CSU-LG – 9. WP Landesgruppensitzung: 8. 3. 1982

8. März 1982: Sitzung der Landesgruppe

ACSP, LG 1982: 5. Überschrift: »Protokoll der 26. Sitzung der CSU-Landesgruppe am 08. März 1982 in der Landesvertretung Baden-Württemberg«. Zeit: 20.00–22.10 Uhr. Vorsitz: Zimmermann, Warnke.

Anwesend: Althammer, Biehle, Bötsch, Brunner, Dollinger, Faltlhauser, Geiger, Gerlach, Götz, Handlos, Hartmann, Hinsken, Höffkes, Graf Huyn, Keller, Kiechle, Klein, Kraus, Kreile, Krone-Appuhn, Kunz, Linsmeier, Lowack, Niegel, Probst, Regenspurger, Rossmanith, Sauter, Schneider, Seehofer, Spilker, Spranger, Graf von Stauffenberg, Voss, Waigel, Warnke, Zierer, Zimmermann.

Sitzungsverlauf: A. Bericht des Landesgruppenvorsitzenden Zimmermann über die bevorstehende Oberbürgermeisterwahl in Bamberg, die Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein, den Zustand der sozial-liberalen Koalition, die Außenpolitik der Bundesregierung, den Fall des Abteilungsleiters im Bayerischen Innenministerium, Langemann, und die Debatte über die Kriegsdienstverweigerungsnovelle. B. Erläuterungen des Abg. Warnke zum Plenum der Woche. C. Allgemeine Aussprache. D. Bericht des Abg. Spranger über Fragen der inneren Sicherheit. E. Zwischenbericht der Abg. Geiger aus der Arbeitsgruppe Bildung und Wissenschaft über das Bundesausbildungsförderungsgesetz mit anschließender Aussprache. F. Vertagung des Tagesordnungspunktes »Initiativen zur Kapitalverteilung der Arbeitnehmer und zur Stärkung der Investitionskraft der Wirtschaft«.

[A.] TOP 1: Bericht des Vorsitzenden Dr. Zimmermann begrüßt die Landesgruppe. Er betont, daß man über die Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein nicht vergessen dürfe, daß am nächsten Sonntag in Bayern wichtige Entscheidungen fallen. Die OB-Wahl in Bamberg stehe an. Aus diesem Grunde sei auch Röhner entschuldigt. Obwohl niemand an einer soliden Mehrheit für Röhner zweifele, habe die CSU-Landesgruppe davon Abstand genommen, noch vor der Wahl die Nachfolge für seine Position als Parlamentarischer Geschäftsführer zu regeln. Erstens könne dies in Bamberg schlecht ankommen, und zweitens sei auch ein Stück Aberglauben dabei. Dr. Zimmermann fährt fort, daß er aus diesem Grunde auch nicht sechs Tage vor der Wahl von diesem Grundsatz abrücken wolle. Er kündigt an, daß nach erfolgter Wahl die CSU-Landesgruppe am 22. März einen neuen Parlamentarischen Geschäftsführer wählen werde. Die Amtsübergabe solle dann am Tage nach der Mandatsniederlegung von Röhner stattfinden. Abschließend wünscht Dr. Zimmermann auch im Namen der gesamten Landesgruppe Röhner Glück und Erfolg für den nächsten Sonntag. Zu den Wahlen in Schleswig-Holstein führt Dr. Zimmermann aus, daß für jeden, der die Verhältnisse in Schleswig-Holstein kenne, das Ergebnis eine in diesem Ausmaß nicht erwartete Überraschung gewesen sei. Die SPD habe rund sechs Prozent ihrer Wähler verloren, vor allem in den Städten und im Hamburger Umfeld. Interessant sei,

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daß die FDP von der Fäulnis der SPD angesteckt worden sei. Sie habe ebenfalls Federn lassen müssen. Sie sank von 7,2 v. H. auf 6,8 v. H. In Neumünster sei die FDP an der

