erkehrsuerein marnrnern

·matkundliche Publikation Nr. 9

AMMERN

die Mitglieder der drei Kirchgemeinden. auf dem Gemeindegebiet von Exponenten der Kirchbehörden stellen ihre . mern innen wie aussen sorgfältig Kirchgemeinden deshalb kurz vor. Auch riert. Diese Publikation soll diesen wer ein distanziertes Verhältnis zur Kirchge­ deren Umstand würdigen und die meinschaft hat, kommt bei besonderen ""'rw·cv ..n aft animieren, sich wieder ver­ Anlässen wie Taufe, Hochzeit oder Beerdi­ mit diesen Gotteshäusern auseinan­ gung mit ihr in Kontakt. setzen. Als Ort der Ruhe und Sesin- laden sie auch ausserhalb der Die Verbindung von Kirche und Tod wird am :"'1-t'"'"'riienstezum Verweilen ein. Mit Alfons Schluss der Publikation ein wenig aufge­ n konnte ein ausgewiesener Fach­ zeigt, wenn der langjährige Friedhofvorste­ n als Autor gewonnen werden, der sich her Alphans Bürgisser einen Rückblick hält kunsthistorischer Sicht zu den Gottes­ und von der Gemeindeverwaltung be­ äussert. Eine schöne Schale schrieben wird, was bei einem Todesfall aber noch keine lebendige Kirche. alles vorzukehren ist, bis die verstorbene Leben gefüllt werden die Kirchen durch Person beerdigt werden kann. Eine Gemeinde - vier Gotteshäuser

von Alfons Raimann, Frauenfeld Bericht soll einzig das Bild (oder die Statue) des Heiligen Blasius, das man in den See Im Gemeindebann von , der auch geworfen habe, wunderbarerweise aufrecht für thurgauische Verhältnisse klein er­ («erecto corpore») auf den Wellen nach Kat­ scheint, stehen nicht weniger als vier Got­ tenhorn gelangt sein; dort soll es nun in der teshäuser. Sie alle wurden in den letzten Kapelle (gemäss anderer Auskunft in der Jahren mit viel Liebe und unter grossem ehemaligen Klosterkirche Öhningen) als · Aufwand renoviert und gepflegt. Der folgen­ wundertätig verehrt werden. de Text fasst einiges von dem zusammen, was man heute über diese Bauten weiss. Er 1619 wurde der katholische Gottesdienst ist ein Auszug aus dem Manuskript zum wiedereingeführt und die Kirche in den fol­ Buch «Die Kunstdenkmäler des Bezirks genden Jahren umfassend renoviert. 1642 »; dieses wird etwa in drei Jahren schloss der katholische Inhaber der Herr­ in der Reihe «Die Kunstdenkmäler der schaft, Freiherr Walter von Roll, mit den Schweiz» erscheinen. Für wertvolle Hinwei­ Reformierten ein Abkommen über die se und Vorarbeiten dankt der Verfasser: gemeinsame (simultane) Benutzung der Kir­ lic.phil. Madeleine Ducret (Amt für Denk­ che durch beide Konfessionen. Unter den malpflege, Frauenfeld), Dr. Altred Oscar und Nachfolgern der von Roll (ab 1667 die Edith Fleisch (Klinik Schloss Mammern) und Reding von Biberegg, ab 1687 das Kloster Dr. Beatrice Sendner-Rieger (Amt für Denk­ Rheinau), vor allem aber nach dem 3. Land-' malpflege, Frauenfeld). frieden von 1712, verlagerte sich der katho­ lische Gottesdienst mehr und mehr in die Wichtige weiterführende Literatur: Emil Schlosskapelle, wodurch die Pfarrkirche Stauber: Geschichte der Herrschaften und verödete. Diese brannte am 7. April 1909 der Gemeinde Mammern. Frauenfeld 1934. nieder. Aus der Ruine konnten die Sakristei­ - Altred Oscar Fleisch: Geschichte der Kli­ Gegenstände und die Grabmäler geborgen nik Schloss Mammern. Mammern 1989. - werden, die dann in der Schlosskapelle Beatrice Sendner-Rieger: Schlosskapelle einen neuen Platz fanden. Mammern (Kunstführer, hrg. von der Gesell­ schaft für Schweizerische Kunstgeschich­ Die katholische Kirche St. Blasius te). Bern 1989.- Alfons Raimann/Beatrice Schon vor dem Brand des alten Gotteshau­ Sendner-Rieger: Die Pfarr- und Wallfahrts­ ses trug sich katholisch Mammern mit der kirche Klingenzell (Kunstführer, hrg. von der Absicht, eine eigene Kirche im Rebberg öst­ Gesellschaft für Schweizerische Kunstge­ lieh des Pfarrhauses zu bauen. Zunächst schichte). Bern 1995. war ein neubarockes Gebäude nach dem Vorbild der Schlosskapelle beabsichtigt. Die Die frühere Dorfkirche Pläne, die der St.Galler Architekt August Die ursprüngliche Pfarrkirche stand näher Hardegger im November 1906 vorlegte, beim Schloss, dort, wo heute der Friedhof fanden Gefallen, kamen jedoch nicht zur liegt. Sie war zweifellos mittelalterlichen Ausführung. Nach dem Brand von 1909 Ursprungs. Am Vorabend von Allerheiligen präsentierte Albert Rimli aus Frauenfeld ein 1529 sollen reformerische Bilderstürmer die ·neues Projekt. Der Baubeschluss hierzu fiel Altäre verbrannt haben; gernäss späterem am 28. Juli 1911.

2 Bei dieser Darstellung der alten Mammerner Dorfkirche ist der Turm in der falschen Richtung gezeichnet (ostwärts statt westwärts).- Schwarze Federzeichnung, mit Pinsel grau und hellbraun ausgemalt, von Daniel Düringer (1720-1786), zu datieren in das dritte Viertel des 18.Jh. -Zentral­ bibliothek Zürich, Graphische Sammlung.

Aussenansicht der katholischen Kirche St. Blasius von Südwesten (links) und Südosten (rechts)

3 Neue kath.· �irche

Vom nichtrealisierten Projekt des Architekten August Hardegger wurden Postkarten und Votiv­ bildehen gedruckt und verteilt.

