen Union, in deren Rahmen nicht nur Probleme der aktuellen EU-Erweiterung, sondern auch Fragen der Weiterentwicklung des europäischen Föderalismus und des Regionalismus behandelt wurden. In Zusammenarbeit mit der Verbindungsstelle Brüssel initiierte das IAB europaweite Dialogprogramme zur Weiter- entwicklung der Europäischen Union und insbesondere zur Schaffung eines europäischen Ver- fassungsvertrages.

Darüber hinaus wurden alljährlich zahlreiche bilaterale Fachtagungen veranstaltet, auf denen - nicht zuletzt vor dem Hintergrund der europäischen Integrationspolitik - die Teilnehmer über Probleme und Perspektiven der deutsch-französischen, der deutsch-britischen und deutsch- italienischen Zusammenarbeit diskutierten. Weitere bilaterale Fachtagungen bezogen auch diejenigen Länder Europas, die nicht der Europäischen Union angehören, in den politischen Dialog mit ein. Hierzu wurden z.B. in regelmäßigen Abständen deutsch-norwegische bzw. deutsch-schweizerische Fachkonferenzen abgehalten.

Mittel-, Ost- und Südosteuropa Eine große politische Aufgabe sah das Institut für Auswärtige Beziehungen in der Förderung der freiheitlich-demokratischen Umwälzungsprozesse in Osteuropa. Ziel der in allen osteuro- päischen Hauptstädten durchgeführten zahlreichen bi- und multilateralen Fachtagungen war es deshalb, den jeweiligen Reformländern Orientierung und Rat bei der Einführung und Festi- gung einer parlamentarischen Demokratie und der Umwandlung ihrer ehemals kommunisti- schen Planwirtschaft in eine funktionierende Soziale Marktwirtschaft zu geben. Ebenso galt es, die sich in diesen Ländern neu konstituierenden bzw. neu gegründeten bürgerlichen und christlich-demokratischen Parteien bei ihrer programmatischen und organisatorischen Arbeit zu unterstützen.

Die 1991 in Moskau und Warschau sowie 1993 in Riga gegründeten Verbindungsstellen der Hanns-Seidel-Stiftung leisteten mit ihren zahlreichen Symposien und Seminaren einen unver- zichtbaren Beitrag dazu, die neuen politischen Eliten dieser Länder mit den Grundsätzen bzw. Rechtsprinzipien eines freiheitlich-demokratischen Staatswesens, einer unabhängigen Justiz und einer funktionierenden Sozialen Marktwirtschaft vertraut zu machen. Ebenso halfen sie - 7 - mit, vertrauensvolle und langfristig angelegte Arbeitskontakte zu den politischen Eliten des jeweiligen Landes aufzubauen.

Neben der Wirtschaftsreform erwies sich die Umstrukturierung der Streitkräfte bzw. der Sicherheitsorgane für die osteuropäischen Reformstaaten als vordringliche Aufgabe. Deshalb entschloss sich das IAB im 1991 dazu, eine Tagungsreihe zum Thema „Reform der Streitkräfte in Mittel-, Ost- und Südosteuropa“ ins Leben zu rufen. Diese Tagungsserie, die im Jahr 2000 mit der 10. Fachtagung in Berlin ihren Abschluss fand, trug durch die den teilnehmenden ost- europäischen Ministern, Staatssekretären und Generälen vermittelten Fachkenntnisse mit da- zu bei, den osteuropäischen Reformstaaten eine reibungslose Umstrukturierung ihrer Streit- kräfte zu ermöglichen. Der noch Ende der achtziger Jahre völlig unvorstellbare, jedoch im Jahr 1999 erfolgte NATO-Beitritt Polens, Tschechiens, Ungarns sowie 2004 Bulgariens, der Balti- schen Länder, Rumäniens, Sloweniens und der Slowakei konnte nur deswegen so problemlos erfolgen, weil durch Maßnahmen wie diese längst die politischen und organisatorischen Vo- raussetzungen hierfür geschaffen waren. Das Gleiche gilt auch für den 2004 erfolgten EU- Beitritt der meisten dieser Länder. Auch hier trugen zahlreiche bilaterale und internationale Konferenzprogramme des IAB in den Mittel-, Ost- und Südosteuropäischen Reformstaaten da- zu bei, die notwendigen Reformprozesse zu beschleunigen und so die Voraussetzungen für die EU-Mitgliedschaft zu schaffen. Das IAB bezog jedoch auch Länder in seine Programme ein, die derzeit über keine unmittelbare EU-Beitrittsperspektive verfügen. Dies gilt für Serbien- Montenegro ebenso wie für Mazedonien und Albanien.

Transatlantische und Außereuropäische Beziehungen Neben der notwendigen Unterstützung der demokratischen Reformprozesse in Osteuropa durfte jedoch die Pflege der transatlantischen Partnerschaft nicht vernachlässigt werden. Das IAB führte deshalb die bereits in den achtziger Jahren bewährte Tagungsserien, wie z.B. die jährliche Deutsch-Amerikanische Fachtagung für Staff Aides sowie die jährliche Deutsch- Amerikanische Parlamentarierkonferenz in Washington, ebenso fort wie die Organisation von Vortragsveranstaltungen führender deutscher Politiker. Auf Veranstaltungen der Hanns-Seidel- Stiftung in Washington referierten u.a. Spitzenpolitiker wie Theo Waigel, Edmund Stoiber und . Im Rahmen von bilateralen Dialogmaßnahmen wurden die bestehenden guten Beziehungen zu einflussreichen republikanischen und demokratischen Kongressabgeordneten sowie zu Mitgliedern der US-Regierungsadministration und zu zahlreichen gesellschaftlich relevanten Institutionen in Washington weiter ausgebaut.

Ferner blieb dem Institut für Auswärtige Beziehungen die Förderung der politischen Zusam- menarbeit mit Ländern Mittel- und Südamerikas sowie des Südlichen Afrikas und Asiens ein besonderes Anliegen. Dabei ging es vor allem darum, jene politischen Parteien und Kräfte zu stärken, die sich an demokratischen Regeln und moralisch-konservativen Wertvorstellungen orientierten. Besonders hervorzuheben sind in diesem Zusammenhang die Südostasienkonfe- renzen, die im Dezember 1993 in Manila und im Februar 1995 in Seoul stattfanden. Auf die- sen Tagungen wurden die bestehenden bi- und multilateralen Kooperationsmöglichkeiten in den Bereichen Außen- und Sicherheitspolitik ebenso ausgelotet wie die Möglichkeiten einer engeren europäisch-asiatischen Zusammenarbeit im Bereich von Wirtschaft und Handel.

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Publikationen Da das Institut seiner gesamten Arbeit einen möglichst hohen multiplikatorischen Effekt ver- leihen wollte, wurde nicht nur auf die Berichterstattung in den Medien, sondern auch auf die Publikation wichtiger Tagungsergebnisse großer Wert gelegt. So hat das IAB zwischen 1979 und 2004 62 teils mehrsprachige Publikationen über internationale Fachtagungen und Sym- posien veröffentlicht und die Tagungsinhalte einem breiten Publikum zugänglich gemacht. Das große Interesse, das diese Publikationen mit einer Gesamtauflage von ca. 160.000 Exempla- ren fanden, verdeutlicht das auf diesem Gebiet bestehende große Informationsbedürfnis.