5 %-Hürde gescheitert, in Flensburg blieb sie ebenfalls draußen. Die SPD habe so viele

Wähler gegenüber 1978 verloren, wie die FDP überhaupt habe, nämlich 96 000. Die CDU habe ihre absolute Mehrheit in allen elf Landkreisen ausgebaut. Die Ergebnisse in den vier kreisfreien Städten könne man als sensationell bezeichnen. In Lübeck liege sie bei 46 Prozent, in Neumünster bei 47 Prozent, in Kiel und in Flensburg sei sie stärkste Partei geworden. In Kiel sei die Konstellation besonders interessant, da dort die Sitzverteilung 23 CDU, 22 SPD, 2 FDP und 2 Grüne laute. Die CDU und FDP hätten eine Mehrheit, die SPD und die FDP aber nicht. In Flensburg hänge es am starken SSW, der wohl traditionsgemäß mit der SPD gehe. Die Wahlbeteiligung sei um 4 Prozent geringer gewesen. Davon habe sicher die CDU profitiert, denn an absoluten Stimmen habe die CDU vor vier Jahren genausoviel erhalten. Aber jede Nichtwahl sei auch eine Entscheidung. Darüber hinaus sei bekannt, daß Wählerbewegungen oft über die Zwischenphase der Stimmenthaltung laufen. Die Union habe allen Grund, zufrieden zu sein und die nächste Etappe in Niedersachsen mit Optimismus anzugehen. Für die Koalition bedeute die Kommunalwahl von gestern einen Grund mehr für Streit und Spekulationen. Nicht umsonst habe der SPD-Vorsitzende von Schleswig- Holstein1 die Schuld für das Wahldebakel sofort der Bundesregierung und der Bonner Koalition angelastet. Der FDP-Vorsitzende Ronneburger2 sehe in dem schlechten Abschneiden der FDP eine Bestätigung ihrer Stellung. Dies sei zwar nicht zu verstehen, aber jeder ziehe aus dieser Feststellung seine eigenen Schlüsse. Unabhängig davon habe der FDP-Vorsitzende Genscher3 am Wochenende seine politischen Zielvorstellungen präzisiert. Genscher habe sich mit ungewöhnlicher Deutlichkeit geäußert. Sein Interview im Deutschlandfunk lohne es, nachgelesen zu werden. Genscher bekräftigt das Festhalten der FDP am Wahlprogramm von 1980. Er stellt sich hinter die Koalition nur für das verabredete Programm und lehne eine historische Partnerschaft mit der SPD ab. Noch wichtiger sei Genschers Aussage zur Mehrwertsteuer. Hier habe er öffentlich nach seinen indirekten Andeutungen kategorisch andere Steuererhöhungen und eine erneute weitere Neuverschuldung abgelehnt. Wenn eine Mehrwertsteuererhöhung nicht durchsetzbar sei, dann wolle er weitere Einsparungen im Haushalt durchführen. Die SPD dagegen blockiere bei weiteren Sparmaßnahmen. Die Koalition habe dann keinen Handlungsspielraum mehr, zumal die Finanzierungsschwierigkeiten zunehmen. Ein erster Nachtragshaushalt werde bereits diskutiert. Entscheidend werde jedoch sein, ob die Koalition angesichts dieser Lage Personalverschiebungen wage, beispielsweise die Operation Wehner4 durch Apel5 zu ersetzen. Bei einem baufälligen Haus die Stützpfeiler auszuwechseln, sei eine riskante Sache. Die Koalition stehe vor der Alternative, entweder den Verfall voranschreiten zu lassen oder einen riskanten Eingriff zu wagen. Aber dafür dürfte wiederum der Verfall bereits zu weit fortgeschritten sein. Hinzu komme, daß Schmidt nicht mehr in der Lage sei, den Niedergang der SPD durch seine Person aufzufangen. Das Gegenteil sei beinahe der Fall. Das Image von Schmidt sei endgültig dahin.

