FOKUS GESUNDHEIT
Analyse der ambulanten medizinischen Versorgung
Landkreis xxxDarmstadt-Dieburg © Fotolia - janews094 © Fotolia © Fotolia - janews094 © Fotolia INHALT
VORWORT ...... 5 1 IM FOKUS ...... 6 2 REGIONALE ENTWICKLUNG ...... 7 2.1 BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG ...... 7 2.2 ZUKUNFTSCHANCEN DER REGION: DER PROGNOS ZUKUNFTSATLAS ...... 9 3 ÄRZTLICHE VERSORGUNG IN HESSEN ...... 11 3.1 KOOPERATIONSFORMEN IN DER ÄRZTLICHEN VERSORGUNG ...... 11 3.2 FEMINISIERUNG DER ÄRZTLICHEN VERSORGUNG ...... 12 3.3 FLEXIBILISIERUNG DER ÄRZTLICHEN VERSORGUNG ...... 13 3.3.1 ENTWICKLUNG ANSTELLUNG/ ZULASSUNG ...... 13 3.3.2 ENTWICKLUNG TEIL- UND VOLLZULASSUNG ...... 14 4 MEDIZINISCHE VERSORGUNG - WO STEHEN WIR HEUTE? ...... 15 4.1 PLANZAHLEN DER BEDARFSPLANUNG ...... 15 4.2 STAND DER HAUSÄRZTLICHEN VERSORGUNG ...... 19 4.3 STAND DER ALLGEMEINEN FACHÄRZTLICHEN VERSORGUNG ...... 20 4.3.1 ALLGEMEINE FACHÄRZTE GESAMT ...... 20 4.3.2 AUGENÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 21 4.3.3 CHIRURGISCHE VERSORGUNG ...... 21 4.3.4 FRAUENÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 22 4.3.5 HAUTÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 22 4.3.6 HNO-ÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 23 4.3.7 KINDERÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 23 4.3.8 NERVENÄRZTLICHE VERSORGUNG ...... 24 4.3.9 ORTHOPÄDISCHE VERSORGUNG ...... 24 4.3.10 PSYCHOTHERAPEUTISCHE VERSORGUNG...... 25 4.3.11 UROLOGISCHE VERSORGUNG ...... 25 5 ÄRZTLICHER BEREITSCHAFTSDIENST IN HESSEN ...... 26 6 BELEGARZTTÄTIGKEIT IN HESSEN ...... 27 7 DEMOGRAPHIE DER ÄRZTESCHAFT ...... 29 7.1 ALTERSSTRUKTUR DER ÄRZTESCHAFT ...... 29 7.1.1 HAUSÄRZTE ...... 29 7.1.2 ALLGEMEINE FACHÄRZTE ...... 30 7.2 NACHFOLGEBEDARF DER ÄRZTESCHAFT ...... 32 7.2.1 HAUSÄRZTE ...... 32 7.2.2 ALLGEMEINE FACHÄRZTE ...... 32 4
8 ASV – SPEZIALISTEN VOR ORT ...... 35 9 AKTIVITÄTEN FÜR DIE ZUKÜNFTIGE SICHERSTELLUNG DER VERSORGUNG ...... 37 9.1 WEITERBILDUNG WIRD GROSS GESCHRIEBEN ...... 37 9.2 MASSNAHMEN DER SICHERSTELLUNGS-RICHTLINIE ...... 38 9.3 FÖRDERUNG FAMULATUR ...... 40 9.4 GRÜNDER- UND ABGEBERFORUM ...... 40 10 REGIONALE INITIATIVEN VOR ORT ...... 40 10.1 GESUNDHEITSNETZ SÜDHESSEN ...... 40 10.2 KONZEPT „ZUKUNFT GESUNDHEIT“ ...... 41 10.3 SCHAAFHEIMER ÄRZTE- UND APOTHEKENZENTRUM ...... 41 11 ANLAGE ...... 42 11.1 ABBILDUNGSVERZEICHNIS ...... 42 11.2 TABELLENVERZEICHNIS ...... 43 11.3 ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ...... 43 12 GLOSSAR ...... 44
5
VORWORT
„Ärztliche Versorgung geht uns alle an“ – so hausärztlichen- und grundversorgend fach- könnte das Motto unserer Neuauflage von ärztlichen Bereich hoch, und die Suche nach Fokus Gesundheit lauten. Praxisnachfolgern nicht immer einfach ist. Die KV Hessen hat bereits aktiv gehandelt. Auf die ärztliche Versorgung wirken vielfälti- Die Fördermaßnahmen der seit 1. Januar ge Einflussfaktoren, die an vielen Stellen 2017 gültigen SicherstellungsRichtLinie (Si- von der Kassenärztlichen Vereinigung Hes- RiLi) haben bundesweit viel Aufmerksamkeit sen (KV Hessen) nicht oder nur geringfügig auf sich gezogen, das hessische