Bilanz/Statistik Die erfolgreiche Arbeit des Instituts spiegelt sich auch in der Veranstaltungsstatistik wider. Nahmen 1982 an den 19 mehrtägigen Fachtagungen, Symposien und Parlamentariertreffen 661 Teilnehmer aus 21 Ländern teil, so erhöhten sich diese Zahlen im Jahre 1990 auf 32 in- ternationale Fachtagungen mit insgesamt 1.615 Teilnehmern aus 66 Ländern. Im Zeitraum von 1990 bis 2004 wurden insgesamt 890 internationale Konferenzen und Dialogprogramme mit insgesamt 50.760 Tagungsteilnehmern aus rund 50 Ländern durchgeführt.

Umstrukturierung der außenpolitischen Arbeit im Jahr 2004 Infolge der angespannten Haushaltslage des Bundes reduzierte sich der Etat des Institutes von 1993 bis 2003 um mehr als die Hälfte. Diese signifikanten Etatkürzungen zwangen das Insti- tut sowohl zu einschneidenden Kürzungen beim Veranstaltungsprogramm als auch zur Schlie- ßung der Verbindungsstellen Riga und Warschau in den Jahren 1997 und 1998. Ferner ent- schloss sich die Führung der Hanns-Seidel-Stiftung dazu, die außenpolitische Arbeit umzu- strukturieren und ab 01.07.2004 das Institut für Auswärtige Beziehungen als Abteilung aufzu- lösen. Seine Aufgaben werden seitdem größtenteils durch das neu gegründete „Büro für Ver- bindungsstellen Washington, Brüssel, Moskau / Internationale Konferenzen“ wahrgenommen, das 2012 um die Verbindungsstelle in Athen erweitert wurde. Das Büro – HSS- Kurzbezeichnung „L3“ – wird seit der Umstrukturierung von Ludwig Mailinger geleitet und ist direkt der Geschäftsführung der Hanns-Seidel-Stiftung unterstellt.

4. Die Arbeit des Büros für Verbindungsstellen / Internationale Konferenzen Washington, Brüssel, Moskau, Athen (L3) seit 2004 Das Büro für Verbindungsstellen/Internationale Konferenzen (L3) führt im Rahmen der ver- bliebenen finanziellen Möglichkeiten die bewährten Grundlinien der außenpolitischen Arbeit des IAB fort. Hierzu gehört die Durchführung von bilateralen Fachtagungen und Dialogpro- grammen und – soweit möglich – internationalen Konferenzen, mit dem Ziel, den transatlanti- schen Dialog zu vertiefen, den europäischen Integrationsprozess voranzubringen und die deutsch-russischen ebenso wie die deutsch-griechischen Beziehungen auszubauen. Die bilate- ralen Maßnahmen sowie die europapolitischen multilateralen Maßnahmen in Brüssel werden überwiegend in Zusammenarbeit mit den eigenen Verbindungsstellen in den jeweiligen Pro- jektländern organisiert und durchgeführt, Darüber hinaus veranstaltet das Büro auch regelmä- ßig zentral durchgeführte internationale Konferenzen zu europaweit relevanten politischen Themen sowie bilaterale Fachtagungen in Ländern, in denen das Büro keine Verbindungsstelle unterhält.

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Zentral durchgeführte internationale Konferenzen und bilaterale Fachtagungen Die bereits in den achtziger Jahren vom IAB begonnene Tagungsreihe zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität und des internationalen Terrorismus wurde um das Thema „Sicher- heit in Europa“ erweitert und durch Konferenzen 2007, 2009 und 2012 in Moskau sowie 2015 in München mit einem breiten internationalen Publikum fortgesetzt. Dabei wurden die Themenschwerpunkte der jeweiligen aktuellen politischen Situation in Europa angepasst. Standen bei den Moskauer Tagungen noch die neuen Methoden der grenzüberschreitenden Kriminalität, etwa durch Missbrauch der neuen Medien, und die neuen Formen des weltweit agierenden Terrorismus im Vordergrund, so bestimmten der Ukraine-Konflikt und die Flücht- lingsströme Richtung Europa die Münchner Tagung. Zu den hochrangigen Teilnehmern dieser Veranstaltungen zählten der frühere Bayerische Ministerpräsident Dr. Günther Beckstein, der ehemalige slowakische Ministerpräsident Mikulas Dzurinda, der Klubobmann der ÖVP im Ös- terreichischen Nationalrat Dr. Reinhold Lopatka, der bayerische Landespolizeipräsident Prof. Dr. Wilhelm Schmidbauer, der Moskauer Polizeipräsident Generaloberst Wladimir Pronin, die russische Polizeigeneralin und Dumaabgeordnete Tatjana Moskalkowa, der Stv. bulgarische Innenminister Dimitar Georgiew sowie die Bundestagsabgeordneten Thomas Silberhorn, Ale- xander Radwan, Dr. Hans-Peter Uhl und Dr. Reinhard Brandl.

In einer weiteren Veranstaltungsreihe zum Thema „Sicherheit und Stabilität in Südosteuropa“ führte L3 insgesamt vier internationale Konferenzen in den Jahren 2007, 2009 (in Belgrad) sowie 2010 und 2013 (in Budapest) mit jeweils ca. 50 Teilnehmern aus 10 Ländern durch. Neben deutschen Abgeordneten und Experten nahm stets auch eine Delegation aus Russland an diesen zweitägigen Vortrags- und Diskussionsveranstaltungen teil, denn Russland ist nach wie vor ein bedeutender Machtfaktor auf dem Balkan. Schwerpunktthemen waren u.a. „Wege zu Sicherheit und Stabilität in den südosteuropäischen Krisenregionen“, „Organisierte Krimi- nalität als Bedrohung für Demokratie und EU-Integrationshindernis“ sowie „Minderheiten- schutz und Integration von Minderheiten“. Unter den hochrangigen Teilnehmern sind der Staatssekretär im ungarischen Außenministerium Gergely Pröhle, der ehemalige österreichi- sche Verteidigungsminister Dr. Werner Fasslabend, der frühere bulgarische Innenminister Tsvetan Tsvetanov, der Vizepräsident der russischen Staatsduma Sergej Baburin, die Europa- abgeordnete Doris Pack und die Bundestagsabgeordneten Stephan Mayer, Dr. Hans-Peter Uhl, Dr. Wolfgang Götzer und Hans Raidel zu nennen.