1 Klaus Matthiesen, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Landtag von Schleswig-Holstein. 2 , MdB, Landesvorsitzender von Schleswig-Holstein, stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP. 3 Hans-Dietrich Genscher, Bundesaußenminister, Vizekanzler. 4 , Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. 5 , Bundesverteidigungsminister (SPD).

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Zur außenpolitischen Lage weist Dr. Zimmermann darauf hin, daß die Situation der Bundesrepublik Deutschland derzeit außenpolitisch durch die offensichtlichen Machtkämpfe im Kreml erschwert werde. Entlastungen von dieser Seite können nicht erwartet werden. Angesichts der dauernden Krise in Polen stehe die Bundesregierung mit ihrem ostpolitischen Entspannungskurs auf einem toten Bahnhof. Die USA gebe ihren Kurs der militärischen Stärkung und erst anschließende Abrüstungsverträge nicht auf. Der Druck auf die Bundesregierung werde von Amerika stärker, während die Basis der SPD längst von der NATO abgerückt sei. Schmidt und Genscher gehen nunmehr auch außenpolitisch verschiedene Wege. Schmidt gebe dem Druck der Linken nach, auch weil er persönlich über die Reagan6-Regierung verärgert sei. Genscher dagegen sei durch das Kölner Linksliberalen-Treffen gezwungen worden, zu kämpfen. Er wisse, daß die Rolle der FDP bald ausgespielt sei, wenn er den bisherigen sicherheitspolitischen Kurs verlasse. Desgleichen gelte, wenn er marktwirtschaftlich einknicke. Die Wahlen in Schleswig-Holstein haben gezeigt, wie gering die Manövriermasse der FDP sei. Im Ernstfall könne die FDP links nicht annähernd soviel gewinnen, wie sie rechts an die Union verlöre. Im Zusammenhang mit dem Reagan- Besuch in Bonn will die CDU/CSU eine eigene Pro-Amerika-Kundgebung veranstalten. Der Parteitag der CSU sei auf Freitag, den 4. Juni, verkürzt worden, um am Samstag, dem 5. Juni, in München eine Großkundgebung durchführen zu können. Dr. Zimmermann geht kurz auf den Fall Langemann7 in München ein. Die Veröffentlichungen in »konkret« haben zu den Ermittlungen gegen Langemann sowohl durch das Bayerische Landeskriminalamt als auch den Bundesanwalt geführt. Darüber hinaus sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Zum Werdegang von Langemann könne gesagt werden, daß er von 1957 bis 1970 beim BND tätig gewesen sei. Dort sei er zum Schluß Leitender Regierungsdirektor gewesen. Während der Olympischen Spiele 1972 sei er Sicherheitsbeauftragter der bayerischen Staatsregierung gewesen. Dazu sei ein Wechsel ins bayerische Kultusministerium notwendig gewesen. Danach sei er in das bayerische Innenministerium gewechselt und sei dort, wie schon bei Olympia, auf Druck von Minister Huber8 zum Ministerialdirigenten ernannt worden. Von Franz Josef Strauß habe Langemann niemals eine Unterstützung erhalten. Dr. Zimmermann betont, daß man die Ermittlungen mit Ruhe abwarten könne. Insgesamt müsse man jedoch sagen, daß es hier nicht um einen Angriff auf die CSU gehe oder auf eine andere Partei, sondern daß dies ein weiterer Mosaikstein beim Generalangriff auf das gesamte System Bundesrepublik Deutschland sei. In diesem Zusammenhang müsse auch die Äußerung von Franz Josef Strauß gesehen werden. Wenn er bei den gesamten Ermittlungen nicht nur im Fall Langemann sondern auch in der Spendensache vor voreiliger Schadenfreude warne. Diese Schadenfreude könne schnell in Verdrossenheit gegenüber unserer Demokratie umschlagen. Dr. Zimmermann erinnert des weiteren, daß die Debatte um die KDV-Novelle erneut aufgelebt sei. Die »Frankfurter Rundschau« zitiere heute den Bundesverfassungsrichter Simon9. Unglaublich wie sich hier ein Verfassungsrichter öffentlich einlasse und das Bundesverfassungsgericht kritisiere. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes war eindeutig. Vorrang habe das Prüfungsverfahren und als vage Möglichkeit sei eine

