English + Supplement Zeitung des Deutschen Kulturrates

Nr. 01/04 • Januar - Februar 2004 www.kulturrat.de 3,00 € • ISSN 1619-4217 • B 58 662

Daseinsvorsorge Kulturelle Vielfalt Europa Bildungsreform The English Supplement Inwieweit muss der Staat dafür Die UNESCO hat im Oktober be- Ein Blick zu dem Nachbarn Schweiz Welche Bedeutung die vorschuli- How to preserve cultural diversity: Sorge tragen, dass Kultur vorge- schlossen, ein neues Instrument die zeigt, wie ein „Europa im Kleinen“ sche Bildung in Kindertagesstätten core-question for Austrian Mem- halten wird, diese Frage wirft der „Konvention Kulturelle Vielfalt“ in funktioniert. Welche Hürden die für die späteren Lernchancen hat, ber of European Parliament Chris- Vorsitzende des Deutschen Kul- den nächsten zwei Jahren zu erarbei- deutschen Bewerberstädte für die dieser Frage geht Wassilios Fthena- ta Prets and Canadian INCD coor- turrates, Max Fuchs, in einem ten. Welche Erwartungen von deut- Kulturhauptstadt 2010 nehmen kis nach. Ministerin Renate dinator Garry Neil, but also for Grundsatzbeitrag zur Daseinsvor- scher, europäischer und internatio- müssen, wird für das erweiterte Eu- Schmidt und Ministerin Annette Wilfried Grolig and Max Fuchs. sorge im Kulturbereich auf. Am naler Seite an dieses Instrument ge- ropa aufgezeigt. Die Erfolgsge- Schavan plädieren für die Zusam- Chairman of German Protestant Beispiel Berlin wird von Olaf Zim- richtet werden, formulieren Wilfried schichte des Cultural Contact Point menarbeit von Schule und außer- Church Wolfgang Huber reflects mermann die Frage konkretisiert. Grolig, Christa Prets und Gary Neil. wird vorgestellt. schulischen Einrichtungen. on embryonic stem cell research.

Seiten 3-4 Seiten 10-11 Seiten11-13 Seiten 14-16 Pages 5-8

Editorial Kulturelle Dimension der Bioethik Mängelexemplare Menschenwürde und Nächstenliebe als kulturelles Erbe • Von Wolfgang Huber

s wird illegal kopiert auf Teufel Kreativität“ dauerhaft empfinden. Der mühsam erarbeitete Kompro- setzung mit ihrem je eigenen Ver- Tradition orientiert sich jedoch Ekomm raus. Der Absatz von un- Doch die Entwertung der Kultur miss zur Forschung mit embryonalen ständnis des Menschen. Die Evan- nicht nur an der aus der Menschen- bespielten CD-ROMs und DVDs wird nicht nur in der Schule gelehrt. Stammzellen, der seinen Nieder- gelische Kirche in Deutschland hat würde folgenden Selbstzwecklich- steigt unaufhörlich. Im Jahr 2002 hat Sind nicht auch die riesigen CD- schlag im deutschen Stammzellge- in diesem Streit immer eindeutig keit und Selbstbestimmung des Men- die Musikwirtschaft in Deutschland Sonderangebotsberge in den Kauf- setz von 2002 fand, hat das Interes- Stellung bezogen. Sie tritt für ein schen, sondern auch an der Achtung 165 Millionen Musik-CDs verkauft. häusern dafür verantwortlich, dass se an bioethischen Themen nur kur- Verständnis vom Menschen ein, des anderen, an der Nächstenliebe. Im gleichen Jahr wurden nach Aus- das Wertgefühl für die Musik auf der ze Zeit gemindert. Der überraschen- nach dem die Würde der menschli- Es wäre ein fundamentaler Kultur- wertung der Gesellschaft für Kon- Silberscheibe im freien Fall ist? Ist de Vorstoß von Bundesjustizministe- chen Person nicht einfach eine am bruch, wenn nur noch einer dieser sumforschung (GfK) 259 Millionen die rasend schnelle Auswertungs- rin Zypries, die menschliche Embryo- Menschen aufweisbare Qualität, ein beiden Pole Anerkennung und Be- CD-Rohlinge mit Musik kopiert und kette von Filmen, heute noch im nen vom Schutz der Menschenwürde Resultat seiner genetischen Ausstat- rücksichtigung fände. Athen und Je- 622 Millionen Musikstücke aus ille- Kino, morgen schon auf der DVD ausnehmen will, hat die Debatte in tung oder ein Ergebnis seines eige- rusalem, griechisch-römische Anti- galen Quellen aus dem Internet he- und im Pay-TV, nicht mit dafür ver- ihrem innersten Kern wieder neu ent- nen Handelns ist. Der Mensch ke und jüdisch-christliche Religion runtergeladen. Nach Recherchen antwortlich, dass die Ware Film an facht. Denn wenn die Menschenwür- spricht sich die Menschenwürde stehen für diese Pole. Auch und ge- der Filmförderungsanstalt (FFA) in gefühltem Wert verliert? de für Embryonen nicht gilt, ist die nicht selbst zu; sie wird ihm auch rade in den Entscheidungen der Ge- Berlin wurden 2002 schon 27 Millio- Wohin eine solche entwertete Tür für verbrauchende Embryonenfor- nicht einfach von anderen Men- genwart sollten beide Berücksichti- nen CDs oder DVDs mit Spielfilmen Vermarktung führen kann, zeigt der schung geöffnet. Die Zulassung des schen zuerkannt; sie entsteht auch gung finden. gebrannt. Allein in den ersten acht Buchmarkt leider überdeutlich. Forschungsklonens und der Präim- nicht erst durch eine staatliche An- Das Gebot, den Nächsten zu lie- Monaten des letzten Jahres haben Ramschware, die oft gar kein plantationsdiagnostik würden sich erkennung oder durch kulturelle In- ben, zielt darauf, Menschen in Not zu laut FFA fünf Millionen Deutsche et- Ramsch ist, sondern hochwertige dann folgerichtig anschließen – auch terpretationsleistungen. helfen, das heißt auch: Krankheiten wa 30 Millionen Filme gebrannt. Bücher aus der aktuellen Produkti- wenn die Ministerin diese Konse- Würde hat der Mensch vielmehr zu heilen und Leiden zu mildern. An Mehr als die Hälfte der „Film- und on, überschwemmen die Städte. Da- quenzen noch nicht gezogen hat. darin, dass er von Gott zu seinem die Möglichkeiten der Stammzellen- Musik-Brenner“ gaben bei den Un- mit die Preisbindung, eine hart er- Ebenbild berufen ist. Würde hat er forschung knüpfen sich große Hei- tersuchungen an, für Personen au- kämpfte kulturelle Errungenschaft, ber nicht nur in Deutschland, darin, dass Gott ihn an seiner Ge- lungshoffnungen. In der Aussicht auf ßerhalb des eigenen Haushaltes Ko- aufgehoben werden kann, muss es Aauch in der Europäischen Union rechtigkeit teilhaben lässt. Der die Entwicklung neuer Therapien pien zu erstellen. Zumindest diese sich natürlich um so genannte Män- und in den Vereinten Nationen ste- Mensch ist mehr, als er selbst aus liegt eine der wesentlichen Antriebs- Film- und Musik-Kopierer haben gelexemplare handeln, deren einzi- hen Fragen der Embryonen- und sich macht. Auch wenn wir seine ge- kräfte für die Forschung. Aus christli- nicht die nach dem Urheberrecht ger sichtbarer Mangel der kleine Stammzellenforschung wieder oben netische Ausstattung entschlüsseln cher Sicht ist dieses Ziel ethisch erlaubte Sicherungskopie erstellt, Stempel „Mängelexemplar“ ist. Die- auf der Tagesordnung. Der Beschluss können, haben wir damit noch nicht ebenso legitim wie erstrebenswert. schon gar nicht wenn die Filme oder se zunehmende Verkaufspraxis des Europäischen Parlaments am 19. den Menschen als Menschen er- Aber auch ein hochrangiges Ziel Musikstücke nicht legal erworben macht dem Kunden schnell deut- November 2003 zeigt, wie weit man- fasst. Weder mit seinen Taten noch rechtfertigt nicht jedes Mittel und wurden. Es handelt sich beim illega- lich, dass er schon sehr bekloppt che zu gehen bereit sind. In der Ver- mit seinen Untaten ist er gleichzu- Therapieversprechungen rechtferti- len Kopieren von urheberrechtlich sein muss, wenn er noch den regulä- handlung des EU-Ministerrates am setzen. Allein Gottes Zuspruch gen nicht jede Art von Forschung. geschützten Werken längst nicht ren Ladenpreis bezahlt. Die Kunden 26. November 2003 ist eine Entwick- macht seine Würde unantastbar. Wo das Interesse der Forschung an mehr um tolerierbare Einzelfälle, haben die Lektion gelernt: Noch bil- lung nur mit Mühe aufgehalten wor- Die Menschenwürde verpflichtet menschlichen embryonalen Stamm- sondern um ein höchst bedenkli- liger als diese Sonderangebote ist den, die mit der deutschen Rechtsla- dazu, menschliches Leben insge- zellen so stark ist, dass man die Tö- ches Massenphänomen, das die nur noch der Datenklau. Wert der ge unvereinbar gewesen wäre. Und samt nicht zu instrumentalisieren, tung menschlicher Embryonen zur Künstler und die Kulturwirtschaft Kreativität ade! die gerade gescheiterten Bemühun- den Menschen niemals nur als Mittel Gewinnung von Stammzellen in schwer schädigt. „Raubkopierer sind Verbrecher“, gen der Vereinten Nationen um eine zu fremden Zwecken einzusetzen. Kauf nimmt, wird menschliches Le- Doch wie können Millionen der aggressive neue Slogan der Film- internationale Konvention zum Ver- Wer die unverfügbare Würde des ben in einer Weise instrumentali- Deutsche zu Verbrechern werden? wirtschaft trifft den Nagel auf den bot des Klonens verdeutlichen auf Menschen achtet, wird deshalb auch siert, die ethisch nicht gerechtfertigt Wie kann es sein, dass der Wert der Kopf, aber es muss endlich Schluss ihre Weise die tiefgreifenden ethi- mit denjenigen Stufen des menschli- werden kann. Die Würde und das Le- Kreativität offensichtlich immer we- gemacht werden mit diesen kultur- schen Differenzen auf internationa- chen Lebens respektvoll und acht- bensrecht des menschlichen Em- niger zählt? feindlichen Verwertungspraxen, die ler Ebene, die bisher nicht über- sam umgehen, in denen Menschen bryos, die ihm auch dann von An- Es ist sicher der allseits bekannte dieses Verbrechen begünstigen. Der brückt werden konnten. noch nicht, nicht mehr oder nur in fang an zukommen, wenn er außer- musisch-kulturelle Bildungsnot- „Wert der Kreativität“ wird erst dann Das alles zeigt, dass die kulturelle eingeschränktem Maß die Möglich- halb des Mutterleibs gezeugt wurde, stand in unseren Schulen und darü- erfolgreich einzuklagen sein, wenn Dimension der bioethischen Debat- keit haben, als Personen von ihrer werden damit bestimmten For- ber hinaus. Hier liegt die Chance für er in der Verwertungskette immer te im nationalen und internationa- Freiheit Gebrauch zu machen: mit schungsinteressen untergeordnet ein langfristiges Umsteuern. Kinder und überall sichtbar ist. len Kontext mehr Aufmerksamkeit den verschiedenen Stufen des vorge- und als weniger wert erachtet. und Jugendliche, die in der Schule verdient. Sie besteht in erster Linie burtlichen Lebens ebenso wie mit In der gegenwärtigen Bioethik- mit allen Künsten in Berührung Olaf Zimmermann, Geschäftsführer in der Bereitschaft aller beteiligten Behinderung, Krankheit und Alter. Debatte kommt es entscheidend da- kommen, werden den „Wert der des Deutschen Kulturrates Seiten zur kritischen Auseinander- Unsere kulturelle sowie religiöse rauf an, allen Tendenzen zu wider- stehen, die die Menschenwürde und das Lebensrecht – insbesondere am Lebensanfang und am Lebensende – relativieren. Es geht um die Ein- sicht, dass im Blick auf unser Ver- Kultur-Mensch ständnis vom Menschen viel auf dem Spiel steht – letztlich unser kul- Johannes Rau turelles Erbe.

Dass sich die Bundespräsidenten besonders der Kultur und den Künsten verpflichtet fühlen, hat in der Bundesrepub- Der Verfasser ist Ratsvorsitzender der lik bereits eine Tradition. Nicht von ungefähr wird die Deutsche Künstlerhilfe vom Bundespräsidialamt getragen. Evangelischen Kirche in Deutsch- Bundespräsident Rau hat in seiner Amtszeit diesem Engagement eine weitere Facette hinzugefügt. Mit dem „Bünd- land und Bischof der Evangelischen nis für Theater“ und der Aktion „Musik für Kinder“ setzt der Bundespräsident ein Signal für den Erhalt der Kulturein- Kirche in Berlin-Brandenburg richtungen und ganz besonders für die kulturelle Bildung. Er wird nicht müde, die Politik aber auch die Kultureinrichtungen selbst daran zu erinnern, sich für die kulturelle Bildung einzusetzen. Sein Mahnen für eine nachhaltige Kulturpolitik sollte nicht ungehört verhallen.

Foto: Bundespräsidialamt

politik und kultur 01/04 Seite 1 HKS 47 HHS 65 schwarz KULTURENQUETE politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 2

Die Kirchen als kulturpolitische Akteure Zum Beitrag eines Vertreters der Kirchen in der Enquete-Kommission „Kultur in Deutschland“ • Von Thomas Sternberg

Beschäftigt man sich mit europäi- genutzt werden. Das christliche Er- gleicht. Die Zahl der Kirchenkonzer- niger als 1zehn Prozent aus. Allein 20 von zur Zeit noch zwei Dritteln der scher Kultur, dann ist deren Veranke- be wird in dem Maße wichtiger, als te liegt allein bei den evangelischen katholische Kirchengebäude in Bevölkerung und schwindender fi- rung in ihren christlichen Traditionen es zu unsicheren Identitäten ange- Gemeinden bei ca. 35.000. Auf dem Deutschland stehen auf der Liste des nanzieller Sicherheit dieser Kultur- unübersehbar. Bibel und Christen- sichts kultureller Infragestellung Land sind Kirchenräume zum Teil Weltkulturerbes der UNESCO. beitrag zu sichern ist. tum sind seit 1700 Jahren Grundla- kommt. nach wie vor der nahezu einzige Ort Vom Film wäre zu reden: nicht Auf diesem Feld der Politik ge europäischer Kultur in Recht, Im 19. Jahrhundert wurden die der Berührung mit Kunst. allein über die kirchlichen Filmge- möchte ich die Stimmen der Kir- Wissenschaft, Haltungen, Gebräu- theoretischen Grundlegungen der Im Bereich der Bildenden Kunst sellschaften, sondern über Medien- chen in den Diskurs der Enquete- chen und Kunst. Kultur nicht zuletzt durch Theolo- sind vor allem die kirchlichen Muse- stellen, wie sie in allen deutschen Kommission einbringen. Außerhalb gen geschaffen. Gleichzeitig ver- en und Schatzkammern zu nennen, Bistümern und Landeskirchen be- dieser kirchlichen Themen werde ies gilt nicht nur in einem wei- suchten Kirchen Sonderkulturen he- von denen die katholische Kirche 43 stehen, über den renommierten ich mich von meiner kommunalen Dten Begriff von Kultur, sondern rauszubilden – eine Absicht, deren in alleiniger und weitere mehr als „film-dienst“ als Rezensionsorgan, kulturpolitischen Erfahrung her vor auch für Kultur im engeren Sinne Scheitern in der katholischen Kirche 100 in konzeptioneller oder finanzi- über Lizenzerwerb und Vertrieb des allem um die Frage einer Einbezie- der künstlerischen Ausdruckswei- spätestens durch das II. Vatikani- eller Beteiligung unterhält. Das Aus- „katholischen Filmwerks“ in Frank- hung von Kulturräumen in ober- sen. Unsere Städte und Dörfer wer- sche Konzil vor 40 Jahren eingestan- stellungswesen der Kirchen, die Ta- furt, das die Rechte an zwei Oscar- zentrale Kulturaufgaben der Städte den geprägt durch Kirchenbauten, den wurde. Obwohl kirchliche Stel- gungen und Kunstaktionen sind hier prämierten Kurzfilmen hält. Von der einbringen. Die Kommunen erbrin- die Sprache basiert auf der Bibel- lungnahmen zur Kultur zumeist auf nicht im Einzelnen aufzuführen. kulturellen Bildung in der weit ent- gen über 70 Prozent der Aufwen- übersetzung Martin Luthers, Litera- die Bereiche der Künste bezogen Beispiel Literatur: Katholische wickelten kirchlichen Erwachsenen- dungen für Kultur als „freiwillige“ tur und Theater variieren biblische sind, die in einem unmittelbaren und evangelische öffentliche Büche- bildungsarbeit mit ihren Familien- Aufgaben. Damit verknüpft ist die Anspielungen, die Musik entwickel- Zusammenhang zu kirchlichen Nut- reien nehmen eine ortsnahe Grund- Bildungsstätten, den Heimvolks- Definition von kulturellen Aktivitä- te sich aus der textbetonenden Mu- zungen und Räumen bezogen sind, versorgung mit Literatur wahr. In hochschulen und Akademien wäre ten als kommunale Pflichtaufgaben. sik der Gregorianik, die Bildende haben sie doch auch ein Interesse den mehr als 4.000 katholischen Bü- zu reden. Dass in der Bildungsarbeit Für den Erhalt der Theater- und Or- Kunst geht auf die Darstellung bibli- an der Pflege des pluralen kulturel- chereien stehen über 20 Millionen der Kulturendialog ein zentrales chesterlandschaft werden diese Fra- scher Ereignisse zurück. Die Museen len Lebens in Deutschland, wie es Medien-Einheiten zur Ausleihe, die Thema ist, sei nur am Rande ver- gen überlebenswichtig werden. Von sind angefüllt mit Werken christli- etwa das Zentralkomitee der Katho- von mehr als 25.000 ehrenamtlich merkt. meiner beruflichen Profession her cher Thematik und was bliebe in liken 1999 und die evangelischen tätigen Mitarbeiterinnen und Mitar- Dabei ist noch nicht von der Li- beschäftigt mich das Feld der kultu- den Kunstreiseführern übrig, tilgte Kirchen 2001 jeweils in ihrer Kultur- beitern geführt werden. Die über turgie der Kirche gesprochen, die rellen und ästhetischen Erwachsen- man alle christlichen Bau- und denkschrift verdeutlicht haben. 5.000 öffentlichen und Klinik-, Ge- selbst den vielleicht wichtigsten Bei- bildung, die in den Weiterbildungs- Kunstwerke? Die Bibel ist für Europa Die Kirchen treten selbst als Ak- fängnis- und Anstaltbüchereien trag zur Kultur darstellt. gesetzen zu verankern ist und nicht, das wichtigste „Weltkulturerbe“. teure des kulturellen Lebens in (über 1.000 im evangelischen Be- Welche Wünsche habe die Kir- wie soeben in NRW durch den Ver- Noch bis in die Zeit der Reprodukti- Deutschland auf. In den Publikatio- reich) in kirchlicher Trägerschaft chen an die Weiterentwicklung der lust jeglicher Förderung akut gefähr- onstechniken von Musik und Bild nen und Statistiken kommt dieser machen rund 40% der öffentlichen Kulturpolitik im Rahmen einer det ist. vor 200 Jahren waren die kulturellen Bereich erstaunlicherweise in der Büchereien aus. Hinzu kommen Kommission des Bundestages, dem Die Kirchen haben an einem Erfahrungen der meisten Deutschen Regel nicht vor. Wohl wird die Musik kirchliche, öffentliche wissenschaft- weder grundgesetzlich noch in der entwickelten kulturellem Leben christlich gebunden, und selbst am gelegentlich wahrgenommen, aber liche Bibliotheken, Diözesan- und Praxis der erste Rang auf diesem Po- auch abseits der unmittelbaren Nut- Anfang der massenhaften Literatur- auch sie keineswegs umfassend. Da- Hochschulbibliotheken sowie öf- litikfeld zukommt? Der Bund kann zungsinteressen von künstlerischen verbreitung steht mit dem vielgele- bei sind hier beeindruckende Zah- fentlich nutzbare Archive. Die Ar- für Rahmengesetze und für die Produktionen ein starkes Interesse. senen Messias von Klopstock ein re- len zu nennen. beitsgemeinschaft der katholischen überregionale Debatte von Proble- Ihr Einsatz gilt zuerst und besonders ligiöser Stoff. Dieses christliche Erbe Als erstes Beispiel das Musikle- Presse umfasst zur Zeit 75 Zeitschrif- men sorgen, die vor allem auf der lo- deutlich dem Bereich des Sozialen, ist für die kulturelle Identität Euro- ben: hier sind vor allem die Kirchen- tenverlage und 50 Buchverlage. Die kalen Ebene diskutiert werden. Die wo sie ein unübersehbarer Partner pas konstitutiv. chöre, die Dom- und Pfarrsingschu- Kirchen loben eine Reihe von Litera- Kirchen wollen eine dezentrale und des Staates sind (– und auch im The- Dies gilt nach wie vor, wenn len zu nennen, die vom einfachen turpreisen aus: vom katholischen plurale Kulturpolitik, die ihre kultu- menbereich zwei „die wirtschaftli- auch in einer erheblich verminder- Laienchor bis zu Spitzenensembles Kinder- und Jungendbuchpreis bis rellen Tätigkeiten nicht behindert, che und soziale Lgage der Künstler“ ten Exklusivität. Kunstgeschichte ist reichen. In 16.000 katholischen Chö- zum evangelischen Marie-Luise Ka- sondern stützt. Vor allem sollte diese der Enquete handelt es sich um ein zwar auch die Geschichte der Ablö- ren sind mehr als 400.000 Chormit- schnitz-Preis. Tätigkeit in ihrem Volumen die an- soziales Thema!). Sie wollen sich en- sung von kirchlichen und christlich glieder tätig. Im Bereich der EKD Zum Beispiel Denkmalpflege: gemessene Wahrnehmung in den gagieren, auch abseits der themati- motivierten Auftraggebern, aber kommen in fast 26.000 Kirchen- und Kirchen sind identitätsstiftende Ge- kulturpolitischen Debatten finden. schen Verknüpfung mit religiösen dennoch wirken die christlichen Posaunenchören etwa 450.000 Mu- bäude weit über die aktive Gottes- Die kulturelle Tätigkeit der Kirchen Inhalten. Denn an einem entwickel- Themen nach und trotz der „verlo- sikerinnen und Musiker zusammen. dienstgemeinde hinaus. Welche Be- soll mit privaten, staatlichen und ten kulturellen Leben, dass nicht in renen Nähe“ von Kirchen und Kunst Hauptberufliche Kirchenmusiker deutung sie selbst in völlig entchrist- privaten Aktivitäten vernetzt wer- Event, Trivialisierung und Vernut- sind die Verbindungen auch in der beschäftigen die Kirchen der EKD lichten Gebieten haben, wird bei Ab- den können. Unter den Stichworten zung aufgeht, haben Christen ein aktuellen Kunst immer wieder zu über 2.300, die katholische 1.600, bruchabsichten deutlich. Kirchen- „bürgerschaftliches Engagement“, fundamentales Interesse. Kultur als greifen. Das Musikleben, die Kunst- wozu allein im katholischen Bereich führungen erfreuen sich größter Be- „Soziokultur“, „Kulturelles Erbe“, Bewahrung eines Bereiches, der sich museen und Ausstellungen, die nochmals 15.600 nebenberufliche liebtheit und werden zumeist ehren- „Public-private-Partnership“, „Eh- Übernützlichkeit und Zweckfreiheit Bühnenwerke und die Literatur zeu- Kirchenmusiker kommen. Sie wer- amtlich organisiert. Zwischen 1996 renamtsförderung“, „soziale Sicher- zumindest im Kern bewahrt und da- gen trotz aller Säkularisierungsphä- den in 34 katholischen und evange- und 2000 hat allein die katholische heit im Kulturbereich“ und „kultu- mit Ortsbestimmung und Zukunfts- nomene auch in der Gegenwart von lischen Kirchenmusikschulen aus- Kirche über 2 Milliarden Euro in den relle Bildung“ können kirchliche As- perspektive ermöglicht. den fortwirkenden Potentialen. gebildet. Von Bau und Unterhalt der Denkmalschutz investiert. Sie ist da- pekte eingebracht werden. Deutsch- Noch in Werbung und Pop-Kultur Orgeln in den Kirchen in Deutsch- mit nach dem Staat die Institution land als Kulturnation wird durch die Der Verfasser ist Direktor der funktionieren die Verweise auf die land kann sich jeder ein Bild ma- mit dem größten finanziellen Enga- Kirchen und ihre Aktivitäten we- Katholischen Akademie Münster christliche Motivtradition, selbst chen, der die Fülle erstklassiger In- gement im Denkmalschutz. Die öf- sentlich mitgeprägt. Es stellen sich und Mitglied der Enquete-Kommis- dann, wenn sie nur ausgeschlachtet strumente einmal mit dem Stand in fentlichen Zuschüsse für den Erhalt für die Kirchen die Fragen, wie bei sion des Deutschen Bundestags oder subtil für andere Zwecke aus- anderen europäischen Ländern ver- von Kirchengebäuden machen we- zurückgehenden Kirchenanteilen „Kultur in Deutschland“ puk-Preis 2004 politik und kultur sucht den besten kulturpolitischen Artikel

Mit der Auszeichnung soll eine außergewöhnliche journalistische Arbeit, die sich durch eine allgemeinverständliche Vermittlung von kulturpolitischen Themen aus- zeichnet, gewürdigt werden.

Zugelassen sind Beiträge aus Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Monatszeitungen und Fachzeitschriften mit einem dezidiert kulturpolitischen Inhalt, die im Jahr 2003 in Deutschland erschienen sind. Jeder kann Vorschläge einreichen, Eigenbe- werbungen sind möglich. Einsendeschluss ist der 30.04.2004. Die Auszeichnung ist undotiert. Die öffentliche Preisverleihung findet im Juni 2004 in Berlin statt.

Jury: , MdB, Vorsitzende der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestags „Kultur in Deutschland“, Ernst Elitz, Intendant DeutschlandRadio, Prof. Dr. Max Fuchs, Vorsitzender des Deutschen Kulturrates, Theo Geißler, He- rausgeber politik und kultur, Herausgeber der neuen musikzeitung, Olaf Zimmer- mann, Herausgeber politik und kultur, Geschäftsführer des Deutschen Kulturrates

Vorschläge bitte bis zum 30.04.2004 senden an: politik und kultur, Zeitung des Deutschen Kulturrates, Chausseestraße 103, 10115 Berlin

politik und kultur 01/04 Seite 2 HKS 47 schwarz DASEINSVORSORGE politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 3

Kultur als Daseinsvorsorge? Einige grundsätzliche Überlegungen aus aktuellem Anlass • Von Max Fuchs

Der aktuelle Anlass, der in der Über- le Aufgabe und Funktion des Kultur- Zuständigkeitsbereich der Daseins- Forsthoff spricht dabei davon, ropa zu berücksichtigen sind. Das schrift angesprochen wird, ist der bereichs darin besteht, die Legitimi- vorsorge. Man hat es hierbei mit ei- dass die Grundrechte und über- Spektrum reicht von zentralisti- Konsultationsprozess, den die Kom- tät einer Allzuständigkeit der Öko- ner wichtigen Begründungslinie ei- haupt die politische Steuerung des schen staatlichen Monopolbetrie- mission der Europäischen Union mit nomie für alle Fragen des Daseins (!) ner öffentlichen Kulturpolitik zu Staates in den Hintergrund rücke ben in Frankreich über plurale und dem „Grünbuch zu Dienstleistungen zu überprüfen, unter die man nun- tun, so wie sie insbesondere in den und nunmehr die Verwaltung oft kommunal verankerte Anbieter- von allgemeinem Interesse“ vom mehr selbst subsumiert wird. Hier 70er-Jahren entwickelt wurde und Hauptakteur wird. In den Hinter- strukturen in Deutschland bis zu 21.05.2003 begonnen hat. Alle Ver- rächt sich offenbar der starke und wie sie sich auch im internationalen grund treten individuelle Freiheits- wirtschaftsliberalen Strukturen in bände und Institutionen, die sich von zum Teil bis heute anhaltende Trend Diskurs bis heute behauptet. Es rechte zu Gunsten der Betonung der Großbritannien. dieser Fragestellung angesprochen der 90er-Jahre, in der These von der lohnt also eine nähere Betrachtung Gemeinschaft, des Allgemeinen. Der Eine weitere Grundsatzdiskussi- fühlen, sind eingeladen, ihre Sicht- „Kultur als Wirtschafts- und Stand- dieses zunächst sympathischen und (liberal-bürgerliche) Rechtsstaat, on im Umgang mit der Daseinsvor- weisen, Informationen und Vorschlä- ortfaktor“ eine vermeintlich über- nützlichen Konzeptes. der das Individuum mit seinen sorge ist die Reflexion der Tragweite ge einzubringen. Auch der Deutsche zeugendere Legitimität für öffentli- Der Begriff der „Daseinsvorsor- Schutzrechten gegenüber dem Staat des Marktes. Denn ein Teil der Legi- Kulturrat als Teil der Zivilgesell- che Förderung gewinnen zu wollen ge“ geht zurück auf den Staats- und in den Mittelpunkt stellt, gerät in ein timation einer öffentlichen Einmi- schaft hat als erste Reaktion am und dabei die Reflexion genuiner Verfassungsrechtler Ernst Forsthoff, Spannungsverhältnis zu einem so schung in die Grundversorgung 25.09.03 ein erstes Positionspapier Aufgaben und Funktionen des Kul- ein Schüler des berühmt-berüchtig- verstandenen Sozialstaat, bei dem wird mit Marktversagen begründet – unter dem Motto „Schutz der kultu- turbereichs zu vernachlässigen. ten Carl Schmitt, der zurzeit mit sei- die Gemeinschaft zentral ist – ein und steht so im Widerspruch zu der rellen Vielfalt muss im Vordergrund Im Folgenden will ich – aller- nem Schüler Leo Strauss als mögli- Spannungsverhältnis, das bis heute Mainstream-Lehre des Neoliberalis- stehen“ siehe hierzu puk 5/2003 dings eher impulshaft als ausführ- cher Vordenker für die neokonserva- die unterschiedlichen Staatszielbe- mus, so wie er auch der Binnen- verabschiedet und der Kommission lich – einige grundsätzliche Überle- tive und aggressive US-Außen- und stimmungen im Grundgesetz beein- marktidee und der Wettbewerbsord- zugeleitet. gungen anstellen, die von den 30 Kriegspolitik zu neuer Publizität ge- flusst. nung der EU zu Grunde liegt. Die EU Fragen des „Grünbuchs“ angeregt kommen ist. Nach Vorarbeiten ist es Für die Kulturpolitik ist diese bekennt sich in ihren Gründungsdo- unmehr sind die 30 konkreten werden und die man daher zur das Buch „Die Verwaltung als Leis- Spannung dort relevant, wo sie sich kumenten (vor allem Verträge von NFragen des „Grünbuchs“ zu be- Überprüfung und Präzisierung des tungsträger“, das 1938 von Forsthoff entscheiden muss, ob sie eher im Maastricht und Amsterdam) zudem antworten, die von der Definition eigenen kulturpolitischen Konzep- (!) publiziert wurde. Es gibt einige Rechtsstaats- oder im Sozialstaats- zu einem „europäischen Gesell- dieses bislang noch unklaren Be- tes nutzen könnte. Als Einstieg taugt Hinweise darauf, dass Äußerungen gebot (oder in einem noch einzu- schaftsmodell“, zu dessen Kern eine griffs „Dienstleistung von allgemei- der in den oben erwähnten „Mittei- sowohl von Karl Jaspers als auch die bringenden „Kulturstaatsgebot“) ih- Orientierung am Gemeinwohl ge- nem Interesse“ über die Frage nach lungen“ der Kommission verwende- Arbeiten von Heidegger diese Wort- ren verfassungsmäßigen Grund fin- hört (so steht es unter anderem in der Notwendigkeit einer allgemei- te Begriff der Daseinsvorsorge für wahl mit beeinflusst haben könn- det. Als systematische Fragen an die der „Mitteilung zur Daseinsvorsor- nen – und dann auch verbindlichen die deutschen Fassung des „Grün- ten. Das hat jedoch eher mit dem konzeptionelle Grundlegung der ge“ im Jahre 1996). Ökonomisches – Rahmenrichtlinie bis zur Entwick- buchs“ nicht mehr. Die Stellungnah- damaligen Zeitgeist zu tun, der ein Kulturpolitik ergeben sich hieraus, Wachstum, aber auch „soziale und lungspolitik reichen. Möglicherwei- me der kommunalen Spitzenver- solches Vokabular nahe legte. Eine wie man mit dieser rechtskonserva- territoriale Kohärenz“ sind erklärte se hätte man vor einigen Jahren bände zu dem Grünbuch vermeidet inhaltliche Verwandtschaft in der tiven Aufladung des Begriffs der Da- Ziele der europäischen Integration. noch sehr zögerlich auf diese Fragen diesen Begriff. Aus dem Bereich der Vorstellung der spezifischen Rolle seinsvorsorge, dem damit verbun- Entsprechend hoch ist die Bewer- reagiert. Denn ganz offensichtlich Wohlfahrtsverbände gibt es sogar des Staates und vor allem seiner Ver- denen paternalistischen Bild von tung der „Dienstleistungen im öf- geht es zunächst um völlig andere den (weitergehenden) Vorschlag, waltung gibt es allerdings mit dem Staat, der geringen Relevanz des fentlichen Interesse“, weil man – zu Bereiche als Kultur, bei denen nun- Recht – in diesen die Realisierung ei- mehr der Markt eventuell liberali- ner Art „europäischen Sozialstaats- siert und dereguliert werden soll – gebotes“ sieht. Daher hat man ihren Stichworte sind Binnenmarkt und Schutz mit einem neuen Artikel Wettbewerbsrecht: Es geht um Was- (Artikel 16) im EG-Vertrag formu- ser und um Energie, um die Post, liert, wobei man für diese Dienst- das öffentliche Verkehrssystem und leistungen sogar das ansonsten um die Finanzdienstleistungen von hochheilige Wettbewerbsrecht ab- Sparkassen. Es wird die Frage ge- mildern will. Soll „Kultur“ dazu ge- stellt, inwieweit in diesen Feldern hören, muss sie sich also an den Kri- der europäische Binnenmarkt mit terien der europäischen Gemein- allen Konsequenzen – also unter wohldefinition messen lassen: anderem Verlust von „Beihilfen“ • Kontinuität und Versorgungssi- (das sind zum Beispiel Subventio- cherheit, nen der öffentlichen Hand, aber • flächendeckende Grundversor- auch Steuervergünstigungen) – gung und Festlegung von Quali- durchgesetzt werden soll. tätsstandards, Hellhörig wäre man vielleicht • Erschwinglichkeit, dann geworden, wenn man die Ge- • Nutzer- und Verbraucherschutz. sundheits- und Sozialleistungen im Es wird interessant sein, diese – für „Grünbuch“ gefunden hätte. Zudem Energie- oder Wasserversorgung wird gleich am Anfang des „Grün- leicht einsichtigen – Kriterien an buchs“ (Ziffer 8) explizit der Rund- den Kulturbereich anzulegen. funk erwähnt, so dass man sich in Die Schwierigkeiten sind mit der Medienpolitik und damit im Ar- denen vergleichbar, Kriterien des beitsbereich des Deutschen Kultur- Sozialstaatsgebotes (zum Beispiel rates befindet. Und immerhin Verteilungsgerechtigkeit) im Kultur- taucht recht oft der Begriff des „Ge- bereich zu realisieren. Daher ist die meinwohls“ auf, bei dem man sich – auch im Kulturbereich hoch favo- nun doch definitiv angesprochen risierte – Lösung, ein neues Staats- fühlt. Heute gibt es dieses seinerzeit ziel „Kultur“ in das Grundgesetz ein- mögliche Zögern schon längst nicht Kunst als Kulturgut und als Ware: Ein Blick in die Messehallen der art cologne 2003 in Köln Foto: art cologne zubringen, verständlich. Doch so mehr. Denn inzwischen gibt es zwei groß die Unterstützung in der Szene Präzisierungen dessen, was die statt von „Daseinsvorsorge“ von Nationalsozialismus. Geistesge- Einzelnen und seiner Grundrechte ist: Bei Verfassungs- und Staats- Kommission unter „Dienstleistun- „Solidardiensten im öffentlichen In- schichtlich wird zum einen auf die umgehen will, angesichts des indivi- rechtlern gibt es nur eine Minder- gen von allgemeinem Interesse“ ver- teresse“ zu sprechen. Immerhin er- hohe Bedeutung des Staates in der duellen Charakters des Kunstum- heit, die dies unterstützt. Es lohnt al- steht, nämlich die beiden „Mittei- freut sich der Begriff in der Alltags- deutschen idealistischen Philoso- gangs. so auch hier ein Blick auf das Prob- lungen zu Leistungen der Daseins- praxis der Kommunen und in der phie am Anfang des 19. Jahrhun- Neben dem Einzelnen wird die lem. vorsorge“ aus den Jahren 1996 und Wissenschaft großer Beliebtheit. derts (Hegel, Fichte) Bezug genom- Gesellschaft in einem Spannungs- Eigentlich müsste der Begriff des 2000. Spätestens bei diesem Begriff Das ist verständlich, denn „Sorge“ men. Realgeschichtlich ist es die In- verhältnis zum Staat gesehen. Auch „Kulturstaates“ ebenso suspekt sein der „Daseinsvorsorge“, – unter dem und „Vorsorge“ für das „Dasein“ des dustrialisierung in der zweiten Hälf- dieser Gedanke geht auf die Rechts- wie der der „Kulturhoheit“. All dies ganz selbstverständlich vor allem Menschen entsprechen auf den ers- te des 19. Jahrhunderts, die in ihren philosophie von Hegel zurück. An- erinnert doch fatal an eine Staats- auf kommunaler Ebene Kultur mit- ten Blick einer fürsorglichen Hal- verheerenden sozialen Auswirkun- gesichts der aktuellen Diskussion kultur, wie sie einer Demokratie we- verhandelt wird –, ist unsere Zustän- tung eines Gemeinwesens, dem es gen reflektiert wird. Es handelt sich über die Bürgergesellschaft, über die nig angemessen wäre. Trotzdem er- digkeit offensichtlich. Außerdem nicht gleichgültig ist, wie es um die um eine Kapitalismus- (und Libera- Rolle der politischen Mitsteuerung freuen sich beide Begriffe großer Be- sind wir seit einiger Zeit sehr ener- Ärmsten bestellt ist. Der Bedeu- lismus-)Kritik von rechts. Auf den durch die Zivilgesellschaft, über liebtheit. Unterstützung erfährt die gisch in die GATS-Verhandlungen tungskontext ist also offensichtlich Zerfall sozialer Unterstützungsräu- neue Konzepte staatlicher Steue- Forderung nach einem neuen der Welthandelsorganisation WTO „Solidarität“ (als wechselseitige Hil- me im Zuge der Industrialisierung rung insgesamt („good governance“, Staatsziel „Kultur“ durch renom- involviert und von daher inzwischen fe in Notlagen), man befindet sich muss nun der Staat und vor allem New Public Management) scheint es mierte Staatsrechtler wie Peter Hä- daran gewöhnt, dass Kultur im in- im Bereich des Wohlfahrtsstaates die Verwaltung reagieren, so dass nicht so leicht, gegen die histori- berle. Andere sehen zwar keine qua- ternationalen Sprachgebrauch des beziehungsweise des Sozialstaatsge- der Staat seine genuine Aufgabe der sche, staatszentrierte Semantik ei- litative Veränderung bei Einfügung Handels- und Wettbewerbsrechts als botes des Grundgesetzes, bei dem es Wahrung innerer Sicherheit und nes zunächst sympathischen Be- eines solchen Zieles in die Verfas- „Dienstleistung“ fungiert. darum geht, eine Art „Grundversor- Ordnung („Polizey“) ergänzen muss griffs ein zeitgemäßes Verständnis sung, da sich ein verfassungsrechtli- Man kann dies durchaus als ers- gung“ bei lebensnotwendigen (öf- um die Aufgabe, Leistungen bereit- der Rolle von Staat, Markt und drit- cher Kulturauftrag bereits jetzt aus te Niederlage des Kulturbereichs be- fentlichen) Gütern wie Wasser und zustellen. In dieser Hinsicht ordnet tem Sektor auf der Basis dieses Be- einschlägigen Artikeln (etwa Artikel trachten, nunmehr Kulturpolitik in Energie, aber eben auch im Bereich sich diese Behandlung der „sozialen griffs zu entwickeln. 5, aber auch Artikel 1 – Menschen- einer ökonomisch-rechtlichen Spra- der medizinischen und Sozialhilfe Frage“ durchaus in Tendenzen der Auch der weniger problemati- würde) beziehungsweise durch eine che verhandeln zu müssen und da- sicherzustellen. katholischen Soziallehre, der Sozial- sche EU-Begriff der „Dienstleistun- weite Deutung des Artikel 20 unter- bei versuchen zu müssen, irgendwie Diese Rhetorik wird auch im Kul- demokratie und der Aktivitäten Bis- gen im öffentlichen Interesse“ führt stützt durch entsprechende Urteile das eigene Anliegen in die fachfrem- turbereich bemüht: Kultur gehöre zu marcks ein. Wichtiger Bezugsautor zu solchen Fragen, da sehr unter- de Terminologie einzupassen. Eine den lebenswichtigen (Grund-)Ver- ist der Sozialstaatstheoretiker Lo- schiedliche nationale Traditionen Weiter auf Seite 4 Niederlage ist dies, weil eine zentra- sorgungsgütern und damit in den renz von Stein. bei solchen Dienstleistungen in Eu-

