Reussbrücke Wassen Rekonstruktion 1987/88

Inhalt

Rekonstruktion der Reussbrücke Wassen Das Ereignis aus der Sicht des Bundesamtes für Strassen bau K. Suter, Direktor Bundesamt für Strassenbau ASB, Bern 3

Reusshochwasser Das Unwetterhochwasser vom 24./25. August 1987 im Kanton Uri A. Stadelmann, Regierungsrat Baudirektor des Kantons Uri, Altdorf 4

Bewältigung der Hochwasserschäden an den Strassen und Gewässern im Kanton Uri P. Püntener, Kantonsingenieur Uri, Altdorf 6

Die abgesenkte Reussbrücke Wassen Einsturzgefahr, dramatischer Wettlauf mit der Zeit, den Einsturz: .z:u verhindern, Sicherungsmassnahmen H. Huber, Brückeningenieur, Altdorf 11

Reussbrücke Wassen Schadenanalyse und Rekonstruktionskon.z:ept Prof Dr. C. Menn, Zürich 16

Geologie - Geotechnik N2, Reussbrücke Wassen T. Schneider, Uerikon 22

Projektierung Rekonstruktion der Reussbrücke Wassen H. Moretti, Ingenieurbüro E. Winkler + Partner AG, Effretikon 26

Bauleitung Rekonstruktion der Reussbrücke Wassen A. von Glutz, Ingenieurbüro, E. Winkler + Partner AG, Wassen 36

Die Rekonstruktion und Sanierung der Reussbrücke Wassen E. Bräm, AG C. Zschokke, Zürich 44

Rekonstruktion Reussbrücke Wassen H. Huber, Brückeningenieur, Altdorf 51

Schriftleitung und redaktionelle Koordination: Bauamt Uri, Abteilung Kunstbauten Heribert Huber und der Mitarbeit von Pius Kieliger und Margrit Zraggen

Separatdruck aus Schweizer Ingenieur und Architekt, Nr. 25, 22. Juni 1989

Rekonstruktion der Reussbrücke Wassen Das Ereignis aus der Sicht des Bundesamtes für Strassenbau

Im Reusstal nehmen - insbesondere na­ Brückenbauer bekannt ist und der auch Schneider für die geologischen Abklä• türlich in seinen Engnissen - die Ver­ heute noch für alle Problemlösungen rungen sowie das Ingenieurbüro Win­ kehrswege seit jeher einen wesentli­ zur Verfügung steht. kler+ Partner AG für die Detailprojek­ chen Teil des zur Verfügung stehenden tierung und die örtliche Bauleitung. Die Nationalstrasse N2, die Gotthard­ Raumes in Anspruch. Beim Bau der autobahn, bildet die Haupt-Nord-Süd• Die Zusammenarbeit dieser Fachleute Nationalstrasse N 2 im Kanton Uri achse unseres Verkehrsnetzes, ist stark und Experten, Unternehmer und mussten deshalb zahlreiche Brücken, Handwerker war dabei getragen von Lehnenviadukte und hohe Stützmau• belastet und unentbehrlich. Neben der einer ganz speziellen Motivation. Jeder ern gebaut werden. Die musste Nationalstrasse war nach dem Hoch­ der Beteiligten hatte extrem viel von mehrere Male gequert und dabei Pfei­ wasser keine andere durchgehende Ver­ ler, Fundamente und Mauern in das kehrsverbindung mehr vorhanden. Der seinem Wissen einzubringen. Die un­ ternehmerische Qualität wurde durch Flussbett gestellt werden. Kampf mit det Zeit war daher ausseror­ dentlich wichtig. Immer wenn ein Bau­ den Einsatz sehr guter Mitarbeiter so­ Das gewaltige Hochwasserereignis vom werk einen grösseren Schaden erleidet, wie von bewährtem Material unter Be­ August 1987 wurde damit zur rück• gibt es zwei Möglichkeiten: abbrechen weis gestellt; sie hat damit wesentlich sichtslosen Bewährungsprobe für das und neu bauen oder reparieren. Nach den effizienten Ablauf der komplizier­ Einfühlungsvermögen und das Ge­ zwei Telefongesprächen mit Professor ten Vorgänge geprägt. Ingenieure, Geo­ schick der Strassenbauingenieure und Menn und einem Augenschein an Ort logen, Messspezialisten, Aufsichtsper­ Unternehmer sowie für die Qualität der und Stelle war - nach eingehender, in­ sonen und Experten mussten in zahlrei­ von ihnen geleisteten Arbeit. Ich neh­ genieurmässiger Abwägung der Mög• chen harten Auseinandersetzungen um me das Urteil vorweg und unterstreiche lichkeiten und Risiken - klar, dass eine die Lösung der vielen Einzelfragen rin­ es: Sowohl die ationalstrasse sei bst als Reparatur wohl schwierig und an­ gen. Die zu lösende Aufgabe war nicht auch ihre Bauwerke haben diese Probe spruchsvoll, aber möglich und vorteil­ nur erstmalig, sondern auch vielseitig. mit Auszeichnung bestanden. Lediglich haft ist. Der Schaden an diesem Bau­ Das Werk ist gelungen und im In- wie eine hohe Schüttböschung und ein ein­ werk hatte eine offensichtliche Ursa­ im Ausland stark beachtet worden. ziger Brückenpfeiler wurden ernsthaft che, war lokalisierbar und es blieb der­ in Mitleidenschaft gezogen. Alle ande­ art viel gute Bausubstanz, dass es direkt Der mit der Rekonstruktion des Bau­ ren Teile dieses Bauwerkes sind unbe­ unverantwortbar gewesen wäre, hier werkes erzielte Zeitgewinn von wahr­ schädigt geblieben. Daneben wurden der «Wegwerfmode» zu frönen. scheinlich mehr als einem Jahr hat sich jedoch weit über hundert Jahre alte für alle Verkehrsteilnehmer und An­ Bauwerke und Geländeformationen, Wichtige Voraussetzung war jedoch wohner der Gotthard-Autobahn ge­ die während über tausend Jahren Be­ vorerst eine gründliche und zuverlässi• lohnt. Es liegt mir deshalb sehr daran, stand hatten, kurzerhand weggespült. ge Ermittlung des Zustandes und der dass die spezielle Leistung aller Betei­ Einsatz bestqualifizierter Fachleute mit ligten bekanntgemacht wird und die Er­ Aus dieser positiven Optik heraus grosser Erfahrung und Kapazität. Der fahrungen ausgewertet werden können. konnte man denn auch im August 1987 Bundesrat hatte beschlossen, die Behe­ Allen Beteiligten spreche ich daher trotz der vielen überwältigenden Ein­ bung der Unwetterschäden zu hundert auch an dieser Stelle mein Kompliment drücke den Schaden der Reussbrücke Prozent zu übernehmen; die Oberlei­ und meinen besten Dank aus. Ich bin in Wassen kühl und sachlich einschät• tung lag damit beim Bund. Als Exper­ überzeugt, dass die Reussbrücke Was­ zen. Vom aussenstehenden Betrachter ten haben wir Professor Menn ver­ sen ihren ursprünglichen, hervorra­ in Bern, der nicht mit den Sorgen und pflichten können, und wir entschlossen gend guten Zustand wieder vollumfäng• Mühen der direkt Betroffenen konfron­ uns, die Firma Zschokke als hochquali­ lich erreicht hat. Aus der Sicht des Bun­ tiert war, liess sich die ganze Angele­ fizierte Unternehmung direkt, ohne des bin ich stolz darauf, dass eine solch genheit wohl auch etwas ruhiger und Submissionsverfahren, mit der Durch­ schwierige Aufgabe in dem sonst so umsichtiger beurteilen. An einem gu­ führung und Koordination der Arbei­ komplexen Ablaufmuster unserer heu­ ten, technisch durchdachten und fach­ ten zu beauftragen. Herr M. Donzel, tigen Arbeitsweise derart erfolgreich kundig erstellten modernen Bauwerk Chef der Sektion Brücken, vertrat un­ gelöst werden konnte. war ein Schaden entstanden; an einem ser Amt: Herr H. Huber, Brückeninge• Bauwerk, dessen Pläne vorhanden sind nieur, leitete als Vertreter des Bauamtes und dessen Schöpfer, Professor Dr. Uri die Arbeiten an Ort und Stelle. Als KurtSuter Christian Menn, als hervorragender Berater standen ihm zur Seite: Herr Dr. Direktor ASB, Bern

3 Reusshochwasser Das Unwetterhochwasser vom 24./25. August 1987 im Kanton Uri

Im August 1987 waren die "Niederschlä• te genutztes Kulturland für immer. Tn Die erste Phase der Hilfeleistungen um­ ge intensiv und die Wa.>serspeicherfä• trat die Reuss kurz nach Mit­ fasste die Aufräumarbeilen und provi­ higkcit des Bodens war erschöpft. Dies- ternacht über die Ufer. ln sorische Massnahmen, um zumindest und Seedorf entstanden drei Damm­ den gleichen Schutz wie vor dem Ereig­ VON ANTON STADEJ MANN, brüche, so dass grossc Teile der Reuss­ nis zu erreichen. Dafür wurden inzwi­ ALTDORF ebene überflutet wurden. Die Telefon-, schen 55 Mio Franken investiert. Strassen- und Bahnverbindungen wa­ Zur zweiten Phase gehören Massnah­ ren vollständig unterbrochen. mal fiel kein Schnee in den Hochlagen, men für einen verbesserten Hochwas­ der den Abfluss hätte verzögern kön• Glücklicherweise waren keine Men­ serschutz. Es ist ein «Gesamtkonzept nen. Dafür waren die Temperaturen im schenleben zu beklagen. Darum spricht Reuss» zu erstellen. Die eingeleiteten August zu hoch. Die zusätzlichen kur­ man im Kanton Uri nicht von einer Ka­ Untersuchungen, die Modellversuche zen, aber sehr heftigen Niederschläge tastrophe, sondern vom Hochwasser 87. und das Gesamtkonzept bilden die in der Nacht auf den 25. August im Der Schweizerische Sachversicherungs­ Grundlage für die Projcktierung der Gotthard- und Furkagebiet venvandel­ verband schätzt die Schäden auf ca. 500 Massnahmcn. Im Gegensatz zur Phase tcn auch die kleinsten Rinnsale zu reis­ Mio Franken. Bereits 1977 wurde der 1 sind alle Vorhaben dem ordentlichen senden Bächen. Witcnwassercn-, Gott­ Kanton Uri von einem schweren Un­ Baubewilligungsverfahren zu unterstel­ hard- und Unteralpreuss überfluteten wetter heimgesucht. Hauptschadenge­ len. grossflächig das ganze Hochtal Urse­ biete waren damals das Schächcntal Ein weiteres Hochwasserschutzpro­ rcn. Das FO-Bahntrassee und die Kan­ und die untere Reussebene. Der dama­ gramm ist vorzulegen; darin sind die tonsstrasse waren den reissendcn Flu­ lige Schaden wurde mit 100 Mio Fran­ neuesten Erkenntnisse zu berücksichti• ten ausgesetzt. Die Wasser- und Ge­ ken beziffert. Als politische Reaktion gen. Gesamthaft muss die Sicherheit er­ sch ie bemassen \varen durchsetzt mit wurde die Wasserbaupflicht dem Kan­ höht und dabei auf die Natur Rücksicht tonncnschwcren Steinblöcken. Rich­ ton übertragen. Gleichzeitig wurde ein genommen werden. Dem naturnahen tungsänderungen des Flusslaufes hat­ Zehnjahresprogramm mit 100 Mio Wasserbau wird grosse Beachtung ge­ ten Erosionen zur Folge. Fundationen Franken Investitionen verabschiedet. schenkt. Kunstbauten sind auf ein abso­ von Strassen, Bahnen, Häusern und Trotz Bundeshilfe war das ein grosser lutes Minimum zu beschränken. Dem­ Brücken \vurden unterspült und wegge­ Brocken für die 34 000 Einwohner. Als gegenüber ist den passiven Massnah­ rissen. Das Verschwinden der 350 Jahre Baudirektor begleitete alt Landam­ men vermehrt Rechnung zu tragen, in­ alten Häderlisbrückc in der Schöllenen, mann Josef Brücker dieses Programm. dem durch raumplanerische Massnah­ die teilweise schwer beschädigte Nord­ Er konnte während seiner Amtszeit men, «für den Bedarfsfall» gewisse Flä• rampe zum Gotthardtunnel der N2 in noch feststellen, dass die neuen Rück• chen als Überflulungsgebiete erhalten Göschenen, die unterspülte Wassner­ haltebecken und Bachverbauungcn werden. ihre Funktion erfülllen. Das Hochwas­ Reussbrücke der N2, das an zwei Stel­ Auch an dieser Stelle darf der Dank des len weggesch\vemmte Bahntrassee der serschutzprogramm 77 wurde durch das Ereignis 87 nicht unterbrochen, Urner Regierungsrates nicht fehlen. SBB und die an fünf Stellen total zer­ Der Einsatz und die Hilfeleistungen aus störte Kantonsstrasse (siehe Bild 1), das Am 25. August 1987 konnte das Scha­ allen Kreisen und Gegenden hat die Be­ sind nur einige Beispiele für die Wir­ denbild zunächst nicht erfasst werden. troffenen in ihrer Zuversicht unter­ kung des Hochwassers. Aber auch zum Mit dem oberen Reusstal und dem Ur­ stützt und den Willen zum Wiederauf­ Beispiel die stark in Mitleidenschaft ge­ serenlal war jede Verbindung abgebro­ bau gestärkt. zogene Gemeinde Gurtncllen (siehe chen. Folgende Prioritäten wurden ge­ Bild 2), wo ein Wohnhaus zerstört und setzt: Leben retten, Kontakte mit dem das Pfarrhaus und Teile des Friedhofes Oberland herstellen, Dammbrüche von den Fluten mitgerissen wurden, schlicsscn, Verkehrsverbindungen pro­ zeugen von der ungeheuren Gewalt der visorisch wiederherstellen, Kadaver be­ entfesselten Natur. ln mehreren Ge­ seitigen und, soweit möglich, die Auf­ Anton Stadelmann, Regierungsrat meinden verschwand über Jahrhunder- räumarbeiten in Angriff nehmen, Baudirektor des Kantons Uri

4 . .. . „_ ...„ :~ --~ :r ·~t:r~,.,. · ~ „ -.~; ,·:·~1'"' : :;: : - .... r ?;./~!;,lt·' • -=-~ .. Bild 7. Zerstörte Gotthardstrasse im Bereich der Meienreussbrbcke in Wassen (Foto Bauamt Uri)

Bild 2. , Aufnahme vom 28. August 7987 (Foto Bauamt Uri}

5 Bewältigung der Hochwasser­ In Gösc;henen sLand der Bahnhof unter Wasser. Die Strasse in die Göschene• ralp war auf einem längeren Abschnitt schäden an den Strassen und total zerstört. Das gleiche gilt für die Gotthardstrasst: nach Wassi.::n. Dit: Tal­ Gewässern im Kanton Uri spur der Nationalstrasse musste aus Sicherheitsgründen gesperrt werden; Der vorliegende Bericht gibt nur einen kleinen Teil aus dem Geschehen die Bergspur stand offen. rund um das Hochwasser vom 24./25. August 1987 wieder. Er befasst sich nur mit den Wiederherstellungsarbeiten an den Gewässern und Tn Wassen wurden die Trassees der Strassen, für die der Kanton selber verantwortlich war. Die unterspülte Bahn und der Kantonsstrassc weggeris­ und abgesenkte Nationalstrassenbrücke in Wassen war nur eine von sen. Die Talspur der N2-Rcussbrückc vielen Massnahmen, die nach dem Hochwasser eingeleitet werden war abgesackt, und es bestand akute mussten. Es kann nicht Aufgabe dieses Artikels sein, das Geschehen Einsturzgefahr. Der interne Verkehr jener turbulenten Tage ausführlich und vollständig zu beschreiben; wurde überwacht im «Ein zelsprung» da:tu sei auf den Schlussbericht des Kantonalen Führungsstabes Uri über die Bergspurbrücke gelotst. (KAFUR) verwiesen, der im Herbst 1989 erscheinen wird. Anhand von In Gurrnellen zerstörte die Reuss die wenigen Beispielen soll aufgezeigt werden, wie der grossen Herausfor· Bahn und die Kantonsstra.~se. Die derung des spontanen Unwettereinsatzes begegnet wurde und wie der Strasscnvcrhindung zum Gurtncllcr­ Kanton Url gedenkt, mittelfristig den Hochwasserschut:t an der Reuss in berg wurde ebenfalls umerbrochen. l n den Griff z:u bekommen. wurden die Bristen- und die Gotthardstrasse von Murgängen ver­ Das Ortsbild entlang der Reuss in Gurt­ schüttet. Schadenlage am 25. August 1987 nellen-Wiler wurde total verändert. Die N2 zwischen Amsreg und ­ Zwei Häuser, verschiedene Nebenge­ Die fo lgende Aufzählung gibt nur Tunnel wurde an folgenden Stellen un­ bäude und ein Teil des Friedhofes wur­ terbrochen: Erstfeld (Taubachtunnd), einen Ausschnitt aus den umfassenden den weggerissen. Schäden. Altdorf (Dammbruch) und Seedorf ln Amsteg kam es zu partiellen Über• (Überspülung des Autobahndammes). Schäden an den Gewässern schwemmungen und zu grossen Mate­ Die N4-Unterführung in Flüclen, die rialablagerungen (Gefällswechsel). Axcnstrassc und der Bahnhof Flüclcn Die Rcuss überflutete grossJlächig die lagen unter Wasser. Die Ortsvi.::rbin­ Talebcne von Ursern. ln suchte In Ers~feld wurden die Hochwasser­ dung Altdorf-Seedorf-Bauen wurde an die Reuss eLwa auf einer Länge von schutz-Dämme überflutet und teilweise zerstört. Weite Teile des Dorfes wurden zwei Orten gesperrt. Der untere Kan­ unter Wasser gesetzt. tonstei l konnte nur noch über den VON PEfER PÜNTENER, Klausen erreicht werden. ALTDORF Tn Attinghausen barst der Reussdamm, und es bildete si<.:h ein grosser Sec rnit 750 m ein neues Bett. Viel Material la­ Wassertiden bis :w 4 m. Riesige Mate­ gerLe sich ab (allein bei der Mündung rialablagerungen bis zu 2 m Höhe wa­ Organisation der 3 der Witenwasserreuss l 00 000 m ). Das ren die Folge davon. Sofortmassnahmen Dorf wurde teilweise überschwemmt In Altdo1jverursachte ein Dammbruch und ühcrmurt. weitflächige Überschwemmungen. Die Behebung der Schäden des Hoch­ In wurdt:n mehrere Brük• wassers 1987, für die der Kanton zu­ ln Seedv1:f brach oberhalb dt:r Natio­ ken- und Ufermauern zerstörL oder ständig ist, geschieht in :z.wei Phasen. nalstrasse der Damm, und die Reuss Die Phase 1 umfasst. die Sofortmassnah­ schwer beschädigt. Der Bahnhof und füllte den tiefer gelegenen Talboden das Zeughaus wurden übermurt. men. Sie werden gegliedert in den mit Wa.~.~cr und Sand auf. unmittelbaren Ka taslrophcn-Einsatz Andennart wurde von der Reuss und In Flüelen setzte die Reuss den ganzen (Phase la) im Rahmen des KAFUR, der Unteralpreuss unter Wasser gesetzt. Dorfkern unter Wasser. d.h. während den ersten drei Wochen Daneben verursachten auch die Seiten­ nach dem Ereignis und in die weiteren bäche Schäden. Sofortmassnahmen (Phase l b). In Göschenen überflutete die Rcuss den Schäden an den Verkehrsanlagen Ziel der Phase 1 war es - geordnet nach Bahnhof, zerstörte mehrere Brücken Die Furka- Oberalp-Bahn wurde zwi­ Priorilätt:n - die Verkehrsverbindun­ und militärische Bauten und beschädig• schen Realp und Andermarr auf weiten gen definitiv oder provisorisch wieder te die hohen Schüttungen der Bahn und Stri.::cken stark beschädigt oder total zer­ herzustellen. Dieses Ziel wurde Anfang der Nationalstrasse (Materialabtrag störl. Auch die Furka- und die Gott­ Februar 1988 mit der Fertigstellung der mindeslens 250 000 m 1). Die flachen hardstrasse waren übermurt. Die Fur­ provisorischen Kantonsstrasse zwi­ Gebiete der Gös<.:heneralp wurden kastrasse war an zwei Orten total zi.::r­ schen dem Pfaffensprung und Wassen grossflächig ü ber.sart. stört. Der Verkehr auf Schiene und erreicht. Weit.er galr es, eine etwa gleich In Wassen. führte das Hochwasser zu Strassen war gänzlich unterbrochen. grosse Hochwasser-Sicherheit wieder starken Ufererosionen. Das Ausgleichs­ ln der Sc;höllenen war die Strasse an herzustellen, wie sie vor dem Hochwas­ becken Pfaffensprung des Kraftwerkes verschiedenen Orten verschüttt:t und ser bt:standen hatte. Dieses Ziel wurde Amsteg (SRR) erfüllte die Funktion zum Teil weggerissen. Die FO war auf im wesentlichen Mitte 1988 erreicht. eines Geschiebesamm lers und wurde weiten Strecken nachhaltig unterbro­ Gewisse kleinere Massnahmen dauern beinahe aufgefüllt. chen (eingedrückte Galerien). allerdings bis heute an.

6 Die Massnahmen der ersten Tage, Wo­ chen und Monate wurden meistens un­ ter Notrecht im Schnellverfahren abge­ wickelt. Es galten nicht die üblichen 1 Projektieruugsschritte, es gab weder Techn. Büro Sektion 4 Stab 1 1 Leitung Plangenehmigungs- noch Submissions­ 1 1 Administration verfahren. Dagegen laufen die Mass­ Telefon, Funk nahmen der Phase 2 wieder nach den 1 RechnungsNesen 1 Personal üblichen Rechts- und Verwaltungsvor­ Maschinen + Plat.-Dispos i tion schriften ab. Einsatzleiter Schadenplätze Ziel der Phase 2 ist es, die provisori­ 1 Urserntal 8 Erstfeld H AG Schäden Gewässer schen Bauwerke -wo nötig - in definiti­ 2 Göschenen 9 Altdorf ve umzuwandeln und die Hochwasser­ 3/4 }latt i ngen - Nassen 10 Attinghausen H AG Verkehr Sicherheit durch Instandstellungs- und 5 Gurtnellen 11 Seedorf AG Schäden Kt.-Strassen Folgeprojekte überall dort zu erhöhen, 6 lntschi 12 Flüelen H 1 wo es angezeigt ist. 7 Amsteg y Steinbruch Güet li 1 Das Bauamt Uri war während den er­ sten drei Wochen nach dem Ereignis in Bild 1. Organigramm Kant. Führungsstab Uri (KAFUR), Sektion 4 (Technik) vom 2.9.B7 die Sektion 4 (Technik) des KAFUR in­ tegriert, die unter der Leitung des Kan­ weitem Hilfspersonen gebildet wurde. gen Tagen wurde die Sektion 4 zu einer tonsingenieurs stand. Bis am Abend des Dabei gab es alle Varianten von mögli• Grossunternehmung von schätzungs• 25. August 1987 bestand dank dem Auf­ chen Mischungen, wie rein zivile Bau­ weise 1600 Personen, 200 Maschinen klärungsmittel Helikopter - alle ande­ unternehmungen, die sich aber aus An­ und 100 Lastwagen. Der Einsatz betraf ren Verbindungsmöglichkeiten inklusi­ gehörigen ganz verschiedener Firmen eine Schadenstrecke von 85 km Ge­ ve Telefon und Funk fielen aus - ein zusammensetzen konnten. Oberste Ma­ samtlänge. grober Überblick über das Ausmass der xime war nicht die Zugehörigkeit zu Bereits die Erfahrungen des Hochwas­ Schäden, der es erlaubte, Prioritäten zu einer Firma, sondern die Eignung eines sers 1977 zeigten, dass die Vermittlung setzen und eine geeignete Organisation Mannes oder einer Maschine. Daneben der Baumaschinen und der Lastwagen (siehe Bild 1) festzulegen. Es wurden gab es rein militärische «Bauunterneh­ zentral erfolgen muss, sonst läuft man zwölf Schadenplätze unter Leitung je mungen>>. Meistens war es eine bunte Gefahr, dass diverse Stellen von Kan­ eines Einsatzleiters definiert. Der ein­ Mischung aus beidem. Die «Baufüh• ton, Gemeinden und Militär (Einmie­ zelne Schadenplatz wurde als «Ad-hoc­ rung» besorgte je nach Eignung Mili­ ten ziviler Maschinen) sich bei den glei­ Bauunternehmung» organisiert, die tär, Kader von Bauunternehmungen, chen Unternehmern die gleichen Ma­ wahlweise aus Militär, Bauunterneh­ Mitarbeiter des Bauamtes oder Mitar­ schinen abspenstig machen, ungeeigne­ mungen, Ingenieurbüros, Experten und beiter von Ingenieurbüros. Innert weni- te Maschinen bereitgestellt oder ver- ,• . ~ „. •~ · f ~ „. • •• .. • fll! ~, : ..-•~ : . ~~ '.i_ . 1 • I ) r ~ „ 1 . ·- \ ~ '' „ l ,. ~·~„ . ·~· ' •

Bild 2. Dammbruch in Attinghausen, Aufnahme vom 25.B.B7 {Foto Photoramacolor AG)