Zu den herausragenden bilateralen Maßnahmen von L3 zählt die Deutsch-Israelische bzw. Deutsch-Palästinensische Fachtagung in Jerusalem und Ramallah vom März 2005, in deren Rahmen eine hochrangige Delegation von Bundestagsabgeordneten unter der Leitung des Par- lamentarischen Geschäftsführers der CSU-Landesgruppe Dr. Peter Ramsauer zu Gesprächen mit dem damaligen stellvertretenden israelischen Premierminister Ehud Olmert sowie führen- den Vertretern der palästinensischen Gebiete zusammentraf. Darüber hinaus zählen hierzu vier deutsch-kroatische Fachtagungen in Zagreb und zwei deutsch-serbische in Belgrad im Zusammenhang mit den Anstrengungen dieser Länder, Mitglied der Europäischen Union zu werden. Die Deutschen Delegationen setzten sich jeweils aus mindestens zehn Parlamentari- ern (v.a. aus dem Bayerischen Landtag) und Experten aus den Bereichen Wirtschaft, Wissen- schaft, staatliche Verwaltung und Medien zusammen. Besonders bei den unmittelbar vor dem EU-Beitritt Kroatiens im Jahr 2013 durchgeführten deutsch-kroatischen Fachtagungen wurde deutlich, dass die breite Unterstützung, die das Balkanland sowohl seitens Deutschlands als - 10 - auch des Freistaats Bayern erfahren hat, die EU-Beitrittsreife sehr beschleunigte. Hingegen dürfte der Beitritt Serbiens in Ermangelung der zu erreichenden EU-Standards noch nicht ab- zusehen sein. In den kommenden Jahren sind deshalb weitere deutsch-serbische Fachtagun- gen geplant, denn die Entwicklung dieses zentralen Balkanlandes ist von großer Bedeutung für die gesamte Region.

Die Veranstaltungsstatistik (alle zentralen Maßnahmen und Maßnahmen der Verbindungsstel- len) für das Jahr 2016 zeigt, dass auch mit reduzierten finanziellen Mitteln ein anspruchsvol- les Konferenzen- und Dialogprogramm realisiert werden kann: Insgesamt nahmen an den 54 Veranstaltungen von L3 4.740 Persönlichkeiten aus 85 Ländern teil. Auch in Zukunft wird das Büro große Anstrengungen unternehmen, um sowohl mit seinen bewährten Programmen als auch mit neuen, innovativen Formaten seinen Auftrag zu erfüllen, nämlich zur Verständigung unter den Nationen, zur Bewahrung des Friedens und zur Sicherung der Freiheit wertvolle Bei- träge zu leisten.

5. Die Arbeit der Verbindungsstellen Washington, Brüssel, Moskau und Athen

Die Verbindungsstelle Washington Mit der Gründung der Verbindungsstelle Washington im Jahr 1989 trug die Hanns-Seidel- Stiftung dem hohen Stellenwert Rechnung, den die Pflege der transatlantischen Beziehungen in ihrer außenpolitischen Arbeit einnimmt. Schon kurz nach ihrer Gründung hatten die Verbin- dungsstelle ihre erste Bewährungsprobe zu bestehen, führten doch die durch den Fall der Ber- liner Mauer ausgelösten politischen Umwälzungsprozesse in Europa zu einem sprunghaften Anstieg des transatlantischen Dialogbedarfs, dem man durch die Vermittlung von Kontakten zwischen hochrangigen politischen Entscheidungsträgern diesseits und jenseits des Atlantiks in vollem Umfang gerecht wurde. Begünstigt durch seine exponierte Lage auf dem Capitol Hill, im Herzen der amerikanischen Politik, konnte sich die HSS-Verbindungsstelle Washington rasch durch ihre Gesprächs- und Dialogprogramme zu einem wichtigen Faktor des transatlan- tischen Meinungsaustausches entwickeln.

Die Entscheidung, eine eigene Repräsentanz in Washington aufzubauen, erwies sich schon bald als ein weitsichtiger Schritt, machten doch die Implosion der UdSSR und der Wegfall der gemeinsamen Bedrohung durch den Warschauer Pakt eine Neujustierung der transatlanti- schen Beziehungen erforderlich, mit der permanente und intensive Abstimmungsprozesse verbunden waren. Bereits im März 1989 offerierte der damalige US-Präsident George Bush Deutschland eine „Partnership in Leadership“, um gemeinsam die neuen großen Aufgaben nach dem Ende des Kalten Krieges zu bewältigen. Die blutigen Konflikte auf dem Balkan führ- ten dabei schon bald die Notwendigkeit einer engeren politischen und militärischen Koordina- tion vor Augen. Die Verbindungsstelle Washington organisierte deshalb in der ersten Hälfte der neunziger Jahre zahlreiche Konferenzen und Dialogmaßnahmen, die sich u.a. mit dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien, aber auch mit den damit ausgelösten Spannungen im trans- atlantischen Verhältnis auseinandersetzten. Politischer Hintergrund war die sich damals be- reits abzeichnende Bereitschaft Deutschlands, mehr internationale Verantwortung in der Au- ßen- und Sicherheitspolitik zu übernehmen. Hochrangiger Gastredner der Hanns-Seidel- Stiftung in Washington war hierbei u.a. der CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister Theo Waigel. - 11 -

Der Regierungswechsel 1998 und das damit einhergehende Ende der Ära Kohl führten zu ei- nem Kurswechsel der deutschen Außenpolitik, dessen ganze Dramatik sich während des Irak- krieges zeigte, als die deutsch-amerikanischen Beziehungen auf einen historischen Tiefstand seit 1945 absanken. Als Reaktion auf die Terroranschläge vom 11. September 2001 und den umstrittenen Irakkrieg gegen Saddam Hussein organisierte die Verbindungsstelle Washington zusätzliche Konferenzen und Tagungen für Parlamentarier und politische Multiplikatoren aus Deutschland und den USA, die sich insbesondere mit den Auswirkungen dieser beiden Ereig- nisse auf die transatlantischen Beziehungen befassten. Die Hanns-Seidel-Stiftung konnte so mit ihrem Washington Office den transatlantischen politischen Dialog nicht nur aufrechterhal- ten, sondern trotz der angespannten bilateralen diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA weiter vertiefen. So traf z.B. im Mai 2004 der damalige CSU- Landesgruppenvorsitzende Michael Glos auf Vermittlung der HSS-Verbindungsstelle in Was- hington zu politischen Konsultationen mit US-Vizepräsident Cheney und weiteren hochrangi- gen Vertretern der US-Administration und des Kongresses zusammen, um konkrete Strategien zur Verbesserung der deutsch-amerikanischen Beziehungen zu entwickeln. Ebenfalls diesem Ziel verpflichtet waren die von der Verbindungsstelle Washington im Rahmen von Besuchs- programmen organisierten Diskussionsveranstaltungen des CSU-Vorsitzenden und Bayeri- schen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber 2002 in Washington und 2005 in Kalifornien.