politik und kultur 01/04 Seite 3 HKS 47 schwarz DASEINSVORSORGE politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 4

Fortsetzung von Seite 3 bendigen Kulturentwicklung in der ne einheitliche Normenbasis („Kul- vorsorge“, und dies im Rahmen ei- Zu Ernst Forsthoff: Gesellschaft und auch nicht mit tur“) – etwa über das Bildungssys- nes „Kulturstaates“, verwendet. Ge- Forsthoff, E.(Hg.): Rechtsstaatlichkeit und Sozi- dem Kulturbegriff einer zeitgemä- tem – in der Gesellschaft vorhanden fragt ist also eine demokratisch- alstaatlichkeit. Darmstadt: WBG 1968. Kultur als ßen Kulturpolitik deckt. Die Staats- ist. Es ist der starke Staat, der eine theoretische Legitimation, bei der Forsthoff, E.: Der Staat der Industriegesell- Daseinsvorsorge? rechtlehrer waren sich daher zwar sittliche Vergemeinschaftung über eine öffentliche Kulturförderung ge- schaft. München: Beck 1971. kaum einig über den Nutzen einer Kultur von oben betreibt. Dieser An- tragen wird von der Überzeugung Scheidemann, D.: Der Begriff Daseinsvorsorge. des Bundesverfassungsgerichts he- solchen Verfassungsergänzung, satz war übrigens auch in den 20er- der Menschen in den Wert der Küns- Göttingen 1991. rauslesen lasse, sprechen aber von schienen aber alle Einvernehmen in Jahren des 20. Jahrhunderts Basis ei- te und der Kultur. Damit dies aber Zur Kulturstaatsklausel: einer durchaus positiv zu wertenden der Ablehnung des für Verfassungs- nes (schnell gescheiterten) Ver- geschehen kann, müssen alle Ver- Geis, M.-E.: Kulturstaat und kulturelle Freiheit. „appellativen Bedeutung“ (Dieter zwecke untauglichen Kulturver- suchs, eine entsprechende „Kultur- einnahmungen des Kulturellen Baden-Baden: Nomos 1990. Grimm). ständnis der Kulturpolitik zu haben pädagogik“ als Sittenschulung der durch die Ökonomie vermieden Steiner, U./Grimm, D.: Kulturauftrag im Staatli- Ein Höhepunkt in der Auseinan- (zu dynamisch und zu stark Moden Lehrerinnen und Lehrer verbindlich werden. Daher sind überzeugende chen Gemeinwesen. VVDSfRL 42. Berlin/New dersetzung um eine Kulturstaats- unterworfen). zu etablieren –, ein Intermezzo, an Anworten auf die Fragen des „Grün- York: de Gruyter 1984. klausel war die Tagung der Vereini- Man hat in den 90er-Jahren im- dem bis heute das Arbeitsfeld „Kul- buchs“ notwendig. Zur Begründung von Kulturpolitik: gung der Deutschen Staatsrechtleh- mer wieder im kulturpolitisch-theo- turpädagogik“ im akademischen Fuchs, M.: Kulturpolitik als gesellschaftliche rer im Jahre 1983, bei der nahezu al- retischen Diskurs (zum Beispiel Al- Diskurs zu leiden hat. Der Verfasser ist Vorsitzender des Aufgabe. Eine Einführung in Theorie, Geschich- le einschlägigen Fachleute das Wort brecht Göschel) auf diesen Versuch Für die Kulturpolitik wird es da- Deutschen Kulturrates te, Praxis. Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher ergriffen. Bei der Lektüre der Dis- einer normativen Ergänzung des So- her unvermeidbar sein, ihre eigene Verlag 1998. kussionsbeiträge wird schnell klar, zial- und Rechtsstaatsprinzips hin- Relevanz durch ihre spezifischen Literaturhinweise Göschel, A.: Die Ungleichzeitigkeit in der Kultur. dass die Befürworter einer solchen gewiesen und gezeigt, welche Impli- Leistungen für den Einzelnen und zur Daseinsvorsorge: Wandel des Kulturbegriffs in vier Generationen, Klausel an eine normative Anreiche- kationen dies für ein dazu passen- die Gesellschaft nachzuweisen. Da- Stuttgart usw.: Kohlhammer 1991. rung der Verfassung im Sinne des des Verständnis von Kunst hätte zu wird man sich zu gesellschaftli- Cox, H. (Hg.): Daseinsvorsorge und öffentliche Göschel, A.: Gemeinsinn, Kunst und Pluralität. idealistischen Kulturverständnisses (Kunst als Transportmedium von chen (sozialen, ökonomischen, poli- Dienstleistungen in der Europäischen Union. In: Mitteilungen aus der kulturwissenschaftli- denken: Kultur als Weltdeutung, als Werten und Normen), was kaum tischen) Entwicklungen in Bezie- Zum Widerstreit zwischen freiem Wettbewerb chen Forschung 37/1996. Sinnstiftung, als Wertbegründung dem aktuellen Nachdenken über hung setzen müssen, dazu wird man und Allgemeininteresse. Baden-Baden: Nomos Zur EU und ihrer Geschichte: zum Zwecke der Integration des Ein- Kunst entspricht. Aus diesem Grund mehr als bisher darüber nachden- 2000. Brunn, G.: Die Europäische Einigung. Stuttgart: zelnen und der Schaffung einer ge- war man eher skeptisch gegenüber ken müssen, welches Kulturangebot Gröttrup, H.: Die kommunale Leistungsverwal- Reclam 2002. meinsamen (nationalen) Identität. solchen Versuchen einer Kulturpoli- für welche Gruppe welche Bedeu- tung. Stuttgart: Kohlhammer 1976. Das „Grünbuch“ und die „Mitteilung“ gibt es Historisch war genau dies der Weg tikbegründung. tung haben kann, welche Vorstellun- Harms, J./Reichard, Chr. (Hg.): Die Ökonomi- auf der Homepage der EU. zu Beginn des 19. Jahrhunderts, als Auch historisch findet man eher gen von „Staat“ und seiner unter- sierung des öffentlichen Sektors: Instrumente eine nationale kulturelle Identität Gründe, skeptisch gegenüber dem stützenden Rolle man hat. Insbe- und Trends. Baden-Baden: Nomos 2003. als Ersatz für eine fehlende politisch Kulturstaatsziel zu sein. Denn es hat sondere sind Spannungen oder gar Hösch, U.: Die kommunale Wirtschaftstätigkeit. Integration herhalten musste. Da- dieselben rechtskonservativen Hin- Widersprüche zur Kenntnis zu neh- Tübingen: Mohr 2000. mit wird aber deutlich, dass dieser – tergründe wie das Konzept der Da- men, wenn man allzu schnell Legiti- Schwarze, J. (Hg.): Daseinsvorsorge im Lichte offenbar als einziger justiziabler – seinsvorsorge: Der Staat als das Sitt- mationsformeln wie „Kultur als des Wettbewerbsrechts. Baden-Baden: Nomos English translation page 5 Kulturbegriff sich nicht mit der le- lich-Allgemeine sorgt dafür, dass ei- Wirtschaftsfaktor“ oder „Daseins- 2001.

Kulturförderung in Berlin im Begründungsnotstand Die Kultureinrichtungen sind gefordert: Konsistente Konzepte müssen her • Von Olaf Zimmermann

Das Land Nordrhein-Westfalen mach- Leben“, doch wird eine Verpflich- verfassungsrechtlichen Vorgaben für das Land Berlin in der Kulturförde- me der Finanzierung der Akademie te den Auftakt. In einem Hinter- tung, den Zugang zu Kultureinrich- die Kulturförderung im Freistaat rung besonders schwere Aufgaben der Künste und der Betriebskosten grundgespräch kündigte Kulturmi- tungen zu ermöglichen und deshalb Bayern. Dort wird in Artikel 140 der zu schultern hat. Beide Teile der für den Hamburger Bahnhof durch nister Vesper Anfang Oktober dieses ein Mindestmaß an kultureller Infra- Verfassung festgelegt: „Kunst und Stadt, Ost- wie Westberlin, waren für den Bund im Tausch zur Errichtung Jahres an, zunächst alle Projektför- struktur zur Verfügung zu halten, Wissenschaft sind von Staat und Ge- die jeweiligen Teilstaaten das Aus- der Opernstiftung mit einer Morgen- derungen im Kulturbereich auf null gabe von drei Millionen Euro nur der zu stellen, um dann anschließend berühmte Tropfen auf den heißen einzelne Fördermaßnahmen erneut Stein. zu begründen. Den Aufschrei in der Es wird vielmehr erforderlich Kulturszene versucht er mit dem Hin- sein, inhaltliche und gesetzliche Be- weis zu beruhigen, dass das „Auf- gründungen zur Förderung der Kul- Null-Stellen“ lediglich ein Fachbe- tur nicht nur für Berlin zu liefern. griff aus dem Haushaltsrecht sei und Der verfassungsrechtlich garantierte selbstverständlich am Ende von Ein- allgemeine Zugang zu Bildung zelverhandlungen weiterhin Kultur- könnte eine solche Begründung einrichtungen und -initiativen geför- sein. Kultureinrichtungen sind nicht dert werden, sofern diese Förderung l‘art pour l‘art. Kultureinrichtungen ausreichend begründet werden nehmen auch einen Bildungsauftrag kann. wahr. Manche erfüllen diesen in ge- radezu exemplarischer Weise ohne amit war der Ton angestimmt, Berührungsängste gegenüber dem Dder nun die Diskussion um die Publikum, andere werden an dieser Kulturförderung in den Ländern be- Stelle noch nachlegen müssen. Da gleitet. In Berlin klingt das öffentli- die kulturelle Bildung von Kindern che Streichkonzert besonders und Jugendlichen zusätzlich bun- schrill: Der Haushalt ist schlicht ver- desgesetzlich durch das Kinder- und fassungswidrig. Ein Umstand, der Jugendhilfegesetz geregelt ist, bietet dem als Sparkommissar berühmt- sich hier ein Begründungsstrang an, berüchtigten Finanzsenator ganz zu der von den betreffenden Kulturein- pass kommen mag. Nur noch den richtungen aber inhaltlich fundiert Pflichtaufgaben wird nachgekom- gefüllt werden muss. Es wird nicht men, alle freiwilligen Leistungen helfen, aus der Not einige Angebote werden auf das Mindestmaß herun- für Kinder und Jugendliche ins Le- tergefahren. ben zu rufen. Es muss dahinter ein Erstaunlicherweise ist der Kul- konsistentes Konzept stehen. turbereich auf die jetzigen und die Genau dieses, eine inhaltliche noch anstehenden Einsparungen Bestimmung nach dem Auftrag der erschreckend schlecht vorbereitet. Kultureinrichtungen, eine daran an- Zu lange scheint man sich auf die knüpfende qualitative Beschreibung Position zurückgezogen zu haben, und letztlich eine Festlegung, ob dass es einen allgemeinen Konsens diese Aufgabe durch die öffentliche zur Kulturförderung gibt. Besucher vor dem Konzerthaus am Gendarmenmarkt Berlin: Auch bei schwächelnder Wirtschaft scheint die Nachfrage nach Kultur Hand oder privat gefördert werden In den vergangenen fünf Jahren ungebrochen Foto: young euro classics sollte, wird die Aufgabe der Zukunft wurde zwischen dem Bund und den sein. Kulturförderung muss neu be- Ländern mehr darüber gestritten, nicht eingegangen. Demgegenüber meinde zu fördern. Das kulturelle hängeschild im Kulturbereich. Der gründet und gesetzlich fixiert wer- ob der Bund überhaupt im Kultur- wird in der Verfassung ein deutlicher Leben und der Sport sind von Staat Kulturbereich wurde auf einem ver- den. Das einzig Bedauerliche an die- bereich fördern darf, als dass sich Akzent auf den Zugang zu Bildung und Gemeinden zu fördern“. gleichsweise hohen Niveau geför- sem Begründungsnotstand ist, dass Gedanken darüber gemacht wur- oder Sport gelegt. So steht in Artikel In Berlin wird es also schwierig dert. Durch den Aufbau von Doppel- die Diskussion nicht nur in Berlin den, die Kulturförderung des Bun- 20 § 1: „Jeder Mensch hat das Recht werden, aus den verfassungsrechtli- strukturen über 40 Jahre, das Erbe unter dem Fallbeil der knappen öf- des, der Länder und Kommunen als auf Bildung. Das Land ermöglicht chen Vorgaben zum Schutz des kul- Preußens, die Hauptstadtfunktion fentlichen Kassen geführt werden solche fundiert zu begründen. und fördert nach Maßgabe der Ge- turellen Lebens eine Pflicht zur Kul- seit Anfang der 90er-Jahre, eine rela- muss. Betrachtet man die verfassungs- setze den Zugang eines jeden Men- turförderung abzuleiten. Einfacher tiv geringe Wirtschaftskraft und die rechtlichen Grundlagen zur Kultur- schen zu den öffentlichen Bildungs- wird es sein, den deutsch-deutschen spezifische Situation eines Stadt- Der Verfasser ist Geschäftsführer förderung so ist das Eis in einigen einrichtungen (...)“ oder in Artikel Einigungsvertrag heranzuziehen, staates steht Berlin vor einer Gemen- des Deutscher Kulturrates und Mit- Ländern relativ dünn, dieses gilt in 32: „Sport ist ein förderungswürdi- der besagt, dass die kulturelle Sub- gelage in der Kulturförderung, die ei- glied der Enquete-Kommission des besonderem Maß für Berlin. In Arti- ger und schützenswerter Teil des Le- stanz im Beitrittsgebiet, also den nem gordischen Knoten gleicht, der Deutschen Bundestages „Kultur in kel 20 § 2 der Berliner Verfassung ist bens. Die Teilnahme am Sport ist al- neuen Ländern und Ost-Berlin, kei- bis heute noch nicht durchschlagen Deutschland“ zwar nachzulesen: „Das Land len Bevölkerungsgruppen zu er- nen Schaden nehmen darf. Es ist werden konnte. So ist auch die kürz- schützt und fördert das kulturelle möglichen.“ Ganz anders lauten die nicht von der Hand zu weisen, dass lich zusätzlich zugesagte Übernah-

politik und kultur 01/04 Seite 4 HKS 47 schwarz ENGLISH SUPPLEMENT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 5

Human dignity and altruism as a cultural heritage Dimensions of bioethical discussions • By Wolfgang Huber

The hard-won compromise on have been incompatible with human being is due to God creating dignity where people are seen as that one is prepared to accept the embryonic stem cell research, as German law. And, in its own way, us in His own image. A human self-determined and an end in need to kill human embryos to embodied in the 2002 German law the United Nations recent failure to being‘s dignity comes from God themselves; it equally values res- collect stem cells, human life is on stem cell research, only tem- reach agreement on an internatio- allowing him to participate in His pect for the other and altruism. It being instumentalised in a way porarily dampened interest in nal convention to forbid cloning own justice. A person is more than would be a fundamental break in beyond any ethical justification. bioethical issues. Now, the surpri- highlights how it has, as yet, proven he or she makes of him or herself. our cultural heritage to only ackno- The human embryo‘s dignity and sing step taken by German Federal impossible to bridge the funda- Even if we entirely decipher every wledge and respect one of these two right to live, its due from the very Minster of Justice, , mental ethical differences existing last detail in the human genetic poles, represented by Athens and start, even if created outside the of wanting to remove embryos from on the international level. code, we will still not have grasped Jerusalem, the Greco-Roman classi- womb, are subsumed under parti- the safeguarding clause of human This all goes to show that, in the the person as a human being. He cal world and Judaic-Christian reli- cular research interests and judged dignity has rekindled the core con- bioethical debate, greater attention can neither be equated with his gion. Both should also find their to be of lesser worth. cern of the debate. If human dignity needs to be given to the cultural deeds nor his misdeeds. The invio- place in making contemporary In the current bioethical debate, does not apply to embryos, the door dimension in the national und lability of a human being‘s dignity decisions, and indeed especially in it is crucial to resist those trends is opened to allow ‚consuming international context. First and rests solely on God‘s mercy. such instances. leading towards a relativising of embryonic research‘. This will then foremost, this consists of the rea- Human dignity imposes a duty The commandment to love our human dignity and the right to life – logically lead to permitting cloning diness among all sides to engage in not to instrumentalise human life neighbour is directed towards hel- especially in the period where life for research purposes and pre- a critical debate with their own as a whole, never utilising the ping others in need, and this also begins and ends. We need to bear in implantation genetic diagnosis – understanding of what a human human being solely as a means means curing illnesses and relie- mind that, when we consider our even if the Minister has not actually being is. In this dispute, the directed to an end foreign to him- ving suffering. Stem cell research, understanding of what it is to be drawn these consequences herself. Protestant Church in self. Hence, whoever respects the particularly, is intimately linked human, there is a lot at stake – in But the issues around embryo- (EKD), for its part, has always taken non-utilisable nature of human dig- with considerable hopes of finding the final analysis, our own cultural nic and stem cell research are not a clear and unequivocal stand, nity will therefore also treat with a cure for illnesses, with a key impe- heritage. only back at the top of the agenda advocating an understanding of care and respect those stages of tus in research powered by the pro- for current debate in Germany. human beings where human digni- human life where human beings as spect of developing new therapies. The author is the Chairman of They are similarly considered pres- ty is not simply a quality that people people do not yet enjoy the possibi- From the Christian perspective, this the Protestant Church in sing concerns in the USA and the have, a result of their genetic make- lity of determining their own use of aim is, in ethical terms, as legitima- German (EKD) and Bishop – and the up or their own agency. A human their freedom, or can no longer te as it is desirable. of Berlin-Brandenburg European Parliament‘s resolution being does not ascribe human dig- enjoy it, or only to a limited degree - But even striving for an impo- on 19 November 2003 shows how nity to himself, nor is it simply ack- and this applies just as much in the sing goal does not justify using far some are prepared to go. It nowledged by others; it derives various stages of prenatal life as in every means to reach it, and promi- required considerable efforts in the neither from being initially ascribed cases of disability, illness and age. ses of therapeutic applications do EU Council of Ministers negotiati- by state instances, nor is it rooted in However, our cultural and reli- not justify every kind of research. ons on 26 November 2003 to pre- how we read culture. gious tradition is not directed solely Where interest in human embryo- Deutscher Text auf Seite 1 vent a development that would Instead, the dignity of the to that view derived from human nic stem cell research is so great

Culture as a service of general interest? In response to the ongoing debate: Some reflections on underlying principles • By Max Fuchs

The reflections referred to above ha- licly-funded subsidies but also tax In the meantime there are two tional language of trade and com- for that core trend in the 1990s, tra- ve been triggered by a recent event concessions). defining statements of what the Eu- petition rules. ces of which can still be found to- - the consultation process initiated If the Green Paper had dealt with ropean Commission understands This, in itself, may well be regar- day, of conceptualising ‚culture as by the European Commission‘s issues around health and social wel- under ‚services of general interest‘, ded as the cultural sector‘s first lost an economic and locational factor‘, Green Paper on Services of General fare provision, we might have felt given in the 1996 and 2000 ‚Com- battle: one has to negotiate cultural allegedly in an effort to generate Interest from 21.05.2003. All asso- ourselves to be the specifically in- munications on the Provision of policy in future in the language of more convincing reasons for state ciations and institutions that feel tended audience. Nonetheless, it Services of General Interest‘. And economics and law, attempting so- aid funding. In doing so, though, themselves addressed by these con- this approach neglected to evolve cerns are invited to present their any ideas around the cultural sec- own views and suggestions, toge- tor‘s genuine tasks and functions. ther with any information they con- In the following I intend to pre- sider pertinent. The German Cultu- sent some reflections on the under- ral Council too, as a part of civil so- lying principles suggested by the ciety, set out its initial reaction in a Green Paper‘s 30 questions – admit- first Position Paper on 25.09.03 en- tedly, more as an input than in de- titled “Safeguarding cultural diversi- tail – , which would then be availa- ty has to be a primary planning ble to monitor and further refine goal!” and sent this to the Commis- concepts of cultural policy. To begin sion. with, the German version of the Green Paper does not contain (any ow answers are being sought to longer) the controversial German Nthe 30 concrete questions rai- term for ‚services of general inte- sed by the Green Paper. These issu- rest‘ (Daseinsvorsorge), although es range from how to define the pre- this still appears in both the Com- viously imprecise term ‚services of mission‘s Communications men- general interest‘ to whether it is es- tioned above. The position taken by sential to have a general – and hen- the umbrella organisations for local ce also binding – framework directi- bodies on the Green Book avoids ve, and even include development ‚Daseinsvorsorge‘ completely, while policy concerns. Quite possibly a welfare organisations have made few years ago one might have hes- the (more radical) suggestion of itated to reply to such questions, using ‚solidarity services in the pub- since they appear tangential to the lic interest‘ instead. The latter term cultural arena. Instead, they seem is, at least, extremely popular in primarily directed towards a totally academic circles and in everyday different goal, concerning areas work on the local level. This is not where moves might well be initiated surprising since, at first glance, the to liberalise and deregulate mar- Arts as an economic factor: At the art cologne, an international audience shows a commercial interest in the exhibits of more than notion of ‚caring‘ (Sorge) and ‚provi- kets. In other words, they appear to 260 galleries in 2003 Foto: art cologne sion‘ (Vorsorge) for people‘s exis- apply to a context where, for exam- tence (Da sein) correlates strongly ple, terms such as domestic market does explicitly mention public when the term ‚services of general mehow to present one‘s own con- with a caring attitude in the body and competition rules would spring broadcasting very early on (Article interest‘ enters debate – covering, cerns in a specialist terminology de- politic, suggesting it is not indiffe- to mind, and the core concerns fo- 8), leading us right to concerns at quite as a matter of course, culture rived from a different area. It repre- rent to the fate of the poorest in that cus on water and energy, the postal the heart of media policy, and hence too, principally on the local level – sents a battle lost precisely because community. The contextualised and public transport services, and to those areas concerning the Ger- there is no longer any doubt that we one of the cultural sector‘s core meaning appears to refer to ‚solida- the financial services provided by man Cultural Council‘s work. Fur- are called on to voice our views. tasks and functions consists in rity‘ (as mutual help in times of municipal savings banks. The key thermore, the term ‚public interest‘ Moreover, we have been, for some questioning whether that compre- need), located within the area of the question posed is how far the Euro- keeps cropping up – and at that time, closely involved in the GATS hensive jurisdiction claimed by welfare state, or the welfare state pean internal market should be im- point, at the latest, we do feel direc- negotiations running under WTO economics over all issues affecting principle enshrined in the German plemented in these areas, with all tly addressed. While reluctance to (World Trade Organsiation) auspi- ‚Dasein‘ (!) is indeed legitimate. But constitution, laying out a kind of the consequences this implies – i.e., take a stance on these issues might ces, and this experience has left us from now on, the cultural sector is including the loss of state aids (in- have been possible previously, it has quite used to hearing culture des- to be subsumed under this jurisdic- Continued on page 6 cluding, for example, not only pub- long ceased to be a viable option. cribed as a ‚service‘ in the interna- tion too. Perhaps this is the revenge

politik und kultur 01/04 Seite 5 HKS Grün schwarz ENGLISH SUPPLEMENT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 6

Continued from page 5 in the Basic Law are determined. Culture has its specific The difficulties are comparable wing conservative background as This tension is relevant for cul- achievements for society to realising the criteria contained in the notion of Daseinsvorsorge: the tural policy at those points where it the principle of a welfare state (e.g., state as the moral universal ensu- Culture as a service of has to decide whether it is more A further fundamental debate equitable distribution) in the cultu- ring that a unified normative basis general interest? constitutionally rooted in the con- on principles related to the term of ral sector. Against this background, (‚culture‘) is present in society – for stitutional or welfare state principle Daseinsvorsorge concerns the issue it becomes clear why it has been example, via the educational sys- ‚basic provision‘ in those (public) (or, indeed, in the ‚principle of a of market scope. Legitimising pub- suggested to enshrine the new state tem. This is the model of the strong goods essential for life - not only, for cultural state‘, yet to be introduced lic intervention in basic provision goal of ‚culture‘ in the constitution – state, imposing a moral communa- example, water and energy, but into the discussion). This leads to is, after all, justified in part by ap- a solution also enjoying significant lisation of culture from above. By equally medical and social welfare systematic questions about the pealing to the failure of the market – support in the cultural sector. Yet no the way, even in the 1920s this ap- provision. matter how much this is favoured in proach formed the basis of an at- This rhetoric is also employed in the cultural sphere, it only has mi- tempt (that soon failed) to establish the cultural sector: culture belongs nority support among specialists a corresponding ‚cultural educati- to the (basic) provision of goods vi- for constitutional law. Here, too, it is on‘ as compulsory moral training tal for life, and consequently falls worth taking a moment to consider for teachers – an intermezzo that, under that sphere of responsibility the problem. even today, has left a negative im- covered by Daseinsvorsorge. Here, Actually, the term of ‚cultural pact in academic discourse on the we are dealing with a key line of re- state‘ ought to be just as suspect as cultural education sector. asoning for a publicly-funded cul- that of ‚cultural sovereignty‘. These For these reasons, it will be ab- tural policy, developed specifically terms both awaken unpleasant solutely essential for cultural policy in the 1970s, and still propounded memories of a state culture little to prove its own relevance by refe- in international debate today. It is suited to meeting the benchmarks rence to its specific achievements worth taking a closer look at this of democracy. Nonetheless, both for individuals and society. In addi- concept, which initially appears at- terms are enjoying considerable po- tion, there will be a need to see on- tractive and useful. pularity. Calls for the new state goal eself in the context of societal (soci- of ‚culture‘ have received support al, economic, political) develop- The role of the state from respected specialists in consti- ments, giving more thought to the The term ‚Daseinsvorsorge‘ was in- tutional law, such as Peter Häberle. issue of the significance a particular troduced by Ernst Forsthoff, a spe- Others, however, view enshrining cultural offer might have for a spe- cialist on constitutional and public such a goal in the constitution as in- cific group, and what notion one law, who was a student of the well troducing no qualitative change at has of the ‚state‘ and its supporting known / notorious Carl Schmitt. all, since the constitution already role. In particular, tensions or even The latter, together with his stu- embodies a call to cultural tasks, contradictions need to be acknow- dent, Leo Strauss, has recently co- found in various Articles (for exam- ledged if one too quickly invokes me into the public eye again as a ple, Article 5, and indeed Article 1 – formulas for legitimacy such as ‚cul- possible leading light behind the human dignity), or in a liberal rea- ture as an economic factor ‚ or ‚Da- neo-conservative and aggressive US ding of Article 20, supported by the seinsvorsorge‘, using them within policy on war and foreign affairs. Af- pertinent judgements passed by the the ‚cultural state‘ framework. In ter the ground had been prepared, German Constitutional Court. No- other words, what is needed is a de- Forsthoff published his book ‚Die netheless, those taking this view al- mocratic and theoretical legitimacy Verwaltung als Leistungsträger‘ so mention its ‚appellative signifi- where a publicly funded cultural (The administration as provider of cance‘ (in Dieter Grimm‘s terms), sector would be supported by peo- services) in 1938 (!). There are some regarding this as definitely positive ple‘s conviction in the value of arts indications that his choice of terms in itself. and culture. But for this to happen, could also have been influenced by The 1983 annual conference of all attempts to absorb culture into some of Heidegger‘s writings and the Vereinigung der Deutschen the economic sphere have to be re- statements made by Karl Jaspers. Staatsrechtlehrer (German Public sisted – and for this reason, convin- However, it may quite simply have Law Teachers Association), where cing answers are needed to the reflected the zeitgeist then, attuned speeches were given by nearly all Green Paper‘s questions. to this kind of language. Nonethe- the specialists concerned with this less, the content does reveal a relati- topic, was a highlight in the critical Suggested literature onship to National Socialism, in the debate on a ‚cultural state‘ clause. Daseinsvorsorge: notion of the state‘s specific role Reading the contributions to the Cox, H. (Ed.): Daseinsvorsorge und öffentliche and especially in the state‘s admi- discussion, it quickly became clear Dienstleistungen in der Europäischen Union. nistrative structures. The central that supporters of such a clause had Zum Widerstreit zwischen freiem Wettbewerb idea is introduced in the historical Art as an economic factor: The newly restaurated „Jahrhunderthalle“ in Bochum in mind a normative constitutional und Allgemeininteresse. Baden-Baden: Nomos context of the state‘s primary signi- became the main concert hall for the Festival RuhrTriennale in Nordrhein-West- enrichment in the sense of an idea- 2000. ficance as found in the German falen/Germany.The festival budget is about 41 Mill. Euro Photo: RuhrTriennale listic understanding of culture: cul- Gröttrup, H.: Die kommunale Leistungsverwal- idealist philosophy around the ear- ture as constructing the world, as- tung. Stuttgart: Kohlhammer 1976. ly nineteenth century (Hegel, Fich- conceptual basis underlying cultu- and hence stands opposed to main- cribing meaning, and a foundation Harms, J./Reichard, Chr. (Ed.): Die Ökonomisie- te), while in real historical terms, ral policy, asking how, in view of the stream neo-liberal ideas, which also of values in order to integrate the rung des öffentlichen Sektors: Instrumente und the primary point of reference is in- individual way of dealing with art, infuse the notion of an internal individual and create a common Trends. Baden-Baden: Nomos 2003. dustrialisation between 1850-1900 one intends to treat the term of Da- market and EU competition rules. (national) identity. This was preci- Hösch, U.: Die kommunale Wirtschaftstätigkeit. and its devastating social effects. In seinsvorsorge, laden as it is with a Moreover, in its founding docu- sely the road taken at the start of the Tübingen: Mohr 2000. other words, this is a criticism of ca- right-wing conservative legacy, lin- ments (including the Amsterdam nineteenth century in Germany Schwarze, J. (Ed.): Daseinsvorsorge im Lichte pitalism (and liberalism) from the ked to a paternalistic image of the and Maastricht treaties), the EU when national cultural identity was des Wettbewerbsrechts. Baden-Baden: Nomos right of the political spectrum. As state and the lesser significance of acknowledges a ‚European model of held out as an ersatz for the lack of 2001. the course of industrialisation ero- the individual and their basic rights. society‘ with an orientation toward political integration. Yet here it is Ernst Forsthoff: des social spaces for support, it is In addition to seeing the indivi- public interest lying at its very heart quite apparent that this– seeming Forsthoff, E.(Hg.): Rechtsstaatlichkeit und Sozi- claimed the state and, principally dual-state relationship held in a (clearly indicated in, for example, sole justifiable - notion of culture is alstaatlichkeit. Darmstadt: WBG 1968 the administration, have to react, field of tension, the society-state re- the 1996 Communication on Ser- neither congruent with the current Forsthoff, E.: Der Staat der Industriegesell- whereby the state is forced to ex- lationship is regarded in the same vices of General Interest). The de- cultural development in society, nor schaft. München: Beck 1971. tend its real task of maintaining se- way – a notion also derived from clared goals of European integrati- in line with the notion of culture in Scheidemann, D.: Der Begriff Daseinsvorsorge. curity and order (Polizey), and pro- Hegel‘s philosophy of law. In view of on are not only economic growth contemporary cultural policy. In Göttingen 1991. vide services. To this extent, this tre- the current debate over the Bürger- but equally ‚social and territorial this sense, although the law lectu- The cultural state clause: atment of the ‚social question‘ can gesellschaft, civil society‘s role in cohesion‘. ‚Services in the General rers were hardly in agreement on Geis, M.-E.: Kulturstaat und kulturelle Freiheit. readily be located with trends in Ca- helping to provide political directi- Interest‘ are correspondingly given the use of such a constitutional Baden-Baden: Nomos 1990. tholic social teachings, social de- on, and the range of new concepts considerable prominence because – amendment, they all seemed to ag- Steiner, U./Grimm, D.: Kulturauftrag im Staatli- mocracy, and Bismarck‘s own ap- on state control (good governance, justifiably – they are viewed as reali- ree on rejecting this understanding chen Gemeinwesen. VVDSfRL 42. Berlin - New proach, with the social state theore- new public management), it does sing a kind of ‚European principle of of culture in cultural policy as un- York: de Gruyter 1984. tician Lorenz von Stein as an im- not seem so easy to develop a con- a welfare state‘. It is for this reason suitable for constitutional purposes Establishing a cultural policy: portant point of reference. temporary understanding for the that they are protected under a new (too dynamic and influenced far too Fuchs, M.: Kulturpolitik als gesellschaftliche In his work, Forsthoff discusses role of the state, market and third article (Article 16) in the EU Treaty, much by passing trends). Aufgabe. Eine Einführung in Theorie, Geschich- how basic rights shift into the back- sector in the face of the historical, even under a milder form of the The 1990s saw repeated referen- te, Praxis. Opladen/Wiesbaden: Westdeutscher ground, together with the political state-centred semantic inherent in competition rules that are otherwi- ce (for example, Albrecht Göschel) Verlag 1998. management of the state itself, whi- an initially attractive term taken as se regarded as immutable. If ‚cultu- to this attempt to add a normative Göschel, A.: Die Ungleichzeitigkeit in der Kultur. le the administration comes to take the basis for discussion. re‘ is to belong to this category, it element to the principle of a welfa- Wandel des Kulturbegriffs in vier Generationen, on a central role. Individual rights Even the less problematic EU has to meet the standards set by the re and constitutional state, showing Stuttgart usw.: Kohlhammer 1991. of freedom become of secondary term of ‚services of general interest‘ criteria defining European public what implication this would have Göschel, A.: Gemeinsinn, Kunst und Pluralität. importance, making way for an em- leads to such questions, since when interest: for the concomitant understanding In: Mitteilungen aus der kulturwissenschaftli- phasis on the general and the com- considering such services, very dif- • Continuity and reliability, of art (art as a vehicle for values and chen Forschung 37/1996. munal. The (liberal-civic) constitu- ferent national traditions in Europe • Universal access und standards norms), which hardly fitted in with The EU and its history: tional state, where the core concern need to be taken into account. The for quality, the thoughts on art current at the Brunn, G.: Die Europäische Einigung. Stuttgart: is the individual and rights safe- spectrum ranges from centrally or- • Affordability, time. For this reason, such attempts Reclam 2002. guarding them against state inter- ganised state monopoly industries • Protection for users and consu- to establish a cultural policy tended The Green Paper and the Communications are vention, is drawn into a relationship in France to Germany‘s plural pro- mers. to meet with a degree of scepticism. available on the EU website. of tension with a social state where vider structures, often locally an- It will be interesting to apply In historical terms too, there community is given centrality – a chored, to Britain‘s liberal econo- these criteria – clearly reasonably seem to be more reasons for taking tension that, even until today, in- mic structures. when considering energy or water a sceptical view of culture as a state Deutscher Text auf Seite 3 fluences how the various state goals services – to the cultural sector. goal, since it shares the same right-

politik und kultur 01/04 Seite 6 HKS Grün schwarz ENGLISH SUPPLEMENT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 7