6 Ronald Reagan, US-Präsident (Republikanische Partei). 7 Hans Langemann, Abteilungsleiter im Bayerischen Staatsministerium des Innern, verantwortlich für das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz. 8 Ludwig Huber, 1972–1977 Bayerischer Staatsminister der Finanzen. 9 Helmut Simon.

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drastische Verlängerung des Ersatzdienstes vorgesehen. Nicht etwa umgekehrt, wie es dieser Tage zu lesen gewesen sei. Die Debatte zeige übrigens schon heute, daß die CDU ihren Hamburger Parteitagsbeschluß nicht durchhalten könne. Die Union habe schon jetzt die Debatte der Dienstgerechtigkeit. Die CSU-Position stehe. Die CSU wolle ein sauberes Verfahren und eine angemessene längere Dienstzeit.

[B.] Dr. Warnke berichtet, daß am Donnerstag zur Regierungserklärung zum Thema Afghanistan debattiert werde. Die Erklärung werde Außenminister Genscher abgeben. Es sei nicht auszuschließen, daß er dabei ebenfalls auf seine USA-Reise eingehe. Des weiteren werde am Freitag der Berufsbildungsbericht beraten werden. Dr. Zimmermann bittet die Außenpolitiker keiner gemeinsamen Resolution zuzustimmen. Das Debakel vom Dezember bezüglich der gemeinsamen Polenresolution sei noch in zu guter Erinnerung.

[C.] TOP 2: Allgemeine Aussprache Biehle geht auf den Vorgang in der letzten Fragestunde ein. Er kritisiert die Äußerung des Bundestagspräsidenten Stücklen. Es sei unerträglich, wenn [der] Bundestagspräsident in dieser Weise das Parlament ins Abseits stelle und darüber hinaus noch den SPD-Parteivorsitzenden lobe. Frau Geiger betont, daß nicht nur drei Abgeordnete, sondern gemeinsam mit den Schriftführern fünf Abgeordnete im Saal gewesen seien. Hartmann gibt bekannt, daß der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe heute vom Präsidenten des Bayerischen Jagdverbandes das Goldene Ehrenzeichen erhalten habe. Diese Auszeichnung sei Dr. Zimmermann für seine Verdienste um die Jagd verliehen worden. Graf Stauffenberg geht ebenfalls auf die Äußerungen des Bundestagspräsidenten ein. Er schlägt vor, doch einmal intensiv darüber nachzudenken, wie man eine Reform der Plenarsitzungen durchführen könne. Sinn und Zweck der parlamentarischen Demokratie werde durch die jetzige Gestaltung sicherlich nicht erfüllt. Alle Parlamentarier bedauern den Zustand, jedoch Mut zu einer Änderung habe niemand. Es komme hier ein langsamer Prozeß in Gang, der letztendlich nur Schaden unserer Demokratie zufügen werde. Graf Stauffenberg macht weiter darauf aufmerksam, daß der außenpolitische Arbeitskreis der CSU am 27. März 1982 im Sheraton Hotel in München eine außenpolitische Tagung abhalten werde. Er bittet, möglichst viele Kollegen an diesem Kongreß teilzunehmen. Es werden neben Vertretern aus den USA und der Bundesrepublik Deutschland auch der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Fred Iklé10, an dieser Veranstaltung teilnehmen. Es sei das erste Mal, daß ein hoher Regierungsbeamter an einer reinen Parteiveranstaltung der Opposition teilnehme. Abschließend geht er auf die Einladung der Bundesregierung, den NATO-Gipfel in Bonn abzuhalten, ein. Diese Veranstaltung sei mit einem hohen Risiko für unser Land verbunden. Gelinge es nicht, diese Tagung ordnungsgemäß über die Bühne zu bringen, werde unser Bild der Zuverlässigkeit in der westlichen Welt stark beschädigt. Graf Huyn unterstützt Biehle in seinen Ausführungen.