7 meidbare Maschinentransporte ausge­ Samstag konnte das letzte Teilstück ge­ die Pont Kp 1125 ein, die von der Ls Kp führt werden. Auch gewisse Materia­ schlossen werden, und damit war die 1123 abgelöst wurde. Ab 1. Oktober lien, insbesondere Steinblöcke, wurden Voraussetzung geschaffen, um mit dem 1987 bis zur Bauvollendung Ende 1987 zentral verwaltet. In der Maschinen­ Aufräumen in Attinghausen zu begin­ wurden nur noch zivile Unternehmun­ und Materialdispositions-Zentrale - in nen. Anschliessend wurden die Dämme gen eingesetzt. Zur Spitzenzeit waren der es fast wie an einer Börse zu- und auf die Sollage gebracht. Am Samstag, 250 Mann (davon 220 Militärs) beschäf• herging - arbeiteten bis zu sechs Leute, den 5. September 1987, waren die Ar­ tigt. Die Maschinen liefen etwa 4800 zu Beginn fast rund um die Uhr. Aus beiten abgeschlossen. Gesamthaft wur­ Stunden lang, und die Lastwagen ver­ der ganzen Schweiz mussten geeignete den etwa 4500 Mannstunden (davon kehrten während 6400 Stunden. Ge­ Maschinen und Fahrzeuge und dazuge­ Militär etwa 2000), 480 Baumaschinen­ samthaft mussten etwa 110 000 Tonnen hörendes Bedienungspersonal einge­ stunden (Militär etwa 140) und 1400 Baumaterialien zugeführt werden. Als mietet werden. Lastwagenstunden benötigt. Die zu Kuriosum sei erwähnt, dass zum Trans­ Ohne Einsatz des Militärs hätte das transportierende Tonnage belief sich port der Baumstämme auch noch Pfer­ Ereignis nicht so schnell und so effi­ auf 24 000 Tonnen. de eingespannt wurden. zient in den Griff genommen werden In Gurtnellen hatte die Reuss die Ufer Zwischen dem Pfaffensprung und Was­ können. Die militärische Einsatzlei­ samt Ufermauern, Gebäuden, Strassen sen wurde die Gotthardstrasse im Be­ tung arbeitete eng mit den zivilen Stel­ und Vorgelände weggerissen. Hier galt reich der Meienreussbrücke vollständig len zusammen. Der Dienst im Urner­ es, die Verkehrsverbindungen wieder zerstört. Da die Kantonsstrasse in die­ land stellte an das Kader und die Mann­ herzustellen und rasch provisorische sem Bereich vorübergehend auf den schaften hohe psychische und physi­ Sicherungen zu erstellen, um bei weite­ Pannenstreifen der Bergspur der Natio­ sche Anforderungen. Am Beispiel des ren Hochwässern noch grössere Schä• nalstrasse verlegt werden konnte, Pont Bat 25, dem unter anderem die den zu verhüten. Der Einsatzleiter glaubte man vorerst, auf ein Provisori­ schwierigen Aufgaben der Schliessung Gurtnellen hatte gerade einen Tag Zeit, um verzichten zu können. Die sofort der Dammlücken in Attinghausen und um sich zu überlegen, wie die Aufgabe eingeleiteten technischen Abklärungen Altdorf und der Erstellung der proviso­ anzupacken sei. Auf einer Flusslänge zeigten aber, dass für die definitive rischen Ufersicherung in Gurtnellen von etwa 1,5 km waren Massnahmen zu Wiederherstellung etwa 4 Jahre benö• zufielen, sei das kurz dargestellt: Am treffen. Bis zu 15 m hohe, steile Uferab­ tigt werden. Der Regierungsrat gab des­ Montag, den 24. August 1987, rückte brüche säumten den Weg der Reuss. halb Ende Oktober 1987 dem Bauamt die Mannschaft zum Wiederholungs2 Die Zufahrtsmöglichkeiten zum Dorf Auftrag, ein Provisorium an die Hand kurs im Raume Solothurn ein und fass­ und zu den einzelnen Baustellen waren zu nehmen. Dazu musste die Reuss te ihr Material. Im Verlaufe des Diens­ schlecht. Grobe Blöcke, Baumaschinen oberhalb dem Pfaffensprung mit einer tags bekam die Truppe den Hinweis, und Lastwagen waren Mangelware. Da­ 36 m langen Brücke überspannt wer­ dass ein allfälliger Unwettereinsatz gegen standen ausreichend Truppen in den. Für die erneute Querung der möglich sei. Am Dienstagabend spät Aussicht. Der Einsatzleiter entschied Reuss konnte die vom Hochwasser ver­ traf eine Vorhut im Urnerland ein und sich für Krainerwände, die auf einem schonte Diedenbrücke - eine aus dem liess sich über die Schadenlage infor­ Blockteppich fundiert wurden (siehe Nationalstrassenbau stammende Bau­ mieren. Am Mittwoch dislozierte die Bild 3 und 4). Diese Bauweise reagiert zufahrt - benutzt werden. Anschlies­ Truppe über die teilweise noch stark be­ flexibel auf die Belastungen der Reuss send musste auf kurzer Strecke eine schädigten Strassen und bezog die und auf die zu erwartenden Setzungen Höhendifferenz von 12 m überwunden eilends zur Verfügung gestellten Unter­ der neu geschütteten Dämme. Ausser­ werden. Eine Schüttung hätte die Reuss künfte. Am Donnerstag wurden die Ar­ dem konnten gleichzeitig viele Leute zu stark eingeengt und kam deshalb beiten aufgenommen. eingesetzt werden. Am 27. August 1987 nicht in Frage. Eine behelfsmässige wurde mit den Bauarbeiten, eingeteilt Brückenkonstruktion - im Volksmund in 5 Baustellen, begonnen. Das Militär «Himmelsrank» genannt - erwies sich setzte, unterstützt von zivilen Kräften, als günstigste Lösung (siehe Bild 5). An- Beispiele einiger Sofortmassnahmen

Am 25. August 1987, etwa um 02.20 Uhr, brach in Attinghausen auf einer Länge von etwa 210 m der westliche Reussdamm und überflutete weite Ge­ biete. Weitere 170 m des Dammkörpers Kiessand 1 0/63 d=40 cm waren mittel bis stark beschädigt (siehe Bild 2). Am Donnerstag, den 27. August 1987, nahm die Pont Kp IIl/25 ver­ stärkt mit 9 zivilen Baumaschinen und bis zu 25 zivilen Lastwagen die Arbeit auf. Vorerst galt es, eine etwa 380 m lan­ ge Transportpiste zu den lädierten Entwässerun9srohr alle 20 m Dämmen im sumpfigen Gelände zu schütten. Am Freitag konnte mit dem Schliessen der Dämme begonnen wer­ Reuss den. In der reissenden Strömung wur­ '?."'.!'„~:o::..··?:•~.-:.:i:c:~· '.'."':

8 fang Februar 1988 konnte die Umfah­ rung für Fahrzeuge bis 5 t und am 9. Juni 1988 für Fahrzeuge bis 16 t frei­ gegeben werden. Anstelle vieler Beispiele von Sofort­ massnahmen soll nur noch ein Fall ge­ schildert werden, der illustriert, wie rasch Projekte «über die Bühne» gehen können, wenn Not herrscht. Das Hoch­ wasser ereignete sich bekanntlich in der Nacht vom Montag, den 24. August, auf Dienstag, den 25. August 1987. Am dar­ auffolgenden Freitag und Samstag wur­ den fünf Equipen ausgeschickt, um den Zustand der Reuss vom See bis Realp aufzunehmen und zu beurteilen. Am Sonntag wurden die Resultate ausge­ wertet. Am Montag, um 10.00 Uhr, wurde an einer Sitzung über das Ergeb­ nis der Schadenaufnahmen berichtet, und die Schäden wurden in Prioritäten .~ ~ eingestuft. Es zeigte sich, dass das inne­ Bild 4. Kirche Gurtnellen, im Vordergrund zerstörte Gotthardstrasse, Bau von re Gefüge des linken Reussdammes Krainerwänden (Foto Bauamt Uri) zwischen dem Palanggenbach und der Seedorferbrücke starken Schaden erlit­ ten hatte (Durchströmungen). Um Hochtouren. Die Massnahmen der abschnittsübergreifend ausgeführt wer­ 13.00 Uhr erhielt das zugezogene Inge­ Phase 2 wurden im November 1987 auf den muss. So gilt es, für die eigentliche nieurbüro den Auftrag, bis Dienstag, 230 Millionen Franken geschätzt. Projektierung Grundlagen zu ermitteln den 1. September 1987, 18.00 Uhr, ein Die Planungsarbeiten der Phase 2 ge­ und anderseits Leitlinien im Sinne Projekt auszuarbeiten! Die Projektbe­ hen auf drei Ebenen vor sich. Der Bund einer «unite de doctrine». aufzustellen. sprechung vom Dienstag ergab noch ergründet wissenschaftlich die Ursa­ Gewisse Massnahmen, z.B. Hochwas­ einige Änderungen, die über Nacht aus­ chen der Hochwässer des Jahres 1987 seralarm, orientieren sich nicht nach zuführen waren. Am Mittwoch, den und versucht, Lehren für die Zukunft den Abschnittsgrenzen und sind dem­ 2. September 1987, 09.00 Uhr, erfolgte abzuleiten. Das Bundesamt für Wasser­ zufolge ebenfalls übergreifend anzu­ die zweite Projektbesprechung im Bei­ wirtschaft koordiniert diese Arbeiten. packen. Auf der Ebene der Teilprojekte sein des Baudirektors. Um 10.30 Uhr Der Bundesrat hat dazu einen Kredit erfolgt dann die eigentliche Projektie­ wurde die Gemeinde Seedorf orientiert, von 2,5 Millionen Franken zur Verfü• rung mit den bekannten Projektie­ und nachfolgend erfolgten die Ver­ gung gestellt. rungsschritten. handlungen mit dem Grundeigentümer Im Kanton Uri unterscheiden wir zwi­ Wichtige Ergebnisse aus den drei Ebe­ (vorübergehend musste eine Hektare schen den übergeordneten Aufgaben nen fliessen in das sogenannte «Ge­ Land beansprucht werden, definitiv und den Teilprojekten. Zu den über• samtkonzept Reuss», das als Entschei­ 2 waren es 2300 m ). Um 21.00 Uhr des geordneten Aufgaben gehört alles, was dungsgrundlage den zuständigen Be- gleichen Tages genehmigte der Regie­ rungsrat das Projekt, und am Donners­ tag, den 3. September 1987, mittags, war der Trax auf der Baustelle! Auf einer Länge von 650 m wurde der Damm auf der Landseite um 3 m an der Krone verbreitert. Dazu musste die am Dammfuss verlaufende Strasse verlegt und eine grosse Meliorationsleitung ge­ schützt werden. Um das gleiche Vorha­ ben in «Friedenszeiten» auszuführen, hätte eine Vorbereitungszeit von einem Jahr sicher nicht ausgereicht. So schaff­ ten wir es in 3 Tagen!

Wiederherstellungs- und Folgeprojekte {Phase 2)

Die Sofortmassnahmen sind weitge­ hend abgeschlossen. Bis Ende 1988 wurden dafür 55 Millionen Franken ausgegeben. Einige Massnahmen wer­ den in die definitiven Lösungen inte­ griert werden können. Der «grosse Brocken» der Phase 2 steht uns aber noch bevor. Dazu läuft die Planung auf

9 schutz-Mehrjahresprogramm 1983/92 mit einem Kostenrahmen von 100 Mil­ 1. Ebene Nationales Progr amm Hochwasser lionen Franken. Dieses Programm ent­ (Bund) - ----~ hält schwergewichtig die Wildbäche im Ursachenanalyse unteren Kantonsteil. Aufhauend auf [ Beurteil::_+ __::sequ-en~en_ der inzwischen bewährten Organisa­ tion wurden für die Abwicklung der aus

2 . Ebene Uebergeordnete Auf gaben dem Hochwasser 1987 zusätzlich er­ (Uri) wachsenden Aufgaben folgende Gre­ mien geschaffen (Bild 7): - Grundlagen +-' Q. - Leitlinien für Projektierung 1----~I N Die Kommission Hochwasserschutz <="' - Massnahrnen übergeordnet 0 -'"' ist das politische Organ. Ihr gehören +-' E drei Mitglieder des Regierungsrates, ~"' Vertreter der Korporationen und Re­ 3. Ebene Teilproiekte (Reuss-Abschnitte) "'"' (Ori) gionen an. Sie berät den Regierungs­ - Grundlagen lokal rat in allen Fragen des Hochwasser­ - Varianten Schutzkonzepte schutzes und überwacht die Tätigkeit - Generelles Projekt der ihr unterstellten Organe. Sie ver­ - ev. Umweltverträglichkeitsbericht abschiedet zuhanden des Regierungs­ - Allg. Bauprojekt rates den anzustrebenden Sicher­ - Bauausführung heitsgrad, die Ausbaukonzepte, die Prioritäten, die Finanz- und Termin­ pläne, die generellen Projekte und Bild 6. Reusshochwasser 7987, Phase 2, Gesamtkonzept Reuss das Budget. - Die Technische Kommission ist eine Fachkommission. Ihr gehören vor­ wiegend - aber nicht ausschliesslich Regierungsrat - Mitarbeiter der Kantonalen Ver­ waltung an. In ihr sind die Fachrich­ [ Komnission HNS 1 tungen Wasserbau, Forst, Meliora­ tion, Landwirtschaft, Gewässer• Techn. Konmission HWS schutz, Fischerei, Raumplanung, Na­ tur- und Heimatschutz vertreten. Sie Fachstelle HWS PL Uebergeordnete "assnatunen begutachtet sämtliche generellen und allgemeinen Projekte in fachlicher und finanzieller Hinsicht. PL Ursern - Die Leitung HWS hat die· operative

1 PL Göschenen Führung des Hochwasserschutzes. Sie obliegt dem Kantonsingenieur. PL Nassen Der Leitung HWS unterstehen die

PL 6urtnellen Kontaktgruppe G' nel Ien Stabsteilen und die einzelnen Pro­ jektleitungen. PL Reuss See - Amsteg Hinsichtlich der Verfahrensschritte PL "eiental HWS - Progranm 83 - 92 kann heute noch nicht schlüssig gesagt SBB / Ptilitär werden, ob ein «Gesamtkonzept Stand : Dez. 198/J Reuss» Gegenstand eines eigentlichen Verfahrens sein wird, das am Schluss Bild 7. Organigramm Hochwasserschutz im Kanton Uri vom Volk zu genehmigen ist. Hier spielt die Frage eine wichtige Rolle, ob es bei den vorgesehenen Massnahmen hörden zu dienen hat (siehe Bild 6). In Das Hochwasser vom 31. Juli/l. August finanzrechtlich um freie oder gebunde­ diesem Konzept sind unter anderem die 1977 war Anlass, den Hochwasser­ ne Ausgaben geht. Sicher wird aber ein Schutzziele zu definieren und die zu schutz im Kanton Uri rechtlich, organi­ «Gesamtkonzept Reuss» die Hochwas­ schützenden Objekte und Flächen fest­ satorisch und finanziell grundsätzlich serschutz-Kommission und den Regie­ zulegen. Dies ist letztlich eine politi­ neu zu ordnen. Mit dem im Jahre 1980 rungsrat beschäftigen. Der Landrat, der sche Angelegenheit, denn es geht hier vom Volk genehmigten Wasserbauge­ in geeigneter Form darüber zu infor­ um die Frage des Restrisikos und der setz wurde der Wasserbau Sache des mieren ist, hat in jedem Fall die finan­ Schadenakzeptanz. Das Gesamtkon­ Kantons und der Gewässerunterhalt - ziellen Mittel zu genehmigen. zept enthält weiter ein abgestimmtes mit Ausnahme von Reuss und Schä• Massnahmenpaket mit klaren Prioritä• chen, die vom Kanton betreut werden - Adresse des Verfassers: Peter Püntener, dipl. ten und einem Finanz- und Terminpro­ Sache der Gemeinden. Im Jahre 1982 Ing. ETH/SIA, Kantonsingenieur Uri, Klau­ gramm. bewilligte das Volk das Hochwasser- senstrasse 2, 6460 Altdorf.

10 Hier sei bemerkt, dass der Bau der Die abgesenkte Reussbrücke Axenstrasse nicht gleichzeitig erfolgte, sondern aus politischen und finanziel­ Wassen len Gründen erst 1862-1865, also rund Einsturzgefahr, dramatischer Wettlauf mit der Zeit, den Einsturz 40 Jahre später. zu verhindern, Sicherungsnotmassnahmen Die zweite wesentliche Veränderung im Raume Wassen wurde durch den Bau Nachdem sich die Reuss und die Meien­ der Gotthardbahn 1870-1882 vollzo­ Einführung, Wassen damals, reuss seit der letzten Eiszeit vor unge­ gen. Die Brücken über die Meienreuss, vier Veränderungen in fähr 10 000 Jahren in die Grundmoräne der Kirchbergtunnel und die Kehrtun­ zwei Jahrhunderten eingegraben hatten, entstand das Bild nels sind die markantesten Bauwerke beim Zusammenfluss, wie es um die dieser Zeit. Die Gegend von Wassen im Kanton Zeit von 1850 von David Alois Schmid Der dritte grosse Eingriff in diese Land­ Uri, also der eigentliche Bereich des in seinem wunderschönen Stich festge­ schaft vom Felskopf Wassen stellt der Felskopfes von Wassen zwischen der halten wurde (Bild 1). Bau der Autobahn N2 1970-1975 dar. Die erste der 4 grossen Veränderungen Die Reuss wird mittels einer modernen, VON HERIBERT HUBER, ist bereits vollzogen, nämlich der Bau eher schlanken Vorspannbrücke über• ALTDORF der Gotthardfahrstrasse, bei der Carl quert. Vielerlei Bauwerke sind für die Reuss und der Meienreuss, wurde in Emanuel Müller wesentlich mitgewirkt Erfüllung aller Randbedingungen, wie den zwei Jahrhunderten von 1820 bis hatte. Der Bau erfolgte in den Jahren Kantonsstrasse und Lawinenzüge, er­ 1987 4mal verändert. 1820- 1830. forderlich.

Bildautor: Da vid A lois Schmid

11 Bild 2. Abgesenkte Reussbrücke Wassen am 25. August 7987 Bild 5. Reussbrücke Wassen, Aufreissen Bildautor: Schweizer //lustrierte des Oberbaus durch Absenken der Fun ­ dation Bildautor: R. Kalbermatten

Die vierte grosse Veränderung fand im gens um 08.30 Uhr per Helikopter in Reuss auf der linken Flussseite beim Unwetter 1987, in der Nacht vom 24. den Kanton Uri ein. Es war ein sonder­ Pfeiler 1 durch die Unterspülung des auf den 25. August, statt. Die Reuss barer Eindruck über dem Urnersee, die Sehachtfundamentes um ein sehr ho­ stürzte tanzend von einem Reussufer ersten Teilabschnitte des Urnerlandes hes Mass abgesenkt und im Überbau zum andern zu Tal und riss die Ufer in zu erkunden. Nach einer weiträumigen aufgerissen (Bilder 4, 5 und 6). der Grundmoräne einfach weg, indem ersten Rekognoszierung wurde der Be­ - Das Fundament des Widerlagers und sie sich pendelnd in die Flanken bohrte. reich Wassen im speziellen überflogen der Stützmauer Lehnenviadukt Kan­ Die Grundmoräne bei der Meienreuss­ und ein erster Augenschein genommen. tonsstrasse wurde untergraben und brücke wurde weggeschwemmt, die in einer Breite von 4 m freigelegt Von der Flussoberseite zeigte sich fol­ Meienreussbrücke beschädigt und die (Bild 7). gendes Bild: Reussbrücke abgesenkt (Bild 2). - Die Kantonsstrasse oberhalb und un­ - Das «Schluchenbrüggli» oberhalb terhalb der Meienreussbrücke wurde der Reussbrücke Wassen wurde auf auf grossen Strecken weggerissen. Die Situation am 25. August 1987 der linken Seite fast vollständig weg­ Die Meienreussbrücke wurde stark gerissen (Bild 3). beschädigt (Bilder 8 und 9). Am 25. August 1987 rückte der - Die Reussbrücke Wassen wurde - Die Sägerei Walker war unterspült Brückeningenieur aus dem EK 87 mor- durch die flankierend angreifende und drohte einzustürzen).

Bild 3. Schluchenbrüggli oberhalb der Reussbrücke Wassen Bild 8. Meienreussbrücke am 25.8. 7987 , Flussunterseite, ab­ Bildautor: R. Kalbermatten gebrochene Verbreiterung, aus dem Jahre 7949, bis über den Scheitel zerstörter Betonbogen Bildautor: R. Kalbermatten

12 Bild 4. Absenkung Reussbrücke und freigelegte Fundationen von Pfeiler I und Stütz• Bild 6. Abgesenkte Schachtfundation, mauer der Kantonsstrasse Bildautor: T.R. Schneider Pfeiler I von Norden und unterspülte Stützmauer/Widerlager Lehnenviadukt Kantonsstrasse Einsturzgefahr für die dem abgesenkten Pfeiler 1 und die Bildautor: T.R. Schneider, 1877119A Reussbrücke Wassen, Verkehr auf noch intakte Bergspur Romeo, in die der Bergspur Romeo Tiefe gestürzt. - Nachdem die Bahnlinie und die - Am dramatischsten war der Zustand Gotthardfahrstrasse an mehreren Überwachung der der Reussbrücke Wassen mit Wider­ Stellen unterbrochen waren, blieb als Zwillingsbrücken durch das lager und Stützmauer der Kantons­ einzige Nord-Süd-Verbindung nur Militär strasse. die Bergspur Romeo der Autobahn Diese drohten abzustürzen, stand N2 für eine eventuelle Benützung of­ Damit die Sicherung der Brücke als er­ doch die Grundmoräne unterhalb fen. ste Sofortmassnahme ins Auge gefasst der auskragenden Fundamente senk­ - Darauf setzte der Wettlauf mit der werden konnte, musste die Brücke recht. Zeit ein, die Zwillingsbrücken Was­ überwacht werden. Dies wurde mit Ein Absturz hätte den Pfeilerschacht sen vor dem Einsturz zu retten. einem Rekrutenzug aus der Aufklä• samt Pfeiler 1 weggeschlagen und den - Der Verkehr wurde für die dringend­ rungs-RS 111/261 eingerichtet. Ein Pfeiler der auf den ersten Blick noch sten Verbindungen in beschränktem Leutnant, 2 Unteroffiziere und 14 Re­ intakten Bergspur Romeo der Reuss­ Mass auf der Bergspur Romeo ab kruten übernahmen diese verantwor­ brücke mitgerissen. Dann wären bei­ Mittwoch, 26. August 1987, 10.00 tungsvolle Aufgabe mit viel Elan und de Brücken, die Talspur Lora mit Uhr, freigegeben. grossem Einsatz.

Bild 7. Untersicht des unterspülten und freigelegten Fundamentes der Stützmauer Bild 10. Pfeiler I und Reuss, Zurückdrän• und des Widerlagers des Lehnenviaduktes Kantonsstrasse gen der Reuss Bildautor: T.R. Schneider, 7818112, 1878119 Bildautor: T.R. Schneider, 1878111

13 Leitung von Ingenieur M. van den Berg eingerichtet. Tag und Nacht fuhren bald 21 schwere Lastwagen mit grossen Mulden für Steintransporte vom Steinbruch Güetli auf verschlungenen Wegen über die N2 und die Bergspur Romeo zur Baustelle Reussbrücke Wassen bei der Halle Mattli. 18 Stunden dauerte der extreme Einsatz pro Tag. Zuerst musste die Reuss vom Erosions­ rand zurückgedrängt werden. Dies er­ folgte durch die Erstellung einer Ram­ pe von der Halle Mattli zum Pfeiler 1. Danach wurden die Ufersicherung aus grossen Blöcken und Rampenschüttung mit Grubenmaterial erstellt und der Pfeiler 1 umfasst (Bild 10). Alle, die da unten arbeiteten, Chauffeu­ re, Baggerführer, Bauleiter und alle, die dort anwesend sein mussten, taten dies Bild 9. Meienreussbrücke und erodierte Kantonsstrasse unter Lebensgefahr. Bildautor: T.R. Schneider, 787816 Die Fundation des Pfeilers 1 war am 28 . August 1987 so eingefasst, dass ein Die Beobachtung erfolgte über Latten­ sen wurde der Entschluss, ein äusserst Wegschlagen beim Absturz der Stütz­ kreuze wie im Strassenbau. wagemutiger, gefasst, die Arbeiten für mauer schon erschwert worden wäre Der Auftrag lautete: die Sicherung der Talspur Lora und so­ (Bild 11). «Beobachten der Talspur Lora aus mit auch für die Bergspur Romeo auf­ zunehmen. Unter dem äussersten Einsatz aller sicherem Standort, bei Absenken Kräfte und durch die stets grossartige der Fahrbahn Lora Sperren der Unterstützung des Regierungsrates und Brückenköpfe Nord und Süd.» Dramatischer Wettlauf mit der des Kantonsingenieurs konnte am Die Aufgabe war nicht einfach zu lö• Zeit, den Brückeneinsturz zu Samstag, 29. August 1987, 24.00 Uhr, sen. Mit gut eingerichteten Verbindun­ verhindern der Stützkörper bis unter die Funda­ gen per Draht und Funk konnte diese mente von Widerlager und Stützmauer gemeistert werden. Nun begann ein dramatischer Wettlauf des Lehnenviaduktes Kantonsstrasse Der Zustand der Bergspur Romeo und mit der Zeit, einem Absturz der Kan­ erstellt werden. Am Sonntagmorgen die getroffenen Massnahmen zur Über• tonsstrasse mit Stützmauer und Wider­ um 02.00 Uhr war der letzte Beton­ wachung erlaubten eine beschränkte lager des Lehnenviaduktes zuvorzu­ pfropfen eingebracht. Die Brücken wa­ Benützung der Bergspur in erhöhter kommen. ren fürs erste gesichert (Bild 12). An dieser Stelle sei den Unternehmern R. Gefahr für den Lokalverkehr. Die Die Arbeiten mussten vorerst organi­ Brücken konnten jederzeit einstürzen. Kalbermatten, den Gebrüdern Mattli siert und koordiniert werden. Dazu und allen Mitarbeitern gedankt. Insbe­ Unter diesen schwierigsten Verhältnis- wurde ein örtliches Baubüro unter der sondere war 1. Kieliger als Baggerfüh• rer permanent extrem gefährdet. Seine Leistung sei hier gewürdigt, stellvertre­ tend für alle, die da unten arbeiten oder sich aufhalten mussten. Einen besonde­ ren Dank gilt hier auch Frau Josy Kal­ bermatten, die alle zu jeder Tages- und Nachtzeit mit Speis und Trank liebevoll umsorgte.

Weitere Sicherungsmassnahmen

Nachdem diese Sicherung der Stütz­ mauer und des Widerlagers inklusiv Pfeiler 1 erreicht werden konnte, unter­ nahm der Schreibende am 31. August 1987 eine erste Inspektion des Über• baus von innen im Hohlkasten. Ein un­ gewöhnlich bizarres Bild, so grosse Ris­ se, ja Spälte von 80 mm Breite zu sehen (Bild 14). Danach folgten die Detailinspektionen, die Sicherung des Überbaus in den Be­ Bild 17. Umschütten der Schachtfundation Pfeiler I und Aufbau des Stützkörpers für tongelenken durch die blaue Aufhänge• Stützmauer Bildautor: T.R. Schneider, 787817 3 konstruktion (s. Beitrag C. Menn).

14 1 Bild 74. Riss im Oberbau beim Pfeiler I Bildautor: A. von Glutz

Projektorganisation Rekonstruktion 1987 /1989 Oberaufsichtsbehörde: Bundesamt für Strassenbau ASB, 3003 Bern Bauherrschaft: Kanton Uri Projektleitung und Oberbauleitung: Bau­ amt Uri, Abt Kunstbauten, 6460 Altdorf E.r1 e rt e, Konzeption und Projekt: f ..f. Dr. C. Menn, Eidg. Techn. Hoch­ schul 8093 Zürich Geologe: Dr. T.R. Schneider, beratender Geologe, 8713 Uerikon und 6460 Altdorf Projektverfasser und Bauleitung: Bild 73 . Rechtes Ufer beim Widerlager Nord, und Pfeiler BIG Ernst Winkler + Partner AG, dipl. Bau­ ing. ETH/SIAiASIC, 8307 Effretikon Bildautor: T.R. Schneider, 7878125 und 6484 W assen Schon bald wurde auf Grund des Zu­ neralunternehmer beantragte, der alle Generalunternehmung für alle Belange: standes der Brücke der Entscheid zur Subunternehmer zu beauftragen und AG Conrad Zschokke, 8045 Zürich Rekonstruktion gefällt (s. Beitrag C. zu koordinieren hatte. Bis heute sind es Menn). über 50 Subunternehmer, die an der schrieben. An meiner Stelle aber sei Reussbrücke Wassen beteiligt waren. Weitere Sicherungsmassnahmen wur­ hier der allergrösste Dank für die allsei­ den auch rechts der Reuss beim Wider­ Ebenso musste für die ersten Baupha­ tig hervorragende Leistung und für den lager und den Pfeilern Bund G notwen­ sen inkl. Gerüst und Verschubeinrich­ heispielhaften Einsatz zur Rekonstruk- dig (Bild 13). tung das normale Submissionsverfah­ 1 i:1h ~ ies er Brücke ausgesprochen. Das ren ausgeklammert werden. ''.J rojektteam zeichnete sich durch eine Die Projektorganisation für die ausgesprochene Konsensfähigkeit aus. Rekonstruktion der Reussbrücke Die vom Regierungsrat Anfang '>r: j"l·· Es ist für mich ein unvergessliches Er­ tember 1987 genehmigte Projektorg<11Ü• lebnis, eine so grosse Herausforderung Die Rekonstruktion der Reussbrücke sation sieht wie folgt aus (s. Tab.): mit diesem Resultat mit allen Beteilig­ W assen stellt an alle Beteiligten höchste ten gemeinsam erfahren zu dürfen. Ich Die Unternehmer der wichtigsten Spar­ Anforderungen. Sie erfordert auch eine danke. spezielle Projektorganisation mit ten werden am Schluss, Beitrag E. Bräm, Ausführung, genannt. eigens dafür bereitgestellten Struktu­ Adresse des Verfassers : Heribert Huber, Bau­ ren. Im folgenden werden die Probleme und amt Uri, Abt. Kunstbauten, Projektleiter Das eher Seltene daran sei zu vermer­ deren Lösungen durch die an der Pro­ Rekonstruktion Reussbrücke Wassen, Klau­ ken, dass die Projektleitung einen Ge- jektierung und am Bau Beteiligten be- senstrasse 2, 6460 Altdorf.