4 t I

Aussenansicht der katholischen St.-Biasius-Kirche von Nordwesten im Oktober 1992

5 Die Bauarbeiten begannen im Frühjahr nommen. Der Chor ist vom Schiff durch drei 1912. Die meisten Ausstattungsteile wurden Vorchorstufen und einen engen Spitzbogen nach Skizzen und Plänen Albert Rimlis getrennt. Über allem wölben sich armierte, angefertigt. Am Bettag 1913 konnte die dünnwandige Tonnen mit tiefen Stichkap­ Gemeinde in die Kirche einziehen. Die feier­ pen und aufmodellierten Kreuzrippen, die liche Einweihung fand am 15. April 1915 auf Konsolen mit Engelsbüsten ansetzen. statt. 1991 /92 wurde eine behutsame Eine neugotische Leimfarbenmalerei mit fili­ Restaurierung durchgeführt: Aussenrepa­ granen Ranken- und Blattmotiven besetzt raturen, Neugestaltung des Altarbereichs Gewölbeschenkel und -scheite! und säumt mit Zelebrationsaltar, Ambo und Taufstein die Bogenläufe und den Wandsockel, auf von Fredi Thaimann (Berg/SG), Reinigung den Marmorquader und Teppichgehänge der Leimfarbenmalerei und Sicherung der gemalt sind; die qualitätsvolle Arbeit wurde Glasmalereien; dies alles unter Leitung von von J. Stoos in Radelfzell ausgeführt. I Architekt Hermann Schmidt, Sirnach, unter Beizug von Denkmalpfleger Jürg Ganz und Die stimmungsvolle, neugotische Ausstat­ Beatrice Sendner-Rieger. tung von 1913 stammt zum überwiegenden Teil aus dem Atelier Johann Ploner in Inmitten des kleinen Dorfes gelegen, bildet Buchs/SG und ist nahezu vollständig erhal­ die katholische Kirche zusammen mit dem ten (Altäre, Kanzel, Taufstein, Triumphbo­ Pfarrhaus und dem Friedhof einen ge­ genkreuz, Kreuzwegstationen, Beichtstuhl). schlossenen sakralen Bereich, der aller­ Die monumentalen Glasgemälde sind sig­ dings durch die stark befahrene Haupt­ niert «Lütz & Elmpt, Emmishofen 1913». strasse empfindlich gestört ist. Das Unter den älteren Ausstattungsteilen ver­ geostete Bauwerk besteht aus einem vier­ dient die Pieta an der Südwand, ein qua­ achsigen Langhaus mit Giebelportikus, aus litätsvolles Bildwerk aus dem 17. Jahrhun­ einem niedrigeren, eingezogenen und drei­ dert, besondere Beachtung. seitig geschlossenen Chor sowie aus einem südseitigen Chorflankenturm mit Sakri­ Der Sakristeibestand und Kirchenschatz ist steiannex. Seine Gestalt ist geprägt von für thurgauische Verhältnisse ungewöhnlich historistischen, vorwiegend neugotischen reich, was seine Ursache in der starken Prä­ Stilelementen wie Spitzbogenfenstern, ge­ senz einer katholischen Herrschaft (vor stuften Stützpfeilern zwischen den Fenster­ allem der Abtei Rheinau) im 17. und 18. achsen und einem Zwergbogenfries am Jahrhundert hat. Prunkstücke aus jener Zeit Westgiebel. Unverkennbar ist .das Bestre­ sind etwa eine dreiteilige Kreuzigungsgrup­ ben des Architekten, die Bauteile klar von­ pe (Kruzifix mit Maria Magdalena am Fuss, einander zu scheiden und die Baumasse Maria, Johannes) auf drei Reliquiengehäu­ harmonisch aufzugliedern. So sind bei­ sen und eine barocke Hostien-Monstranz spielsweise am Turm der stämmige vierkan­ mit dem Wappen des Rheinauer Abtes Gre­ tige Stock, das weit geöffnete Oktogon des gor II. Zurlauben (reg. 1697-1 735). Die Glockengeschosses und der ausladende, Orgel mit ihrem stattlichen neugotischen ausserordentlich hohe Spitzheim in hartem Prospekt wurde 1919 in der Werkstätte Wechsel aufeinandergesetzt Gebrüder Mayer in· Feldkirch und Buchs/ SG hergestellt, die Glocken wahrscheinlich Das Innere ist ganz auf eine freundlich-helle, 1913 in der Giessere.i Grassmayr in Buchs/ geräumige Neugotik gestimmt. Das hinter­ SG: ste Joch wird von einer Orgelempore einge-

6 Innenraum der katholischen Kirche gegen Osten

Pieta aus dem 17. Jahrhundert Dekorationsmalerei an der 3. Gewölbekonsole

7 Die evangelische Kirche rückgestuftem Glockengeschoss und stei­ Nach dem Brand der alten Simultankirche lem Pyramiddach. Den Eingang schützt ein und der Auflösung des paritätischen Ver­ Vorbau (Narthex) mit Pultdach und Flanken­ hältnisses bestimmte 1910 die evangelische räumen. Das Innere präsentiert sich als Kirchgemeinde den Bauplatz und gab den nüchterner Einheitsraum mit karger Aus­ Architekten Gustav Büeler und K. Gilg in stattung (Bestuhlung, Hochtäfer). Einziger Amriswil den Auftrag zu Projektierung und Bildschmuck sind die stilisierte Taube samt ' Neubau. Die hauptsächlich beteiligten Fir­ Kreuz und Bibelspruch in der Apsis sowie men und Handwerker waren: Maurermei­ die Glasmalereien: ln der mittleren Achse ster Richard Schweizer, Mammern; Stein­ Standfiguren Martin Luthers und Ulrich metzmeister Eduard Reithinger, ; Zwinglis, signiert «C. Roesch Diessen­ Zimmermeister Johann Wattinger, Mam­ hofen» (Entwurf)und «Glasmalerei Diessen­ mern; Schreinerei Altred Weiss, Mammern. hofen»; die übrigen Fenster mit phantasie­ Die Einweihung fand am 19. November 1911 voll variierten Rondellen aus der gleichen statt. Jüngste Renovationen erfolgten 1961 Werkstatt. Orgel: 1911 wurde von Kuhn, (Vermauerung von drei Apsisfenstern, Ver­ Männedorf, ein. Harmonium installiert und putzerneuerungen) und 1994. 1954 durch eine Orgel der gleichen Firma mit neun klingenden Registern ersetzt. Das schlichte Bauwerk erhebt sich auf Glocken: 1911 von H. Rüetschi, Aarau. leicht erhöhtem Platz zwischen Dorfkern und Bahnhofbereich im Südwesten. Das Diverses: Ein alter Taufstein steht im Garten . steilgieblige Langhaus ist dreiachsig und eines Hauses an der Störenbergstrasse; hat an der Westseite eine· eingezogene wahrscheinlich handelt . es sich um jenen Apsis. An seiner Südostecke steht der kan­ Stein, den die Katholiken 1621 den evange­ tige Turm mit ungegliedertem Schaft, zu- lischen Kirchgenossen übergaben.

Innenansicht der evangelischen Kirche Mammern gegen den Chor

8 Aussenansicht der evangelischen Kirche Mammern von Nordosten

9 Glasgemälde von Carl Roesch, Diessenhofen, in der evangelischen Kirche von Mammern: die Refor­ matoren Ulrich Zwingli (links) und Dr. Martin Luther (rechts)

iO Abendmahlskanne: hohe, schlanke Form, ge­ Kelch: zylindrisches, oben schwach geweitetes quetschter Kugelkörper über Tellerfuss und Gefäss über profiliertem Schaft und gestuftem engem, wulstberingtem Schaft, vermutlich im Rundfuss, mit Bibelspruch und der Jahrzahl 17. Jh. in Florenz hergestellt 1798

Taufschale: gemuldete Rundform über kurzem Oblatenschale: gemuldete Rundform, im Spie­ Schaft und gewulstetem Rundfuss, datiert 1748 gel umlaufender Bibelspruch

Diese Objekte befinden sich als Dauerleihgabe der Evangelischen Kirchgemeinde Mammern im Hei­ matmuseum Steckborn. (Quelle: Inventar des Heimatmuseums Steckborn, Autoren: Heinz Reinhart und Cornelia Stäheli)