10 Unterstaatssekretär im Verteidigungsministerium der USA.

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Dr. Bötsch berichtet aus dem Geschäftsordnungsausschuß. In der vergangenen Legislaturperiode habe man bei der Neugestaltung der Geschäftsordnung auch diese Punkte ausführlich diskutiert. Man habe eine Reihe von Vorschlägen erörtert, sei jedoch zu keinem Ergebnis gekommen. Hier sei sehr viel Theorie. Wie dann die Praxis aussehe, zeige sich erst im nachhinein. Sicherlich könne man beispielsweise einen Teil der Entscheidungen in einem sog. Hauptausschuß regeln und nur die großen Debatten vor der Vollversammlung abhalten. All dies könne man leicht in einer Geschäftsordnung festlegen. Dr. Kunz betont, daß diese vielleicht nur hingeworfene Bemerkung des Bundestagspräsidenten draußen sehr geschadet habe. Die Opposition brauche aber das Plenum, da sie sich allein dort profilieren könne. Bezüglich des Erdgasröhrengeschäftes fragt Dr. Kunz, ob hier Kontakte zu den USA beständen. Des weiteren erkundigt er sich, ob geprüft worden sei, ob nicht auch Erdgas aus den Mittelmeerländern bezogen werden könne. Dr. Warnke geht auf zwei Stichworte ein: Hauptausschuß und keine Fernsehübertragungen. Er erinnert an das System im englischen Parlament. Es gebe eine Reihe von Vorbildern, aber es gebe auch Bedenken. Für jede Änderung müsse erst eine Mehrheit vorhanden sein. Dr. Zimmermann teilt mit, daß er diese Kritik dem Bundestagspräsidenten mitteilen werde. Zum Problem der Parlamentsreform sagt Dr. Zimmermann, daß diese sicherlich auf großen Widerstand innerhalb der Fraktionen stoßen werde. Umfragen haben gezeigt, daß beispielsweise jeder Parlamentarier auf seinen Platz im Plenarsaal nicht verzichten wolle, und daß die Auswahl der Mitgliedschaft im Hauptausschuß nicht ohne Problem sei. Diese Fragen seien nicht geklärt, deshalb glaube er nicht daran, daß sich hier etwas ändern werde. Zum angekündigten Termin in München bittet er alle Kollegen, präsent zu sein. Zur Demonstration von CDU und CSU in Bonn und München sagt er, daß dort alle anwesend sein müssen. Hier müsse auch zahlenmäßig ein Zeichen gesetzt werden. Abschließend berichtet Dr. Zimmermann über ein Gespräch, das er heute gemeinsam mit Franz Josef Strauß und anderen mit der Staatsbürgerlichen Vereinigung geführt habe. Dort sei auch das Erdgasröhrengeschäft zur Sprache gekommen. Er werde auf seiner USA-Reise nächste Woche diese Frage ebenfalls erörtern, insbesondere auch in diesem Zusammenhang nach den Weizenlieferungen der USA in die UdSSR fragen. Des weiteren habe Franz Josef Strauß bei diesem Gespräch mitgeteilt, daß Erdgas auch aus dem Persischen Golf oder aus Algerien geliefert werden könnte.