15 und 32 m auf. Die Länge der zweispuri­ Reussbrücke Wassen - gen, 10 m breiten Talspurbrücke be­ trägt 232 m und ist in fünf Felder mit Schadenanalyse und Spannweiten von 40, 64, 48, 48 und 32 m unterteilt. Über der Reuss sind die Rekonstruktionskon.zept jeweils 64 m langen Hauptspannweiten der beiden Brücken der Schiefe bzw. Flussrichtung entsprechend versetzt angeordnet. Am nördlichen Brücken• länge ergab. Infolge einer markanten Projektbeschrieb ende befinden sich die Widerlager in Krümmung der Reuss weist der Kreu­ einem Damm, der zum Schutz der zungswinkel zwischen Strassenachse Im relativ engen Reusstal folgt die Na­ Brücke gegen die Krummlaui errichtet und Flussrichtung an dieser Stelle eine werden musste. Am südlichen Ende tionalstrasse N 2 in gestreckter Linien­ geringe Schiefe auf, so dass hier das führung dem Talverlauf. Unterhalb wird in sehr spitzem Winkel die Kan­ eigentliche Flussbett ohne besonderen tonsstrasse überquert, die vor dem Bau Aufwand stützenfrei überspannt wer­ der N 2-Brücke einige Meter talseits VON C. MENN, den konnte (Bild 1). z.T. auf eine kurze Hangbrücke verlegt ZÜRICH Die Reussbrücke Wassen besteht aus wurde. Das Widerlager der Bergspur­ von Wassen wechselt die Autobahn in zwei unterschiedlich langen, parallel brücke befindet sich unmittelbar hinter etwa 30 m Höhe über den Fluss von verlaufenden Spannbeton-Balkenbrük• der Kantonsstrasse; die Talspurbrücke, einer Talseite zur andern. Der Standort ken mit einzelligem Kastenquerschnitt. die in diesem Bereich nahezu parallel der Brücke wurde dort gewählt, wo sich Die dreispurige, 12 m breite Bergspur­ zur Kantonsstrasse verläuft, weist nach bei kleinen Richtungsänderungen der brücke ist 192 m lang und weist vier deren Überquerung noch ein zusätzli• Strasse eine möglichst kurze Brücken- Felder mit Spannweiten von 48, 64, 48 ches Feld auf.

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Bild 7. Situation (Bildautor: C. Menn)

16 Bild 3. Verformter Brückenträger (Bildautor: T.R. Schneider}

Die Pfeiler beidseits der Reuss wurden lenkt, wo er in die steile Uferböschung Von dieser Stelle schoss das Wasser mit ausserhalb des Flussbettes - nur wenig prallte und diese wegerodierte. Das voller Wucht in die Flusslaufkrüm• unter dem Talweg - auf freigelegten Sehachtfundament des Pfeilers J der mung unter der Brücke und riss auf groben Blöcken flach fundiert und Talspurbrücke wurde dadurch freige­ dem rechten Ufer im Bereich der Pfei­ durch ein etwa 6 m hohes Wuhr gegen legt und sackte infolge der Um- und ler den Uferschutz weg. Dadurch wur­ Hochwassereinwirkungen geschützt. teilweisen Unterspülung um etwa 1,2 m den die Flachfundamente dieser Pfeiler Die Fundation der Pfeiler im linksufri­ ab. Durch die stärkere und schneller freigelegt und überflutet. Da sich auf gen, relativ steilen Moränehang erfolg­ voranschreitende Erosion auf der Fluss­ diesen Fundamenten immer noch die te mit Schächten auf das bezüglich seite verschob sich das Fundament zu­ zur Lehrgerüstabstützung benützten Standsicherheit erforderliche Niveau. dem etwa 0,60 m quer zur Brücken­ Betonscheiben befanden, entstanden Die Sohle des beim Unwetter freigeleg­ achse. im reissenden Wasser gewaltige Turbu- ten Schachtes befand sich etwa 25 m vom Flussufer entfernt, etwa 1 m über dem Reuss-Talweg. Das Brückenprojekt ging 1967 aus einem Wettbewerb hervor. Die Ausfüh• rung der Brücke mit dem Lawinen­ schutzdamm, dem Uferschutz im Pfeilerbereich, der Verlegung der Kan­ tonsstrasse und dem Anschluss Wassen erfolgte in den Jahren 1970-1974 (Bild 2).

Unwetterschäden und Notsicherungen

Die Moräneterrasse von Wassen bildete sich am Ende der letzten Eiszeit beim Rückzug der Gletscher aus dem oberen Reusstal und dem Meiental. Beim Ero­ sionsvorgang nach dem Gletscherrück• zug wurden kleinere und mittlere Be­ Trägerstege - standteile des Moräneschuttes von der umgeklappt und Druckplatte Reuss abtransportiert, währenddem sich grobe Blöcke mehr und mehr im eigentlichen Flussbett ansammelten. Dadurch kam es zu einer natürlichen STEG LINKS Selbststabilisierung des Flussbettes. Das Hochwasser vom 24./25. August DRUCKPLATTE 1987 hatte deshalb auch nur eine ge­ ringfügige Tiefenerosion zur Folge, aber die Schlingerbewegungen des Flus­ STEG RECHTS ses verursachten in den ungeschützten Ufern eine intensive Flankenerosion. Ungefähr 200 m oberhalb der Brücke wurde der Fluss durch rechtsufrig an- stehenden Fels auf die linke Talseite ge- Bild 4. Rissbild beim Pfeiler K (Bildautor: H. Moretti)

17 len entweder durch Risse :::::,, 2 mm · (überdehnte Bewehrung) oder Betonab­ OK. Fahrbahn platzungen (Bruchstauchung) an (Bild 4).

Überdehnte Bewehrung ,}-0.0B5m im Träger: etwa 8 m südlich des Pfeilers K in der E " "- /we1c. her ""ver b und " Fahrbahnplatte 3 "' etwa 8 m südlich des Pfeilers H in der ir:"' p "" Fahrbahnplatte 1m -2.5%0 J im Pfeiler J: • an der Schmalseite des Pfeilerkopfes Konzentrierte Krümmung 1 = 0. 04 m-l r (Blickrichtung Gotthard) rechts E an der Schmalseite des Pfeilerfusses Druckzonenhöhe X = ~ = 0. 085 m (Blickrichtung Gotthard) links

Zusatzdehnung Spannstahl [IE 2. 5 Stauchungen p = - i.o im Träger: Betondruckkraft (pro m') über den klaffenden Rissen Seite Lu­ zern am rechtsseitigen Konsolkopf aus Vorspannung Ö - 2' 000 kN/m (ganze Plattenbre ite) 0 im Pfeiler J : aus· Zusatzdehnung ÄD - 1'600 kN/m (nur auf - 1/3 Plattenbreite) an der Schmalseite des Pfeilerkopfes links 5tot • Betonspannung ac = l . S·x = 55 N/rrrn ~ Prismenfestigkeit Infolge der Fundamentsenkung wurde der Träger-Auflagerdruck auf dem Pfei­ Bild 5. Konzentrierte Krümmung über dem rechtsseitigen Steg (Bildautor: C. Menn) ler J durch die Vergrösserung der Stütz• momente über den Nachbarpfeilern re­ duziert. Die zur Verformung des Trä• lenzen, die zu emer starken Kolkbil­ in einem äusserst kritischen Zustand gers erforderliche Querkraft ß V (bei dung führten, und die Fundamente befand. Besonders gefährdet war die den klaffenden Rissen) liess sich unter wurden - soweit sie nicht auf Blöcken Querkraftübertragung in den durch die Berücksichtigung einer durch Rissbil­ standen - unterspült. Zu einer Funda­ klaffenden Risse stark geschwächten dung auf etwa einen Drittel abgemin­ mentsetzung oder -verschiebung kam Trägerstegen. Zur Querkraftentlastung derten Biegesteifigkeit Eclc abschätzen: es hier jedoch nicht. wurden deshalb Stahlträger auf die Infolge der grossen Senkung des Pfei­ Fahrbahnplatte versetzt, an die der im steiferen Feld J-K: ß V= 900 kN im weicheren FeldJ-H: ßV= 700 kN lers J um etwa 1,2 m riss die untere Ka­ Brückenträger ausserhalb der Risse mit stenplatte des Trägers beidseits des Pfei­ unterzogenen Querträgern und vorge­ Im ursprünglichen Zustand war (etwa lers 40 bis 80 mm weit auf, und diese spannten Dywidagstangen aufgehängt 4 m seitlich des Pfeilers J) eine Quer­ Risse setzten sich in den Stegen bis zu werden konnte. kraft von je 2800 kN vorhanden. Nach den Spannkabeln etwa 40 cm unter der der Verformung ergaben sich somit fol­ Fahrbahnplatte fort. Über den Nach­ gende Querkräfte: Zustandsanalyse barstützen verursachte diese Absen­ V(J-K) ""' l :fv - ~ kN bzw. pro Steg 950 kN kung eine kräftige Zunahme der Stütz• V(J-H) ""'2 100 kN bzw. pro Steg 1050 kN momente, die auch hier Risse bis zu 3 Die Prüfung des etwa 17 Jahre alten Be­ mm Breite in der Fahrbahnplatte zur tons ergab eine relativ hohe mittlere Nach dem Pfeilerschnitt wurde ein Folge hatten. · Druckfestigkeit und einen eher tiefen Pressendruck von 5700 kN gemessen, mittleren Elastizitätsmodul. der sich aus den beiden wirksamen In den Tagen nach dem Unwetter ge­ Querkräften, dem Trägeransatz von lang es, die immer noch Hochwasser Druckfestigkeit (Bohrkerne h = 0) fcw,m = 65N1mm2 1300 kN und dem Pfeilergewicht von führende Reuss vom abgesackten 1050 kN zusammensetzte. Die Abschät• Pfeilerfundament wegzudrängen. Das Elastizitätsmodul (Spannungsstufe 0.5-lON/ mm2) Ec m = 35 oooN/ mm2 zung der Querkräfte war somit um etwa freigelegte Sehachtfundament war al­ 160 kN pro Steg zu hoch. lerdings immer noch stark gefährdet, Bruchstauchung Ecu:m = 3,5%0. da die 6 m höher fundierte Stützmauer Für die schlaffe Bewehrung wurde Tor Die unterschiedlichen Querkräfte v(J-K) 1 2 der Kantonsstrasse abzustürzen drohte. 50 (III b; f,y, o,2 = 520 N mm ) verwendet; und V(J-H) verursachten eine kleine Die erodierte Bresche von etwa die Vorspannung erfolgte mit BBRV­ Pfeilertischverdrehung; dies zeigte sich 15 000 m 3 wurde deshalb innert 30 Spannkabeln aus 55 Drähten 0 6 mm auch in der verschiedenen Breite der 1 Stunden in Tag- und Nachtschichten (Streckgrenze~ 1500N mm2). klaffenden Risse (etwa 40 mm im Feld aufgefüllt. Die ausserordentlich grosse Absenkung J-K und etwa 60 mm im Feld J-H), und Obwohl ein Abbruch der Brücke unver­ und Querverschiebung des Fundament­ infolge dieser Verdrehung konzentrier­ meidlich schien, verlangte der Direktor schachtes verursachte im Pfeiler J und te sich die Trägerkrümmung über den des Bundesamtes für Strassenbau, Ing. im Brückenträger so grosse Beanspru­ klaffenden Rissen im Feld J-H. K. Suter, eine sorgfältige Zustandsana­ chungen, dass unter Eigenlast an ver­ Aufgrund der wirksamen Querkräfte lyse und wenn möglich eine Rekon­ schiedenen Stellen der Tragwiderstand konnten nun die Stützmomente über struktion des schwer beschädigten Bau­ erreicht wurde. den Nachbarpfeilern ermittelt werden. werks (Bild 3). Abgesehen von den weit geöffneten Sie erreichten hier den plastischen Bie­ Nach der Fundamentsicherung zeigte Rissen im Träger beidseits des Pfeilers . gewiderstand nicht, aber im Abstand die erste generelle Überprüfung der J, wo die Bewehrung durchgerissen von etwa 8 m südlich des Pfeilers Kund Brücke, dass sich vor allem der Träger war, zeigten sich diese kritischen Stel- südlich des Pfeilers H (wo die Spannka-

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Pfeiler K

...... __ Schub aus Torsion ...... __ Schub aus Querkraft

---. Zug aus Biegung ® ==t> Druck aus Biegung Pfei ler J

Bild 6. Uberbeanspruchte Zonen (Bildautor: C. Menn) bel bereits unter der Träger-Schwerach• Aufgrund der Betonabplatzungen am wieder gegen die Mitte der Fundament­ se liegen) wurde die Fliessgrenze in der Konsolkopf wurde der Belag über den sohle verlagerte, so dass sich die Bean­ Längsbewehrung der Fahrbahnplatte Stegen bei den klaffenden Rissen ent­ spruchung am Pfeilerfuss stark redu­ überschritten, wie dies die Rissbreiten fernt. Dabei zeigte sich, dass der Beton zierte. von 2 bis 3 m zeigten. an diesen Stellen im Feld (J-K) und Die Überprüfung des Tragwerks mit Am Pfeilerkopf J wurde bei einer Riss­ über dem linken Steg im Feld (J-H) kei­ den ermittelten Schnittkräften zeigte, breite von 4 mm auf der einen und ge­ ne Schäden aufwies. Nur über dem dass auch der Druckplattenanschluss ringfügigen Betonabplatzungen auf der rechten Steg im Feld (J-H) waren Be­ nördlich des Pfeilers K beim rechten andern Schmalseite des Pfeilerquer­ tonabplatzungen bis auf eine Tiefe von Steg gefährdet war, da sich hier extrem schnitts das plastische Moment von etwa 30 mm erkennbar. Hier wurde die hoher Schub aus Biegedruckeinleitung etwa 11 200 kNm erreicht. Bruchstauchung, wie eine Nachrech­ und Torsion überlagerten. Die Druck­ nung aufgrund des gemessenen Krüm• Dieses Pfeilerkopfmoment wirkte als plattenstärke und die Querbewehrung mungsverlaufes zeigte, erreicht. Dem waren hier sehr knapp bemessen. Dank Drehmoment auf den Träger und wur­ Dehnungszustand entsprechend musste de bei den klaffenden Rissen durch der hohen Betondruckfestigkeit ent­ hier auch mit einer kleinen Überdeh• stand aber kein Schaden; der Biege­ Schubkräfte in den Stegen eingeleitet. nung des Spannstahls gerechnet wer­ Unter der Annahme, dass von diesem druck konnte fast vollständig von den den; sie war aber sicher nicht bedenk­ Stegen aufgenommen werden. Drehmoment etwa 55% auf das steifere lich, da sich die auf eine sehr kurze Feld J-K und 45% auf das weichere Länge konzentrierte grosse Dehnung Die Torsion wurde zum Teil durch Um­ Feld J-H übertragen wurden, resultier­ (wegen des nicht vollkommen starren lauftorsion und zum Teil durch ten (bei den klaffenden Rissen) Steg­ Verbundes über das Injektionsmate­ Flanschbiegung aufgenommen. Die Torsions-Schubkräfte von 11 SO kN rial) auf eine etwa doppelt so grosse Einleitung des Drehmomentes erzeugte (J-K) und 950 kN (J-H). Die Überlage• Spannstahllänge verteilen konnte erhebliche Querbiegung. Entsprechen­ rung von Torsion und Querkraft ergab (Bild S). de (allerdings kleine) Längsrisse bilde­ etwa folgende Stegschubkräfte; in ten sich an der Unterseite der Fahr­ Klammern genauere Werte aufgrund Am Fuss des Pfeilers J hatten sich auf bahnplatte beim Steganschluss. der späteren Messungen: der Querschnitt-Schmalseite (Blickrich­ Insgesamt wurden die folgenden, ex­ S(J-K) links 2100 kN (1885) tung Gotthard) links Risse mit einer trem hoch beanspruchten Stellen ermit­ rechts -200 kN (-31 S) Breite von 1 bis 2 mm gebildet. Hier telt (Bild 6): war die Überbeanspruchung während S(J-H) links 2000 kN (1800) des Absenkvorganges entstanden. Da l. Schubbeanspruchung in den links­ rechts 100 kN (- 10) die Sehachtsohle vor allem flusseitig seitigen Stegen über den klaffenden In den (Blickrichtung Gotthard) links­ (links) unterspült wurde, verlagerte Rissen (beidseits Pfeiler J) seitigen Stegen entstanden somit ex­ sich der Auflagerdruck an den rechts­ 2. Biegebeanspruchung des Trägers trem hohe, gefährliche Schubbeanspru­ seitigen Fundamentrand und erzeugte etwa 8 m südlich Pfeiler K und etwa chungen. Diese kritische Situation wur­ am Pfeilerfuss Momente, die etwa dem 8 m südlich Pfeiler H de bereits in den ersten Tagen nach dem plastischen Widerstand entsprachen. Es 3. Schubbeanspruchung des Druck­ Unwetter erkannt und mit einer Notsi­ durfte angenommen werden, dass sich plattenanschlusses nördlich des Pfeilers cherung entschärft. der Auflagerdruck nach dem Absenken Kund südlich des Pfeilers H

19 Pressen kraf1 1 6000 7000 8000 9000 10'000 11'000 P[kNJ

10. 7 9.6 20 6 .6 Riss verguss 26.5 ' a.1 31. 5 2.6 3 .6 7.6 Trägerverstärkung 20.5

zul. Pressenkraf1 bei der Schlusshebung

zul Pressenkraft 100 beim Hebevorgang

120

z [cm ] mi1tl. Niveau unter Soll- Lage

Bild 7. Hebe-Diagramm (Bildautor: C. Menn)

4. Druckbeanspruchung in der Fahr­ struktion getroffen werden. Es war al­ Stützen (für die Hauptpressen unter bahnplatte über dem klaffenden Riss lerdings damit zu rechnen, dass sich dem Querträger) und äussere Stützen im Feld J-H, vom rechtsseitigen Steg auch kleine Risse nicht mehr vollstän• (für die Pressen unter den Stegen aus­ bis zum rechtsseitigen Konsolkopf dig schliessen liessen und deshalb eine serhalb der Risse) sowie einen massi­ 5. Biegebeanspruchung am Kopf des kleine bleibende Verformung, die aber ven, genügend breiten Pressentisch auf­ Pfeilers J. keine ungünstigen Auswirkungen auf weisen, damit die Pressen beim Hebe­ das Tragverhalten haben würde, in vorgang (zur Zentrierung) den Träger• Kauf genommen werden musste. bewegungen entsprechend nach jedem Am gefährlichsten waren die hohen Be­ Hub geringfügig verschoben werden anspruchungen in l) und 4). Der kriti­ konnten. sche Zustand in 1) konnte zwar mit der D Hubpressen: Für das stufenweise Notsicherung entschärft werden, aber Rekonstruktionskonzept und Anheben des Trägers wurden auf dem die hohen Druckspannungen in 4) lies­ Ausführung sen sich nicht durch gezielte Massnah­ Pressentisch je 4 Pressen unter dem Querträger beidseits des Pfeilers und je men reduzieren; eine fortschreitende Die Rekonstruktion der Brücke erfolg­ Zerstörung des Betons hätte die vorhan­ 2 Pressen unter den Stegen ausserhalb te nach dem ursprünglichen, bereits we­ der Risse eingebaut. Von den insgesamt dene geringe Standsicherheit des Bau­ nige Tage nach dem Unwetter entwik­ werks noch weiter vermindert. Bei 16 Pressen waren jeweils 8 aktiv; über kelten Konzept. Im Verlauf der Bauar­ einem Bruch der Bewehrung in 5) hätte den unbelasteten Pressen konnten nach beiten wurde dann noch die Ausfüh• sich die Torsion im Träger vermindert, dem Hub die Stützringe eingesetzt wer­ rung einiger zusätzlicher Verstärkun• aber die Schubbeanspruchung in den den. Die Veränderung der Trägernei• gen beschlossen, um zweifelsfrei den extrem geschwächten rechtsseitigen gung wurde nach jedem Hub durch Qualitätsstand eines neuwertigen Bau­ Stegen entsprechend erhöht. Die hohen Keil-Stützringe ausgeglichen. werkes sicherzustellen. Biegebeanspruchungen in 2) waren we­ D Ausweiten der klaffenden Risse: niger gefährlich, da die Verformbarkeit Im folgenden werden die wichtigsten Eine Ausweitung der klaffenden Risse des Trägers noch Reserven aufwies. Ein Rekonstruktionsphasen kurz beschrie­ (in der Druckplatte und in den Stegen Versagen des Druckplattenanschlusses ben: bis unter die Spannkabel) war einerseits in 3) war ebenfalls nicht einsturzge­ D Pfahlfundation: Rund um das im Hinblick auf Verklemmungen der fährdend, hätte aber die Reparaturar­ Sehachtfundament J wurden 4 Bohr­ Rissufer beim Hebevorgang und an­ beiten erheblich erschwert. pfähle 0 1,20 m erstellt. Die Bohrung dererseits im Hinblick auf einen ein­ Da die extrem hohen Beanspruchungen erfolgte in grösserer Tiefe mit vorsichti­ wandfreien Verguss nach dem Hebe­ hauptsächlich durch aufgezwungene gem Meisseln (Fallhöhe 1 m) bis auf vorgang erforderlich. Verformungen erzeugt wurden, durfte den Fels (etwa 7 munter dem Flusstal­ D Pfeilerschnitt: Nach dem Andrük­ mit einer allmählichen Spannungsrela­ weg). Da blockige Schüttung und grobe ken der Hubpressen wurde der in der xation durch Betonkriechen gerechnet Moräne zu durchfahren war, musste Bankettaussparung durch Horizontal­ werden. Es war allerdings zu bedenken, der Baugrund vorgängig mit je 8 Jet­ pressen fixierte Pfeiler unter dem Ban­ dass die Eigenlast - insbesondere in 1) - Pfählen pro Bohrung ·1erfestigt werden. kett geschnitten und bis zum Abbau der von einer stark geschwächten Kontruk­ D Pfahlbankett: Das Pfahlbankett be­ Zwängungsmomente auf einem vorgän• tion abgetragen werden musste. steht aus einer 3 m dicken vorgespann­ gig eingebauten Gleitlager kraftge­ Die Zustandsanalyse zeigte, dass die ten Stahlbetonplatte. Die Länge des steuert zurückgeführt. Spannbewehrung nirgends wesentlich Bankettes ergab sich aus der Lage der D Hebevorgang: In der ersten Phase überdehnt oder gar gerissen war, und Unterstützung des Trägers ausserhalb wurde der Träger soweit zurückge• dass der Beton im Bereich der Spannbe­ (feldseits) der klaffenden Risse. Für dreht, bis die links- und rechtsseitigen wehrung keine schwerwiegenden Schä• den Pfeiler war im Bankett eine Aus­ Pressen den gleichen Druck aufwiesen. den aufwies. Technisch war somit eine sparung vorgesehen, die das Anheben In der zweiten Phase erfolgte das stu­ Rekonstruktion möglich, und da die und Rückführen des Pfeilers in seine fenweise Anheben des Trägers (mit Bauzeit hierfür wesentlich kürzer war ursprüngliche Lage ermöglichte. dem daran hängenden Pfeiler). Nach als ein Abbruch und Neubau, konnte D Stützgerüst: Das Stahlgerüst musste jeder Stufe mussten die Pressen zen­ der Entscheid im Sinne der Rekon- der Pressenlage entsprechend innere triert werden, um Exzentrizitäten in

20 den sukzessive eingebauten Stützringen zu vermeiden. Zur Stabilitätssicherung der Pressen-Stützring-Säule wurde der unterste Stützring (über dem Pressen­ kopf) mit einer regulierbaren Konsole am Brückenträger fixiert. Das Ende dieser Hebephase ergab sich aus der Pressenkraft bzw. den zulässi• gen Stützmomenten über den Nachbar­ pfeilern. Das vorgesehene Niveau, das dem theoretischen Verschluss der klaf­ fenden Risse entsprochen hätte, konnte nicht ganz erreicht werden. D Ausbetonieren der Risse und Träger• verstärkung: Nach dem Ausbetonieren der Risse wurden über dem Pfeiler J im Kasteninnern die Fahrbahn- und die Druckplatte sowie die Stege verstärkt. Fahrbahnplatten-Verstärkung einge­ baut. Die Verbindung der alten und neuen Querschnittselemente erfolgte mit einer kräftigen Verdübelung. Zur Qualitätsverbesserung wurde der Trä• ger auf der gesamten Länge mit vier Bild 8. Rekonstruierte Brücke (Bildautor: A. von Glutz} freiliegenden, in den Ecken des Hohl­ kastens angeordneten 2200-kN-Spann­ kabeln zentrisch vorgespannt. Diese Kabel wurden bei der eingebauten Ver­ stärkung gekoppelt und bei den End­ liessen, konnte das ursprüngliche Nive­ D Ausbetonieren der Aussparung im querträgern vorgespannt und veran­ au nicht mehr ganz erreicht werden Pfeilerbankett: Durch das Vergiessen kert. Zwei zusätzliche, im Verbund wir­ (Bild 7). der Aussparung wurde die endgültige kende 2200-kN-Spannkabel ergänzten D Injektion der verbleibenden Risse: Verbindung des Pfeilers mit dem Ban­ die zentrische Vorspannung im Verstär­ Nach dem Abschluss des Hebevorgan­ kett hergestellt. kungsbereich. ges wurden alle noch verbliebenen über D Abschlussarbeiten: Da die Brücken• D Schlusshebung: Mit der Schlusshe­ 0,2 mm breiten Risse sorgfältig ausinji­ abdichtung und der Belag ebenfalls bung sollte der nun wiederhergestellte ziert. stark beschädigt worden waren, muss Durchlaufträger in die ursprüngliche D Belastungsprobe: Die Belastungs­ das Abdichtungs-Belags-System ersetzt Lage gebracht werden. Mit der maxi­ probe erfolgte mit sechs kompakten werden. Vorgängig wurden auch die malen Hebekraft durften über den Vier-Achs-LKWs von 280 kN Gewicht, Brückenränder - Konsolköpfe und Di­ Nachbarpfeilern aber keine positiven jeweils in den Feldern J-K, H-J und latationsfuge - saniert. Momente bzw. Zugspannungen in der G-H. Die Trägerdurchbiegungen wa­ unteren Kastenplatte erzeugt werden. ren durchwegs etwa 10% kleiner als die Zu Beginn der anspruchsvollen Rekon­ Wegen der eingetretenen Kriechverfor­ Rechenwerte für den ungerissenen Zu­ struktionsarbeit wurde beschlossen, bei mung sowie der in einzelnen Bereichen stand aufgrund des gemessenen E-Mo­ der Detailprojektierung folgende Prio­ überdehnten Längsbewehrung in der duls. Dieser Unterschied dürfte auf die ritäten-Rangordnung zu beachten: Fahrbahnplatte und weil sich auch fei­ Mitwirkung der Bewehrung zurückzu• - Sicherheit ne Risse nicht vollständig schliessen führen sein. - Zeitaufwand

