Januar 2011 / 5. Ausgabe

CHF 5.00 / EUR 3.50 GRENZSTADTKURIER Seit 1999 Das FC Kreuzlingen - oldschool - Fanzine

Ausserdem in dieser Ausgabe:

- FCK-History, Kreuzlin- gens unglaubliche Saison 33/34 - Retrospektive, so war‘s vor 10 Jahren in der Fan- kurve - Pascal Claude und Daniel Ryser zu Gast im Clubhaus - Sportplatz-Odyssee in Kreuzlingen und die Vor- runde 2010/2011 Zeitreisen und - Kulturteil / Reviews Aufstiegsträume

Reprint: „Ein Samstag in Kreuzlingen“ von 2. Auflage Pascal Claude

The Editor Speaks

Es wurde wieder Zeit für lich auch für den FCK etwas Geld einbringen. Die einen Grenzstadtkurier, Rückkehr zum A5-Format des und wie schon in der letz- „Grenzstadtkuriers“ ist übrigens ebenfalls die- ten Ausgabe, stehen dabei sem Umstand geschuldet, so kann ich mit einer Zeitreisen im Mittelpunkt. Vorlage den „Grenzstadtkurier“ und das Die 30er-Jahre finden „Hafenareal“ layouten. Ich hoffe, dass durch das erneut Beachtung, die neue Layout der oldschool-Charakter nicht allzu goldenen Zeit des Grenz- sehr verloren geht, aber urteilt selbst. Über Lob stadtclubs. Auch die & Kritik freu ich mich immer besonders, genauso Whiskykurve kommt nicht über jedes Review in einem anderen Fanzine. zu kurz, im Hier und Heute wollen wir mit dem Trotz eher durchzogener sportlicher Bilanz war FCK zurück in die drittklassige 1.Liga. es eine ereignisreiche, stimmungsvolle Vorrunde Begleitet von guter Musik (siehe Reviews), hab für die kleine Kreuzlinger Fanszene. Ausgemacht ich mich zwei Wochen mit meinem Laptop an den hat uns dabei schon immer der Lifestyle ver- Küchentisch zurückgezogen, um diese Ausgabe schiedenster Charaktere am Spielfeldrand. Er- aus dem Ärmel zu schütteln. Ich hoffe, diese staunlich, was wir für ein stimmliches Potential sehr kurze Zeit merkt man dem vorliegenden hätten, das hat man beim letzten Support der 2. Heft höchstens am Umfang und nicht an der Mannschaft gemerkt, leider kommt das durch Qualität an. Der ein oder andere Rechtschreib- die schlechte Mitmachquote nur selten zum fehler sei diesem Umstand hoffentlich auch Wirken. Ich finds dagegen jedes Mal Klasse, verziehen. wenn wir Besuch erhalten, sei es von alten Freun- den aus etlichen Jahren Kurven-Geschichte, von Auf lange Spielberichte hab ich bewusst ver- Szene-Leuten, von Fussballautoren und Fussball- zichtet und die ganze Vorrunde in einen kurzen freunden, von Groundhoppern, Chaoten und Ver- Artikel zusammengeschnitten. Ich denke, meine rückten - da ist Leben drin! auswärtigen Leser haben mit der letz- Bei mir persönlich hat sich im letzten halben ten Ausgabe genug Jahr ebenfalls einiges getan, seit meiner Wahl in Einblicke in den den Vorstand bin ich täglich mit dem FCK be- Alltag der viert- schäftigt. Sei es mit erwähntem Matchpro- höchsten Schweizer gramm, mit der Internetseite, mit administrati- Liga erhalten und die ven Dingen, mit der Klubhistorie oder der Arbeit Kreuzlinger Leser in der Projektgruppe Hafenareal. Mit dieser wurden in den Projektgruppe wird versucht, das beste aus der Matchprogrammen komplizierten Sportplatzsituation beim FCK zu (Stadionheften) machen, die ganze Geschichte wird hier in einem jeweils aktuell auf eigenen kleinen Kapitel beleuchtet. dem laufenden ge- Zurück zum vorliegenden „Grenzstadtkurier“, halten. Das erwähnte hier gibt’s diesmal wieder die üblichen Rubriken. Matchprogramm Im History-Teil ausführlich auf acht Seiten die „Hafenareal“ gebe ich seit dieser Saison zu Saison 33/34. Eine spannende Zeit für den FCK, jedem Heimspiel heraus. Es soll für den FCK- wo sich eine genauere Betrachtung lohnt. Scha- Zuschauer und Amateurfussballfreund unter- de, dass aus diesen Jahren wohl kein Zeitzeuge haltsam, aktuell und informativ sein, und natür-

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The Editor Speaks

des FCK‘s mehr leben wird. Natürlich ist es das Ziel, mit dieser Aufarbeitung mal so weit zu sein, Kontakt: das man ein kleines Büchlein über die Geschichte Daniel Kessler des FC Kreuzlingens herausbringen kann. [email protected] Vielleicht mag einer diesen Aufwand nicht ver- www.grenzstadtkurier.ch stehen. Ich kann aber der Vorstellung, dass sich

künftige Generationen mit unserem Leben ausei- nandersetzen, was Sinnvolles abgewinnen. Verkaufsstellen:

Ebenfalls in dieser Ausgabe wieder der Kultur- Mailorder teil. Wie immer gibt es Vorstellungen neuer  www.jamaicaskinhead.ch Bücher, Fanzines und Tonträger aus der bri-  www.nofb-shop.de tisch/oldschool-geprägten Fussballkultur. Mit

dem, was man für gewöhnlich unter Kultur ver- steht, hat die Whiskykurve natürlich wenig zu Laden tun, doch Kultur ist immer dort, wo Menschen  Sportantiquariat Germond, Zürich zusammen kommen und etwas machen das über das zum Leben nötige hinaus geht. Wenn sich FCK-Spiele zwei Trinker mit einer Flasche Schnaps treffen  Im Clubhaus ist das Kultur. Vielleicht nicht die sinnvollste,  Bei der Whiskykurve aber irgendeiner Form von Kultur können wir uns nicht entziehen, leben wir die für uns passends- te. Der Fussball bietet dazu wunderbare Gele- FCK & Whiskykurve im Netz: genheiten. Für unsere Atmosphäre braucht es keine grossen Choreos, es braucht nur ein paar www.fck1905.ch Fans mit Herz und Leidenschaft.

Nun aber viel Spass mit dem www.whiskykurve.ch „GRENZSTADTKURIER“ www.grenzstadtkurier.ch Message to you: www.hafenschlampe.ch

de.wikipedia.org/wiki/FC_Kreuzlingen

Auf www.youtube.com findet Ihr aus- serdem den alten FCK-Song der Punk- Band „Kalt“ sowie eine kleine Dia- Show über die letzten Jahre Whisky- kurve.

Die Kurvenbilder auf den Seiten 1, 5 und 6 sind von FCK- Druck: Schalk Druck, Kreuzlingen Fotograf Mario Gaccioli aufgenommen.

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Die Vorrunde 10/11

Aus Sicht des FC Kreuzlingen Fortsetzung findet diese Reihe am Freitag, 20. Mai 2011 mit dem Berliner Andreas Gläser (Der Die Testspiele im Sommer liefen für den FCK optimal. Mit viel Spielfreude zeigte die Mann- BFC war schuld am Mauerbau, Zugriff!, uvm.), ein schaft ein schnelles, angriffiges Spiel, das restlos begeisterte. Das Vorbereitungsturnier in Tägerwi- len wurde mit Kantersiegen gewonnen (8:0 gegen den FC Romanshorn, 7:0 gegen den FC Weinfelden und 8:0 im Finale gegen den gleichklassigen FC Wängi). Gegen den FC Winterthur U21 folgte ein 4:0-Sieg, immerhin ein Gegner, der eine Liga höher spielt. Doch diese Resultate sollten sich als Augen- wischerei erweisen, in der Liga wurde es alles andere als ein Spaziergang. Erst nach einem schwachen Start mit 6 Punkten aus 4 Spielen (FC Rorschach 0:0, FC Linth 1:1, FC Bazenheid 2:1, Chur 97 2:2) sowie dem Cup-Aus in der 2. Runde Datum, das man sich unbedingt merken sollte. Nach (Seefeld nach Elfmeterschiessen) kam der FCK in der Lesung wird sich Andreas Gläser zusätzlich als Schwung. Es folgten fünf Siege in Folge (FC Töss DJ betätigen (60s Ska/Reggae), die Vorfreude ist 4:2, FC Altstätten 3:1, FC Wängi 4:0, FC Die- gross! Weiter wurden die Freundschaften zum FC poldsau 4:1, FC Widnau 2:0), ehe man nach einer 0:2-Führung mit 3:2 in Balzers verlor. Die letzten Singen 04 - Fanclub Lake Side Maniacs und zum drei Meisterschaftsspiele waren dann eine einzige FC Winterthur – Fanclub Tumult des öfteren bei Enttäuschung (FC Amriswil 2:2, SV Gegenbesuchen begossen. Letztere werden im 0:2, FC Seuzach 0:1). Am Ende reichte es für den Januar einen Ska/Reggae/Soul-Nighter in der fünften Rang mit drei Punkten Rückstand auf den Libero-Stadionbar organisieren, was gleichzeitig ersten Platz. Letzteres macht natürlich Hoffnung, auch die Release-Party für dieses Heftchen sein denn nur der Erste steigt in die 1. Liga auf, immer- wird. Ein stimmungsvoller Anlass wird uns garan- hin unser grosses Saisonziel. tiert sein! Auch mit den Singenern konnten wir in Aus Sicht der Whiskykurve der Winterpause einen Anlass auf die Beine stel- Die Whiskykurve war im letzten halben Jahr sehr len, am 27. Februar wird es zu einem Testspiel der aktiv. Viel Spass bereiteten zwei von uns organi- ersten Mannschaften von Singen und Kreuzlingen sierte Lesungen im Clubhaus mit Daniel Ryser kommen. Weiter wurde im Clubhaus ein kleines (Feld-Wald-Wiese, ein Hooligan-Report) und Pascal Medienarchiv für Fankultur eingerichtet, wo man Claude (Knapp daneben - Aus den Randgebieten des kostenlos Fanzines, Bücher und DVDs ausleihen Fussballs), welche sich jeweils auf ihre Art als stimmige Veranstaltungen erwiesen. Pascal Claude (Foto) wusste dabei mit seiner Fussball- Schallplatten-Sammlung zu begeistern, als er uns einige Kuriositäten davon auf seinem mitgebrach- ten Plattenspieler vorspielte. Beiden schien es bei uns gefallen zu haben, in dieser Ausgabe findet Ihr einen Gastbericht von Pascal Claude dazu. Eine