[D.] TOP 3: Innere Sicherheit Berichterstatter: Carl-Dieter Spranger, MdB. Spranger betont, daß dies auch heute noch ein zentrales Thema der Innenpolitik sei. Drei Bereiche seien hier zu nennen: der politische Extremismus, der Terrorismus und die Kriminalität. Zum politischen Extremismus sagt er, daß nunmehr nachgewiesen werden könne, daß die Kommunistische Partei sich auch an Gewalttätigkeiten beteiligt habe. Er erinnert in diesem Zusammenhang an die Hausbesetzungen in Berlin und an die Krawalle um die Startbahn-West. Diese Aktivitäten der Kommunistischen Partei seien eine ungeheure Belastung für unsere Sicherheitskräfte. In diesem Zusammenhang stellt er die Frage, ob nicht wieder ein DKP-Verbot in die Diskussion gebracht werden sollte. Zur Frage des Terrorismus sagt er, daß der Linksterrorismus heute wesentlich gefährlicher sei als der Terrorismus von rechts. Nach übereinstimmenden Aussagen

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unserer Sicherheitsdienste sei der Terrorismus von rechts im Griff, dagegen habe der Terrorismus von links hohe Dunkelziffern. Zur Kriminalität führt Spranger aus, daß es erschreckend sei, wie im Jahre 1981 die Kriminalität weiter zugenommen habe. Über vier Millionen Straftaten seien registriert worden. Dabei müsse festgehalten werden, daß auch die Ausländerkriminalität überproportional angestiegen sei. Gerlach geht nochmals auf die Möglichkeit der Diskussion eines DKP-Verbots ein. Er fragt, wie die Mitglieder der Landesgruppe zu einer solchen Initiative stehen. Dr. Warnke stellt fest, daß keine Wortmeldungen hierzu vorliegen. Er deutet dieses Schweigen, daß die Landesgruppe sich einer solchen Diskussion nicht vehement widersetzen werde.

[E.] TOP 4: BAföG – Zwischenbericht aus der Arbeitsgruppe Bildung und Wissenschaft Berichterstatter: Michaela Geiger, MdB. Frau Geiger berichtet zum Bundesausbildungsförderungsgesetz, daß es 1967 rd.

185 000 Studenten gegeben habe, wovon 37 000 gefördert wurden, 1972 mit Einführung des BAföG seien von 606 000 Studenten 270 000 gefördert worden und von 720 000

Schülern 225 000, 1980 seien die Verhältnisse 970 000 : 345 000 und 1 335 000 : 490 000. Diese Zahlen, so betont Frau Geiger, zeigen deutlich, wie explosionsartig die Förderung in den letzten Jahren zugenommen habe. Gehe man den soziologischen

Gruppen nach, so stammen unter den Geförderten 31 % aus Arbeiterfamilien, 21 aus Angestellten-, 10 aus Beamten-, 14 aus Familien von Selbständigen und 23 Prozent können nicht zugeordnet werden. Unter den Gesichtspunkten der allgemeinen Spardiskussion betont Frau Geiger, daß man beim BAföG sparen könne. Es gebe dort Möglichkeiten. Sie warnt aber davor, das BAföG als die einzige Sparmöglichkeit herauszustellen. Die Union müsse neben dem BAföG auch noch andere Bereiche nennen, um nicht den gesamten Zorn dieser Gruppe auf sich zu ziehen. Die Vorschläge der Union laufen darauf hinaus, daß man insbesondere beim Schüler-BAföG sparen wolle. Die bisher genannten Zahlen von Pfeifer11 seien aber mit großer Zurückhaltung aufzunehmen. Es könne nicht ohne weiteres unterstellt werden, 600 Mio. DM pro Jahr einzusparen. Wolle man dies, so müsse man die Förderung im Berufsgrundschuljahr einstellen. Die zweite Forderung der Union laufe darauf hinaus, den Darlehensanteil zu erhöhen. Dies sei zu befürworten, jedoch komme man hier ohne soziale Komponente nicht aus. Des weiteren spricht sich Frau Geiger dafür aus, bei den Leistungsnachweisen strengere Maßstäbe einzuführen. Bezüglich der Rückzahlung der Darlehen berichtet Frau Geiger, daß zur Zeit die Moral sehr schlecht sei. Man spreche von höchstens 35 bis 50 Prozent Rückflüssen. Würde man aber diese Darlehensabwicklung über die privaten Banken laufen lassen, so wäre die Erfolgsquote sicherlich wesentlich höher. Zum Schüler-BAfög macht Frau Geiger noch darauf aufmerksam, daß bei einer Kürzung auch die 18 000 kirchlichen Internatsplätze betroffen werden. Frau Geiger sagt abschließend, daß man die gesamte Problematik nochmals ausführlich in der Gesamtfraktion und vor allem mit den Ländern diskutieren müsse. Dr. Warnke dankt Frau Geiger für diesen Zwischenbericht.