Bild 9. Reussbett vor dem Bau der Brücke (Blick talabwärts}

21 - Kosten schiftung ausgleichen, so dass auch ver­ eine Uferverbauung erstellt, die im Ver­ - Aussehen kehrstechnisch und visuell keine Beein­ gleich zum Hochwasser von 1987 für Überdies sollte das vorhandene Sicher­ trächtigungen verbleiben (Bild 8). eine doppelt so hohe Hochwasserspitze heitsniveau des Tragwerks in keiner bemessen ist; ein Ereignis, das eine Wiederkehrperiode von weit mehr als Phase des Bauablaufs temporär abge­ Schlussbemerkungen mindert werden. Vom Andrücken der 1000 Jahren aufweist. Das Bauwerk Pressen bis zum Abschluss der Hebear­ selbst hat demgegenüber eine Nut­ beiten erfolgte jede einzelne Operation Vor 10 000 Jahren war die Gegend von zungsdauer von kaum mehr als einem nach einem ausführlichen Drehbuch, W assen eine Moränelandschaft. Durch Zehntel, da in diesem Zeitraum mit das die Erwartungs- und Toleranzwerte Erosion entstand die heutige Talform. einer grundlegenden Änderung der enthielt. Diese Erosion erfolgte aber nicht konti­ Verkehrstechnik gerechnet werden nuierlich, sondern stufenweise, und muss. Es mag unverhältnismässig schei­ Der Pfeilerschnitt (Einbau der Lager, zwar insbesondere bei den grossen Jahr­ nen, Bauwerke gegen Einwirkungen zu Trennen der Zugbewehrung, Durch­ hundert-Hochwassern. Stiche aus der schützen, die mit grösster Wahrschein­ brennen der Druckzone) erfolgte vom ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts lichkeit während der gesamten Lebens­ 26.4. bis 29.4. Nach der Rückdrehung zeigen, dass sich der Reusslauf in den dauer nie auftreten. Wenn aber der Sy­ des Pfeilertisches begann die eigentli­ vergangenen hundertfünfzig Jahren stem-Nutzungswert so hoch ist wie bei che Hebearbeit am 15.5.1988. nicht mehr veränderte. Im Bild 9, das der Gotthard-Autobahn, ist dies durch­ Wie das Hebediagramm zeigt, wies der vor dem Bau der Brücke aufgenommen aus gerechtfertigt. Allerdings, ein etwa 17 Jahre alte Trägerbeton bei der worden ist, sind am linken Reussufer durchgehender Schutz der gesamten Reduktion des hohen Spannungszu­ (vermutlich) sogar noch Überreste des Strecke gegen Naturereignisse wie standes (über den Nachbarpfeilern alten Saumpfades aus dem 17. Jahrhun­ Hochwasser, Lawinen, Rüfennieder• 0c=25 NImm') ein beachtliches Rück• dert zu erkennen, d.h., dass es über gänge und Felsstürze über annähernd kriechvermögen auf. Nach jeder Hebe­ mehrere Generationen nie mehr zu geologische Zeitspannen ist nicht mög• stufe verminderte sich der Pressen­ einer massiven Flankenerosion kam. Es lich; ein Bergtal ist nicht stabil. druck in 1 bis 2 Tagen um etwa 3%. ist deshalb verständlich, dass diese Ge­ Die ursprüngliche Fahrbahnnivellette fahr von den mit den Verhältnissen im konnte nicht ganz erreicht werden. Die Reusstal sonst bestens vertrauten Inge­ bleibende Restverformung hat aber kei­ nieuren nicht erkannt werden konnte. nen Einfluss auf das Tragverhalten. Sie Heute wird nun mit einer Pfahlwand Adresse des Verfassers: Prof. Dr. C. Menn, lässt sich grösstenteils durch Belags- im Bereich der Reussbrücke Wassen ETH Zürich (Hönggerberg).

gerechte Lösung eine Unterfangung Geologie - Geotechnik mittels Schüttungen, durfte doch höch• N2-Reussbrücke Wassen stens für wenige Tage mit dem Anhal­ ten des kritischen Zustandes mit z.T. senkrechten Lockergesteinsböschun­ Aus den unmittelbar nach dem Hochwasser vom 24./25. August 1987 gen gerechnet werden. Die Schüttung vorliegenden Verhältnissen ergaben sich zwei geologisch-geotechni­ war unter grössten Anstengungen bis sche Fragestellungen, deren Beantwortung von vordringlicher Bedeu­ zum Ende der Hochwasserwoche einge­ tung war: bracht. Damit war die Gefahr des Ab­ - Welche Standfestigkeiten besitzen die unterspülten übersteilen gleitens der Kantonsstrasse und der Ge­ Böschungen (Widerlager Nord, Stützmauer und Lehnenviadukt der fährdung der Reussbrücke Wassen vor­ Kantonsstrasse )? erst einmal gebannt. Die Planung wei­ terer ergänzender Massnahmen konnte - Welche Fundationsmöglichkeiten bestehen für den freigespülten pfeiler J? auf eine spätere, ruhigere Phase vertagt werden. Zur Beantwortung der ersten Frage materialarme Material in der Regel Zur Beurteilung der Fundationsmög• mussten die bisherigen Bauerfahrun­ nicht. Die meist vorhandene Lage­ lichkeiten für den freigespülten, abge­ gen längs der N2 im Reusstal zugezogen rungsdichte führt jedoch zu einer sackten und ausgelenkten Pfeiler J lag scheinbaren Kohäsion, die in der Grös­ aus der Zeit der Projektierung der Brük• VON TONI SCHNEIDER, senordnung um c ~ 0,02 N/mm2 ange­ ke einzig eine geologische Oberflächen• UERIKON nommen werden darf. kartierung vor. Irgendwelche weitere Mit diesen Annahmen ergab sich, dass Informationen, so insbesondere Ergeb­ werden, stand doch keine Zeit für ent­ nisse von Sondierungen, fehlten. Aus sprechende Untersuchungen zur Verfü­ - im Bereich des sehr tief fundierten diesem Grunde wurden, unmittelbar gung. Nach diesen durfte für das vorlie­ Widerlagers Nord nach wie vor eine nachdem der Pfeiler J durch Schüttun• gende Moränenmaterial, den Runsen­ ausreichende Sicherheit vorhanden gen gesichert worden war, als erstes drei schutt und die künstlichen Schüttungen ist gekernte Sondierbohrungen abgetieft. von Lokalmaterial, die durchwegs aus - die unterspülte Stützmauer und der Sie sollten Aufschlüsse über die Funda­ sandigen Kiesen mit stark wechselnden Lehnenviadukt mit absoluter Priori­ tionsverhältnisse im Bereich der ge­ Anteilen an Steinen und Blöcken beste­ tät gesichert werden mussten. planten Unterfangung des Pfeilers lie­ hen, mit Reibungswinkeln um

22 OKF G-B J Jl 829.9 f7' J2 831.1 v n 030.1 J1

(Rom eo) . [OKFl ~~ 87"' ß)~ LEGENDE

@-© Be ze ichnung der W iderlager und Pfeiler 0 SOm

(%) Sondierbohrung

J ---- Geologische Querprofile. Bilder 2 - 5

~ K o te F elsober fläche m ü. M.

Bild 1. Situation der Sondierungen

0

Gotthard m ü. M.

850

·,,;:. :. ~: „ -1 + 1--+ j- + ~

' T + + + + + + + + + + + + j- + + + + + + + + + + + -f + + 'f- -! + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + -1 + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + + 800 0 SOm

Ve rlauf der Felsoberfläche aufgrund Nach dem Hochw asser ausgeführte Schüttungen ~ der Sondierungen

Vor dem Hochwas se r vorhandenes Lockergestein + + + (Moräne, Reussablagerungen. Runsenschutt und + + + Fels . Aa r e- Granit künstliche Schüttungen) + + +

Bild 2. Geologisches Profil durch die Talspur (Lora)

1). Dies im Hinblick auf die Planung 2). Die Bohrungen in der weiteren Um­ eines verbesserten Schutzes vor künfti• Felsoberfläche und gebung bestätigen, dass die Felsoberflä• gen extremen Hochwassern. In einer Felsuntergrund che ein ausgedehntes, flaches Becken dritten Phase wurden die Untergrund­ bildet. Dessen Sohle liegt sogar etwas verhältnisse im Bereich des Widerla­ Bereits die ersten Sondierungen bei der tiefer als die Oberkante des flussab­ gers Nord wie auch für die Sanierung N2-Reussbrücke zeigten, dass die Form wärts folgenden, markanten Felsriegels der Kantonsstrasse und die Reussver­ der Felsoberfläche sich nicht mit der beim Pfaffensprung (810-850 m ü.M.). bauung abgeklärt. Die Sondierungen Gestalt der stark gegliederten, gegen Form und Übertiefung sind typisch gla­ wurden ferner durch eine geologische die Reuss steil abfallenden Terrain­ ziale Erscheinungen. Sie entstanden Neukartierung ergänzt. Die Auswer­ oberfläche deckt. Wie aus den Auswer­ durch das Zusammenfliessen des Reuss­ tung erfolgte hauptsächlich in Form tungen der Bohrungen ersichtlich ist, tal- und des Meienreussgletschers wäh­ von geologischen Längs- und Querpro­ verläuft die Felsoberfläche im Unter­ rend der letzten Eiszeit. Das obere Bek­ filen (Bilder 2-6). grund der Brücke ziemlich flach (Bild kenende bildet ein weiterer Felsriegel.

23 SE NW LEGENDE

Bauwerk Talspur D Lora Lockergestein Pfeiler J m ü. M. ~ künstlicheSchüttungnachHochwasservom24./25.B.87 850

~ ~...'): fj künstliche Schüttung vor

~ MoräneundfluvioglazialeAblagerungen

~Alluvionen 840

Aare - Granit idem stark gneisig

Felsoberfläche (mutmassllcher Ve rl auf)

Te rr ainober flächen 830 vor Bau N2

vo r Hochwasser vom 24./25.8.87

nach Erosion durch Hochwasser vom 24./25.8.87 l Signaturen Lockergest,in gemäss SNV-Norm 6G0006 (Ausnahme Sill= fein punktiert) ~ Autlü\lungnachdem24./25. August1987 Fundamentsbeton ~ (ä~~ e~: mA~:; Cit ~n g~~~ - Ml~ ;:n; .or8h: ;: 5e;he ~t t~ ocker g es 1ein Aare-Granit ~Aare - Gran i t 1 Bild 3. Geologisches Querprofil J

Lockergestein, Talgeschichte N2 Talspur Be r gspur Lo r a Romeo Nach dem Rückzug der Gletscher vor Pfeiler D rund 9000-10 000 Jahren blieb hinter c:J dem Felsriegel beim Pfaffensprung ein 1 flaches Felsbecken zurück, das für eine

860 gewisse Zeit eventuell sogar von einem 1 See eingenommen wurde. Das Becken J3 wurde von drei Seiten mit Schutt ge­ füllt. Im Beckentiefsten lagerte die

850 Reuss zuerst sandige, dann sandig-kiesi­ ge Schichten ab. Die jüngsten Reussab­ lagerungen - wie sie in den frischen An­ schnitten durch das Hochwasser zu se­ hen sind - sind geröllreich und enthal­ ten grobe gerundete Blöcke, vorwie­ gend aus Aare-Granit. An der Ostflanke entstanden am Fusse 830 der von den Diederbergen hinunterzie­ henden Runsen grosse, hauptsächlich durch Lawinen und Murgänge genähr• Bild 4. Geologische Querprofil D te Schuttkegel. Aus Westen transpor­ tierte die Meienreuss ihren Schutt. Zu­ Er zieht von den ebenfalls glazial ge­ Während der letzten - der alpinen - dem lagerte ein erneuter Gletschervor­ formten Rundhöckern beim Dorf Was­ Gebirgsbildung wurde der Granitkör• stoss in den Raum von W assen auf der sen über das Südportal des Kirchberg­ per mechanisch beansprucht und ört• linken Talseite eine mächtige Moräne tunnels der SBB zur Reuss hinunter. lich deformiert (verschiefert). Zudem ab. Der auffallende Blockgürtel mit Dort ist oberhalb des alten, durch das rekristallisierte ein Teil des Mineralbe­ Granitblöcken von mehr als 100 m 3 Hochwasser ebenfalls beschädigten Bo-, standes bei der abschliessenden schwa­ zeugt von einem während längerer Zeit genbrückleins (300 m oberhalb der chen Metamorphose (postkinematische bei Wassen stehengebliebenen Glet­ N2-Brücke) auf Kote 845 m ü.M. in der Epimetamorphose). Aufgrund dieser scherende des Meienreussgletschers. Reuss ein nahezu durchgehendes Fels­ Entstehungsgeschichte ist der Aare­ Wo sich zu diesem Zeitpunkt der Reuss­ bett vorhanden. Granit ein heller, vorwiegend leicht talgletscher befand, ist nicht klar er­ Der Felsuntergrund besteht aus Aare­ gneisiger bis flaseriger, jedoch massiver sichtlich. Granit, einem Gestein, das sich im Granit, der lokal stärker verschiefert Nach Abschluss dieser Schuttzufuhr Reusstal von der Schöllenen bis nach ist. war ein sanft geformter Talgrund vor­ Gurtnellen erstreckt. Der Aare-Granit handen, der auf der Höhe von W assen intrudierte gegen Ende der vorletzten Der Aare-Granit ist ein hartes, ero­ auf 890-910 m ü.M„ bei Leggistein (herzynischen) Gebirgsbildung vor sions- und verwitterungsresistentes und nördlich der Einmündung der Meien­ rund 270 Millionen Jahren in das Alt­ somit geotechnisch im allgemeinen reuss auf 850-870 m ü.M. und oberhalb kristallin des heutigen Aar-Massivs. sehr günstiges Gestein. des Pfaffensprungs auf 820-830 m ü.M.

24 Pfeile r G P f ei [er B Pfeil e r H Pfei ler C SSE (Projek t ion) (Projek t ion) NNW SSE (Pr o j ektion) (Pr o jektio n) NW Ta ls pu r Bergspur m ü. M. Tatspur Bergspur m ü. M Lora Romeo H Lora Romeo G B40

BJO

82 0

Bild 5. Geologisches Querprofil H-C Bild 6. Geologisches Querpro fil G-B lag. Die N2 verläuft sowohl unter- wie Bei allen Lockergesteinstypen handelt oberhalb der Reussbrücke Wassen über es sich um sandige Kiese mit unter­ Fundation der übrigen Pleiler Überreste dieses alten Talbodens. schiedlichem Feinanteil, aber durch­ Sämtliche Pfeiler und die Widerlager Die Reuss begann sich in der Folge in wegs geringem Tongehalt. Sie sind geo­ der Reussbtücke Wassen sind im Lok­ den Granitriegel beim Pfaffensprung technisch durchwegs als günstig einzu­ kergestein fundiert. Dieses weist, wie einzuschneiden und schuf die bekann­ stufen. Bei keiner der Bohrungen wur­ erwähnt, geotechnisch günstige Eigen­ te, sehr enge Schlucht. Die Erosionsba­ den ungünstige Schichten wie Torf oder schaften auf, und zwar sowohl in Bezug sis sank dadurch von 810 m auf 778 m schlammige Seeablagerungen angetrof­ auf das Setzungsverhalte·n wie auch die ü.M. Im rückwärtigen Gebiet begann fen. Tragfähigkeit. Der Pfeiler D ist hoch in die Reuss den angehäuften Schutt wie­ der Moräne fundiert (Bild 4). Die Son­ der auszuräumen und formte östlich dierungen bei den beiden Pfeilerpaaren von Wassen die breite Schlucht, über Plahlfundationen .z:ur beidseits der Reuss ergaben, dass das die die Nationalstrassenbrücke führt. Unterfangung des abgesunkenen Lockergestein unterhalb der Funda­ Auf der Höhe der Brücke können die Pleilers J mentplatten aus Reussablagerungen be­ postglazialen Lockergesteins-Erosions­ steht. Es handelt sich um sandige Kiese beträge der Reuss anhand der alten Tal­ Die Sondierbohrungen zeigten, dass die mit Geröllen und reichlich Blöcken, böden auf 75 cm/100 Jahre geschätzt Felsoberfläche nur etwa 10-11 munter­ z.T. auch um kiesführende Sande. Beim werden. Die Meienreuss dagegen halb· des vorgesehenen Arbeitsplanu ms linksufrigen Pfeilerpaar H-C liegt der schnitt sich entlang einer stärker ver­ liegt und der Granit unmittelbar unter­ Fels im Mittel 2,7-3,3 munter den Fun­ schieferten und daher weniger wider­ halb der Felsoberfläche gesund und fest damenten (Bild 5). Beim Pfeilerpaar standsfähigen Zone des Aare-Granites ist. Aufgrund dieses Befundes ergab G-B, rechts der Reuss, befindet sich die in den Fels ein. Es entstand eine bis sich die Möglichkeit, die Pfähle und da­ etwas stärker geneigte Felsoberfläche 40 m tiefe, enge Felsschlucht. mit den Pfeiler J im Fels zu fundieren. 5,4 resp. 10,9 munter den Pfeilermitten Als allerjüngste Lockergesteinsschicht Alle vier Pfähle wurden mindestens (Bild 6). kommen die im Zuge des Nationalstras­ 50 cm tief in den gesunden Granit ein­ senbaues vorgenommenen Schüttun• gebunden. Die geologische Aufnahme gen hinzu. Sie veränderten die Land­ der Schächte im Fundationsbereich schaft z.T. deutlich (Lawinenleitdamm zeigte, dass in allen Fällen ein kompak­ Adresse des Verfassers : Dr. sc. nat. T.R. der Chrummlaui beim nördlichen ter, kaum geklüfteter Granit vorhan­ Schneider, Geologie - Geotechnik, Rütihof­ Brückenwiderlager). den ist. str. 53, 8713 Uerikon.

25 tionsschacht und die Geometrie des ab­ Proiektierung gesackten sowie verdrehten Überbaues Rekonstruktion der Reussbrücke Wassen durch den Geometer ermittelt werden. In einer späteren Phase wurde die Lage Die Rekonstruktion der Reussbrücke Wassen stellte bezüglich der Pro­ sämtlicher Pfeiler und Auflager über• jektierung nicht gerade alltägliche Randbedingungen. Einerseits ist der prüft, um die im Tragwerk vorhandene Zustand des Bauwerkes mit der am Anfang noch vorhandenen Einsturz­ Zwängung zu beurteilen. gefahr und den damit verbundenen Risiken und Unsicherheiten zu erwähnen. Anderseits war das Rekonstruktionskonzept in den Grund­ zügen bereits bei Projektierungsbeginn bekannt. Zustandskontrolle Überbau Zur Rekonstruktion der Reussbrücke «Betongelenke». Nach dem riskanten Erst nach Durchführung der erwähn­ W assen wurde mit Einbezug des Gene­ und teilweise bei Nacht erfolgten Ein­ ten Sicherungsmassnahmen konnte die ralunternehmens ein Projektteam ge- bau der ersten Sicherung wurde an Talspurbrücke mittels Untersichtsgerät einer Aufhängung ein leichter Knick (Typ MBS 200), welches auf der äusse• VON H. MORETII, festgestellt, der infolge nicht genau ho­ ren Seite der Bergspurbrücke aufge­ EFFRETIKON rizontaler Auflagerung und exzentri­ stellt war und mit 24 m Ausladung bei­ scher Anordnung der Hängestange de Brücken gleichzeitig bedienen konn­ bildet, das die Grundlagen für die not­ beim Einbau entstanden war. Aufgrund te, eingehend inspiziert und das gesam­ wendigen baulichen Massnahmen zu eingehender Abklärungen wurde ent­ te Schadenbild erfasst werden (Bild 3). erarbeiten hatte. Die Entscheide wur­ schieden, diese Aufhängung wegen zu Die im Herbst 1987 vorgenommene Zu­ den an den rund 30 Projektteam-Sit­ grossem Risiko wieder auszubauen. Zu standskontrolle umfasste insbesondere zungen jeweils einstimmig gefällt. diesem Zwecke musste die Autobahn die Erkennung der statischen Beein­ Die statischen Probleme und Detailbe­ drei Stunden gesperrt und die auf der trächtigung an der Talspurbrücke und arbeitung des in wesentlichen Punkten Brücke operierenden Monteure mittels eine generelle Zustandserfassung der bereits festliegenden Rekonstruktions­ eines an einem sicheren Ort plazierten Bergspurbrücke. Um einen möglichst konzeptes konnten bei den gegebenen Pneukranes mit 67 m Ausladung gesi­ umfassenden Überblick über den Zu­ Randbedingungen nur in intensiver chert werden. Bei der Plazierung der Si­ stand des Bauwerkes zu erhalten, wur­ Zusammenarbeit mit dem Experten cherung (untere Querträger) musste die den folgende Untersuchungen bzw. und zugleich Projektverfasser der Lage der später einzubauenden Hub­ Kontrollen durchgeführt: pressen berücksichtigt werden. Reussbrücke bewältigt werden. Sämtli• - Visuelle Kontrolle che Bauhilfsmassnahmen (Hebegerüst, Obwohl sich auch der Pfeiler J im - Messung der Betonüberdeckungen Hebeinstallationen usw.) wurden vom Bruchzustand befand, konnten mit ver­ mittels PROFOMETER Generalunternehmer oder dessen Un­ nünftigem Aufwand keine weiteren - Messung der Karbonatisierungstie­ terakkordanten projektiert und ausge­ Sicherungsmassnahmen realisiert wer­ fen führt. den. Das Bauwerk wurde jedoch inten­ - Betonfestigkeit mittels Betonprüf• Nachfolgend werden einige wesentliche siv überwacht. Bis zum Zeitpunkt des hammer Aspekte der unter grossem Zeitdruck Einbaues der Hubpressen (prov. Ab­ - Überprüfung des materialtechni­ durchgeführten, aber äusserst interes­ stützung) bestand noch eine latente schen Zustandes (EMPA) santen Detailprojektierung beschrie­ Einsturzgefahr (Bild 2). - Bestimmung der Chloridversalzung ben. (EMPA/LPM) - Rissaufnahmen Zustandserfassung - Geodätische Überprüfung / Nivelle- Sicherungsmassnahmen mente Geodätische Überwachung/ Fotodokumentation In einem ersten Baustelleneinsatz wur­ Aufnahmen Gemäss Absprache mit dem Bauherrn den mittels Pneukran und Hebebühne, Im Zuge der Bauwerksüberwachung wurde die sich noch im Versuchsstadi­ die auf die unterspülte Stützmauer im wurden vom kantonalen Geometer die um befindende Potentialfeldmessung Bereich des Pfeilers J abgestützt war, Einsenkungen des Brückenüberbaues (zerstörungsfreie Bestimmung der Kor­ am Überbau und am Pfeiler J die Lage der Talspurbrücke periodisch gemes­ rosionsaktivität im Armierungsstahl) der Hauptrisse und die Rissbreiten ge­ sen. Insbesondere wurde der kritische nicht eingesetzt. messen. Gleichzeitig wurden am Bereich beim Pfeiler J in relativ kurzen Visuelle Kontrolle/Rissaufnahmen Pfeilerkopf Glassiegel angebracht. Die Intervallen überprüft. Während der ge­ aufgrund der Verformungen und des samten Überwachungsperiode (Siche­ Die bei der Kontrolle festgestellten Rissbildes vorgenommene statische rung, Fundation Pfeiler J und Gerüst• Mängel sind nach Schadenart klassiert Beurteilung durch den Experten zeigte, aufbau) betrugen die zusätzlichen Ein­ und in der Fotodokumentation belegt. dass sich die Brücke in einem äusserst senkungen des Überbaues nur wenige Damit die Lage der Fehlstellen später kritischen Zustand befand. Als dring­ Millimeter. Im übrigen Brückenbe• rekonstruiert werden kann, sind die lichste Arbeit musste der durch die reich konnte eine geringe zusätzliche Beobachtungen in einem Plan darge­ klaffenden Risse gefährdete Überbau Deformation infolge Kriechens festge­ stellt. Aufgrund des kritischen Zustan­ gesichert werden. Dies erfolgte durch stellt werden. Als wesentliche Projek­ des der Talspurbrücke wurden auch Einbau von Stahlträgern und Aufhän• tierungsgrundlage musste die Lage des sämtliche Risse bezüglich Lage und gestangen im Bereich der entstandenen verschobenen Pfeilers J samt Funda- Rissbreite gemessen.

26 SITUATION REUSSBRÜCKE

• LUZERN /

.-·--- J BERGSPURBRÜCKE GOTTHARD ... ® ®

LÄNGSSCHNITT TALSPURBRÜCKE

1 ~LU ZERN 1 GOTTHARD ~

C? ~ ~ VERSTÄRKUNG ~ 0 ÜBER BAU 1 1 '

1.10 110 SCHACHTFUNDAMENT 843.15 r<> 1 __y__ r<> PFAH LBANK ETT i SCHACHTFUNDAMENT 1 1 REUSS 1 828.00 PFÄHLE ... 0 PFAHLWAND 1 ~ 1 40.00 L 64.00 L 48.00 l 48.00 L , 1 , , 32=t t 232.00 QUERSCHNITT TALSPURBRÜCKE Betonuntersuchungen Im Zusammenhang mit der Rekon­ QUERSCHNITT PFEILER J NORMA LQUERSCHNITT struktion (Sicherung, Querträgerboh• rungen, ausgeweitete Kasteneinstiege, ~10 . 08 Widerlagerzugänge usw.) mussten di­ VERSTÄRKUNG LÄNGSTRÄGER verse Kernbohrungen ausgeführt wer­ den. Die dabei anfallenden Betonkerne 1 1 1 wurden zum Teil bei der EMPA unter­ ~„ sucht. Beim Konsolkopf wurden zusätz• liche Bohrkerne entnommen, um eine Entscheidungsgrundlage für die Sanie­ 55 rung zu erhalten. Es wurden folgende Laboruntersuchun­ gen durchgeführt: VERSI ÄRKUNG 1.99 55 .55 1.99 DRUCKPLATTE - Festigkeit 2.70 - Elastizitätsmodul - Porosität - Frostbeständigkeit Bild 1. Bauwerksübersicht Bildautor: H. Moretti - Chloridgehalt Lager Fahrbahnübergänge Vor der Hebung wurde das Dichtungs­ Aufgrund der Beobachtungen bei den Bei der Zustandskontrolle nach dem profil beim Widerlager Süd entfernt, Fahrbahnübergängen wurden die Unwetter wurde festgestellt, dass sich um genügend Bewegungsspielraum zu Lagerstellungen (WL F und L, Pfeiler der Fahrbahnübergang Seite Gotthard erreichen. Die Messungen bei der He­ K) laufend überwacht. Anfänglich wur­ praktisch geschlossen hatte. Vorerst bung haben nun die Vermutung bestä• de vermutet, dass die Lager beim Pfei­ konnte keine eindeutige Begründung tigt, dass infolge der Rissbildung bei der ler K infolge zu grossem Kippwinkel für diese Tatsache gefunden werden, Einsenkung eine Bauwerksverlänge• (rund 2,9%) nicht mehr funktionstüch• weil geometrisch bei einer Einsenkung rung entstanden war, die bei der He­ tig waren. Eine mehrmalige Überprü• des Pfeilers J von rund 1,2 meine Ver­ bung (Schliessen der Risse) wieder zu fung durch die Herstellfirma hat keine kürzung des Überbaues um rund einer Verkürzung der Konstruktion Beeinträchtigung der Funktionstüchtig• 30 mm zu erwarten war. von rund 40 mm geführt hat. keit ergeben.