Trotz des signifikanten militärischen Engagements Deutschlands im Kampf gegen den interna- tionalen Terrorismus konnten sich die bilateralen politischen Beziehungen zwischen Berlin und Washington während der restlichen Amtszeit von Bundeskanzler Gerhard Schröder nicht mehr grundlegend verbessern. Erst mit der Übernahme der Regierung in Berlin durch Bundes- kanzlerin Angela Merkel und die CDU/CSU als maßgebliche Regierungsfraktion im Jahr 2005 wurde ein neues Kapitel in den deutsch-amerikanischen Beziehungen aufgeschlagen. Seitdem hat die Verbindungsstelle Washington die politische Kontakt- und Dialogarbeit weiter intensi- viert und hierbei insbesondere führenden CSU-Parlamentariern und Mitgliedern der Bundes- regierung bzw. der bayerischen Staatsregierung wertvolle Gesprächskontakte vermittelt. Im Vordergrund der Arbeit der Verbindungsstelle Washington stehen Pflege und Ausbau eines regelmäßigen Meinungs- und Informationsaustausches mit führenden Repräsentanten der amerikanischen Regierung (Department of State, Pentagon, Heimatschutzministerium, Fi- nanzministerium, National Security Council etc.), des US-Kongresses, multilateraler Organisa- tionen (z.B. Weltbank, IWF), Thinktanks und Universitäten sowie mit Vertretern von Wirtschaft und Medien. Darüber hinaus werden regelmäßig Hintergrundanalysen zu relevanten Themen der amerikanischen Politik erstellt sowie Kommentare und Artikel in renommierten deutschen, und amerikanischen Medien veröffentlicht.

Zu den Themenschwerpunkten gehörten in den letzten Jahren u.a. die globale Finanzkrise und die Probleme bei der Stabilisierung des Euroraumes, die Verhandlungen zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP), die von Russland provozierte Krise in der Ukra- ine, der sich ausweitende Konflikt in Syrien und im Irak, die gemeinsame Bekämpfung des internationalen Terrorismus sowie die Schwierigkeiten in den transatlantischen Beziehungen durch die Enthüllungen von US-Geheimdienstaktivitäten. Auch die deutsche Wiedervereini- gung und die Dankbarkeit Deutschlands für die jahrzehntelange Unterstützung der Bundesre- publik durch die USA nach dem Zweiten Weltkrieg werden immer wieder thematisiert. Zur Feier des 25. Jahrestages der Wiedervereinigung Deutschlands am 3. Oktober 1990 organi- - 12 - sierte das Washingtoner Büro der HSS 2015 eine Festveranstaltung in der historischen Gas- ton-Hall der Georgetown Universität. Als Hauptredner sprachen Bundesfinanzminister a.D. Dr. Theo Waigel und Dr. Robert Zoellick, Präsident der Weltbank von 2007 bis 2012. Theo Waigel betonte, dass der Euro keinesfalls der Preis für die Zustimmung Frankreichs zur Deutschen Einheit gewesen sei, sondern dass die Schaffung einer gemeinsamen Währung auch ohne die überraschenden Ereignisse von 1989/90 geplant war. Bob Zoellick hob hervor, dass der 2+4- Vertrag zukunftsoffen gestaltet wurde, um ehemalige Gegner zu versöhnen und dem Willen der Bevölkerung nach schnellen Veränderungen Rechnung zu tragen.

Um den transatlantischen Dialog gerade bei jungen politischen Entscheidungsträgern und po- litischen Multiplikatoren zu fördern, bringt die Verbindungsstelle Washington regelmäßig jun- ge deutsche Abgeordnete, Journalisten und politische Nachwuchskräfte mit Kollegen in den USA zusammen. Andererseits gibt das jährlich stattfindende Hanns-Seidel-Memorial- Fellowship Program Beratern von Senatoren und Kongressabgeordneten sowie Thinktank- Experten und Journalisten aus den USA und Kanada Gelegenheit, ein hochrangiges politisches Gesprächsprogramm in München, Brüssel und Berlin zu absolvieren. Ziel dieser Maßnahmen für junge politische Multiplikatoren ist es mitzuhelfen, die Basis für eine enge deutsch- amerikanische bzw. deutsch-kanadische Partnerschaft von morgen zu schaffen. Darüber hin- aus wird durch L3 in den letzten Jahren auch die politische Kontakt- und Dialogarbeit mit Ka- nada intensiviert. Im Mittelpunkt der deutsch-kanadischen Dialogprogramme in Montreal und Ottawa in den Jahren 2009, 2010, 2011, 2012 und 2014 standen u.a. der weitere Ausbau der Partnerschaft Bayern-Quebec, das kanadische Engagement bei der NATO-Mission in Afghanis- tan, die erfolgreiche Immigrations- und Integrationspolitik Kanadas sowie das europäisch- kanadische Handelsabkommen CETA.

Eine weitere Aufgabe der Verbindungsstelle in Washington ist es, beim Besuch von Spitzenpo- litikern aus Bayern, die der Bundesregierung oder der Bayerischen Staatsregierung angehören oder eine hohe parlamentarische Führungsposition ausüben, Roundtablediskussionen mit zahlreichen politischen Multiplikatoren vor Ort durchzuführen. So hielt der Bayerische Wirt- schaftsminister Erwin Huber 2007 beim renommierten Hudson Institute einen vielbeachteten Vortrag zum Thema „Perspektiven einer vertieften wirtschaftlichen und politischen transatlan- tischen Kooperation“, der Bayerische Innenminister Joachim Herrmann referierte 2008 in Washington zum Thema: „ Einwanderungspolitik und Innere Sicherheit – Herausforderungen für Deutschland“, und 2009 sprach Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg auf einem in Kooperation mit dem Center für Strategic and International Studies veranstalte- ten Ministerforum über „Die Zukunft der transatlantischen Beziehungen und das neue NATO- Afghanistan-Konzept. Weitere Roundtablediskussionen wurden u.a. 2012 mit Bundesinnen- minister Dr. Hans-Peter Friedrich zum Thema „Cyber-Sicherheit“ sowie 2014 mit der Vorsit- zenden der CSU-Landesgruppe im Deutschen und mit Bundes- landwirtschaftsminister Christian Schmidt veranstaltet.

Durch ihr Wirken hat die Verbindungsstelle Washington in den vergangenen fast drei Jahrzehn- ten maßgeblich dazu beigetragen, den transatlantischen Dialog zu vertiefen und so die für Deutschland unverzichtbare Freundschaft zu den Vereinigten Staaten von Amerika zu festigen. Dieser wichtigen Aufgabe weiß sich die Verbindungsstelle Washington auch in Zukunft ver- pflichtet.