Cultural diversity and trade agreements Recent Developments in Cancún, Paris and Opatija • By Garry Neil

In September 2000, delegates from tion from U.S. imports, Canadian and competition policies raised agency. The vote was not without right of sovereign states to imple- a variety of cultural organizations cultural activists began to consider alarm bells in the cultural sector, drama – a last minute draft resoluti- ment cultural policy and certain from 21 countries met in Santorini, strategies that would go beyond the since both are used in cultural poli- on from the U.S. threatened to wea- states are proposing to expand such Greece at a conference on “The Ar- so-called l‘exception culturelle and cies. With a deadline for the WTO ken and delay any possible treaty. provisions in the context of ongoing tist, Culture and Globalization.” permit states to support their own talks of January 2005, the prospect As this drama unfolded in Paris, negotiations.” They discussed challenges to cultu- artists and producers with measu- that a new cultural convention the fourth annual INCD conference While the concept of a Conven- ral diversity in a globalized world, res that others would consider “bar- could be achieved in time seemed was taking place in Opatija, Croatia. tion on Cultural Diversity has burst agreed to work together under the riers” to free trade. The INCD‘s bleak. But, the developing world fi- This Conference brought together onto the international agenda and banner of the International Network founding conference in Santorini nally stood up to the aggressive more than 100 delegates from 37 the failure of the WTO talks in Can- for Cultural Diversity (INCD) and revealed that this new Convention agenda of the rich industrialized countries. While the conference cún provides time to negotiate it be- concluded that “market forces alo- concept was embraced warmly by countries and refused to agree to examined other aspects of globali- fore trade agreements do further ne cannot ensure cultural diversity civil society cultural organizations the proposed Ministerial State- zation and decided the INCD damage to cultural policies, the at the national and international le- from around the globe. But, it is ment, effectively bringing the talks should be involved in issues of me- world‘s cultural sector needs to mo- vels.” They called on governments one thing to get NGOs on side and to a halt for the moment. dia diversity, the delegates also dis- bilize for the UNESCO process to to refrain from making agreements quite another to convince govern- While the cultural diversity issu- cussed developments on the Con- ensure that the Convention terms that would affect their ability to im- ments of the need to move in this es were not at the heart of the vention. In their call to UNESCO, will meet our objectives. plement policies favouring cultural direction. events either inside the WTO mee- they highlighted the next stage in diversity and they supported “the Now, fast forward to Fall 2003 ting rooms or on the streets of Can- the battle, which is to ensure that The author is Coordinator of the creation of a new international ag- and three key events in the short cún, the German Culture Council the treaty developed by UNESCO International Network for reement which will give a perma- history of the Convention. In Sep- partnered with the INCD and sever- achieves the basic objectives. Cultural Diversity nent legal foundation” to such poli- tember, the world‘s trade ministers al others to convene several activi- INCD delegates sent the follo- cies. assembled in Cancún, Mexico to ties. A press conference, public fo- wing warning about the proposed Information about the INCD and continue the comprehensive trade rum and high level event for delega- U.S. resolution, the Opatija meeting, the Cancún he concept of developing a le- talks launched in Doha, Qatar. A tes brought forward the concerns of “By mandating that, ‚UNESCO Declaration, analyses of culture and Tgally binding Convention on number of proposals on the table the culture sector. activity in this area should be com- trade issues, more information Cultural Diversity to prevent the use threatened serious negative conse- Next up was the UNESCO mee- pletely compatible with the present about the proposed Convention, in- of trade agreements to challenge quences for cultural policies. Ef- ting in Paris. On October 14, the international legal order‘, the reso- cluding the INCD‘s draft, can all be cultural policies emerged in Canada forts to expand the scope of the Ge- General Conference voted in favour lution seeks to provide that the new found at www.incd.net. in 1996. In response to a decision of neral Agreement on Trade in Ser- of accepting the task of elaborating Convention would forever be sub- a WTO trade panel that overturned vices to cover audiovisual and other an instrument on cultural diversity. ordinate to multilateral trade trea- all measures Canada had used to cultural services are a direct chal- This followed a push from the net- ties. The INCD notes that provisi- Deutsche Übersetzung auf develop its domestic magazine in- lenge. The proposal to launch ne- work of culture ministers (INCP), ons in trade treaties have been used Seite 8 dustry in the face of unfair competi- gotiations on investment measures which urged this agenda on the UN in a manner that challenges the

Convention on preserving cultural diversity Cultural diversity, manifold responsibility • By Christa Prets

Since 1998, cultural diversity has regional and international fora, for dom of information, freedom of phasis to be placed on the special Commission, with European Parlia- been one main theme in worldwide example, the European Council and opinion, protection of intellectual character and status of culture in ment participation, is to ensure, debate, with Canada initially calling UNESCO, which have special re- property, observance of basic rights the negotiations on a Convention. with a precisely formulated manda- for a Convention on Cultural Diversi- sponsibility and experience in this and cultural rights. Furthermore, the Convention is to te, that the demands in the EP reso- ty. In 2001, Canada, in cooperation area. For this reason, not only the My experience as a member of be designed to assist Member States lution on „Safeguarding and Pro- with France, presented a feasibility EP but also international bodies ha- the government in Burgenland, in refraining from entering into any moting Cultural Diversity „ are ta- study on an international legal in- ve welcomed the unanimous agree- where I was responsible for cultural obligations in other international bled and hopefully find the widest strument for cultural diversity. In ment at the UNESCO General Con- affairs in a region containing four fora that would involve underta- support possible. In this way, 2005 March 2003, the European Parlia- ference held on 17 October 2003 on ethnic groups, convinces me that it kings contrary to safeguarding and could turn out to be a good year ment (EP) passed a resolution on preparing an international standard is absolutely vital for each country promoting cultural diversity. Speci- both for the UNESCO and for cultu- GATS and cultural diversity1 that re- setting instrument for cultural di- and each region to define and im- fically against the background of ral diversity. jected any mention of this interna- versity. 190 states have agreed that, plement their own cultural policy, the setback in negotiations in Can- tional instrument. Two months later, by 2005, a normative instrument to and, where necessary, adapt it. This cun, it is necessary to indicate the The Author is Member of the Euro- at the Culture Ministers meeting in safeguard cultural diversity is to be is the only way to guarantee the re- Convention‘s binding nature in pean Parliament and Party of Eu- May 2003 in Thessaloniki, the idea developed under the auspices of spect for and promotion of cultural view of any possible future bilateral ropean Socialists Speaker on of an international instrument was UNESCO. diversity. trade agreements that might under- Cultural Affairs officially introduced into the EU de- The EP demands include the ge- It is not desirable to have a pro- mine multilateral conventions. bate on cultural diversity. The Euro- neral goal of global awareness of tectionist national cultural policy, In order to ensure that all coun- 1 European Parliament resolution pean Commission‘s Communication and consensus on the worldwide closed in itself. A constructive na- tries enjoy free access to culture, the on the General Agreement on on creating an international instru- need for protection and promotion tional cultural policy must mean, General Conference is to establish Trade in Services (GATS) within ment2 for cultural diversity appeared of cultural content and artistic ex- firstly, reservations continue to be programmes providing precisely the WTO, including cultural di- in August 2003, whereby the EP will pression, unequivocally bringing allowed in the liberalising of cultu- this as a basis and enabling the de- versity, March 2003, not yet pub- first comment in a motion for resolu- with it the duty and responsibility of ral services and cultural goods, se- velopment of a cultural policy to al- lished in the Official Journal. tion within the framework of my re- implementation. There is hence a condly, the production and distri- low countries – and particularly de- 2 COM (2003) 520 from 27.8.2003 port on „Safeguarding and Promo- need to exchange information on bution of cultural services and cul- veloping countries – to produce and ting Cultural Diversity“. relevant legislation and measures tural goods is encouraged, and distribute their own cultural goods taken by Member States in the cul- thirdly and essentially, internatio- and services. It is only after this has afeguarding and promoting cul- tural and policy arenas, whereby nal intergovernmental cooperation been realised that one can talk of Stural diversity is a basic demand examples of best practices are then is promoted. the Convention on Cultural Diversi- made by the European Parliament‘s to be presented regularly. Transpa- In the context of the WTO agree- ty‘s value-added. Committee on Culture and Educati- rency is one of the basic pillars on ment and the undertakings to libe- It will be necessary to join forces on, and is foreseen through increas- which the Convention on Cultural ralise that have already been made, as a single front for the purposes of Deutscher Text auf Seite 10 ed European Union involvement in Diversity rests, together with free- the EP is calling for a constant em- the negotiations. The European

The UNESCO convention on cultural diversity Germanys part in drafting the convention text • By Wilfried Grolig

On 17 October 2003 the 190 mem- the Executive Board, Germany will diversity is both a function and a policy. a key role in preserving that plura- ber states of UNESCO agreed to clearly have an influential voice in condition of democratic pluralism, The plurality of our cultures is, lism. It is crucial to ensure, however, invite Koichiro Matsuura, the further developments in this area. it offers people the choice of opti- in UNESCO’s apt phrase, „the reser- that the proposed convention can- Organization’s Japanese Director- ons - whether conceptual or opera- voir needed for freedoms“. not be used to justify any attempt General, to submit within two years ollowing this decision by the tional - that is essential if freedom is However keen we are to see the by the state to control or interfere a draft convention „on the protec- FGeneral Conference of UNES- to have real meaning. Conse- state exercise its responsibility for with the free circulation of ideas tion of the diversity of cultural con- CO, the next step is the difficult task quently, the main purpose of the cultural policy, this aspect must and cultural products or to introdu- tents and artistic expressions“. of defining the terms of reference proposed convention should be to always be borne in mind. Cultural ce unwarranted protectionist mea- Germany supports this step and for the proposed undertaking. The confirm the responsibility of the pluralism is, after all, part and par- sures. Also in politically sensitive intends to take an active part in aim is clearly the preservation of state for cultural policy and hence cel of freedom, as freedom is defi- areas such as culture and education drafting the convention text. With cultural diversity, on whose funda- the legitimacy of the legislative, ned in today’s world. A UNESCO Hans-Heinrich Wrede, our UNESCO mental value and importance there regulatory and financial instru- convention that sets binding inter- Continued on page 8 Ambassador, now elected to chair exists broad consensus. Cultural ments designed to give effect to that national standards here could play

politik und kultur 01/04 Seite 7 HKS Grün schwarz ENGLISH SUPPLEMENT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 8

Continued from page 7 legally binding international instru- the cultural domain this is true only political one, however, which cannot sustain it and, on the other, reali- ment for the protection of cultural up to a point: here the quest for effi- be answered by reference to techni- zing the GATS objectives of facilita- diversity and the 1994 General ciency and economies of scale may cal details of GATS. What national ting and promoting participation in - areas which in a democracy, we Agreement on Trade in Services result in stifling creativity. policies we pursue in the field of cultural exchange. In essence, cul- believe, cannot be left entirely to (GATS), which is the basis of the At the present time no one can education and culture is not a matter tural diversity means ensuring grea- the free play of market forces - there negotiations now in progress under predict with any certainty what we should decide on the basis of any ter choice for as many people as is much to be gained from increa- WTO auspices on further steps to impact the GATS negotiations will trade agreement. The resolution possible. That is the principle that sed competition and the use of liberalize trade also in cultural ser- have on Germany’s educational and adopted by the 32nd General will guide our work on the planned modern, market-tested measures of vices. The general aim of GATS is to cultural landscape or on cultural Conference of the Organization convention over the months to performance and efficiency. In reduce or eliminate national regula- diversity in tomorrow’s world. Given reflects the member states’ view that come. times such as the present, when tions that impede cross-border the in-built flexibility of GATS, the UNESCO is the right forum for the resources - certainly in the public competition and free trade in the EU Commission’s current strategy in development of international norms The author is Director-General for domain - are scarce, it is clearly service sectors to which it applies. the negotiations and the fact that in the area of cultural policy. Culture and Education, Federal essential to obtain better value for Advocates of a UNESCO convention any liberalization moves must come The main focus of the future Foreign Office money as well as a better match on cultural diversity argue, howe- from the individual states themsel- debate will be on finding the best between supply and demand. ver, that while in purely economic ves, most observers believe that, as balance between, on the one hand, There is a direct link between terms liberalization may mean a matters stand now, the impact will protecting and preserving cultural Deutscher Text auf Seite 10 the current efforts to develop a better ratio of costs to benefits, in be minimal. The issue is basically a diversity and the structures that

„Arts under pressure“ Review of the new publication of Joost Smiers • By Max Fuchs

Max Fuchs: review of „Arts under ket-world. thered convincing amounts of sci- Not only the customers lose out stigated by Smiers has not been led Pressure. Promoting Cultural Diver- It is a relatively new phenome- entific data and other facts on vari- in this business but the artists, too, that explicitly in Germany so far. sity in the Age of Globalization“ By non that the economic globalisati- ous national cultural markets that on the one hand being over-direc- In addition Smiers depicts what Joost Smiers“. (London/New York, on, as it is being promoted by the show, that and how an unguarded ted and on the other hand receiving academic research on cultural poli- Zed Books, 2003) WTO, should overlap with the cul- opening of (film, music, literature only a marginal proportion of the cies can achieve in practice ñ not a tural globalisation, namely by iden- or art) markets scales down cultural proceeds. Art is by all means a busi- bad perspective for Germany either. n discussions the response to the tifying „culture“ (and education, the variety just in a way that globalisati- ness, but the producers not neces- Perhaps a discussion on the men- Iterm globalisation necessarily audiovisual media, or social ser- on sceptics have suspected. The sarily profit from it – this is also one tioned delicate topics would also do turns out to be a differential one: vices) as „services“ in the terms of market may have many advantages of Smiers’ proven conclusions. us some good – even if right now all Some have in mind global contacts, the WTO. Culture becomes a mere for the allocation of ordinary goods: Here he pursues a dedicated ar- energies are needed to avert cultu- the reciprocal stimulation of imagi- economic service which now is sup- In the cultural sector it ultimately gument that could also unleash ral destruction by the unabated ra- nation and thought, the expansion posed to be subject to international jeopardises cultural diversity. Ne- quite a lot of emotion in the Ger- tionalisation by international trade of one’s own horizon. Others in the competition laws. A consequence vertheless Smiers also describes man Cultural Council’s context: The organisations. Here too, Joost cultural sector rather fear that from amongst others could be that public examples of positive developments copyright is to be blamed for the tri- Smiers vigorously involves himself now on only products from the US grants are going to be declared ille- ñ e.g. when in the context of cultu- vial and therefore inequitable share as an INCD (International Network American entertainment industry is gal as being subsidies having dis- ral tourism traditional music is ap- of the proceeds in the art market. for Cultural Diversity) activist – one going to put a stamp on our cultural torting effects on the market. Now preciated by an international public The copy right rather favours the of the partners supporting our experience, and that we therefore even many neo-liberal hardliners and is therefore promoted. But dra- „investors“ (p. 73) than protecting Cancún declaration. have to put up with the standardisa- know that culture is „a good of its matic examples prevail, e.g. when the producers. Furthermore, this This book is strongly recom- tion and a worldwide equalisation own kind“ (as it is described within national film or book industries col- antagonism becomes more aggres- mended to everyone who is looking of our taste on the poor level of the UNESCO context). But, so it is lapse after unilateral protective me- sive when comparing cultural for further arguments in the dispute commercial culture. The economic said, culture will not be harmed by asures were suspended (Mexico or productions and their market po- about GATS. Market-sceptics will be globalisation is disputed, too: Ema- the opening of the market, and any- Turkey are two examples). Conside- tentials between wealthy and poor encouraged in their opinion. And nating inter-regionally or even glo- way, the corresponding trade agree- ring cultural practice with its speci- countries. Therefore Smiersí publi- market-euphorics might become a bally, „social forums“ queue up to ment (GATS) provides sufficient op- al local effects implies that this form cation contains both: A good ratio- bit more considerate. sharply articulate the anti-globali- tions to avert the worst dangers. of internationalisation results in the nale in the case of world trade, but sation activists’ fears about the Until now one assertion („destructi- disappearance of something that is also some explosive in the face of worldwide implementation of a on of culture“) opposes another as- substantial. existing stalwart clashes of interest mere market and profit orientation. sertion („no imminent danger“). Smiers carefully analyses the within national cultural scenes. Due On the other side stand those who, In this situation the book by Ut- conditions for production but also to its composition the German Cul- not only on economic grounds, aim recht professor for political sciences for the distribution of art, conditi- tural Council is well aware of the at the then highest possible return of art, Joost Smiers, is of utmost sig- ons where offer is determined by latter although the fundamental de- Deutscher Text auf Seite 23 on values and ideas in the free mar- nificance. For years Smiers has ga- demand. bate on „intellectual property“ in-

Wird der Computer den Pinsel ersetzen?ersetzen

Wird in der Zukunft nur noch auf elektronischen Instrumenten musiziert? Werden künftig im Theater vornehmlich Videoaufnahmen von Künstlerinnen und Künstler zu sehen sein? Oder bleibt alles beim Alten? Und wie muß die Ausbildung und die Weiterbildung in den Kulturberufen aussehen? Mit diesen Fragen befasst sich das Buch des Deutschen Kulturrates „Kulturelle Bildung in der Wissens- Weitere Buchempfehlungen gesellschaft – Zukunft der Kulturberufe”. Ausgehend von der Frage nach der Zukunft der Kulturberufe wird die Ausbildung in künstlerischen Berufen diskutiert.

politik und kultur 01/04 Seite 8 HKS Grün schwarz KULTURELLE VIELFALT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 10

Das UNESCO-Übereinkommen zur kulturellen Vielfalt Deutschlands Beteiligung an der Erarbeitung des Konventionstextes • Von Wilfried Grolig

Die 190 Mitgliedstaaten der UN- rischen und finanziellen Steue- – möglichst viel erreicht werden soll. staatliche Initiativrecht für Liberali- ler kulturpolitischer Normsetzun- ESCO haben den japanischen Gene- rungsinstrumente festschreiben. Die Bestrebungen zur Entwick- sierungsangebote und die aktuelle gen ist. raldirektor Koïchiro Matsuura am Die Pluralität unserer Kulturen lung eines verbindlichen internatio- Haltung der die Verhandlung füh- Es wird in der künftigen Debatte 17. Oktober 2003 beauftragt, inner- ist, nach einem gelungenen Aus- nalen Rechtsinstruments zum renden EU-Kommission werden auf eine angemessene Abwägung halb von zwei Jahren den Entwurf ei- druck der UNESCO, ein „unverzicht- Schutz der kulturellen Vielfalt ste- zwischen dem Schützen und Be- nes Übereinkommens zum „Schutz bares Reservoir für Freiheit“. Dies hen in direktem Zusammenhang wahren gewachsener Strukturen der der Vielfalt kultureller Inhalte und muss im Auge behalten werden, mit dem 1994 vereinbarten Allge- kulturellen Vielfalt einerseits und des künstlerischen Ausdrucks“ vor- wenn wir uns mit Nachdruck dafür meinen Übereinkommen über den der Öffnung und dem Erleichtern zulegen. Deutschland hat diesen Be- einsetzen, dass der Staat seine kul- Handel mit Dienstleistungen GATS des Austauschs in dem vom GATS schluss unterstützt und wird sich ak- turpolitische Verantwortung wahr- (General Agreement on Trade in Ser- angestrebten Sinne andererseits an- tiv an der Erarbeitung des Textes be- nimmt. Kultureller Pluralismus ist vices), auf dessen Grundlage im kommen. Die Bewahrung der viel- teiligen. Mit der Wahl unseres UN- Teil unseres modernen Verständnis- Rahmen der WTO Verhandlungen fältigen Spuren unserer Geschichten ESCO-Botschafters Hans-Heinrich ses von Freiheit. Ein UNESCO-Über- für weitergehende Liberalisierungen und das beständige Erforschen und Wrede zum Vorsitzenden des UN- einkommen kann als völkerrechtli- auch bei kulturellen Dienstleistun- Lesen dieser Spuren ist Vorausset- ESCO-Exekutivrates übernimmt ein che Setzung wesentlich dazu beitra- gen geführt werden. GATS zielt prin- zung für die Erhaltung der kulturel- Deutscher eine durchaus einflussrei- gen, diesen Pluralismus zu erhalten. zipiell auf den Rückbau innerstaatli- len Vielfalt. Ohne dieses Engage- che Rolle bei dem weiteren Verfah- Es darf jedoch nicht Berufungs- cher Regulierungen, wenn diese den ment ist der Pluralismus unseres ren. grundlage eines staatlichen Dirigis- grenzüberschreitenden freien Wett- Selbstbildes gefährdet. Auch wenn mus werden, der gegen die freie Zir- bewerb in den von ihm erfassten es das wirtschaftliche Argument der ach dem Beschluss der UN- kulation von Ideen und kulturellen Dienstleistungssektoren behindern. „economy of scale“ nahelegt: Wir NESCO-Generalkonferenz geht Erzeugnissen interveniert und un- Befürworter eines UNESCO-Über- dürfen uns nicht auf ein einheitli- es nun an die schwierige Aufgabe angemessene protektionistische einkommens machen geltend, dass Ministerialdirigent Wilfried Grolig ches Selbstbild festlegen lassen. der konkreten Ausgestaltung dieses Maßnahmen legitimiert. Auch in der in der Wirtschaftspolitik gelten- Das Konzept der kulturellen Viel- Mandats. Konzeptioneller Aus- politisch sensiblen Bereichen wie de Grundsatz einer durch Liberali- mögliche Auswirkungen zur Zeit falt zielt auf die Vermehrung der gangspunkt ist die Bewahrung der Kultur und Bildung, die nach unse- sierung zu erzielenden besseren überwiegend verneint. Es handelt Handlungsoptionen für eine mög- kulturellen Vielfalt, über deren rem demokratischen Verständnis Kosten-Nutzen-Relation in der Kul- sich hier jedoch um eine grundle- lichst große Zahl von Menschen. grundlegende Bedeutung als ge- nicht dem freien Spiel der Markt- turpolitik keine uneingeschränkte gende politische Fragestellung, die Daran werden wir uns bei unserer meinsamer Wert Konsens besteht. kräfte allein überlassen werden dür- Gültigkeit beanspruchen könne: die nicht mit technischen Verweisen auf Mitwirkung an dem UNESCO-Über- Kulturelle Vielfalt ist Ausdruck und fen, erweisen sich erhöhter Wettbe- „economy of scale“ und die Wirt- die Struktur des GATS beantwortet einkommen orientieren. Voraussetzung eines demokrati- werb und die Anwendung moder- schaftlichkeit könne in der Kultur werden kann. Über das Modell der schen Pluralismus und Quelle von ner, marktwirtschaftlich erprobter kreatives Potential ersticken. politischen Steuerung unserer na- Der Verfasser ist Leiter der Kultur- Denk- und Handlungsoptionen, die Instrumente zur Messung von Erfolg Es gibt derzeit keine verbindli- tionalen Kultur- und Bildungsange- und Bildungsabteilung im menschliche Freiheit erst ermögli- und Effizienz als sinnvoll. Die Ver- che Antwort auf die Frage, welche bote sollte nicht im Rahmen eines Auswärtigen Amt ■ chen. Das auszuarbeitende Rechts- besserung der Kosten-Nutzen-Rela- Auswirkungen die GATS-Verhand- Handels-Übereinkommens ent- instrument sollte daher im Wesentli- tion und eine gewichtende Analyse lungen auf die deutsche Kultur- und schieden werden. Mit dem Be- chen die kulturpolitische Verant- von Nachfrage und Angebot sind ge- Bildungslandschaft und auf die glo- schluss der 32. Generalkonferenz wortung des Staates und damit die rade dort notwendig, wo mit knap- bale Entwicklung der kulturellen bringen die Staaten zum Ausdruck, Legitimität der zu ihrer Umsetzung pen Ressourcen – zu denen die öf- Vielfalt haben werden. Mit Verweis dass die UNESCO das angemessene English translation page 7 erforderlichen legislativen, regulato- fentlichen Mittel bekanntlich zählen auf die Flexibilität des GATS, das Forum zur Entwicklung multilatera-

Konvention zum Schutz der kulturellen Vielfalt Kulturelle Vielfalt, vielfältige Verantwortung • Von Christa Prets

Kulturelle Vielfalt ist seit 1998 eines rellen Vielfalt im Rahmen der UN- der Hauptthemen der weltweiten De- ESCO bis 2005 erarbeitet werden batte. Die Initiative für eine Konven- soll. tion zur kulturellen Vielfalt ging von Das EP fordert unter anderem als Kanada aus. In Kooperation mit allgemeines Ziel ein globales Be- Frankreich legte Kanada 2001 eine wusstsein für und einen Konsens Machbarkeitsstudie für ein interna- über den notwendigen weltweiten tionales Rechtsinstrument für kultu- Schutz und die Förderung von kul- relle Vielfalt vor. Das Europäische turellen Inhalten und künstleri- Parlament (EP) verabschiedete im schem Ausdruck. Damit gehen un- März 2003 eine Resolution zu GATS missverständlich Verantwortung und kultureller Vielfalt,1 in der die Er- und Verpflichtung zur Umsetzung wähnung des internationalen Instru- einher. Informationen über relevan- ments abgelehnt wurde. Zwei Mona- te Gesetze und kulturpolitische te später, beim Kulturministertreffen Maßnahmen der Mitgliedsländer im Mai 2003 in Thessaloniki, wurde müssen ausgetauscht werden, wo- die Idee eines internationalen Instru- bei „Best-practice-Beispiele“ regel- ments offiziell in die EU-Debatte zur mäßig vorgestellt werden sollen. kulturellen Vielfalt eingeführt. Die Transparenz zählt neben der Infor- Mitteilung der Europäischen Kom- mationsfreiheit, der Freiheit der mission zur Schaffung eines interna- Meinungsäußerung, dem Schutz tionalen Instruments2 für die kultu- des intellektuellen Eigentums, der relle Vielfalt erschien im August Wahrung der Grundrechte und kul- 2003, worauf das EP erstmals ihm turellen Rechte zu den Grundpfei- Rahmen meines Berichts zur „Wah- lern der Konvention zur kulturellen rung und Förderung der Kulturellen Vielfalt. Ein Blick aufs Europäische Parlament in Sraßburg Foto: Europäisches Parlament Straßburg Vielfalt“ in einem Entschließungsan- Auf Grund meiner Erfahrungen trag dazu Stellung nehmen wird. als Regierungsmitglied für Kultur im Im Kontext des WTO-Abkom- gang zur Kultur zu ermöglichen, soll Unterstützung finden. 2005 könnte Burgenland, in einer Region, in der mens und den bereits eingegange- die Generalkonferenz Programme somit für die UNESCO und für die ine Grundforderung des Aus- vier Volksgruppen leben, ist es mei- nen Liberalisierungszusagen fordert ausarbeiten, die eine solche Grund- kulturelle Vielfalt ein gutes Jahr wer- Eschusses für Kultur und Bildung ner Ansicht nach unablässig, dass das EP, bei den Verhandlungen über lage schaffen und die Entwicklung den. im EP ist die Gewährleistung und jedes Land und jede Region eine ei- eine Konvention den besonderen von Kulturpolitik erlauben, um den Förderung der kulturellen Vielfalt, gene Kulturpolitik definiert, umsetzt Charakter und Status der Kultur im- Ländern – und im Speziellen den Die Verfasserin ist österreichische nämlich durch eine stärkere Beteili- und gegebenenfalls anpassen kann. mer wieder zu betonen. Außerdem Entwicklungsländer – die Produkti- Abgeordnete im Europäischen gung der Europäischen Union an re- Nur so sind der Respekt und die För- sollen die Mitgliedsländer mithilfe on und den Vertrieb ihrer eigenen Parlament und Kultursprecherin gionalen und internationalen Foren derung von kultureller Vielfalt zu ga- der Konvention dazu angehalten Kulturgüter und Dienstleistungen der Sozialdemokratischen wie dem Europarat und der UN- rantieren. werden, keine Verpflichtungen in zu ermöglichen. Erst dann kann Partei Europas ■ ESCO, die eine besondere Verant- Eine in sich verschlossene, pro- anderen internationalen Foren ein- man von einem Mehrwert der Kon- wortung und Erfahrung in diesem tektionistische nationale Kulturpoli- zugehen, die dem Schutz und der vention zur kulturellen Vielfalt spre- 1 Entschließung des Europäischen Parlament: Bereich besitzen. Die einstimmige tik ist nicht wünschenswert. Kon- Förderung der kulturellen Vielfalt chen. Allgemeines Übereinkommen über den Han- Entscheidung zur Ausarbeitung ei- struktive nationale Kulturpolitik zuwider laufen würden. Gerade im Bei den Verhandlungen wird ein del mit Dienstleistungen (GATS) im Rahmen nes internationalen Standard-Set- muss heißen, dass Einbehalte bei Zusammenhang mit den gescheiter- geschlossenes Auftreten erforderlich der WTO, einschließlich der kulturellen Viel- ting-Instruments für kulturelle Viel- der Liberalisierung von Kultur- ten Verhandlungen in Cancún muss sein. Die Europäische Kommission falt, März 2003, noch nicht im Amtsblatt ver- falt der UNESCO-Generalkonferenz dienstleistungen und Kulturgütern auf die Verbindlichkeit der Konven- unter Beteiligung des Europäischen öffentlicht. vom 17. Oktober 2003 wurde des- weiterhin möglich sind, die Produk- tion im Hinblick auf mögliche zu- Parlaments soll mit einem präzise 2 KOM (2003) 520 vom 27.8.2003 halb sowohl im EP als auch in den tion und Distribution von Kultur- künftige bilaterale Handelsabkom- formulierten Mandat die Forderun- internationalen Gremien mit Freude dienstleistungen und Kulturgütern men hingewiesen werden, die mul- gen des Entschließungsantrags des aufgenommen. 190 Staaten haben forciert und zwischenstaatliche, in- tilaterale Abkommen untergraben EP zur „Erhaltung und Förderung sich geeinigt, dass ein normatives ternationale Kooperationen unbe- könnten. der kulturellen Vielfalt“ einbringen English translation page 7 Instrument zum Schutz der kultu- dingt gefördert werden. Um allen Ländern den freien Zu- und hoffentlich die größtmögliche

politik und kultur 01/04 Seite 10 HKS 47 schwarz KULTURELLE VIELFALT / EUROPA politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 11

Kulturelle Vielfalt und Handelsabkommen Die jüngsten Entwicklungen von Cancún, Paris und Opatija • Von Gary Neil