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Die Vorrunde 10/11

kann. Als neues Supportmittel wurde eine Schwenkfahne eingeweiht und im Dezember ein Reviews gemeinsames Brauhausfrühstück in Frauenfeld Zugriff! Nr. 6 organisiert, auch dies fand wieder guten Anklang. Auch die Schreiberlinge des BFC Dynamo waren Die Heimspiele waren mit jeweils 20-30 Fans wieder fleissig, allerdings schaffte es die neues- ebenfalls gut besucht. Die Auswärtsspiele wurden te Ausgabe Nummer 7 nicht mehr rechtzeitig in von einer kleinen Gruppe Allesfahrern durchgängig meinen Briefkasten. Die vorangegangene Num- angefahren. Eine grössere Anzahl Fans stellten mer ist zwar nicht mehr ganz so druckfrisch, wir in Rorschach (inklusive Schifffahrt zum Spiel), aber zeitlos wie immer. Die Titelseite wieder mit traditionell in Winterthur (diesmal beim FC Töss) feinstem sarkastischem Humor. Die einzelnen und auch beim Kantonsderby in Wängi war eine Artikel auf gewohnt hohem Niveau. Jahrzehnte- langes Schreibtraining in Berlins Hinterhöfen sangesfreudige Gruppe am Start. Jedes Aus- kommt da zum Vorschein. Geschichten über wärtsspiel war auf seine Weise ein Erlebnis, sei es Ernsthaftes und Lustiges, Wahres und erfunde- auf der Zugfahrt, in den vor Ort besuchten Dorf- nes. International gibt man sich beim „Singen in kneipen (auch dies eine schöne Tradition) oder in Singapur“ oder beim schottischen Fussball, wo den Clubhäusern des Gegners. Man fragte verwun- man ein gesittetes Entfernen der Stadionsitze derte Einheimische nach dem Weg zum Fussball- erlebte. Wie immer sehr unterhaltsam - und das platz, erlebte neugierige Lokalreporter, nur auf sag ich nicht nur weil uns Andreas Gläser diesen Sommer mit einer Lesung beehren wird! einen Luxus mussten wir in der Vorrunde komplett All-to-nah Nr. 10

Ein weiteres, nicht mehr ganz so neues Mach- werk, ist die zehnte Ausgabe des All-to-nah . Im Untertitel heisst‘s „Rundschrift der Anhänger des Altonaer Fussball-Clubs von 1893“, und genau so gibt sich dieses kleine A5er, nämlich sehr nach alter Schule. Genial schon das Titel- bild mit zwei Altona-Kutten, diese Form der Fanbekleidung scheint in Altona ein kleines Revi- val zu erleben - zu recht wie ich finde! So was würde auch dem ein oder anderen in verzichten - auf gegnerische Fans, aber sei‘s Kreuzlingen gut ste- hen. Im Heft dann ein drum. Dafür haben wir in knapp fünf Monaten über sehr schöner Kind- dreissig Fussballspiele besucht, vier Veranstaltun- heits-Bericht über gen durchgezogen und zwei Fanzines rausge- „das erste Mal bei bracht, das kann sich doch sehen lassen, jetzt Altona“, viele Spiel- muss nur noch die Mannschaft nachlegen und berichte, zwei Altona aufsteigen. Am. 10. Juni in Seuzach wär‘s soweit, - Spielersammel - vor bestimmt dreissig Whiskykurvlern, es wäre ein karten und so weiter… Lesenswert! Fest, dass wir lange nicht vergessen würden!

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Sportplatz-Odyssee

Fussball zugucken auf einer Wiese macht heutige Platz im Hafenareal, einer aufge- keinen Spass. So was hat man in Beringen schütteten Mülldeponie. Doch der Platz war erlebt, eigentlich nur bei Cup-Spielen in bereits nach wenigen Trainings nicht mehr unterklassigster Provinz oder bei Zweitver- bespielbar und musste wieder verlassen tretungen auf Nebenplätzen. Man steht da werden. So spielte man die Meisterschafts- und fragt sich, was soll man hier. Dieses spiele zwischen 1959 und 1962 beim FC Gefühl von Deplatziert sein, wenn man mit Tägerwilen, eine denkbar schwierige Situati- seiner Zaunfahne oder nur schon mit seinem on. Nachdem das Hafenareal notdürftig sa- Schal oder einer Flasche Bier in der Hand niert wurde, konnte man ab 1962 dort im- auftaucht. Ein Ort, wo Fans nichts verloren merhin seine Meisterschaftsspiele unter ein- haben, weil hier höchstens Sportler was zu fachsten Bedingungen austragen. So ging es tun haben. An dieser Situation sind wir der- bis zum erneuten 1.Liga-Aufstieg 1997, als zeit bei unseren Heimspielen ganz nah dran. man den Spielort ins Kreuzlinger Burgerfeld Nachdem man sich entschied, die alte Stahl- verlegte. Dort hatte man zwar eine über- rohrtribüne zu verkaufen (siehe letzten dachte Tribüne, dafür war die Sicht zum Grenzstadtkurier), musste dringend was Spielfeld durch eine Laufbahn beeinträchtigt geschehen. und der Aufbau eines Clubhauses verunmög- licht. Besonders aus letzterem Grund zog Doch zuerst muss ich ein paar Sätze über die man 2006 wieder ins Hafenareal, wo man allgemeine Sportplatzsituation in Kreuzlingen mit Hilfe der Whiskykurve, der Kreuzlinger verlieren, die ist nämlich relativ verworren Baufirma Brunner Erben und gerade mal an und man muss dabei sehr weit ausholen. einer Handvoll weiterer FCK-Freunde, mit Bereits zu Beginn seiner Geschichte musste viel Einsatz eine Clubbaracke aufstellen der FC Kreuzlingen aus verschiedenen Grün- konnte. Wir hatten damit wenigstens wieder den laufend seine Plätze wechseln. 1931 einen Treffpunkt nach den Spielen und für wurde mit dem Bau der Fussballanlage an unsere Veranstaltungen. Nun fehlen uns der Konstanzerstrasse endlich eine Heimat aber wieder Sitzplätze, ein Dach und ein- eingeweiht, um die man weitherum beneidet fachste Stehplatzreihen. Dies zu verwirkli- wurde. Mit einer überdachten Sitzplatztribü- ne, mit Stehplatzrampen, mit der ersten Flutlichtanlage der Ostschweiz, mit Kassen- häuschen und Umziehkabinen. An zentraler Lage hinter dem heutigen Denner an der Konstanzer Strasse. Genau diese perfekte Lage wurde dem FC Kreuzlingen ende der 50er Jahre zum Verhängnis. Die Stadt brauchte den Platz für Wohnsiedlungen und in kurzer Zeit musste der FCK seine geliebte chen stellt sich als insofern schwierig dar, da Anlage verlassen. Zugewiesen wurde uns der die Stadt für das Hafenareal ganz andere Pläne verfolgt. So musste man zwei Projek- te, welche überdachte Tribünen fürs Hafen- areal vorsahen, schnell begraben. Einerseits ein Projekt mit überdachter Tribüne und Clubräumlichkeiten direkt an der Eishalle angebaut und andererseits das Projekt einer kostengünstigen und überdachten Leicht-