27 Bild 3. Untersichtsgerät «Moog» Typ MBS 200 im Einsatz Bildautor: A. von Glutz

Bild 2. Sicherung Oberbau Bildautor: A. von Glutz

Bild 4. Hauptriss am Oberbau im Bereich des Pfeilers J Bildautor: A. von Glutz

Risse am Überbau der Bergspurbrücke, die zuerst erstellt Zustandskontrolle und Trotz der enormen Stützeneinsenkung worden ist. Es muss damit gerechnet Beurteilung Unterbau zeigte sich nebst den klaffenden Rissen werden, dass die Betonierfugen bei der (Bild 5) Bergspurbrücke ein Langzeitproblem (Bild 4) ein aussergewöhnlich gutes Bereich Widerlager Süd, Pfeiler J duktiles Verhalten des Brückenüber• darstellen. Eine spätere Brückensanie• baues, insbesondere bei den Pfeilern H rung hat diesem Punkt Rechnung zu Durch die Erosion im Bereich des Pfei­ undK. tragen. Die Talspurbrücke befand sich lers J und beim direkt gefährdeten Leh­ vor dem Unwetter eindeutig in einem nenviadukt der Kantonsstrasse waren Mit Ausnahme der Koppelfugen, Beto­ besseren Zustand als die Bergspur­ auch der Pfeiler K und das südliche nierfugen und Querschnittsänderungen brücke. Widerlager der Talspurbrücke, bei fort­ lagen die gemessenen Rissbreiten bei schreitender Erosion aber auch der hochliegender Kabellage an der Fahr­ Zusammenfassend kann im allgemei­ nen eine hohe Druckfestigkeit, jedoch Pfeiler D und das Widerlager Süd der bahnplattenuntersicht zwischen 0, 1 Bergspurbrücke, gefährdet. und 0,3 mm. Innerhalb der verstärkten mit einer relativ grossen Streuung, fest­ gestellt werden. Die Frostbeständigkeit oberen Längsarmierung (Länge rund Als einzige sofortige und zusätzliche · 12 m) betrug die Rissbreite in der Regel nach EMPA ist mittel bis hoch. Sämtli• che Untersuchungen haben ein überra• Sicherungsmassnahme konnten im weniger als 0,5 mm. Beim Pfeiler K wa­ Zuge der Aushubarbeiten beim Pfeiler ren insbesondere auf der Südseite grös• schend gutes Ergebnis hinsichtlich einer Chloridversalzung ergeben. Beim J im Bereich Kantonsstrassenstützmau• sere Rissbreiten festzustellen (kleinere er Jetpfähle und einige Bodenanker so­ Vorspannkraft). Die maximale Riss­ bezüglich Chlorid extrem belasteten Konsolkopf beträgt der Chloridgehalt wie beim Pfeiler D eine Schwerge­ breite bei den Stützen H und K betrug wichtsmauer ausgeführt werden. Beim 3,3mm. 3 cm unter der Oberkante weniger als 0,4% (bezogen auf Zement). Lehnenviadukt wurde zur Überwa­ Beurteilung Überbau chung bzw. Feststellung von Hangbe­ Die Betonüberdeckung beträgt im Mit­ wegungen in einer Bohrung ein Die Zustandskontrolle ergab, dass bei tel 28,2 mm (Talspurbrücke) bzw. 30,6 TRIVEC installiert. der vorgängig erstellten Bergspurbrük­ mm (Bergspurbrücke). Bezüglich Kar­ ke, insbesondere bei der 1. Bauetappe, bonatisierungstiefe wurden vereinzelt Zu erwähnen ist noch die Tatsache, dass bezüglich Betoniervorgang (Übergang relativ hohe Werte festgestellt. aufgrund der Fotoaufnahmen nach Druckplatte/Längsträger) ausfüh• dem Hochwasser beim Pfeiler J eine rungstechnische Probleme bestanden Die Zustandskontrolle und die Ergeb­ Unstimmigkeit zwischen den Plananga­ haben. Es zeichnet sich eindeutig ein nisse der Materialprüfungen zeigten, ben und der effektiv um rund 2,5 - 3 m grosser «Lerneffekt mit dem Baufort­ dass bei der Projektierung und Ausfüh­ tiefer ausgeführten Schachtfundation schritt» ab, und zwar bereits innerhalb rung sorgfältig gearbeitet wurde. festgestellt wurde.

28 NEUE FUNDATION PFEILER J

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0 50 LEGENDE

III FLACHFUNDATION LAWINEN 1) KRUMMLAUI L-" ==!> 2) MOOSTALLAUI CD SCHACH TFUNDATION

Bild 5. Obersicht Unterbau, Fundation Pfeiler und Wiederlager Bildautor: H. Moretti Flusspfeiler baugeometrie durch den Geometer bil­ terspülen des Pfeilers J (exzentrische Die Flusspfeiler B, C (Bergspur), G und deten die Grundlage für die Projektie­ Belastung Schachtfuss, max. Boden­ H (Talspur) konnten einer Unterk.ol- rung der Fundation, der Anordnung pressung) kung gerade noch standhalten. Auf- des Hebegerüstes und der Pressen sowie - Geometrie der Nachbarpfeiler Hund grund der geodätischen Messungen und der Konzeption der Brückenhebung. K der durchgeführten Bohrungen durch Für die statische Beurteilung waren fol­ - Beurteilung Überbau (Torsion, Last- die Fundamente wurden keine Setzun- gende Kriterien massgebend: exzentrizität) gen bzw. Hohlräume unter den Funda- - Geometrie des Pfeilers J (Verschie- Aufgrund der erwähnten Kriterien menten festgestellt. Beim Pfeiler H bungen x, y und z, Biegelinie) konnten die Lage der Resultierenden wurden am Pfeilerkopf auf der nördli- - Rissbild, insbesondere am Pfeiler- im Pfeiler J und die sich daraus erge­ chen Seite einzelne Risse beobachtet. kopf und Pfeilerfuss benden Zwängungen mit grosser Wahr­ - vermutete Sehachttiefe gemäss Foto­ scheinlichkeit bestimmt und die not­ Widerlager Nord aufnahmen und Geologie wendigen Massnahmen angeordnet Die starke Erosion im Bereich der Pfei­ - angenommener Vorgang beim Un- werden (Bild 6). ler B und G konnte das relativ tief auf dem gewachsenen Terrain fundierte EXZ ENTRISCHE LAST und später eingeschüttete Widerlager ohne Schaden überstehen. ÜBERBAU EINGESENKT Sanierungsmassnahmen Die notwendigen Sanierungsmassnah­ men sind im Zustandsbericht in einem Hy ~ Massnahmenkatalog nach Dringlich­ keit aufgelistet. PFEILER

LAGE DER "'--'-'-____, LAGE DER NORMAL KRAFT NORMALKRAFT Pleilerschnitt und Brückenhebung

PFEILER VERSCHOBEN Vorabklärungen Gemäss dem an anderer Stelle beschrie­ benen Rekonstruktionskonzept wurde die Stütze J unterhalb des Pfahlbanket­ tes getrennt, damit die eigentliche Brük• kenhebung erfolgen konnte. Vorgängig - EROSION waren allerdings umfangreiche Abklä• __ __/ rungen notwendig. Nach einer Zu­ standserfassung (Geometrie, Rissbild) erfolgte eine statische Beurteilung und die Festlegung des Vorgehens sowie der ERODIERTE SOHLE erforderlichen Massnahmen. Die Er­ -4f,e yu gebnisse wurden in einem Drehbuch BRUCHSPANNUNG z festgehalten. Gleichzeitig wurde ein BAUGRU ND Messkonzept ausgearbeitet. Detaillierte Rissaufnahmen und die ge­ Bild 6. Pfeilerbeanspruchung während der Erosion und nach dem Einseken des naue Erfassung der Pfeiler- und Über- Pfeilers J Bildautor: H. Moretti 29 Für das Entspannen des Pfeilers und metrie des Überbaues nach dem Scha­ das Umsetzen der Pfeilerlast auf ein denfall) begründet werden. provisorisches Lastoflonblock-Lager (Auflast 7200 kN, Verschiebung 120 mm, mit 2% Gefälle eingebaut) bzw. auf die Hubpressen wurden umfangrei­ 1: Vorbereitungsarbeiten che Berechnungen durchgeführt. 1.1 Pressen installieren 1.2 Pressen anstellen Drehbuch 1.3 Hauptrisse ausweiten Der Stützenschnitt und die Hebung 1.4 Messeinrichtungen anschliessen wurden in 5 Phasen ausgeführt: 1.5 Funktionstüchtigkeit prüfen 1.6 Hängekonstruktion demontieren Phase 1: Vorbereitungsarbeiten J. 7 Pressen/Stapelhalterung (2. Phase 2: Stützenschnitt Etappe) installieren Phase 3: Rückdrehung Überbau 1.8 Stützenfusslager einbauen Phase 4: Hebung vor Rissverguss und 1.9 Armierung Zugseite (links)

PRESSEN Verstärkung Überbau freilegen Phase 5: Schlusshebung 1.10 Hitzeschild einbauen PFEILER­ 2: Stützenschnitt SCHNITT In Tabelle 1 sind die Haupttätigkeiten für die Phasen 1-5 dargestellt. Die we­ 2.1 Messung Operation Anfang 2.2 Pressen aktivieren/Stapel anstellen sentlich umfangreicheren Angaben zu 2.3 Messung Op. 2 den einzelnen Operationsstufen umfass­ 2.4 Zugbewehrung schneiden ten die zu erwartenden Pressendrücke 2.5 Messung Op. 41 Beurteilung und Verschiebungen sowie Angaben 2.6 Zugzone schneiden/evtl. brennen über die durchzuführenden Messungen 2. 7 Messung Op. 6 (Bild 7). Das Drehbuch entstand in in­ 2.8 Druckzone brennen tensiver Zusammenarbeit zwischen 2.9 Messung Op. 8 STRESSMETERS Experte, Generalunternehmer und 2.10 Stütze entspannen (o, y) 0 MESSPUNKTE 2.11 Messung Operation Ende 6 PRESSEN Projektverfasser. C2i 2.12 Korrektur der Pressenkräfte IIIIll STAPEL Pl l - P24 2.13 Brücke sichern IGOTTHARD I Beurteilung der getroffenen 2.14 Druckzone fertig ausschneiden Massnahmen 2.15 Lagerplatte für Notstapel versetzen Pfeilerschnitt 3: Rückdrehung Überbau 3.1 Pressensteuerung gemäss Schema Das angestrebte Ziel, beim Trennen des 0.30 bereitstellen Pfeilers die nicht genau bekannten 3.2 Pressen aktivieren Zwängungen ohne nachteilige Folgen 3.3 Messung Operation Anfang auf das Bauwerk in Stufen (prov. Ein­ 3.4 Evtl. Korrektur der Pressenkräfte PFEILERFUSSFÜHRUNG spannung im Pfahlbankett und Abstüt­ 3.5 Pressen/Stapel bereitstellen UNTEN 3. 6 Pressensteuerung gemäss Schema 44 zung mittels Horizontalpressen, Ab­ stützung auf prov. Lager) abzubauen, 0.30 schalten wurde mit den getroffenen Massnah­ 3.7 Entlastung Stützenfuss 3.8 Rückdrehung Überbau men vollumfänglich erfüllt. Die Mess­ 43 43 3.9 Messung Operation Ende einrichtungen erlaubten in jeder Phase 3.10 Brücke sichern eine einwandfreie Beurteilung des je­ PFAH L BANKETT 4: Hebung vor Rissverguss weils vorhandenen Zustandes. Die 4.1 Pressensteuerung gemäss Schema Pfeilerfussverschiebung entsprach mit GERÜST 0.40 bereitstellen 113 mm praktisch genau den Erwartun­ 4.2 Pressen aktivieren gen, die Pfeilerbelastungen (Zwängung, 4.3 Messung Operation Anfang Vertikallast) waren jedoch kleiner als 4.4 Evtl. Korrektur der Pressenkräfte 9 von uns berechnet. 4.5 Pressen/Stapel bereitstellen 4.6 Pressensteuerung gemäss Schema 0.40 schalten Rückdrehung Überbau 4.7 HebungPhase4 Die vorgesehene Rückdrehung des 4.8 Messung Operation Ende X Überbaues vor der eigentlichen He­ 4.9 Brücke sichern bung hatte zum Ziel, die bei diesem 5: Hebung nach Rissverguss Vorgang auftretenden grossen Winkel­ 5.1 Pressensteuerung gemäss Schema änderungen und deren nachteilige Fol­ 0.50 2 5.2 Pressen aktivieren - Y gen auf die Stabilität möglichst bei ge­ ringer Stapelhöhe zu eliminieren. Nach 5.3 Messung Operation Anfang 5.4 Pressen/Stapel bereitstellen einigen Versuchen musste der im Dreh­ 5. 5 Pressensteuerung gemäss Schema buch vorgesehene Vorgang aus stati­ 0.50 schalten schen Gründen (zu starke Zunahme 5.6 Hebung Phase 5 1 LUZERN 1 der Pressenkräfte rechts und dadurch 5.7 Messung Operation Ende entstehende unzulässige Torsion auf 5.8 Brücke sichern den Überbau) geändert werden. Bild 7. Messungen (Phase 2) Pfeiler­ Die Zunahme der Pressenkraft rechts Tabelle 7. Drehbuch Haupttätigkeiten schnitt Bildautor: H. Moretti konnte kinematisch (aufgrund der Geo- Phasen 7 bis 5

30 Brückenhebung 5) nicht mehr zu erreichen war. Gleich­ Messwerte UK Fahrbahnplatte: Die eigentliche Hebung erfolgte in Ta­ zeitig konnte die lotrechte Pfeilerstel­ Seite gesstufen von rund 12 cm und liess sich lung auch mit einer zusätzlichen, am Pfeiler Invardraht Luzern Gotthard anfänglich ohne Probleme relativ zügig Pfeilerfuss aufgebrachten horizontalen Belastung nicht mehr erzielt werden. H 1111112 links 0,91 %0 0,66%0 durchführen. Im Bereich der Träger• K 1211122 0,80%0 1,62%0 Hauptrisse traten nach dem Ausweiten Nach dem vorläufigen Abschluss der rechts der Risse und Durchtrennen einzelner Phase 5) wurde das Bauwerk, entgegen Armierungseisen bei der Hebung in der bisherigen Konzeption vor dem Im Bereich der Spannkabel sind die den kritischen Zonen keinerlei Schwie­ Einbetonieren des Pfeilers J und noch Rissbewegungen kleiner. Bei Annahme rigkeiten auf. Ebenso wurden bei den auf den Pressen abgestützt, proviso­ von 15% Spannkraft-Verlust wäre eine «Belagsfenstern» in der Fahrbahnplat­ risch für den Sommer-Reiseverkehr Zusatzdehnung von rund 0,8%0 zuläs• te keine Risse festgestellt. Mit fort­ 1988 freigegeben. sig. Es kann jedoch nicht ausgeschlos­ schreitender Hebung und gleichzeiti­ Die Hebearbeiten wurden vom Projekt­ sen werden, dass an einzelnen Stellen gem Aufbringen einer leichten Torsion leiter der Generalunternehmung gelei­ (Koppelfugen, klaffende Risse bei J drehte sich auch der Überbau, jedoch tet. Ihm standen der Projektverfasser und Betonierfugen) eine zusätzliche nicht vollständig, sukzessive in Rich­ und die örtliche Bauleitung zur Verfü• Dehnung der Vorspannkabel stattge­ tung der ursprünglichen Querneigung gung, insbesondere für Beratungs- und funden hat. zurück. Die Pressensteuerung war sehr Kontrollfunktionen. flexibel und konnte sich den Anforde­ rungen des Drehbuches und auch den sich zum Teil geänderten Bedingungen Messkonzept/Messungen bei der Durchführung mühelos anpas­ Das Konzept für die Überwachung Detailprojekt sen. der heiklen Rekonstruktionsarbeiten Die grafische Auswertung der Messun­ (Pfeilerschnitt und Brückenhebung) Fundation Pleiler J gen zeigte jedoch bald, dass die Zunah­ hat sich ausgezeichnet bewährt. Die ge­ (Bilder 8 und 9) me der Pressenkräfte nicht proportio­ wählte Kombination mit permanent in­ Die besteh.ende, unterspülte und ver­ nal zur Hebung erfolgte. Eine einge­ stallierten Einrichtungen, geodätischen schobene Pfeilerfundation konnte Messungen, Beobachtungen an kriti­ hende Beurteilung der Messergebnisse nicht mehr verwendet werden. Gleich­ und zusätzliche statische Abklärungen schen Stellen und Handmessungen er­ zeitig wurde entschieden, dass die neue laubte eine einwandfreie Beurteilung ergaben neue Randbedingungen für die Pfahlfundation vorwiegend die Bela­ des jeweiligen Zustandes. Konzeption, Phase 4) bezüglich Summe der Pressen­ stungen aus der Brückenhebung und kräfte. Diese durften in keinem Fall Programmierung und Durchführung die eigentlichen Brückenlasten im End­ überschritten werden, bestand doch die der über hundert an rund 40 Tagen aus­ zustand zu übertragen hatte. Eventuelle Gefahr einer unkontrollierten Rissbil­ geführten, protokollierten und gespei­ Einwirkungen infolge Hangdruck soll­ cherten Messungen erforderten einen dung in der Druckplatte (infolge star­ ten durch später zu erstellende Anker enormen Einsatz des verantwortlichen ker Momentenumlagerung und übernommen werden. Nachdem der ge­ schwach armierten Querschnittes) im Operateurs. Es wurden folgende Mes­ wählte Pfahldurchmesser ausführungs• Bereich der Nachbarpfeiler H und K. sungen vorgenommen: technisch gegeben, die Lage der Pfähle Die kritischen Bereiche wurden mittels - Pressenkräfte durch das bestehende Fundament be­ Weggebern und zusätzlichen Kontrol­ - Verschiebungen in x-, y- und z-Rich- stimmt und die Pfähle im aufgrund von len ab U ntersichtsgerät während der tung mit Laserlot, Invardraht, geodä• Sondierbohrungen festgestellten, rela­ Hebung überwacht. In einzelnen Pha­ tischer Messung oder Handmessung tiv hochliegenden Fels leicht eingebun­ sen musste der tägliche Temperaturver­ - Neigungsmessung

31 rüstlasten, anderseits die Abmessungen ~LUZERN 1 1 GOTTHARD~ der Aussparung für den Pfeiler und die Pfeilerbelastungen 1m Endzustand massgebend. Die Ermittlung der Vorspannkabel und Armierung (Zug- und Aufhängearmie• ~ rung) erfolgte aufgrund einzelner Fach­ 0 L-~- 0 werkmodelle (Bilder 10 und 11). "' -~--' ~10 Verstärkungen am Überbau Allgemeines Das ursprüngliche Bauwerk war ge­ mäss SIA-Norm 160/1956 für die Last­ fälle Eigengewicht und Nutzlast voll vorgespannt. Dadurch ergaben sich im Normalfall, auch ohne Berücksichti• gung der schlaffen Armierung, ausrei­ chende Sicherheiten gegen Bruch. Al­ lerdings zeigte sich, dass die Druckplat­ te, insbesondere im Bereich der Fluss­ pfeiler G/H bzw. BIC, relativ schwach bemessen war. Bei Berücksichtigung der schlaffen Armierung in der Fahr­ bahnplatte und der inzwischen ausge­ führten Druckplattenverstärkungen (Tal- und Bergspurbrücke) ergeben sich SCHACHTFUNDATlON auch für die neuen Belastungen (Zu­ UK = 844.70 satzgewichte infolge Verstärkungen, Bild 8. Grundriss Fundation Pfeiler J Bildautor: H. Moretti

QUERSCHNITT A -A LÄNGSSCHNITT B - B

I TALSPURBRÜC KE I BERGSPURBRÜCKE

j GOTTHARD ~ EINSENKUNG OBERBAU

0 "'N 2 x 2340 kN ZUSATZ KABEL VORSPANNUNG 4 x 2340 kN V ER STÄRKUNG VERSTÄRKUNG DURCHLAUFEND DRUCKPLATTE DRUCKPLATTE UND STEGE UND STEGE EINSENKUNG il Z• l.04-1.28

KANTONS­ STRASSE

VORSPANNUNG -----, 3x2080kN --· 1 DURCHSCHUBKABEL 1

TERRAIN .[ANKER ENDZUSTAND ---i T---.-~=-jlt1!"--f----+- ...... 847.00 J- _

0 / ;J PFAHLBANKETT 1 ..,+--- - - +--- - F-'"'"J.~'*=i-"""'...... ,.....f--l--!H-1----I PFEILERSCHNITT f-----"'!""f9i"""'~M""'~FT-~ 1 ~ ~ ~~ioll"nGNE _R BLOCK - ---l-Jz:;2:;z:;J,-Y7:::J .-- -rl·\-- ~~~~~OuN:G BAUGRUBE

JET-PFÄHL E

2.30 AUFFÜLLU NG

4.50

N I' r*l-h\- --1---T\1---BEST. SCHACHTFUNDATION ----,_..-,..,...,,.,... / REUSS ~~--~~~------~ ______[~~-~~~~~~~------1'-i-'+"~+-'-~

BACHSCHUTT

MORÄNE

Bild 9. Quer- und Längsschnitt Fundation ?feiler J Bildautor: H. Moretti

32 Nutzlast gemäss SIA-Norm 160/1968) ausreichende Sicherheiten und ein duk­ tiles Verhalten in den kritischen Berei­ chen. Betonverstärkungen Im Bereich des Pfeilers J wurden die ge­ rissene Druckplatte sowie die beschä• digten Stege vollumfänglich durch eine Verstärkung im Brückenkasten ersetzt. Bei den Widerlagern waren zur Einlei­ tung der Vorspannkräfte aus statischen Bild 70 . Pfahlban­ Gründen ebenfalls Verstärkungen er­ kett Pfeiler J. Ar­ forderlich. Druckplatten und Stegver­ mierung und Vor­ stärkungen sind durch rund 2600 Kle­ spannung beanker mit dem ursprünglichen Trag­ Bildautor: werk verdübelt (Bilder 12 und 13). A. von Glutz Zusätzliche Längsvorspannung Beim gewählten Vorspannsystem war in den Betonrippen ermöglicht ein Aus­ Zweck der Längsvorspannung war die aus technischen Gründen mindestens wechseln der Kabel, erlaubt aber auch, Überdrückung der Biege-, Schub- und eine Kupplung vorzusehen. die Spannkräfte später zu einem belie­ Torsionsrisse sowie ein teilweiser Er­ Die BBRV-Kabel bestehen aus 52 Dräh• bigen Zeitpunkt zu kontrollieren. satz bzw. eine Verstärkung der vorhan­ ten 0 7 mm. Die Drahtbündel liegen in Als zusätzliche Vorspannung wurden denen, eventuell geringfügig ge­ PE-Rohren 0 90173,6 mm. Die PE­ in der Stegverbreiterung beim Pfeiler J schwächten Vorspannkabel im Bereich Rohre sind über PE-Teleskoprohre und je ein Spannkabel für Vo = 2340 kN so­ der Pfeiler H, J und K. ein Stahlrohr dicht am Ankergrundkör• wie bei den Widerlagern eine Quer-Vor­ per angeschlossen. Die Hüllrohre wur­ Die gewählte Anordnung der in den spannung mit je 2 Kabeln Vo = 700 kN vier Ecken im Hohlkasten plazierten den im Werk mit der Korrosionsschutz­ eingebaut. Vorspannkabel ist aus statischen, geo­ masse «Denso Jet» verfüllt. Die Kabel metrischen und konstruktiven Randbe­ sind einbaufertig angeliefert worden. Für das Einziehen in die Brücke stand dingungen (Querträgerarmierung, Ver­ Die Kabel liegen in den vier Ecken des beim Widerlager Nord in der Fahr­ stärkungen, Werkleitungen) gegeben. Brückenhohlkastens. Die vorhandenen bahnplatte eine Öffnung von 0 20 cm Die vorhandenen Werkleitungen muss­ Pfeiler-Querträger (B = 1,60 m) wur­ zur Verfügung (Bilder 15 und 16). ten umdisponiert werden. den für den Durchgang der Kabel Im Grundriss befindet sich das Bau­ durchbohrt, ebenso die Endquerträger Erfahrungen: Die Anwendung der ex­ werk durchgehend in einer Krümmung für die Durchführung der Trompeten­ ternen bzw. aussenliegenden Längsvor• mit einem minimalen Radius von rund rohre. In die anbetonierten Rippen spannung konnte in vorliegendem Fal­ 1194 m und beidseitigen Übergangs• beim Pfeiler J und bei den Widerlagern le, bei ausreichenden Platzverhältnis• klothoiden. Zu beachten waren die be­ wurden Aussparungsrohre eingelegt sen im Hohlkasten, einwandfrei reali­ reits vorhandenen und die zusätzlich (PE-Rohr 0 140/124 mm) und die Ka­ siert werden. Probleme ergaben sich erstellten innenliegenden Verstärkun• bel eingezogen. einzig bei der Plazierung und Ausfüh• gen der Längsträger und der Druck­ Weil die Brücke gekrümmt ist, mussten rung der Bohrungen (in noch defor­ platte. die Kabel horizontal umgelenkt wer­ miertem Zustand) durch die bestehen­ Vorspannkonzeption (Bild 14) : Die den. Zu diesem Zweck wurden bei den den, stark armierten Stützenquerträger, durchgehende Längsvorspannung be­ Pfeilerquerträgern Umlenkrohre einge­ beim Bestimmen der Kabellängen und steht aus 4 Kabelsträngen mit je 2340 gossen. Diese bestehen aus Stahl, sind beim Betonieren der Verstärkungen. kN Spannkraft. In Längsrichtung sind innen trichterförmig ausgedreht und Die von der Vorspannfirma vorgeschla­ die Kabel in drei Abschnitte unterteilt: haben einen Krümmungsradius von genen, projektierten und ausgeführten - 16 m lange Kabel im Bereich der Ver- 5 m. Zusätzliche U mlenkrohre wurden Massnahmen bezüglich Hüllrohreinla• stärkungen beim Pfeiler J an Stahlstreben im Brückenkasten in gen, Ausbildung der Umlenkpunkte - 72 m lange Kabel zum Widerlager der Regel in Feldmitte montiert usw. haben sich bewährt. Massnahmen Süd (Bild 14). bezüglich Sicherheit, Kontrollen und - 144 m lange Kabel zum Widerlager Die Konstruktion der Kabel, der Um­ Dauerhaftigkeit werden zurzeit noch Nord lenkpunkte und der Aussparungsrohre erarbeitet.

Bild 77. PFahlbankett Durchschubkabel Bild 12. Verstärkung Oberbau, Klebe­ Bild 73. Verstärkung Oberbau, Armie­ Bildautor: A. von Glutz anker rung Vorspannung Bildautor: A. von Glutz Bildautor: A. von Glutz

33 Vor dem Absenken der Hubpressen VORSPANNSCHEMA wurden die Risse beim Pfeiler J inji­

TEIL NORD TEIL J TEIL SÜD ziert. Dadurch konnten nachteilige Fol­ 144.00 72.00 gen (Rotation des Überbaues) beim KABEL 1,2 Schliessen der Risse eliminiert werden.