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Die Verbindungsstelle Brüssel Mit der im Februar 1982 eröffneten Verbindungsstelle in Brüssel trägt die Hanns-Seidel- Stiftung seit nunmehr 35 Jahren der zentralen Bedeutung Brüssels für die Gestaltung und Ent- wicklung der Europäischen Union Rechnung. Die Verbindungsstelle fungiert als Bindeglied der HSS-Zentrale zu den hier angesiedelten Institutionen der Europäischen Union, der Nordatlan- tischen Allianz und dem in Brüssel ansässigen Diplomatischen Corps. Sie ist ein wichtiger Ort der Begegnung, des Informations- und Meinungsaustausches und bietet mit ihrem Netzwerk und ihrer langjährigen Erfahrung ein Forum für europapolitische Fragen, das Zielgruppen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft offen steht. Ein besonderes Anliegen der Verbindungs- stelle Brüssel war zu Beginn ihrer Arbeit auch die Anerkennung der Hanns-Seidel-Stiftung als förderfähiger Zuwendungsempfänger für entwicklungspolitische Projekte der Europäischen Kommission. Nach zweijährigen Verhandlungen wurde dieses Ziel im Mai 1991 erreicht. Seit- dem wurden zahlreiche Entwicklungshilfeprojekte der Hanns-Seidel-Stiftung auch mit Mitteln der Europäischen Union finanziert.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Verbindungsstelle Brüssel war und ist die Durchführung von öffentlichen Diskussionsveranstaltungen, Fachtagungen, Symposien und politischen Dia- logprogrammen mit europapolitischem Bezug. Zahlreiche Besuchergruppen, Delegationen und Einzelpersönlichkeiten nutzten seitdem die Veranstaltungen in Brüssel für den europapoliti- schen Informations- und Meinungsaustausch sowie zur Kontakt- und Netzwerkpflege. der . Im Hinblick auf die Wiedervereinigung Deutschlands und die Festigung der neuen Demokratien in Osteuropa wurde die Verbindungsstelle besonders in den Jahren nach 1990 mit einer Fülle von zusätzlichen Aufgaben konfrontiert. Hierzu zählte u.a. auch die kontinuierliche Beratung über Programme der Europäischen Kommission zur Förderung von demokratischen Struktu- ren, wirtschaftlichen Kooperationsmöglichkeiten und Forschung in den ehemaligen Ostblock- staaten. Zu den zentralen thematischen Schwerpunkten der Jahre nach der Wende gehörten die Perspektiven für eine erweiterte Europäische Gemeinschaft und die Entwicklung von sinn- vollen und zukunftsfähigen Strukturen unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips. Wichtige Veranstaltungen waren in diesem Rahmen eine zweitägige Europakonferenz im Sep- tember 1992 zum Thema „Föderalismus in Europa“, u.a. mit dem Ministerpräsidenten der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens, Joseph Maraite, und Ján Čarnogurský, dem ehema- ligen Premierminister der Slowakischen Republik, sowie verschiedene Fachtagungen zum Thema „Europa der Regionen“.

In den ersten beiden Jahrzehnten nach ihrer Gründung setzte sich die Verbindungsstelle in Brüssel besonders für ein freiheitliches, rechtsstaatliches und sozial orientiertes Europa ein, das sich seiner Verankerung in christlichen Grundwerten und Normen bewusst ist. Fachtagun- gen zu dieser Grundsatz-Frage finden bis heute in regelmäßigen Abständen statt. Hervorzuhe- ben ist in diesem Zusammenhang das im Oktober 1994 durchgeführte Symposium zum Thema „EU – christliche Union oder Europa der Christen?“, auf dem u.a. der belgische Premierminis- ter Jean-Luc Dehaene referierte. Das Thema „Christliche Grundwerte und Normen der europäi- schen Gesellschaften“ wurde im Laufe der Jahre immer wieder bei Vortrags- und Diskussions- veranstaltungen der Verbindungsstelle aufgegriffen, zuletzt 2015 im Rahmen einer Diskussi- onsrunde in Kooperation mit der Robert Schuman Stiftung und dem Forum Brussels Internati- onal sowie 2016 im Rahmen einer gemeinsam mit dem Wilfried Martens Centre for European Studies durchgeführten Expertenrunde zum Thema „Stärken und Schwächen des Säkularismus und des Pluralismus“. - 14 -

Das Thema „Implikationen der EU-Osterweiterung“ stellte ebenfalls bis zur erfolgten Erweite- rung der EU im Jahr 2004 einen festen Bestandteil des jährlichen Konferenzenprogramms dar. Die mit der Lissabon-Strategie seit dem Jahr 2000 verfolgte Absicht, durch Förderung von Wissenschaft und Innovationen die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft signifi- kant anzuheben, gehört zu den weiteren Fragen, die die Verbindungsstelle regelmäßig aufge- griffen hat, wie z.B. 2004 im Rahmen der Europakonferenz „Die Zukunft der Lissabon Strate- gie – Europas Verpflichtung zu Wachstum“, an der der neu ernannte EU- Kommissionspräsident, José Manuel Durão Barroso, sowie die EU-Kommissare, Viviane Reding und Ján Figel, teilnahmen. Gemeinsam mit der Konrad-Adenauer-Stiftung wird seit 2008 un- ter dem Motto „Europa in Wissenschaft und Politik“ ein jährlich stattfindendes Dialogforum mit dem Ziel durchgeführt, Politiker und Wissenschaftler, also Praktiker und Theoretiker der europäischen Politik, zusammenzuführen.

Der veränderten Sicherheitssituation nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 wurde die Verbindungsstelle mit der Durchführung spezieller Fachtagungen zur Terrorismus- bekämpfung gerecht, auf denen z.B. 2002 der NATO-Generalsekretär Lord Robertson zum Thema: „Die Nordatlantische Wertegemeinschaft vor neuen Herausforderungen“ referierte. Sein Nachfolger, Jaap de Hoop Scheffer, befasste sich im Jahr 2004 in seiner Rede mit der Thematik „NATO’s Agenda Post-Istanbul“ und forderte von Europa verstärkte finanzielle An- strengungen, um seiner Verantwortung innerhalb des Bündnisses gerecht zu werden. Mit dem Vordringen des islamischen Terrorismus nach Europa und zuletzt auch nach Deutschland hat sich die Brisanz der Sicherheitslage noch einmal verschärft. Eine richtungweisende Konferenz führte die Verbindungsstelle zum Thema „Terror in Europa und die politischen Konsequenzen“ im Mai 2015 nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Frankreich und verhinderte Attacken in Belgien durch. Es referierten der Innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Stephan Mayer, der EU-Koordinator für die Terrorismusbekämp- fung Gilles DeKerchove, der Datenschutzbeauftragte der EU, Giovanni Buttarelli und die Euro- paabgeordnete Monika Holmeier. Als Ergebnis der Konferenz wurde eine umfangreichere Ko- ordination unter den europäischen Partnern durch gemeinsame Instrumente wie das Schen- gen-Informationssystem, eine bessere Schulung und Ausstattung der Polizei- und Sicherheits- kräfte sowie eine stärkere Kontrolle der Außengrenzen gefordert, was auch mehr Engagement zur Stabilisierung der Nachbarregionen beinhaltet. Das enorme Anwachsen der Flüchtlings- ströme aus Nordafrika und dem Nahen Osten über die Balkanroute im Herbst 2015 stellt eine weitere Herausforderung für die EU und für alle Mitgliedsstaaten dar, die Themenbereiche wie Innere Sicherheit, Asylpolitik, Integrationspolitik u.a. umfasst. Dieser Problematik widmete sich eine Vortrags- und Diskussionsveranstaltung der Verbindungsstelle im Mai 2016 zum Thema: „Europas Flüchtlingspolitik zwischen wirtschaftlicher Integration und humanitärer Hilfe“, an der mehrere Europaabgeordnete und der Staatssekretär im Bayerischen Sozialminis- terium Johannes Hintersberger teilnahmen.