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Sportplatz-Odysee

bautribüne im Modulsystem, welche sogar letzteres selber Mittel aufbringen müssen, für einen Umzug geeignet gewesen wäre. haben wir Sponsoren für die Sitzschalen Bewusst ist uns aber, dass auf dem Gelände gesucht, bereits die Hälfte konnte in kürzes- im Hafenareal noch lange nichts geschehen ter Zeit abgedeckt werden. Den aktuellen wird, denn zuerst müsste die im Erdreich Stand des Hafenareal-Projekts erfahrt Ihr liegende Mülldeponie beseitigt werden, was laufend unter www.fck1905.ch. Uns ist dabei natürlich kaum ein Investor übernehmen bewusst, dass die Clubhausseite sonnentech- will. Ein kurzer Einschub: Lange war ein Plan nisch nicht ideal ist, aber die Nähe zu diesem „Seezelg“ im Gespräch, mit mehreren Fuss- war hierbei entscheidend. Zudem wird der ballplätzen, einer grossen, überdachten Tri- unterirdische Teil so gebaut, dass später ein büne, Clubräumlichkeiten und einem kleinen Dach montiert werden könnte (siehe Zeich- Club-Cafe. Dieses bereits vollständig ausge- nung). Letzteres war zu diesem Zeitpunkt arbeitete Projekt wurde von der Stadt aber aus genannten Gründen beim Stadtrat nicht vor Jahren wieder verworfen, stattdessen ein durchsetzbar. An diesem Thema wird unsere Projekt am „Döbeli“ bevorzugt. Probleme bei Projektgruppe aber dran bleiben. Ich denke, diesem Standort: Der Platz gehört der Stadt uns ist es hierbei gelungen, die Zuschauer- Konstanz und es befindet sich eine grosse wünsche unter den gegebenen Umständen Schrebergartenanlage darauf, für diese so gut es ging zu berücksichtigen. Ein Auf- müsste eine Ersatzfläche gefunden werden. stieg in die 1. Liga wäre da natürlich sehr Mit anderen Worten: Auch hier muss min- hilfreich. Genauso wie ein höherer Zuschau- destens mit einem Zeitfenster von 15-20 erschnitt ein gutes Argument wäre, immer- Jahren gerechnet werden. Aus diesem Grund hin ist dort langsam wieder ein kleiner Auf- wurde unser Fokus schnell wieder ins Hafen- wärtstrend feststellbar. Kurzfristig peilen wir areal gelegt, um dort wenigstens für diese einen Schnitt von 300 an, mittelfristig 500. Zeit eine annehmbare Situation zu schaffen. Das ist nicht einfach im heutigen Amateur- Sehr gut unterstützt wurden wir hierbei von fussball, wo doch die Tendenz seit vielen Ruedi Wolfender vom städtischen Departe- Jahren bei allen Vereinen eher in die andere ment für Freizeit. Die ersten positiven Wei- Richtung geht. Aber ein Beispiel wie der SC chen waren damit gestellt und in einer Ab- Brühl St. Gallen macht da Hoffnung. Natür- stimmung genehmigte das Kreuzlinger lich haben wir nicht die identischen Voraus- Stimmvolk das Stadtbudget inklusive Fr. setzungen, aber eine Fussballstadt kann 120‘000.00 zur Aufwertung des Hafenareals. Kreuzlingen durchaus wieder werden. Auch mit der Stadträtin Dorena Raggenbass wurde ein positives Gespräch geführt und so konnte man sich wenigstens eine Mindestva- riante sichern, welche auch kleine Ausbauten in den kommenden Jahren nicht von vornhe- rein verunmöglicht. Besonders auf letzteres wurde von unserer Projektgruppe Wert ge- legt. Wir wollten eine möglichst praktische Variante mit Ausbau-Potential verwirklichen, ohne uns künftige Pläne für die Zukunft zu verbauen. Die Pläne sehen unter anderem drei Stehplatzreihen auf der Geraden am Clubhaus vor. In der Mitte werden später vom FCK Sitzschalen montiert. Da wir für

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Die Kurve vor 10 Jahren

Auch im zweiten Teil der Kurvenrückschau geht’s lich buntes Team. Varo war Geschäftsführer einer wieder zehn Jahre zurück, diesmal werfen wir Firma namens „Goldstern AG“ und durch ihn kamen einen Blick auf die Geschehnisse der Saison wir an einen ehemaligen armenischen Nationalspie- 00/01. Frischen Wind brachten im Oktober 2000 ler. Dieser war zwar übergewichtig, gab mit seinen neue Leute aus dem Umfeld der Natural Born Goldzähnen aber ein interessantes Bild ab. Tags- Losers. Zwei Monate zuvor wurde beim 1. Liga- über drehte er seine Trainingsrunden im Burger- Spiel gegen Malcantone Agno unsere erste FCK- feld, während er im Hotel Engel nächtigte. Varu- Zaunfahne eingeweiht. Zu verdanken hatten wir jans hübsche, und einen Kopf grössere russische sie Roman „Römi“ Oehler, dem damaligen KALT- Freundin, war auch Gespräch. An Spieltagen wurde Sänger. Das letzte, was man von Roman sah, war sie von Varo an die FCK-Kasse gestellt, wo sie in ein Hochzeitsfoto mit einer überdimensionierten High-Heels die Eintrittskarten kontrollierte. Das Krankenschwester, der Punkrock war gestorben. ganze ergab ein Umfeld das uns nicht unsympa- thisch war. Lustig war‘s auf alle Fälle. Die erste Ausgabe vom „Grenzstadt-Mythos“ erschien im Januar 2001, praktisch ausschliesslich mit Spielberichten, oder besser Kurvenberichten. Aus der Feder von Angelo Fedi entsprang die Idee zum Lied „Fussball schöner Götterfunken“, wel- ches heute noch ab und an gesungen wird. Natür- lich waren damals auch viele Leute dabei die man heute nicht mehr an den Spielen sieht, so gehör- ten vor 10 Jahren noch Remo und Stefan „Gin“ Wyss zum festen Stamm der Kurventruppe. Im Frühjahr 2001 wurden wir die ersten Male von Im Januar 2001 wurde zum zweiten mal das Sin- Winterthurern unterstützt (Stüssi, Marco, Winti- delfinger Hallenfussballturnier in der Nähe von Roli und Konsorten), zahlreiche Gegenbesuche Stuttgart besucht. Dort wurde mit einer kleinen folgten, wobei die Winterthurer Bierkurve zu Gruppe, aber mit viel Einsatz, unser FCK unter- dieser Zeit, selbst bei nahen Auswärtsspielen in stützt. Party wurde während des ganzen Wochen- Schaffhausen oder Wil, aus meist nur um die 20 endes jedenfalls ohne Rücksicht auf Verluste Personen bestand. Am 25. März 2001 wurden gemacht, inklusive nächtlichem Polizeieinsatz. während des Spiels gegen Rapperswil die ersten Geblieben ist mir auch, dass ein FCK-Veteran Bengalos gezündet. Teilweise kam auch eine Trom- abends im Hotel betrunken in einen Schrank lief. mel als Supportmittel zum Einsatz, was aber rela- Nach sechs gewonnen Spielen in Folge verlor man tiv schnell wieder verworfen wurde. Beliebte das Finale im Neunmeterschiessen. Die Sache mit Ansteuerungspunkte nach den Spielen waren das den Hallenturnieren verlor aber schnell ihren Reiz. Rock-Cafe in Kreuzlingen, und hin und wieder das Damaliger Trainer beim FCK war Klaus Späth, als Casba in Konstanz. Gerne wurde auch ab und an im Vize-Präsident amtierte der Armenier Varujan Corso das Geld verjubelt und anschliessend in der „Varo“ Cigdemgil. Auch das damals schon ein ziem- Ermatinger Linde der Dorf-DJ zu besserer Musik