11 Die Schlosskapelle Coello-Emmenegger, Merlischachen; 1990 Am 19. April 1749 schlug auf Initiative des Restaurierung der Kreuzwegstationen durch Statthalters Roman Effinger der Rheinauer Oskar Emmengger, Zizers. Abt Bernard II. Rusconi seinem Kapitel den Neubau der Kapelle im Schloss Mammern Wer aber war der Architekt dieses Kleinods vor. Nachdem man die alte, einsturzgefähr­ barocker Baukunst? Die «Bauabrechnung dete Kapelle (gänzlich?) abgetragen hatte, der neüwen Schlosskirchen sambt der ring­ wurde am 11. Mai 17 49 der Grund- und Eck­ mauer, gang fischgehalter etc» vom 31. stein samt einer Reliquienkapsel östlich des Dezember 1749 kommt auf eine Summe Portals gelegt. Über den Bauvorgang ist von 3239 Florin. Sie erwähnt einige Bregen­ nichts bekannt; das Material stammte teil­ zer Maurer, verschweigt aber die Namen weise von der 17 42 demolierten Neuburg. des Baumeisters und des Malers. Diese Am 24. November 1749 wurde 9er Altar ein­ sind hingegen im 1752 verfassten «Millena­ geweiht und am 14. Juli 1750 die Bauvoll­ rium Rhenaugiense» des Rheinauer Chroni­ endung mit einer festlichen Schlussweihe sten P. Mauritius Hohenbaum van der Meer gefeiert. überliefert, de'r selber einige Jahre als Kon­ ventuale in Mammern zubrachte. Gemäss Erneuerungen: 1754 erteilte das Bistum das van der Meer liess Rheinau damals zwei Messprivileg; künftig konnten die Katholi­ sehr ähnliche Kirchen errichten: die eine in ken hier Gottesdienste abhalten, ohne die Mammern, die· andere in Rheinau; beides­ Anrechte auf die alte Pfarrkirche zu verlie­ mal sei der Architekt Beer zur Verfügung ren. Ob die Kapellenfassaden erst 1786 gestanden, assistiert von P. Hieronymus bemalt wurden, ist unsicher. Im lnnern über­ (Natter). Tatsächlich ist die Bauform der malte Franz Xaver Herrmann 1822 die Fres­ Mammerner Kapelle typisch für das Schaf­ ken seines Vaters. 1838 erwarb der Kanton fen des bedeutenden Vorarlberger Archi­ das Bauwerk und übergab es tekten und Baumeisters Johann Michael 1854 der katholischen Kirchgemeinde. Für Beer (geboren 1696 in Au, gestorben 1780 1855 wird eine Reparatur (u.a. mit neuen in Bildstein), der unter anderem den Chor Fenstern), für 1896 eine Aussenrenovation und die Ostfassade der Klosterkirche (u.a. mit neuem Verputz, dabei Zerstörung St. Gallen erbaut hat. der Fassadenmalereien) gemeldet. 1906 gelangte das Bauwerk an den Eigentümer Und wer hat das architektonische Werk mit der Kuranstalt, nachdem die Ausstattung der grassartigen illusionistischen Ausma­ grösstenteils verkauft worden war. 1946-49 lung vollendet? An zwei Altargemälden hat entfernte Karl Haaga, Rorschach, nach der seinerzeit hochgeschätzte Konstanzer Expertise von Linus Birchler die Überma­ Maler Franz Ludwig Herrmann (geboren lung der Herrmannsehen Fresken. 1979-92 1723 in Ettai/ Oberbayern) seine Signatur liess die Eigentümerin (Familie Alfred Oscar hinterlassen. Es besteht kaum ein Zweifel, und Edith Fleisch) eine umfassende und dass der gleiche Meister auch die Wände behutsame Restaurierung in folgenden und Decken bemalte. Eine Beschreibung Etappen durchführen: 1979-84 bautechni­ und Würdigung des figurenreichen und sche Sanierung, Rekonstruktion der Aus­ phantastischen Werkes müssen wir uns senbemalung nach Farbspuren und Bilddo­ hier versagen; hinzuweisen ist aber auf die kumenten durch Johann Herovits, Goldach; einfühlsame und ausführliche Darstellung ab 1986 Restaurierung der Herrmannsehen von Beatrice Sendner-Rieger im Kunstfüh­ Ausmalung durch Francisco und Anna rer zu dieser Kapelle.

12 Von der übrigen Ausstattung seien hier besonders erwähnt: a) im Altarhaus links das Grabmal des einstigen Schlossherrn Johann Walter von Roll (gestorben 1639), geschaffen 1640/41 vom Konstanzer Bild­ hauer Hans Konrad·Asper, eine meisterhaf­ te Bildhauerarbeit von grosser Eindringlich­ keit. - b) Orgel aus dem mittleren 18. Jahrhundert, um 1946/49 durch Firma Späth, Rapperswil, verändert und 1988 durch die Firma Kuhn in Männedorf (Fried­ rich Jakob und Wolfgang Rehn) restauriert; eine kostbare Seltenheit stellen die beiden winzigen Sängeremporen dar, die das barocke Gehäuse flankieren. - c) Die zwei grösseren Glocken des dreiteiligen Geläu­ tes, die aus dem späten 16. Jahrhundert stammen (eine mit Jahrzahl 1593).

Die Schlosskapelle vom Park aus gesehen

13 Blick zum Altar der Schlosskapelle (oben) und Detail des Grabmals von Johann Walter von Roll

14 Vierungskuppel der Schlosskapelle mit der Darstellung von Mariens unbefleckter Empfängnis mit Ekklesia und Tugendallegorien

15 Klingenzell, (Wallfahrts-)Kirche eingeweiht. Bei der Einquartierung helveti­ Sieben Schmerzen Mariä scher Truppen im Herbst 1799 erlitt sie Wie aus dem Ortsnamen und den Urkun­ durch Plünderung schweren Schaden; den hervorgeht, stiftete um 1330 Walter V. unter anderem kamen eine vergoldete Mon­ von Hohenklingen hier eine Kapelle, zu der stranz, zwei silberne Kelche und mehrere auch ein Friedhof und wahrscheinlich eine bestickte Mutter-Gottes-Kleider abhanden. Mönchszelle gehörte. Gernäss Gründungs­ Bei der Säkularisation hätten die Peters­ legende erfüllte er damit ein Gelübde, das er hauser Besitzungen in Klingenzell an den - bei einer Jagd an diesem Ort von einem badischen Staat fallen sollen, wurden aber Wildschwein bedroht - der Gottesmutter durch Staatsvertrag von 1821 gegen eine geleistet hatte. Ein Ablassbrief von 1333, Abfindung dem Kanton Thurgau zugespro­ worin Klingenzell erstmals erscheint, be­ chen. Damals wurde Klingenzell, das seit günstigte Spenden an den Bau und die 1612 Pfarrbücher für die Angehörigen des Ausstattung der Kapelle. 1336 stattete Wal­ Klingenzeller Gerichts führte�igenständige ter seine Stiftung mit weiteren Vergabungen Pfarrei und blieb im Besitz des Pfrund- und aus und übertrug sie dem Kloster St. Geor­ Kirchengutes. 1936 wurde das Äussere der gen in Stein, das in Klingenzell eine Propstei Kapelle restauriert, 1956/57 das Innere mit zwei Konventualen zu errichten hatte. (Architekt Wolfgang Müller, , Damit war wohl die Absicht verbunden, Denkmalpfleger Albert Knoepfli, Frauenfeld, Klingenzell als Wallfahrtsstätte zu unterhal­ und Linus Birchler, Zürich). Am 3./ 4. Juni ten. Ein Propst (Vorsteher) ist 1338 erwähnt. 1957 ging das alte Pfarrhaus (ehemalige Seinem Mitbruder fiel anfänglich wohl die Propstei) mit dem angebauten Wirtschafts­ Aufgabe zu, die Pilgerschaft geistlich zu gebäude in Flammen auf. Dabei verbrann­ betreuen; später hatte er auch einige umlie­ ten auch das Pfarrarchiv und etliche Exvo­ gende Gehöfte und nach der Glaubens­ to-Bilder, die aus der Kirche im Pfarrhaus spaltung zeitweise die Katholiken von Mam­ deponiert waren. Die Kirche wurde 1985/86 mern zu versorgen. 1583 wurde Klingenzell aussen und 1992/93 innen restauriert. der Abtei Petershausen bei Konstanz ein­ verleibt (inkorporiert). Schon bald diente Die Kirche von Klingenzell ist ein schlichtes das Anwesen als Ruhesitz für Prälaten, dar­ barockes Gotteshaus in prachtvoller Aus­ unter etliche zurückgetretene Äbte, des sichtslage über dem Untersee. Das Innere Konstanzer Klosters. überrascht ·durch die festlich gestimmte Ausstattung, die zum grössten Teil aus der Ursprünglich befand sich die Propstei etwa Barockzeit stammt. Das geräumige Schiff 200 Meter östlich der heutigen Kirche, dort, hat eine säulengestützte, in der Mitte wo nun die Lourdesgrotte eingerichtet ist. gebauchte Westempore mit klassizistischer Wegen B'aufälligkeit der alten Anlage ent­ Balustrade. An der Flachdecke haftet ein schloss sich der Petershauser Abt 1698 zu herber, wohl 1704 angetragener Stuck; er einem Neubau an der heutigen Stelle. 1702 bildet Quartiere aus ausschwingenden wurde das Pfarrhaus erstellt.1704 folgte der Zweigen und hat ein blumenumkränztes Kirchenbau, ausgeführt von Johann Dobler, Milieu, dessen Gemälde (Öl auf Leinwand, dem damaligen Hausmeister auf der Feste signiert «August Müller. Warth. München Hohentwiel. 1899») die heilige Margarita Maria Alacoque im Anblick der heiligen Herzen Jesu dar­ Am 26. Juli 1705 wurde die neue Kirche «ZU stellt. Ein enger Mauerbogen führt zum Ehren der schmerzhaften Mutter Gottes» schmalen, zweistufig erhöhten Chor. Dieser

