World Series by Renault

Bilbao, 16./17. Juli 2005

Bilbao erinnert an Long Beach

Autorennen zum Publikum bringen, das heisst in ein städtisches Umfeld; die Zuschauer nicht dazu zwingen, endlos lange Anreisen zu Rennstrecken mitten in der Pampa absolvieren zu müssen: In diesem Sinne empfing Bilbao an diesem Wochenende die World Series by Renault. Nicht nur die Stadt, sondern die gesamte Regierung des Baskenlandes hat dieses Projekt trotz politischer Widerstände unterstützt.

Es wurde ein Vertrag über drei Jahre abgeschlossen, und nicht weniger als neun Millionen Euro an Investitionen flossen in dieses in jeder Hinsicht bemerkenswerte Vorhaben. So erinnerte denn das spanische Bilbao für drei Tage an das kalifornische Long Beach! Der Mitten in der Stadt angelegte Rundkurs umfasste auf einer Länge von 4'037 Metern 33 Kurven, wovon einige Schikanen aus Sicherheitsgründen zur Reduktion der Geschwindigkeit zusätzlich eingebaut wurden – eine aus fahrerischer Sicht interessante Strecke, auch wenn der teilweise holprige Belag die Fahrzeuge stark beanspruchte.

Sieben Rennen standen auf dem Programm dieses Wochenendes, das durch zahlreiche Rahmenveranstaltungen angereichert wurde. Hauptattraktion waren zweifellos die Demonstrationsfahrten von Renault Testfahrer mit dem Formel 1-Monoposto.

Beim Lauf zum spanischen Clio Cup glich die aufgeheizte und leidenschaftliche Atmosphäre eher der eines Stierkampfes als der eines Autorennens. Doch ganz offensichtlich waren es die Prüfungen der World Series by Renault mit dem Eurocup der Megane Trophy, dem Eurocup Formel Renault 2.0 und der Formel Renault 3.5 (ebenfalls World Series genannt), welche das Interesse des zahlreich erschienenen und enthusiastischen Publikums auf sich zogen.

Eurocup Megane Trophy In dieser Disziplin präsentiert sich der Belgier Jan Heylen mit fünf Siegen in sechs Rennen immer deutlicher als unangefochtener Boss. Nichtsdestotrotz macht der Ostschweizer Marc Benz beachtliche Fortschritte. Er wurde Zwölfter im ersten und Siebter im zweiten Lauf, womit er sich die "Trophée Junior" eroberte, eine Auszeichnung, die demjenigen Piloten unter 25 Jahren verliehen wird, der das beste Resultat erzielt. Und als ob er seinen Formanstieg zusätzlich unterstreichen wollte, fuhr Marc auch die insgesamt fünftschnellste Zeit im Rennen. Eines steht auf jeden Fall fest: Das Team Iris nähert sich den Besten und Marc Benz hat zu seinen Möglichkeiten zurückgefunden.

Eurocup Formel Renault 2.0 Im ersten Lauf zum Eurocup der Formel Renault 2.0 vermochte sich einmal mehr Michael Ammermüller vom Team Jenzer Motorsport durchzusetzen. Als Inhaber der Pole Position ging der junge Deutsche beim Start gleich in Führung und geriet danach nie in Bedrängnis. Aufgrund eines Unfalls wurde das Rennen neutralisiert – während beinahe einer Viertelstunde mussten die Piloten hinter dem herfahren. "Alles in allem ging das Rennen über knapp fünf Runden", meint Ammermüller. "Das war zwar etwas frustrierend, doch andererseits ist dadurch auch das Risiko kleiner, einen Fehler zu begehen. Dies umso mehr, als dass auf diesem Stadtkurs schon der geringste Fehler zu einer möglicherweise fatalen Berührung führen kann!"

Zweiter hinter Ammermüller wurde der Franzose Yann Clairay vom Team SG, Bertrand Baguette eroberte sich den dritten Platz. Wegen einer technischen Unregelmässigkeit (Differenzial) wurde Baguette jedoch aus dem Klassement genommen und Adrian Zaugg (Schweiz/Südafrika) erbte seinen dritten Platz, womit Jenzer Motorsport plötzlich zwei Fahrer auf den ersten drei Rängen hatte. "Virtuell gesehen hatte ich zwei Piloten auf dem Podest, wobei ich einfach hoffe, dass dies nach dem zweiten Lauf auch in Wirklichkeit der Fall sein wird", meinte Andreas Jenzer nach der Disqualifikation von Baguette. Sein Wusch ging vollumfänglich in Erfüllung, denn dieser zweite Lauf verlief aussergewöhnlich eindeutig. Zaugg ging von der Pole aus ins Rennen, in seinem Windschatten Ammermüller, van Dam und Baguette. Einige Runden lang versuchte Michael Ammermüller, seinen Teamgefährten anzugreifen, doch angesichts dessen Widerstands gab der Bayer sein Vorhaben schon bald auf und konzentrierte sich klugerweise darauf, sich im Hinblick auf die Meisterschaft – die er deutlich dominiert – mit einem zweiten Platz zusätzliche Punkte zu sichern.

Auch Cyndie Allemann war mit von der Partie, fühlte sich aber auf dieser Strecke nicht allzu wohl, wobei ihr auftretende Bremsprobleme die Aufgabe in keiner Weise erleichterten und sie in eine Statistenrolle drängten.