Förderpa- beeinflussbar sind. Die KV Hessen hat zum ket gilt als Leuchtturm und Vorbild in der Beispiel keinen Einfluss auf die Anzahl der Förderlandschaft. Zu Beginn des Jahres Medizinstudenten und sie kann auch nicht 2018 erfolgten nun einige Anpassungen in beeinflussen, dass immer mehr Medizinerin- den Förderbedingungen. Für den Nach- nen und Mediziner ‘nur’ in Teilzeit arbeiten wuchs wurden zudem zwei neue Angebote wollen. Dabei gilt es bewusst, das ländliche auf dem Weg „Von der Uni in die Praxis“ Hessen in den Fokus zu nehmen: Dort, wo aufgenommen, der Praxistrack und das kein Metzger, kein Bäcker und keine Bank Schwerpunkt-Curriculum Primärversorgung, mehr ist und der Breitbandausbau hinterher- beides in Kooperation mit den Abteilungen hinkt, ist auch die ärztliche Versorgungs- für Allgemeinmedizin der Universitäten struktur ein großes Problem. Frankfurt und Marburg. Verantwortung für die Daseinsvorsorge Viele unserer Maßnahmen aus dem umfang- übernehmen reichen Angebot der Sicherstellungsrichtlinie richten sich an Nachwuchsmediziner, die Wir glauben, dass wir längst über den Punkt hinaus sind, an dem eine Institution wie die sich für eine Tätigkeit im ambulanten Sektor und vielleicht später eine Niederlassung in Kassenärztliche Vereinigung das Problem eigener Praxis begeistern können. Die KV der Sicherstellung der ambulanten medizini- schen Versorgung alleine bewältigen kann, Hessen versucht weiterhin verstärkt, Studie- rende an den Universitäten in Hessen und ohne dass wir das als Offenbarungseid ver- Nachwuchsärzte für die Allgemeinmedizin standen wissen wollen. sowie den Raum außerhalb der großen, Wir müssen das Problem der ambulanten städtischen Zentren zu begeistern. Dazu Versorgung als das begreifen, was es ist: ein haben wir bereits vor fünf Jahren die Kam- zentrales Thema der Daseinsvorsorge, das pagne Arzt in Hessen – „Sei Arzt. In Praxis. Ärzte, Landes- und Kommunalpolitiker, Kos- Leb Hessen.“ ins Leben gerufen. tenträger und viele andere Player mehr nur gemeinsam lösen können. Spezialisten rücken in den Fokus Nach 2016 stellt die KV Hessen nun erneut Gerade, wenn eine schwere Erkrankung eine detaillierte Analyse der ambulanten vorliegt, sollte der Zugang zu Spezialisten Versorgung zur Verfügung, die wir als möglich sein. Die KV Hessen hat daher ne- Grundlage für einen gemeinsamen Diskus- ben den Belegärzten auch die ambulante sionsprozess verstanden sehen wollen. Da- spezialfachärztliche Versorgung (ASV) in die bei richten wir den Blick nicht nur auf die aktuelle Ausgabe aufgenommen um das aktuelle Versorgungslage, sondern ergän- Informationsangebot abzurunden. zen diesen mittels demografischer Daten Wir wünschen Ihnen eine anregende Lektü- und den Ergebnissen der Prognos- re, Zukunftsatlanten. Leuchtturm Sicherstellungsrichtlinie Ihre KV Hessen Unverändert gilt für Hessen, dass der Bedarf Frankfurt, im Februar 2018 an ärztlichem Nachwuchs insbesondere im 6
1 IM FOKUS