16 besteht aus einem quadratischen Haupt­ (mit Buch und Taube). - b) Seitenaltäre an joch und dem dreiseitig geschlossenen den Chorschultern. Errichtet 17 42, von ähn­ Altarhaus. Seine Flanken öffnen sich seitlich licher Bauart und Fassung wie der Hauptal­ über den Sakristeitüren zu rundbogigen tar; auf dem linken Altar Standfiguren Kaiser Emporen (Oratorien) mit klassizistischen, Heinrich II. und Heilige Kunigunde, Stifter steingrau gefassten Holzbalustraden. des Klosters St. Georgen zu Stein am Schmale, graue Verputzpilaster «stützen» Rhein; rechts Heiliger Gregor und Gebhart die Schenkel der tief eingeschnittenen (Gründer von Petershausen).- c) Das kost­ Gewölbekappen, die sich im Hauptjoch zu bare «Gnadenbild» auf dem rechten Seiten­ einem Kreuzgratgewölbe und im Altarhaus altar ist in einem Schutzgehäuse unterge­ zu einem Fächergewölbe fügen. Schemati­ bracht. Seit wann in Klingenzell eine Statue sche Blattreihen säumen ihre Grate und als wundertätig verehrt wird, weiss man umkreisen die Wölbungszentren. nicht. Die heute aufgestellte, etwa 40 cm hohe bemalte Schnitzfigur ist etwa gleich alt Von der Ausstattung seien hier besonders wie Klingenzell selber. Sie gehört dem erwähnt: a) Hochaltar. 1737 errichtet; auf Typus des sogenannten Vesperbildes den Seitenkonsolen qualitätsvolle, fast ganz (Pieta) an, das ab etwa 1300 im Zuge domi­ vergoldete Statuen aus der Bauzeit des nikanischer Mystik im Bodenseeraum eine Altars, links Heiliger Benedikt (mit Buch und besonders schöne Ausprägung von milder, Noppenbecher), rechts Heilige Scholastika andachtsvoller Gestimmtheit fand.

Von der Propsteiki�che Klingenzell und der nahegelegenen Hochwacht hat man eine herrliche Aus­ sicht auf den Untersee.

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Mammern um 1'900- Gesamtansicht gegen Nordosten - getuschte Bleistiftzeichnung von Johanna Museum des Kantons Thurgau, Jnv. T 5178 Propsteikirche Klingenzell von Südosten

20 Oben: Votivbild, von 1738, verbrannt 1957(?) Rechts: Gnadenbild aus der Gründungszeit von Klingenzell (1. Hälfte 14. Jh.) - Unten: Inneres­ der Kirche mit Blick zum Chor.

21 Kirchenbrand in Mammern

Der nachfolgende Bericht stammt aus der wurde er auf dieser Seite bespritzt, so dass 1. Ausgabe der Thurgauer Zeitung vom 8. dann der Einsturz wirklich südwärts auf den April 1909. ln der Nacht zuvor brannte die Friedhof erfolgte, ohne grossen Schaden paritätische Kirche Mammern nieder. Der anzurichten, ausser dass die Telephonlei­ ausführliche Zeitungsbericht wird in genau­ tung nach der Kuranstalt vorübergehend em Wortlaut wiedergegeben. ln den zwei unterbrochen wurde. Hilfe aus Nachbarge­ anderen Regionalzeitungen- Bote vom Un­ meinden wurde, weil Hydranten vorhanden tersee und Thurgauer Volksfreund - waren, nicht nachgesucht. erschienen am 9. beziehungsweise 10. April Da die Kirche nur niedrig (wie es heisst, für 1909 nur kurze Berichte. 5000 Franken) versichert war, leiden die beiden Kirchgemeinden bedeutenden Wie uns heute früh telegraphisch gemeldet Schaden, abgesehen von dem Verlust einer worden, ist letzte Nacht um 1h11 Uhr die historischen Denkwürdigkeit und der paritätische Pfarrkirche in Mammern voll­ Störung des Gottesdienstes über die Fest­ ständig niedergebrannt. Bis um 1h 9 Uhr tage. Bereits hat übrigens Herr Dr. Ullmann, abends hatte in der Kirche noch ein katho­ der Besitzer der Schlosskapelle, die letzte­ lischer Gottesdienst stattgefunden, ur.�d es re bereitwilligst den beiden Kirchgemeinden scheint, dass der Brand durch eine Petro­ zur Benutzung zur Verfügung gestellt, nach­ leumlampe, die den Sängern auf der Empo­ dem er erst vor kurzem das Benutzungs­ re zur Beleuchtung diente und an der Decke recht der Katholiken an dieser Kapelle los­ aufgehängt war, den Brand verursacht gekauft hat. hatte. So kam es, dass zuerst der Turm in Die abgebrannte, St.Biasius geweihte Kir­ Brand geriet, und zwar so rasch, dass, als che war eine der ältesten im Kanton. Bei der man den Feuerausbruch entdeckte, schon Renovation des Chors im Jahre 1743 wurde nicht mehr Sturm geläutet werden konnte an der Decke die Jahreszahl MCCCXXXXIII und es eine Weile dauerte, bis die durch (1343) gefunden, und man glaubt, dass dies Rufe alarmierte Löschmannschaft zur Stel­ das Jahr der Erbauung sei, es wird aber le war. Bald stand denn auch der Dachstuhl schon im Jahr 1264 ein Leutpriester von und das Innere der Kirche in Flammen, und Mammern erwähnt. Im Jahr 909 hat Winid­ heute stehen von der altehrwürdigen Kirche here mit Zustimmung seiner Gattin Hilde­ nur noch die brandgeschwärzten Mauern garde ihre in Mammern (Manbüron) gelege­ da. Aus dem lnnern der Kirche konnten nur nen Besitzungen, Häuser, Äcker, Wiesen, die in der Sakristei befindlichen Gegenstän­ Waldungen, Fischerei, Mühlen, zwei leibei­ de gerettet werden. Dagegen ist das Grab­ gene Männer und eine Magd an den Abtbi­

denkmal des Ritters Walther von Roll unver­ schof Salomo von St.Gallen gegen einige · sehrt geblieben. Die vier Glocken, von Huben in Wyler, Hettlingen und Madoltswyl denen drei von Walther von Roll gestiftet ausgetauscht, und es ist wahrscheinlich, worden, liegen geschmolzen im Schutte. dass die Abtei St.Gallen auf dieser Besit- , Die Tätigkeit der Feuerwehr, welcher gute zung eine Kirche gründete, von der sie auch Hydranten zur Verfügung standen, richtete den Kirchensatz besass. Im Jahr 1319 ver­ sich zuerst gegen den brennenden Turm. lieh Abt Hiltpold von St.Gallen das Dorf Damit dieser nicht nach Norden auf das Mammern samt dem Kirchensatz an die nahestehende Wohnhaus zur Post stürze, Gebrüder Albrecht von Gastel, Probst zu

22 St. Stephan, und Albrecht von Castel, Domherr zu Konstanz. Nachher ging das Besitztum an verschiedene Eigentümer über, bis im Jahr 1620 die Gebrüder Karl Emil, Johann Walter und Johann Peter von Roll die Herrschaft Mammern und Neuburg um die Summe von 35 000 Gulden erwar­ ben. Diese haben auch das Schloss neu erbaut, und Johann Walter liegt, wie bereits bemerkt, in der Kirche begraben, wie auch von den nun zerstörten Glocken drei seinen Namen trugen.