Einen weiteren Schwerpunkt der Arbeit der Verbindungsstelle Brüssel bildet die Thematik „Europäische Sicherheitspolitik und Zusammenarbeit mit Russland“. Hierzu werden, meist in Kooperation mit der Verbindungsstelle Moskau, regelmäßig Fachtagungen, Konferenzen und Gesprächsprogramme mit russischen Teilnehmern durchgeführt. Der von Moskau seit Anfang 2014 geschürte Ukraine-Konflikt einte von Anfang an EU und NATO in der Russland-Politik, insbesondere auch hinsichtlich der koordinierten Sanktionen. Die Krise zwischen der EU und - 15 -

Russland stand im Mittelpunkt einer im Dezember 2014 durchgeführten Diskussionsveranstal- tung mit dem Moskauer Finanzexperten Igor Kostikow, Gunnar Wiegand, Direktor im Europäi- schen Auswärtigen Dienst, und dem Sonderkorrespondenten der Deutschen Welle in Russland, Dr. Christian Trippe. Wiegand betonte, dass es der EU, im Unterschied zum russischen Macht- streben, in ihrer Nachbarschaftspolitik um die Modernisierungsperspektiven rückständiger Räume gehe, und diesbezüglich mache man in Brüssel stetig politische und wirtschaftliche Kooperationsangebote, was auch weiterhin für Russland gelte. Fortgesetzt wurde das Diskus- sionsangebot der Verbindungsstelle hierzu im Jahr 2016 durch zwei Konferenzen zum Thema: „Donbass und die EU-, Ukraine-, Russland-Beziehungen“ sowie „Europäische Sicherheitspoli- tik und die Rolle der NATO“.

Die großen Herausforderungen, die die Europäische Union im Rahmen ihrer Fortentwicklung bisher zu bewältigen hatte und denen sie sich gegenwärtig gegenübersieht, spiegeln sich in der Auswahl der von der Verbindungsstelle behandelten Themen wider. Hierzu gehörten und gehören u.a. die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP), der Erweiterungs- prozess der Europäischen Union, der Europäische Verfassungsvertrag, die Rolle des Födera- lismus und des Subsidiaritätsprinzips, die Ausgestaltung des Europäischen Sozialmodells und die Wirtschafts- und Währungspolitik der EU mit ihren vielfältigen Facetten. In den letzten Jahren sind weitere Themenkomplexe hinzugekommen, die die derzeit sehr schwierige Lage der Europäischen Union zum Ausdruck bringen: „Grexit“ und „Brexit“, Europäische Schulden- und Finanzkrise, das Aufkommen populistischer und nationalistischer Parteien sowie „Politik- verdrossenheit“ der Bürger. Seit 2003 ist die Verbindungsstelle Brüssel zudem in wachsen- dem Maße in die Projektarbeit des Instituts für Internationale Begegnung und Zusammenar- beit (IIZ) einbezogen, um die entwicklungspolitische Kooperation zwischen der Hanns-Seidel- Stiftung und der Europäischen Union zu intensivieren.

Zwischen 1982 und 2007 nahmen insgesamt fast 40.000, in den Jahren von 2007 bis 2016 weitere über 40.000 Personen an den zuletzt jährlich mehr als 30 Veranstaltungen der Ver- bindungsstelle (einschließlich der Projektmaßnahmen des IIZ) teil, um sich aus erster Hand über Fragen der Europapolitik zu informieren. Diese Erfolgsbilanz beweist, dass die Verbin- dungsstelle Brüssel seit langem ein unverzichtbarer Ort des europapolitischen Diskurses ist.

Die Verbindungsstelle Moskau Die Auflösung der Sowjetunion 1991 beendete endgültig den Kalten Krieg und eröffnete die Chance, die politischen Beziehungen zu Russland auf eine neue Grundlage zu stellen. Mit der Gründung einer eigenen Verbindungsstelle im Herbst 1991 nutzte die Hanns-Seidel-Stiftung die historische Zeitenwende, um in Moskau ihre politische Kontaktarbeit zu vertiefen und zur Förderung guter, freundschaftlicher deutsch-russischer Beziehungen beizutragen. War es bis dahin nur möglich, gelegentliche bilaterale Einzelgespräche mit sowjetischen Politikern durchzuführen, so konnten nun regelmäßige deutsch-russische Gespräche auf hoher politi- scher Ebene organisiert werden. So sprach der damalige Vorsitzende der CSU- Landtagsfraktion und spätere Präsident des Bayerischen Landtages, Alois Glück, auf der ersten Veranstaltung in Moskau im Juni 1992 zum Thema: „Konzeptionelle Überlegungen zum Wirken moderner Volksparteien“.

Wie schon der Putsch von 1991 und der Beschuss des Parlamentsgebäudes 1993 zeigten, war der Demokratisierungsprozess in Russland fragil und scheint bis heute nicht irreversibel zu - 16 - sein. Umso wichtiger war es deshalb, dass auch in den Tagen der Krisen, die Russland an den Rand des Bürgerkrieges brachten, die Verbindungsstelle politisch aktiv blieb. Während im Zentrum Moskaus die Panzer rollten, tagte am Stadtrand eine HSS-Expertenrunde unter Mit- wirkung des späteren bayerischen Finanzministers , um über die Zukunft Russ- lands zu beraten. Die Hanns-Seidel-Stiftung machte aus ihrer Sympathie für die reformorien- tierten Kräfte keinen Hehl. So lud die Verbindungsstelle im Sommer 1994 eine hochrangige CSU-Delegation unter Leitung von Michael Glos, Vorsitzender der CSU-Landesgruppe im Deut- schen Bundestag, und Erwin Huber, CSU-Generalsekretär, zu Gesprächen mit führenden russi- schen Reformpolitikern wie Grigorij Jawlinskij und Jegor Gajdar nach Moskau ein. Ebenso führ- te Hans Klein, Vizepräsident des Deutschen Bundestages, 1996 ein anspruchsvolles Ge- sprächsprogramm durch.

Russland kam auf seinem Weg hin zu Demokratie und Marktwirtschaft in den neunziger Jahren nur schwer voran. Die Wirtschaftsreformen und die Privatisierung führten zu einem Auseinan- derdriften der Gesellschaft, das Misstrauen gegenüber den Parteien und politischen Eliten nahm zu. Auf zahlreichen Veranstaltungen der Verbindungsstelle wurde daher darüber disku- tiert, wie Deutschland mit seiner Sozial-, Wirtschafts-, Bildungs- und Rechtspolitik die großen Herausforderungen der Nachkriegszeit gemeistert hat und welche Lehren daraus für Russland gezogen werden könnten. Die Moskauer Verbindungsstelle organisierte auf Bitten der Zentra- len Wahlkommission Russlands mehrere deutsch-russische Expertenrunden zu normativen und praktischen Fragen der ordnungsgemäßen Durchführung von Wahlen. Zusätzlich erhielten russische Wahlexperten anlässlich der Bundestagswahlen 1998 und 2002 die Möglichkeit, sich in Deutschland über Wahlorganisation und Wahlkampfabläufe zu informieren. Wertvolle Impulse für die russische Wahlgesetzgebung gingen daraus hervor.