Vertreter von Kultur-Organisationen turelle“ hinausreichen und Staaten turbereich, da beide Instrumente in Organisation abgerungen haben. gen in bestehenden Handelabkom- aus 21 Ländern trafen sich im Sep- erlauben würde, ihre eigenen Künst- der Kulturpolitik angewandt wer- Die Abstimmung verlief nicht un- men längst in einer Art und Weise tember 2000 auf der griechischen ler und Produzenten mit Mitteln zu den. Angesichts der kurzen bis zum dramatisch – ein, von den USA vor- dazu benutzt worden sind, das Insel Santorin zur der Konferenz „Der unterstützen, die andere als Frei- Ende der WTO-Gespräche im Januar gelegter, Beschlussfassungsentwurf Recht souveräner Staaten, ihre eige- Künstler, Kultur und Globalisierung“. handelshemmnisse betrachten 2005 verbleibenden Zeit, erschienen drohte ein mögliches Abkommen in ne Kulturpolitik umzusetzen, anzu- Diskutiert wurden die Herausforde- könnten. Die Gründungs-Konfe- die Aussichten, die Konvention letzter Minute aufzuweichen bzw. fechten und dass bestimmte Länder rungen an die kulturelle Vielfalt in renz des INCD auf Santorin hat er- rechtzeitig zu verabschieden, düster. zu vertagen. beabsichtigen, diese Bestimmungen der globalisierten Welt. Man kam un- kennen lassen, wie sehr das Konzept Letztendlich bremsten die Entwick- Zeitgleich fand im kroatischen auch auf die laufenden Verhandlun- ter der Federführung des Internatio- dieser neuen Konvention von nicht- lungsländer die wohlhabenden In- Opatija die vierte INCD Jahresta- gen auszuweiten.“ nal Network for Cultural Diversity staatlichen Kultur-Organisationen dustrieländer, indem sie ihre Zu- gung statt. Auf dieser Konferenz ka- Das Konzept der Konvention zur (INCD) überein, zusammen zu arbei- aus aller Welt begrüßt wurde. Leider stimmung zum vorgesehenen Mi- men mehr als 100 Delegierte aus 37 kulturellen Vielfalt katapultierte sich ten und fasste den Beschluss, dass ist es mehr als schwierig, einerseits nisterbeschluss verweigerten, und Ländern zusammen. Während die auf die internationale Agenda, und „nicht allein Marktkräfte die kultu- die NGOs auf seiner Seite zu haben, die Gespräche dadurch bis auf Wei- Konferenz Aspekte der Globalisie- die fehlgeschlagenen Gespräche in relle Vielfalt auf nationaler und inter- und andererseits Regierungen von teres vertagt wurden. rung analysierte und entschied, dass Cancún haben Zeit geschaffen, wei- nationaler Ebene garantieren kön- der Notwendigkeit von diesem Während Themen rund um die sich der INCD auch in Fragen der ter zu verhandeln, bevor Handelsab- nen“. Die Regierungen wurden auf- Schritt in die richtige Richtung zu kulturelle Vielfalt in Cancún nicht, Medienvielfalt engagieren sollte, kommen der Kulturpolitik weiteren gefordert, von Übereinkommen Ab- überzeugen. weder innerhalb der Konferenzräu- diskutierten die Delegierten die Schaden zufügen. Der weltweite stand zu nehmen, die eine Politik der Vorgespult zum Herbst 2003 und me, noch auf den Straßen der Stadt, künftige Fassung der Konvention. Kulturbereich muss alle Kräfte für kulturellen Vielfalt behindern. Sie be- zu den drei Schlüsselbegebenheiten im Zentrum der Ereignisse standen, An die Adresse der UNESCO gerich- das Verfahren bei der UNESCO mo- fürworteten „die Schaffung einer in- in der kurzen Geschichte der Kon- tat sich der Deutsche Kulturrat mit tet, legten die Delegierten den bilisieren, damit gesichert ist, dass ternationalen Konvention, die der vention: Im September trafen sich dem INCD und anderen Organisa- nächsten Schritt in der Auseinan- die Formulierungen der Konvention kulturellen Vielfalt eine dauerhafte die Handelsminister dieser Welt in tionen wie der ARD und der Hein- dersetzung fest: Dass nämlich si- in Einklang mit unseren Zielvorstel- gesetzliche Grundlage bietet“. Cancún, Mexiko, um die umfassen- rich-Böll-Stiftung zusammen, um chergestellt wird, dass der von der lungen stehen. den Handelsgespräche, die in Doha, verschiedene Aktionen zu koordi- UNESCO vorbereitete Vertrag die 996 erwog Kanada rechtlich bin- Katar, begonnen worden waren, nieren. Eine Pressekonferenz, eine Grundzielstellungen erfüllt. Der Verfasser ist Koordinator des 1dende Mittel zum Schutz der kul- fortzusetzen. Anträge, die zur De- Podiumsdiskussion und ein hoch- Die INCD-Delegierten warnten International Network for Cultural turellen Vielfalt gegen den Einsatz batte standen, drohten negative rangiges Event für die Konferenzteil- vor dem US-Vorschlag zu einer Re- Diversity ■ von Handelsabkommen, die die Kul- Auswirkungen auf die Kulturpolitik nehmer machten die Bedenken des solution wie folgt: turpolitik gefährden: Als Antwort auf haben. Der Vorstoß, den Rahmen Kulturbereichs öffentlich. „Es wird ein Mandat unterstellt, Mehr zum INCD und dem Thema, eine Entscheidung einer Handels- des Allgemeinen Übereinkommens Als Nächstes kam das UNESCO- dass alle Aktivitäten der UNESCO insbesondere den Entwurf zur Kon- schiedsstelle der WTO, welche alle über den Handel mit Dienstleistun- Treffen in Paris: Am 14. Oktober auf diesem Gebiet vollständig mit vention, können Sie unter kanadischen Maßnahmen kippte, gen (GATS) auch auf audiovisuelle 2003 votierte die Generalversamm- der gegenwärtigen internationalen www.incd.net nachlesen. seine eigene Zeitschriften-Industrie und andere kulturelle Dienstleistun- lung zu Gunsten der Ausarbeitung Gesetzeslage übereinstimmen soll; angesichts des unfairen Wettbe- gen auszuweiten, ist eine unmittel- eines Instrumentes zum Schutz der hierdurch versucht die Resolution werbs durch US-Importe zu fördern, bare Herausforderung. Der Antrag, kulturellen Vielfalt. Dies war die Fol- sicherzustellen, dass die Konvention hatten sich kanadische Kultur-Akti- Verhandlungen über Investitions- ge eines Vorstoßes der im INCP ver- auf Dauer multilateralen Handels- visten Strategien überlegt, die weit vorhaben und Wettbewerbspolitik bündeten Kultur-Minister, die die- abkommen untergeordnet bleibe. English text page 7 über die so genannte „exception cul- aufzunehmen, alarmierte den Kul- sen Tagesordnungspunkt der UN- Der INCD betont, dass Bestimmun-

„Die Schweiz gibt es nicht“ beim Nachbarn Merkmale eidgenössischer Kulturpolitik • Von Norbert Bärlocher Wie ist der Kulturbereich in anderen europäischen Ländern organisiert? Wie wird Kultur finanziert? Welche Fragen beschäftigen die Kulturverbände „Suiza no existe – Die Schweiz gibt Evolène in den Walliser Alpen sehr gen behaupten gar, dass die Eidge- dort? Solche und andere Fragen stellten wir Vertretern der es nicht“ hieß es über dem Schwei- unterschiedlich, auch wenn sie heu- nossenschaft nur darum zusam- Kultureinrichtungen und Kulturattachés in Berlin. Eine kleine Serie. zer Pavillon an der Expo in Sevilla te die gleiche Sprache sprechen (vor menhalte, weil sich die einzelnen 1992. Dieser Satz des Schweizer 50 Jahren wurde in Evolène noch Landesteile nicht für die jeweils an- Künstlers Ben Vautier erzürnte zwar mehrheitlich das Patois gesprochen, deren interessieren würden. Eine einige Landsleute, da es die Schweiz das vom Standart Französisch min- gemeinsame Kulturpolitik zu defi- nern (Innenministerium) um kultu- fenden Dachverbandes für Kultur physisch, politisch und wirtschaft- destens so weit entfernt ist, wie das nieren scheint unter diesen Um- relle Belange der Bundespolitik. auf Seiten der Kulturschaffenden. lich zweifelsohne gibt. Aber wie Niederländische vom Deutschen). ständen ein Ding der Unmöglich- Hauptträger der öffentlichen Kul- sieht es aus bezogen auf die Kultur? keit. Tatsache jedenfalls ist, dass in turpflege sind die Kantone und die Demokratische Heterogene Gesellschaft Gibt es eine Schweizer Kultur? der Verfassung (Grundgesetz) der Gemeinden. Anders als in Deutsch- Mitwirkung Schon Napoleon, der nicht als be- Schweiz die Hoheit über kulturelle land gibt es aber keine Kultusminis- icherlich ist die Schweiz präsent sonders einsichtig bekannt war, Belange stets bei den Kantonen lag terkonferenz, in welcher sich die auf Dies mag nun alles sehr ernüch- San internationalen Kunstanläs- musste einsehen, dass sein Modell und auch heute noch liegt. Es gibt regionaler Ebene für die Kultur zu- ternd tönen. Es muss daher gleich- sen wie den Biennalen von Venedig einer zentralistischen Helvetischen daher in Bern genau so wenig wie in ständigen Minister austauschen zeitig betont werden, dass das kultu- und Sao Paulo oder der Weltausstel- relle Leben in der Schweiz auch oh- lung von Hannover. Wenn man aber ne bundesstaatliche Lenkung in der die gemeinsame Sprache als zentra- Tat sehr vielfältig ist. Kulturelle Pro- les Element einer gemeinsamen jekte werden durchaus an die Hand Kultur als Kriterium heranzieht, genommen, aber nicht primär vom dann gibt es eben tatsächlich KEINE Bund sondern von privaten Trägern, Schweizer Kultur, allerhöchstens ei- von öffentlichen Institutionen oder, ne französisch-schweizerische, eine möglichst bürgernah, von den Re- deutsch-schweizerische, eine italie- gional- oder Kommunalverwaltun- nisch-schweizerische und eine räto- gen. Dank der Steuerautonomie die- romanische Kultur, jede jeweils ver- ser Gemeinwesen können die regio- wandt mit der Kultur des jeweiligen nalen und lokalen Regierungen, Nachbarn (auch in einigen Tälern bzw. das Volk in Volksabstimmun- Norditaliens wird selten noch ein rä- gen weitgehend mitbestimmen, wie toromanischer Dialekt gesprochen). viele Mittel sie für die Kultur ausge- Nur, leider ist auch diese „vierteili- ben wollen. Möchte sich eine Stadt ge“ Definition der Schweiz als Kul- ein aufwendiges und vielseitiges turnation noch zu einfach, zu gene- kulturelles Angebot leisten, erfor- rell, um einhellige Zustimmung zu dert dies u.U. die Erhöhung des finden. Schweizer definieren sich zu kommunalen Steuersatzes. Es sind allererst als Bürger eines Kantons. somit die Bürger aufgerufen zu ent- Und da es auf der kleinen Fläche der scheiden, ob sie lieber ein Theater Schweiz 26 davon gibt, ist die kultu- mit eigenem Ensemble und höhere relle Landschaft der Schweiz min- Steuern haben möchten oder ob sie destes so zerklüftet wie die geogra- doch lieber in die benachbarte Stadt phische. Diese Tatsache sollte ei- ins Theater gehen und dafür weni- gentlich nicht verwundern, denn ger Steuern bezahlen möchten. kulturelle Identitäten haben sich In Deutschland erntet dieses immer gemeinsam mit den Wirt- Modell im allgemeinen tiefes Miss- schafts- und Lebensräumen entwi- Schweizer Schmuckstück: Kultur- und Kongresszentrum Luzern von Jean Novelle. Foto: KKL trauen unter den Kulturschaffen- ckelt. Und diese sind wegen der To- den, weil man sich kaum vorstellen pographie des Landes eben notge- Republik nach dem Vorbild Frank- Deutschland ein Bundesministeri- könnten. Es fehlt auch an einer kann, dass sich eine Mehrheit der drungen stark fragmentiert. Tat- reichs in der Schweiz nichts taugte. um für Kultur. Auf Bundesebene zentralen Stelle für die landesweite Bürger tatsächlich für Kultur so stark sächlich sind die kulturellen Le- Die heterogene Kleinräumigkeit kümmert sich lediglich ein Bundes- Koordination im Kulturbereich. bensformen zwischen einem Be- muss anerkennt werden, will man amt für Kultur innerhalb des Eidge- Diese Situation widerspiegelt sich Weiter auf Seite 12 wohner Genfs und demjenigen von die Schweiz verstehen. Böse Zun- nössischen Departements des In- im Fehlen eines spartenübergrei-

politik und kultur 01/04 Seite 11 HKS 47 schwarz EUROPA politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 12

Fortsetzung von Seite 11 gegenüber dem Gemeinwesen zu- fassende Schweizer Kulturpolitik reller Organisationen. Jahresfinanz- in verschiedenen Bereichen der Kul- rückhaltend aus. Dies mag auch da- existiert, wie es eine europäische hilfen gehen an Verbände und Dach- turpflege direkt engagiert oder wie mit zu begründen sein, dass es in der (noch) nicht wirklich gibt. Die kultu- organisationen von Kulturschaffen- zum Beispiel über die Kulturstiftung „Die Schweiz gibt es nicht“ Schweiz neben der Unterstützung relle Integration ist mitunter die an- den mit gesamtschweizerischer Be- Pro Helvetia indirekt unterstützt. durch öffentliche Einrichtungen eine spruchsvollste, weil sie dem Bürger deutung in den Bereichen Musik, Diese Aufgabenverteilung ent- interessiert, dass sie auch bereit ist, Vielzahl von privat finanzierten „unter die Haut geht“. Gleichzeitig Tanz, Theater, Literatur, Bildende spricht keinen Dogma der Gewal- höhere Steuern dafür zu entrichten. Kunstförderungsprogrammen gibt. ist es eine nicht zu vernachlässigen- Kunst und Film. In diesem letzten tenteilung sondern ist organisch ge- Tatsächlich gibt es auch immer wie- So gehen etwa eine Vielzahl der be- de Pflicht für jeden Staatenbund Bereich haben die Kulturpolitiker wachsen und erlaubt eine pragmati- der Finanzierungsvorlagen für kom- kanntesten Museen unseres Landes und jeden Bundesstaat, den Zusam- der Schweiz erkannt, dass für die sche Umsetzung der Kulturpolitik munale oder kantonale Kulturpro- auf Privatsammlungen zurück, wel- menhalt unter den Gliedstaaten und Filmförderung Mittel erforderlich auf breiter Ebene. jekte, die in den Volksabstimmun- che heute von privaten Stiftungen den Bürgern zu stärken durch die sind, welche die finanziellen Mög- Dennoch ist darauf hinzuweisen, gen keine Mehrheiten finden. Wenn der Öffentlichkeit zugänglich ge- Förderung von gemeinsamen kultu- lichkeiten vieler Kantone überstei- dass in der auf den 1.1.2000 in Kraft ich aber daran erinnern kann, dass macht werden. Überhaupt hat diese relle Werten. gen. Gestützt auf das Filmgesetz ist gesetzten revidierten Bundesverfas- der Schweizer Souverän auch „frei- Form des öffentlichen Mäzenen- der Bund daher in der Lage, Film- sung in Art. 69 grundsätzlich die willig“ in einer Volksabstimmung ei- tums in der Schweiz eine lange Tra- Verstärktes Engagement produktionen aus der Schweiz fi- Kulturhoheit bei den Kantonen be- ner Erhöhung des Benzinpreises aus dition, die sich auch in jüngster Zeit der Bundesregierung nanziell zu unterstützen. In den üb- lassen wird. Neu erhält aber auch umweltpolitischen Überlegungen fortsetzt. So gelang es etwa einer rigen Sparten aber fehlen der Kul- der Bund die Möglichkeit, kulturelle (Einschränkung des Individualver- Gruppe von theaterinteressierten Als föderaler Staat ist sich die turverwaltung des Bundes aber die Bestrebungen von gesamtschweize- kehrs, Förderung des öffentlichen Damen aus Basel innerhalb von kur- Schweiz zunehmend bewusst ge- gesetzlichen Grundlagen, Einzel- rischem Interesse zu unterstützen. Verkehrs) zugestimmt hat, dann darf zer Zeit, unter privaten Sponsoren worden, dass auch der Bund die Kul- projekte zu unterstützen. Für die Gemäss diesem Verfassungsauftrag man schon davon ausgehen, dass genügend Geld aufzutreiben, um ne- turpolitik ernst nehmen muss. Sein Unterstützung von kulturellen Ein- ist die schweizerische Bundesregie- die Eigenverantwortung des Schwei- ben dem Mehrsparten-Stadttheater kulturpolitisches Engagement hat zelprojekten ist die öffentlich-recht- rung zur Zeit dran, ein Kulturförde- zer Stimmbürgers für das Allge- ein Schauspielhaus zu eröffnen. sich nach zögerlichen Anfängen im liche, vom Bund vollumfänglich fi- rungsgesetz zu erlassen, welches die meinwohl recht entwickelt ist. Tat- 19. Jahrhundert in letzter Zeit stetig nanzierte Schweizerische Kulturstif- Einzelheiten der Zusammenarbeit sächlich lässt ja auch die grosse Die Schweiz und die Welt verstärkt. Angefangen hat die tung Pro Helvetia zuständig. Aus zwischen dem Bund, den Kantonen, Dichte an kulturellen Einrichtungen Nun, auch in der Schweiz nimmt die schweizerische Bundesregierung ih- Rücksicht auf die Kulturhoheit der den Gemeinden aber auch den pri- (die Schweiz ist Weltmeister was die Mobilität der Menschen zu. Auch in re kulturellen Aktivitäten historisch Kantone trifft diese Stiftung ihre vaten Kulturförderern regelt. Neu Museumsdichte pro Einwohner be- der Schweiz wird man sich bewusst, gesehen als Träger des Schweizeri- Förderungsentscheide vollkommen eingeführt soll mit diesem Gesetz trifft) den Schluss zu, dass auch im wie stark international vernetzt heu- schen Landesmuseums in Zürich autonom von staatlichen Stellen. Im auch die Vierjahresplanung der direktdemokratischen System der te wirtschaftliches und staatliches und – Mehrsprachigkeit verpflichtet Bereich der bildenden Kunst stehen bundesstaatlichen Kulturförderung Schweiz durchaus Platz ist für eine Handeln ist. Und vollkommen un- – seit einigen Jahren auch im Schloss dem Bund einzelne Förderungspro- werden. Insgesamt erhofft man sich durch die öffentliche Hand finan- berührt von dieser Entwicklung Prangins bei Lausanne. Die Schwei- gramme zur Verfügung. Dabei sind vom Kulturförderungsgesetz zusam- zierte Kulturpolitik. Es ist manchmal bleibt in Zeiten der Globalisierung zerische Landesbibliothek in Bern die Eidgenössischen Wettbewerbe men mit den anderen kulturrelevan- wohl schwierig, Mehrheiten für ge- auch die Kultur nicht. Wollten zum und das Literaturarchiv stehen für Kunst und für Architektur zu ten Artikeln der revidierten Bundes- wagte, innovative Kulturprojekte zu Beispiel früher die so genannten ebenfalls seit deren Gründung in der nennen, ferner die Atelierstipendien verfassung und der entsprechenden finden. Dafür ist die Identifikation Gastarbeiter für eine bessere Inte- Verantwortung des Bundes. Tradi- für Schweizer Künstler in Berlin und Ausführungsgesetzgebung, ein mo- des Bürgers mit seinem Theater, sei- gration an ihrem Arbeitsort Schwii- tionell ist auch die Mitwirkung des New York sowie ein Kulturfonds für dernes Instrument für eine aktive ner Musikschule, mit seiner Kunst- zertütsch lernen, wurden sie sofort Bundes in der Organisation der so die Unterstützung von professionel- Kulturverträglichkeitsprüfung zu er- sammlung oft ausgeprägter als in gefragt, welches Schwiizertütsch, genannten Landesausstellung oder len Künstlern in finanziell schwieri- halten. Der Gesetzgebungsprozess anderen Ländern. den Basler Dialekt, oder den St. Gal- Expo nationale, die ca. alle 25 Jahre gen Situationen. Schließlich hat der ist noch nicht abgeschlossen und es ler oder den Luzerner oder gar Sens- durchgeführt wird (2002 in der Ge- Bund auch die Möglichkeit, die Be- finden zur Zeit ähnliche Diskussio- Private Eigenverant- ler Dialekt des deutschsprachigen gend von Biel/Neuenburg) sowie die triebskosten von unabhängigen Kul- nen innerhalb der Schweiz statt, wie wortung Teils des Kantons Fribourg? Heute Teilnahme an Weltausstellungen. turräume mittels Jahressubventio- wir sie in den EU-Mitgliedstaaten im wird in den Sprachschulen der Für den Zusammenhalt der vier nen mitzutragen. Bei der Auswahl Zusammenhang mit der Schaffung Weil die Leidensbereitschaft des „Bahnhof Buffet Olten Dialekt“ un- Landesteile fördert der Bund die und Vergabe dieser Fördermittel der Europäischen Verfassung ken- Steuerzahlers nicht überstrapaziert terrichtet (in Olten kreuzen sich die Verständigung und den Austausch steht dem Bund die Eidgenössische nen. Die Kulturpolitik scheint also werden darf, sind auch die an den Hauptverbindungslinien der Bahn zwischen den Sprachgemeinschaf- Kunstkommission beratend zur Seite. ganz allgemein zur Diskussion zu Staat gerichteten Erwartungen im zwischen St. Gallen im Osten und ten und unterstützt insbesondere stehen. Dieser Diskussion stellt sich allgemeinen bescheidener als in ver- Bern im Westen, Basel im Norden Übersetzungen von literarischen Modernes Kulturförde- unser Land, das sich gerade in kultu- gleichbaren Staaten. Dies betrifft so- und Luzern im Süden der Deutsch- Werken in die jeweils anderen Lan- rungsgesetz reller Hinsicht seiner Zugehörigkeit wohl die Kunstschaffenden selbst als schweiz). In der Schweiz findet so- dessprachen. Zudem entrichtet er zu Europa bewusst sein will, ohne auch die Kunstliebhaber. Erstere mit durchaus ein Integrationspro- Beiträge an Programme für den Aufgrund dieser Ausführungen ist gleichzeitig aber auch seine spezifi- sind sich wohl der liberalen Grund- zess statt, wenn auch vorerst vor- Austausch von Schulklassen zwi- ersichtlich, dass die Schweizerische schen historischen und politischen haltung der Schweizer Politik be- wiegend auf nationaler Ebene... schen den Landesteilen. Der Bund Bundesregierung – auch wenn die Bedingungen ausser Acht zu lassen. wusst wonach man zuerst einmal Die Schweiz, ein Europa im Klei- fördert weltweit 15 Schweizer Schu- Kulturhoheit nach wie vor bei den versuchen sollte, sich selbst zu hel- nen, so wird sie oft genannt. Inso- len im Ausland. Schließlich verfügt Kantonen und Gemeinden liegt und Der Verfasser ist Botschaftsrat und lei- fen. Tatsächlich nehmen sich die An- fern ist wohl der Vergleich nahelie- das Bundesamt für Kultur über ei- diese weitestgehend Träger der kul- tet die Abteilung Kultur und Bildung sprüche der Künstler in der Schweiz gend, dass ebenso wenig eine um- nen Kredit zur Unterstützung kultu- turellen Institutionen bleiben – sich der Schweizerischen Botschaft ■

Europa und Kultur Startschuss bei der UNESCO • Von Barbara Gessler

Im kommenden Jahr werden in Brüs- sungen darüber, wie die Umsetzung Mehrwertsteuer für Kulturgüter und haben, ist zwar sicher manchem Fi- bis 2009 zumindest Planungssicher- sel die Weichen gestellt für die Zu- in die Praxis erfolgen soll. Die Kom- -dienstleistungen sehen, bei denen nanzminister ein Dorn im Auge, heit erlauben. kunft zumindest solcher Programme, mission wünscht sich, aus gutem sich das Europäische Parlament (bei aber für die Kulturschaffenden in Im Oktober kommenden Jahres deren Existenz niemand in Frage Grund, die Konzentration auf weni- Redaktionsschluss zumindest der Europa von nicht zu unterschätzen- plant die Kommission, einen Richt- stellt und die gleichzeitig in Zeiten ge Themenbereiche und grössere zuständige Wirtschaftsausschuss) dem Wert. Auch die Regierungen linienvorschlag über Verwertungs- schmerzhafter Einschnitte in Finanz- Projekte, das Ergebnis der Konsulta- zwar für Tonträger begeistern kann, müssten der historischen Erweite- gesellschaften vorzulegen. Das The- ausstattungen einen, wenngleich tion macht jedoch auch deutlich, anderen Gütern jedoch nicht auto- rung der Europäischen Union nicht ma wird derzeit im Europäischen auch vergleichsweise bescheidenen, dass man das Kriterium der „Sicht- matisch dieselbe Förderung zukom- nur Lippenbekenntnisse zollen, Parlament behandelt. Auch hier Rettungsanker für viele darstellen, barkeit“ von Projekten nicht zu Las- men lassen will. Die meisten Abge- sondern dem konkret im wichtigen wird besonderer Wert auf die man- nämlich die Förderprogramme wie ten des qualitativen Aspekts, also ordneten möchten jedoch die Be- Kulturbereich durch Aufstockung gelhafte Situation in den neuen Mit- KULTUR 2000 und MEDIA Plus. auch kleinerer Umfang und kurzfris- deutung des kulturellen Erbes posi- der Budgets Rechnung tragen. Der- gliedstaaten gelegt. Weiterhin soll tige Zusammenarbeit, überhöhen tiv anerkannt und gefördert sehen. selbe Appell geht natürlich auch an die Kommission insbesondere auf- m Frühjahr will die Kommission, sollte. Eine weitere Herausforderung die Kulturschaffenden in den jetzi- gefordert werden, sich dem Thema Inachdem die Ergebnisse der Eva- Interessant auch, wie der Vor- steht für das kommende Jahr an, gen Mitgliedstaaten, denn auch sie vertikale Medienkonzentration, de- luierungen in den kommenden Ta- stoß der Kommission, angeregt vom nämlich die volle Integration der freuen sich zwar auf das Mehr an ren Kontrolle und ihrer Auswirkun- gen vorgelegt werden sollen, Vor- Bericht Zorba des Europäischen neuen Mitgliedstaaten in die För- kulturellem Reichtum, das die Er- gen auf die Rechtewahrnehmung schläge für die neue Generation ab Parlaments, zugunsten der Kulturin- derprogramme der Europäischen weiterung mit sich bringen wird, aktiv anzunehmen. 2007 machen. Obwohl die interes- dustrien angekommen ist. Zweifel Union. Auch hier ist bereits zu be- wollen jedoch ungern auf die liebge- Der Startschuss für die UN- sierten und betroffenen Kreise sich an der Notwendigkeit, einen „als obachten, dass der Wunsch nach wonnene Unterstützung verzichten. ESCO-Konvention ist gegeben, das bereits diesen Sommer zu KULTUR wirtschaftlich tragfähig empfunde- positiver Diskriminierung und be- An einem konkreten Beispiel wird zu Europäische Parlament hat sich da- 2000 äussern konnten und auch zu nen Sektor“ zu unterstützen, seien sonders auf die „Erweiterungslän- beobachten sein, wie man ein sol- zu aktiv eingeschaltet. Anfang 2004 MEDIA Plus bereits eine grosse öf- geäußert worden. Andere fürchten der“ zugeschnittenen Ausschrei- ches Dilemma behandeln kann, wird der Bericht Prets (siehe Seite fentliche Anhörung stattfand, wird wohl, das vermutlich geringe För- bungen politisch übereinstimmend nämlich mit Blick auf dem Vorschlag 10) über die Erhaltung der kulturel- also 2004 noch einmal die Gelegen- dervolumen auf EU-Ebene würde gewünscht werden, wie man dieses der Kommission zur Ernennung von len Vielfalt nach erfolgreichen Be- heit bestehen, den Entscheidungs- eine solche Initiative gleich sinnlos jedoch dann in die Praxis umsetzen Kulturhauptstädten in den Erweite- mühungen um einen guten Kom- prozess aktiv und konstruktiv zu be- machen. Wieder andere wollen eine möchte und wie mögliche finanziel- rungsländern ab 2009. Es gibt nie- promiss in die Plenardebatte einge- gleiten. Zumindest für das Kultur- mögliche Unterstützung nicht auf le Einbußen bei den Betroffenen in manden in Europa oder in Deutsch- bracht werden. Unter anderem wird programm haben die zuständigen die Bereiche Musik und Verlagswe- den „alten“ Mitgliedstaaten ankom- land, der die Notwendigkeit dieses dort nochmals auf die Einbeziehung Stellen bei der Beauftragten für Kul- sen begrenzt sehen. In diesem Punkt men, wird spannend zu beobachten Vorschlags in irgendeiner Art und der Zivilgesellschaft in die Ausarbei- tur und Medien bereits angekün- werden die grundsätzlich unter- sein. Es wäre daher sehr wünschens- Weise bezweifeln würde. Wichtig ist tung des Rechtsinstruments ge- digt, dass in Deutschland ein umfas- schiedlichen Auffassungen über wert, wenn sich, wie bisher, auch die aber, dass der finanzielle Rahmen, pocht, eine Herausforderung auch sender Konsultationsprozess statt- Kulturindustrie und darüber, wie neuen Europaabgeordneten ab dem so klein er auch ist und der ja auch für den Deutschen Kulturrat. finden soll. Fest steht schon jetzt, man unter wirtschaftlichen Aspek- Herbst 2004 für eine bessere finanzi- nicht eigentlich das ausschlagge- dass der so genannte Europäische ten mit ihr umgeht oder umgehen ellere Ausstattung der Programme bende Element für eine Bewerbung Mehrwert eine größere Rolle spielen sollte, überaus deutlich. So kann einsetzen würden. Dass sie dieses in ist, und die Rahmenbedingungen soll, doch gibt es zwischen den Insti- man etwa auch die derzeit aktuellen der Vergangenheit bei Bildungs- und für die sich jetzt schon in der Vorbe- tutionen unterschiedliche Auffas- Verhandlungen über eine ermäßigte Kulturprogrammen mit Erfolg getan reitungsphase befindlichen Städte

politik und kultur 01/04 Seite 12 HKS 47 schwarz EUROPA politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 13

Erfolgsgeschichte Cultural Contact Point Erst umstritten, inzwischen wichtige Anlaufstelle zur EU-Kulturförderung • Von Olaf Zimmermann

Als im Sommer 1997 das Auswärti- genliebe, so sah es einige Zeit so aus, ben, dass nach der Bundestagswahl teuren unter Umständen auch in zu danken, die zum Gelingen des ge Amt und das Bundesministerium als würde nun Deutschland keinen 1998 ein Ansprechpartner für Kul- Anspruch genommen werden kön- Projektes und seinen Erfolg beige- des Innern an den Deutschen Kultur- Cultural Contact Point erhalten. In turpolitik mit Kabinettsrang einge- nen. Viele Kulturorganisationen tragen haben. Da sind zuerst die Mi- rat herantraten, die deutsche Bera- diesem Augenblick kamen das Bun- richtet werden sollte. Dieser Forde- sind in den letzten Jahren zu nisterien zu nennen, die die Mittel tungsstelle für die EU-Kulturförder- desministerium des Innern und das rung, der sich zuerst andere Verbän- „Stammkunden“ des Cultural Con- bereitgestellt haben, dass sind die programme Kaleidoskop, Ariane und Auswärtige Amt auf den Deutschen de anschlossen und die dann auch tact Point geworden und informie- Generaldirektion Bildung und Kul- Raphael zu übernehmen, ahnte nie- Kulturrat zu, ob er nicht den deut- von Politikern aller Fraktionen im ren sich regelmäßig über aktuelle tur der Europäischen Kommission mand, welche Erfolgsgeschichte da- schen Cultural Contact Point über- Deutschen Bundestags aufgegriffen Entwicklungen in der EU-Kulturför- sowie von deutscher Seite das Bun- raus entstehen würde und welch nehmen würde. Die Bereitschaft war wurde, stellten sich die Länder vehe- derung. desministerium des Innern und seit wichtige Hilfe der Cultural Contact sofort da und der Hürdenlauf be- ment entgegen. Der Cultural Con- Über die Informationstätigkeit 1999 die Beauftragte der Bundesre- Point für deutsche Antragsteller wer- gann. tact Point der nicht mehr aber auch in Deutschland hinaus arbeitet der gierung für Kultur und Medien. Wei- den würde. Die Hürden für die Ein- Es galt die Länder zu überzeu- nicht weniger als eine Informations- deutsche Cultural Contact Point im ter wurde die Arbeit durch einen richtung des deutschen Cultural gen, dass keine Einmischung in ihre und Beratungsstelle zu der EU-Kul- Netzwerk der Cultural Contact Point Beirat begleitet dem im Laufe der Contact Point lagen zunächst sehr Fördertätigkeit erfolgen würde. Den turförderung sein wollte, wurde von mit. In allen an KULTUR 2000 teil- Jahre angehörten: Heinrich Blei- hoch. Dabei hatte alles in Brüssel kommunalen Spitzenverbände einigen als bundespolitische Anma- nahmeberechtigten Staaten, das cher-Nagelsmann, Barbara Gessler, mit einer sehr ehrenwerten Idee be- musste vermittelt werden, dass ßung gesehen. Dieses Misstrauen ist sind sowohl die EU-Mitgliedstaaten Gerhard Horn, Ulrike Knotz, Wolf- gonnen. letztlich die Kulturakteure vor Ort inzwischen einer partnerschaftli- als auch die Beitrittsländer, wurden gang Maurus, Dr. Frank Schilling, von einer solchen Beratungsstelle chen Zusammenarbeit gewichen. Cultural Contact Points eingerich- Ingrid Sprengelmeier-Schnock, ie EU-Kommission wollte die profitieren würden. Und die Kom- In den sechs Jahren seiner Tätig- tet. Sie treffen sich zweimal jährlich Jörg-Ingo Weber, Peter von Wesen- DVielzahl der Anträge auf EU- plementärmittel zur EU-Förderung keit ist der Cultural Contact Point in- in dem Land, welches die EU-Rats- donk, Rolf Zitzlsperger. Mein Dank Kulturfördermittel kanalisieren und des Cultural Contact Point mussten zwischen zu seiner wichtigen An- präsidentschaft innehat und bera- gilt weiter dem Mitgeschäftsführer vor allem im Vorfeld all jene aus- beschafft werden. laufstelle für die EU-Kulturförde- ten praktische Fragen des Pro- Dr. Norbert Sievers, Kulturpolitische schließen, die aus formalen Grün- Am 15.12.1997 war es dann so rung geworden. Nach dem Auslau- gramms KULTUR 2000. Bei vielen Gesellschaft, für die gelungene Koo- den für eine Förderung nicht in Fra- weit, der deutsche Cultural Contact fen der Programme Kaleidoskop, Probleme, die zunächst als deutsch- peration. Last but not least möchte ge kamen. Die Antragsteller sollten Point nahm im Haus der Kultur in Ariane und Raphael werden Antrag- landspezifisch erschienen, stellte ich allen Mitarbeiterinnen und Mit- direkt in den Mitgliedstaaten bera- Bonn seine Arbeit auf. Der Deutsche steller über das Folgeprogramm sich heraus, dass sie in verschiede- arbeitern danken, die durch ihre ten und die komplizierten Förde- Kulturrat hatte die Rechtsträger- KULTUR 2000 beraten. Neben einer nen Teilnahmeländern auftauchen. Sachkenntnis und durch ihr Engage- rungsmodalitäten von Fachkräften schaft, im Innenverhältnis wurde ersten Information über die Voraus- Auch wird eine gemeinsame Koope- ment zum Gelingen des Projektes vor Ort erläutert werden. In anderen mit der Kulturpolitischen Gesell- setzungen zur EU-Kulturförderung rationspartnerdatenbank gepflegt, entscheidend beigetragen haben. Es Förderprogrammen hatte die EU- schaft eine Kooperation eingegan- halten die Mitarbeiterinnen und die vom spanischen Cultural Con- sind: Christine Beckmann, Sabine Kommission mit diesem Verfahren gen. Beim Sommerfest 1998 des Mitarbeiter eine Vielzahl praktischer tact Point installiert wurde. Bornemann, Ralf Brünglinghaus, bereits positive Erfahrungen gesam- Hauses der Kultur fand die feierliche Tipps für die konkrete Antragstel- Nach nunmehr sechs Jahren Annette Cammann, Caroline Dan- melt. Einweihung des Beratungsbüros lung bereit und sehen, so es ge- Rechtsträgerschaft des Cultural gel, Heike Degener, Christina Det- Auch von deutscher Seite wurde statt. wünscht wird, Förderanträge für Contact Point durch den Deutschen scher, Ulrika Hallensleben, Athina diese gute Idee zur Verbesserung der Die Anfangsgeschichte des Cul- KULTUR 2000 auf Plausibilität und Kulturrat geht diese zum 1.1.2004 an Trakas. Startbedingungen für die Antrag- tural Contact Point fiel genau in die Verständlichkeit durch. Informati- die Kulturpolitische Gesellschaft steller zur EU-Kulturförderung ger- Zeit, in der auf kulturpolitischer onsveranstaltungen in den Ländern über. Der Deutsche Kulturrat wird Ab dem 01.01.2004 lautet die An- ne aufgegriffen, sechzehn Bundes- Ebene heftig darum gestritten wur- sowie bei Verbänden haben mög- nun die vorherige Rolle der Kultur- schrift: länder wollten je einen Cultural de, ob der Bund überhaupt kultur- lichst vielen potenziellen Antragstel- politischen Gesellschaft überneh- Cultural Contact Point Contact Point einrichten und dafür politische Kompetenz besitzt und lern das Programm KULTUR 2000 men und als Kooperationspartner c/o Kulturpolitische Gesellschaft jeweils EU-Fördermittel erhalten. wie er sie ausfüllen darf. Der Deut- nahe gebracht. Zusätzlich werden das Projekt inhaltlich mittragen aber Weberstraße 59a Dieser Vorschlag hingegen stieß bei sche Kulturrat hatte im Frühsommer Hinweise auf andere Förderpro- nicht mehr Rechtsträger sein. 53113 Bonn der EU-Kommission auf wenig Ge- des Jahres 1998 die Forderung erho- gramme gegeben, die von Kulturak- Mir bleibt an dieser Stelle allen