Da die katholische Kirchgemeinde sich schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken des Baues einer eigenen Kirche trägt, so 'fläre es möglich, dass an Stelle der abge­ brannten Kirche ·zwei neue erstehen. Jedenfalls bedeutet der Kirchenbrand von . Mammern eine wichtige Epoche in der Ge­ . schichte der kleinen Gemeinde. Blick von der Ringstrasse Richtung alte Dorf­ kirehe (um 1900) Quelle: ifhurgauer Zeitung vom 8. April 1909, Kantons­ Postkarten aus der Sammlung von Therese bibliothek Frauenfeld Jacob, Mammern

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Ortskernvon Süden mit der später abgebrannten Dorfkirche (um 1900)

23 Die Evangelische Kirchgemeinde Mammern

von Or. Charles-Henri Diacon, Präsident der tion waren der Maler Heinrich Stäubli, Archi­ Evangelischen Kirchgemeinde Mammern tekt Kurt Walter (kurz nach der Renovation an den Folgen eines Unfalls gestorben) und Die paritätische Kirche von Mammern Pfarrer Guido Nyffenegger. brannte 1909 ab. Sowohl die katholische wie die evangelische Gemeinde beschlos­ sen nun, für jede Kirche ein eigenes Gebäu­ de zu erstellen. 1911 waren die Evangeli­ schen soweit, 1913 die Katholischen. Die evangelische Gemeinde wählte als Standort die Pfrundwiese, auf welcher seit 1948 auch das evangelische Pfarrhaus steht. Die Pfrundwiese, eine grosse, zentral gelegene Parzelle, eignete sich wegen der Grösse und der idealen Lage mitten im Dorf für einen Kirchenbau. Bis heute ist es gelun­ gen, die Pfrundwiese und die Umgebung der Kirche freizuhalten. Die evangelische Kirche ist ein einfacher Bau im Jugendstil, gegen Westen besteht ein Chorraum. Im Saal selbst haben etwa 200 Besucher Platz, gegen Osten ist eine Empore aufge­ baut mit der Orgel. Die Kirche hat sechs Fenster, davon zwei mit Bildern von Refor­ Kirchweihfest im Jahre 1911 matoren. Alle Fenster sind von der Hand von Carl Roesch. Der Glockenraum enthält Die evangelische Gemeinde umfasst Mit­ drei Glocken und ist seit 1911 nicht verän­ glieder aus Mammern (etwa 200), aus Gün­ dert worden. Die Umrisse der Kirche haben delhart (etwa 30) und aus Lanzenneunfarn sich im Laufe der Jahre nicht geändert, (etwa 20). Mammern ist bei der Kirchen­ wohl aber giß Umgebung, die nun freund­ behörde als FünJzig-Prozent-Pfarrstelle lich und einfach begrünt ist. ausgeschrieben. Seit 1911 sind 12 Pfarrher­ Im Jahre 1994 wurde die Innenrenovation ren ;als- Hirten der Gemeinde tätig gewesen

,. !' durchgeführt, ,die der Kirche einen helleren (siehe Liste). ,. und freundlicheren Charakter gegeben hat. Während einiger Jahre (1973 bis 1977 und Der Chorboden wurde erhöht, ein neues von 1982 bis 1994) war der Pfarrer von Wandbild wurde durch den Glasmaler Hein­ Mam11;1ern gleichzeitig Pfarrer von Wagen­ rich Läubli aus Oberburg entworfen und hausen. Doch die Belastung durch zwei durchgeführt. Im Chorraum wurde eine doch verschiedene Gemeinden erwies sich neue Beleuchtung installiert. Die grosse bald als zu gross, so dass seit 1995 Mam­ Kanzel und der Taufstein sind entfernt wor­ mern und wieder einen eige­ den und durch modernere Holzmöbel nen Pfarrer haben. Seit Mai 1996 haben wir ersetzt: ein Abendmahltisch, ein Ambo und das Glück, wieder eine Pfarrfamilie im Dorf ein Taufbecken. Hauptakteure der Renova- zu haben. Pfarrer Stefan Zolliker zog im

24 Frühling mit seiner Frau und seinen zwei Altersnachmittag werden meist ökume- · Kindern zu uns und kümmert sich seither nisch gestaltet. um die allsonntäglichen Predigten, die Seel­ Sehr gut entwickelt hat sich seit einigen sorge, den Unterricht, die Konfirmanden Jahren die Sonntagsschule. Unter der Lei­ und die Kasualien (= geistliche Amtshand­ tung von Frau Astrid Frei hat sich ein leb­ lungen wie Taufen, Trauungen, Beerdigun­ hafter Betrieb bei sehr gutem Besuch (15 gen) für Mammern und für die angeschlos­ bis 30 Kinder) entwickelt. Diese wechseln senen evangelischen Mitglieder. später in den Jugendgottesdienst Jeden Sonntag findet in der Kirche ein Got­ tesdienst statt, ansonsten ist das kirchliche Leben ohne grossen Nebenaktivitäten an Evangelische Pfarrer in Mammern seit 1911 der kantonalen Anweisung angelehnt. Ein­ 1905-1919 Konrad Graf mal im .Monat findet in der Regel ein Abend­ 1920-1932 Friedrich Keller (Vikar aus Steckborn) gottesdienst statt, der häufig mehrheitlich 1932-1939 Arnold Knellwolf durch Mitglieder vom «Berge» (Lanzen­ 1940-1944 Erich Bächtold neunforn, Gündelhart) besucht wird. Ganz 1944-1958 Jakob Fatzer selten finden auch in Lanzenneunfarn 1958-1966 Walter Kaprio 1966-1973 Matthias Eggenberger (Waldgottesdienst) oder in Gündelhart 1973-1977 Frau Rasmarie Züst (Schulhaus) Gottesdienste statt. (mit Wagenhausen) Zwischen der katholischen und evangeli­ 1978-1981 Jakob Fatzer 1982-1991 Willy Haug (mit Wagenhausen) , sehen Gemeinde herrscht in Mammern ein 1992-1996 Guido Nyffenegger ungezwungenes, freundliches Verhältnis. (bis 1995 mit Wagenhausen) Dorffeiern wie der Missionsbazar und der Seit Mai 1996 Stefan Zolliker

Pfarreinsetzung am 19. Mai 1996, von links nach rechts: Regionaldekan Markus Roos, Stefan und Monika Zolliker und der bisherige Gemeindepfarrer Guido Nyffenegger