Klassement 1. Lauf:

Michael Ammermüller Deutschland Jenzer Motorsport Yann Clairay Frankreich Team SG Formula Adrian Zaugg Schweiz Jenzer Motorsport Miguel Albuquerque Portugal Motorpark Oschersleben Kamui Kobayashi Japan Graff Racing Carlo van Dam Holland Team SG Formula

Klassement 2. Lauf:

Adrian Zaugg Schweiz Jenzer Motorsport Michael Ammermüller Deutschland Jenzer Motorsport Carlo van Dam Holland Team SG Formula Bertrand Baguette Frankreich Epsilon Euskadi Alan Hellmeister Brasilien AR Motorsport Teemu Nyman Finnland Motorpark Oschersleben

Zwischenklassement nach 8 von 16 Rennen:

1. Michael Ammermüller 110 Punkte 2. Yann Clairay 57 Punkte 3. Kamui Kobayashi 49 Punkte 4. Adrian Zaugg 45 Punkte 5. Carlo van Dam 41 Punkte 6. 28 Punkte

Formel Renault 3.5 Der Pole gab sich im ersten Lauf der Formel Renault 3.5 nicht mit Details ab. Pole Position, Start-/Zielführung und schnellste Runde im Rennen: Diese Vollpackung erlaubte es ihm, seine Führung im Zwischenklassement der Meisterschaft auszubauen. Colin Fleming von Jenzer Motorsport hätte das Rennen möglicherweise als Fünfter oder Sechster beenden können, wurde jedoch wegen eines Defekts an der Welle zwischen Motor und Getriebe zur Aufgabe gezwungen.

Der Kalifornier aus San Diego nahm dann eine kleine Revanche, indem er den zweiten Lauf hinter Will Power (nomen est omen!), Alex Danielsson und Milos Pavlovic auf dem undankbaren vierten Platz beendete. Nach einem vom Pech geprägten Saisonstart konnte Danielsson mit dem zweiten Podestplatz endlich einen Erfolg für das Team DAMS einfahren, während der dritte Rang für den jungen Serben Pavlovic seinen ersten Podestplatz in dieser Disziplin bedeutete. Ryan Sharp vom Team Jenzer Motorsport gelang ebenfalls eine durchaus beachtliche Leistung, indem er den ersten Lauf auf dem 14. und den zweiten Lauf auf dem 9. Platz beendete.

Giorgio Mondini vom Team EuroInternational seinerseits scheint das Pech weiterhin treu zu sein. Nachdem er zum ersten Rennen gar nicht gestartet war, musste er im zweiten Lauf wegen Getriebeproblemen aufgeben. Der Genfer feiert am 19. Juli seinen 25. Geburtstag. Als Geschenk erhofft er sich – und würde es bestimmt auch verdienen – etwas mehr Glück für die nächsten Rennen...

Klassement 1. Lauf

1. Robert Kubica Polen Epsylon Euskadi 2. Will Power Australien Carlin Motorsport 3. Tristan Gommendy Frankreich KTR 4. Eric Salignon Frankreich Cram Competition 5. Enrico Toccacelo Italien Victor Engineering 6. Christian Montanari San Marino Draco Multiracing

Klassement 2. Lauf

1. Will Power Australien Carlin Motorsport 2. Alex Danielsson Schweden DAMS 3. Milos Pavlovic Serbien GD Racing 4. Colin Fleming USA Jenzer Motorsport 5. Eric Salignon Frankreich Carlin Motorsport 9. Ryan Sharp Grossbritannien Jenzer Motorsport

Zwischenklassement nach 9 von 17 Rennen: 1. Robert Kubica 86 Punkte 2. Will Power 62 Punkte 3. Adrian Valles 50 Punkte 4. Tristan Gommendy 45 Punkte 5. Eric Salignon 40 Punkte 6. Markus Winkelhock 37 Punkte 11. Colin Fleming 23 Punkte 13. Patrick Pilet 18 Punkte 23. Ryan Sharp 2 Punkte

Nächste Läufe der WSR: Oschersleben (Deutschland) 6./7. August 2005

Romain Grosjean 2006 bei Jenzer? Peter Sauber hat sein Unternehmen an BMW verkauft, womit ein Kapitel, eine Ära zu Ende geht. Auf internationaler Ebene ist nun Jenzer Motorsport das Team, welches die Farben der Schweiz auf hohem Niveau verteidigen wird. Sicher nicht in der Formel 1, hingegen in Promotionsformeln wie dem Eurocup Formel Renault 2.0 und der Formel Renault 3.5, genannt "World Series by Renault".

Auch wenn er in Bilbao nicht am Start war, so ist der Schweizer Romain Grosjean zweifellos der Mann, der die Französische Meisterschaft der Formel Renault 2.0 überlegen dominiert. Es ist daher mehr als einleuchtend, dass er in der kommenden Saison einen Schritt vorwärts machen und in die Formel Renault 3.5 wechseln könnte. Sollte diese Perspektive Tatsache werden – für welches Team würde er sich wohl entscheiden? Es versteht sich von selbst, dass er mit seinem Leistungsausweis verschiedene Möglichkeiten hat. So gesehen lässt sich auch die Option Jenzer Motorsport nicht von der Hand weisen. Auf jeden Fall hat Andreas Jenzer eine hohe Meinung von Romain: "Mit Schweizer Piloten habe ich nicht immer gute Erfahrungen gemacht", sagt er, "doch Romain Grosjean ist auf jeden Fall ein hervorragender Fahrer, ich würde mich freuen, wenn er für mein Team fahren würde. Dies hängt natürlich von zahlreichen Faktoren ab, die in nützlicher Frist geklärt werden müssen. Im Augenblick brauchen wir uns um ungelegte Eier noch keine Gedanken zu machen, man muss abwarten können!"