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Retrospektive 2000/01

Lerchenfeld gerieten, wie auch später in Rappers- wil, Kreuzlinger Zuschauer (wohlgemerkt nicht die Whiskykurve) mit Einheimischen in üble Wortge- fechte und anschliessendem Handgemenge und mussten per Stadionsprecher zur Fairness aufge- rufen werden. Am 19.5. war während des Heim- spiels gegen Vaduz eine schöne Pyro-Show ange- sagt, mit Unterstützung von Predrag (Ravens Basel). Ein Bild davon kam ins damalige „Supporters Magazine“ und auf einen Ultra- Taschenkalender, leider hab ich das Foto zu spät gefunden, wird im nächsten Grenzstadtkurier aber gedrängt. An allen Orten hat man unvergessliche nachgereicht. Die Saison wurde auf dem neunten (Trinker-)Storys erlebt, die an Schrägheit kaum Platz beendet. Übrigens hatte man vor zehn Jah- zu überbieten waren. Das schönste während der ren mit gerade mal 160 Zuschauern im Schnitt Saison 00/01 waren aber die Auswärtsspiele ins Tessin. Chiasso zum Beispiel, legendär die Duelle der Whiskykurve gegen die Chiasso-Ultras „Giovanni Sconvolti“. Bei diesem Spiel wurde auch unsere über sechs Meter lange „Whiskykurve“- Zaunfahne eingeweiht, welche im März 2011 also ihr 10-Jähriges feiert. Die Spielwochenenden in der Südschweiz hatten eine ganz eigene Atmo- sphäre, nach ein paar Bier kam da fast schon Europacup-Stimmung auf. Sollten wir dort jemals wieder spielen, müssten wir eine solche Fahrt als Auferstehung des FCK‘s zelebrieren! einen Tiefpunkt erreicht, wesentlich weniger als in den auch zuschauertechnisch sehr starken achtzi- Im April zogen wir im Burgerfeld unter die über- ger und neunziger Jahren. Besser besucht waren dachte Tribüne. Die Akustik war dort hervorra- damals die Generalversammlungen, knapp 100 gend, nur selten waren wir bei Heimspielen wieder Gäste konnten dazu begrüsst werden, grosses so laut wie in den folgenden Jahren. Die Rückrun- Thema war dabei das Stadion „Seezelg“, welches de verlief allerdings schwach, es folgte eine ganze nie kommen sollte. Im Juni 2001 erschien dann Serie von Unentschieden, eine sportlich rekord- die zweite Ausgabe des „Grenzstadt-Mythos“. verdächtig langweilige Rückrunde, nach unten und Schon bald sollte die Whiskykurve mit dem „‘69 & oben ohne Spannung. Trotzdem gab es auch High- `77 Recordstore“ einen echten Anlaufpunkt er- lights, das Freienbach-Spiel fällt in diese Saison, öffnen und dadurch nochmals einen neuen Schub mit dem berühmten „Geh doch Kühe melken“- erfahren. Dazu mehr im nächsten Wortgefecht. Beim Auswärtsspiel im St. Galler „Grenzstadtkurier“.

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Andere über den GK

In the Streets of Hamburg - Fanzine: Torsten Bunde Blogspot: Kennt Irgendeiner von euch den FC Kreuz- Und mal wieder ein Fanzine, was ich bis lingen 1905, seines Zeichens ein Verein aus dahin noch nicht kannte. Der Grenz- dem Schweizer Kanton Thurgau, welcher in stadtkurier wird von Fans des FC der 2. LigaIR spielt und einen Heimzu- Kreuzlingen aus der Schweiz herausge- schauerschnitt von ca. 300 hat? Ok, ich geben und beschäftigt sich mit ihrem kannte ihn bis vor kurzem auch nicht, je- Verein und ist untertitelt mit doch stellt sich raus, dass dieser Verein „Geschichten aus der Fussballprovinz“. eine kleine, wackere Schar von subkultu- Beleuchtet wird die Hinrunde 09/10 aus rellem Gefolge hat und das seit über 10 Sicht der Whiskykurve, wie der heraus- Jahren! Whiskykurve ist das Schlagwort gebende Fanclub sich nennt. Der Verein unter der sich das sympathische Volk sam- spielt in der 2.LigaIR (4. Ebene). Neben melt und ihren FCK gemeinsam zu Aus- den Spielberichten gibt es einen Rück- wärtsspielen beim FC Widnau, FC Töss blick mit Schwerpunkt auf die 1930er oder nach Bülach begleitet, sich den Ge- Jahre, sowie Fanzine-Besprechungen, fahren der Ultrahools FC Herisau oder Konzerte, Buch– und LP-Kritiken. Mal einer Bootsderbytour zum FC Arbon stellt. was anderes, zumal es mit der Nebst den überaus interessanten Erfah- „Hafenschlampe“ noch ein weiteres rungsberichten, der Touren und Heimspiele Fanzine aus diesem Verein gibt. rund um den FCK finden sich im Heft auch ein Rückblick in vergangene Tage, Reviews sowie eine FCK-Historie aus den 30er- Neue FCK-Fanartikel Jahren, aus der man erschliessen kann, Während der Rück- dass der FCK durchaus mal mit den grossen runde werden diver- Namen des Schweizer Fussballs auf Au- se neue Fanartikel genhöhe stand. Herausgegeben wird das von uns produziert. Heft von Daniel, der auch den „Jamaica Zuerst gibt’s zwei Skinhead“ Versand Inne hat. Abschlies- verschiedene FCK- send noch ein Zitat eines Winterthur Sup- Retro-Trikots, ein FCK-Schal und ein porters, der nach seinem Besuch am Mil- FCK-Retro-Schal. lerntor meinte, er sei überrascht, „dass Die Baumwoll-Trikots werden in allen Grös- die das mit dem Fussball ja ernst mei- sen zu erstehen sein, Langarm oder Kurzarm, nen“ !!! In diesem Sinne. mit gesticktem FCK-Logo, Preis wahrschein- lich Fr. 90.00. Aufkleber und Aufnäher wird’s auch noch geben. Erhältlich im Club- Forum Nordostfussball: haus während den FCK-Spielen. Fazit: Sehr schönes Schweizer Zine ab- seits des zeitgenössischen „Ultramainstreams“. Ohne Gepose und so weiter. Old School halt.

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Reprint: Ein Samstag in...

... Kreuzlingen erfüllten sie meinen Wunsch. So etwas wie einen Laden hatten sie nicht, der Mann

musste in den Keller steigen. Ich hatte Ein Gastbericht von Pascal Claude damals im Sinn, ein Fest zu machen, an dem

es von jedem erhältlichen Schweizer Bier Wann wird man schon mal von einer Whisky- eine Flasche zu trinken gibt. Als ich bei kurve eingeladen. Beziehungsweise was etwa 65 angelangt war – es war die Zeit heisst “von einer”, es gibt ja nur eine. Sie weit vor den neuen Mikrobrauereien – öff- geht seit vielen Jahren in Kreuzlingen in nete das Bahnhofbuffet im HB Zürich seine Stellung, hinter der Werbebande. Und dort neuen Tore, auf der Bierkarte über 100 bleibt sie auch bis zum oft bitteren Ende. Titel. “Wir halten dem Schweizer Bier die “Das ist Kreuzlingen, weisst du. Immer wenn Stange”, hiess ihr Motto, und ich fing an, du denkst, jetzt wirds gut, gehts den Bach meine Sammlung auszutrinken. runter.” Im Dauerprovisorium, das dem FC Kreuzlin- Es ist eine schöne Fahrt hinaus an die Gren- gen als Klublokal dient, gibt es Schützen- ze, ab Frauenfeld wirds sehr rural. Er hält garten aus der Flasche in den Becher, man in Weinfelden, um dann gleich eine Kurve zu kann sich aber nicht beklagen. Zum Holen fahren um die alte Brauerei, die mit dem komme ich sowieso fast nie, denn: Die Whis- schönen Kamin, mit den Backsteingebäuden, kykurve pflegt den Kurvenkommunismus in die, die kein Bier mehr machen will seit Form des Kreuzlinger Kranzes, eine löbliche Alliteration. Der Kranz wird hinter dem Rücken der Gesellen ins Lokal getragen, aufgefüllt und zurückgebracht, und immer wenn man denkt, jetzt geh ich auch mal, steht er schon wieder voll da. So gehen 90 Minuten rasch vorbei. Die Mannschaft kämpft unglücklich, aber eben auch nicht so energisch, und verliert so gegen den FC Seuzach null zu eins. Vo Seuzi seg si seid si, hab ich mal gelernt. Ich lehne über die Werbebande und nehme noch eine Nase voll feuchtem Rasen, da steht schon Ingo vor mir, der in der Kurve angesehene Ingo mit Waldhof-Mannheim-Vergangenheit, kurzer Zeit. Es stimmt mich traurig. Vor streckt die Hand aus und sagt “Sorry Jungs, vielen vielen Jahren bin ich einmal reinspa- tut uns leid”. Das ist mir jetzt so in der Art ziert ins Büro des Weinfelder Biers. Grüezi, auch noch nie passiert. Es ist auch absolut ich hätte gern von jedem Bier, das Sie entgegen dem Zeitgeist, dass jemand so brauen, eine Flasche bitte. Eher missmutig Verantwortung übernimmt für sein Tun, für

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Samstag in Kreuzlingen

seine Unzulänglichkeiten. “Schon gut Ingo”, Ich wollte schon lange mal hin. Gottseidank sage ich eher flüsternd als jovial. hab ichs endlich getan. Aber nun muss ich los. Der Samstag neigt sich dem Ende zu, Einmal Currywurst, einmal Chili con carne. und am Sonntag wird gleich neben dem Auch die Hardware lässt wenig Wünsche Spielfeld, in der Bodensee-Arena, der offen. Im Klublokal gibt es noch eine Runde Kampf der Chöre aufgenommen. Das möchte Absinth, selbst gebrannt, mit extra mitge- ich nicht erleben. Da möchte ich einen ge- brachtem Aldi-Mineralwasser angerührt, nug grossen Sicherheitsabstand, räumlich man weiss ja nie, wann am Bodensee die und zeitlich. Zufrieden richte ich mich in nächste Trockenperiode anbricht. Ich er- Peter Spuhlers Eisenbahn ein, die als Stad- fahre von der jüngsten Klubgeschichte, von ler auch die Trikots des FCK ziert. Ich Trainern, die vom Spielfeld weg verhaftet schlage die Hafenschlampe auf, das Fanzine wurden, von einer immensen Abneigung dem der Whiskykurve, dessen neue Ausgabe am FC Schötz gegenüber und von der Fussball- Spieltag erschienen ist. Es gab schöne Sze- begeisterung im Rheintal. Und einer erzählt, nen in diesem Zusammenhang. Vereinsmit- er habe mal in Rio an der Copacabana auf glieder, die man als normale Bürger einstu- einem Bänkchen etwas lesen wollen, aber fen würde, erblickten im Vorbeigehen den zweimal hintereinander einen Ball an den Stapel Hefte auf dem Tisch und sagten: Kopf gekriegt, dann sei er gegangen. Plötz- “Ou, die nöi Hafeschlampe, nimmi grad.” Ich blättere, lese. “Ja gebt ihm Gelb, ja gebt ihm Rot, ja gebt ihm Stadionverbot”, hallt es noch in meinen Ohren. Am Hafen nachts um halb neun.