25 Mit vier Paramenten durchs Kirchenjahr

von Markus Germann, Mammern als Zeichen des von Jesus für die Gläubigen vergossenen Blutes und Ähren in der ln der evangelischen Kirche schmückt je­ Längsachse eingestickt sind. An den Weih­ weils eines von vier bestickten Paramenten nachtsgottesdiensten wird beispielsweise (= das Bereitete) aus der Hand von Margrit dieses Parament aufgelegt. Das Fischer­ Stump aus Liebenfels den Altar und berei­ netz auf rotem Grund erinnert an Jesus als chert mit seiner Symbolik die Gottesdien­ Menschenfischer und ruft den Fisch als Zei­ ste. Die Auswahl traf der damalige Pfarrer chen des Lebens und der Erkennung unter Guido Nyffenegger. Er entschied sich für die den ersten Christen in Erinnerung. Am Motive Kreuz, Dornenkrone, Netz mit Fi­ Palmsonntag, an Auffahrt und Pfingsten schen und Schiff. Die Tücher werden mit sowie am Reformationsfest wird dieses rote den liturgischen Farben des evangelischen Tuch über den Altar gelegt. Kirchenjahres je nach Aussage des Sym­ Das Schiff ist ein altes Symbol für das Rei­ bols ausgewechselt. Zeichnerische Vorla­ sen. Heute ist es zudem ein Zeichen der gen fand Margrit Stump in einem Heft. ökumenischen Bewegung. Viele Christen Diese vergrösserte sie und gab den Formen auf der Erde finden sich unter diesem Sym­ einen eigenen letzten Schliff. Die Vorlage bol zusammen. Mit seinem mächtig aufge­ des Schiffes gefiel jedoch weder Margrit blähten Segel schmückt das Schiff den Stump noch Tochter Sonja. Das Schiff wirk­ Altar unter anderem an den, Sonntagen zwi­ te viel zu steif und glich zu sehr einem stark schen Pfingsten und dem Bettag sowie vereinfachten Piktogramm. ln der Folge ent­ zwischen Dreikönigstag und Fasnacht. Das warf Sonja Stump ein eigenes Schiff. Sie von einer weissen Dornenkrone umrandete liess sich dabei von der Schiffsdarstellung rote Kreuz mit violettem Hintergrund wird im des gleichnamigen Gasthauses in Mam­ Advent, an den fünf Passionssonntagen, mern inspirieren. Nachdem alle Entwürfe in am Karfreitag und am Bettag über den Altar der Originalgrösse vorlagen, konnte die g�?legt. grosse Stickarbeit an den Leinen-Tüchern Die von Margrit Stump mit Liebe und gros­ beginnen. Mit dem «Stii»-Stich arbeitete ser Sorgfalt bestickten Paramente schmük­ Margrit Stump etwa 30 Stunden am ken den Altar trefflich. Zu bedauern ist ledig­ «Schiff». Für jedes der drei anderen Para­ lich, dass man immer nur eines sehen kann. mente betrug die Arbeitszeit zwischen 20 Anderseits können sich die Gläubigen, die und 30 Stunden. Die Dornenkrone stickte regelmässig die Gottesdienste besuchen, sie mit dem «Chlösterli»-Stich. am wechselnden Altarschmuck erfreuen Gemäss den Erläuterungen von Pfarrer und sich ihre Gedanken über die Symbolik Guido Nyffenegger besteht eine doppelte der einzelnen Altartücher machen. Symbolik der vier Tücher, nämlich die Bedeutung der Hintergrundfarbe sowie die­ jenige des aufgestickten Sujets. Weiss steht für die Freude, Rot für Uebe und Blutzeug­ Evangelische Kirchenbehörde 1996 nis, Grün für die Hoffnung und Violett für Charles-Henri Diacon (Präsident, Erwachsene), Busse und Trauer. Margrit Stump (Vizepräsidentin, Jugend), Mari­ Oft in Gebrauch ist das weisse Tuch mit anne Wattinger (Pflegerin), Rosmarie Siegwart dem Kreuz, in dessen Seitenarme Trauben {Alter), Andreas Aeschbacher (Bau)

26 Die Dornenkrone mit violettem Hintergrund am Das Kreuz mit Ähren un,d Trauben auf weissem 1 1. Adventssonntag Grund

Schiff mit geblähtem Segel vor grünem Hinter­ Das Fischernetz auf rotem Grund schmückt am grund Auffahrtstag und an Pfingsten den Altar.

27 Die Katholische Kirchgemeinde Mammern

von Paul Pfistet; Präsident der Katholischen von der Propstei KlingenzelL Am 22. Juni Kirchgemeinde Mammern 1619 hielt ein katholischer Priester aus dem benachbarten, über dem See gelegenen ln seiner Predigt anlässlich der Grundstein­ Priorat Oehningen zum ersten Mal wieder legung am 7. Juli' 1912 für die neue Kirche Gottesdienst in der alten Kirche, deren schreibt Pfarrer Brühwyler, dass der Bau am Erbauung tief ins Mittelalter zurückreichte. 28. Januar 1912 von der Katholischen Kirch­ Am Standort der alten Kirche liess Herr gemeinde Mammern beschlossen wurde. Nationalrat Ullmann eine Gedenktafel auf­ Zur Deckung der Kosten dienten der Erlös stellen. für die am 11. März 1906 von der Gemeinde Grösste Bedeutung für die Erhaltung der an Herrn Nationalrat Dr. Oscar Ullmann, katholischen Pfarrei Mammern erlangten Kurarzt, verkauften Schlosskapelle sowie die drei Brüder Karl Emanuel, Johann Wal­ freiwillige Spenden und fromme Stiftungen, ter und Johann Peter aus dem Geschlech­ welche in- und ausserhalb der Gemeinde te der Edlen von Roll aus dem Kanton Uri, frommen Sinnes gespendet .und gestiftet welche im Jahre 1620 durch Kauf in den wurden. Der Bauplatz der neuen Kirche war Besitz der Herrschaft Mammern gelangt Pfrundgut und Eigentum der katholischen sind. Gemeinde. Auf Bemühen des Edlen Carl Emanuel von ln seinem Rückblick erinnert Pfarrer Brüh­ Roll und des Abtes Bernhard von St.Gallen wiler, dass di_e frühere Pfarrkirche, geweiht wurde im Jahre 1621 wieder eine ständige dem heiligen Bischof Blasius, Eigentum der katholische Seelsorge eingeführt. Katholiken, mit Benutzungsrecht auch für 64 Jahre später, 1685, zählte Mammern nur die Protestanten, in der Nacht vom 7. auf noch drei protestantische Bürger. 1744 war den 8. April 1909 durch einen Brand zer­ die Seelenzahl der Einwohner nach der stört wurde. Dieser Umstand ermöglichte Konfession ausgeschieden folgende: 178 es dem damaligen Pfarrer Hochwürden katholische Einwohner und 20 protestanti­

Herrn Robert Müller, für den Bau der neuen sche. Die heutige Seelenzahlr von katholisch Kirche eine intensive Sammeltätigkeit mit Mammern im Jahre 1912 beträgt 180 Bürger schönem Erfolg zu entfalten. Nach dem und Einwohner. Brand der alten Kirche stellte Nationalrat Es lag im Zuge der Religionspolitik des Dr. Ullmann den beiden Konfessionen die 17. Jahrhunderts, dass Reformierte wie Ka­ Schlosskapelle in hochherziger Weise tholiken Grundbesitz und Schlösser kauf­ unentgeltlich zur Abhaltung des Gottes­ ten, um den betreffendenGlauben zu erhal­ dienstes zur Verfügung. ten und weiter zu verbreiten. Von den Die Gründung der katholischen Pfarrei katholischen Kantonen wurden namentlich Mammern reicht zurück bis zum Ende des die Klöster ersucht, solche Güter zu erwer­ 10. Jahrhunderts und geschah durch die ben. So kam die Herrschaft Mammern an ehemalige Abtei St.Gallen. Die das Kloster Rheinau und blieb bis um das hatte zur Folge, dass in Mammern während Jahr 1838 - mit kurzer Unterbrechung zur 90 Jahren, nämlich von 1529 bis 1619, kein Zeit der Helvetik-bei Rheinau. Auf Drängen katholischer Gottesdienst mehr gehalten der Zürcher Regierung musste das Kloster wurde. Die Pastoration der wenigen Fami­ Rheinau seine Besitzungen in Mammern lien, die katholisch blieben, wurde besorgt verkaufen. Während der Klosterzeit blieben