2 ll 2 340 kN 2 x 2 340 kN Sämtliche Risse in der Fahrbahnplatte 2 x 2340 kN 2 x 2340 kN wurden vor Ausführung der Sanie­ rungsarbeit ab Brückenhohlraum inji­ KABE L 3,4 · ziert, sofern die Rissbreiten dies erlaub­ ten. 0 ~IW_L_ N_O-RD~I 1WLSÜD1 c6

LEGENDE 1--- FESTER ANKER

34 werden. Es kam eine PBD-Abdichtung den Sanierungsarbeiten haben zum der Hebung die Soll-Lage aus statischen und ein rund 100 mm starker Gussas­ Glück diese Vermutung nicht bestätigt. Gründen nicht ganz erreicht wurde, phaltbelag zur Ausführung. Die Sanierung der Entwässerung liess kann die zukünftige Nivellette der Fahrbahn akzeptiert werden. Brückenränder sich im Zuge der Konsolkopfsanierung relativ günstig realisieren. Das Bauwerk befindet sich trotz der D Zustand/Sanierungskonzept: Bei schweren Beschädigung durch das Un­ der Einsenkung des Pfeilers J wurden Fahrbahnübergänge(FU) wetter nach der Rekonstruktion in die Brückenränder und die Fahrbahn­ Gemäss Zustandsbeurteilung waren die einem guten Zustand. Bei der Bela­ platte in dieser Zone durch Normal­ FU undicht, teilweise angerostet und stungsprobe hat sich ein einwandfreies kraft und Krümmung sehr stark bean­ zerqui;:tscht. Die vorhandene Stahlkon­ Verhalten bei zentrischer Belastung er­ sprucht. struktion erlaubte keinen qualitativ geben. Nach Abschluss der laufenden Im Bereich der Nachbarstützen H und einwandfreien Anschluss der neuen Sanierungsarbeiten wird eine zusätzli• K hingegen traten erhebliche Risse auf, Brückenabdichtung. Die Fahrbahn­ che Belastungsprobe durchgeführt. die jedoch in der Regel eng verteilt wa­ übergänge mussten daher ersetzt wer­ Zum guten Gelingen der Rekonstruk­ ren und eine relativ kleine Rissbreite den. tion haben insbesondere die sofort nach aufwiesen. Unterbau/Hochwasserschutz dem Unwetter durchgeführten Siche­ Aufgrund der durchgeführten Messung rungsarbeiten, die zutreffende Analyse der Betonüberdeckungen und einer Die notwendigen Sanierungsmassnah­ durch den Experten, das gewählte Vor­ Überprüfung der Betonqualität (Festig­ men am Unterbau sind eng mit den vor­ gehen und die zur Verfügung stehenden keit, Porosität, Frostbeständigkeit) so­ gesehenen Hochwasserschutzmassnah­ Mittel, die weitsichtige Disposition der wie der erstaunlich geringen Chlorid­ men an der Reuss verknüpft. Der notwendigen Gerüste und Installatio­ versalzung wurde der ursprünglich vor­ Hochwasserschutzgrad wird in drei Stu­ nen für die Hebung, eine in allen Berei­ gesehene örtliche Abbruch wieder ver­ fen sukzessive vergrössert. chen kompetente und ideenreiche Pro­ worfen und eine Sanierung des Konsol­ Die notwendigen Massnahmen dafür jektleitung und die ausgezeichnete kopfes vorgenommen. Damit konnten wurden aufgrund von Modellversu­ Teamarbeit der GU beigetragen. die potentiellen Schwachstellen (An­ chen bei der VAW und durchgeführten Grosser Dank gebührt jedoch auch den schluss der Abdichtung, einbetonierte Stabilitätsberechnungen erarbeitet. Die Geometern, allen Arbeitern, Speziali­ Leitplankenpfosten, Chloridversalzung entsprechenden baulichen Massnah­ sten und Führungskräften, die zum Teil usw.) eliminiert werden. men an der Reuss wurden nur zum ge­ bei grosser Gefährdung und unter stän• Gemäss EMPA-Berichten Nr. ringen Teil von unserem Büro projek­ digem Zeitdruck eine enorme Leistung 106 047/1und12 ergaben sich folgende tiert. erbracht haben. Prüfergebnisse: Abschliessend möchte der Projektver­ Druckfestigkeit: 82,2-84 N/mm2 fasser dem Bauherrn für den Auftrag - Porosität: rund 12% und die kompetente Projektleitung, Schlussbemerkungen - FS: 1,3-1,4 < 1,5 dem Experten für seine unermüdliche - Chloridgehalt: < 0,4% in 3 cm Tiefe und tatkräftige Unterstützung und al­ (auf Zement bezogen) Die Bildung eines Projektteams mit len übrigen Mitgliedern des Projekt­ Einbezug des Generalunternehmers teams für die ausgezeichnete und wert­ Entwässerung stellte ein entscheidendes Merkmal der volle Zusammenarbeit herzlich dan­ Die vorhandene Entwässerung leitete Projektierung dar. Alle Beteiligten ken. Auch meinen Mitarbeitern möch• das Oberflächenwasser grösstenteils di­ konnten dadurch, aufgrund ihrer gros­ te ich für ihren grossen Einsatz bestens rekt der Reuss zu. Im Zuge der Sanie­ sen Erfahrung, einen wesentlichen An­ danken. rung wurden die Einlaufschächte (ES) teil zur Lösung der anspruchsvollen neu erstellt, und das Regenwasser wur­ Aufgabe beitragen. Das installierte de über eine durchgehende Längslei­ Messsystem lieferte während der Brük• tung dem Widerlager Nord zugeleitet. kenhebung ausgezeichnete Beurtei­ Im Bereich der bestehenden ES hatte lungs- und Entscheidungsgrundlagen. man lokale Schäden infolge Versalzung Das Rekonstruktionskonzept für die erwartet, weil an der Brückenuntersicht beschädigte Reussbrücke Wassen hat einzelne Hinweise auf diesbezügliche sich grundsätzlich bewährt und musste Adresse des Verfassers : H. Moretti, Bauinge­ Schäden vorhanden waren. Durchge­ im Laufe der Arbeiten nur in geringem nieur HTL, c/o Ingenieurbüro E. Winkler + führte Betonprüfungen und die laufen- Masse modifiziert werden. Obwohl bei Partner AG, Effretikon/Wassen.

35 ren Zeitpunkt hat die Bauherrschaft Bauleitung verlangt, die Reussbrücke Wassen auf Rekonstruktion der Reussbrücke Wassen die Sommersaison provisorisch dem Verkehr zu übergeben mit der Möglich­ In den folgenden Abschnitten werden die Probleme und Aufgaben der keit einer erneuten Sperrung im Herbst Bauleitung, die einzelnen Bauphasen, das Bauprogramm sowie die 1988. Bauausführung mit den speziellen Randbedingungen (Gefährdung, Die Rekonstruktion und Sanierung der Termindruck, Witterung, Lawinengefahr usw.) aufgezeigt und be­ Reussbrücke dauerte vom 25. August schrieben. 1987 bis zum 30. Juni 1989 mit zwei Un­ terbrüchen für die Verkehrsentlastung täglich die kleinen und grösseren Pro­ (Sommer und Winter 1988) (vgl. Bild Organisation und Aufgaben bleme der vielen Unterakkordanten. 1). Nachfolgend werden die einzelnen Durch die ständige Präsenz auf dem Phasen generell beschrieben. Nach Durchführung der Notmassnah­ Bauplatz wurden der Bauleitung weite­ men an der Fundation und den Siche­ re Arbeiten übertragen, wie z.B. das Notmassnahmen und 1. Sicherung rungsarbeiten am Überbau wurde das Ausmass- und Rapportwesen. Im weite­ Zeitdauer: 25. August bis Mitte Ok­ ren wurden alle zusätzlich beteiligten tober 1987. Unmittelbar nach dem Un­ VON ANDRE VON GLUTZ, Firmen, Spezialisten, Werke usw. wetter wurden organisatorische und WASSEN durch die Bauleitung koordiniert und bauliche Sofortmassnahmen durch den eingesetzt. Als örtliche Stelle belieferte Kanton Uri, Bauamt Uri, Werkhof Gö• Projektteam für die Brückenrekon• die Bauleitung alle Mitglieder des Pro­ schenen und die Verkehrspolizei einge­ struktion durch die örtliche Bauleitung jektteams mit den notwendigen Anga­ leitet. ben über den Baufortschritt, Messresul­ erweitert. Die komplexen und vielfälti­ Bei den baulichen Massnahmen wurde gen Probleme verlangten eine perma­ tate und Informationen über spezielle Probleme. in den ersten Tagen die Notschüttung nente Anwesenheit der Bauleitung mit zur Sicherung und Stabilisierung des 1-2 Ingenieuren auf der Baustelle. Süd• In den Wintermonaten und vor der abgesenkten Pfeilers J und der Stütz• lich der Reussbrücke, zwischen Auto­ Hauptreisesaison sind weitere Aufga­ mauer der Kantonsstrasse ausgeführt. bahn und Kantonsstrasse, wurde ein ben dazugestossen, insbesondere der Dann folgte die Ufersicherung der Containerdorf mit Baubüro, Sitzungs­ Lawinendienst sowie die Koordinatio­ Reuss bei den Flusspfeilern mittels zimmer und der weiteren notwendigen nen mit dem Autobahn-Werkhof und Blockteppich. Im Bereich der Hauptris­ Infrastruktur installiert. Die Aufgabe der Autobahnpolizei. Anspruchsvoll se beim Pfeiler J wurde der Überbau und interessant waren ausserdem die der Bauleitung umfasste in erster Prio­ mit massiven Stahlträgern und Aufhän• vielfältigen Aufgaben, die der Baulei­ rität die Überwachung der Qualität der gestangen in zwei Etappen gesichert. tung vom Bauherrn übertragen wur­ auszuführenden Arbeiten sowie das Als Grundlage für das Rekonstruk­ den. Einhalten der Termine und Kosten. Im tionskonzept wurde eine umfangreiche Laufe der Bauausführung wurden die Bohrkampagne begonnen. Aufgaben jedoch wesentlich vielfälti• ger. Bauphasen Bauphasel: In einer ersten Phase musste die Zu­ Rekonstruktion Hauptphase standskontrolle am Bauwerk durchge­ An der 1. Projektleitersitzung wurde Zeitdauer: Mitte Oktober 1987 bis 15. führt werden. Zudem waren Riss- und vom Experten ein Bauprogramm vorge­ Juli 1988. Die Hauptphase der Rekon­ Massaufnahmen als Projektierungs­ legt, das ohne Unterbruch durch win­ struktion hatte zum Ziel, die Talspur grundlage vorzunehmen. Im Rahmen terliche Verhältnisse mit einer Rekon­ der Reussbrücke mit allen zur Verfü• der Bauausführung wirkte die Baulei­ struktionsdauer von einem Jahr rech­ gung stehenden Mitteln so rasch wie tung als verlängerter Arm der General­ nete, d.h. den Abschluss der Arbeiten möglich unter Berücksichtigung des unternehmung (GU) und koordinierte bis August 1988 vorsah. In einem späte- vom Bauherrn definierten Grundsatzes [a) Sicherheit und Qualität, b) Termin 1987 1988 1989 und c) Kosten] wieder in Betrieb zu nehmen (Bild 2).

N otmassnahmen Im Anschluss an die Not- und ersten Sicherungsmassnahmen folgten die Bo­ denverfestigungen mit Jettingankern Bauphasen und Jettingpfählen. Nach dem Erstellen der Baugrube für das Bohrplanum konnte mit den Bohrpfählen begonnen Verkehrsbetrieb werden. Anschliessend wurde das mas­ sive Bankett noch im Dezember 1987 1 Rekonstruktion Houptphase erstellt. Die günstigen Winterverhält• 2 Rekonstruktions - Abschluss und nisse im Januar 1988 erlaubten das Auf­ Sonierungsphose 1. Teil richten des Stahlgerüstes von 100 t 3 Sanierungsphase 2. Teil innert 2 Wochen, damit anschliessend mit den Pressen- und Messinstallatio­ Bild 7. Bauzeit/Bauphasen Bildautor: A. von Glutz nen begonnen werden konnte. Durch

36 ...-1'; Gesamtübersicht der Reussbrücke in Richtung Nord, Reusslauf, Oktober 7987 Bildautor: A. von Glutz

die zunehmende Lawinengefahr muss­ Bauphase2: Parallel zu diesen Arbeiten verliefen te der Pfeilerschnitt um einige Wochen Abschluss der Rekonstruktion die Sanierungsarbeiten auf der Brük• verschoben werden. Die Verstärkungs• Sanierungsphase 1. Teil kenfahrbahn mit der Konsolkopf-Re­ arbeiten im Brückentrog wurden dafür Zeitdauer: 29. August bis 15. Dezember profilierung. Die Leitplankenpfosten vorgezogen. Erst im April 1988 konnte 1988. In der 2. Bauphase konnten die wurden nicht mehr eingegossen, son­ der Pfeilerschnitt am Pfeilerfuss J vor­ Rekonstruktionsarbeiten abgeschlos­ dern mittels Klebedübel aufgeschraubt. genommen werden. Die letzte Hebe­ sen werden. Die umfangreichen Risse phase erfolgte nach dem Verguss der am Brückentrog und Pfeiler wurden Bauphase3: Hauptrisse und dem Einbau der Brük• mit Kunstharz injiziert. Anschliessend Sanierungsphase 2. Teil kentrogverstärkungen mit der neuen erfolgte das Einbetonieren des Pfeilers Zeitdauer: 25. Januar bis 30. Juni 1989. Vorspannung. Nach erfolgreicher Bela­ im Bankett. Jetzt konnte die Pressen­ Für die Entfernung des alten Belages stungsprobe wurde die Brückenfahr• kraft auf den Pfeiler umgesetzt werden, und der bestehenden Abdichtung wur­ bahn mit einer Oberflächenbehand• der Pfeiler hat seine ursprüngliche den verschiedene Vorversuche durch­ lung abgedichtet und instandgestellt. Funktion wieder übernommen. Der Be­ geführt. Der Belagsabbruch erfolgte Am 15. Juli 1988 konnte dann die Tal­ reich unterhalb des Lehnenviaduktes mit dem Pneubagger, die stark am Be­ spurbrücke termingerecht für den Som­ Kantonsstrasse musste mit zusätzlichen ton haftende, teilweise jedoch gerissene merverkehr geöffnet werden (Bild 3). J ettingarbeiten verfestigt werden. Teerepoxy-Schicht musste mittels Fein-

CD ® TA.LSPURBRÜCKE BERGSPURBRÜCKE TALSPURBRÜCKE BERG$PURBRÜCKE TALSPURBRÜCKE BERGSPURBRÜCKE . TALSPURBRÜCKE

! 867.32.

Bild 3. Schaden- und Rekonstruktionsphasen Bildautor: H. Moretti

37 1987 1988 19B 9

1 9. 1 10. 1 „ 1 12 1. 1 2. 1 3. 1 4. 1 5. 1 9. l 10. 1 11 1 12. 1. 1 2. 1 3. 1 4. 1 5. 1 6. 7 1 1 Notmassnahmen 1 1 Je1tingarbei1en f:::::::::::::::::J 1 1

Bohrpfähle 1:::::::::::::::::::j 1 l; 1

Pfahlbankelt tJ 1~1 .. 1~1 Stahlgerüst ITilililD Hebe - und Messinsta llationen mJ ~ bnm Pfellerschnitt 1 1 He bearbeiten :- 1 Arbeiten im Brückentrog • 1 1 Pfeiler einbetonieren 1 1 Rissinjektionen 1 1 1 1 Konsolköpfe , Geländer 1 1 II 1 1 Abdichtung und Belag 1 1 Bohrnfohlwond Hochwasserschutz ;.=:;.::;.=:.1 1 1 b":-·::.·::-·:l 1:::·.::·.::·.::· P: . ·::. ·::. ·::. ·:Y:·:Y:·::. ·:: .·::. ·::. ·::. ·::. ·:: •. -- 1 1 1 1 1 Bild 4. Bauausführung Reussbrücke Wassen Bildautor: A. von Glutz fräse und anschliessendem Kugelstrah- nur ausserhalb der beschädigten Brük­ wand zusätzlich mit Spritzbeton gesi­ len entfernt werden. Parallel zu diesen ke möglich war. Die oberen Träger sind chert werden, ebenso nach Abschluss Arbeiten konnten die Fahrbahnüber- mit einem Pneukran von der gesperrten der Aushubarbeiten. Das Bohrplanum gänge Nord und Süd abgebrochen wer- Bergspurbrücke aus eingebaut worden, konnte nun plangemäss hergerichtet den. Das Versetzen der neuen Übergän- die unteren Träger konnten ab Kan­ werden. ge war erst nach dem Ersetzen der teil- tonsstrasse montiert werden. Alle Ar­ weise stark beschädigten Anschlussar- beiten wurden laufend durch Messun­ Bohrpfähle mierung wieder möglich. Bei den Kon- gen überwacht. Vor Beginn der Bohrpfahlarbeiten wur­ solköpfen wurden noch Beschichtun­ den pro Pfahl 8 Jettingpfähie kreisför• gen aufgebracht. Nach dem Aufbringen Jettingarbeiten mig ausserhalb des späteren Bohrpfah­ der neuen Abdichtung auf der Brücken• Am 30. September 1987 konnte der Ge­ les erstellt, um das Bohren ohne Ver­ fahrbahn folgte zum Schluss der drei­ neralunternehmer mit den Bodenverfe­ rohrung zu ermöglichen und damit Set­ schichtige Gussasphaltbelag. stigungsarbeiten beginnen. In einer er­ zungen im Pfeilerbereich zu verhin­ Im Zuge dieser Sanierungsarbeiten und sten Phase ging es um die Sicherung der dern. vorhandenen Sperrungen hat sich der Stützmauerfundation der Kantonsstras­ Am 28. Oktober 1988 hat das erste Bauherr entschlossen, auch die südlich se im Bereich des Pfeilers J. In regel­ Drehbohrgerät die Arbeit aufgenom­ der Reussbrücke gelegene Stützmauer 7 .mässigen Abständen wurden senkrecht men. Der Zustand der Brücke erlaubte und die Kirchbergbrücke vollständig zu und leicht zur Vertikalen geneigte Jet­ keine Erschütterungen durch Meisseln sameren. tingpfähle (mit Stahl 0 40 mm) bis in oder Sprengen. Während in den oberen eine Tiefe von 13,00 m eingebaut. Der Zum Schutze der nördlichen Flusspfei­ Bohrmetern die Leistung genügte, hat Stützmauerfuss wurde zudem mit drei ler B und G und des Widerlagerberei­ sich der Bohrfortschritt, insbesondere Bodenankern gesichert. Mit weiteren ches Nord vor weiteren Erosionen ha­ auf dem Niveau der Reusssohle als Fol­ Jettingarbeiten wurde das mit der Not­ ben Ende Februar 1989 die Spezialtief­ ge der grobblockigen Notschüttung ra­ schüttung eingebaute lockere Material bau-Arbeiten für die Bohrpfahlwand, pide verschlechtert. Zur Leistungsstei­ verfestigt. Beim Bohren mussten lau­ kombiniert mit Jettingpfählen, begon­ gerung wurden die folgenden Massnah­ fend grosse Granitblöcke durchfahren men getroffen: nen. werden. Das Feinmaterial, das seiner­ zeit bei den Schüttarbeiten von der - Installation eines 2. Bohrgerätes Reuss laufend ausgeschwemmt wurde, - Meisselversuch mit Erschütterungs- Bauausführung fehlte im Boden, was zu einem grossen messungen Zementverbrauch bei den Bodeninjek­ - Nachtarbeit (2-Schichten-Betrieb) Die Notmassnahmen und ersten Siche­ tionen und zu einer möglichen Reuss­ - Samstagsarbeit und in einer späteren rungsarbeiten sind unter der Leitung verschmutzung führte. Phase auch zusätzlich Sonntagsarbeit des Bauamtes Uri ausgeführt worden. (Bild 5). Nach und nach hat das Bauamt die Baugrube für Bohrplanum Bei den Erschütterungsmessungen wur­ Überwachung und Organisation der Für das Herrichten des Bohrplanums den verschiedene Sondenstandorte mit örtlichen Bauleitung übertragen musste um den Pfeiler J herum eine Meisselfallhöhen von 0,50- 3,00 m im (Bild 4). grosse Baugrube ausgehoben werden. Bohrloch ab 5,00 m Tiefe gewählt. Die Die obere Etappe der Notschüttung mit max. Beschleunigung hat einen Mess­ Überbausicherung Blöcken und Beton wurde nun mühe­ wert von 0,75 mmls ergeben. Damit Die Montage der Überbausicherung im voll mit dem Spitzhammer wieder abge­ konnten Meisselarbeiten mit einer Fall­ Pfeilerbereich J mit massiven Stahlträ• baut. Die praktisch vertikale Baugru­ höhe von 1,00-1,50 m zugelassen wer­ gern und Zugstangen hat sich als sehr benwand stützte sich auf die vorgängig den (Bild 6). Durch das sehr harte Gra­ schwierig erwiesen, da sich die Brücke erstellten Jettingpfähle (bergseitig und nitgestein war der maschinentechni­ in einem kritischen Zustand befunden seitlich) ab. Nach Erreichen der halben sche Verschleiss gross, die Dreh-Bohr­ hat und somit ein Zugang mit Geräten Aushubhöhe musste die Baugruben- kronen mussten laufend ausgewechselt 38 47.87m

[m] 45

GRUNDRISS

35 11 ~12

301-----~ -$- -$- 1Pfeiler J 25 21-$- -$-22

15

~ L' - 5 ,g E 12 0.. 0

5 10 15 20 25 30 35 40 [Tage] 45

Bild 5. Leistungskurve der Bohrpfahlarbeiten Bildautor: A. von Glutz werden, auch Getriebe- und Getriebe­ grosse Anforderungen gestellt. Am Stahlgerüst stangenbrüche führten zu Arbeits­ 22./23. Dezember 1987 konnte der Ban­ unterbrüchen. kettbeton in zwei Etappen mit Rutsch­ Ab 5. Januar 1988 folgten die ersten Mit zunehmender Bohrtiefe ver­ rohren ab Kantonsstrasse eingebracht Vorbereitungen auf dem Betonbankett schlechterte sich die Standfestigkeit der werden. Der Unterbruch über die Fest­ mit dem Bohren der Schubdübellöcher Bohrwandung, dies als Folge von un­ tage konnte für das Abbinden und Er­ und dem Versetzen der Klebeanker. vollständigen Jettingsäulen, die wäh• härten genutzt werden. Die Betontem­ Die hauptsächlichen Montagearbeiten rend der Ausführung durch Bodenwas­ peraturen wurden über eine eingebaute des massiven Stahlgerüstes konnten mit serströmungen die frischen Zementin­ Sonde mittels Temperaturschreiber einem Pneukran ab Kantonsstrasse vor­ jektionen ausspülten. Durch Ausbeto­ aufgezeichnet. Am 5. Januar 1988 wur­ genommen werden. Der schwere Mit­ nieren und Nachbohren konnte das de eine Temperatur von 35 °C gemes­ telteil reussseitig musste mit dem Pneu­ Überprofil gefüllt werden; dies führte sen. Der Temperaturabfall pro Tag be­ kran von unten her ab Baupiste einge­ zu einer Verringerung des eindringen­ trug rund 2 °C. baut werden (Bild 8 und 9). den Wassers. Die Bohrpfähle wurden rund 50 cm im anstehenden Granitfels eingebunden (Bild 7) und mit je 4 Dü• belrundeisen verankert. Anschliessend folgte der Einbau der üblichen Pfahlar­ mierung mit Spiral- und Längseisen. Das Betonieren erfolgte mit dem Fall­ rohr ohne nennenswerte Probleme. pfahlriegel und pfahlbankett Die Pfahlriegel verbinden je 2 Bohr­ pfähle quer zur Brückenachse und haben die Abmessungen 8,00/1,50/ 3,00 m. Das Betonieren mit Fliessbeton diente als Versuch für die Anwendung beim massiven Bankett. Das Bankett weist erhebliche Abmessungen auf (12,00/8,00/3,00 m) und ist mit unten­ liegenden, teilweise parabelförmigen Kabeln vorgespannt. Die Soll- und Ist­ Lage des Brückenpfeilers wurde köcherförmig ausgespart. An die Bankettschalung wurden, insbe­ sondere in bezug auf die Verankerung, Bild 6. Obersicht Bohrpfahlarbeiten mit zwei Geräten bei ?feiler/, November 7987 wegen der beachtlichen Betonierhöhe Bildautor: A. von Glutz

39 Widerlager Süd der bestehende Einstieg vergrössert. Beim Widerlager Nord war ein Zugang zu schaffen. Mitte März 1988 haben die Werklei­ tungsumlegungen vom Kasteninneren auf den Brückenkonsolkopf begonnen. Nachdem die Arbeiten beim Pfeilerfuss durch die andauernde Lawinengefahr blockiert waren, konnten die ersten Bohrarbeiten an den Querwänden für die späteren Längsvorspannkabel frü• her als im Bauprogramm vorgesehen in Angriff genommen werden. Spezielle Bild 9. Montage der Querverstrebungen Probleme der Genauigkeit mussten bei Bild 7. Unverrohrtes Bohrloch, Tiefe ca. Bildautor: A. von Glutz der Ausführung der Kernbohrungen 72m Bildautor: A. von Glutz gelöst werden, da die Bohrungen im Wenn die Krummlaui als Fliesslawine Arbeiten im Brückentrog Zeitpunkt der noch abgesenkten Brük• in der vorhandenen Rinne niedergeht, ke erfolgten, jedoch für den Zustand wird sie kurz vor der Autobahn N2 Der Brücken-Hohlkasten ist mit 2,00 m nach der Hebung zu genügen hatten. durch den künstlichen Damm in Rich­ Höhe und einer mittleren Breite von Vor den Hebearbeiten wurden die bei­ tung Süden umgeleitet. Bei einem rund 5,00 m normal begehbar. Im Stüt• den Hauptrisse nördlich und südlich Staubniedergang verlässt die Lawine zenbereich sind massive Querträger des Pfeilers J mit Hydrojetlanzen um die natürliche Rinne im mittleren eingebaut mit einer kreisförmigen einige Zentimeter ausgeweitet. Die glei­ Hangbereich und erreicht die Zone der Durchgangsöffnung. Die notwendigen che Firma führte die Aufrauharbeiten Brückenpfeiler H-J. Arbeiten im Brückentrog wurden mit Hochdruckwasserstrahl im Bereich Die Moostallaui mit einem mächtigen durch mehrere, an der Fahrbahn aufge­ der Betonverstärkungen aus. Einzugsgebiet von rund 24 ha in den hängte Werkleitungen beeinträchtigt. Relativ einfach liess sich die Verdübe• Diederbergen stösst als Staub- oder Das Verstärkungskonzept sah vier Fliesslawine in der natürlichen Rinne Längsvorspannkabel mit massiven Be­ lung zwischen bestehendem Beton und den Verstärkungen (Druckplatten, direkt in Richtung Brückenpfeiler J tonverstärkungen beim Widerlager Längs- und Querträger) mittels Hilti­ vor. Bei einem grösseren Niedergang Nord und Süd sowie beim Pfeiler J im Verbundbolzen mit Kappenmuttern wie z.B. am 24. April 1986 wird die Brückentrog vor. Zur Bewältigung die­ bzw. Klebeankern aus Stahl III realisie­ Reuss durch den Schneekegel aufge­ ser Aufgabe wurde vorgängig eine In­ ren. staut; beim Durchbruch entsteht da­ nenbeleuchtung installiert und beim Das Schalungsmaterial, die Armierung durch Hochwassergefahr. Durch die und die Zulagekabel für die Verstär• Lawinen sind, je nach Umfang, Perso­ kung der Bodenplatte, Wände und nen im Bereich der Reussbrücke ge­ Querriegel musste mühevoll durch die fährdet (Bild 11). eingangs erwähnten Öffnungen bis Die Arbeitsgruppe Lawinenwarndienst zum Bestimmungsort von Hand trans­ hat deshalb für den Winter 1987 /88 die portiert werden (Bild 10). Gewisse folgenden Weisungen erteilt: Schwierigkeiten ergaben sich beim Be­ - Lawinengrad 1 : Einstellen der Arbei­ tonieren der Längs- und Querträger. ten beim Pfeilerfuss J, Sperren der Für das Einbringen des Betons standen Baupiste am linken Reussufer. grundsätzlich keine Öffnungen in der - Lawinengrad 1-2: Nur noch kurze Fahrbahnplatte zur Verfügung. Der Arbeitseinsätze auf Höhe OK Pfahl­ Pumpbeton wurde daher unter Druck bankett mit Hangbeobachtung und eingebracht. Warnung. - Lawinengrad 2: Zunehmende Lawi­ nengefahr, die Arbeiten sind einzu­ stellen. Spezielle Aufgaben/ - Lawinengrad 2-3 : Sperrung der Kan­ Randbedingungen tonsstrasse (Bild 12).