Der Landkreis Darmstadt-Dieburg liegt im Re- höchste Versorgungsgrad ist für die Fachgrup- gierungsbezirk Darmstadt, Kreisstadt ist Darm- pe der Kinderärzte mit ca. 170 % festzustellen. stadt. Der Landkreis grenzt auf der hessischen Seite an die Landkreise Offenbach, Odenwald- Das Durchschnittsalter der Hausärzte liegt mit kreis, Bergstraße und Groß-Gerau sowie 56 Jahren marginal über dem hessischen Aschaffenburg und Miltenberg in Bayern. Die Durchschnitt. Bei den Fachärzten kann mit kreisfreie Stadt Darmstadt ragt von Norden in durchschnittlich 53 Jahren ein Wert unter dem das westliche Kreisgebiet. hessischen Schnitt festgestellt werden. Im Hinblick auf das Jahr 2030 ist dennoch mit Die beiden größten Städte im Landkreis sind einem erheblichen Nachbesetzungsdarf zu Griesheim und Weiterstadt. Im Landkreis rechnen. Die Herausforderung wird darin be- Darmstadt-Dieburg leben insgesamt 292.773 stehen, Nachwuchsärzte für eine Niederlas- Einwohner (Stand: 31.12.2015). sung im Landkreis zu gewinnen. Aufgrund der ländlichen Infrastruktur können sich nach der- Im hausärztlichen Bereich wurde unter Bedarf- zeitigen Trends Probleme außerhalb der städ- splanungsgesichtspunkten ein Neuzuschnitt tisch geprägten Zentren ergeben. Ein weiteres der Planungsbereiche vorgenommen, um eine Augenmerk ist auf die Verteilung der hausärzt- feinere Planung, die den Versorgungsanforde- lichen Sitze in der Fläche zu richten. rungen des Landkreises besser gerecht wird, zu ermöglichen. Die KV Hessen bietet in Kooperation mit einer Vielzahl von verschiedenen Gesundheitsakteu- Laut Feststellung des Landesausschusses ren, unter anderem im Rahmen des Hessi- besteht in der hausärztlichen Versorgung keine schen Pakts, Maßnahmen zur Sicherstellung Überversorgung; in allen Planungsbereichen der ärztlichen Versorgung an. Hierbei zu nen- des Landkreises sind zurzeit Neuniederlas- nen sind die Weiterbildungsverbünde, das sungen möglich. Gründer- und Abgeberforum, sowie die An- siedlungsförderung und die Famulaturförde- Anders stellt sich die Situation in der wohnort- rung speziell für ländliche Regionen. nahen fachärztlichen Versorgung dar. Hier gelten alle Fachgruppen im Landkreis Darm- stadt-Dieburg statistisch als überversorgt. Der 7
2 REGIONALE ENTWICKLUNG
2.1 BEVÖLKERUNGSENTWICKLUNG Bis zu den Jahren 2020 und 2025 wird eine Zunahme um 4,0% gegenüber 2014 erwartet, Die Bevölkerungsentwicklung wird von sehr bis 2030 eine Zunahme von 3,8%. Insofern unterschiedlichen Einflüssen geprägt. Gebur- wird die Wachstumsdynamik im zeitlichen Ver- ten und Sterbefälle bestimmen die Einwohner- lauf abschwächen. zahl ebenso wie die Wanderungsbewegungen, die über Landkreis- und Bundeslandgrenzen Im Bundesland Hessen wird vergleichsweise hinweg stattfinden (Zu- und Fortzüge). bis zum Jahr 2030 eine Zunahme der Bevölke- rung um 4,4% erwartet. Dies entspricht in ab- Ausgehend vom Bevölkerungsstand im Jahr soluten Zahlen einem Anstieg von 6.093.888 2014 wird nach Angaben des Statistischen Einwohnern auf 6.363.757 Einwohner. Landesamtes in Hessen die Bevölkerungszahl im Landkreis Darmstadt-Dieburg langfristig Der prognostizierte Anstieg der Bevölkerung steigen. im Landkreis Darmstadt-Dieburg ist auf Wan- derungsbewegungen zurückzuführen. So kann der Wanderungsüberschuss (6,7%) die Gebur- tendefizite im Landkreis (-2,9%) ausgleichen (vgl. Tabelle 1).