Klarheit auf dem Weg zur Kulturhauptstadt Europas Erstes Treffen der Bewerberstädte beim Deutschen Kulturrat • Von Olaf Zimmermann

Im Jahr 2010 darf sich eine deut- Kulturrates Heinrich Bleicher-Na- sche Stadt mit dem Ehrentitel Kul- gelsmann wurden ausführlich Fra- turhauptstadt Europa schmücken. In gen einer gemeinsamen Öffentlich- der Ausgabe 3/2003 von politik und keitsarbeit der Bewerberstädte erör- kultur wurde ausführlich über das tert. Die Redaktion Kulturzeit von erste Treffen der Bewerberstädte auf 3sat stellte vor, wie Filmportraits der Einladung der Stadt Kassel berich- Städte aussehen könnten, die im tet. Bei diesem Treffen wurde der Laufe des Jahres 2004 in Kulturzeit Deutsche Kulturrat gebeten, die ausgestrahlt werden könnten. nächste Zusammenkunft der Bewer- Breiten Raum nahm in der Dis- berstädte auszurichten. kussion das nationalen Auswahlver- fahren ein. Bislang ist immer noch m 03.11.2003 trafen sich auf Ein- offen, wie viele Städte das Auswärti- Aladung des Deutschen Kulturra- ge Amt als Bewerberstädte für die v.l.r.: Prof. Monika Grütters (Vorstand Stiftung Brandenburger Tor), Olaf Zimmermann (Geschäftsführer Deutscher Kulturrat), tes fünfzehn der sechszehn Bewer- Kulturhauptstadt 2010 nach Brüssel Heinrich Bleicher-Nagelsmann (Stellv.Vorsitzender Deutscher Kulturrat), Barbara Gessler (Wissenschaftliche Mitarbeiterin berstädte (Augsburg, Bamberg, melden wird. Wird es nur eine sein, Deutscher Kulturrat), Armin Conrad (Koordinator 3Sat) Braunschweig, Bremen, Des- die dann mit hundertprozentiger Si- sau/Wittenberg, Essen, Görlitz, Hal- cherheit den Zuschlag erhält? Oder oder ob diese Entscheidung im Kul- hauptstadt Europas im Jahr 2010 und die Mitgliedstaaten entscheiden. le, Karlsruhe, Kassel, Köln, Lübeck, werden es mehrere sein und wird turausschuss des Bundesrates ge- wahrscheinlich noch eine ungari- Die Situation für die Bewerber- Münster, Osnabrück, Potsdam, Re- der Europäischen Kommission die fällt wird. Der Deutsche Kulturrat sche Stadt Kulturhauptstadt Euro- städte hat sich durch diesen Vorstoß gensburg) im Max-Liebermann- Auswahl überlassen? Die Auswahl in hat auf Bitten der Bewerberstädte pas wird. Staatsministerin für Kultur gravierend verändert. Die Städte Haus der Stiftung Brandenburger Deutschland soll der Bundesrat vor- den Bundesrat um Klärung gebeten. und Medien Christina Weiss hatte müssen nun damit rechnen nicht Tor in Berlin. Nach einer kurzen Ein- nehmen. Bislang ist noch vollkom- Nur wenige Wochen nach dieser bereits im Oktober dieses Jahres an- mehr allein Kulturhauptstadt Euro- führung durch den Stellvertreten- men offen, ob der Bundesrat dafür Sitzung kristallisierte sich heraus, geregt, die Beitrittsländer stärker an pas zu sein, sondern diesen Ehren- den Vorsitzenden des Deutschen eine unabhängige Jury berufen wird dass neben der deutschen Kultur- der Kulturhauptstadt Europas zu be- titel mit einer anderen Stadt zu tei- teiligen und den Städten der Bei- len. Mit Blick auf die Integration der trittsländer möglichst frühzeitig die Beitrittsländer in die Europäische Möglichkeit zu eröffnen Kultur- Union ist diesem Vorschlag sogar ei- hauptstadt Europas zu werden. niges abzugewinnen. Die deutschen Am 17.11.2003 hat nun die Euro- Bewerberstädte aber brauchen Pla- päische Kommission eine Änderung nungssicherheit. Sie müssen wissen, des Beschlusses über die Kultur- ob sie im Jahr 2004 allein die Kultur- hauptstädte Europas (KOM (2003) hauptstadt stellen oder ob noch eine 700 endg.) vorgelegt. Darin wird u.a. zweite Stadt aus Ungarn oder einem vorgeschlagen, dass Deutschland im anderen Beitrittsland hinzukommt. Jahr 2010 nicht mehr alleine das Be- Der Deutsche Kulturrat wurde nennungsrecht für die Kulturhaupt- von den Bewerberstädten wiederum stadt Europas 2010 hat, sondern aufgefordert, das nächste Treffen im auch Ungarn eine Kulturhauptstadt Februar in Berlin auszurichten. benennen darf. Das bedeutet, dass Mittlerweile hat das Auswärtige Amt 2010, sollte der Vorschlag eine Mehr- angeboten, dass das Treffen in ihren heit finden, zwei Städte – und zwar Räumen stattfinden könnte und eine aus Deutschland und eine aus dass Vertreter des Auswärtigen Am- Ungarn – Kulturhauptstadt Europas tes den Bewerberstädten Rede und v.l.r.: Silke Heilmerl (Bamberg), Oliver Will (Bamberg), Werner Hipelius (Bamberg), Ullrich Eidenmüller (Karlsruhe), Dr. Wilhelm werden. Über diesen Vorschlag müs- Antwort stehen werden. ■ Neufeldt (Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur Brandenburg), Joachim Ebel (Kassel) sen nun das Europäische Parlament

politik und kultur 01/04 Seite 13 HKS 47 schwarz BILDUNGSREFORM politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 14

Die Ganztagsschule – ein neuer Lern- und Lebensort Für eine Kooperation von Schule und Trägern kultureller Jugendbildung • Von

Mit dem Investitionsprogramm „Zu- Lehrformen einlassen. sel ein. Wir können es uns gar nicht dem Projekt den türkischen Text kunft Bildung und Betreuung“ för- Ausgangs- und Mittelpunkt aller leisten, die hierbei erworbenen und setzten sich so verstärkt mit der dert die Bundesregierung in den Kooperationsbemühungen sind die Schlüsselkompetenzen nicht als sol- Herkunft und Sprache ihrer Klassen- nächsten Jahren den Aufbau von Kinder und Jugendlichen selbst. Ge- che wahrzunehmen und wertzu- kameraden auseinander. Dieser Rol- Ganztagsschulen. Dies ist ein not- meinsames Ziel sollte es sein, sie in schätzen. lentausch – einmal in der Rolle des wendiger Schritt, um die Bildung von ihrer Entwicklung zu einer umfas- Sowohl kulturelle Bildung als Nicht-Verstehenden zu sein – war Kindern und Jugendlichen zu verbes- send gebildeten Persönlichkeit zu auch der Sport können Beachtliches eine besondere Herausforderung für sern. Er fordert Schule und Jugend- fördern und zu unterstützen. Damit dazu beitragen, dass aus den künfti- die deutschen Teilnehmer.“ hilfe auf, zu einem neuen Selbstver- dies gelingt, sollten Schule und au- gen Ganztagsschulen lebensweltbe- ständnis ihrer jeweiligen pädagogi- ßerschulische Träger ein gemeinsa- zogene Lern- und Lebensorte wer- Neue Qualität von schen Arbeit zu kommen und ihr Bil- mes Bildungsverständnis entwi- den, in die Kinder und Jugendliche, Bildung dungsverständnis zu erweitern. ckeln. Dabei ist Bildung nicht zu re- Pädagogen und Pädagoginnen, duzieren auf unmittelbar verwert- Fachkräfte und natürlich auch die Das Beispiel zeigt: Die Fachlichkeit, llerdings wird in Deutschland bares Wissen oder berufsverwertba- Eltern gerne gehen. Ideen und Methoden der kulturellen Ader Begriff „Bildung“ immer zu re Fertigkeiten. Bildung bezieht sich Bildung tun der Schule gut! Träger häufig allein mit Schule verbunden. auf den ganzen Menschen, auf seine Mehr als die Summe und Fachorganisationen der Kultur- Gelingende Lebensführung und so- kognitiven, aber eben auch auf seine der Teile arbeit sollten Mut und Energie ha- ziale Integration bauen aber ebenso sozialen, emotionalen und ästheti- ben, ihre – manchmal auch unkon- auf Bildungsprozessen in Familien schen Fähigkeiten. Den Kunstsparten sage ich: Bringen ventionellen – Anregungen in die sowie beispielsweise in Einrichtun- Sie Ihre Professionalität und Quali- Renate Schmidt Schulen zu tragen. Denn dann wird gen der Kinder- und Jugendkultur Entdeckendes Lernen tät, aber auch ihre Kreativität und Foto: Bundesministerium für Familie, aus der Ganztagsschule der von al- und des Sports auf. in eigener Regie Fantasie mit in die Schulen. Entwi- Senioren, Frauen und Jugend len gewünschte neue Lern- und Le- Die Kooperation zwischen Schu- ckeln Sie gemeinsam mit Lehrkräf- bensort, an dem das Zusammen- le auf der einen und Einrichtungen Eine solchermaßen umfassende Bil- ten, Schulleitungen, Eltern und der und Körpergefühl geschult – die spiel von Schule und Trägern außer- wie Musikschulen, Theaterwerkstät- dung ist nicht allein durch formale Schülerschaft ein Konzept, das über Förderung der Konzentration, die schulischer kultureller Bildung zu ten, medienpädagogischen Zentren Bildungsprozesse, wie sie vorrangig die Addition von „Schule plus au- Erweiterung von Bewegungs- und einer neuen Qualität von Bildung oder Kindermuseen auf der anderen in Schule stattfinden, zu erreichen, ßerschulischer Jugendbildung“ hi- Ausdrucksmöglichkeiten war das auf der Grundlage innovativer und Seite ist nicht neu. Es gibt bereits et- sondern nur durch das Zusammen- nausgeht, ein Konzept, bei dem die Ziel. Kurze Tänze, Instrumentenbau, integrativer Konzepte führt. liche gelungene Beispiele und die spiel von formalen, nicht-formellen schulischen Veranstaltungen und kleine improvisierte Spielszenen Theater, Musik, Multimedia- Zahl der Schulen, die für ihr Nach- und informellen Bildungsprozessen, die außerunterrichtlichen Angebote folgten. Den inhaltlichen Schwer- kunst und Literatur können ebenso mittagsangebot die Zusammenar- also durch die Zusammenarbeit von aufeinander Bezug nehmen, sich er- punkt bildeten Lieder aus den Her- wie Bewegungsangebote aus dem beit mit außerschulischen Trägern Schule und Trägern und Einrichtun- gänzen und bereichern. kunftsländern der Kinder. Die waren Investitionsprogramm des Bundes suchen, steigt. Aber die Kooperation gen der kulturellen Bildung. Denn So wie zum Beispiel in einer offe- mit unglaublichem Eifer bei der Sa- ein Innovationsprogramm machen, zwischen zwei so verschiedenen gerade in Musikschulen, in Jugend- nen Ganztagsgrundschule in Mühl- che und erste Wirkungen beschreibt damit aus Schulen „Häuser des Ler- Partnern ist nicht immer einfach. kunstschulen, Kindermuseen, Me- heim an der Ruhr, an der die Lan- die Schulleiterin so: „Beim Singen nens“ werden, die Kindern und Ju- Kooperation gelingt nur dann, wenn dienwerkstätten, Theaterzentren, desarbeitsgemeinschaft Musik Nord- der türkischen Lieder – in der Origi- gendlichen eine umfassende Bil- die Partner sich gegenseitig in ihrer Leseclubs und vielen anderen Ein- rhein-Westfalen zusammen mit ei- nalsprache – fühlten sich die türki- dung ermöglichen. Professionalität anerkennen und in richtungen kultureller Bildung gibt nem Cellisten der Essener Philhar- schen Kinder einmal in einer ganz ihren unterschiedlichen Bildungs- es Möglichkeiten zum entdecken- monie ein Nachmittagsangebot anderen Rolle als im Unterrichtsall- Die Verfasserin ist Bundesministerin aufträgen respektieren. So müssen den Lernen in eigener Regie, zum durchgeführt hat. Die Kinder, viele tag. Hier profitierten sie von ihrer für Familie, Senioren, Frauen und sich Kultureinrichtungen auf die be- Ausprobieren und Experimentieren. mit Migrationshintergrund, mach- Zweisprachigkeit und es war zu be- Jugend ■ sonderen Erfordernisse der Schule Fremdes und bisher Unbekanntes ten begeistert mit. Mit Hilfe von Mu- obachten, dass einige Teilnehmer einstellen. Die Schule muss sich auf kann ergründet werden, neue Sicht- sik und Rhythmusinstrumenten richtig aufblühten. Die deutschen andere, ungewöhnliche Lern- und weisen laden zum Perspektivwech- wurden zunächst Wahrnehmung Kinder und Jugendlichen lernten in

Zusammenarbeit von Musikverein und Schule Ein Modell, das in Baden-Württemberg „Schule“ macht • Von

Musik bringt Menschen zusammen. schon mehrmals der Ehrentitel • Hinzugetreten sind Arbeitskreise den 90er Jahren Programme der „ge- werden in Baden-Württemberg Also gehören Musik und musikali- „Musikland Nr. 1“ verliehen. Diese mit den großen Musiktheatern in meinsamen Chorleiterausbildung“ jährlich 250 bis 300 Mentorinnen sche Bildung zum Mittelpunkt von Gegebenheiten stellen eine sehr gu- Baden-Württemberg, der Arbeits- (GC) bzw. der „gemeinsamen Diri- und Mentoren der Musik ausgebil- Schule. Musik sorgt aber auch für te Voraussetzung dar, den aktiven kreis mit dem Musikbereich des gentenausbildung“ (GD) aufgelegt. det. Sie erhalten ein Zertifikat über Kommunikation. Wer singt oder auf Umgang der Schülerinnen und Südwestrundfunks sowie Ge- Hierbei werden interessierte – aber ihre Ausbildung und werden dann einem Instrument musiziert, der er- Schüler mit Musik im „kulturellen sprächsforen mit den Kulturäm- musikfachlich nicht ausgebildete – entweder in der musikalischen Ju- lernt genau genommen eine zweite Lebensraum von Schule“ noch wei- tern der größeren Städte in Baden- Lehrkräfte der Schulen mit beson- gendarbeit eines Vereins, im Musik- Sprache. Sie ist unerschöpflich in ih- ter zu entwickeln und Modelle für Württemberg. deren Talenten aus der Aktivitas der leben ihrer Schule oder auch in bei- rer Vielfalt. weitere und musikbetonte Betreu- Musikvereine zusammengefasst den Bereichen gleichzeitig tätig. ungsangebote im Schulwesen zu er- Erfolg mit speziellen und in eintägigen Veranstaltungen Für Schülerinnen und Schüler enn Deutschland sich noch proben bzw. dauerhaft einzuführen. Kulturprogrammen als Chorleiter bzw. Dirigent nach- der Fachschulen für Sozialpädago- Wheute einer hohen Musikkul- qualifiziert. Naturgemäß entspricht gik, die den Beruf der Erzieherin tur rühmen darf, ist dies nicht zu- Die musikalische Bereits im Jahre 1985 hat Baden- diese Nachqualifizierung nicht der bzw. des Erziehers an den Kinderta- letzt der Verdienst der Laienmusik- Zusammenarbeit benötigt Württemberg spezielle Kulturpro- förmlichen Dirigentenausbildung geseinrichtungen anstreben, wird erinnen und Laienmusiker. Vor die- gramme zur Entwicklung einer um- an Musikhochschulen bzw. Kirchen- aktuell auch eine Mentorenausbil- sem Hintergrund freue ich mich, die Strukturen fassenden Zusammenarbeit von musikhochschulen, sie erweist sich dung im Bereich des „Singens mit Schwerpunkte, die das Land Baden- Schule und Verein im Musikbereich aber immer dann als besonders effi- Kindern“ entwickelt. Viele musika- Württemberg bereits seit Jahrzehn- Die Formen der Zusammenarbeit entworfen, die ständig weiterentwi- zient, wenn es darum geht, an Schu- lisch besonders talentierte Schül- ten in der Zusammenarbeit von von Schule und Verein im Musikbe- ckelt werden. len erstmals Chor- oder Instrumen- erinnen der Fachschulen nehmen Schule und Verein setzt, im Über- reich, die sich in Baden-Württem- Ausgangspunkt hierfür ist das talgruppen aufzubauen bzw. Musik- inzwischen an diesem weiteren blick vorstellen zu können. berg entwickelt haben, resultieren „musisch-kulturelle Förderpro- vereinen und Chören im Amateur- Mentoren-Ausbildungsweg teil und Die Wechselbeziehungen zwi- aus einer besonderen Struktur, die gramm“, das verschiedene Formen status, die künstlerisch nicht allzu werden seitens der Kindergarten- schen den Vereinen der Laienmusik über Jahre entstanden ist. Die ein- der aktiven Zusammenarbeit in Ver- ambitioniert sind, einen adäquaten träger bevorzugt eingestellt. und der schulischen Musikpflege zelnen Schritte seien hier nur stich- ein und Schule begleitet. In diesem Dirigenten zu vermitteln. Zur Abrundung der oben ge- sind in Baden-Württemberg in den wortartig genannt: Rahmen finden Jahr für Jahr ca. 1000 Als besonders nachhaltig hat nannten Entwicklungsprogramme zurückliegenden 20 Jahren in neuer • Einführung von speziellen Fachre- Kooperationskonzerte statt. sich in Baden-Württemberg die Aus- ist seit dem Jahre 2001 in Baden- Weise betont worden. Dies war ferenten für Musik und Kunst in Motor dieser Entwicklung sind bildung von Musikmentorinnen Württemberg die sog. „Dauerkoope- möglich, weil die Verbände und die den 4 Oberschulämtern bzw. im sog. „Modellkonzerte“, bei denen an und Musikmentoren erwiesen. Sol- ration Schule – Verein“ im Musikbe- Vereine der Amateurmusik gerade in Kultusministerium selbst; einem gemeinsamen Konzertabend che Mentoren-Programme bestehen reich eingeführt. Hierbei unter- Baden-Württemberg in einer quan- • Einführung von musikspezifi- jeweils eine Grundschule, eine im internationalen Rahmen bislang zeichnen Schule wie Verein ein titativ und qualitativ guten Entwick- schen Ansprechpartnern in allen Hauptschule, eine Realschule ggf. nur in Südkorea und in Schweden. „Partnerschaft-Gelöbnis“, welches lung stehen, was sich auch auf die 30 Staatl. Schulämtern und Ein- auch eine Sonderschule bzw. ein Bei dieser Mentorenausbildung wer- für viele Jahre Bestand haben soll Schulen auswirkt. führung von speziellen Beauftrag- Gymnasium beispielhafte Formen den 15 bis 16-jährige Schülerinnen und die wechselseitige Unterstüt- In den öffentlichen Schulen wir- ten der musikalischen Zusam- der musikalischen Zusammenarbeit und Schüler aller Schularten, die zung, die Bildung neuer Musizier- ken rund 150.000 Schülerinnen und menarbeit mit den Sängerbünden, mit einem jeweils zugeordneten sich für eine spezielle Musikgattung gemeinschaften, Beiträge zum Musik- Schüler, dies sind etwa zehn Prozent den Blasmusik-Verbänden und Musikverein präsentieren. Viele Mu- interessieren, bei Wochenend-Lehr- leben der Heimatregion und die der Gesamt-Schülerschaft, freiwillig dem Deutschen Harmonika-Ver- sikvereine tun sich aktuell schwer, gängen in enger Zusammenarbeit Förderung des jugendlichen Ehren- in den 6.000 Chören und Instrumen- band in Baden-Württemberg. ausscheidende Chorleiter bzw. Ver- mit den Musikbünden des Landes amtes als zentrale Inhalte ausweist. talgruppen der Schulen mit. Die • Entwicklung von speziellen Ar- einsdirigenten adäquat zu ersetzen. ausgebildet, wobei die Schulverwal- Das Land Baden-Württemberg för- Freude der Baden-Württemberger beitskreisen auf Ebene des Ministe- Auch etwa im Bereich der Haupt- tung den administrativen Rahmen dert diese Dauerkooperationen je- am gemeinsamen Singen und Musi- riums, in denen Experten der Mu- und der Realschulen in Baden- stellt. Die Musikbünde bringen Re- weils mehrere Jahre nacheinander zieren gehört somit zur besonderen sikbünde und Vertreter der schuli- Württemberg fehlen oftmals musi- ferentinnen und Referenten ein, die – je nach Qualität und finanziellem Identität und den Wesensmerkma- schen Musikerziehung zusammen- kalische Fachkräfte, welche Chöre nicht allein musikfachlich, sondern len dieses Bundeslandes. Deshalb arbeiten und gemeinsame Vorha- und Orchester betreuen können. auch im Umgang mit Jugendlichen Weiter auf Seite 15 wurde Baden-Württemberg auch ben entwickeln und betreuen. Daher hat Baden-Württemberg seit besonders erfahren sind. Derzeit

politik und kultur 01/04 Seite 14 HKS 47 schwarz BILDUNGSREFORM politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 15

Fortsetzung von Seite 14 Musikbünde, die wesentlichen Mu- Kinder und Jugendliche, aber auch zur Musik Menschen verschiedens- Kirchenmusik, musizierenden Verei- sikinstitutionen des Landes, die El- ihrer Lehrerinnen und Lehrer, ein ter Altersstufen und aus den ver- nen und Schule darstellt. Die Musik- terngremien usw. engagiert mitwir- wesentlicher Beitrag, den pädagogi- schiedensten Berufen und Lebens- kultur eines Landes beginnt hierbei Aufwand. Sie stellen eine wesent- ken. Die Gründung einer Stiftung schen Wert von Sprache und Musik bereichen verbindet, müssen wir er- immer bei den Kindern und längst liche Voraussetzung dafür dar, die „Singen mit Kindern“ hat dazu ge- in Familie wie Schule neu zu erken- vor Erreichen des schulpflichtigen musikalischen Betreuungsangebote führt, dass nunmehr Monatslieder- nen. Alters. durch Vereine an Schulen sowie die kalender für alle Grundschulklassen Die in Baden-Württemberg ge- Musikerziehung von Kindern und Ju- zur Verfügung gestellt werden kön- Musikerziehung als wachsene musikalische Zusammen- gendlichen vor allem im Bereich des nen, Singepässe für Kinder und viele gemeinsamer arbeit von Schule und Verein bildet praktischen Singens und Musizie- Sonderveranstaltungen für das „Fa- eine neue und weitere Basis für die rens auszuweiten und für die Nach- miliensingen“ in Baden-Württem- Bildungsauftrag Entwicklung der Musikkultur, sie wuchsarbeit der Vereine neue und berg geschaffen wurden. hilft den Kindern und Jugendlichen, weitere Potentiale zu erschließen. Ich bin davon überzeugt, dass Aktive Musikerinnen und Musiker den aktiven Umgang mit Musik als das gemeinsame Singen der Kinder sind Botschafter der Freude, der Ge- besonders schöne Form der Lebens- Besondere Akzente im und das Singen der Erwachsenen selligkeit – aber auch der tiefen und gestaltung zu entdecken und den Bereich des Singens mit den Kindern weit über den mu- der bewegenden Emotionen. Sie be- Reichtum an musikalischer Bildung sikerzieherischen Ansatz hinaus wahren unsere, an Traditionen so und Erziehung zu vergrößern. Des- Der gesellschaftliche Wandel und ei- auch die emotionale Intelligenz, die reiche Musikkultur, unsere Sprache, wegen hat die Kooperation von ne zunehmende Technisierung der Kommunikationsbereitschaft, die die Worte der großen Dichter, auch Schule und Verein neben der da- Lebensverhältnisse haben dazu ge- Kreativität und die Lebensfreude der unsere Anschauungen und Werte. durch möglichen musikalischen führt, dass Singen in der Alltagskul- Kinder erhöhen und erhebliche Bei- In einer Zeit, in der in unserer Ausbildung der Jugendlichen auch tur in den Familien, in den Kinder- träge zum Spracherwerb, zur Lese- Gesellschaft das Streben nach indi- eine hohe gesellschaftliche Bedeu- Tageseinrichtungen, aber auch im freudigkeit usw. ermöglichen. Daher vidueller Selbstverwirklichung in tung. Beides sind wichtige Argu- kirchlichen Bereich in bedauerlicher spielen bei der aktuellen Einführung den Mittelpunkt gestellt wird, Annette Schvan mente das aktive Singen und Musi- Weise zurückgegangen ist. Da die des Fremdsprachenunterrichts in gleichzeitig aber viele Menschen – Foto: Ministerium für Kultus, Jugend und zieren im Schulalltag wieder stärker Heranführung an die Musik, d. h. die den Grundschulen in Baden-Würt- und gerade Kinder und Jugendliche Sport des Landes Baden-Württemberg zu verwurzeln. Musikalisierung eines Kindes in al- temberg gerade auch das miteinan- – ein großes Bedürfnis nach Ge- ler Regel über das Singen und ent- der Singen und die Musikerziehung meinschaft haben, ist das miteinan- kennen, dass die musikalische Bil- Die Verfasserin ist Ministerin für sprechende Bewegungsspiele er- eine wesentliche Rolle. Angesichts der Singen und das miteinander dung der Kinder und Jugendlichen Kultus, Jugend und Sport des Lan- folgt, hat Baden-Württemberg ein des hohen videophonen Medien- Musizieren in den Chören und Or- nicht ausschließlich auf der rein des Baden-Württemberg ■ „Bündnis für das Singen mit Kin- konsums vieler Kinder und Jugend- chestern, ein besonders wichtiger schulischen Ebene erfolgen kann, dern“ angeregt, bei dem inzwischen licher ist die Wiederentdeckung des Beitrag für Lebensqualität und Freu- sondern einen Gemeinschaftsauf- alle Ämter der Kirchenmusik, alle „Klangs gesprochener Worte“ für de am Lernen. Gerade weil die Liebe trag von Elternhaus, Musikschule,

Den Umgang mit der Krise rechtzeitig lernen Kultur in den neueren Bildungsplänen für Kinder unter sechs Jahren • Von Wassilios E. Fthenakis

Die aktuelle Bildungsdebatte in auf den kurz eingegangen wird. und Rationalität manifest, Eigen- geschehens weitgehend vernachläs- gen spezifischen Möglichkeiten und Deutschland wurde einerseits von Gewandeltes Weltverständnis als schaften, die der menschlichen Ver- sigt bzw. nicht in ihrer tatsächlich Anforderungen. den Ergebnissen der PISA-Studie Ausgangspunkt neuer Bildungscur- nunft zu dienen hätten. Lernen wird bestehenden zentralen Bedeutung (Deutsches PISA-Konsortium 2002) ricula: Betrachtet man die Argu- als vom Kontext unabhängiger, vor- betrachtet. Mayall (1994, S. 2) argu- Anderer Bildungsansatz und andererseits von den Erkennt- mentation, die zur Begründung der wiegend individueller Prozess auf- mentiert, dass ein konstruktivisti- Neudefinition von frühkindlicher nissen des Forum Bildung motiviert. Notwendigkeit einer Bildungsre- gefasst, und das Kind bildet sich sches Verständnis von Bildung das Bildung: Unser Bildungsansatz, wie Die PISA-Studie löste im Land einen form für Kinder (auch) im vorschuli- nach dieser Auffassung selbst. Von Handlungsfeld des Kindes ein- er im Bayerischen Bildungs- und Er- nationalen Bildungsschock aus. Sie schränkt, den Fokus auf das Indivi- ziehungsplan zum Ausdruck kommt, konstatierte unterdurchschnittliche duum legt, und dass dadurch eine ist – in Übereinstimmung mit inter- Werte bezüglich der Lesekompetenz Beschreibung des „universell dekon- nationalen Entwicklungen, sowohl vor allem bei den 15-jährigen Jun- textualisierten Kindes“ angestrebt in den Grundlagendisziplinen (zum gen. Einer „frühen Förderung dieser werde. Beispiel Entwicklungs- und Lernpsy- Kompetenz“ (S. 134) misst sie „eine chologie) als auch in den Anwen- große Bedeutung zu“ und empfiehlt, Komplexe Lebenswelt dungsdisziplinen (z.B. pädagogische den Aspekt „der frühen Leseförde- Aus der so genannten postmoder- Lernkonzepte, Instruktionspsycho- rung dezidiert (als) Gegenstand von nistischen Perspektive im Sinne logie) – im Kern ein anderer, nämlich vorschulischen Programmen“ anzu- Dahlbergs betrachtet, wird hingegen ein sozialkonstruktivistischer (vgl. sehen. „Von besonderer Bedeutung die Auffassung vertreten, dass wir Palincsar 1998). Im Sozialkonstrukti- ist hierbei die Förderung von Kindern Kinder auf das Leben in einer Welt vismus wird das Kind als von Geburt aus Migrationsfamilien und aus anre- hin zu bilden und zu erziehen ha- an in soziale Beziehungen eingebet- gungsarmen und lesefernen Eltern- ben, die in hohem Maß kulturell di- tet angesehen. Lernen und Wissens- häusern“ (S. 134). vers und sozial komplex geworden konstruktion werden als interaktio- ist. Pluralität wird als konstitutives naler und ko-konstruktiver Prozess as Forum Bildung, das im Janu- Element unserer Existenz betrach- aufgefasst. Dar 2002 seine zwölf Empfehlun- tet. Komplexität, Diversität, Unsi- Ein klassisches Beispiel für die gen als Ergebnis einer zweijährigen Der Autor bei einem Vortrag in Bozen Foto: Archiv cherheit, Nichtlinearität und Sub- Ko-Konstruktion findet sich in den Arbeit und als konsensuale Grund- jektivität gelten als genuine Charak- Beobachtungsstudien des Entwick- lage für Bildungsreformen präsen- schen Alter herangezogen wird, so daher wird ein einheitliches Bil- teristika dieser Welt. Es gebe keine lungspsychologen Jerome Bruner tiert hat, hebt ebenfalls die Bedeu- werden neben wirtschaftlichen, dungskonzept für alle Kinder befür- universellen Gesetzmäßigkeiten. (1987). Er hat gezeigt, wie Kleinkin- tung von Bildungsprozessen in den kontextuellen, familialen und natio- wortet. Kulturelle und ethnische Di- Ein objektives Wissen, das darauf der in der Sprachentwicklungsphase frühen Jahren der kindlichen Ent- nalen vor allem solche Argumente versität bleibt unberücksichtigt, warte, entdeckt zu werden, wird zu- in der Interaktion mit der Mutter ler- wicklung hervor und fordert an vor- herangezogen, die auf einen kultu- kontextuelle Aspekte werden nicht nehmend in Frage gestellt. Unter- nen, Bilderbücher zu betrachten. derster Stelle die frühe, individuelle rellen und sozialen Wandel hinwei- thematisiert. schiedliche Perspektiven und zeitli- Ohne interaktionalen ko-konstrukti- Förderung des kindlichen Lernens. sen. Verfechter dieser Argumentati- Solche dekontextualisierten Bil- che und räumliche Besonderheiten ven Kontext, in dem die Mutter auf Es weist auf die Notwendigkeit hin, on vertreten die Ansicht, dass sich dungskonzepte werden aktuell noch seien kennzeichnend für diese Welt. die Äußerungen des Kindes eingeht „Motivation und Fähigkeit zu konti- unser Verständnis von der Welt, in vertreten. Es wird nach wie vor ein Komplexität und Unsicherheit wer- und die Bilder verbalisiert, wären sie nuierlichem und selbst organisier- der Kinder heute leben und auf- Bildungsbegriff verwendet, der un- den dabei als reichhaltige Quellen für ein Kleinkind bedeutungslos. tem Lernen früh zu wecken“, „Mög- wachsen, tief greifend gewandelt ter Vernachlässigung des histori- für das Lernen bejaht. Lernen wird Der in unserem Bildungs- und Er- lichkeiten der Kindertageseinrich- hat, worauf die Bildungspläne stär- schen und sozialen Kontextes defi- als sozialer Prozess definiert, an des- ziehungsplan (2003) vertretene An- tungen zur Unterstützung früher ker reagieren sollten. niert wird. Man greift zu diesem sen Konstruktion das Kind selbst, satz stellt demnach die Interaktions- Bildungsprozesse besser zu nutzen“ Es ist der Verdienst von Dahl- Zweck auf entwicklungspsychologi- wie auch die Fachkräfte, die Eltern prozesse zwischen Kind und Er- und eine „Verbesserung der Bedin- berg, Moss und Pence (1999), die sche Argumentationslinien zurück, und andere beteiligt sind. Kontext- wachsenem in den Mittelpunkt, und gungen für individuelle Förderung Konsequenzen aufgezeigt zu haben, die der konstruktivistischen Traditi- freies Lernen stelle keine ernsthafte zwar von Geburt an. (in der Grundschule) einzuleiten“. die sich aus einem veränderten on piagetscher Prägung entstam- Option mehr dar. Bildungspläne Es geht dabei nicht allein um ein Der derzeit in Deutschland ge- Weltverständnis für die Konstruk- men. Die zentrale These lautet da- hätten demnach den sozialen, kul- „Mittragen“, sondern zentral da- führten, vorwiegend politisch-ge- tion von Bildungskonzepten und für bei: Frühkindliche Bildung ist in ers- turellen und ethnischen Hinter- rum, pädagogische Leitlinien zu fin- sellschaftlich motivierten, Bildungs- die Definition von Bildung ergeben. ter Linie Selbstbildung. Das Kind grund des Kindes in hohem Maße zu den, die den Interaktionsprozess so debatte gingen Diskussionen vo- Hier wird ersichtlich, dass bisherige eigne sich die Welt durch Eigentätig- berücksichtigen. gestalten, dass Entwicklung sich raus, die sich mit frühkindlichen Bil- Bildungskonzepte in Deutschland keit an. Bildung ist demnach ein au- Dem Lernprozess in einer so überhaupt vollziehen kann. Ent- dungsprozessen, der Qualität des eine Weltsicht implizieren, die es zu topoietischer Prozess. Das wesentli- kennzeichenbaren Welt komme eine wicklung ist nicht etwas, das im Bildungscurriculums, der pädagogi- hinterfragen gilt: Diese setzen näm- che entwicklungspsychologische Ar- hohe sozialintegrative Funktion zu. Kind eo ipso voranschreitet, son- schen Qualität und den Rahmenbe- lich voraus, dass die Welt struktu- gument, das dieser Behauptung zu- Bildungskonzepte haben aus dieser dern ein Prozess, der nicht von der dingungen befassten. Diese Beiträge riert ist und in ihren Abläufen und grunde liegt, besagt, dass alles Wis- Perspektive die Aufgabe, dem Kind sozialen und kulturellen Lebenswelt befürworten eine Modernisierung Gesetzmäßigkeiten erfasst werden sen vom Kinde nach Maßgabe sei- Orientierungskompetenz sowie Fer- des Kindes getrennt werden kann. und Neugewichtung der Bedeutung kann mit Rückgriff auf Wissen mit ner kognitiven Fähigkeiten konstru- tigkeiten zum Umgang mit Krisen, Bildung muss daher notwendiger- von Bildung für Kinder unter sechs wertfreiem und universellem Cha- iert werde. Zwar ist in dieser These Brüchen und Diskontinuität zu ver- weise entwicklungs- und kompe- Jahren. Es sind jedoch nicht natio- rakter, das mittels der empirischen der allgemein akzeptierte Grundsatz mitteln. Es wird demnach die Auf- tenzfördernde Interaktionen enthal- nale Debatten, sondern internatio- Wissenschaft gewonnen wurde. Das enthalten, dass Wissen und Bildung fassung vertreten, dass frühkindli- ten, die gezielt zu gestalten sind. Es nale Entwicklungen, die einen theo- Individuum wird als autonom ange- dem Kind nicht unmittelbar vermit- che Bildungsprozesse auf den jewei- reicht deshalb nicht aus, in Bildungs- retischen wie bildungspolitischen nommen und existiert unabhängig telt – gewissermaßen „eingetrich- ligen Kontext auszurichten seien, in Rahmen zur Entwicklung neuer Bil- vom jeweiligen Kontext und Ent- tert“ – werden können, es werden dem sie stattfinden, also die Gesell- Weiter auf Seite 16 dungspläne bereit gestellt haben, wicklung wird in Reife, Autonomie aber soziale Prozesse des Bildungs- schaft und Kultur mit ihren jeweili-

politik und kultur 01/04 Seite 15 HKS 47 schwarz BILDUNGSREFORM politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 16