28 die Pfarrer jeweils nur kurze Zeit auf ihrem Eschenz, Pater Augustin Gassmann, um Posten, höchstens drei Jahre. So zählen wir Aushilfe, vorerst für den Sonntags-Gottes­ von 1693 bis 1870, als der letzte Klosterpa­ dienst. Da dies auf die Dauer keine Lösung te'r wegen Altersschwäche wegzog, 36 war, setzte sich der Kirchenrat des Kantons Pfarrer. Thurgau in Zusammenarbeit und in Abspra­ !Die ganze Rheinauerzeit von immerhin 177 che mit dem Kloster Einsiedeln und der JJahren ging nicht spurlos vorüber. Denken Kirchgemeinde Eschenz für einen Pfarrei­ wir an die Schlossklinik, die in der Bausub­ verbund ein. Seit 1977 bilden die Kirchge­ stanz der Altbauten noch den Klostercha­ meinden Eschenz (mit Amtssitz des Pfar­ rakter erkennen lässt, oder die einzigartige rers), Klingenzell und Mammern einen Schlosskapelle sowie an die zahlreichen Seelsorgeverband. Jede Pfarrei ist nach wie Kostbarkeiten in Kirche und Sakristei. Zu­ vor eine eigenständige Kirchgemeinde, dem ist kaum anzunehmen, dass in der klei­ jedoch mit einem gemeinsamen Seelsorger, nen Pfarrei bis heute der katholische Glau­ für den jede Kirchgemeinde ihren Anteil zu be erhalten geblieben wäre, wenn nicht das zahlen hat. Das bedingt auch gemein­ Kloster Rheinau seine besten Kräfte zur schaftliche Sitzungen der Kirchenvorsteher Erhaltung und Festigung der christlichen einerseits für Verwaltung und Administration 1Religion zur Verfügung gestellt hätte. sowie des Pfarreirates andererseits für kirchliche Aktivitäten. Früher war es eine Selbstverständlichkeit, Zuerst das Kloster St.Gallen, danach das dass hohe Feiertage wie Weihnachten, Kloster Rheinau und nun das Kloster Ein­ Ostern und Pfingsten gebührend mit einem siedeln setzten sich für die Erhaltung des feierlichen Hochamt, mit Kirchenchor, katholischen Glaubens in unserer kleinen Rauchfass- und Kerzenträger zelebriert Gemeinde ein. Das Kloster Einsiedeln be­ wurden und festliche Prozessionen mit treut seit dem Kauf des Schlosses Freu­ Himmel- und Fahnenträgern stattfanden. denfels im 14. Jahrhundert die Pfarrei Der Pfarrer las die Messe am Hochaltar in Eschenz seelsorgerisch und stellt Pater aus lateinischer Sprache. Die Kinder bewiesen ihrem Kloster zur Verfügung. So gesehen ihre Glaubenstreue mit dem Besuch des hat die Religionspolitik des 17. Jahrhunderts Religionsunterrichts am schulfreien Sinn und Zweck bis heute erfüllt, indem Klö­ Mittwochnachmittag und mit Christenlehre ster Schlösser kauften, um so den Glauben ' am Sonntagnachmittag. zu erhalten und zu verbreiten. Nach dem letzten Vatikanischen Konzil wur­ Die gegenwärtige katholische Kirchenvor­ den die strengen Sitten etwas gelockert steherschaft von Mammern wird gebildet und als wesentliche Änderung der soge­ durch Paul Pfister als Präsidenten, Alfons nannte Volksgottesdienst eingeführt. Das Riedi als Pfleger, Sabina Engel als Aktuarin bedingte eine Umstellung respektive den und den Beisitzern Anton [1ess und Anna­ Umbau des Chorbereichs in der Kirche, Dora Wattinger. indem ein neuer Volksaltar eingebaut wurde. Seither liest der Pfarrer die Messe in Quelle: Predigt von Johannes Brühwyler

deutscher Sprache, und-das Volk beteiligt Katholische Pfarrer in Mammern seit 1911 sich aktiv daran. 1911-1938 Johannes Brühwyler Es kam die Zeit, da Pfarrer Drittenbass 1938-1959 Rupert Keller krankheitshalber nicht mehr in der Lage 1959-1977 Wilhelm Drittenbass 1978-1984 Pater Augustin Gassmann war, seine Pfarrei vollumfänglich zu betreu­ 1984-1995 Pater Norbert Ziswiler en. So ersuchte man den Pfarrer von seit 1995 Pater Raimund Gut

29 Die Katholische Kirchgemeinde Klingenzell

von Edgar Hess, Pfleger der Katholischen Restauration hundert Jahre später (1972) Kirchgemeinde Klingenzell kostete ziemlich genau das Zehnfache, also 34 000 Franken. Ganz enorme Kosten in Die Katholische Kirchgemeinde Klingenzell der Höhe von beinahe I ,4 Millionen Franken als kleinste Pfarrei des Kantons Thurgau verursachte die Gesamtrenovation der Ka­ zählt heute etwa 60 Seelen. Sie ist hervor­ pelle in den Jahren 1986/87 (aussen) und gegangen aus der ursprünglichen Probstei 1993/94 (innen). Die Finanzierung wurde KlingenzelL Nach der Legende hat ein Ritter möglich durch Gelder der Kantonalen Zen­ von Hohenklingen die Kapelle am Standort tralsteuer, der Denkmalpflege und vieler pri­ der heutigen Grotte gestiftet. Durch starke vater Spender und Organisationen. Ein Regenfälle wurden diese Gebäude (Kapelle besonderes Bijou erhielt die Kapelle mit und Propstei) stark beschädigt .und muss­ dem neuen Altartisch, entworfen und ten abgebrochen werden. Die Kapelle und erstellt durch Bernhard Frei, Hörhausen. das Propsteigebäude wurden hernach am jetzigen Standort errichtet, neben den Die Pfarrei Klingenzell bereits bestehenden Ökonomiegebäuden Die Pfarrei Klingenzell hgü sich im Laufe des Hofes KlingenzelL Die Kapelle trägt die der Zeit gebildet, anfänglich aus den Län­ Jahreszahll704. dereien der· Stiftung, dann durch Zukäufe Das hohe, markante Propsteigebäude mit von umliegenden Gehöften und weiteren angebautem Pächterhaus und Restaurant Schenkungen, so dass sie heute aus den fiel 1957 einem Brand zum Opfer. Die Einwohnern der umliegenden Höfe besteht.