Mit Fachtagungen bzw. Dialogprogrammen außerhalb Moskaus, wie in den neunziger Jahren in Kasan, Nischnij Nowgorod und Tscheboksary, später auch in St. Petersburg und Kaliningrad, wurde dem Bedeutungsgewinn der Regionen („Föderationssubjekte“) in Russland Rechnung getragen. Russlands Regionen brachen mit der Tradition des sowjetischen Pseudo- Föderalismus, schossen jedoch in ihrem neuen Selbstbewusstsein mitunter über das Ziel hin- aus. Experten der Hanns-Seidel-Stiftung waren deshalb auf den Föderalismus-Konferenzen gefragte Gesprächspartner, wenn es darum ging, die richtige Balance zwischen Zentral- und Regionalgewalt auszuloten. Selbstverständlich trat die Verbindungsstelle auch in Kontakt mit der Volksgruppe der Russlanddeutschen. Auf Expertentagungen in Saratow wurden ihre politi- sche, wirtschaftliche und soziale Situation analysiert und neue Perspektiven der wirtschaftli- chen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Russland in der Wolgaregion entwickelt. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Deutschen Bundestag, Dr. Peter Ramsauer, besuchte 2008 die deutsche Minderheit in Tomsk und ermunterte vor über 150 Studenten im Festsaal der Universität die junge sibirische Elite, die Chancen der globalisierten Welt zu ergreifen.

Mit dem Ende der Sowjetunion bekam Russland die Chance, seine Isolation zu überwinden. Auf beiden Seiten des vormaligen Eisernen Vorhangs war es unstrittig, dass zur Schaffung von gesamteuropäischer Stabilität und wirtschaftlicher Prosperität die konstruktive Einbeziehung Russlands notwendig ist. Deshalb wurden zu vielen internationalen Fachtagungen des Insti- tuts für Auswärtige Beziehungen hochrangige russische Politiker und Experten eingeladen. Prominente russische Referenten konnten für die regelmäßig stattfindenden Franz-Josef- Strauß-Symposien gewonnen werden, darunter z.B. der Außenpolitiker und spätere Menschen- - 17 - rechtsbeauftragte Präsident Putins, Wladimir Lukin, oder der frühere stellvertretende Minis- terpräsident und liberale Reformpolitiker Boris Nemzow.

Die Enttäuschungen über die politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verwerfun- gen der neunziger Jahre ließen in Russland den Glauben an den Wert von Demokratie und de- mokratischen Institutionen bis heute deutlich sinken. Ein großer Teil der russischen Jugend zog sich zusehends aus der Politik zurück und konzentriert sich auf ihre privaten Interessen. Doch gerade mit den neuen, jungen Eliten verbinden sich die meisten Hoffnungen auf anhal- tende demokratische und marktwirtschaftliche Reformen. Der Verbindungsstelle Moskau er- scheint es daher umso wichtiger, die Serie der seit 1999 jährlich durchgeführten Dialogpro- gramme für junge politische Nachwuchskräfte aus Russland in Brüssel und München fortzuset- zen. Im Gegenzug absolvieren seit 2006 jährlich etwa 10 junge Multiplikatoren aus Bayern ein viertägiges politisches Dialogprogramm in Moskau und einer ausgewählten russischen Pro- vinzstadt. Besonders am Herzen liegt der Hanns-Seidel-Stiftung auch die Unterstützung konti- nuierlicher parlamentarischer Kontakte zwischen der Russischen Staatsduma und der Mos- kauer Stadtduma mit dem Bayerischen Landtag bzw. dem Deutschen Bundestag.

Seit 2004 untersteht die Verbindungsstelle Moskau dem aus dem IAB hervorgegangenen Büro für Verbindungsstellen / Internationale Konferenzen, An Ihrer Aufgabenstellung hat sich aber nichts geändert. Neben der Kontaktpflege des Verbindungsstellenleiters und der Erstellung zahlreicher aktueller Länderberichte bleibt die Fortführung eines anspruchsvollen jährlichen Maßnahmenprogrammes ihre Hauptaufgabe. Folgende Themen wurden u.a. in den bilateralen Fachtagungen und Dialogprogrammen zum Teil mehrfach aufgegriffen: „Umweltschutz, Ener- gieeffizienz und nachhaltige Ressourcenwirtschaft“, „Die Zukunft der Landwirtschaft und ihre Bedeutung für die deutsch-russischen Beziehungen“, „Die Bedeutung der Volksparteien in einer modernen Demokratie“, „Europa und Russland in europäischer Verantwortung“, „Aktuel- le Herausforderungen an eine moderne Sozialpolitik“, „Staatlich unabhängige Organisationen in Deutschland und Russland – Impulsgeber gesellschaftlicher Entwicklungen“, „Regionale Wirtschaftsförderung“ sowie „Die Rolle der Bildungs- und Wissenschaftspolitik in Bayern und Moskau“. Die über viele Jahre gehende Vorlesungsreihe des Vorsitzenden der Hanns-Seidel- Stiftung, Staatsminister a.D. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair, an den renommierten Moskauer Universitäten Baumann und MIREA zu den Themen „Wissenschaft und Ethik“ sowie „Wissen- schaft und Wirtschaft“ nahm einen besonderen Stellenwert in der Arbeit der Verbindungsstelle ein. In Anerkennung seiner herausragenden Verdienste bei der Förderung der deutsch- russischen Zusammenarbeit im Bereich der Geistes- und Naturwissenschaften wurde Dr. Ze- hetmair von der Universität MIREA 2007 die akademische Würde eines Honorarprofessors verliehen.

Seit 2014 belastet die sog. „Ukraine-Krise“ nachhaltig die deutsch-russischen Beziehungen. Die Verbindungsstelle Moskau der Hanns-Seidel-Stellung bleibt jedoch unvermindert darum bemüht, den deutsch-russischen Dialog fortzuführen. 2015 und 2016 wurden in Moskau je- weils Dialogprogramme für deutsche Politiker und Experten zu den Themen „Sicherheit“ und „Wirtschaft“ durchgeführt, wobei die erheblichen politischen Differenzen in der russischen Ukraine-Politik offen zur Sprache kamen. Im Oktober 2015 führte Dr. Reinhard Brandl, MdB, Mitglied des Verteidigungsausschusses, russischen Abgeordneten die Auswirkungen von Russ- lands Krim-Annexion und seiner Unterstützung der Separatisten in der Ostukraine auf die NATO eindringlich vor Augen. Dies habe im Verteidigungsbündnis und bei den neutralen - 18 -

Nachbarländern Russlands zu einer Neubewertung der Bedrohungslage geführt und der Bünd- nisverteidigung eine noch 2012 nicht vorstellbare Aktualität verliehen. Infolge der wegen der Ukraine-Krise in Kraft getretenen Sanktionen gingen die Wirtschaftsbeziehungen mit Russland stark zurück. Eine bayerische Expertendelegation unter der Leitung von Staatsminister a.D. Dr. Otmar Bernhard, MdL, besuchte deshalb im Oktober 2016 Moskau, um künftige Entwick- lungsmöglichkeiten der deutsch- bzw. bayerisch-russischen Wirtschaftsbeziehungen zu erör- tern. Prof. Dr. Wladislaw Below, Stv. Leiter des Europa-Instituts der Russischen Akademie der Wissenschaften, betonte im Rahmen einer Konferenz, dass es bereits in der ersten Jahreshälfte 2016 wieder eine deutliche Steigerung der deutschen Direktinvestitionen in Russland gege- ben habe. Um attraktiver für ausländische Investitionen zu werden, müsse die Infrastruktur in vielen russischen Wirtschaftsregionen ausgebaut und der Mangel an qualifizierten Arbeitskräf- ten durch eine wesentlich verbesserte Berufsbildung beseitigt werden. Hier gebe es viele Mög- lichkeiten für deutsch-russische Projekte.