Fortsetzung von Seite 15 ricula für Kinder im Alter von unter lum betont die kritische Rolle von ches langsam mit Wissen gefüllt Literatur sechs Jahren, denen das skizzierte sozial und kulturell vermitteltem wird. Vielmehr entwickelt das Kind gewandelte Verständnis von Welt zu Lernen sowie der interdependenten eigene Ideen und Theorien, denen Bayerisches Staatsministerium für Arbeit und Den Umgang mit der Krise Grunde liegt. So wird z. B. im norwe- Beziehungen von Kindern zu Men- es sich auf der einen Seite lohnt zu- Sozialordnung, Familie und Frauen / Staatsin- rechtzeitig lernen gischen Bildungsplan die Beziehung schen, Orten und Dingen und Kultur. zuhören, die aber auf der anderen stitut für Frühpädagogik, München: Der Bayeri- zwischen Kultur und Curriculum Kinder lernen durch Zusammenar- Seite auch geprüft und in Frage ge- sche Bildungs- und Erziehungsplan für Kinder in konzepten für die Kinder von heute thematisiert und Tageseinrichtun- beit mit Erwachsenen und Gleichalt- stellt werden können und sollen. Tageseinrichtungen bis zur Einschulung. Ent- auf selbstbildende Potenziale zu gen werden als „Mediator of Culture“ rigen, durch angeleitete Partizipati- Die Forderung kulturelle, ge- wurf für die Erprobung. Weinheim 2003 bauen. Die Forschung hat gezeigt, konzeptualisiert. Die Sami-Sprache on und am Beispiel anderer wie schlechtsbezogene und sonstige Di- Bruner, J.: Wie das Kind sprechen lernt. Göt- dass der Kontext für die Entwicklung und Kultur wird dann folgerichtig durch individuelle Erkundung und versität in der Curriculumkonstruk- tingen 1987 des Kindes und für das kindliche zum Bestandteil des norwegischen Reflexion. tion so zu reflektieren, dass sie als zu Carr, M.: Project for assessing children‘s expe- Lernen von wesentlicher Bedeutung Bildungsplans. Entwicklungen die- bejahendes konstitutives Merkmal riences: Final report to the Ministry of Educati- ist, dass Entwicklungsverläufe nicht ser Art sind auch im schwedischen Aktive Ko-Konstrukteure eines Bildungskonzeptes gilt, kann on. Part Two: Five case studies. University of universal sind und dass die Auffas- Bildungsplan enthalten, wobei aus Dass es (auch kulturelle) Differen- vor dem angedeuteten Hintergrund Waikato 1998 sung, Lehren in der frühen Kindheit inhaltlicher Sicht, Demokratie das zen durch das Bildungssystem nicht nachvollzogen werden. Die rich- Derman-Sparks, L.: Anti-bias curriculum: Tools sei das Vermitteln von einzelnen Hauptthema des (schwedischen) zu beseitigen gilt, sondern dass die- tungweisende Arbeit von Derman- for empowering young children. Washington Wissenskomponenten, keine Gültig- Curriculums ist. Sie werden im Kon- se im Bildungsplan als eine Quelle Sparks (1989), die in Deutschland 1989 keit mehr hat (Carr 1998b, S. 323). zept des Lernens sowie in den for- der Bereicherung reflektiert werden durch Christa Preißing und ihr Team Deutsches PISA-Konsortium (Hrsg.): PISA Paradigmenwechsel bei der Kon- mulierten Werten und Normen deut- sollten, lässt sich auch an einigen weitergeführt wird, sowie generell 2000. Basiskompetenzen von Schülern und struktion neuer Bildungspläne: Die- lich wie auch im Stellenwert, der der weiteren Ansätzen frühkindlicher die Bewegung von „Cultural Diversi- Schülerinnen im internationalen Vergleich. Opla- ser Paradigmenwechsel eröffnet Partizipation und Mitbestimmung Erziehung und Bildung, z. B. im Bay- ty“ in der vorschulischen (und schu- den 2001 neue Sichtweisen, auch mit Blick auf der Kinder und der Kooperation in erischen und Berliner Bildungsplan lischen) Erziehung und Bildung, Dahlberg, G., Moss, P., & Pence, A.: Beyond unser Verständnis und unsere Sinn- Elternhaus und Schule beigemessen aufzeigen. Kinder und Pädagogen deuten in die gleiche Richtung: Wir Quality in Early Childhood Education and Care: konstruktionen von pädagogischer wird (Pramling Samuelson 2002). Vor werden in diesen Plänen als Ko- benötigen ein Bildungskonzept, in Postmodern Perspectives on the Problem with Praxis und Theorie. Es wird zudem dem Hintergrund einer zu bejahen- Konstrukteure von Wissen und von dem auf einer sozialkonstruktivisti- Quality. London 1999 die Auffassung vertreten, dass bishe- den kulturellen Diversität können im Kultur und als Bürger mit Möglich- schen Grundlage Bildung als sozia- Mayall, B.: The sociology of childhood: Child- rige Bildungskonzepte vielfach der Weiteren Entwicklungen in Neusee- keiten, Rechten und Pflichten ver- ler Prozess definiert wird, dem das ren‘s autonomy and participation rights. In Philosophie und den Anforderun- land nachvollzogen werden, wo seit standen. Bild eines kompetenten und aktiven Smith A.B., Gollop, M., Marshall, K., &Nairn, gen entsprochen hätten, die der Na- Beginn der 90er Jahre die Entwick- Diese Vorstellung vom Kind als Kindes zugrunde liegt, das seine K.: (2000). Advocating for children. Dunedin tionalstaat an sie gerichtet hat, etwa lung eines neuen Bildungscurricu- aktivem Ko-Konstrukteur von Wis- Lernumwelt mitkonstruiert. Wir be- 2000, 126-140 die Betonung der Dominanz der lums „Te Whäriki“ initiiert wurde. „Te sen und Kultur basiert auf einer re- nötigen ein Bildungskonzept, das Palincsar, A.S.: Social constructivist perspecti- Muttersprache und der ethnischen Whäriki“ (das bedeutet „gewobene spektvollen Haltung gegenüber dem den kulturellen, sozialen und ethni- ves on teaching and learning. In: Annual Re- Identität bei Vernachlässigung lin- Matte“) ist ein gutes Beispiel neuerer Kind. Dieses wird als neugierig und schen Hintergrund des Kindes re- view of Psychology. 49/1998, 345-375 gualer Diversität und interkulturel- Curriculumentwicklung, in der kul- mutig beschrieben, als Wesen, das flektiert, kontextuelle Faktoren ein- Pramling-Samuelson, I.: Demokratie: Grundlage ler Kompetenz. turelle und linguale Diversität als ge- aus eigenem Antrieb heraus lernen, bezieht und in hohem Maße sozial- und Leitziel des vorschulischen Bildungsplanes Parallel mit der Erkenntnis, dass wünschte und bereichernde Ele- erkunden und sich in aktivem Dia- integrativ ist. Der zuletzt genannte in Schweden. In: Fthenakis, W.E./Oberhuemer, sich die Welt, auf die hin heute Kin- mente in der Curriculumkonstrukti- log mit anderen Menschen entwi- Aspekt ist gerade in Deutschland P. (Hrsg.): Frühpädagogik International. Bil- der zu erziehen sind, fundamental on berücksichtigt werden, wobei die ckeln will. Dies ist das Bild eines von zentraler Bedeutung, da zum ei- dungsqualität im Blickpunkt. Opladen 2002 gewandelt hat, gingen auch nationa- Sprache, die Kultur und die Werte „kompetenten“ Kindes, welches an nen die PISA-Studie für das deut- Ritchie, J.: The bi-cultural imperative within the le und internationale Entwicklungen von Maori und Pakeha Eingang in den Vorgängen in unserer Welt teil- sche Bildungssystem ein Höchst- New Zealand draft curriculum guidelines for einher, die ein verändertes Verständ- das Curriculum finden. Damit liefert hat und (dadurch) sein Lernen maß an sozialer (und kultureller) early childhood education, „Te Whäriki“. Austra- nis von Bildung ankündigten. Vor al- dieses Curriculum ein exzellentes selbst in die Hand nimmt. Lernen in Ausgrenzungswirkung nachweist lian Journal of Early Childhood, 21/1996 (3), lem Entwicklungen in den USA, Ka- Beispiel eines Bildungskonzeptes, in diesem Sinne wird als kooperative und zum anderen eine Untersu- 28-32 nada, Australien und Neuseeland, dem die Vision der Umsetzung einer und kommunikative Aktivität ver- chung (Civil Study) deutschen Kin- aber auch in europäischen Ländern bikulturellen Perspektive und eines standen, wobei sich Kinder zusam- dern weltweit den höchsten Wert an wie Schweden (Pramling Samuelson antirassistischen Ansatzes in Verbin- men mit Anderen Wissen erschlie- Xenophobie bescheinigt. 2002), Norwegen (1996), Finnland dung mit einer respektvollen Bezie- ßen und den Vorgängen in der Welt (1998), England (2002, 2002), führten hung zu den Maori vollzogen wird Sinn verleihen. Das Kind ist hier Der Verfasser ist Direktor des Staats- zur Konstruktion neuer Bildungscur- (Ritchie 1996). Auch dieses Curricu- nicht mehr ein „leeres Gefäß“, wel- instituts für Frühpädagogik ■ Türen für Kooperationen so offen wie nie zuvor Forum zum Thema allgemeinbildende Schulen und Musikvereine • Von

Als Dachorganisation der instrumen- Musik jedoch entfalten zu können, ßerschulische Angebotsanteil kon- können. Notwendige Voraussetzun- talen Laienmusik führte die Bundes- wird es in Zukunft darauf ankom- zeptionell und infrastrukturell mit- gen sind dabei weniger finanzielle vereinigung Deutscher Orchesterver- men, dass sich schulische und au- einander verbunden werden kann. Fördermöglichkeiten als Ideenreich- bände e.V. (BDO) am 30./31. Okto- ßerschulische Institutionen als Part- • Musikvereine können im Rahmen tum, eine umfassende Kommunika- ber 2003 in der Landesvertretung ner verstehen in dem gemeinsamen neu entstehender Lern- und Be- tion zwischen den Institutionen, ein Baden-Württemberg in Berlin eine Streben, die musikalischen Bil- treuungsallianzen an allgemein- den Partnern entgegengebrachtes Forumsveranstaltung durch, die die dungschancen der Kinder und Ju- bildenden Schulen kompetente großes Vertrauen sowie eine hohe Chancen und Perspektiven künftiger gendlichen aufrecht zu erhalten und Partner sein. Ausdauer und Kontinuität. Kooperationen zwischen allgemein- zu entwickeln. Viele Musikvereine beschäftigen • Die erkannten Chancen und Per- bildenden Schulen und Musikverei- Von dieser Position ausgehend größtenteils qualifizierte Musikpä- spektiven müssen ausführlich und nen vor dem Hintergrund schulischer konnten durch das Forum folgende dagogen, die ihre Ausbildung an ei- praxisorientiert dargestellt und Ganztagsangebote praxisorientiert Erkenntnisse gewonnen werden: ner Musikhochschule absolviert ha- verdeutlicht werden. darstellen und bewerten sollte. • Die Türen für Kooperationen zwi- ben und die über ihr Studium in- Am Ende der Forumsveranstaltung schen Schulen und Musikvereinen strumentalspezifische Fachkompe- herrschte unter den Teilnehmerin- it der Unterstützung des Bun- sind so offen wie nie zuvor. tenzen in die allgemeinbildende nen und Teilnehmern Einigkeit: Ko- Mdes wird angestrebt, in fünf Für den Musikunterricht der ver- Schule hineintragen können. Die operationen mit allgemeinbilden- Jahren fast jede dritte Schule in gangenen Jahrzehnte waren fast Musikvereine sind aber noch in an- den Schulen stellen eine große Deutschland zu einer Ganztags- ausschließlich die beim Staat fest derer Hinsicht, die nicht vernachläs- Chance für die Zukunftsgestaltung schule auszubauen. Ob diese Ent- angestellten Lehrkräfte zuständig. sigt werden sollte, kompetente Part- der Musikvereine dar. Vor diesem wicklung eintreten wird, wurde von Im Rahmen der Bereitstellung eines ner. Auch unter dem Gesichtspunkt Hintergrund ist entscheidend, dass einigen Teilnehmern bezweifelt. Si- Ganztagesangebots werden die all- der Kunst- und Traditionspflege, der Ernst Burgbacher Foto: Bundesver- den handelnden Personen in den cher ist aber wohl, dass der Ganz- gemeinbildende Schulen aus orga- gemeinschafts- und gesellschafts- einigung Deutscher Orchesterverbände Vereinen und den Schulen Hilfestel- tagsbereich erheblich an Bedeutung nisatorischen und finanziellen bildenden wie auch der jugendpfle- lungen gegeben werden, die den gewinnen wird. Vor diesem Hinter- Gründen die Notwendigkeit haben, gerischen Aufgaben haben die Mu- können den Musikunterricht an Einstieg in eine erfolgreiche und grund herrschte unter den acht Re- mit außerschulischen Partnern zu- sikvereinigungen einen hohen ge- Schulen kompetent ergänzen und nachhaltige Kooperation erleich- ferenten und 90 angereisten Teil- sammenzuarbeiten. Aus dieser Not- sellschaftspolitischen Stellenwert. unterstützen helfen, ihn ersetzten tern. Dieser Aufgabe wird sich die nehmern Einigkeit darüber, dass wendigkeit ergeben sich jedoch Denn Musikvereine verstehen sich können sie nicht. Arbeit der Bundesvereinigung Deut- dem Fach Musik im Rahmen von reichhaltige Perspektiven, die be- nicht nur als Ort der Musikpflege, • Die notwendigen Voraussetzun- scher Orchesterverbände e.V. in den Ganztagsangeboten eine entschei- reits von vielen Schulen erfolgreich sondern auch als Institution sozialer gen sind prinzipiell für jeden Mu- kommenden Monaten und Jahren dende Bedeutung zukommen kann: ausgebaut werden. und kommunikativer Repräsentanz, sikverein und jede allgemeinbil- widmen. Wir brauchen eine Schule, die zur • Die derzeitige Diskussion um die durch Kooperationen auch den dende Schule vorhanden. Die Ergebnisse des Berlin-Fo- Verantwortung in Freiheit erzieht. Ganztagsangebote ist eine Chan- Schulen zugänglich gemacht wer- Durch verschiedene Redebeiträge rums liegen Anfang des kommen- Eine Schlüsselrolle kommt dabei der ce, das Schulfach Musik neu zu ge- den kann. von Teilnehmerinnen und Teilneh- den Jahres auch in schriftlicher kulturellen Bildung zu, die für das stalten. • Über Kooperationen kann die mern wurde deutlich, dass die der- Form vor und können über die Ge- Bildungsgeschehen und die Welt- Verschiedene Praxismodelle, die im mangelnde Ausbildung von Mu- zeitigen staatlichen Fördermöglich- schäftsstelle der Bundesvereinigung aneignung des Jugendlichen min- Rahmen des Forums vorgestellt wur- siklehrern an allgemeinbildenden keiten von Kooperationen sich im Deutscher Orchesterverbände ange- destens den gleichen Stellenwert hat den, haben gezeigt, dass über eine Schulen nicht ausgeglichen wer- Ländervergleich stark unterschei- fordert werden (Email: bdo.ev@t- wie beispielsweise die Hauptfächer Zusammenarbeit von schulischen den. den. Vor diesem Hintergrund stellten online.de). Deutsch und Mathematik. Musizie- und außerschulischen Lehrkräften Von verschiedenen Referenten wur- die Referenten, die als „Praktiker“ ih- ren fordert und fördert in diesem dem Schulfach Musik eine große Ge- de auf die mangelnde Ausbildung re eigenen Erfahrungen bei der Um- Der Verfasser ist Präsident der Bun- Sinne Schlüsselqualifikationen und staltungsvielfalt zukommt, bei der von Musiklehrern und den daraus setzung von Kooperationen in ihren desvereinigung Deutscher Orches- besitzt integrative Wirkung sowie vor allem auch das praktische Musi- resultierenden Musikstundenausfall Forumsvorträgen skizzierten, dar, terverbände e.V. und Parlamenta- soziale Kraft. Wer Musik spielt, spielt zieren in den Mittelpunkt des Unter- an Schulen hingewiesen. Es kann je- wie auch ohne jegliche oder lediglich rischer Geschäftsführer der FDP- besser – vor allem auch auf der Kla- richts gerückt werden kann. Ent- doch nicht das Ziel sein, über Koo- minimale finanzielle Unterstützung Bundestagsfraktion ■ viatur schulischer Lernziele. Um scheidend dabei ist die Frage, auf perationen diese Defizite ausglei- Allianzen für die Musik erfolgreich diese Wirkungen des Schulfachs welche Weise der schulische und au- chen zu wollen. Die Musikvereine und nachhaltig verwirklicht werden

politik und kultur 01/04 Seite 16 HKS 47 schwarz WERT DER KREATIVITÄT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 17

Stellungnahme des Deutschen Kulturrates – Berlin, den 11.12.2003. Zur Vorbereitung eines Zweiten Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft („Zweiter Korb“)

Der Deutsche Kulturrat, der Spit- Insbesondere wurde erneut klarge- gung gestellt werden. Das Urheber- onsgesellschaft“ formuliert hat, Urteil zum Anlass genommen wer- zenverband der Bundeskulturver- stellt, dass die privilegierten Verviel- recht muss dabei dazu dienen, den könnte durch eine auf die hiesigen den, um in § 49 UrhG abschließend bände, begrüßt, dass die Bundesre- fältigungen auch digital erlaubt sind. Rechteinhabern für solche Nutzung Verhältnisse zugeschnittene Umset- auch das Recht der elektronischen gierung mit dem „Gesetz zur Rege- Es gilt jetzt abzuwarten, wie sich die eine angemessene Vergütung zu si- zung des Art. 5 Abs. 3 n) der Urhe- Pressespiegel zu regeln. Dabei soll- lung des Urheberrechts in der Infor- neugefassten Regelungen bewähren, chern. Der Deutsche Kulturrat for- berrechtsrichtlinie in das deutsche te eine bisher bestehende Lücke mationsgesellschaft“ die im Mai ehe über eine erneute Änderung von dert die Bundesregierung auf, im Urheberrechtsgesetz eine Unterstüt- geschlossen und Abbildungen – 2001 verabschiedete „EU-Richtlinie § 53 UrhG befunden wird. Rahmen von Korb II eine Lösung der zung erfahren. Hierbei sollte es aus- auch wenn es hierfür in der Praxis zum Urheberrecht in der Informati- Archivproblematik unter Berücksichti- schließlich um die Zugänglichma- befriedigende vertragliche Regelun- onsgesellschaft“ zeitnah in deut- 2. Pauschalvergütung oder Digital gung des Urheberpersönlichkeits- chung von rechtsgeschäftlich zu Ei- gen gibt – in die gesetzliche Rege- sches Recht umgesetzt hat. Das Right Management rechts herbeizuführen. gentum erworbenen Bibliotheksbe- lung einbezogen werden. Gesetz zur Regelung des Urheber- Der Deutsche Kulturrat hat in seiner ständen mittels moderner Technolo- rechts in der Informationsgesell- Stellungnahme darauf verwiesen, 5. Verbesserung der Position bilden- gien in den Räumen der Bibliothek 10. Schadensersatz bei schaft trat am 13.09.2003 in Kraft. dass die Digital Right Management- der Künstler gehen. Die Schranke muss im Hin- Verletzungen Nach der Umsetzung der EU-Richtli- Systeme zum gegenwärtigen Zeit- Im Vergleich zu Urhebern anderer blick auf den Dreistufentest der Bei Urheberrechtsverletzungen hat nie steht nun Korb II auf der Agen- punkt technisch noch nicht ausge- künstlerischer Sparten besteht eine Richtlinie so gefasst werden, dass der Verletzer nach derzeit geltender da. Der Deutsche Kulturrat begrüßt, reift sind und damit auch eine flä- strukturelle Benachteiligung Bilden- die ermöglichten Nutzungen nicht zu Regelung in Deutschland nur die dass die Bundesregierung zügig chendeckende Vergütung der Nut- der Künstler, deren Werke ebenso Veränderungen im Anschaffungsver- übliche Lizenzgebühr zu bezahlen, nach Abschluss der Arbeiten am zung urheberrechtlich geschützter wie die Werke musikalischer Autoren halten der Bibliotheken führen. Dies die er auch bei entsprechend ord- Gesetz zur Regelung des Urheber- Werke nicht gewährleisten können. der Öffentlichkeit überall zugänglich ist vor allem deshalb erforderlich, nungsgemäßem Erwerb der Rechte rechts in der Informationsgesell- Sie sind derzeit allenfalls in eng be- gemacht werden, ohne allerdings weil ein hoher Anteil der Bevölkerung zu bezahlen gehabt hätte. Das schaft die Beratungen zu Korb II grenzten Bereichen der Online-Über- hierfür Vergütungen zu erhalten. Der über die gerade für die Nutzung digi- deutsche Urheberechtsgesetz soll- aufgenommen hat. Korb II bietet mittlung von Werken wirksam. Auch Deutsche Kulturrat fordert die Bun- taler offline-Medien notwendigen te – ausländischen Beispielen fol- die Gelegenheit, weitere regelungs- auf längere Sicht, wenn die Digital desregierung im jetzt anstehenden Wiedergabegeräte im häuslichen Um- gend – jedenfalls bei vorsätzlichen bedürftige Aspekte im Urheberrecht Right-Management-Systeme ausge- Gesetzgebungsverfahren auf, diese feld nicht verfügt. Das Ausleihrecht Urheberrechtsrechtsverletzungen im Rahmen des Gesetzgebungsver- reift sind, wird nach Auffassung des strukturelle Benachteiligung zu be- geht damit häufig ins Leere. Aber mindestens die doppelte Lizenzge- fahrens mit zu behandeln. Deutschen Kulturrates die Notwen- seitigen. Darüber hinaus sollte in § auch besonders zu schützende Be- bühr als Schadensersatz zum Re- Der Deutsche Kulturrat hat bereits digkeit der pauschalen Vergütung für 59 I UrhG eine Vergütungspflicht für stände könnten so in den Räumen gelfall machen. Dies sieht auch der in der Vergangenheit zu den auch die private Vervielfältigung von Wer- Kunstwerke im öffentlichen Raum der Bibliothek zugänglich gemacht vorliegende Entwurf einer EU-Richt- jenseits der notwendigen Einarbei- ken erforderlich bleiben. Der Deut- eingeführt werden, wenn die dadurch werden, ohne dass das Original einer linie über „Maßnahmen und Verfah- tung der genannten EU-Richtlinie in sche Kulturrat sieht daher zum ge- privilegierte Nutzung zu gewerblichen Benutzung unterliegen muss. Der ren zum Schutz der Rechte an geis- das deutsche Urheberrechtsgesetz genwärtigen Zeitpunkt keinen Hand- Zwecken erfolgt. Vorrang des Vertrages sichert, dass tigem Eigentum“ vor. akuten Probleme Stellung bezo- lungsbedarf für eine Regelung zu es dem Rechteinhaber jederzeit mög- Diese und die weiteren geforderten gen1. Gunsten von Digital Right Manage- 6. Kopienversand auf Bestellung lich ist, diese Anwendung anders dringenden Änderungen müssen Wir nehmen im Folgenden zu eini- ment-Systemen. Unabhängig davon Der Versand von Kopien wissen- auszugestalten. Spätestens seit der jetzt durchgeführt werden. Den Ur- gen wesentlichen unter den Verbän- verweist der Deutsche Kulturrat da- schaftlicher Artikel aus Fachzeit- Selbstverpflichtungserklärung der hebern, Leistungsschutzberechtig- den der Künstler, der Kultureinrich- rauf, dass beim Einsatz von Digital schriften insbesondere durch zentra- Deutschen Bibliotheksverbände zum ten und sonstigen Rechteinhabern tungen, der Kulturvereine und der Right Management Systemen stets lisierte öffentliche Fachbibliotheken Verleihrecht der Computersoftware ist ein abermaliges Zuwarten auf ei- Kulturwirtschaft unstreitigen Fra- der Datenschutz ausreichend zu ge- zählt heute zu den Eckpfeilern des kann davon ausgegangen werden, ne nächste Urheberrechtsnovelle gen Stellung. währleisten ist. wissenschaftlichen Informationsflus- dass das Bibliothekswesen alle Vor- nicht mehr zuzumuten. ses. So hat allein die British Library kehrungen gegen eine missbräuchli- I. 3. Höhe der Pauschalvergütungen als wohl größter Kopienversand- che Anwendung des Ausnahmetatbe- Wert kreativer Die in der Anlage zu § 54 d UrhG dienst der Welt bereits im Jahr 1998 standes ergreifen wird. Fußnote Leistungen festgeschriebenen Vergütungssätze über 4 Millionen Artikel in alle Welt 1 In seiner Stellungnahme sind seit 1985 unverändert. In den versandt; in Deutschland haben wis- 8. Leistungsschutzrechte ausüben- „Urheber- und Leistungsschutzrecht Urheber und ausübende Künstler beiden Vergütungsberichten der Bun- senschaftliche Bibliotheken 2003 der Künstler in der Informationsgesellschaft“ leben von der Verwertung ihrer desregierung wurde bereits darauf insgesamt rd. 1,2 Millionen Artikel Der neugefasste § 79 ist dogmatisch vom September 1998 hat der Deut- künstlerischen Arbeiten. Ihre Kreati- hingewiesen, dass diese Tarife drin- versandt. Einerseits ist das reibungs- widersprüchlich: Nach § 79 Abs. II sche Kulturrat hervorgehoben, vität bildet die Grundlage für ihren gend angehoben werden müssen. lose Funktionieren des Kopienver- wird die Einräumung von Nutzungs- dass für eine positive Entwicklung Lebensunterhalt und sie gehören zu Zuletzt hat die Bundesregierung in ih- sandes Voraussetzung für einen flo- rechten nur eingeschränkt zugelas- der Informationsgesellschaft ein den wichtigen Inhaltslieferanten der rer Antwort auf eine Große Anfrage rierenden Wissenschaftsstandort. sen, nach § 79 Abs. I ist aber die funktionierendes Urheberrecht un- Informations- und Wissensgesell- am 27.9.2001 erneut darauf hinge- Andererseits ist sicherzustellen, Übertragung von Rechten und An- abdingbare Voraussetzung ist. Im schaft. Das Urheber- und Leistungs- wiesen, dass diese Vergütungssätze dass dabei die Interessen der Urhe- sprüchen ohne weitere Einschrän- Schreiben des Deutschen Kulturra- schutzrecht bietet für Künstler und seit 1985 nicht erhöht worden sind ber und ihrer Verleger angemessen kung ermöglicht. Es ist nicht nach- tes an das BMJ vom 24.2.1999 für die Unternehmen der Kulturwirt- und es nicht einmal einen „Inflations- berücksichtigt werden. Der BGH hat vollziehbar, wie sich das für Urheber wurde zum „Diskussionsentwurf ei- schaft, insbesondere Verleger und ausgleich“ gab (BT-Drucks. 14/6993 in seiner Entscheidung „Kopienver- von je her bekannte Prinzip der Ein- nes 5. Gesetzes zur Änderung des Produzenten, einen wesentlichen S. 34, Frage 54). Der Deutsche Kul- sand durch öffentliche Bibliotheken – räumung von Nutzungsrechten, das Urheberrechtsgesetzes“ ausführ- Rechtsrahmen für eine wirtschaftli- turrat fordert daher die Bundesregie- Kopienversanddienst“ (NJW 1999, der Gesetzgeber nun auch für die lich Stellung bezogen. Dabei wurde che Ausübung ihrer Tätigkeit. rung auf, beim jetzt anstehenden Ge- 1953) die „nachträglich entstandene Leistungsschutzrechte gewählt hat betont, dass eine 5. Urheberrechts- Künstlerische Arbeiten haben ne- setzesvorhaben endlich die Konse- Gesetzeslücke“ durch das Konstrukt (§79 Abs. II), zur Möglichkeit der novelle nicht nur der Umsetzung der ben dem wichtigen ideellen auch ei- quenzen hieraus zu ziehen. einer gesetzlichen Lizenz geschlos- Übertragung der Vollrechte (§ 79 beiden WIPO-Verträge dienen dürfe, nen ökonomischen Wert. Diesen Darüber hinaus vertritt der Deutsche sen. Trotz dieser BGH-Entscheidung Abs. I) verhält. Zur Heilung des Wi- sondern weitergehende, dringende Wert kreativer Leistungen zu schüt- Kulturrat die Auffassung, dass sich ergaben sich jedoch in der prakti- derspruchs schlägt der Deutsche Änderungen des Urheberrechtsge- zen, muss auch im digitalen Zeital- die bisherige Regelung, die Vergü- schen Abwicklung, insbesondere bei Kulturrat vor, § 79 Abs. I ersatzlos zu setzes notwendig sind. Dies gilt un- ter das wesentliche Anliegen des tungssätze gesetzlich zu regeln, dem dem heutigen Stand der Technik streichen. verändert. In der Stellungnahme Urheber- und Leistungsschutz- nicht bewährt hat. Der Deutsche Kul- entsprechenden elektronischen Arti- des Deutschen Kulturrates zum Re- rechts bleiben. turrat empfiehlt daher, dass künftig kelversand und beim Versand ins 9. Elektronische Pressespiegel ferentenentwurf für ein „Gesetz zur das Bundesministerium der Justiz Ausland erhebliche juristische Prob- Der Deutsche Kulturrat hat bereits Regelung des Urheberrechts in der II. die Vergütungssätze im Rahmen ei- leme. Um den Wissenschaftsstand- 1998 auf die verstärkte Nutzung Informationsgesellschaft“ hat der Position des Deutschen ner Gesetzesermächtigung durch ort Deutschland nicht zu gefährden, elektronischer Pressespiegel hinge- Deutsche Kulturrat bereits zu wich- Kulturrates zu einzelnen Rechtsverordnung festsetzt. ist es daher dringend geboten, dass wiesen. Der BGH hat in seiner Ent- tigen Aspekten bei Umsetzung der Aspekten des Urheber- und der Gesetzgeber selbst eine klarstel- scheidung vom 11.7.2002 „Elektro- genannten EU-Richtlinie Stellung Leistungsschutzrechts 4. Verwertung von Archivbeständen lende Regelung in das Urheber- nischer Pressespiegel“ (ZUM 2002, bezogen. In der Stellungnahme des In den Archiven, besonders der öf- rechtsgesetz aufnimmt. 740) ausdrücklich bestätigt, dass Deutschen Kulturrates zum Geset- 1. § 53 UrhG (Vervielfältigung zum fentlich-rechtlichen Rundfunkanstal- elektronische Pressespiegel – bei zesentwurf der Bundesregierung für privaten Gebrauch) ten, ruhen bedeutende kulturelle 7. On-the-Spot-Consultation Vorliegen gewisser Voraussetzungen ein „Gesetz zur Regelung des Urhe- Im Zuge der Debatte um das Gesetz „Schätze“ in Form von Aufzeichnun- Die unverzichtbare Kompetenz des – der Privilegierung von §49 unterlie- berrechts in der Informationsgesell- zur Regelung des Urheberrechts in gen insbesondere musikalischer und öffentlichen Bibliothekswesens für gen. Aufgrund dieses Urteils ist es schaft“ hat der Deutsche Kulturrat, der Informationsgesellschaft hat literarischer Werke und Darbietun- die Erlangung von Medienkompetenz zwischenzeitlich zu einer Kooperati- einige wesentliche Gesichtspunkte der Deutsche Kulturrat zu § 53 gen. Mit Hilfe der neuen technischen der Bevölkerung, wie es die Enquete- onsvereinbarung zwischen der Pres- zur Umsetzung der EU-Richtlinie he- UrhG umfassend Stellung genom- Mittel könnte und sollte dieses wich- Kommission des Deutschen Bundes- se Monitor GmbH (als Vertreter der rausgegriffen und die Regelung wei- men. Die Positionen des Deutschen tige kulturelle Erbe einem breiteren tages in ihrem Abschlussbericht Zeitungsverlage) und der VG WORT terer Fragestellungen angemahnt. Kulturrates wurden aufgegriffen. Publikum on- und offline zur Verfü- „Deutschlands Weg in die Informati- gekommen. Dennoch sollte dieses