11 Anton Pfeifer, MdB (CDU), Vorsitzender der Arbeitsgruppe für Bildung und Forschung, bildungspolitischer Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.

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Sauter unterstützt Frau Geiger. Er kritisiert, daß insbesondere der bildungspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion Pfeifer bisher im Alleingang gehandelt habe. Innerhalb der Fraktion, selbst im Arbeitskreis oder der Arbeitsgruppe sei noch nichts besprochen worden. Insbesondere müsse man bei der ganzen Angelegenheit engen Kontakt mit den Ländern halten, um hier nicht einen Reinfall zu erleben. Sauter spricht sich dafür aus, daß neben dem BAföG auch andere Bereiche herangezogen werden müssen. Bei der Darlehensabwicklung müsse man auf private Banken zurückgreifen. Des weiteren macht er darauf aufmerksam, daß gerade durch das Berufsgrundbildungsjahr die hohen Aufwendungen beim Schüler-BAföG verursacht werden. Linsmeier spricht sich für eine Umstellung auf Darlehen aus. Die Abwicklung könne über private Banken geregelt werden. Er warnt aber vor zuviel Detailgerechtigkeit, denn dies würde gleichzeitig einen hohen bürokratischen Aufwand erfordern. Ein Mehr an Freiheit bringe auch ein Mehr an Risiko mit sich. Keller warnt davor, daß man bisher nur die beiden Bereiche BAföG und Sozialhilfe heranziehe. Es müssen dazu auch noch weitere Bereiche kommen. Rossmanith betont, daß Pfeifer hier bisher im Alleingang gehandelt habe. Es sei innerhalb der Arbeitsgruppe nicht diskutiert worden. In 14 Tagen werde sich der Arbeitskreis erst damit befassen. Er warnt davor, eine weitere Bürokratie aufzubauen. Einkommensgrenzen halte er für ungeeignet. In diesem Zusammenhang macht er darauf aufmerksam, daß bereits beim Arbeitsförderungsgesetz die Förderung von Meisterprüfungen stark reduziert worden sei. Dies habe sich bereits niedergeschlagen. Dr. Probst betont, daß der Sündenfall von 1971 korrigiert werden müsse. BAföG fördere die Mitnehmermentalität. Es müsse wieder mehr auf die Leistung geschaut werden. Andererseits müsse man sich überlegen, ob man Studiengänge fördere, deren Arbeitsmarktchancen sehr gering seien. Die CSU-Landesgruppe habe sich immer gegen das Berufsgrundbildungsjahr ausgesprochen. Man sei immer für das duale System gewesen. Man müsse jetzt mit aller Kraft versuchen, daß die Förderung, die bis Mitte 1982 limitiert sei, nicht verlängert werde.

[F.] TOP 5: Initiativen zur Kapitalverteilung der Arbeitnehmer und zur Stärkung der Investitionskraft der Wirtschaft Berichterstatter: Dr. , MdB, Berichterstatter: Rudolf Kraus, MdB. Dr. Warnke fragt, ob bei der geringen Präsenz dieser Tagesordnungspunkt diskutiert werden solle. Dr. Faltlhauser erwidert, daß bei der Bedeutung dieses Tagesordnungspunktes er für Vertagung sei. Er bittet jedoch, diesen Punkt auf der nächsten Tagesordnung an günstigerer Stelle zu plazieren.

TOP 6: Verschiedenes Dr. Warnke stellt fest, daß keine Wortmeldungen mehr vorliegen und schließt die Sitzung.

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