Abbildung 1 - Bevölkerungsentwicklung
Quelle: Datenmaterial: Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2016 – Regionale Bevölkerungsvorausberechnung 2014 – 2030, Bevölkerungsent- wicklung in den kreisfreien Städten und Landkreisen; Diagramm: Eigendarstel- lung Kassenärztliche Vereinigung Hessen
Bevölkerungsstand Veränderung im Zeitraum 31.12.2014 bis 31.12.2030
Kreisfreie Stadt am am Überschuss der Überschuss der Landkreis 31.12.2014 31.12.2030 insgesamt Geborenen bzw . Zu- bzw . Gestorbenen (-) Fortgezogenen (-) absolut in %
Darmstadt-Dieburg 287 966 298 892 3,8 –2,9 6,7
Land H e s s e n 6 093 888 6 363 757 4,4 –3,1 7,5
Tabelle 1 - Bevölkerungsentwicklung
Quelle: Hessisches Statistisches Landesamt, Wiesbaden, 2016 - Regionale Bevölkerungsvorausberechnung 2014 – 2030, Bevölkerungsentwicklung in den kreisfreien Städten und Landkreisen 8
Bis 2020 wird im Vergleich zum Basisjahr 2014 in der Altersgruppe der Hochbetag- ten (Altersgruppe 80 oder älter) mit 43,4% der größte Zuwachs erwartet.
Aber auch für die jungen Al- tersgruppen wird ein leichter Anstieg prognostiziert. Ledig- lich der Anteil der Altersgruppe der 40- bis 65-Jährigen bleibt mit einer Abnahme von 0,6% Abbildung 2 - Bevölkerungsentwicklung recht konstant.
Bis 2025 wird weiterhin ein enormer Zuwachs der Alters- gruppe der über 80-Jährigen erwartet. Aber auch die Al- tersgruppe der über 65 bis 80- Jährigen wächst um 12,7% gegenüber dem Basisjahr 2014.
Bei den jungen Altersgruppen sind leichte Anstiege bis 2025 zu verzeichnen. Der Anteil der jüngeren Altersgruppen, ins-
Abbildung 3 - Bevölkerungsentwicklung besondere der Gruppe der 16- bis unter 40-Jährigen wird langfristig jedoch beständig abnehmen.
So wird bis 2030 in dieser Altersgruppe ein Rückgang von 3,9% prognostiziert. Auch die Altersgruppe der 40- bis unter 65-Jährigen wird konti- nuierlich verringert. Wie oben bereits erwähnt, wird bis 2020 ein leichter Rückgang von 0,6% erwartet, bis 2025 be- reits ein Rückgang um 4,0% Abbildung 4 - Bevölkerungsentwicklung und bis 2030 um 8,4%. Paral- lel hierzu steigt der Anteil der älteren Altersgruppen an der Bevölkerung im Landkreis und in Hessen kontinuierlich: Zwischen 2014 und 2030 um 27,7% bei den 65- bis unter 80-Jährigen und um 75,8 Prozent bei den Personen, die 80 Jahre oder älter sein werden.
9
2.2 ZUKUNFTSCHANCEN DER REGI- Im Prognos Zukunftsatlas 2016 wurde der ON: DER PROGNOS ZUKUNFTS- Digitalisierungskompass neu eingeführt. Er ATLAS misst den Stand der Digitalisierung von Wirt- schaft und Arbeitsmarkt anhand der folgenden ERLÄUTERUNG UND ZUSAMMENSETZUNG drei Indikatoren: Anteil digitaler Impulsgeber an der Gesamtbeschäftigung, Anzahl der IT- Der Prognos Zukunftsatlas ermittelt die Zu- Gründungen je 10.000 Erwerbstätige (2011- kunftschancen und –risiken aller 402 Kreise 2014) und dem Anzeigenindex der digitalisie- und kreisfreien Städte Deutschlands. Die Zu- rungsbezogenen Stellenausschreibungen. kunftsatlanten aus den Jahren 2004, 2007, 2010, 2013 und 2016 stellen das einzige Im Folgenden werden die Daten des Prognos deutschlandweite Ranking dar, das regionale Zukunftsatlas aus den Jahren 2004, 2007, Entwicklungen über mehr als 10 Jahre konsis- 2010, 2013 und 2016 für den Landkreis Darm- tent sichtbar macht. stadt-Dieburg sowie für die Region Starkenburg dargestellt. Die Zukunftsperspektiven der Regionen wer- den in Anlehnung an zahlreiche Erkenntnisse aus Wissenschaft und Forschung anhand ei- nes Zukunftsindex bestimmt. Der Index beruht auf insgesamt 29 makro- und sozioökonomi- schen Indikatoren aus den vier Bereichen De- mografie, Wohlstand und Soziale Lage, Ar- beitsmarkt, Wettbewerb und Innovation.
Stärke im Status-quo Dynamik