Lawinendienst: Organisation/Gefahren Im Kanton Uri werden die Weisungen und Warnungen durch die Arbeitsgrup­ pe Lawinenwarndienst mit den beiden Lawinenzentralen und Alt­ dorf sichergestellt. Die verschiedenen Gefahrengrade von 0 bis 3 werden über das Bauamt Uri oder direkt den wich­ tigsten Baustellen mitgeteilt. Die Bau­ stelle «Reussbrücke N2 Wassen» liegt im Gefahrenbereich der Krummlaui Bild 8. Montage des Stahlgerüstes mit und der Moostallaui. Beide Lawinenzü• Bild 10. Brückentrog-Verstärkung, Vor­ Pneukran ab Baupiste linkes Reussufer ge können als Staub- oder Fliesslawine spannung und Armierung Bildautor: A. von Glutz niedergehen. Bildautor: A. von Glutz

40 Bild 71. Gesamtübersicht des Lawinengebietes Diederberge mit den einzelnen Lawinenzügen Bildautor: [R. Schneider

41 1987 1988 In der Tabelle 1 sind die Aktivitäten Dezember Januar Februar März April Mai vom 26 . April 1988 bis 20. Mai 1989 dargestellt. 3

Brückenhe bung 2 Tagesaktivitäten vom 26.4.-20.5.1988 Datum Tätigkeit Bemerkungen Phase 1-2 26.4.1988 Trennen Zugarmierung 27.4.1 988 Trennen Zugzone 28.4.1988 Brennen Druckzone 1. Teil 29.4. 1988 Brennen Druckzone 2. Teil 0-1 Pfeilerentlastung cry~97mm 2 3.5.1988 Pfeilerfussentlastung 0 4.5.1988 Abheben Pfeiler G ~ 5750 kN

5.5.1988 Umlagerung P 1 P, Rückdrehung 1. Versuch * Schneeprofil - Aufnahmen im Einzugsgebiet Diederberge { 11. April . 22. Apri l und 4. Mai J f­ 6.5. 1988 Rückdrehung 2. Versuch Torsion auf f-­z (Bespr. Prof. Menn) Überbau n Flie sslo wi ne bis ins Reussbett I 9.5.1988 Rückdrehung 3. Versuch 30 10 u <) ( 21. März 12 und 3. Mai 18 ) (f) (Bespr. Prof. Menn) Bild 72 . Lawinengrad-Diagramm Bildautor: A. von Glutz 10.5.1988 Beginn Hebung Gz 8-13 cm 11.5.1988 Beginn Hebung crz 20-25 cm 13.5.1988 Fortsetzung Hebung crz 32-37 cm Bauarbeiten während der Ein Vergleich mit dem Schneeprofil 16. 5.1988 Fortsetzung Hebung crz 42-47 cm 4 Winterperiode Gütsch, 6 km südlich der Diederberge Ausgleich cr Z in leichte Torsion im Raume Andermatt, zeigte analog die Längsrichtung auf Überbau Die ausserordentlich günstigen Witte­ 17.5.1988 Fortsetzung Hebung Begrenzung rungsbedingungen im Spätherbst 1987 schlechte Schicht im untersten Teil (Bausitzung) p 7500 kN z 52-57 cm und zu Beginn des Jahre 1988 erlaubten (körnige Schwimm-Schneeschicht mit nur 3 kg Widerstandswert). Bei einer 18.5.1988 Fortsetzung Hebung Begrenzung die Fortsetzung der Bauarbeiten und EP 8000 kN Erwärmung musste mit einem Abglei­ crZ 62-67 cm Installationen für die Brückenhebung ten der Schneemasse gerechnet werden. 19.5.1988 Fortsetzung Hebung Begrenzung bis in die zweite Hälfte Februar. Am 24. EP 8200 kN Februar 1988 mussten die Vorbereitun­ Es wurde daher erneut festgelegt, dass crZ 72-77 cm eine Arbeit beim Pfeilerfuss nur bei La­ 20.5.1988 Fortsetzung Hebung crZ 75 - 80 cm gen für den Einbau des Gleitlagers Hebung durch beim Pfeilerfuss infolge zunehmender winengrad 0-1 zugelassen ist in der Zeit Begrenzung€ P von 06.00 bis max. 14.00 Uhr. Auf­ eingestellt Lawinengefahr und täglicher Schnee­ grund der tiefen Temperaturen konn­ fälle unterbrochen werden. In dieser Zeit wurde die Gerüstbühne am Pfeiler­ ten die Bohr- und Fräsarbeiten am kopf mit einem Stahlgitter eingekleidet, Pfeilerfuss und der Gleitlagereinbau Baustellenüberwach ung die Stapelhalterung konnte so noch vor vom 15.-22. April 1988 vorgenommen werden (Bild 13). Die Überwachung der Baustelle bzw. dem Arbeitsunterbruch eingebaut wer­ des Bauwerkes beinhaltete die folgen­ den. Weitere starke Schneefälle führten Um den Pfeiler schnitt zu ermöglichen, den Aufgaben: am 7. März zum Lawinengrad 2 und so­ wurden im Einzugsgebiet am 22. April mit zur Arbeitseinstellung, mit Aus­ 1988 erneut Schneeschicht-Untersu­ - Vermessungstechnische Überwa- nahme der Arbeiten im Brückentrog. chungen durchgeführt. Das 2. Schnee­ chung Eine Verbesserung der Lage ab 14. profil präsentierte sich etwas günstiger - Überwachungen durch die Baulei- März war nur von kurzer Dauer, der tung und kompakter. Bei einer starken Lawinengrad änderte jeweils am Mittag - Baustellenbewachung Durchnässung hätte die Gefahr des Ab­ von 1- 2 auf 2. Am 21. März ist im Moos­ gleitens bestanden. Durch die zuneh­ Vermessungstechnische Überwachung tal eine Lawine bis ins Reussbett vorge­ mende Erwärmung musste jedoch nicht stossen. Schnee- und Regenfälle ver­ Nach dem Schadenfall wurde die Nivel­ mehr mit einer Staublawine gerechnet lette der Fahrbahnplatte in zwei Län• schlechterten die Situation erneut und werden. Bei einer Fliesslawine wurde es verlangten die vollständige Räumung genprofilen über die ganze Brücke zunehmend unwahrscheinlicher, dass durch die Vermessungsabteilung des der Baustelle am 25 . März vormittags der Schneekegel weit über das Bankett­ bei Lawinengrad 2- 3. Die Kantons­ Bauamtes Uri laufend bestimmt. Im Be­ Niveau hochgehen und somit das Stahl­ reich des Pfeilers J mussten zudem vier strasse Wassen- Gurtnellen musste vor­ gerüst gefährden konnte. Die Durch­ sorglich gesperrt werden. Nachdem engmaschige Profile L = 16,00 m, führung des Pfeilerschnittes war somit Punktabstand 50 cm, gemessen werden. sich die Lawinensituation Ende März ab 26. April 1988 zu verantworten. 1988 etwas verbesserte, musste im In­ Das Messintervall betrug in den ersten Monaten 1 Woche und konnte dann teresse des gedrängten Bauprogrammes Dokumentation nach einer neuen Lösung gesucht wer­ später auf 2 Wochen ausgedehnt wer­ den. Für die Arbeiten am Pfeilerfuss Einen wesentlichen Aufwand erforder­ den. wurde eine Spezialregelung getroffen: te die Bereitstellung einer umfassenden Während der Hebearbeiten war eine In­ Arbeit in den frühen Morgenstunden Dokumentation für das Projektteam tervallverkürzung auf 1-2 mal pro von 03.00 bis 10.00 bzw. 12.00 Uhr. Um und die weiteren Beteiligten. Es sind Woche zweckmässig, um die Änderun­ eine realistische und ortsbezogene folgende Dokumente erstellt worden: gen der Koten- und Trägerkrümmun• Beurteilung vorzunehmen, haben die - Fotodokumentation gen zu erhalten. Das Vermessungsbüro Lawinenfachleute am 11. April 1988 an - Messwerte für sämtliche Hebephasen A. Hode!, Altdorf, ·hat in einer ersten der oberen Kante des Einzugsgebietes (EDV-Messungen aus der Messzen­ Phase den Ist-Zustand des Bauwerkes der Diederberge auf 2420 m ü.M. trale) nach dem Unwetter von 1987 aufge­ Schneeschicht-Untersuchungen durch­ - Tagesaktivitäten, insbesondere in der nommen und mit der früher geplanten geführt (Rammprofil, Schichtprofil Anfangsphase Pfeilerschnitt und He­ bzw. vorhandenen Geometrie der Brük• und Rutschkeil). bung. ke verglichen. Die neu entstandene To-

42 ~ Bild 73. Bohr- und Fräsarbeiten am Pfeilerfuss für den Einbau des Gleitlagers Bildautor: A. von Glutz pografie der Brückenumgebung, wie Reusslauf, Abbruchkanten, Notschüt• tungen usw. wurden mittels Photo­ grammetrie bestimmt. Durchgeführte Überwachungsmessun• gen:

- Stützmauer Kt-Strasse, Mauerkrone Bild 74. Belastungsversuch mit 6 Vierochs-Lastwagen am 77 . Juli 7988 A. von Glutz und OK Fundament (Intervall 1 x pro Woche) - Überwachung des Unternehmers guten Mithilfe des Bautechnischen La­ - Widerlager Nord und Süd während der Aktivitäten zur siehe- bors, Flüelen, der Vermessungsabtei­ - Konsolkopf bei Pfeiler J, temperatur- ren Einhaltung der vorgängig festge- lung des Bauamtes Uri und des Geome­ abhängiges Verhalten legten Grenzwerte (Pressenkräfte ters A. Rodel, Altdorf, termingerecht Verschiebungskontrolle Pfeiler J am Hauptlasten). gelöst werden. Pfeilerfuss x, y, z-Richtung während Baustellenbewachung Der Generalunternehmer hat wesentli­ der Bohrpfahlarbeiten (Intervall che Teile der Bauarbeiten an die örtli• l-2X täglich, je nach Meisselarbeit Verschiedene Zwischenfälle auf der che Bauunternehmung R. Kalbermat­ - Ausführung von Beobachtungsmes­ Baustelle veranlassten den Bauherrn, ten übertragen, die nebst den Erd- und sungen an Pfeiler und Brücke zwecks aus sicherheitstechnischen Gründen Betonarbeiten praktisch allen Su­ Bestätigung von projektierten Lage­ während der kritischen Hebephase eine bunternehmern Beihilfe geleistet hat änderungen des Bauwerkes zur Errei­ Baustellenbewachung anzuordnen. und unmittelbar nach dem Unwetter­ chung der Soll-Geometrie (Pfeiler­ Eine Beschädigung der Hebeinstallatio­ ereignis bis zum Abschluss der Bauar­ schnitt und Brückenhebung). nen oder der Messzentrale hätte den beiten auf dem Platz vertreten war. Der Geometer hat zudem das Verhal­ provisorischen Eröffnungstermin vom Sommer 1988 in Frage stellen können, Die neuartige Rekonstruktionsmetho­ ten der Brücke für diverse Lastfälle da verschiedene elektronische Ersatz­ de einer Autobahnbrücke an der wich­ beim Belastungsversuch 1 vom 14. Juli tigsten Nord- Süd-Achse hat die ver­ 1988 gemessen (Bild 14). teile und Geräte nur im Ausland mit grösseren Lieferfristen erhältlich wa­ schiedensten Fachkreise und Verbände Überwachungen durch die Bauleitung ren. Die Bewachung durch die Securitas aus dem In- und Ausland veranlasst, die erfolgte jeweils von Arbeitsende bis Ar­ Arbeiten an Ort zu besichtigen. Es war Nebst den genannten Überwachungsar• für uns eine grosse Freude, bei den Bau­ beiten hatte die Bauleitung weitere beitsbeginn und über die Wochen­ enden, an denen nicht gearbeitet wur­ stellenführungen mitzuwirken. Allen Messungen und Kontrollen vorzuneh­ de. Vom 18. Mai bis 24. Juni 1988 wur­ Besuchern danken wir an dieser Stelle men: de die Bewachung mit einem Mann für ihr grosses Interesse. Eine besonde­ - Brückenlagerüberwachung - Lager- sichergestellt, nach weiteren Zwischen­ re Ehre erwiesen dem Kanton Uri und spiel · fällen musste die Bewachung auf 2 dem Projektteam die beiden Herren - Temperaturmessungen im Brücken• Mann verstärkt und konnte erst am 31 . Bundesrat Adolf Ogi und alt Bundesrat trog Oktober 1988 aufgehoben werden (Aus­ Leon Schlumpf mit ihrem Besuch wäh• - Betrieb der Wetterstation bau der Hubpressen). Während der Ar­ rend der Hebearbeiten). Für die gross­ - Kontrolle der Glassiegel im Brücken- beitszeit wurde die Bewachung der Bau­ artige Zusammenarbeit danke ich dem trog und am Pfeiler J stelle durch die Bauleitung vorgenom­ Generalunternehmer, dem örtlichen - Erschütterungsmessungen während men. Bauunternehmer und allen Subunter­ des Meisselns für die Bohrpfähle nehmern sowie dem Werkhof Gösche­ - Bestimmung der Rissbreite an den Schlussbemerkungen nen und allen Dienstleistungsbetrie­ verschiedensten Stellen des Brücken• ben. troges während der Hebearbeiten mit Die Bauleitung für die Rekonstruktion Die Talspur der Reussbrücke N2 Was­ Risslage (in den Beobachtungsfel­ der Reussbrücke N2 Wassen war eine sen ist betriebsbereit und gehört wieder dern auf der Brückenfahrbahn, bei aussergewöhnliche, arbeitsintensive, dem nationalen und internationalen Pfeiler J ab Gerüstboden, im Bereich aber sehr interessante Aufgabe. Die Verkehr Nord- Süd/Süd- Nord. der Kt-Strasse ab Hebebühne und im aufwendigen Kontroll- und Überwa• restlichen Brückenbereich ab Brük• chungsaufgaben sowie die vielen Mes­ Adresse des Verfassers: Andre von Glutz, kenuntersichtsgerät, je nach Hebe­ sungen an den verschiedensten Stellen Bauingenieur HTL, c/o Ingenieurbüro fortschritt 1 x pro Std.) der Kunstbauten konnten nur dank der E. Winkler + Partner AG, 6484 Wassen. 43 der Pressen das übliche Vorgehen zu Die Rekonstruktion und unerwünschten, zusätzlichen Bean­ spruchungen im geschwächten Brük• Sanierung der Reussbrücke kenträger geführt hätte, indem das nach jedem Pressenhub notwendige Wassen Absetzen der Last auf Stapel immer ge­ wisse, unterschiedliche Setzungen mit Das von Herrn Prof. C. Menn entworfene, generelle Konzept für die Re­ sich bringt. Die Lösung bestand deshalb konstruktion der während des Unwetters im August 1987 beschädigten darin, anstelle je einer Presse und eines Reussbrücke Wassen sah vor, dass als Ersatz für das abgesunkene Fun­ zugehörigen Stapels zwei Pressen vor­ dament des Brückenpfeilers J ein neues, massives Fundament zu schaf­ zusehen, wobei mit einer der beiden fen war, das sich auf vier Bohrpfähle abstützt, die rund um das alte Fun­ Pressen ein Hub ausgeführt und mit der dament angeordnet und bis auf den Felsuntergrund abzuteufen waren. anderen deren Last ohne jede Höhen• Das neue Fundament sollte gleichzeitig als Basis für ein bis unter den änderung übernommen und gleich der Brückenträger reichendes, schweres Stahlgerüst dienen, auf dem die nächste Hub ausgeführt werden konn­ für die Hebung benötigten hydraulischen Pressen angesetzt werden te. konnten. Sobald die Brücke über diese Pressen und das Stahlgerüst ab­ gestützt war, sollte der Brückenpfeiler auf der Höhe des neuen Funda­ mentes durchgetrennt und, nach erfolgter Hebung der Brücke, in dieses Hubpressen eingebunden werden. Als Hubpressen wurden die Typen SPE350 und SPE200 mit 3500 kN bzw. Erste Berechnungen hatten gezeigt, verschiebungen bei den Fahrbahnüber• 2000 kN Tragkraft gewählt. Beide Ty­ dass für die Hebung eine Vertikalkraft gängen konnten folgende Schlüsse ge­ pen weisen die gleiche Bauhöhe von von etwa 12 000 kN erforderlich sein zogen werden: 75 cm und eine maximale Hubhöhe D Beim Pfeiler J war die Brücke im von 20 cm auf. Sie zeichnen sich ferner VON E. BRÄM, Mittel um 111 cm zu heben. dadurch aus, dass sie wie Pendelstützen wirken, indem sie am Fuss mit einem ZÜRICH D Der zwischen den Hauptrissen be­ Kalottengelenk und am Kopf mit findliche Teil des Brückenkastens wür• einem Topflager versehen sind, so dass würde, wobei etwa zwei Drittel dieser de sich um rund 3% um die Brückenaxe sie bestens geeignet waren, den unter­ Kraft unmittelbar beim Pfeiler J und zurückdrehen, quer zur Brücke um schiedlichen Bewegungen der Abstütz• ein Drittel verteilt auf beide, an die etwa 7 cm und längs um etwa 3 cm ver­ punkte zu folgen. klaffenden Hauptrisse angrenzenden schieben. Brückenfelder wirken sollten. Als An­ Entsprechend der erforderlichen Hub­ D Die ausserhalb der Hauptrisse an­ griffspunkte der Hubkräfte kamen nur kraft wurden im Pfeilerbereich vier grenzenden Brückenfelder würden sich die beidseitigen Stege des Kastenquer­ Pressen vom Typ SPE350 und in den ebenfalls verdrehen und seitlich ver­ schnittes des Brückenträgers in Frage. angrenzenden Feldern je zwei Pressen schieben, allerdings in geringerem vom Typ SPE200 benötigt, wobei wegen Mass als der Mittelteil. Hingegen wür• der oben beschriebenen Verdoppelung de sich deren Längsgefälle in entgegen­ insgesamt 16 Hubpressen zum Einsatz Die Hebeinstallationen gesetztem Sinn um je 3% ändern, und kamen. Bei ihrer Anordnung war auf die Längsverschiebungen würden bis genügende Zugänglichkeit zu achten Voraussetzungen zu etwa 8 cm betragen, bis sich die klaf­ und auf das vorhandene, aus unterge­ fenden Risse wieder geschlossen hätten. Aus dem vorgeschlagenen Rekonstruk­ hängten Trägern bestehende Notsiche­ tionskonzept ergaben sich im wesentli­ Die für jeden der sechs Angriffspunkte rungssystem Rücksicht zu nehmen, da­ chen sechs Ansatzpunkte für die Hub­ der Hubpressen ermittelten voraus­ mit in den betroffenen Zonen wenig­ pressen, nämlich an der Unterseite des sichtlichen Bewegungen sind in Bild 1 stens eine der beiden Pressen sofort in­ Brückenkastens, direkt unter den beid­ dargestellt. Neben der aktuellen «lst»­ stalliert werden konnte. Um Fehlmani­ seitigen Stegen, und zwar einmal beim Lage mit der zugehörigen Fallrichtung pulationen zu verhüten, wurden alle Pfeiler J und je einmal ausserhalb der und dem Gefälle der Brückenunter­ Pressen numeriert, wobei die eine Gar­ Hauptrisse in den angrenzenden Fel­ sicht sind die erforderliche horizontale nitur mit dem Buchstaben A, die ande­ dern. Verschiebung, die vertikale Hebung so­ re mit B zusätzlich gekennzeichnet Bevor die notwendigen und zweckmäs• wie Fallrichtung und Gefälle der wurde (Bild 2). sigen Einrichtungen entworfen und «Soll»-Lage angegeben. Aus dieser Dar­ vorbereitet werden konnten, war zu er­ stellung ging hervor, dass sich jeder mitteln, welche Bewegungen die An­ Punkt während der Hebung individuell Hubstapel satzpunkte der Hubpressen bei der und unterschiedlich bewegen und ver­ Das respektable Gewicht der Hubpres­ Rückführung der Brücke in ihre ur­ drehen würde, wobei auch noch eine sen von je 776 kg bzw. 427 kg liess es sprüngliche Lage erfahren würden. gewisse Marge für die seinerzeitige ratsam erscheinen, sie nicht nach je­ Deshalb wurden zunächst die aktuelle Bautoleranz in Rechnung gestellt wer­ dem Einsatz entsprechend der fort­ Lage und Höhe der Untersicht des den musste. Gesucht war demnach ein schreitenden Hebung höher zu setzen, Brückenkastens und des Pfeilers J mit System von Hebemitteln, das diesen un­ sondern ein für allemal auf der Höhe geodätischen Methoden bestimmt. Aus terschiedlichen Bewegungen ohne des Stützgerüstes zu belassen und den dem Vergleich mit den ursprünglichen Zwängungen folgen konnte. Ausgleich des zunehmenden Höhen• Bauplänen und unter Einbezug der Als weiteres Problem kam hinzu, dass unterschiedes durch über den Pressen beobachteten Rissbreiten und Längs- wegen der konzentrierten Anordnung angeordnete und mit dem Brückenka-

44 SCHEMA PRESSE/STAPEL VORAUSSICHTLICHE BEWEGUNGEN (SITUATION l !AUFRISS> PFEILERJ _,.,,.. BEZEICHNUNG DER PRESSEN CSITUATIONl 9, \_,P/ 5.4 ~{t~ ~~ ® ®@ @ LUZrnN · -~~0 4 l-~l~ 4 - . l ~10~'b GOTTHA: ..!-- STAPEL ~ 41.~~ ~ -·-"~ ~-~ -----q__ _ B1QJ l•11a I l+1oe I ? HUBPRESSE VERTIKALVERSCH. ccm> D HORIZONTALVERSCH. Ccml FALLINIE UND GEF. C0 /ol "IST" - H ._ -::=~3..!.-- PRESSEN­ 0 FALUNIE UND GEF. ( /o) "SOLL" e1Lo NR : TISCH 9 INNERE PRESSEN ÄUSSERE PRESSEN

Bild 7. Voraussichtliche Bewegungen Bild 2. Bezeichnung der Pressen Bild 4. Schema Presse/Stapel

sten fest verbundene Stapel zu bewerk­ und die Exzentrizität E für jede Presse Termine und bauliche Probleme stelligen (Bild 3). Die Verbindung mit laufend mit Hilfe des später zu be­ dem Brückenkasten wurde mittels Kle­ schreibenden integrierten Messsystems ber und Dübel hergestellt. überwacht. Ausserdem wurden Stahl­ Termine Da sich die Stapel zusammen mit der konstruktionen so am Brückenkasten Die oben beschriebenen, grundsätzli• Brücke bei jedem Hub leicht verscho­ befestigt, dass das untere Ende jedes chen Dispositionen mussten unter gros­ ben und neigten, wurden sie oben mit Stapels in jeder vorkommenden Lage sem Zeitdruck getroffen werden, damit einem aufgehängten System aus zwei derart verstrebt werden konnte, dass die benötigten Einrichtungen rechtzei­ keilförmig bearbeiteten, dickwandigen ein Ausknicken unmöglich war. tig zur Verfügung standen. Bereits An­ und gegenseitig verzahnten Rohrab­ Zur Sicherstellung der Gesamtstabilität fang Oktober 1987, d.h. drei Wochen schnitten ausgestattet, die durch gegen­ wurden ferner eine obere und untere nach Erteilung des GD-Auftrages, wur­ seitiges Verdrehen das Einstellen jeder Führung für den Pfeiler J und eine den die Geometrie und · der Lastplan, vorkommenden Neigung erlaubten. Längshalterung für die ganze Brücke einschliesslich der Variationen der Last­ Damit konnten die Stapel nach jedem verwirklicht. Die obere Führung auf angriffspunkte, für das schwere Stütz• Hub wieder lotrecht gerichtet werden, der Höhe des Gerüstbodens bestand aus gerüst definiert, so dass der Auftrag für während die Pressen durch seitliches je einem Horizontalstapel und einer hy­ die statische Berechnung, Konstruktion Verschieben wieder genau senkrecht draulischen Flachpresse auf jeder Seite und Ausführung erteilt werden konnte. darunter gestellt wurden. Die übrigen des Pfeilers. Deren Abstützung erfolgte Anfang November 1987 waren auch die Stapelelemente bestanden aus verzahn­ mit Hilfe eines um den Pfeiler herum Abmessungen und Belastungen des ten, parallelen Rohrabschnitten und geführten Stahlrahmens, der im Stütz• neuen Fundamentes, einschliesslich wurden untereinander verschraubt, so gerüst verankert war. Durch ständiges der Pfeileraussparung, gegeben. Damit dass die zusätzlich benötigten Elemente Nachführen der Horizontalstapel an konnte mit der Statik und Konstruk­ jeweils direkt über den Pressen einge­ die Verschiebungen des Pfeilers unter tion begonnen werden. Anschliessend schoben werden konnten. Offenlassen eines minimalen Zwi­ wurden alle übrigen Installationen im schenraums konnten allfällige unkon­ Detail entworfen und sukzessive in Stabilitätsfragen trollierte Horizontalbewegungen sofort Auftrag gegeben. Das oben beschriebene System aus pen­ abgefangen werden. Die Pressen dien­ delstützenartigen Pressen und fest mit ten dazu, den Pfeiler während Arbeits­ dem Brückenträger verbundenen Sta­ unterbrüchen zu fixieren. peln erwies sich als äusserst zweckmäs• Die untere Pfeilerführung war im Prin­ sig zur Lösung der Bewegungsproble­ zip gleich beschaffen wie die obere, wo­ me, barg aber auch gewisse Gefahren in bei in einer ersten Phase, für den sich, die schematisch in Bild 4 darge­ Pfeilerschnitt, besondere Vorkehrun­ stellt sind. Die Verschiebungen und gen getroffen werden mussten. Da zeit­ Verdrehungen des Brückenkastens und weilig grosse Horizontalkräfte auftre­ damit der Stapel bewirkten bei jedem ten konnten, wurde die untere Pfeiler­ Hub eine erneute Schrägstellung der führung in der rund um den Pfeiler of­ Pressen und Abwinklung zwischen fengelassenen Aussparung im neuen Pressen und Stapeln. Dadurch entstan­ Fundament angebracht, so dass sich die den einerseits unerwünschte Horizon­ Kräfte direkt auf dieses übertragen talkräfte auf die Brücke und das Stütz­ konnten. gerüst sowie Exzentrizitäten bei der Zur Längshalterung der Brücke wurden Übertragung der Vertikalkraft auf die in beiden Widerlagern je zwei hydrauli­ Brücke, anderseits bestand die Gefahr sche Pressen horizontal angebracht, die einer Überbeanspruchung der Topfla­ eine unkontrollierte Längsverschie• ger und, im Extremfall, gar des Aus­ bung der Brücke verhinderten, wobei knickens. den unvermeidlichen thermischen Um diesen Gefahren zu begegnen, wur­ Dehnungen der Brücke mittels einer den die kritischen Grössen, d.h. die hydraulischen Druckhaltevorrichtung Pressenneigung ß, der Knickwinkel

45 Bild 7. Gerüstmontage (A. von Glutz}

Um Setzungsrisse während des Abbin­ dens des Betons im Bereich der oberen Armierung zu vermeiden, wurde ein re­ lativ niedriger Wasser-Zement-Faktor von 0,46 gewählt und in zwei Etappen an zwei aufeinanderfolgenden Tagen betoniert. Der mittels Sikament ver­ flüssigte Beton wurde von der höherlie• genden Kantonsstrasse aus direkt aus 2 Bohrgeräte beim Pfählen (A. von Glutz} Fahrmischern über Gleitrohre dem Fundament zugeführt (Bild 6). Trotz Sicherungsarbeiten gen, wurde bei jedem Pfahl ein Kranz der bei den Bohrpfahlarbeiten eingetre­ aus acht bis auf den Fels hinunterrei­ Während dieser Vorbereitungen waren tenen Verzögerungen konnte das rund chenden Jet-Säulen erstellt, in deren 300 m 3 umfassende Fundament noch die ersten Bauarbeiten im Gange. Be­ Schutz die Bohrungen angesetzt werden reits im September 1987 war mit Siche­ unmittelbar vor Weihnachten 1987 fer­ konnten. Als Bohrgeräte kamen auf tiggestellt werden. rungsarbeiten für die beim Unwetter engstem Raum zwei schwere Bagger unterspülte Stützmauer der Kantons­ mit aufgesetzten Drehbohrgeräten und Das Stahlgerüst und die Pressen strasse im Bereich des Pfeilers J begon­ hartmetallbestückten Werkzeugen zum Im folgenden Januar wurde das Stahl­ nen worden. Unmittelbar entlang der Einsatz (Bild 5). Das Bohren erwies sich gerüst montiert (Bild 7) und der Ar­ vorderen Kante ihres Fundamentes als äusserst mühsam und zeitraubend, wurde mittels einer Reihe von fast ver­ beitsboden erstellt. Mitte Februar war indem sich die Bohrwerkzeuge immer die Brücke erstmals durch die unterge­ tikalen und einer Reihe von leicht ge­ wieder an den angebohrten Blöcken neigten Jet-Pfählen die zuvor gemachte stellten Pressen wirklich gesichert verhakten, was zu ruckartigen Bean­ (Bild 8). Notschüttung ergänzt und stabilisiert. spruchungen und entsprechenden Danach erfolgte der Aushub rund um Schäden an den Geräten führte. Dank den Pfeiler J im geschütteten, blockigen des Einsatzes rund um die Uhr gelang und teilweise mit Beton verfestigten es dennoch, die vier je 11 m tiefen Das Mess- und Material zur Schaffung des Bohrpla­ Bohrpfähle innert gut sechs Wochen Überwachungssystem nums für die Pfählungsarbeiten. fertigzustellen. Über je zwei Bohrpfäh­ len wurden quer zur Brücke zwei rund Die komplexen Hebeoperationen setz­ Die Bohrpfahlarbeiten 3 m hohe, massive Wandscheiben als ten voraus, dass alle Kräfte, Bewegun­ Das Erstellen der vier Bohrpfähle mit Auflager für das neue Fundament er­ gen und Verformungen gemessen und einem Durchmesser von 120 cm für das stellt. Dadurch wurde unter dem neuen angezeigt wurden, damit laufend über• neue Fundament, unmittelbar neben Fundament ein Arbeitsraum gebildet, prüft werden konnte, ob mit den vorge­ dem abgesunkenen alten Fundament, der zum späteren Durchtrennen des nommenen Manipulationen der ange­ erforderte besondere Sorgfalt. Der Un­ Pfeilers J, unmittelbar unterhalb des strebte Zweck erreicht wurde. Einer­ tergrund bestand im oberen Teil aus ge­ neuen Fundamentes, diente, während seits bestand das Bedürfnis, die wesent­ schüttetem, mit Gesteinsblöcken und die ausserhalb liegenden Zonen wieder lichsten Informationen wie z.B. die Betonabbruch vermischtem Material, aufgefüllt wurden. Pressenkräfte und die räumlichen Ver­ im unteren Teil aus der natürlichen schiebungen der Brücke unmittelbar Moräne, die mit grossen Blöcken aus Das neue Fundament dort zur Hand zu haben, wo die Mani­ sehr hartem Aaregranit durchsetzt war. Baulich ergaben sich für das neue, pulationen ausgelöst wurden, nämlich Da die Gefahr bestand, dass sich das be­ 8mx12 m messende und 3 m hohe im Bereich der Hydraulikaggregate für stehende Fundament infolge von Er­ Fundament gewisse Schalungs- und Be­ die Hubpressen auf dem Gerüstboden. schütterungen, wie sie beim Meisseln tonierprobleme. Weil es einseitig direkt Anderseits sollten die vielfältigen Da­ auftreten, oder der Auflockerung des gegen den Hang betoniert wurde und ten zentral erfasst, registriert und über­ umgebenden Bodens noch weiter setzen die Pfeileraussparung hinderlich war, wacht werden. In unmittelbarer Nähe würde, musste ein Verfahren gewählt konnten die seitlichen Schalungen des Pfeilers J wurde zu diesem Zweck werden, das Nachsetzungen unter allen nicht durchgehend gebunden werden. ein Container aufgestellt und als Mess­ Umständen verhinderte. Die hohen Betondrücke wurden des­ und Überwachungszentrale ausgestat­ Gewählt wurde deshalb das Drehbohr­ halb mittels schräg nach unten verlau­ tet. verfahren, bei unverrohrtem Bohrloch. fender Zugstangen und einer in den Die Information über die Pressenkräfte Um den umgebenden Boden und die vorerwähnten Wandscheiben veranker­ wurde auf zwei voneinander unabhän• Wandung der Bohrlöcher zu verfesti- ten Stahlkonstruktion aufgenommen. gige Arten sichergestellt. Sie erfolgte ei-