Der Bericht erschien im Netz unter www.knappdaneben.net

lich hinter uns Schreie: “Fussballmafia SFV!” Wir drehen die Köpfe. Teile der Whiskykurve spielen Tischfussball – gegen den Schiedsrichter. Das ist wahrscheinlich auch Kreuzlingen.

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Kulturteil

Fester Bestandteil des Grenzstadtkuriers bei Ebay Preise von über 500 Euro erzielt. sind die Fanzine-, Bücher– und Plattenbe- In seltenen Fällen kann sich so ein Kauf also sprechungen. Auch diesmal kam eine inte- auch als kleine Wertanlage lohnen. Doch ressante Zusammenstellung heraus, welche zurück zum Buch, hierbei handelt es sich um das Spektrum der englisch geprägten Tribü- einen Bildband über die „Pompey Boys“ des nenkultur ziemlich gut abbildet. Ausflüge Portsmouth FC, wie sich der harte Kern der gibt es auch in die Verwandte traditionelle Supporter nannte. Geboten werden einem Skinheadkultur und ihrer Musik, ein defini- Bilder aus 25 Jahre Crew-Geschichte, wel- tiv nur kleiner Spagat, entstammten beide che einen spannenden Einblick in die heutige Gruppen doch historisch weitgehend aus und vergangene Supporter-Kultur auf der demselben Publikum. Insel vermitteln. Sehr löblich, dass das Buch in der Trolsen-Verlagsfassung mit Im nächsten Grenzstadtkurier wird es zu einem in Deutsch geschriebenen Einfüh- diesem Thema einen Ausflug in die Ära der rungsheftchen daherkommt, welche einem britschen „Boots Power Songs“ geben, der die Stellung des Portsmouth FC und seiner Musik britischer Fussballfans der siebziger Fans im englischen Fussball näher bringt. und frühen achtziger Jahre. Diese entwi- Nach der Lektüre des achtseitigen Heft- ckelte sich von Glamrock über Punkrock/Oi! chens ist einem Verein und Szene zwar schliesslich zum „New Wave of British Hea- nicht unbedingt sympathischer (eher vy Metal“, bevor dann die Casuals Einzug in rechtsoffenes Publikum), doch sieht man die Stadien hielten und die Moden auch darüber hin weg ist es ein spannendes Zeit- diesbezüglich leider veränderten. Zwei zeugnis. Gerade in Bezug auf meinen Jamai- Kuriositäten möchte ich Euch aber nicht ca Skinhead Social Club war es doch sehr vorenthalten, so zählte Elton Johns interessant, die Kleidungsstile der Epochen „Saturday Night Allright for Fighting“ zu mit derjenigen der traditionellen Skinhead- den Hymnen der West Ham - Fans und als kultur zu vergleichen und zahlreiche Ge- wäre das nicht schon Kurios genug, berich- meinsamkeiten zu erkennen. Jetzt ist mir tete damals ein Reporter aus Leeds: „und auch klar, warum auf Londoner 2ndhand- sie prügelten aufeinander ein und sangen Märkten so viele Pringle-V-Necks zu erwer- dabei den neuen Song von Garry Glitter“. ben sind, oder besser waren. Spannend ist Wahnsinn, oder? das Buch für alle an der englischen Ladkul- Nun aber los, beginnen möchte ich mit ei- tur Interessierte, für Subkulturinteres- nem wirklich hervorragenden Zeitzeugnis sierte, England-Freunde und Vintage-Fans. der englischen Fussball-Lad-Kultur, dem in Der Preis ist dabei für einen Bildband mit Deutschland im Trolsen-Verlag veröffent- 21.90 Euro überraschend moderat gehalten. lichten „The Pompey Boys“. Nur am Rande Das „In the Streets of Hamburg“, hausei- sei erwähnt, dass die englische Originalver- genes Fanzine der Skinheads St. Pauli, hat sion im PB-Publishing-Verlag erschien, des- sen „Spirit of `69 - a Skinhead Bible“ heute

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seit dem letzten Grenzstadtkurier gleich das typische Problem eines Szene-Films drei neue Nummern auf den Markt gewor- sichtbar, welcher auf die Einnahmen der fen. Jede Ausgabe mit der gewohnt perfek- breiten Masse angewiesen ist. So muss die ten Mischung an sich spannende Thematik durch eine aus unterhalt- Liebesgeschichte verwässert werden, um samen Erleb- ein grösseres Kino-Publikum anzusprechen. nissen bei Pauli Auf welches Stilmittel darf ebenfalls nicht -Spielen, Rei- verzichtet werden? Richtig, auf Gewalt. So sen zu be- wird auf dem Filmplakat und der DVD-Hülle freundeten peinlicherweise damit geworben Fanszenen in (kompromisslos / Radikal / Skrupellos). Hier ganz Europa, gucken Möchtegern-Hooligans allerdings den jährlichen Prestige-Spielen Ultras St. Pauli vs. Skinheads St. Pauli, meiner Lieb- lingsreihe „Glory Days“ über die frühen Tage der Hamburger Skinheadszene, jeder Menge Party– und Konzertberichten und zahlreichen Reviews. Die Nr. 10 glänzt des weiteren mit einem Bericht über die austra- lischen „Sharpies“, und einem Interview mit Roddy Morena von „The Oppressed“, wäh- rend in der Nr. 11 Collin McFaull, Sänger von Cock Sparrer und die „Harrington Saints“ ziemlich in die Röhre, Gewalt kommt in dem Red und Antwort stehen. Ein Must-Have. Film kaum öfters vor, als in einem öffentlich -rechtlichen Krimi. Das „66/67“ die süd- Mit „66/67 - Fairplay war Gestern“ kam deutsche Zeitung in seinen stärksten Mo- ein deutscher Fussballfilm auf den Markt, menten an die frühen Scorsese-Filme erin- welcher viel versprach. Eine Fan-Clique von nert, ist dann definitiv zu viel des Lobes, Eintracht Braunschweig und ihre Probleme das schafft der Film nur in ganz wenigen mit Gewalt stehen dabei im Mittelpunkt. Sequenzen. Das wäre natürlich grossartig Das Thema kommt ohne Hooligan-Klischees gewesen, aber so bleibt ein deutsches aus und die optische Umsetzung des Films „Mean Streets“ (im Fussballmilieu spielend) ist ansprechend. Die sehr guten Schauspie- leider Wunschdenken. ler verstehen mit einer Ausnahme ihr Hand- werk. Leider wirkt allerdings ausgerechnet Den Soundtrack zu Fussballreisen lieferten der Hauptdarsteller in seiner Rolle als zur diesmal unter anderem die Bands Evil Gewalt neigender Fussballfan unglaubwür- Conduct, Klasse Kriminale, Perkele und The dig. Verheissen die Anfangssequenzen viel, Oppressed: tritt die Geschichte mit zunehmender Mit “The Rise and Fall of the stylish Spieldauer auf der Stelle. Auch hier wird