Zeitung des Deutschen Kulturrates

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Das Urheberrechtsgesetz als „Work in Progress“ Überlegungen zum „2. Korb“ der Reform • Von Ferdinand Melichar

münden soll. Und schon kündigt die Entscheidung dem nationalen Ge- Lösung dieses Problems hat schon in Paragraf 20b UrhG eine abschlie- Bundesministerin der Justiz an, dass setzgeber). Überflüssig scheint da- in den vergangenen Jahren eine ßende und auch in der Praxis insge- „zur Not“ noch ein 3. Korb gefloch- gegen der Streit, ob die bisherigen beim Erich-Pommer-Institut ange- samt zufriedenstellende Regelung ten werden müsse, „um den 2. Korb Pauschalvergütungen für privates siedelte Arbeitsgruppe gute Ansätze gefunden haben. Die Kabelnetzbe- schneller ans Ziel zu bringen“ (Bri- Kopieren mittels Geräte- und Leer- entwickelt. Das zum Schutze der Ur- treiber (insbesondere die Nachfol- gitte Zypries in puk Nov./Dez. 2003, trägerabgabe durch Digital-Rights- heber bestehende Verbot der Über- georganisationen der Telekom) und S. 28). Das Urheberrecht wird also Management-Systeme abgelöst tragung von Rechten an unbekann- die Rechteinhaber haben sich gera- zu einer permanenten Baustelle. werden können und sollen: Beide ten Nutzungsarten (Paragraf 31, de geeinigt, den bisherigen Kabel- Dies freilich darf nicht zu bloßem Systeme werden in Zukunft neben- Absatz 4 UrhG) muss deshalb nicht globalvertrag für vier weitere Jahre I. Aktionismus führen. Neuregelungen einander bestehen. Der Gesetzgeber aufgehoben werden. fortzusetzen und in Hinblick auf die sollten nicht gleich wieder geändert selbst hat diese Dualität bereits an- Unter der Überschrift „Schran- Satellitensendungen zu erweitern. Das alte Urheberrechtsgesetz (LUG) werden, ehe noch deren praktische erkannt, indem er festgelegt hat, ken“ werden höchst unterschiedli- Sollte etwa nun versucht werden, von 1901 blieb ohne tiefgreifende Auswirkungen, deren Konsequen- dass bei Bemessung der Höhe der che Themen angeschnitten. Obwohl die vertraglich fixierte Freistellungs- Änderungen bis 1965 in Kraft –, zen – gegebenenfalls durch die Pauschalvergütungen zu berück- die Problematik elektronischer Pres- grenze von 75 Wohneinheiten (klei- dank seiner abstrakten Formulie- Rechtsprechung – ausgelotet wor- sichtigen ist, inwieweit technische sespiegel durch das bekannte BGH- nere Einheiten werden als urheber- rungen konnte die Rechtsprechung den sind. Und wenn schon von Kör- Schutzmaßnahmen private Kopien Urteil und die danach vereinbarte rechtlich neutrale Gemeinschafts- neue Phänomene wie Schallplatte, ben gesprochen wird: Die Mutter unmöglich machen (Paragraf 13, Kooperation zwischen der Verwer- antennen behandelt) anzuheben, so Film, Rundfunk und Fernsehen schärfte Rotkäppchen ein, gut auf Absatz 4 WahrnG). Unabdingbar tungsgesellschaft Wort und den wäre dies schon konventionsrecht- durchaus zufriedenstellend ins gel- den Weg aufzupassen, damit nicht aber ist, dass sich der Gesetzgeber durch die Presse Monitor GmbH lich nicht zulässig. Der Korb sollte tende Rechtssystem einordnen. der Korb herunterfällt und die Fla- jetzt endlich mit der Höhe dieser vertretenen Zeitungsverlegern vor- jedenfalls nicht durch solchen Bal- Auch unser aktuelles Urheber- sche Wein zerbricht. Rotkäppchen durch Gesetz fixierten Pauschalver- erst entschärft wurde, ist dem Ge- last unnötig beschwert werden. rechtsgesetz von 1965 erfuhr bis versprach‘s. Auch der Gesetzgeber gütungen befasst. Diese sind seit setzgeber im Interesse der Rechtssi- Weitere Fragen des Justizminis- 1985 keine wesentlichen Änderun- sollte vorsichtig mit dem Inhalt der 1985 unverändert und die Bundes- cherheit zu empfehlen, diese Frage teriums beziehen sich – hier nur gen (lediglich die Einführung einer Urheberrechtskörbe umgehen! regierung hat in ihren zwei Vergü- gesetzlich zu regeln. Darüber hinaus stichwortartig wiedergegeben – auf Vergütungspflicht für die Übernah- tungsberichten schon 1989 und wirft das Bundesjustizministerium die Rechtsdurchsetzung im Internet, me von Fremdtexten in Schulbü- II. 2000 unmissverständlich die Not- die Frage auf, ob weitere Schranken die Filmurheberschaft und die – chern war durch das Bundesverfas- Mitte Oktober berief das Bundesjus- wendigkeit und Absicht erklärt, sie des Urheberrechts zum Beispiel für durchaus begrüßenswerte – Erwei- sungsgericht erzwungen worden). tizministerium die „Arbeitsgruppe 2. angemessen zu erhöhen. „on-the-spot-consultation“ in Bib- terung des Schutzes der Urheber, Erst 1985, nach 20 Jahren also, ent- Korb“ ein und etablierte gleichzeitig Unter der Überschrift „Unbe- liotheken oder elektronischen Ar- der bei Vermietung bisher nur für schloss sich der Gesetzgeber insbe- elf „Unterarbeitsgruppen“ zu Spezi- kannte Nutzungsarten“ wird das chive notwendig sind. Diese Fragen Tonträger und Videos besteht, auch sondere in den Bereichen private althemen. Es machte damit – und Thema Archivregelung angeschnit- bedürfen sicher intensiver Diskussi- auf andere Werkstücke (insbesonde- Überspielung und Reprographie zu mit seinem an alle beteiligten Kreise ten. Unbestritten ist, dass zahlreiche on; klar muss jedenfalls sein, dass re Lesezirkelvergütung). Grundsätz- grundlegender – und international versandten Fragebogen – deutlich, Werke kaum im Rahmen neuer solche neuen Schranken – sofern sie liche Fragen wirft das Bundesjustiz- beispielgebender – Überarbeitung worin aus seiner Sicht die Schwer- Übermittlungsarten (zum Beispiel denn geboten sind – entsprechend ministerium dagegen auf, wenn es des Gesetzes. Seither wird das Urhe- punkte für den 2.Korb liegen. Webcasting) verwendet werden den verfassungsrechtlichen Vorga- die Einführung einer Ausstellungs- berrechtsgesetz in immer kürzeren Zentralen Raum nimmt die pri- können, da es praktisch nahezu un- ben nur im Rahmen gesetzlicher Li- vergütung und eines Künstlerge- Abständen reformiert – teils von der vate Überspielung ein. Nachdem möglich ist, bei komplexen Werken zenzen, das heißt, gegen Bezahlung meinschaftsrechts („Goethegro- EU erzwungen (durch sieben Richt- aufgrund zwingender Vorgaben der (zum Beispiel Tonträger oder Film) zulässig wären. Schließlich gehört in schen“) zur Diskussion stellt. Ein linien seit 1991), teils aber auch aus EU-Direktive in einigen Fällen be- die Zustimmung jedes Einzelnen die Hand des Gesetzgebers auch die bisschen viel das alles für einen ein- eigenem Antrieb (typisches Beispiel reits ein unverzichtbares Recht auf der vielen Berechtigten hierfür indi- vom BGH etablierte Schranke für zigen Korb – das Urheberrechtsge- hierfür ist das Urhebervertragsrecht ungehinderte – reprographische – viduell einzuholen. Ebenso unbe- den Kopienversand auf Bestellung. setz wird wohl zukünftig zu einem von 2002). Unmittelbar nach Einar- Kopien etabliert wurde (Paragraf streitbar ist, dass es aus kulturpoliti- Work in Progress. beitung der zwingenden Vorgaben 95b, Absatz 1 UrhG), ist jetzt die Fra- schen Gründen bedauerlich wäre, III. der EU-Richtlinie zum Urheberrecht ge zu beantworten, ob es auch ein – wenn aus diesem Grund wertvolle Neben diesen Essentialia will das Der Verfasser ist Geschäftsführen- in der Informationsgesellschaft gegebenenfalls gegen Kopiersperren kulturelle „Schätze“, wie sie insbe- Bundesjustizministerium noch eine des Vorstandsmitglied der Verwer- durch den „1. Korb“ steht nun also und Ähnliches durchsetzbares – sondere in den Archiven der öffent- Reihe weiterer Themen behandelt tungsgesellschaft Wort und Vorsit- der „2. Korb“ zur Behandlung an, Recht auf Privatkopie im Audio- und lich-rechtlichen Rundfunkanstalten wissen. Erstaunlicherweise gehören zender des Fachausschusses Urhe- der noch vor der Sommerpause audiovisuellen Bereich geben soll versteckt sind, der Öffentlichkeit dazu auch die Kabelweitersende- berrecht des Deutschen Kulturrates ■ 2004 in einen Referentenentwurf (die EU-Direktive überlässt diese vorenthalten werden müssten. Zur rechte, obwohl diese doch erst 1998

Keine kulturelle Vielfalt ohne Schutz geistigen Eigentums Zur Begründung eines fachübergreifenden Gesprächskreises in der CDU/CSU-Bundestagsfraktion • Von Steffen Kampeter

ie CDU/CSU-Bundestagsfrakti- che Vielfalt des Angebots auch unter Wettbewerb zwischen physischer Buchwesen. Die Umsatzeinbrüche Don ist in tiefer Sorge um die Stel- dem Gesichtspunkt der Wirtschaft- und digitaler Weiterverbreitung geis- der internationalen Musikwirtschaft lung des geistigen Eigentums im Di- lichkeit garantieren, rinnt heute – im tigen Eigentums – eröffnen sich neue markierten den Beginn fortschrei- gitalen Zeitalter. Die technologi- „Digitalen Zeitalter“ – den wirt- rechtliche und politische Fragestel- tender wirtschaftlicher Probleme schen Entwicklungen ermöglichen schaftlichen und politischen Ent- lungen sowie umfassende wirt- ausgelöst durch die Missachtung es immer schneller, geistige Inhalte scheidungsträgern diese Möglichkeit schaftliche Anpassungsprozesse. geistigen Eigentums. Die Musikwirt- über das Internet zu verbreiten. immer mehr durch die Hände. Mit Die Kulturwirtschaft ist davon in schaft hängt nicht von öffentlichen Konnte man geistiges Eigentum frü- dem sich abzeichnenden Ende der besonderer Weise betroffen. Das gilt her – im „Analogen Zeitalter“ – um- physischen Distribution – zumin- für alle Teilbereiche, für Musik- und Weiter auf Seite 19 fassend schützen und damit inhaltli- dest aber mit dem zunehmenden Filmwirtschaft ebenso wie für das ✄

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politik und kultur 01/04 Seite 18 HKS 47 schwarz WERT DER KREATIVITÄT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 19

Fortsetzung von Seite 18 Bücher – betroffen. In den Netzen terpreten oder Komponisten drohen tent anzubieten. Erst in Zeiten von Fragen des geistigen Eigentums von Bildungseinrichtungen kursie- Opfer genau des Netzes zu werden, Krise und Umsatzrückgang gibt es stattfinden, ren beispielsweise Online-Versionen das ja Vielfalt sichern wollte. jetzt erste digitale Videotheken. Der • die Instrumente zum Schutz von Keine kulturelle Vielfalt von Bestsellern, die für einen spezi- Warum verhalten sich Konsu- legale Vertrieb von Musik auf digita- geistigem Eigentum im Hinblick ohne Schutz geistigen ellen Kreis von Nutzern eine interes- menten so gleichgültig gegenüber lem Weg befindet sich angesichts auf die marktwirtschaftliche Ord- Eigentums sante Alternative zum Erwerb der den Eigentumsrechten von Kreati- des enormen Potentials noch nicht nung überprüft und fortentwickelt gebundenen Ausgabe sein können. ven an ihren Werken? Zum einen einmal in den Kinderschuhen. werden, Subventionen ab, daher hat sich die Und wer glaubt, dass der Vertrieb gibt es kein umfassendes Verständ- Die CDU/CSU-Bundestagsfrakti- • die technologischen Entwicklun- Kommunikation der Branche lange von Musik-Noten im Internet nicht nis für die Schutzbedürfnisse geisti- on möchte den Kreativwirtschafts- gen in diesem Bereich beobachtet ausschließlich auf die Marktseite erfolge, der sollte einmal einen Blick gen Eigentums. Vielmehr hat die im standort Deutschland stärken. Sie und die Möglichkeiten des Konsu- konzentriert und sich nicht auf die auf einschlägige Websites werfen. Internet vorhandene freie Verfüg- tut dies aus mehreren Gründen. Aus menten sowie die Schutzperspek- politischen und rechtlichen Rah- Egal, welchem Bereich der Kul- barkeit von geistigen Inhalten die kulturpolitischen Gründen wollen tiven geistigen Eigentums analy- menbedingungen. Hinweise auf turwirtschaft man sich also zuwen- Wahrnehmung des Wertes von Krea- wir die Vielfalt des Inhaltsangebots siert werden, notwendige urheberrechtliche An- det, sieht man sich mit dem glei- tivität nicht gerade gefördert. Was erhalten. Deutschland versteht sich • die Gesetzgebungen im nationa- passungen wurden, vor allem in Eu- chen Problem konfrontiert. Die nichts kostet, ist auch nichts wert. als Land der Dichter und Denker. Wir len wie im internationalen Bereich ropa, erst verspätet aufgegriffen. Missachtung geistigen Eigentums Geistige Inhalte werden als öffentli- müssen daher die Vernichtung der begleitet und gegebenenfalls par- Anders bei der Filmwirtschaft: und sein nicht ausreichender Schutz ches Gut wahrgenommen – ihr Wert kulturellen Vielfalt durch millionen- lamentarische Initiativen über die Die Bedrohung des Kulturgutes Film sind die Hauptursache für die zu- tendiert gegen Null. Daran haben fachen digitalen Diebstahl beenden. Fraktion eingebracht werden, wurde rasch kommuniziert und Än- nehmenden Schwierigkeiten eines leider bewusstseinsbildende Maß- Aus arbeitsmarktpolitischen Grün- • die Vernetzung der Aktivitäten der derungen angemahnt, denn durch ganzen Wirtschaftszweiges. nahmen, wie die aktuelle Kampagne den müssen wir der Vernichtung von verschiedenen Aufgabenbereiche, die breitbandigen Übertragungs- Die Anpassungsreaktionen in der Filmwirtschaft zu Raubkopien, Arbeitsplätzen im Kreativ- und wie z.B. Musikwirtschaft oder möglichkeiten nutzt eine steigende den verschiedenen Kulturwirt- bisher nichts ändern können. Ob Dienstleistungsbereich entschiede- Filmwirtschaft, vorgenommen Schar von Konsumenten die Option, schaftsbereichen sind ähnlich. Man der Versuch der amerikanischen ner entgegentreten. Und aus wirt- werden, innerhalb kurzer Übertragungszeiten sucht Kosteneinsparpotentiale. Für Musikwirtschaft, mit Klagewellen schaftspolitischen Gründen wollen • der Austausch mit den Erfahrun- ganze Filme aus dem Netz zu laden. die Musikwirtschaft z.B. bedeutet vor Gerichten diesen Bewusstseins- wir schließlich der Kreativwirtschaft gen anderer Länder intensiviert Durch frühzeitigen Diebstahl, z.B. in das Personalabbau, Fusion von Un- wandel einzuleiten, sich als erfolg- in Deutschland – über den engen werden, denn der Schutz geistigen den Kopierwerken, werden verstärkt ternehmen und Beschränkung des reich erweist, bleibt abzuwarten. kulturellen Bereich hinaus – einen Eigentums ist eine internationale auch aktuellste Filme auf illegalen Repertoires. Vor allem Letzteres be- Hinzu kommt die Diffusion der in stärkeren Stellenwert verschaffen. Aufgabe. Einzelne Länder beteili- Tauschbörsen angeboten – zum Teil droht die Vielfalt angebotener Musik, Deutschland sehr beliebten Hard- Daher hat unsere Fraktion im gen sich leider aktiv am Diebstahl bereits vor der Weltpremiere. Auf denn nach den Gesetzen des Wirt- und Software zum Brennen von November 2003 einen Querschnitts- geistigen Eigentums. Hier gilt es, Grund des raschen Handelns der schaftens bedeutet dies eine Kon- CDs, die ein preiswertes Klonen die- gesprächskreis für diesen Aufgaben- Aufklärung zu leisten um diese Filmwirtschaft wurde dieses Problem zentration auf das problemlos zu ses Mediums für den technikinteres- bereich gegründet. Wir wollen dem Praxis zukünftig zu verhindern. recht schnell ins Bewusstsein einer vermarktende kommerzielle, aber sierten Konsumenten überaus ein- Wert geistigen Eigentums auch im breiteren Öffentlichkeit gerückt. keinesfalls auf das experimentelle fach gestaltet. Zum anderen hat die parlamentarischen Prozess einen Der Verfasser ist seit 1990 Abgeord- Ebenso wie die anderen Bereiche Angebot. Davon sind deutschspra- Branche zu lange gezögert, ja hat es höheren Stellenwert zuweisen. neter des Deutschen Bundestags der Kulturwirtschaft ist das Buchwe- chige Produktionen, ebenso wie wei- bis heute nicht geschafft, einen vom Dazu sollen insbesondere und Initiator des Gesprächskreises sen von der illegalen digitalen Ver- te Teile des klassischen Repertoires, Konsumenten akzeptierten Weg des • regelmäßig Expertengespräche zu „Geistges Eigentum im digitalen breitung von Inhalten – z.T. ganzer betroffen. Unbekannte Künstler, In- legalen digitalen Erwerbs von Con- aktuellen und perspektivischen Zeitalter“ ■

Von wegen Helden Piraten sind Parasiten • Von Georgia Tornow

12 Prozent in den ersten drei Quar- te über eine Kopie von „Herr der 80er konnte man die analoge Video- muss eine Offensivstrategie entwi- talen 2003. Ringe – Die zwei Türme“ und circa Piraterie organisierter Banden noch ckelt werden. Das fordert „Neues • In diesem Jahr hat die Berliner 770.000 liebe Mitbürger hatten effektiv stoppen, beim digitalen Denken“: Sind uns für das Informa- Filmförderungsanstalt (FFA) „Good Bye, Lenin“ zu Hause. Wir Film-Raub hat sich die Szene geän- tionszeitalter nicht Wissen und gleich zwei Studien zur Entwick- erinnern uns: „Anatomie“ lockte dert: Gegen die kriminelle Material- Kreativität als die wertvollsten neu- lung der illegalen Digital-Kopie 1,9 Millionen Besucher ins Kino, beschaffung in Kinos oder Kopier- en Rohstoffe vorgestellt worden? vorgestellt. Die neuesten Zahlen der zweite Teil kam nur auf 800.000 werken verzeichnet die GUV durch- Wie werden diese nachwachsenden der „Brenner-Studie 2“: 23,5 Mil- – massenhaft war „Anatomie 2“ al- aus Erfolge, aber gegen die digitale Schätze ausreichend geschützt und lionen unserer lieben Mitbürger lerdings schon VOR Kinostart aus Kopierwut der „burning generation“ entwickelt? Diese Frage eröffnet ei- hat sie wenig Handhabe. Und das ne Agenda von „Bankenregeln“ bis Es gibt Leute, die wollen uns weis- liegt – so beklagt die GUV – vor allem „Bildungspolitik“ und schreibt der machen, alles wäre wie im Film – na- daran, dass Piraterie und der Wert Politik ins Stammbuch: Nur legale türlich kein Piraten-Epos, da geht‘s geistigen Eigentums in unserer Ge- Produkte und Leistungen lassen viel zu blutig zu, sondern anders: Ein sellschaft anders behandelt werden sich besteuern! Die neue Kulturwirt- paar kleine Gauner, Typ „Butch Ca- als zuvor. schaft ist aber auch nach innen ge- ssidy and Sundance Kid“ oder auch – In der Tat gibt es Anzeichen für fordert. Wer die digitale Zukunft re- bloß keine Geschlechterdiskriminie- einen gefährlichen Wertewandel: geln will, muss klären, wie Arbeits- rung! – „Bonnie and Clyde“, diesmal „Klauen ist cool“ könnte man ja teilung und Kreativität heute REAL sogar ohne Knarre, zweigen sich et- noch als pubertären Schwachsinn funktionieren. Die Filmproduktion was ab aus dem Überfluss superrei- abtun, aber bis in die hochoffiziellen mit ihrem Zusammenspiel von Ur- cher Big Bosse und teilen das dann Anhörungen zu Urheberrechtsno- hebern, die ihr geistiges Eigentum auch noch echt nett mit dem Rest vellen kommt uns auch der wahrlich ohne den kreativen Produzenten gar der Welt, selbstverständlich alles ar- historische Irrtum „Das Internet ist nicht verwerten können, ist hier ein me Brüder und Schwestern! Und zum ein globaler no-cost-shop“ und als Paradebeispiel. Von der ewigen Aus- Schluss sind die Big Bosse ein biß- bizarrer neuer Interessengegensatz nahme im Urheberrecht könnte der chen ärmer und alle andern ein biss- „Konsumenten GEGEN Kreative“ Film als Prototyp für die Neurege- chen gleicher – irgendwie sympa- thisch. Aufwachen!

enn die reale Welt sieht anders haben zu Hause Zugriff auf einen dem Internet geladen worden! Daus – und das erleben derzeit CD-Brenner und bespielten damit Das ist Entwertung und Enteignung ganz massiv diejenigen, die dafür ge- in den ersten Monaten dieses Jah- von geistigem Eigentum im großen sorgt haben, dass die Bilder für den res mehr Rohlinge mit Filmen als Stil. Natürlich wehrt sich die Filmin- Verharmlosungsfilm über den größ- im gesamten Vorjahr; auch beim dustrie! ten Massendiebstahl aller Zeiten in Download ist von Januar bis Au- Nachdem eine DVD für die Os- jedem Kopf parat sind: die Filmema- gust schon der Vorjahresstand er- car-Abstimmung als illegale Kopier- cher selbst! Mancher mag das unter reicht, und jeder zweite „Konsu- quelle identifiziert wurde, hat die „Ironie des Schicksals“ abbuchen – ment“ lädt sich die Filme vor Vi- preisverleihende Academy of Moti- in der Filmbranche lacht keiner! deo-Start und jeder vierte sogar on Pictures and Sciences in diesem Hier ein paar Nachrichten und vor Kinostart aus dem Netz; Jahr den DVD-Versand an die Aka- Zahlen aus der realen Welt: 71 Prozent der befragten Kopierer demiemitglieder gestoppt. Wir • Hollywood meldete im letzten Jahr und Downloader sind zwischen 10 konnten alle nachlesen, welchen eine Schadenssumme von 3,5 bis 4 und 39 Jahren alt – das ist die Kern- Sturm der Entrüstung das ausgelöst Milliarden Dollar weltweit durch zielgruppe der Kinogänger, aus der hat –, aber auch, wie Jack Valenti, der illegale Kopien und Downloads – man sich aber offensichtlich ver- legendäre Präsident der MPAA, den in Europa belaufen sich die Ein- abschieden will: 46 Prozent der Kampf gegen den digitalen Kino- nahmeverluste auf etwa eine Milli- Befragten wollen nach dem Bren- film-Raub in der Branche voran- arde Dollar. nen/Download nicht mehr oder treibt: Hier geht es nicht mehr um entgegen. Wer sich da allein auf die lung von Wert und Verwertung der • Im vergangenen Jahr brannten weniger Kinofilme besuchen. „more profit“, sondern um eine ge- Defensivstrategie verlässt, von Vater Kreativität dienen. Hier muss sich mehr als fünf Millionen Deut- • Unsere „Lieblingsfilme“ werden sicherte Auswertung und damit um Staat den alten Urheberschutz ein- schnell gearbeitet werden. Denn die sche 60 Millionen CDs mit Raub- wie verrückt illegal kopiert: Knapp die Existenzgrundlagen der Film- zuklagen, vergisst zwei eherne Er- Zukunft als Parasiten-Ökonomie kopien, klagt der Verband der eine Millionen Menschen besaßen wirtschaft überhaupt. kenntnisse: Das – mittlerweile digi- können wir alle uns nicht leisten. Filmverleiher – die Effekte für die eine Kopie von „Terminator 3 – Re- In Deutschland ist es die Gesell- tale – Sein bestimmt das Bewusst- Zahlenquellen: Brenner-Studie 1 Branche: etwa 15 Prozent Umsatz- bellion der Maschinen“ schon ei- schaft zur Verfolgung von Urheber- sein! Politik achtet auf Mehrheiten – und 2 unter www.ffa.de rückgang jeweils im Film- und Vi- nen Monat nach Kinostart, schon rechtsverletzungen (GUV), die den Achtung: Konsumenten sind wir alle! deo-Bereich, dazu passt der Rück- vor der Video-Veröffentlichung Kampf gegen Kino-Piraterie seit Neben der aktuell notwendigen Die Verfasserin ist General- gang beim Kinopublikum um circa verfügten an die 1,6 Millionen Leu- zwei Jahrzehnten führt. Ende der Verteidigung von Urheberinteressen sekretärin von film20 ■

politik und kultur 01/04 Seite 19 HKS 47 schwarz PORTRAIT politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 20

Kunst für den zweiten Blick Der Bildhauer Wasa Marjanov

Zwei markante Sichtbetonquader, der Kaiser von Assyrien“ (Fernando die im rechten Winkel zueinander Arrabal), „Geister in der Stadt“ stehen und einen Garten umschlie- (Thaddäus Rittner), „Das Leben im ßen: ein Kurzbeschrieb des Muse- stillen Haus (Pavel Kohout), „Das ums „franz gertsch“ in Burgdorf bei Zeichen an der Wand“ (Franz Theo- Bern, das dem Werk des gleich- dor Csokor)), „Die große Schmähre- namigen Schweizer Malers und de an der Stadtmauer“ (Tankred Holzschneiders gewidmet ist. Dort Dorst), „Die Häuser des Sartorius“ öffnete Anfang November eine au- (George Bernard Shaw), „Zimmer- ßergewöhnliche Ausstellung ihre schlacht“ (Martin Walser), „Bernarda Pforten: die Installation „Theater Albas Haus“ (Frederico Garcia Lorca) Boxes“ des Düsseldorfer Künstlers – jedes Theaterstück führt Architek- Wasa Marjanov. tur im Namen. Das genügte, um die Fantasie Marjanovs anzuregen und as Außergewöhnliche ist nicht zwanzig Miniaturtheater mit Zu- Dallein die Installation an sich, schauerraum, Bühne und Bühnen- sondern die einjährige „Tournee“, bild zu erfinden – jedes formal und auf die sie geht. Die Stationen nach farblich dem Titel entsprechend. dem museum franz gertsch sind: Museum Folkwang, Essen, Deut- Am Anfang steht der Titel sches Architektur-Museum, Frank- Seit Wasa Marjanov 1976 die Klasse furt, Kunstmuseum Ahlen, Galerie für Bildende Kunst und Architektur der Stadt Tuttlingen und Leopold- an der Kunstakademie Düsseldorf Hoesch-Museum-Düren (Termine besucht hat, zeichnen drei Dinge siehe unten). sein Schaffen aus: Architektur, Dass die Arbeiten Wasa Marja- Skulptur und der menschliche Kör- novs bei derart unterschiedlich kon- per. Das Wichtigste und sicher Un- zipierten Museen auf Interesse sto- gewöhnlichste für einen Bildhauer Wasa Marjanov Foto: Klaus-Dieter Fahlbusch ßen, hängt mit ihrem Facettenreich- ist dabei: Am Anfang steht immer tum zusammen. Sie sind als Skulp- das Wort. nem Prozess. Alles ist mit meinen war Deutsch Fremdsprache. Viel- schen Ernst und subversiver Ironie. turen ebenso zu begreifen wie als Titel wie „Das eingemachte Händen gemacht, gebogen, geleimt, leicht die Vorrausetzung für Marja- Gefragt, ob er sich als ein gesell- Architekturmodelle, sie knüpfen an Abendmahl“, „Resonanzkörper für bemalt. Ich benütze alle Materiali- novs spielerischen Umgang mit den schaftskritischer Künstler verstehe, Traditionen der klassischen Moder- verwirrte Halbtöne“, „Gesichtsskulp- en, die man tatsächlich in der Archi- Worten. Marjanov studierte zu- sagt er: „Politisch ist alles, aber eher ne an, nicht ohne dabei immer auch turen des Verbergens und Nicht- tektur benützt, vom Gitterrost bis zu nächst Maschinenbau und arbeitete auf den zweiten Blick“. neues Terrain zu sondieren und sie seins“ sind Ausgangspunkte jedes Kacheln, Draht, Glas und Holz. Die als Ingenieur. Erst 1976 begann ein Auffällig am Werk Marjanovs ist beziehen auf innovative Weise Foto- neuen Werkes. „Das Wort ist der Farbe ist nicht Künstlerfarbe, son- Studium an der Kunstakademie die Kontinuität seiner Themen und grafie, Musik, Theater und Prosa in Formgeber für alles“, sagt Marjanov. dern Nitrolackfarbe wie sie überall Düsseldorf. Im Unterschied zu man- Mittel seit über zwei Jahrzehnten. Es ihr Konzept mit ein. Dann erst kommt die Form, das Ma- verwendet wird. Sie wird in bis zu 20 chem Kommilitonen hatte er von gibt sicher wenige Künstler, die so Ein Blick ins Innere der grauen terial, die Farbe, schließlich medien- Schichten sehr dünn aufgetragen. Anfang an einen Blick aufs Material bruchlos und konsequent ihrem Sichtbetonquader des museum übergreifend Fotos, Videos und Tex- Dadurch entsteht eine weiche Ober- und konnte seine Ideen auch hand- Grundthema folgen. „Man muss franz gertsch: In einem beinahe te. Letztere – da legt Marjanov Wert fläche. Wenn die Arbeiten fertig werklich umsetzen. sich treu bleiben“, meint Marjanov quadratischen Raum – auch hier al- darauf – macht und schreibt er nicht sind, haben sie schon gelebt, sie wir- Marjanov lässt aus alltäglichem lapidar. „Am Ende zahlt sich das les grau und weiß – hängen 20 graue, selbst. Ganz offensichtlich kennt er ken nie neu.“ Material Kunst entstehen: Oft zeigt aus“. etwa DIN A 4 große Kästen an den keine Berührungsängste mit der Marjanows formales Repertoire erst der zweite Blick, das etwas an- vier Wänden, die „Theaterkisten“ Kreativität anderer. Bei seinem ist überschaubar, was seinen Arbei- deres, das neue Bedeutung entstan- Andreas Kolb ■ Marjanovs. Über jeder eine Fotogra- jüngsten Projekt etwa, den „Theater- ten jedoch nichts an ihrem Reiz den ist. So etwa bei Zeichnungen auf fie, die den Künstler von hinten vor kisten“, steuerten Bernd Jansen, nimmt. Es sind meist geometrische Holzbrettern, die man sonst zur Ver- Theater Boxes ungewöhnlichen Düsseldorfer Thomas Merz und Wolfgang Volz Fo- Formen, Kuben, Dreiecke, Kugeln, schalung nimmt. Oder wenn er etwa Wasa Marjanov Stadtansichten zeigt und deren Mo- tosarbeiten bei, Hans Joachim Bor- Kegel, Röhren, Scheiben, Winkel, einen Gitterrost als Bildträger Museum franz gertsch 7.11.2003 – tiv jeweils mit dem Titel einer Thea- mann komponierte die Musik, Die- unregelmäßige geometrische Kör- nimmt. 5.1.2004 ter-Box korrespondiert. In der Mitte ter Bartel machte Videos, Joachim per. Das Vorgefundene konstruiert Die Materialfrage ist für Marja- Museum Folkwang, Essen 30.1. – des Raumes stehen zwei überle- Geil schrieb 20 Texte zu den einzel- er neu, das Konstruierte dekonstru- nov eine grundsätzliche: „Ich benut- 12.4.2004 bensgroße Skulpturen, besser nen Kisten und Armin Zweite ver- iert er. ze keine Leinwände, keinen Stein, Deutsches Architektur-Museum, Skulpturen-Möbel: „Die tischbeini- fasste den Einleitungstext. Erst alle keine Bronze, sondern das was uns Frankfurt 27.4.- 30.5.2004 ge Jungfrau“ und „Ein Schrank von Elemente zusammen ergeben das Marjanovs Material umgibt.“ Wenn Marjanov fiktive Ar- Kunstmuseum Ahlen 16.5.- einem Mann“. Daneben eine Podest Marjanovsche Gesamtkunstwerk. Wasa Marjanows Affinität zum chitektur in reale Umwelt montiert, 18.7.2004 mit TV-Bildschirm, der nochmals al- Marjanov macht an seinen Handwerklichen, aber auch zum wenn er in seinen Titeln mit den Galerie der Stadt Tuttlingen le Fotos zeigt, untermalt von Musik- Skulpturen alles selbst, hält keine Spiel mit den Worten korrespondiert Worten spielt, wenn er in der Arbeit 23.7. – 12.9.2004 miniaturen des Physikers und Kom- Assistenten in Lohn und Brot. Und: mit seiner Biografie. Als Vierzehn- „Das eingemachte Abendmahl“ die Leopold-Hoesch-Museum, Düren ponisten Hans Joachim Bormann. Er fertigt keine Skizzen oder Kon- jähriger verließ er 1965 gemeinsam Köpfe von Jesus und seinen Jüngern 3.10. - 28.11.2004 Die grauen Kästen hängen in Au- struktionszeichnungen an: „Ich ken- mit der Mutter Jugoslawien und kam mit roten Haushaltsgummis dar- genhöhe des Besuchers und können ne den Titel, ich kenne grob die nach Deutschland. Auch wenn die stellt, dann nimmt er den Betrachter Internet einzeln von diesem geöffnet und be- Form. Ich weiß aber erst am Ende, Mutter donauschwäbischer Ab- jeweils mit auf seinen Grenzgängen www.wasa-marjanov.de trachtet werden: „Der Architekt und wie es aussieht, das entsteht in ei- stammung war, für Wasa Marjanov zwischen Realität und Utopie, zwi- neu bei ConBrio Das Standardwerk zur elementaren Musikpädogogik

Maria Seeligers Buch zum Thema Maris Seeliger: Das Musikschiff Musikerleben in Eltern-Kind- Kinder und Eltern erleben Musik Gruppen stellt die wesentlichen Von der pränatalen Zeit bis ins vierte Lebensjahr theoretischen Ansätze vor und ConBrio Fachbuch • Band 10, 431 Seiten, Paperback veranschaulicht sie durch Fotos von Charlotte Oswald und Maria Seeliger praktische Beispiele. Die Mit CD „Musik zum Tanzen und Träumen“ exemplarischen Stundenverläufe CB 1159; ISBN 3-932581-59-8 gehen unmittelbar aus der Euro 39,- wissenschaftlichen Fundierung hervor und eröffnen mit ihren zahlreichen Texten, Liedern, ConBrio Verlagsgesellschaft Musikstücken und Spielideen Brunnstr. 23, 93053 Regensburg Postfach 10 02 45, 93002 Regensburg anregende Perspektiven für die Tel. 0941/945 93-0, Fax 0941/945 93-50 eigene Arbeit. E-Mail: [email protected], www.conbrio.de

politik und kultur 01/04 Seite 20 HKS 47 schwarz KULTURGROSCHEN politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 21

Vergabe des Kulturgroschens des Deutschen Kulturrates 2003 an William Forsythe

Am 10.12.2003 zeichnete der Deut- illiam Forsythe steht für eine reographen. Seine zusammen mit seine Tänzer Verdienste erworben. Vorsitzender des Deutschen Kultur- sche Kulturrat den Tänzer und Cho- Wneue Sprache und Erneuerung dem Zentrum für Kunst- und Medi- Er setzt sich in verschiedenen Pro- rates, würdigte Linda Reisch in der reographen William Forsythe mit im Tanz. Seine künstlerischen Arbei- entechnologie entwickelte Compu- jekten für Künstler in anderen Län- Laudatio das künstlerische Schaffen dem Kulturgroschen 2003 aus. In ten fordern veränderte Sehweisen ter-Installation, Improvisation Tech- dern ein und steht damit für die In- William Forsythe und die politi- der Jurybegründung heißt es: „Der heraus. Sie überschreiten die Gren- nologies, ermöglichen neue Auf- ternationalität der Kunst.“ schen Wirkungen seiner Arbeit. In Deutsche Kulturrat würdigt mit die- zen zu den anderen künstlerischen zeichnungsformen und damit Tra- Nach der Begrüßung durch Mo- ihrer Rede wurde die künstlerische ser Auszeichnung das künstlerische Sparten. William Forsythe hat natio- dierungsmöglichkeiten des Tanzes. nika Grütters, Vorstand der Stiftung Ausdrucksstärke von Forsythe Wir- Engagement von William Forsythe. nal und international einen wesent- William Forsythe hat sich mit Brandenburger Tor, und einer An- ken deutlich. lichen Einfluss auf Tänzer und Cho- seinem sozialen Engagement für sprache durch Prof. Dr. Max Fuchs,

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Verleihung des Kulturgroschens an William Forsythe in den Räumen der Stiftung Brandenburger Tor

Bild 1 Linda Reisch (Laudatorin), Brigitte Lange ( MdA), William Forsythe, Prof. Monika Grütters (Vorstand Stiftung Brandenburger Tor), Peter von Wesendonk (AA), Dr. Thomas Flierl (Kultursenator Berlin) Bild 2 Ekkhardt Ehlers Bild 3 William Forsythe, Prof. Dr. Max Fuchs (Vorsitzender des Deutschen Kulturrates) Bild 4 William Forsythe Bild 5 Dr. Bernhard von Löffelholz, Linda Reisch, Monika von Löffelholz Bild 6 Prof. Monika Grütters (Vorstand Stiftung Brandenburger Tor),William Forsythe Bild 7 Christian Höppner ( Stellv.Vors. Deutscher Kulturrat) Gitta Connemann (MdB – Vorsitzende der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Kultur in Deutschland“), Prof. Dr. Max Fuchs (Vorsitzender des Deutschen Kulturrates) 7

politik und kultur 01/04 Seite 21 HKS 47 schwarz AUS DEM politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 22