46 Bild 6. Betonieren neues Fundament R. Kalbermatten nerseits über die den einzelnen Pressen zugeordneten Manometer, die über den Hydraulikaggregaten im direkten Sicht­ bereich des Bedienungsmannes ange­ bracht waren (Bild 9). Anderseits wurde Bild 8. Fertig mon­ der Öldruck jeder Presse mittels eines tiertes Stahlgerüst Druckaufnehmers in die Messzentrale mit Pressenboden übertragen und dort die entsprechende (L. Buscorlet) Kraft angezeigt. Um die räumlichen Bewegungen der Brücke zu erfassen, wurde vor und scheibe gerichtet war. Verschiebungen befestigt werden konnte, dessen Mess­ nach dem Pfeiler J sowie ausserhalb der der Brücke in Quer- und Längsrichtung stange am Brückenkasten befestigt war. Hauptrisse in den beiden angrenzenden konnten somit jederzeit direkt abgele­ Höhenänderungen konnten ausserdem Feldern je ein Messquerschnitt ge­ sen werden. Das erzeugte Bild wurde auch direkt bei den Hubpressen gemes­ wählt. Jeder dieser Messquerschnitte von einer Videokamera aufgenommen sen werden. wurde mit folgenden Einrichtungen be­ und in der Messzentrale auf einem Mo­ D Ein an der Unterseite des Brücken­ stückt: nitor angezeigt. kastens angebrachter Querneigungs­ D Zur Beobachtung der Lage im D Zur Feststellung der Höhenände­ messer diente zur direkten Beobach­ Grundriss wurde auf dem neuen Beton­ rungen wurde ein Invardraht am Fun­ tung des Quergefälles und, in Kombi­ fundament ein Laserlot aufgestellt, des­ dament befestigt und mittels Spannseil, nation mit dem vorerwähnten Höhen• sen Strahl auf eine an der Unterseite Umlenkrollen und Gegengewicht lot­ messgerät und mittels Umrechnung, des Brückenkastens angebrachte und recht so gegen die Brückenuntersicht zur Ermittlung der Höhen bei den An­ mit einem cm-Raster versehene Ziel- gespannt, dass daran ein Wegmessgerät satzpunkten der Hubpressen.

Bild 9. Hydraulikaggregate und horizontale Pressenfixierung Bild 70. Messzentrale (L. Buscorlet) (L. Buscorlet) 47 D Ein Längsneigungsmesser lieferte sation dieser Momente mussten am die Veränderungen des Längsgefälles. Pfeilerkopf und -fuss entsprechende Die Eichung der Messgeräte bzw. das Horizontalkräfte wirken. Noch bedeu­ Einstellen der Ausgangswerte geschah tendere Schäden waren offensichtlich für die Pressenkräfte mit Hilfe eines nur dank der immer noch vorhande­ Prüfmanometers und für die anderen nen, wenn auch reduzierten Pfeilerauf­ Einrichtungen durch Vergleich mit den last verhindert worden, indem diese die vom Geometer gelieferten Angaben. Zugspannungen verminderte. Neben den vorerwähnten, wichtigsten Aus der vorhandenen, extremen Bean­ Überwachungsinstallationen wurde spruchung des Pfeilers war erkennbar, eine Anzahl weiterer Messstellen einge­ dass dessen Durchtrennung ein sehr Bild 11. Rissbild am Pfeilerkopf (A. von richtet. Bei den Hauptrissen und den heikles Unterfangen sein würde. Es Glutz} Brückenenden wurden z.B. Weggeber galt, einen Weg zu finden, die am „ für horizontale, in den kritischen Brük• Pfeilerkopf und -fuss wirkenden gros­ kenfeldern solche für vertikale Bewe­ sen Momente wesentlich abzubauen, gungen und im Pfeiler J Spannungs­ bevor der Pfeiler entlastet wurde. Eben­ messer angebracht. so war dafür zu sorgen, dass nicht plötz• liche Entspannungen zu unkontrollier­ Die an insgesamt etwa 80 Messstellen ten Bewegungen der Brücke führten. elektronisch erfassten Daten wurden über ein Kabelnetz zur Messzentrale Als erste Massnahme wurden auf der geleitet, dort von einem Messverstärker Höhe der unteren Pfeilerführung zwei empfangen und einer PC-Anlage über• schwere hydraulische Pressen horizon­ geben, die die Daten verarbeitete, spei­ tal eingebaut, die in der Lage sein wür• cherte, über einen Bildschirm anzeigte den, die freiwerdende beträchtliche Ho­ rizontalkraft aufzunehmen (Bild 12). 2 Hydraulikpressen für die un­ und auf Wunsch ausdruckte. Die A n­ Danach wurde auf der Höhe des vorge­ tere Pfeilerführung im Pfahlbankett (L. zeigen und Ausdrucke der wichtigsten sehenen Pfeilerschnittes, in Pfeilermit­ Buscarlet) Daten erfolgten in lagerichtiger, bildli­ cher Darstellung, was die rasche Infor­ te, eine durchgehende Nische ausge­ mation sehr erleichterte (Bild 10). Von schnitten und darin ein kräftiges Gleit­ Hand in den Computer einzugeben wa­ lager satt eingebaut (Bild 13). ren lediglich die an den vier Monitoren Für das Durchtrennen der restlichen abgelesenen Horizontalbewegungen so­ Zonen wurden folgende Verfahren ge­ wie, nach jedem Neueinrichten der wählt: Hubpressen, die jeweiligen Stapelhö• D In der Zugzone wurden zunächst die hen, um auch die früher erwähnten vertikalen Armierungseisen auf etwa Pressenneigungen, Knickwinkel und 10 cm Länge freigespitzt. Dann wurden Exzentrizitäten laufend zu erhalten. sämtliche Eisen mit Hilfe von mehre­ Als Grundlage der Software diente ein ren Schneidbrennern gleichzeitig bis handelsübliches Tabellenkalkulations­ zur Rotglut erwärmt und dadurch zum Bild 73. Gleitlager im Pfeiler (A. von programm. Die Messintervalle konnten Fliessen gebracht, worauf sich im Beton Glutz} nach Belieben und der jeweiligen Situa­ allmählich ein horizontaler Spalt von tion angepasst vorgewählt werden, so 3 mm Breite auftat (Bild 14). Nachdem dass die Messungen auch vollautoma­ der Vorgang zum Stillstand gekommen tisch, z.B. während Arbeitsunterbrü• war, wurden die Eisen vollends durch­ chen, weiterliefen. Die Anlage hat wäh­ getrennt und die Zugzone auf volle Ni­ rend acht Monaten ohne Unterbruch schenhöhe ausgeschnitten. einwandfrei funktioniert, obwohl er­ D In der Druckzone wurde das Brenn­ hebliche Störfaktoren in Form einer verfahren mittels Sauerstofflanzen ge­ 15-kV-Anlage, der Baustromversorgung wählt. Hierbei werden Temperaturen und der laufenden Bauarbeiten vorhan­ um rund 4000 °C erzeugt, so dass Stahl den waren. und Beton schmelzen und dadurch ab­ gebaut werden können. Durch systema­ tisches Schwächen des verbliebenen Bild 14. Wärmen und Trennen der Zu­ Pfeilerquerschnittes von den drei zu­ garmierung (A. von Glutz} Der pfeilerschnitt gänglichen Seiten her gelang es, dass Infolge Unterspülens während des Un­ sich der Pfeiler ruckfrei auf das Gleitla­ wetters rutschte das Pfeilerfundament J ger absetzte (Bild 15). auf dem Talhang ab und verschob sich Nachdem damit das Pfeilerfussmoment dabei quer zur Brücke um etwa 70 cm abgebaut war, konnte nun auch das Mo­ und längs um etwa 15 cm. Es war zu be­ ment am Pfeilerkopf, durch Ablassen fürchten, dass das Fundament talseitig der Horizontalkraft an den beiden vor­ unterhöhlt war und nur noch bergseitig erwähnten Pressen und dadurch ausge­ auf dem Boden auflag. Als weitere Fol­ löstes Gleiten des Pfeilerfusses auf dem ge entstanden sowohl am Pfeilerkopf Gleitlager um insgesamt 11,3 cm, zum wie am Pfeilerfuss grosse, gleichgerich­ Verschwinden gebracht werden. Auf die­ tete statische Momente, die bereits zu se Weise gelang es, den Pfeiler ohne zu­ Bild 15. Abschmelzen der Druckzone im entsprechender Rissbildung im Pfeiler sätzliche Beschädigungen zu entspannen, ?feiler (L. Buscarlet) geführt hatten. (Bild 11). ZlJ.r Kompen- so dass nun die Hebung einsetzen konnte. 48 sehen den Hauptrissen befindlichen Die Hebung Brückenteils plus einem Anteil des an­ fallenden Gewichtes der angrenzenden Vor Beginn der Hebung wurden die Felder entsprach, aber allein nicht aus­ klaffenden Hauptrisse derart ausgewei­ reichte, um eine Hebung zu erzielen. tet, dass sie sich ohne Zwängungen wie­ Erst als die äusseren Hubpressen (Nm. der schliessen konnten. An den Riss­ 11, 14, 21, 24), die den Rest des anfal­ ufern wurden mit dem Hydrodynamik­ lenden Gewichtes der angrenzenden verfahren mittels eines Wasserstrahles Felder zu tragen hatten, betätigt wur­ von 2000 bar Druck je 2-3 cm Beton ab­ den, ergab sich eine Hebung. Dadurch getragen und die vorstehenden Stum­ konnten die Querkräfte in den ge­ mel der Armierungseisen mit dem schwächten Zonen stets innerhalb der Schneidbrenner abgetrennt (Bild 16). gewünschten Werte gehalten werden. Für die Hebung waren folgende Phasen Mit dieser Steuerung konnte nun durch zu unterscheiden: synchrones Betätigen aller vier äusse• 1. Das Abheben von Brücke und Pfei­ ren Hubpressen (Nm. 11, 14, 21und24, ler J vom Gleitlager je A oder B) eine gleichmässige, paralle­ 2. Das Heben der Brücke bis etwa le Hebung erzielt werden (Fall a). 10-20 cm unterhalb der Soll-Lage. In Durch Betätigen der äusseren Pressen dieser Position sollten die Risse ver­ auf nur einer Seite der Brücke (Nm. 11 gossen und die Brücke verstärkt wer­ und 14, oder 21 und 24) erfolgte eine den. Verdrehung des Brückenkastens um die Längsaxe (Fall b) und, durch Fahren Bild 76. Ausweiten der Hauptrisse (L. 3. Das weitere Heben der Brücke nach mit den Pressen auf nur einer Seite des Buscarlet) dem Rissverguss und der Verstär­ Pfeilers (Nm. 11 und 21, oder 14 und kung bis zur Soll-Lage. Dadurch 24) konnte das Längsprofil der Brücke sollte erreicht werden, dass die nach Bedarf korrigiert werden (Fall c). ® ®@ @ Druckplatte im Bereich J wieder AB ABBA BA eine Druckspannung erhielt, wie es Die Hebung der zweiten Phase ging auf ,------~o ~6 ~·---~ - -BRÜCKEN·-+J --AXE-- dem statischen System des durchlau­ diese Weise anfänglich recht flott vor­ 1 fenden Trägers entsprach. an, indem täglich je ein Pressenhub von 0 10-12 cm bewerkstelligt wurde. Nach ABBA BA Phase 1: Sie bestand in einem subtilen @@ @ Herantasten durch stufenweises Stei­ jedem Teilhub von etwa 0,5 cm wurden jeweils die an den Hubpressen vorhan­ gern der Hubpressenkräfte unter stän• PERM. PERM. denen Stellringe nachgestellt, so dass Pt P2 diger Beachtung der zulässigen Kräfte• sie mechanisch gesichert waren und ein 1 1 „ verteilung, bis das Gleitlager freikam. DURCH SYNCHRONE BETATIGUNG Die Gesamtlast betrug zu diesem Zeit­ zufälliges Nachgeben verunmöglicht ERZIELTE BEWEGUNG: war. Als zusätzliche Sicherung gegen 1 1 punkt 5700 kN. O) PARALLELE HEBUNG,------.. Fremdeinwirkungen wurde zwischen bl VERDREHUNG UM BRÜCKENAXE Phase 2: Für diese Phase waren folgen­ Pfeilerfuss und -stummel ein Notstapel Cl KORREKTUR LÄNGSGEFÄLLE de Kriterien massgebend: aus Stahlblechen eingebaut und täglich HYD RAU LI KAGGREGATE 0 Es war unter allen Umständen zu ergänzt (Bild 18). Ferner wurde vor je­ verhindern, dass die Querkräfte im dem Arbeitsunterbruch dafür gesorgt, Bild 77. Steuerung der Hubpressen Brückenträger in den durch Risse ge­ dass ein korrigierendes Torsionsmo­ schwächten Zonen ihr Vorzeichen än• ment von etwa 2500 kNm vorhanden dern konnten. Anderseits waren diese war. Nach jedem Hub wurde auf die Querkräfte so zu begrenzen, dass es Pressen der anderen Garnitur umge­ nicht zum vollständigen Bruch kom­ stellt. men konnte. Gegen Ende der Phase 2 musste dann D Die vorhandene Verdrehung des äusserst behutsam gearbeitet werden, Brückenträgers um die Längsaxe würde weil die Gefahr bestand, dass die nega­ sich, infolge des inzwischen eingetrete­ tiven Momente über den Nachbarpfei­ nen Kriechens des Betons, nicht mehr lern zu stark abgebaut und der Brük• ohne Zwang vollständig rückgängig kenträger an anderen Stellen aufgeris­ machen lassen. Durch Erzeugen einer sen würde. Durch minutiöses Beobach­ Differenz zwischen den Hubkräften ten der gefährdeten Zonen mittels Mi­ Bild 78 . Notstapel zwischen Pfeiler und PFeilerstummel (L. Buscarlet) beider Brückenseiten sollte deshalb ein krometern und Risslupen bei einem korrigierendes Torsionsmoment auf täglichen Hebefortschritt von nur noch bereits vorgängig durch im Innern des den Brückenträger ausgeübt werden. etwa 1 cm galt es, sich an die noch ver­ Kastens angebrachte Betonkonstruktio­ Um diesen Kriterien optimal entspre­ antwortbare Lage heranzutasten. Die nen verstärkt worden. Jetzt erfolgte chen zu können, wurden die Hubpres­ Gesamtlast war inzwischen auf eine analoge Verstärkung noch im Be­ sen wie folgt gesteuert (Bild 17). 8800 kN angestiegen. reich J und der Einbau einer zusätzli• Auf jeder Brückenseite wurde mit den Nachdem die Hebung zur Vermeidung chen innenliegenden Längsvorspan• inneren Hubpressen (Nm. 12 und 13 von Schäden in dieser Phase nicht mehr nung. bzw. 22 und 23, je A oder B) über hy­ weitergetrieben werden durfte, wurden Phase 3: Da nun die Kontinuität des draulische Überdruckventile eine per­ die Hauptrisse mit einem Spezialbeton Brückenträgers wiederhergestellt war, manente Kraft P1 bzw. P2 auf den Brük• vergossen und die kleineren Nebenrisse kamen für die weitere Hebung nur kenträger ausgeübt, die so abgestimmt mit Kunstharz ausinjiziert. Der Brük• noch die inneren Pressen (Nrn. 12, 13, war, dass sie dem Eigengewicht des zwi- kenträger war bei beiden Widerlagern 22, 23, je A oder B) zum Einsatz. Auch

49 Unternehmerliste (wichtigste Sparten) Gesamtleitung der Ausführung: AG Conrad Zschokke, 8045 Zü rich, Ge­ neralunternehmung Erd- und Betonarbeiten: Raymund Kalbermatten, 6484 Wassen Jetting-, Bohrpfahl-, Klebeanker- und In­ jektionsarbeiten: AG Heinr. Hatt-Haller, 8022 Zürich Vorspannarbeiten V nterbau: Spann Stahl AG, 8340 Hinwil Stahlbauarbeiten Stützgerüst: Geilinger AG, 8180 Bülach H ebearbeiten: VSL International AG, 3001 Bern Kraft- und Bewegungsmessungen: Bauamt Uri, Abt. Kunstbauten, bautech­ nisches Labor, 6460 Altdorf Programmierung und Leitung: H .J. De Witte Kernbohrungs- und Fräsarbeiten: Betoncoupe ZS AG, 5001 Aarau Bild 79. Entwässerungsleitung und ousiniizierte Risse im Oberbau und Pfeilerkopf (A. Betonbrennarbeiten: von Glutz) AG Conrad Zschokke, 1219 Alre in dieser Phase musste sorgfältig, unter rund 2 cm verschoben und damit in Vorspannarbeiten Oberbau: ständiger Beobachtung der kritischen ihre Mittellage gebracht. Stahlton AG, 8034 Zürich Stellen und in kleinsten Schritten gear­ Daraufhin wurde die untere Pfeilerfüh• Sanierungsarbeiten Konsolköpfe: Sika Bau AG, 6005 Luzern beitet werden. Nach Erreichen einer rung durch Stahlspriesse ersetzt und die Hebung um insgesamt 6,5 cm und einer Fundamentaussparung rund um den Brückenentwässerungsarbeiten: Gesamtlast von 11 000 kN wurde diese Pfeilerfuss ausarmiert und mit Beton Alois Bader, 6377 Seelisberg Phase unterbrochen, um die Brücke auf vergossen. Schliesslich wurden noch Leitschrankenarbeiten: Mitte Juli bis Ende August 1988 für den die drei unter dem Pfeilerfuss durch­ Paul Zurfluh, 6462 Seedorf Ferienverkehr zu öffnen. führenden Vorspannkabel in die dafür Geometerarbeiten: Vorgängig der Eröffnung für den zwei­ vorgesehenen Hüllrohre im Funda­ A. Hode!, Ing.- und Vermessungsbüro spurigen Betrieb wurde mit sechs ment eingeschoben und gespannt. Da­ AG, 6460 Altdorf 28-Tonnen-Lastwagen eine Belastungs­ nach wurde die Brücke durch sanftes Sicherung Überbau : probe durchgeführt, die durchwegs die Ablassen der Hubpressenkräfte defini­ Fietz & Leuthold AG, 8008 Zürich erwarteten Ergebnisse zeitigte. Wäh­ tiv auf das Fundament abgestützt, wor­ Fahrbahnübergänge: renddessen ruhte die Brücke nach wie auf alle Hebeinstallationen entfernt Bameco AG, 8424 Embrach vor auf den vier innersten Hubpressen werden konnten. Abdichtungs- und Gussasphaltarbeiten: (Nrn. 12 B, 13 B, 22 Bund 23 B), die na­ ARGE türlich mittels der Stellringe gesichert Die weitere Sanierung ATAG, ATISOL, STUAG, 6460 Altdorf waren. Nach der Hauptreisezeit wurde die Die Rekonstrukt,ion der Talspurbrücke stehenden Ablaufschächte wurden Brücke wieder gesperrt und nochmals wurde zum Anlass genommen, weitere, durch ein völlig neues Entwässerungs• um 1, 5 cm gehoben. Dies wurde mög• ohnehin fällige Erneuerungsarbeiten system mit Sammelleitung ersetzt lich wegen der typischen Eigenschaft auszuführen. Nach der erneuten Sper­ (Bild 19). des Betons, vorhandene Spannungen rung der Brücke, Ende August 1988, Ab Mitte Dezember 1988 bis Ende Ja­ durch Kriechen allmählich bis zu wurde eine erste Etappe, bestehend aus nuar 1989 wurde die Brücke dem Ver­ einem gewissen Grad abzubauen, was der Sanierung der seitlichen Konsol­ kehr wieder übergeben, um die Unfall­ während des ganzen Hebevorganges, köpfe sowie dem Ersatz der.Leitschran­ gefahr während des Winterbetriebes zu besonders nach längeren Arbeitsunter­ ken und des Brückenentwässerungssy• vermindern. Danach, bis Ende Juni brüchen, immer wieder beobachtet stems, ausgeführt. Gleichzeitig wurden 1989, erfolgt die zweite Etappe der Sa­ werden konnte. Damit war nun aber die von der Beschädigung herrühren• nierung, bestehend aus dem Ersatz der das Mögliche erreicht, obwohl bis zur den, noch sichtbaren Risse in den Brük­ Fahrbahnübergänge, der Brückenisola• ursprünglichen Höhe noch etwa 13 cm kenkonsolen in den Bereichen des Pfei­ tion und des Fahrbahnbelages. fehlten und der Pfeiler J noch eine mi­ lers J und seiner Nachbarpfeiler mit Die Sanierungsarbeiten bestehen aus nimale Schiefstellung aufwies, was aber Kunststoff ausinjiziert. insgesamt rund 50 verschiedenen, auf­ weder optisch noch für die Tragfähig• Bei den Konsolköpfen wurde die versal­ einanderfolgenden Arbeitsgängen und keit von Bedeutung war. zene Oberflächenschicht des Betons erfordern deshalb vor allem eine minu­ mit dem Hydrodynamikverfahren ab­ tiöse Planung und Koordination. Nach getragen, die alten Leitschrankenpfo­ deren Abschluss ist die Brücke vollwer­ Das Einbetonieren des pfeilers sten wurden ausgebohrt und das Soll­ tig wiederhergestellt. profil mittels eines Spezialmörtels Nach Abschluss der Hebearbeiten wur­ wiederhergestellt, worauf die neuen Adresse des Verfassers: E. Bräm, dipl. Bau­ de die Brücke mit Hilfe der Widerlager­ Leitschrankenpfosten mittels Klebean­ ing. ETH, Projektleiter, AG Conrad Zschok­ pressen in ihrer Längsrichtung um kern versetzt werden konnten. Die be- ke, Räffelstrasse 11 , 8045 Zürich.

50 Autobahnbrücke bei Wassen wurde bei Rekonstruktion Reussbrücke der Talspur Lora abgesenkt. Nur die Bergspur Romeo war noch am alten Wassen Ort, drohte aber in die Tiefe gerissen zu werden. schädigte Bauwerke und Land. Bei der Die einzige Verbindung musste unter Die Situation vor dem Unwetter Reussbrücke Wassen betrug die Was­ allen Umständen erhalten bleiben. Das 1987 3 sermenge Q = 550 m pro Sekunde. Die Treffen der Sofortmassnahmen war gewaltige Wassermenge spülte oberhalb eine gewaltige Herausforderung von Nach dem Bau der Autobahn 1972 und der Brücke die Grundmoräne in der seltener Tragweite. Der Entschluss, die der Verlegung der Kantonsstrasse wur­ linken Flanke beim Pfeiler I, Widerla­ abgesenkte und weggedrehte Pfeiler­ den auch die Reussufer wieder aufge- ger und Stützmauer der Kantonsstrasse fundation zu umschütten und die Stütz• weg. Die Schachtfundation des Pfeilers mauer mit einem Schüttkörper von I wurde freigelegt und um 1.20 m abge­ 3 VON HERIBERT HUBER, 15 000 m zu unterbauen, war gewagt. senkt. Der Überbau der Brücke zer­ ALTDORF In einer dramatischen Aktion wurde brach. Es bildeten sich grosse Risse von diese Massnahme in die Tat umgesetzt. 4 und 8 cm Breite in der Druckplatte räumt. Der Fluss und die Flussufer 21 Lastwagen fuhren während vier Ta­ und in den Stegen des Überbaus konnten wieder verwachsen. Die Nar­ gen, je 18 Stunden lang, die gewaltige (Bild 2). ben aus der Bauzeit wichen langsam der Menge Steine und Schüttmaterial her­ Vegetation (Bild 1). Die Aufnahme Solche Ereignisse sind auch heute mit an. Mit Trax und Bagger wurde sie ein­ wurde im Juli 1987, also ein Monat vor den modernsten Mitteln der Wettervor­ gebracht. Am 29. August, nur vier Tage dem Unwetter, gemacht. Das Bild 1 hersage noch nicht voraussehbar. nach dem ersten Erkunden der Lage, war die Reussbrücke Wassen vor dem zeigt den ruhigen Reusslauf mit dem Sicher war es ein Jahrhundertereignis. Absturz gesichert. durchgehenden Uferschutz auf der lin­ Die Niederschläge erfolgten nach hefti­ ken Reussseite, die Reussbrücke, die gen Regentagen in der sehr hohen In­ Darauf erfolgten die Inspektion des Diedenbrücke und die Sägerei Walker. tensität bis 1501 pro m 2 und Tag (Bild Überbaus und die weiteren Sicherungs­ 3). Dies erzeugte die hohen Abfluss­ massnahmen zur Rettung der Brücke. mengen, je nach Lage im Kanton Uri, Das Ereignis und seine während rund zwei Stunden um Mitter­ Voraussehbarkeit. Überraschung nacht (etwa 23.00 Uhr bis 01.00 Uhr). und Sofortmassnahmen zur Nach Augenzeugen war die grösste Die rekonstruierte Brücke und der Rettung der Brücke Wassermenge während einer halben Hochwasserschutz Stunde innerhalb dieser Zeitspanne zu Die extremen Niederschläge (Bild 3) beobachten. Schon in den ersten Tagen des Monats vom 24./25. August 1987 haben zu Die Situation am Morgen des 25. September 1987 erfolgte der Beschluss, enormen Abflussmengen in der Reuss August 1987 war für alle eine Überra• die Reussbrücke Wassen zu rekon­ geführt. Die Wassermenge stürzte pen­ schung in einem noch nie erlebten Aus­ struieren. delnd zwischen den Uferflanken zu mass. Kantonsstrasse und Bahn waren Das Konzept sah vor, die Brücke durch Tal, erodierte die Reussufer und be- an mehreren Stellen unterbrochen. Die Heben und Drehen zurückzuholen.

Bild 2. Die zerbrochene Brücke nach dem Un wetter 7987 {H. Huber)

Bild 7. Reuss und Reussbrücke Wassen vor dem Un wetter 79 87. Aufnahme Juli 7987 {Markus Gamma, Wassen)

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