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Kids“ ist der italienischen Oi!-Legende gleich scheuen muss. Nur wenige schaffen „Klasse Kriminale“ nochmal ein respektab- es in diesem Genre so stilsicher zu bleiben. Perkele - Ein sensationelles Album liefern die Schweden mit ihrem 2010er-Output „Forever“ ab. Es gibt wenige Bands, die in Sachen Hymnen-Potential an die Londoner Helden Cock Sparrer herankommen, Perkele bringt das immer wieder aufs neue zu Stan- de. „Forever“ ist ein Meisterwerk in melodi- ösem Oi!/Punkrock, ein einzelnes Lied mag man kaum hervorheben, das melancholische „what have i done“ sei trotzdem erwähnt. Die ersten 500 LP‘s wurden in gelb veröf- ler Output gelungen. In schöner Regelmäs- fentlicht, die zweiten 500 in blauem Vinyl. sigkeit bringen die Mannen um Marco seit Beide Auflagen dürften schnell vergriffen über 20 Jahren Punkrockalben heraus, ihre sein. Popularität erklärt sich allerdings nicht unbedingt aus ihrem Können, es ist eher die Der sympathische Cardiff City FC - Vete- Authentizität des Frontmanns, die ihnen ran Roddy Moreno hat mit seiner Band The viel Sympathie einbringt. Die Vinyl-Ausgabe Oppressed auf dem ist auf 600 Stück limitiert, aufgeteilt in Solitude Urbaine - drei verschiedenen Farben, wobei mir eine Label - drei Fussball- besonders schöne durchsichtig/ songs aus dem Jahre gesprenkelte Version vorliegt. 2006 veröffentlicht. Auf einer spartani- Gewohnt stark die neue Veröffentlichung schen, und damit „Rule OK“ der Niederländer von „Evil sehr oldschool gehal- Conduct“. Wie immer bester Oi!, der mit tenen 7 Inch geht es den alten englischen Vorbildern keinen Ver- im typischen Oppres- sed-Stil zur Sache. Schnörkelloser Oi! der alten Schule wird mit den Songs „Football Violence“, „Remember“ und „Low Life“ geboten, alle natürlich mit der entsprechenden Thematik. Doch nicht nur auf dem Plattenteller gab es Highlights, in der Schweiz traten vergange- nes Jahr die Angelic Upstarts und Cock Sparrer auf. Erstere zu Anfang des Jahres unter der Woche in Schaffhausen. Restlos

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überzeugen konnten sie mich nicht, für den reiche Szenebekanntschaften der letzten Veranstalter war es aber verständlicher- 15 Jahre versammelten sich in der Stadt, weise ein grosse Highlight. Für mich per- Leute die man teilweise Jahre nicht mehr sönlich einen bleibenderen Eindruck hinter- gesehen hatte, wunderbar. Im Vorprogramm liessen ende Jahr Cock Sparrer in Chur. zuerst die Schweizer Ur-Punkband Moped Cock Sparrer sind ohne Zweifel eine der Lads und die Italiener von Klasse Kriminale. grössten Bands der englischgeprägten Sub- Dann betraten die Helden so mancher Ju- kulturgeschichte. Egal auf welchem (Punk-) gend die Bühne. Die ersten Klänge von „Riot Festival Cock Sparrer aufspielt, ihnen ist Squad“, und durch das Palazzo in Chur ging immer der Headliner-Status sicher. Seltsa- ein Begeisterungssturm, wie ich es selten merweise hatten sie selbst in den Hochzei- erlebt hatte. Es folgte Klassiker auf Klassi- ten der Punk/Oi!-Bewegung nie höhere ker und so war die Stimmung ohne Durch- Chartpositionen, im Gegensatz zu etwa hänger der Hammer. Aber auch kein Wun- Sham 69 oder den Cockney Rejects. Nun der bei weiteren Songs wie „Take Em All“, sollten sie also zum ersten Mal in ihrer fast „Argy Bargy“, dem (für mich allerdings 40-jährigen Bandgeschichte die Schweiz überschätzten) „England Belongs to Me“, beehren. Nervös hat man sich sofort bei „Runnin Riot“, „Because your Young“, natür- Bekanntgabe des Termins die Karten im lich dann bei „Sunday Stripper“ auch einige Vorverkauf besorgt. Eine Woche vor dem Mädels auf der Bühne. Nach dem Konzert Konzert wurde dieses nach Chur verlegt, ergab sich ein sympathisches Gespräch mit was eine organisatorische Meisterleistung der Band, und von Cock Sparrer Bier und von Roli von Nöten machte um alles umzubu- Whisky spendiert zu bekommen erlebt man chen. Ein vollbesetztes Whiskykurven-Auto auch nicht alle Tage, sehr schön. Auf youtu- fuhr schliesslich nach Chur, während der be sieht man kurz den Sänger von Cock weniger Oi!-Verrückte Teil der Whiskykur- Sparrer mit unserem Whiskykurven-Schal, ve ein Meisterschaftsspiel von unserem Fotos mit der Band wurden auf Grund des befreundeten Club FC Singen 04 vorzog. fehlenden Blitzlichtes leider nichts. Ich Jede Gruppe hatte ihren Spass wie sich hoffe aber das ich in nächster Zeit die später herausstellen sollte. In Chur ange- versprochenen T-Shirts für meinen Laden kommen gab es gleich grosses Hallo, zahl- hereinbekomme. „Runnin Riot“ gab‘s dann auch auf dem nächtlichen Weg ins Hotel, es soll einem ja nicht langweilig werden. Bei der Heimfahrt am nächsten Tag wurde ein Abstecher zu Roli‘s Striptease- Bekanntschaft gemacht, diese wusste nicht nur mit Anekdoten über den Schlagzeuger der Böhsen Onkelz, ihrem langjährigen Freund, zu überzeugen. Ein durch und durch gelungener Ausflug.

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Flutlichtspiele und Meisterschaften Die erste Flutlichtanlage der Ost- schweiz In dieser Ausgabe widmet sich der „Grenzstadtkurier“ fast ausschliesslich Noch bevor die Liga startete, wurde das der Saison 33/34. Wahrscheinlich gab es kleine Stadion an der Konstanzerstrasse in der 105-jährigen Clubgeschichte kei- mit dem Bau einer Flutlichtanlage aufge- ne spannendere und ereignisreichere wertet. Das war eine kleine Sensation, Spielzeit als diese. Im Sommer 1934 denn die Konstanzerstrasse wurde damit wurde der FC Kreuzlingen 1.Liga- kurz nach dem beleuchteten Hardhof Gruppenmeister, Schweizer Amateur- von Grasshoppers Zürich zum erst zwei- meister, wurde zur Schweizer Fussball- ten Platz der Schweiz, welcher über eine mannschaft des Jahres gewählt und derartige Anlage verfügte. Immerhin vor besiegte den amtierenden Schweizer Bern, Genf, Basel oder St. Gallen. Die Meister Servette Genf mit 3:2. Alles damaligen 14 Leuchten in 13 Metern perfekt? Nein, denn für viele endete die Höhe hatten eine Beleuchtungsstärke Saison trotzdem in einer bitteren Ent- von 28 Lux. Stolz wurde damals mit täuschung, eine typische FCK - dem Slogan „Fussballspiel im Schein von Geschichte eben. dreissigtausend Kerzen“ geworben. Die Kosten beliefen sich hierbei auf Fr. Euphorie im Grenzort 6‘500.00 (zum Vergleich, die Beleuch- Werfen wir einen kleinen Rückblick in tungsanlage von Grasshoppers Zürich die letzte Ausgabe des Grenzstadtku- verschlang zur selben Zeit Fr. riers: In Kreuzlingen herrschte bereits 40‘000.00). zu Beginn der Saison 33/34 grosse Eu- Zur Einweihung der ersten Ostschweizer phorie. Die letzten zwei Jahre liefen für Flutlichtanlage kam mit dem FC Basel den FCK perfekt, rund um den engli- der amtierende Schweizer Pokalsieger. schen Spielertrainer Norman Smith wur- de eine spielerisch starke Mannschaft aufgebaut, welcher zwei Aufstiege in Folge gelangten. Auch im Cup sorgte man für Furore, besonders beim 3:0- Auswärtssieg gegen den starken Natio- nalliga-Club Nordstern Basel. Ostschwei- zer-Meister wurde man obendrauf, dank eines 7:2-Sieges gegen die Reserve von Grasshoppers Zürich, vor immerhin 3‘000 Zuschauern. In 21 Freundschafts- spielen gegen teils starke ausländische Gegner (Racing Club Strasbourg, Ulmer Aus dem „Thurgauer Volksfreund“: „Die FV) musste man in der letzten Saison Einweihung der grossen Lichtanlage nur viermal als Verlierer vom Platz. Da- vollzog sich unter recht ungünstigen zu wurde mit dem kleinen Stadion an Witterungsverhältnissen, raue Westwin- der Konstanzerstrasse ein Schmuck- de und tiefhängende Wolken, mit Re- kästchen gebaut, was sollte also noch schief gehen in dieser Saison 33/34? genschauern vermischt, durchzogen die pechschwarze Nacht, aus welcher sich