Bundestagsdrucksachen

m Folgenden wird auf Bundes- dien (21. Ausschuss) Itagsdrucksachen mit kulturpoliti- zu dem Antrag der Abgeordneten scher Relevanz hingewiesen. Be- der Fraktion der FDP rücksichtigt werden Kleine und Gro- - Drucksache 15/1708 - ße Anfragen, Anträge, Entschlie- Transparenz für den Hauptstadt- ßungsanträge, Beschlussvorlagen, kulturfonds Schriftliche Fragen, Mündliche Fra- gen sowie Bundestagsprotokolle. Al- Drucksache 15/1790 (22. 10. 2003) le Drucksachen können unter fol- Antrag der Abgeordneten der Frakti- gender Adresse aus dem Internet on der CDU/CSU sowie der Abge- heruntergeladen werden: ordneten der Fraktion der FDP http://dip/bundestag.de/parfors/ Errichtung einer Stiftung „Staats- parfors.htm. oper Unter den Linden“

Berücksichtigt werden Drucksachen Drucksache 15/1712 (15. 10. 2003) zu folgenden Themen: Antrag der Abgeordneten der Frakti- on der FDP • Auswärtige Kulturpolitik, Daseinsvorsorge nicht gegen Wett- • Bürgerschaftliches Engagement, bewerb ausspielen • Daseinsvorsorge • Erinnern und Gedenken, Urheberrecht • Europa, • Informationsgesellschaft, Drucksache 15/1353 (02. 07. 2003) • Internationale Abkommen mit Beschlussempfehlung des Vermitt- kultureller Relevanz, lungsausschusses • Kulturelle Bildung, zu dem Gesetz zur Regelung des Ur- • Kulturfinanzierung, Deutscher Bundestag im Reichstagsgebäude Fotonachweis: Deutscher Bundestag heberrechts in der Informationsge- • Kulturförderung nach § 96 Bun- sellschaft desvertriebenengesetz, Dr. , Günter Noo- (24. 09. 2003) (Kommunale Finanzreform) - Drucksachen 15/38, 15/837, • Kulturpolitik allgemein, ke, (Bremen), Entschließungsantrag der Abgeord- 15/1066 - • Kulturwirtschaft weiterer Abgeordneter und der neten der Fraktion der SPD, der Ab- Drucksache 15/1739 (15. 10. 2003) • Künstlersozialversicherungsge- Fraktion der CDU/CSU - Druck- geordneten der Fraktion der FDP Bericht des Haushaltsausschusses Bundestagsdebatten setz, sache 15/468- und der Abgeordneten der Fraktion (8. Ausschuss) gemäß § 96 der Ge- • Medien, Deutsch als dritte Arbeitssprache BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN schäftsordnung • Steuerrecht mit kultureller Relevanz, auf europäischer Ebene – Verstärkte Zu der Abgabe einer Erklärung zu dem Gesetzentwurf des Bundes- Thema Bildung • Stiftungsrecht, Förderung von Deutsch als lern- durch die Bundesregierung zu den rates - Drucksache 15/1470 – • Urheberrecht. baresprache im Ausland Ergebnissen der Europäischen Bil- Entwurf eines Soforthilfegesetzes Plenarprotokoll 15/71 (05. 11. 2003) dungsministerkonferenz am für die Gemeinden (SofortHiG) 6126 A Europa Informationsgesellschaft 18./19. September 2003 in Berlin. Anlage 13 Drucksache 15/1746 (15. 10. 2003) Verwirklichung der ursprünglich Drucksache 15/1574 (24. 09. 2003) Drucksache 15/1565 (23. 09. 2003) Drucksache 15/1787 (21. 10. 2003) Entschließungsantrag der Abgeord- vorgesehenen Vergabe von 1 Milli- Antrag der Fraktionen SPD, Kleine Anfrage der Abgeordneten Antrag der Abgeordneten der Frakti- neten der Fraktion der CDU/CSU arde Euro für Fort- und Weiterbil- CDU/CSU, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Fraktion der CDU/CSU on der CDU/CSU) zu der dritten Beratung des Gesetz- dung. NEN und FDP Überwindung der digitalen Spal- Für mehr Wettbewerb und Flexibili- entwurfes der Bundesregierung - Schaffung der Rechtsgrundlagen Deutsch als Arbeitssprache auf eu- tung – UNO-Weltgipfel zur Infor- sierung im Hochschulbereich – der Drucksachen 15/1517, 15/1664, für eine Zertifizierung von Trägern ropäischer Ebene festigen – Ver- mations- und Wissensgesellschaft Bologna-Prozess als Chance für den 15/1727 - für Weiterbildungsmaßnahmen stärkte Förderung von Deutsch als in Genf Wissenschaftsstandort Deutsch- Entwurf eines Gesetzes zur Reform erlernbare Sprache im Ausland land der Gewerbesteuer Thema Förderalismus Drucksache 15/1678 (13. 10. 2003) Drucksache 15/1694 (14. 10. 2003) Antwort der Bundesregierung Kulturfinanzierung Drucksache 15/1760 (16. 10. 2003) Plenarprotokoll 15/66 (16.10.2003) Antrag der Abgeordneten der Frakti- auf die Kleine Anfrage der Abgeord- Bericht des Finanzausschusses (7. 5590 B – 5616 B on der CDU/CSU neten der Fraktion der CDU/CSU - Drucksache 15/1517 (08. 09. 2003) Ausschuss) Tagesordnungspunkt 4: Für eine zügige Regierungskonfe- Drucksache 15/1565 – Gesetzentwurf der Bundesregierung Entwurf eines Gesetzes zur Reform Antrag der Fraktionen der SPD, der renz über die EU-Verfassung Überwindung der digitalen Spal- Entwurf eines Gesetzes zur Reform der Gewerbesteuer CDU/CSU, des BÜNDNISSES tung – UNO-Weltgipfel zur Infor- der Gewerbesteuer Entwurf eines Soforthilfegesetzes 90/DIE GRÜNEN und der FDP: Drucksache 15/1834 (24. 10. 2003) mations- und Wissensgesellschaft für die Gemeinden (SofortHiG) Einsetzung einer gemeinsamen Unterrichtung über die gemäß § 93 in Genf Drucksache 15/1664 (zu Drucksache Kommission von Bundestag und der Geschäftsordnung an die Aus- 15/1517) (09. 10. 2003) Drucksache 15/1964 (10. 11. 2003) Bundesrat zur Modernisierung der schüsse überwiesenen Vorlagen Internationale Abkommen Unterrichtung durch die Bundesre- Unterrichtung durch die Bundesre- bundesstaatlichen Ordnung (Eingangszeitraum: 15. Oktober bis mit kultureller Relevanz gierung gierung (Drucksache 15/1685) 21. Oktober 2003) Entwurf eines Gesetzes zur Reform Gesetz zur Reform der Gewerbesteu- Redner: , Präsi- 2. Überweisung von EU-Vorlagen Drucksache 15/1567 (23. 09. 2003) der Gewerbesteuer - Drucksache er (Gewerbesteuerreformgesetz – dent; Dr. Wolfgang Böhmer, Präsi- gemäß § 93 Abs. 1GO Antrag der Abgeordneten der Frakti- 15/1517- GewStRefG) - Drucksachen 15/1517, dent des Bundesrates; Franz Münte- 2.8. Mitteilung der Kommission an on der CDU/CSU Stellungnahme des Bundesrates 15/1664, 15/1727, 15/1760 - fering (SPD); den Rat, das Europäische Parla- Doha-Verhandlungen nach dem und Gegenäußerung der Bundesre- Anrufung des Vermittlungsaus- (CDU/CSU); (SPD); Kris- ment, den Europäischen Wirt- Scheitern von Cancun konstruktiv gierung schusses ta Sager (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schafts- und Sozialausschuss und und zügig voranbringen NEN); Dr. (FDP); den Ausschuss der Regionen über Drucksache 15/1727 (15.10.2003) Kulturpolitik allgemein Brigitte Zypries, Bundesministerin den Übergang vom analogen zum Drucksache 15/1602 (24. 09. 2003) Beschlussempfehlung des Finanz- BMJ; (CDU/CSU); digitalen Rundfunk (digitaler Über- Kleine Anfrage der Abgeordneten ausschusses (7. Ausschuss) Drucksache 15/1607 (25. 09. 2003) (Köln) (BÜNDNIS gang und Analogabschaltung) der Fraktion der FDP a) zu dem Gesetzentwurf der Bun- Antwort der Bundesregierung auf 90/DIE GRÜNEN); Ernst Burgba- (Inkl. 12753/03 ADD 1 – Arbeitsdo- Regionale Freihandelsabkommen desregierung - Drucksachen die Kleine Anfrage der Abgeordne- cher (FDP); (fraktionslos); kument der Kommissionsdienst- als mögliche Gefahr für den Welt- 15/1517, 15/1664 - ten der Fraktion der FDP - Drucksa- Wilhelm Schmidt (Salzgitter) (SPD); stellen) handel Entwurf eines Gesetzes zur Re- che 15/1538 - (CDU/CSU); Dr. KOM (2003) 541 endg.; Ratsdok. form der Gewerbesteuer Hauptstadtkulturfonds Hans-Peter Friedrich (Hof) (CDU/ 12753/03) Drucksache 15/1844 (27. 10. 2003) CSU) Beschlussempfehlung und Bericht b) zu dem Gesetzentwurf des Bun- Drucksache 15/1683 (14. 10. 2003) Drucksache 15/1878 (05. 11. 2003) des Ausschusses für Bildung, For- desrates - Drucksache 15/1470- Beschlussempfehlung und Bericht Thema Internationales Antrag der Fraktionen SPD und schung und Technikfolgenabschät- Entwurf eines Soforthilfegeset- des Ausschusses für Verkehr, Bau- Abkommen mit BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zung (17. Ausschuss) zes für die Gemeinden (Sofort- und Wohnungswesen (14. Aus- kultureller Relevanz Die Errungenschaften des Kon- zu dem Antrag der Abgeordneten HiG) schuss) vents sichern – das Europäische der Fraktion der CDU/CSU - Druck- zu dem Antrag der Abgeordneten Plenarprotokoll 15/70 (24. 10. Verfassungsprojekt erfolgreich voll- sache 15/1095 - c) zu dem Antrag der Abgeordneten der Fraktion der SPD und der Abge- 2003)6067 C – 6075 A enden Qualitätssicherung im Bildungswe- der Fraktion der CDU/CSU - ordneten der Fraktion BÜNDNIS Zu Protokoll gegebene Reden zur sen und kulturelle Vielfalt bei Drucksache 15/1217- 90/DIE GRÜNEN - Drucksache Beratung der Anträge: Drucksache 15/1951 GATS-Verhandlungen garantieren Finanzkraft der Kommunen stär- 15/1092 - - Neustrukturierung der Außen- Beschlussempfehlung und Bericht ken – Kommunale Selbstverwal- Die Qualitätsoffensive für gutes wirtschaftsförderung als Beitrag des Ausschusses für Kultur und Me- Drucksache 15/1931 (05. 11. 2003) tung sichern Planen und Bauen voranbringen zur Schaffung von Wachstum und dien (21.Ausschuss) Antrag der Abgeordneten der Frakti- Beschäftigung a) zu dem Antrag der Fraktionen on der FDP Drucksache 15/1729 (15. 10. 2003) Drucksache 15/1708 (15. 10. 2003) - Doha-Verhandlungen nach dem SPD, CDU/CSU, BÜNDNIS Doha-Runde bis 2005 zum Erfolg Beschlussempfehlung und Bericht Antrag der Abgeordneten der Frakti- Scheitern von Cancun konstruk- 90/DIE GRÜNEN und FDP - führen – Mehr Entwicklung, Ar- des Rechtsausschusses (6. Aus- on der FDP tiv und zügig voranbringen Drucksache 15/1574- mutsbekämpfung und Wohlstand schuss) Transparenz für den Hauptstadt- (Tagesordnungspunkt 17 a und b) Deutsch als Arbeitssprache auf eu- durch Freihandel zu dem Gesetzentwurf der Abgeord- kulturfonds 6067 C Dr. Sigrid Skarpelis-Sperk ropäischer Ebene festigen- Ver- neten der Fraktion der FDP - Druck- SPD 6067 D Erich G. Fritz CDU/CSU stärkte Förderung von Deutsch als Kulturelle Bildung sache 15/1247 - Drucksache 15/2106 (28. 11. 2003) 6070 A Michaele Hustedt BÜNDNIS erlernbare Sprache im Ausland Entwurf eines Gesetzes zur Ände- Beschlussempfehlung und Bericht 90/DIE GRÜNEN 6073 A Gudrun b) zu dem Antrag der Abgeordneten Drucksache 15/1579 und 15/1582 rung des Grundgesetzes des Ausschusses für Kultur und Me- Kopp FDP 6075 A

politik und kultur 01/04 Seite 22 HKS 47 schwarz AUS DEM BUNDESTAG politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 23

Bundestag einig über Baukultur Antrag „Qualitätsoffensive für gutes Planen und Bauen“ • Von Claudia Schwalfenberg

Gestern Stiefkind kulturpolitischer 2000 gestartet zielt die Initiative da- Wohnungswirtschaft“ einen finanzi- res Volumen geht“, von dem der nach der Vereinfachung der Bauvor- Auseinandersetzungen, heute Motor rauf ab, das Gespräch über die ge- ellen Beitrag zur Stiftungsgründung Bund die Hälfte aufbringen wolle. schriften“. Außerdem sprach er sich einer „Debatte über unsere Grund- baute Umwelt in breite Bevölke- leisten. Zum anderen fordert der Neben der Stiftungsgründung für einen Denkmalschutz aus, der werte“ (Ursula Sowa, Bündnis rungskreise zu tragen. Wesentliches Bundestag die Bundesregierung auf, konfrontierte der Bundestag die Re- „bauintegrierend“ wirkt. 90/Die Grünen): Die Baukultur hat in Instrument soll eine nationale Stif- ein inhaltliches Konzept für den gierung mit Forderungen zu einem Petra Weiss (SPD) würdigte ab- den letzten drei Jahren eine steile tung Baukultur sein. Aufbau der Stiftung vorzulegen. weiten Themenspektrum: dem Ex- schließend das „ausgesprochen po- Karriere gemacht. So präsentierte Auch der Antrag zur Qualitätsof- bekannte sich für port von Bau- und Planungsleistun- sitive Zwischenergebnis“ der Initia- sich der Deutsche Bundestag am 16. fensive räumt der Stiftungsgrün- die CDU/CSU-Fraktion ausdrück- gen, der Vorbildfunktion des Bau- tive Architektur und Baukultur: „In Oktober in ungewöhnlicher Einigkeit, dung einen hohen Stellenwert ein. lich zur Stiftung Baukultur, mahnte herrn-Bund, der Denkmalpflege, der erstaunlich kurzer Zeit ist ein Pro- als er den von SPD und BÜNDNIS Die ersten beiden von insgesamt aber an, noch ausstehende Fragen Forschungsförderung, dem Stad- zess verstetigt worden, der bundes- 90/Die Grünen eingebrachten An- zehn Forderungen, die sich an die zu klären: „Soll sie [die Stiftung] tumbau, der Stadt- und Stadtquar- weite Ausstrahlung gefunden hat trag „Die Qualitätsoffensive für gutes Bundesregierung richten, sind der durch eine private Beteiligung und tiersplanung sowie der Stärkung der und nach unserer festen Überzeu- Planen und Bauen voranbringen“ dis- Stiftung gewidmet. Zum einen er- durch einen einmaligen oder durch kommunalen Finanzen. Last, but gung sicherlich einen Bewusstseins- kutierte und verabschiedete. wartet der Bundestag von der Regie- einen jährlichen Bundeszuschuss not least mahnte das Parlament wandel nach sich ziehen wird“. rung, die Beratung eines Stiftungs- erfolgen? Sollen sich die Bundeslän- „noch in dieser Legislaturperiode ei- intergrund des Antrags ist die gesetzes im Jahr 2004 vorzubereiten. der oder die Kommunen ideell und nen Bericht zum Stand der Umset- Die Verfasserin ist Sprecherin des HInitiative Architektur und Bau- Diesen Appell knüpft das Parlament finanziell beteiligen? Welche Perso- zung dieses Prozesses“ an. Rates für Baukultur im Deutschen kultur. Von der Bundesregierung zu- an die Bedingung, dass „Dritte – nen vertreten die Stiftung?“ Ursula Joachim Günther von der FDP- Kulturrat und Referentin für Öf- sammen mit Kammern, Verbänden zum Beispiel Architekten, Ingenieu- Sowa betonte, dass es mit zehn Mil- Fraktion vermisste im Antrag zur fentlichkeitsarbeit der Bundesar- und anderen Akteuren im Oktober re oder Unternehmen der Bau- und lionen Euro „um ein überschauba- Qualitätsoffensive „die Forderung chitektenkammer ■

Aus den Gremien des Deutschen Kulturrates

Die Mitgliederversammlung des recht beriet am 19.11.2003 unter mit der ermäßigten Mehrwertsteuer gruppe sind die Künstlerinnen und rates Prof. Dr. Max Fuchs nach einer Deutschen Kulturrates fand am seinem Vorsitzendem Prof. Dr. Fer- für Kulturgüter. Steuerpolitische Künstler zu sehen, die jetzt das Ren- allgemeinen kulturpolitischen Aus- 04.11.2003 unter der Leitung des dinand Melichar den Entwurf einer Fragen für die Wahlprüfsteine zur tenalter erreichen, da sie erst seit sprache die Stellungnahme des Vorsitzenden des Deutschen Kultur- Stellungnahme des Deutschen Kul- Wahl des Europäischen Parlaments 1983 in der gesetzlichen Rentenver- Deutschen Kulturrates zur Vorberei- rates, Prof. Dr. Max Fuchs, im Aus- turrat zur Vorbereitung eines Zwei- 2004 wurden erörtert. sicherung als freiberufliche Künstler tung eines Zweiten Gesetzes zur Re- wärtigen Amtes statt. Nach dem Vor- ten Gesetzes zur Regelung des Ur- Der Fachausschuss Bildung hat versichert sein können. Sie erhalten gelung des Urheberrechts in der In- standsbericht über die Tätigkeit im heberrechts in der Informationsge- sich am 04.12.2003 unter der Lei- eine sehr kleine Rente. Mit Blick auf formationsgesellschaft (siehe hierzu vergangenen Jahr erfolgte die kultur- sellschaft. Weiter erarbeitete der tung des Vorsitzenden Prof. Dr. die jetzt aktive Künstlergeneration Seite 17). Weiter beschloss der Spre- politische Aussprache zu Themen Ausschuss die urheberrechtlichen Fuchs intensiv mit den möglichen wurde über mögliche Formen einer cherrat die Fragen an die im Europä- und Aktivitäten des Deutschen Kul- Fragen der Wahlprüfsteine des Auswirkungen der Ganztagsschule privaten Absicherung diskutiert. ischen Parlament vertretenen Par- turrates. Sowohl die GATS-Verhand- Deutschen Kulturrates zur Wahl auf die außerschulische kulturelle Die adhoc-Arbeitsgruppe Grund- teien zur Wahl des Europäischen lungen als auch die Konvention zum des Europäischen Parlaments im Bildung auseinandergesetzt. Der versorgung traf sich am 11.12.2003 Parlaments im Juni 2004. Schutz der kulturellen Vielfalt spiel- Juni 2004. Ausschuss wird zu dem Thema eine unter der Leitung des Vorsitzenden ten dabei eine wichtige Rolle. Weiter Der Fachausschuss Steuern traf Stellungnahme vorbereiten. Weiter des Deutschen Kulturrates, Prof. Dr. Gabriele Schulz wurde die Entlastung für den Haus- sich am 26.11.2003 unter der Lei- spielten bildungspolitische Fragen Max Fuchs, zu ihrer konstituieren- halt 2002 erteilt und der Haushalt tung seines Vorsitzenden Bernd Fe- für die Wahlprüfsteine zur Wahl des den Sitzung. In dieser Sitzung wur- Der Fachausschuss Europa/In- 2004 verabschiedet. Im Anschluss an sel. Breiten Raum nahmen in der Sit- Europäischen Parlaments 2004 eine den zunächst die Positionen und ternationales befasste sich am die Mitgliederversammlung infor- zung Fragen des Gemeinnützig- wichtige Rolle in der Ausschussdis- Problemlagen aus den verschiede- 27.11.2003 unter dem Vorsitz von mierte der Leiter der Kultur- und Bil- keitsrechts ein. Hier sollen Forde- kussion. nen künstlerischen Sparten und Be- Rolf Zitzlsperger mit den Wahlprüf- dungsabteilung des Auswärtigen rungen für eine kostenneutrale Re- Die adhoc-Arbeitsgruppe soziale reichen des Kulturlebens ausge- steinen zur Wahl des Europäischen Amtes, Wilfried Grolig, über die aus- form des Gemeinnützigkeitsrechts Sicherung debattierte am 10.12.2003 tauscht, um auf dieser Grundlage Parlaments im Juni 2004. Ein weite- wärtige Kultur- und Bildungspolitik. zur Stärkung des Bürgerschaftlichen unter der Leitung des Geschäftsfüh- ein Arbeitsprogramm zu entwickeln. res wichtiges Thema war im Aus- Es bestand eine breite Übereinstim- Engagements erarbeitet werden. rers des Deutschen Kulturrates Olaf Der Sprecherrat des Deutschen schuss die EU-Erweiterung und de- mung zwischen dem Deutschen Kul- Weiter befasste sich der Ausschuss Zimmermann Fragen der Alterssi- Kulturrates verabschiedete am ren Folgen für die Kultur. turrat und dem Auswärtigen Amt. mit der Besteuerung ausländischer cherung von Künstlerinnen und 11.12.2003 unter der Leitung des Der Fachausschuss Urheber- Künstlerinnen und Künstler sowie Künstlern. Als besondere Problem- Vorsitzenden des Deutschen Kultur- Barbara Gessler ■

Marktöffnung setzt Künste unter Druck

„Joost Smiers: Arts under Pressure. ist es nun, dass sich die ökonomi- naler Kulturmärkte eine überzeu- Nutzer, sondern auch die Künst- noch nicht geführt wurde. Promoting Cultural Diversity in the sche Globalisierung, so wie sie von gende Menge an Daten und Fakten lerinnen und Künstler, die zum ei- Joost Smiers zeigt zudem, was ei- Age of Globalization. London/New der Welthandelsorganisation WTO gesammelt, die zeigen, dass und wie nen fremdbestimmt sind und die ne akademisch verankerte Kultur- York: Zed Books 2003 vorangetrieben wird, mit der kultu- eine ungeschützte Öffnung von zum anderen nur einen geringen politikforschung für eine praktische rellen Globalisierung überlagert: (Film-, Musik-, Literatur- oder Anteil am Ertrag erhalten. Kunst ist Kulturpolitik leisten kann – was n Gesprächen fällt die Reaktion Nämlich dadurch, dass „Kultur“ Kunst-)Märkten das kulturelle Ange- durchaus ein Geschäft, aber es pro- auch für Deutschland keine Iauf den Begriff der Globalisierung (ebenso wie Bildung, audiovisuelle bot genauso schrumpfen lässt, wie fitieren nicht notwendig die Produ- schlechte Perspektive wäre. Viel- durchaus unterschiedlich aus: Die Medien oder soziale Leistungen) als es die Globalisierungsskeptiker ver- zenten davon – auch dies ist eine be- leicht täte uns auch eine Diskussion einen denken an weltweite Kontak- „Dienstleistungen“ im Sinne der mutet haben. Der Markt mag viele legte Aussage von Smiers. der angesprochenen heiklen Fragen te, an die wechselseitige Befruch- WTO identifiziert werden. Kultur Vorteile bei der Allokation normaler An dieser Stelle führt er enga- ganz gut – auch wenn zur Zeit alle tung der Phantasie und des Den- wird so zu einer rein ökonomischen Güter haben: Im Kulturbereich ge- giert eine Diskussion, die auch im Kräfte benötigt werden, eine Kultur- kens, an eine Ausdehnung des eige- Dienstleistung, auf die nunmehr die fährdet er im Grundsatz aufs höchs- Kontext des Deutschen Kulturrates zerstörung durch eine ungebremste nen Horizonts. Andere im kulturel- Regeln des internationalen Wettbe- te kulturelle Vielfalt. Dabei zeigt sehr viel Emotionen freisetzen Ökonomisierung durch internatio- len Feld haben eher die Sorge, dass werbsrechts angewandt werden sol- Smiers durchaus auch Beispiele für könnte: Schuld an der zu geringen nale Handelsorganisationen zu ver- nunmehr nur noch Produkte der len. Konsequenz wäre unter ande- positive Entwicklungen – wenn etwa und daher ungerechten Teilhabe am hindern. Auch hierbei ist Joost US-amerikanischen Unterhaltungs- rem, dass öffentliche Zuwendungen alte Musiktraditionen bei einem in- Ertrag der Künste sei das Urheber- Smiers als Aktivist des Internationa- industrie unsere kulturelle Praxis als marktverzerrende Subventionen ternationalen Publikum als Beson- recht. Dieses schütze weniger die len Netwok of Cultural Diversity – ei- prägen und wir es daher nur noch nicht länger erlaubt sein könnten. derheit im Rahmen eines Kulturtou- Produzenten, sondern bevorzuge ner der Partner bei unserer Cancun- mit Standardisierung und einer Nun wissen sogar viele neoliberale rismus gewürdigt und daher geför- vielmehr die „Investoren“ (S. 73). Erklärung – heftig und streitbar in- weltweiten Angleichung unseres Ge- Hardliner, dass Kultur eine „Ware ei- dert werden. Doch überwiegen dra- Dieser Gegensatz wird zudem noch volviert. schmacks auf das niedrige Niveau gener Art“ ist (so heißt es im UN- matische Beispiele, etwa wenn die verschärft, wenn man die Kulturpro- Das Buch ist dringend jedem zu der Kommerzkultur zu tun haben. ESCO-Kontext). Aber, so wird gesagt, nationale Film- oder Buchindustrie duktionen und ihre Marktchancen empfehlen, der weitere Argumente Auch die ökonomische Globalisie- es schadet die Öffnung des Marktes völlig zusammenbricht, nachdem zwischen den reichen und den ar- in der Auseinandersetzung um rung ist umstritten: Es häufen sich der Kultur nichts und ohnehin bietet staatliche Schutzmechanismen aus- men Ländern vergleicht. Smiers GATS benötigt. Marktskeptiker fin- „Sozialforen“ mit überregionaler das entsprechende Handelsabkom- gesetzt werden (Beispiele sind Mexi- Buch enthält also beides: Gute Argu- den Ermutigung für ihre Überzeu- oder sogar globaler Ausstrahlung, men (GATS) hinreichend Möglich- ko oder die Türkei). Gerade vor dem mentationshilfen in Sachen Welt- gung, Markteuphoriker könnten wo Globalisierungsgegner ihre Be- keiten, um schlimmste Gefahren ab- Hintergrund einer eher lokal wir- handel, aber auch Sprengstoff im möglicherweise etwas nachdenkli- fürchtungen gegenüber einer welt- zuwenden. Es stand also bisher Be- kenden Kunstpraxis geht also bei Hinblick darauf, dass es auch in der cher werden. weiten Durchsetzung des Markt- hauptung („Zerstörung der Kultur“) dieser Form der Internationalisie- je nationalen kulturellen Szene und Profitdenkens deutlich artiku- gegen Behauptung („Keine Gefahr rung Erhebliches verloren. handfeste Interessensgegensätze Max Fuchs ■ lieren. Auf der anderen Seite steht im Verzug“). Smiers analysiert sorgsam so- gibt. Dem Deutschen Kulturrat sind die Front derer, die nicht bloß aus In dieser Situation ist das Buch wohl die Produktions-, aber auch letztere auf Grund seiner Zusam- ökonomischen Gründen, sondern des Utrechter Professors für Politi- die Distributionsbedingungen von mensetzung durchaus vertraut, auch wegen eines dann möglichen sche Wissenschaften der Künste, Kunst, die erst für eine entsprechen- auch wenn die von Smiers angezet- freien Austausches von Werten und Joost Smiers, von größter Bedeu- de Nachfrage das je vorhandene An- telte grundsätzliche Debatte über Ideen das Ziel des freien Welt-Mark- tung. Smiers hat in jahrelangen Un- gebot bestimmen. Verlierer in die- „intelectual property“ bislang in English translation page 8 tes anstreben. Vergleichsweise neu tersuchungen verschiedener natio- sem Geschäft sind nicht nur die Deutschland in dieser Deutlichkeit

politik und kultur 01/04 Seite 23 HKS 47 schwarz DAS LETZTE politik und kultur • Jan. - Feb. 2004 • Seite 24

Zeichnung: Dieko Müller

Kurz-Schluss Impressum Mono-Polis

Wenn unsere von der Finanzmisere proklamiert also der EU-Kulturmi- gebeutelten deutschen Städte im- nisterrat jährlich mindestens eine Zeitung des Deutschen Kulturrats mer früher, oft schon Mitte Oktober, Kulturstadt Europas. In Deutschland ihren Weihnachts-Schmuck aus der trug zuletzt 1999 Weimar diesen Ti- Mottenkiste holen, den einen oder tel. Dieses Jahr glänzt Graz. 2004 Deutscher Kulturrat anderen Glitzer-Schleier dazukau- sind Genua und Lille auserwählt. Bundesgeschäftsstelle fen, sich Lichterketten über die tief Deutschland darf – turnusgemäß – Chausseestraße 103 hängenden Schultern ihrer Kon- zum Jahr 2010 wieder vorschlagen. 10115 Berlin sum-Meilen stülpen um – aufgeta- Für sich genommen repräsentie- Tel: 030/24 72 80 14 kelt wie Bahnhofs-Huren – fürs ren die 16 deutschen Anwärter- Fax: 030/24 72 12 45 schnelle Geschäft bereit zu sein, Städte von Augsburg bis Wittenberg, Internet: www.kulturrat.de dann könnte man sich fast schon von Essen bis Görlitz zwar das denk- E-Mail: [email protected] wieder vom Mitleid einfangen las- bar größte gemeinsame Vielfache sen. Wohin sind sie verkommen, un- deutscher Kommunal-Situationen Theo Geißler, Herausgeber der „neuen Herausgeber sere einst stolzen Horte der Civitas: und -Geschichten. Ihre Bewerbun- musikzeitung“ und „Jazzzeitung“ sowie Olaf Zimmermann und Theo Geißler Zu einer Summe aus Horten, Kauf- gen aber haben, soweit es die Selbst- Mitherausgeber der puk, Moderator der hof und Parkhaus am Dom rechter- darstellungen erkennen lassen, ei- Radiomagazine „taktlos“ (BR/nmz) und Redaktion hand, links liegt der Slum. nen gemeinsamen kleinsten Nen- „contrapunkt“ (BR) Olaf Zimmermann (verantwortlich), Gabriele Schulz, Andreas Kolb Was ist geworden aus den vor- ner: Kunst und Kultur spielen die Foto: Barbara Haack maligen Zentren bürgerlicher Kultur zweite Geige. Anzeigenredaktion und Bildung: Einkaufszentren, die Im Vordergrund stehen nämlich Martina Wagner Tel: 0941/945 93 35, Fax 0941/945 93 50 angeblich nicht mehr genug Gewinn Tourismus-Förderung, Image-Pflege sches. Komisch krank: Das am Ort E-Mail: [email protected] abwerfen, um Geld für sogenannte und Stadt-Marketing. Unter diesem gerade Wachsende, frisch Gewach- freiwillige Leistungen auszugeben. Aspekt kann man schon mal einen sene ist völlig unterrepräsentiert. Verlag Zu solchen gehören oft genug die Zwei-Millionen-Etat lockermachen Den Propheten aus dem eigenen ConBrio Verlagsgesellschaft mbH kommunalen Kultur- und Bildungs- (Karlsruhe investiert gerade diese Stall mag man wohl nicht trauen. Brunnstraße 23, 93053 Regensburg strukturen. Kunst am Bau: wegge- Summe in die Kandidatur). Man Oft sind sie ja auch Sand im Getrie- E-Mail: [email protected] schmolzen. Bibliotheken und Mu- holt sich leitende Berater aus der be einer ökonomisch zentrierten sikschulen: dichtgemacht. Theater Schweiz (Bremen griff hilfehei- Stadtentwicklungs-Planung, mau- Layout und Orchester: rationalisiert, fusio- schend in diesen neutralen Profi- len unbequem herum und beugen Suppmann & Richter, Regensburg niert, privatisiert. Deutsche Städte Topf) oder vermutete Erfahrungs- sich, wertkonservativ knarzend, in der Not schleifen zuvörderst ihre träger aus Graz (so schlau war Re- nicht der extrovertierten Touristen- Fotos kulturellen Einrichtungen. Es sei gensburg, obwohl sich Graz als „ge- Lockmaschinerie. Von vernünftiger sofern nicht anders angegeben Susanne Glauert denn, sie hätten sich der breiten Be- setzte“ Stadt gar keinem Wettbe- Förderung hat man sie schon länger wegung jener Kommunen ange- werb aussetzen musste). Plötzlich abgekoppelt. Woher soll da die Kom- Druck schlossen, die ihr Heil in einer Be- ist Geld da, und es wird großzügig petenz kommen, in nationalem – Der Neue Tag Druck- und Verlagshaus GmbH, Weiden werbung um das Prädikat „Kultur- ausgegeben. Für repräsentative In- oder gar internationalem – Wettbe- hauptstadt Europas 2010“ erhoffen. ternet-Auftritte (Bamberg, Essen); werb zu bestehen. Lieber integriert Erscheinungsweise Sollte man wenigstens meinen. teure, unflexible Konzept-Frühge- man doch die üblichen Verdächti- 6 Ausgaben im Jahr Für die Initiative, eine europäi- burten (Kassel) - oder für die Prä- gen. Den örtlichen Monopol-Medi- sche Kulturstadt zu benennen, hat sentation eines strukturlosen Sam- enfürsten, den Veranstalter-Zar, den Preis/Abonnement sich Anfang der achtziger Jahre und melsuriums an Ohnehin-Events Trainer des Bundesliga-Vereins. 3,00 Euro, im Abonnement 18,00 Euro im Jahr sicherlich mit hoch idealistischen (Augsburg). Das fügt sich lückenlos Ein Motivationsmix aus ge- puk ist in Bahnhofsbuchhandlungen sowie an Flughäfen erhältlich. Vorstellungen die griechische Kul- in den kulturellen Habitus der euro- meindlichem Größenwahn – ver- tusministerin Melina Mercouri päischen Union: Es wächst der klebt aus lokalen Minderwertig- Diese und die vorherigen Ausgaben von politik und kultur kön- starkgemacht. Geistige und morali- Markt, die Kunst ist wurscht. Ein keitskomplexen, zwanghafter Mar- nen als pdf-Datei aus dem Internet geladen werden unter: sche Leuchttürme sollten empor- imageträchtiges Etikett birgt mehr keting-Hörigkeit – und Subventions- http://www.puk-online.net streben, Modelle einer kulturhalti- Wert als moderne Malerei. gier macht sich breit bei vielen Be- gen, humanen Stadtplanung. Gelan- Und ferner fällt auf: die jeweils werber-Städten. Er verstellt den det sind wir allerdings auf immer einheimisch gewachsene Kunst- Blick auf den Gegenstand der Be- Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte und Fotos überneh- opulenteren Marktplätzen, umringt und Kultur-Szene kommt im Rah- werbung – die Kultur – so gründlich men wir keine Haftung. Alle veröffentlichten Beiträge sind urheber- von Leuchtreklamen – ganz im Sin- men der ausgestülpten Event-Hitlis- wie das Flimmern der Neon-Weih- rechtlich geschützt. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben ne der gängigen europäischen Eini- ten unserer Kandidaten-Kommu- nachtssterne in unseren Metro-Po- nicht unbedingt die Meinung des Deutschen Kulturrates e.V. wieder. gungs-Strategie, die traditionell auf nen kaum vor. Wohlgemerkt: Aner- len den Sinn der Weihnacht ge- Faktoren wie Wirtschaft und Sicher- kannte Weltkultur-Erbmassen, Ka- schreddert hat. Die Kulturstadt 2010 heit setzt, für kulturelle Belange bei- thedralen aus dem 15. Jahrhundert, heißt jedenfalls Zombiehausen. Dieser Ausgabe von politik und kultur liegen bei: ein spielsweise in der geplanten euro- Domspatzen und sonstige traditio- Abonnementrückmeldebogen und eine Beilage der „Initiative päischen Verfassung nur minimale nelle Aushängeschilder sind ausge- Theo Geißler ■ Hören“. Statistenrollen vorsieht. Seit 1985 nommen – es zählt nur zeitgenössi-

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