Das Moskauer Büro kann nunmehr auf zweieinhalb Jahrzehnte erfolgreichen Wirkens zurück- blicken. In ihrer Rede zum 25-jährigen Bestehen des Verbindungsbüros im Juni 2016 unter- strich die Vorsitzende der Hanns-Seidel-Stiftung Prof. Ursula Männle in Moskau die große Be- deutung der kontinuierlichen Pflege des deutsch- bzw. bayerisch-russischen Dialoges, gerade in einer Zeit politischer Spannungen und Krisen. Das HSS-Verbindungsbüro habe in den ver- gangenen zweieinhalb Jahrzehnten substantiell dazu beitragen können, das gegenseitige Ver- ständnis zu fördern, einen offenen, auch kontroversen Meinungsaustausch sicherzustellen und Vorurteile abzubauen. In diesen Dialog seien selbstverständlich auch die russische Zivilgesell- schaft und Kräfte der demokratischen Opposition einbezogen worden. In seiner anschließen- den Grundsatzrede blickte der stellvertretende Stiftungsvorsitzende , MdEP, auf die vergangenen 25 Jahre deutsch-russischer Beziehungen zurück und erinnerte an die eupho- rische Anfangsphase, die zum Abschluss eines europäisch-russischen Partnerschafts- und Kooperationsabkommens geführt habe. Daraufhin hätten sich enge Wirtschaftsbeziehungen entwickelt. Auch heute noch liefere Russland 48% seiner Exporte in die EU. Ein weiterer Höhepunkt sei die Vereinbarung einer Modernisierungspartnerschaft im Jahre 2010 gewesen. Markus Ferber bedauerte sehr, dass der Ukraine-Konflikt mittlerweile viel Vertrauenspotential zerstört habe. Angesichts der vielen Probleme und Konflikte, die nur in Zusammenarbeit mit Russland gelöst werden könnten, angefangen bei der Bekämpfung des internationalen Terro- rismus bis hin zur Umsetzung der Klimaabkommen, wünschte sich Markus Ferber die Wieder- herstellung guter nachbarschaftlicher Beziehungen. Maßgeblich sei in diesem Zusammenhang aber die vollständige Erfüllung des Minsker Abkommens durch Russland.

Auch wenn heute, 17 Jahre nach der Machtübernahme von Wladimir Putin im Jahr 2000, die russische Wirtschaft stagniert, die Demokratiedefizite deutlich zutage treten und die russische Außenpolitik wieder aggressive Tendenzen zeigt, sind die deutsch-russischen Beziehungen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft auf einem stabil hohen Niveau geblieben und können nach dem Abbau der gegenwärtigen Spannungen weiter vertieft und ausgebaut werden. Daran wird die Verbindungsstelle Moskau der Hanns-Seidel-Stiftung, die einen exzellenten Ruf sowohl bei Regierungsstellen als auch bei unabhängigen russischen NGOs genießt, engagiert mitwirken.

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Die Verbindungsstelle Athen

Das Jahr 2012 markiert die Anfänge der Projektarbeit der Hanns-Seidel-Stiftung in Griechen- land. Durch die seit diesem Jahr zusätzlich vom Auswärtigen Amt zur Verfügung gestellten Mittel für die Arbeit der politischen Stiftungen in der Hellenischen Republik sollen sowohl ein nachhaltiger Beitrag zur Verbesserung der deutsch-griechischen Beziehungen geleistet als auch die praktische Problemlösung vor Ort maßgeblich unterstützt werden.

Die feierliche Eröffnung einer Verbindungsstelle in Athen am 13. Mai 2013 durch den damali- gen griechischen Ministerpräsidenten Antonis Samaras und den HSS-Vorsitzenden Prof. Dr. h.c. mult. Hans Zehetmair signalisierte den Beginn eines substantiellen Engagements der Stif- tung in Griechenland. Seitdem ist die Arbeit der Verbindungsstelle davon geprägt, durch Bera- tungsmaßnahmen und Know-How-Transfer Griechenland bei der Überwindung der strukturel- len Krise zu helfen. Dabei ist hervorzuheben, dass Solidarität zwischen Deutschland bzw. Bay- ern und Griechenland sich weder auf warme Worte beschränken noch in ziellose Geldflüsse münden darf.

Die praktischen Ausprägungen dieser Zusammenarbeit manifestieren sich in einer Vielzahl unterschiedlicher Formate, Projekte und Begegnungsmöglichkeiten. So hat sich die enge Zu- sammenarbeit mit dem Parlamentarischen Staatssekretär beim Bundesminister für wirtschaft- liche Zusammenarbeit und Entwicklung, Joachim Fuchtel, MdB, und der von ihm geführten Deutsch-Griechischen Versammlung (DGV) seit Beginn als wichtiger Baustein der Arbeit er- wiesen. Zahlreiche Fachtagungen zu den Themen Agrarwirtschaft und Tourismus wurden mit der Zielsetzung durchgeführt, durch eine Verbesserung der Vermarktung eine Optimierung der Produktion im Land sowie durch verstärkte Veredelung von Rohstoffen vor Ort die Wirt- schaftskraft zu stärken. Auf den jährlich stattfindenden mehrtägigen Tagungen der DGV adres- sieren bis zu 400 Entscheidungsträger und Multiplikatoren beider Länder in Workshops und Diskussionsforen aktuelle Themen und Lösungsansätze. Entscheidend sind hierbei die Schwerpunktsetzung auf der kommunalen Ebene und der durchgehende Praxisbezug bei den diskutierten Themen und den entwickelten Lösungsvorschlägen.

Auch der Meinungs- und Erfahrungsaustausch zwischen politischen Entscheidungsträgern ist wichtig. Bei den Delegationsreisen aus Griechenland nach Brüssel sowie nach München und Berlin können sich griechische Parlamentarier und Wissenschaftlicher regelmäßig mit deut- schen Abgeordneten und Regierungsvertretern austauschen. So kam es 2016 u.a. zu Ge- sprächsterminen mit dem Leiter der Bayerischen Staatskanzlei Staatsminister Dr. Marcel Hu- ber, MdL, der CSU-Landesgruppenvorsitzenden im Deutschen Bundestag Gerda Hasselfeldt, dem I. Vizepräsidenten des Bayerischen Landtags , MdL, sowie mit Staatsmi- nister a.D. Dr. Otmar Bernhard, MdL.

Als Bilanz der ersten fünf Jahre des Engagements der Verbindungsstelle Athen kann festgehal- ten werden, dass der sich intensivierende deutsch-griechische Dialog von gegenseitiger Wert- schätzung und dem Interesse an der Bewältigung der langwierigen Krise in Griechenland ge- tragen wird. Die konzentrierte Lösungsorientierung und der fortgesetzte regelmäßige Aus- tausch auf allen Ebenen zeigen bereits, dass die Zusammenarbeit Früchte trägt und eine posi- tive Eigendynamik entwickelt, von der beide Seiten profitieren.