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der hellerleuchtete Platz wunderbar ab- mit 3:1 vor 1‘500 Zuschauern. Das erste hob. Ein einzigartiges, grandioses Bild! Heimspiel gewinnt dann der FC Kreuzlin- Und was nun kam war Fussball, wie man gen vor 1‘100 Zuschauern gegen Juven- ihn in Kreuzlingen noch nie gesehen tus Zürich mit 5:2. Am 8. Oktober traf hatte. Beide Mannschaften zeigten der FCK schliesslich im Krontal St. Gal- prächtige Leistungen. Mit dem Anstoss len auf den FC Brühl, welcher vor 2‘000 der Gäste entwickelte sich ein Spiel, das Zuschauern mit 1:4 geschlagen wurde. hinsichtlich Tempo wirklich nicht überbo- Im nächsten Heimspiel der nächste Sieg, ten werden konnte. Der Ball lief beider- 4:2 gegen den FC Aarau (1‘200 Zu- seits von Mann zu Mann wie am Schnür- schauer). Darauf ein 0:2-Auswärtssieg chen, abwechselnd mit raffinierten Ein- gegen den FC Luzern im Kleinstadion fällen, die das Publikum immer wieder Tribschen (heute Heimstätte der Kickers zu Begeisterungsstürmen hinrissen. Die Luzern in der 2. LigaIR). Auch hier wie- Einheimischen waren den Gästen min- der ein kleiner Einblick aus dem „Sport“: destens ebenbürtig“. Basel gewann „Ja, wenn Gegner wie Kreuzlingen an- schliesslich vor 1‘600 Zuschauern glück- treten, dann macht sich sogar der letzte lich mit 3:2. Als FCK-Torschützen zeich- Luzerner Fussballanhänger auf die So- neten sich Stadler und Pennig aus. Der cken“ und weiter: „der Neuling der Liga, „Südkurier“ recherchierte genauer: „Ein der bereits einen so grossen Namen Basler Spieler, welcher schon in Italien besitzt, scheint keinen schwachen Punkt und Paris unter künstlichem Licht spiel- zu haben, alles ist sauber aufeinander te, befand die Kreuzlinger Flutlichtanla- abgestimmt“. ge für sehr gut“. Die heutige Anlage im Das Luzerner Stadion Tribschen sieht Hafenareal ist etwa zehnmal so stark. auch heute noch Meisterschaftsspiele, Die Meisterschaft 33/34 wenn auch nur in der 2.LigaIR. Man begann die Spiele in der 1.Liga (damals unter der Nationalliga zweit- höchste Liga des Landes, aufgeteilt in eine Ost- und Westgruppe) also mit vie- len Vorschusslorbeeren. Das Grundge- rüst um die überzeugenden Spieler Smith, Fehr, Hautle, Colongo, Stadler und Sandoz, wurde um zwei starke Zu- gänge erweitert: Torhüter Maire vom FC Zürich und Mittelfeldspieler Pennig von Waldhof Mannheim. Bereits vor Ablauf Wieder auf der Erfolgsstrasse war man der Hinrunde kam mit Sweeny ein wei- gegen den SV Seebach Zürich, welche terer Engländer ins FCK-Team. gleich mit 8:4 besiegt wurde. Dann das mit Spannung erwartete Heimspiel ge- Dann der Saisonstart am 13. September gen den FC St. Gallen, ein 2:2 vor 2‘300 1933, auswärts gegen den FC Win- Zuschauern an der Konstanzerstrasse, terthur. Die Überschrift im „Sport“ nach darunter einigen Hundert St. Gallern. dem Spiel: „Kampf siegt über Klasse!“, Auswärts folgte ein 1:1 gegen die starke der FC Winterthur gewinnt überraschend AC Bellizona, es wird von einem fanati-

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schen Tessiner Publikum berichtet. In immer wieder angedeutet wurde, und die Winterpause ging es als überragen- sich vielleicht auch auf die nicht mehr der Tabellenführer der zweithöchsten ganz so guten Resultate auswirkte, wur- Schweizer Liga. Der dritte Aufstieg in de bereits vor dem Entscheidungsspiel Folge schien sich anzubahnen. bestätigt. Der FC Kreuzlingen würde bei einem Sieg auf den Aufstieg verzichten. Spielszene an der Konstanzerstrasse ge- gen den FC Brühl St. Gallen Der Verzicht auf die Nationalliga Seit der Winterpause hält sich das Ge- rücht, dass der FC Kreuzlingen keine Möglichkeit sieht die Nationalliga zu fi- nanzieren. Die geographische Lage, der kleine Ort mit damals unter 10‘000 Ein- wohnern und dementsprechend kleinen finanziellen Zuwendungen, die beunruhi- genden finanziellen Meldungen aus der gerade neu eingeführten Nationalliga (unter anderem musste Meister Servette Genf Konkurs anmelden), das alles in einer politisch sehr schwierigen Zeit. Schweren Herzens wurde der Vereinsbe- schluss gefasst, auf das Abenteuer Nati- In der Rückrunde gewann der FCK er- onalliga zu verzichten. neut gegen Brühl St. Gallen, diesmal mit 5:1. Auf ein schwaches 0:0 gegen See- Die Presse berichtete ausführlich über bach Zürich folgte ein überzeugendes diesen Entscheid, grösstenteils sehr 4:0 gegen den FC St. Gallen. Interes- wohlwollend, beispielsweise das sant, dass damals den FC St. Gallen nur „Luzerner Tagblatt“: Kreuzlingen hält 500 Zuschauer sehen wollten, Brühl St. nach wie vor am Verzicht fest, Mut zur Gallen jedoch 800 Zuschauer mehr. In Dummheit von Bellinzona, dass immer Aarau verlor man anschliessend mit 2:0 noch aufsteigen will.“ Im „Sport“ er- vor 1‘800 Zuschauern. Auch gegen Bel- schien ein weiterer grosser Artikel, ein linzona spielte der FCK überheblich und Ausschnitt: „Kreuzlingen hat trotz des verlor dieses Spiel mit 1:2. Eine weitere Verzichts auf den Aufstieg etwas voll- 2:1-Niederlage stellte sich daraufhin bracht, was ihm kaum noch ein anderer gegen den FC St. Gallen ein, worauf der Verein nachmachen wird und dessen FCK auf den dritten Tabellenplatz zu- Meteorartiger Aufstieg seinesgleichen rückfiel. Doch gegen Luzern konnte der sucht. Wir gratulieren den Kreuzlingern FCK mit einem 2:1-Sieg reagieren, wo- herzlich, ganz besonders Herrn Trunin- mit Kreuzlingen wieder auf den ersten ger. Nach dessen Äusserungen haben Tabellenplatz vorrücken konnte. sie nun die Grundarbeit getan und kön- In Luzern wurde somit am 13. Juni 1934 nen sich der Aufgabe widmen die Jugend ein Entscheidungsspiel gegen die zweit- auszubilden. Man sieht, das der oft be- platzierte AC Bellinzona um den Aufstieg neidete, und oft verkannte FC Kreuzlin- angesetzt. Was bereits in der Rückrunde gen sich hohe und ideale Ziele gesteckt

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hat.“ traf man dabei auf neutralem Platz im Stade de Cantonal von Neuchatel auf Sicherlich sind die Gründe auch aus heu- den Etoile Carouge FC. Der Etoile tiger Sicht nachvollziehbar, doch das Carouge FC war ein starker Gegner, einmalige Erlebnis in der Nationalliga welcher die Kreuzlinger Abwehr vor mitzuspielen, sollte dem FC Kreuzlingen grosse Schwierigkeiten stellte, doch der dadurch wohl für immer versagt bleiben. Nationalliga-erprobte FCK-Torhüter Ausserdem ging damit der sportliche Maire hielt vorzüglich. Am Ende wird die Reiz verloren, der Fussball lebt nun mal Kreuzlinger Offensiv-Abteilung das Spiel vom Streben nach oben. Nie wieder soll- entscheiden, durch Tore von Stadler und te sich diese Gelegenheit ergeben. Bis zweimal Sandoz gewann man letztlich zum heutigen Tag schaffte es keine überlegen mit 3:0 und sicherte sich den Thurgauer Mannschaft in die höchste Titel des Schweizer 1.Liga- und Ama- Liga. Derzeit ist selbst die Nationalliga B teurmeisters 1934. für sämtliche knapp dreissig Thurgauer Der FC Kreuzlingen im Sommer 1934 Fussballvereine nahezu unerreichbar.

Der Schweizer Amateurmeister-Titel als Trost Auch nach dem Verzicht auf die Natio- nalliga war die Saison für den FCK noch nicht ganz vorbei. Das Entscheidungs- spiel gegen die AC Bellinzona fand trotz- dem statt, einerseits weil der Modus vorsah, dass nur der Sieger aufsteigen sollte, Bellinzona also nicht automatisch nachrücken würde, andererseits sollte der Ostgruppensieger gegen den West- gruppensieger der 1. Liga um die Schweizer Amateurmeisterschaft antre- Abschlusstabelle 1. Liga Gruppe Ost, Saison 33/34: ten dürfen.

Das Entscheidungsspiel gegen Bellinzona 1. FC Kreuzlingen (2.IR) 40 sollte erneut im Stadion Tribschen in 2. AC Bellinzona (NLA) 39 Luzern stattfinden. Dabei vermasselte in 3. FC Aarau (NLA) 29 einem schwachen Spiel der FCK den 4. FC St. Gallen (NLA) 28 Tessinern den Aufstieg dank eines 5. FC Brühl St. Gallen (1.L) 18 6. FC Luzern (NLA) 16 „Gewaltstreffers“ (Thurgauer Volks- 7. SV Seebach Zürich (3.L) 13 freund) von Smith in der 20. Minute. Die 8. SC Juventus Zürich (1.L) 13 AC Bellinzona sollte im darauffolgenden 9. FC Winterthur (NLB) 6 Jahr sogar in die 2. Liga absteigen. Nun konnte man wenigstens noch den (In Klammern die heutige Liga- Titel des Schweizer 1.-Liga und Ama- Zugehörigkeit) teurmeisters holen. Am 20. Juni 1934

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Grosse Spiele an der Konstan- „Nachtspiel“, testete der FCK noch ein zerstrasse zweites Mal unter Flutlicht, bevor es mit dem Ligabetrieb beginnen sollte. Gegner Als sehr umtriebig erwiesen sich die war die gleichklassige Traditionsmann- Kreuzlinger Fussballfreunde beim Aus- schaft von Brühl St. Gallen, einen Geg- richten von Vergleichswettkämpfen. ner den man 75 Jahre später wieder in Ganze dreissig (!) solcher Spiele allein der 2. Liga Interregional antreffen sollte. während der Saison 33/34. Diese Der FCK gewann vor wiederum 1‘600 Freundschaftsspiele fanden ein grosses Zuschauern mit 6:1. Publikum, insgesamt 50‘000 Zuschauer Weitere Flutlichtspiele sollten erfolgreich strömten während der Saison 33/34 an verlaufen. Gegen den Nationalliga-Club die Konstanzerstrasse. Belegt sind Extra FC Bern gewannen die grün-weissen -Züge und Busse aus Winterthur, vor 2‘500 Zuschauern mit 3:2. An- Schaffhausen und St. Gallen an die schliessend ging es gegen den starken Kreuzlinger „Nachtspiele“ gegen Mann- Nachbarschaftsverein SpVgg Konstanz. schaften wie West Ham United oder die Die SpVgg war ein nur kurze Zeit exis- AS Roma. Diese Freundschaftsspiele tierender Zusammenschluss der beiden hatten damals durchaus Wettkampfcha- Konstanzer Traditionsvereine FC 1900 rakter, zumindest natürlich für eine und VfR. Vor 1‘600 Zuschauern Kleinstadtmannschaft wie dem FC (darunter vielen Konstanzern) gewann Kreuzlingen. Kommt dazu, dass in den der FC Kreuzlingen mit 5:2. zwanziger und dreissiger Jahren soge- nannte Clubtourneen sehr populär wa- Doch die beste Leistung zeigten die ren. In einer Zeit, wo es noch keinen Kreuzlinger im Flutlichtspiel gegen Ser- Europacup gab, bereisten starke Fuss- vette Genf, dem amtierenden Schwei- ballmannschaften oft wochenlang ande- zer Meister. Vor 3‘000 Zuschauern, da- re Länder und teilweise sogar andere runter wiederum vielen Konstanzern und Kontinente. Der FC Kreuzlingen wurde auch vielen Fussballfans aus den an- dabei Mitte der dreissiger Jahre neben grenzenden Kantonen, gewann der FC den Young Boys Bern und den Kreuzlingen sensationell mit 3:2. Grasshoppers Zürich zum beliebtesten Anlaufpunkt für ausländische Vereine in der Schweiz. Als erstes Highlight für die Kreuzlinger sollte der 21. August 1933 avancieren. Der FCK lud den FC Zürich zur Cup- Revanche vom vergangenen Jahr an den Bodensee (siehe letzter Grenzstadtku- rier). In einem begeisternden Spiel ge- wann der FC Kreuzlingen an der Kon- stanzerstrasse gegen den Nationalliga- Vertreter mit 3:0, vor 1‘100 Zuschau- ern. Die vom FCK besiegte Meistermannschaft von Servette Genf. Eine Woche nach dem ersten

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Die bis anhin stärkste Fussballmann- alle Menschen ohne Vorbehalte und so schaft durfte der FCK dann am 2. Januar hatte man aus Kreuzlinger Sicht Pech 1934 begrüssen. Das legendäre Team mit der Verpflichtung eines Weinfelder von Honved Budapest folgte einer Schiedsrichters. Dieser sorgte für viel Einladung in den Grenzort. Ein europäi- Unmut, indem er in jeder nur erdenkli- sches Spitzenteam welches die Kreuzlin- chen Situation die Mannheimer benach- ger Bevölkerung mit ihrem Spiel zu be- teiligte. Besonders ironisch, da der Wi- geistern wusste. Zwar verlor der FCK derstand gegen den Nationalsozialismus vor 1‘600 Zuschauern mit 0:3, doch das in der Arbeiterstadt Mannheim beson- war zweitrangig. Der “Thurgauer Volks- ders gross war. Aufgrund der völlig of- freund“ erwähnt nebst dem beeindruck- fensichtlichen Benachteiligung der Wald- ten Publikum auch kritisch das höfer begannen die Konstanzer Zu- „Breitenmoser auf Linksaussen ein glat- schauer, welche bis anhin Sympathien ter Versager“ gewesen sei. Mit Rezső für Kreuzlingen hegten, die schwarz- Rozgonyi, Rezső Somlai und Ferenc blauen lautstark zu unterstützen. Viele Puskas gehörten drei ungarische Natio- nalspieler der WM 1934 zum Honved- Team. Letzterer war der Vater des le- gendären gleichnamigen Ferenc Puskas, welcher die ungarische Nationalmann- schaft 1954 als Kapitän anführte und als der beste ungarische Fussballspieler aller Zeiten gilt. Tags darauf gleich das nächste Spiel. Am 3. Januar 1934 wurde in einem in- tensiven Spiel Waldhof Mannheim mit Konstanzer Fussballfreunde ärgerten 3:2 besiegt. Die Nordbadener wurden im sich so sehr über den Schiedsrichter, folgenden Sommer Meister der Gauliga dass sie sich anschliessend nie mehr Baden und kamen anschliessend bis ins beim FC Kreuzlingen blicken liessen. Halbfinale der Deutschen Meisterschaft. Ins Augenmerk fiel zu dieser Zeit auch Dort scheiterte man erst in der 90. Mi- ein Spiel mit indirekter FCK-Beteiligung: nute am späteren Deutschen Meister Im Februar 1934 fand auf dem Hardhof Schalke 04. In Kreuzlingen sorgten un- in Zürich ein Länderspiel zwischen der ter den 1‘500 Zuschauern auch 700 Schweizer Nationalmannschaft und einer deutsche Schlachtenbummler für or- Ausländer-Auswahl statt. Wobei in der dentlich Lärm. Der „Thurgauer Volks- Ausländer-Elf die Kreuzlinger Smith und freund“ schrieb gar von einem Sweeny mitspielten. Am Endstand von „Höllenlärm an der Konstanzerstrasse“, 3:3 hatte letzterer als zweifacher Tor- und vermerkte weiter „die Zuschauer schütze massgeblichen Anteil. sahen ein dramatisches und temporei- ches Spiel gegen die sympathischen Während der Rückrunde 1934 kam es zu Gäste“, eine verblüffende Aussage zu weiteren interessanten Freundschafts- dieser Zeit. spielen, mit Concordia Basel konnte Verständlicherweise waren damals nicht erneut ein Nationalliga-Club geschlagen

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werden, und zwar gleich mit 6:1. Erhalten geblieben sind uns von diesem Spiel dafür ein paar schöne Fotos, die Der traditionsreiche Freiburger FC wur- ich Euch auf dieser Doppelseite nicht de kurz darauf mit demselben Resultat vorenthalten möchte. Anlässlich des besiegt. Besonders bemerkenswert, da letztjährigen Spiels in Schaffhausen, als der Freiburger FC in der Gauliga Baden über 1‘000 Kreuzlinger Schlachten- spielte, der höchsten deutschen Spiel- bummler den FCK in die Munotstadt klasse zu dieser Zeit. Herausragend begleiteten, trug der FCK ein spielten dabei die Engländer Smith und „Memorialspiel“ auswärts in Schaffhau- Sweeny. sen aus, um die Erinnerung an die Auch der starke Schwarzwälder Verein „Invasion aus Kreuzlingen“ wieder aufle- FC 08 Villingen wurde mit 3:1 besiegt ben zu lassen. Am Ende siegte Kreuzlin- und der elsässische Verein FC St. Louis gen, wiederum begleitet von vielen wurde am 5. März 1934 gleich mit 10:2 Grenzstädtern, gegen Sparta Schaff- vom Platz gefegt. Auswärts fuhr man hausen (heute FC) mit 7:2. vergleichsweise selten an Freundschafts- Im nächsten Grenzstadtkurier: spiele. Eine dieser Ausnahmen war ein Die Spiele gegen den Oxford City FC, Spiel auf der alten Lausanner Pontaise, West Ham United London, Teplitzer FK, welches mit einer schönen Reise ver- SR Colmar, 1860 München, AS Roma, bunden wurde. Trotz starker erster Stuttgarter SC und die Mexikanische Halbzeit verlor man mit 5:1 gegen den Nationalmannschaft. Ausserdem steht Nationalliga-Club Lausanne Sports. die Meisterschaft 34/35 im Blickpunkt.

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Schweizer Fussballmannschaft des

Jahres 1934 / Aufsteiger Nationalliga A

Stehend: Fehr,Smith, Truninger,Hautle, Pfaff, Breitenmoser, Stadler, Strobel,Laifer, Anderegg Sandoz, Kniend: Maire, Colongo

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