Standortfrage für das neue Pächterhaus · Politisch sind es jedoch Angehörige der und Pfarrhaus führtedamals zu harten Aus­ Gemeinden Mammern, Eschenz, Lanzen­ einandersetzungen. Der kantonale Kirchen­ neunfarn und Hüttwilen. Trotz der kleinen rat hob den Beschluss der Kirchgemeinde Zahl de( Kirchbürger besteht ein Kirchen­ auf, das Pächterhaus westlich der Kapelle chor, der 1997 sein 50jähriges Bestehen fei­ zu erstellen. Schliesslich wurde es am alten ern kann. Die Wallfahrtskirche war von jeher Standort südlich der Kapelle erbaut. ein Anziehungspunkt für diverse Äbte, Kir­ Die Kapelle kostete 1704 gernäss Dr. Emil chenfürsten und Wallfahrende. Die Eigen­ Stauber (Geschichte von Mammern) 1305 ständigkeit der Pfarrei ist zur Hauptsache Gulden. Diverse Renovationen anfangs des Pfarrer Ulrich Pfeiffer zu verdanken, der von 20. Jahrhunderts veränderten das Bild der 1777 bis 1819, also volle 42 Jahre als Pfar­ Kapelle. Chorboden und Fenster wurden rer in Klingenzell amtete. Die Pfarrei erreich­ durch eher kitschige Ausführungen ersetzt, te die Selbständigkeit 1821 und im Jahre welche anlässlich der Renovation im Jahre 1872 die volle Selbstverwaltung durch 1956 wieder in den Ursprungszustand ver­ Regierungsratsbeschluss, nachdem Klin­ setzL wurden. Ausschlaggebend damals genzell gegen einen gegenteiligen war die Denkmalpflege. ln der Folge wurde Beschluss des kantonalen Kirchenrates die Kapelle 1956 unter Bundesschutz ge­ rekurriert hatte. Der letzte Pfarrherr von Klin­ stellt, als «bescheidenes barockes Denk­ genzell, Dr. A. Eggenspieler, verliess die mal», wie sich der damalige Denkmalpfleger Pfarrei im Jahre 1980, nachdem Klingenzell Knöpfli ausdrückte. 1873 erhielt die Kapelle über viele Jahrhunderte hinweg immer für 3400 Franken eine neue Orgel. Die durch einen oder sogar zwei Priester

30 besetzt war. Heute ist die Pfarrei im Pfarrei­ zehnten der Mittwochabendgottesdienst verband Eschenz-Mammern-Kiingenzell gehalten, der von einer Betergruppe aus integriert. Die gegenwärtige Behörde setzt den umliegenden Dörfern und dem angren­ si9h zusammen aus Präsident Josef Ober­ zenden süddeutschen Raum fleissig tüfer, lmmelhausen, Pfleger Edgar Hess, besucht wird. Am Auffahrtstag wird auch Halde, Aktuar Roman Schäfli, Ammenhau­ heute noch die Flurprozession gehalten. sen, und den Mitgliedern lda Grutschnig, Wenn unser Pfarrer verhindert ist, über­ Freudenfels, und Fritz Schäfli, Büelhof. nimmt unser rühriger Mesmer Josef Dähler Weil der Kirchgemeinde ein Pachtbetrieb die Leitung. Seit einigen Jahrzehnten von 27 ha samt Restaurant sowie 23 ha besteht auch eine Bewegung mit dem Wald gehören, hat sich die Vorsteherschaft Namen «Christ wohin?» Sie hält jeden neben kirchlichen Angelegenheiten mit ver­ Monat ein Wochenende der Einkehr in Klin­ .schiedenen anderen Dingen zu befassen. genzelL Momentan sucht diese Bewegung Im Jahre 1980 wurde die aus dem Jahre eine passende Unterkunft. Gerne würde sie 1915 stammende Scheune umgebaut und einen .entsprechenden Neubau in Klingen­ erhielt einen geräumigen Hallenstall (Ko­ zell errichten. Diese Gruppe hat auch vor sten: 424 000 Franken). einigen Jahren den Kreuzweg im Grotten­ Inder Kapelle Klingenzell finden pro Jahr bis wald angelegt. Die 15. Station, der Auf­ zu 40 Trauungen statt. Das kleine Heiligtum erstehungsstein, bildet sozusagen die Ver­ bietet für diese Anlässe ideale Verhältnisse. bindung zur Kapelle mit einem der Das Leben der Kirchgemeinde Klingenzell markantesten Christusworte: «Ich bin die wird gekennzeichnet durch einige traditio­ Auterstehung und das Leben!» nelle Anlässe. Vor allem sind es die auch heute noch sehr gut besuchten Freitags­ gottesdienste der Fastenzeit um 9 Uhr mit dem Schmerzenfreitag (Freitag vor dem .Palmsonntag) als Höhepunkt. An diesem Tag feiert die Kirchgemeinde das Patrozini­

. üm «Sieben Schmerzen Maria». Diese Frei­ tagsgottesdienste gehen auf das Jahr 1675 zurück und wurden gestiftet von Rudolf Reding von Mammern. Sie wurden früher das ganze Jahr hindurch gehalten. Rudolf ,Reding war Landschreiber im Thurgq.u und Herr von Mammern und KlingenzelL Er hatte auch die «Gerichtsherrlichkeit des Klingenzellischen Hochgerichts» inne. Tra­ ditionell sind auch die Wallfahrtsgottesdien­ ste an allen Sonn- und Feiertagen im Monat Mai nachmittags um 15 Uhr. Die älteste Tra­ dition· ist jedoch die 1.-Mai-Wallfahrt der umliegenden Gemeinden Escheni, Mam­ mern, Gündelhart und . Sie geht ins Jahr 1550 zurück. Sie ist eine Dankeswall­ fahrt zur Erhaltung des Glaubens. Neben dem Sonntagsgottesdienst wird seit Jahr- Flurprozession am Auffahrtstag

31 Alt-Friedhofvorsteher Alphans Bürgisser erinnert sich von Markus Germann, Mammern alles Notwendige zu besprechen. Früher lagen die Toten bis zum Beerdigungstag zu ' Während Jahrzehnten war Alphans Bürgis­ Hause im Bett und wurden erst unmittelbar ser für das Totenwesen in Mammern ver­ vor der Bestattung in den Sarg gebettet. antwortlich, also für den Teil der kirchlichen Verantwortlich dafür waren die Zimmerleute Belange, welchen man meist gerne ver­ Walter Wattinger und Franz Bachmann. drängt. Der nachfolgende Text basiert auf Heute werden die Verstorbenen umgehend seinen Erinnerungen, welche er in einem von Josef Hasler aus Steckborn eingesargt Gespräch wieder aufleben liess. und bis zum Bestattungstermin in Steck­ Auf den 1. Januar 19 50 wurde Alphans Bür­ born aufgebahrt. Rückblickend meint gisser als Friedhofvorsteher gewählt. Seine Alphans Bürgisser, die Gerüche seien Wahl wurde durch die Munizipalgemeinde manchmal sehr belastend gewesen. Steckborn bestätigt, ins Amt eingesetzt Sein Beruf als Grabkreuzmaler prädestinier­ wurde er von Gemeindeammann Nyffeneg­ te ihn geradezu für das Amt des Friedhof­ ger. Bis Ende 1992, also während 43 Jah­ vorstehers, war er doch als Male'r im Dorf ren, versah Alphans Bürgisser dieses Amt. auch stets abrufbereit Wenn eine Beerdi­ Als Präsident stand er auch der paritäti­ gung zu veranlassen war, musste er alles schen Friedhofgemeinde vor. liegen lassen, um die nötigen Schritte in die ln seiner Amtszeit war Alphans Bürgisser für Wege zu leiten und die amtlichen Todesan­ rund 300 Bestattungen verantwortlich. zeigen auszuhängen. «Die Toten hatten Dabei wurde die Fläche des Mammerner immer Vorrang», stellt Alphans Bürgisser Dorffriedhofes einmal «umgekehrt», also rückblickend fest. Darum kam es schon vor, der ganze Bereich mindestens einmal für dass er für eine Beerdigung aus dem Tessin Gräber verwendet. Der ehemalige Friedhof­ anreiste, wo er einen Malauftrag erledigte, vorsteher hält in seiner Erinnerung fest, um nach getaner Arbeit sofort wieder in den dass ihm seit vielen Jahren bei Beerdigun­ Süden zur hauptberuflichen Weiterarbeit zu gen mit Ernst Hunkeler und Josef Ullmann fahren. aus Eschenz und Walter Wattinger aus Aus Gründen der Pietät und der Verschwie­ Mammern tüchtige Leute zur Seite standen. genheit wollte Alphans Bürgisser nicht Walter Wattinger war es auch, der Alphans namentlich auf einzelne Beerdigungen ein­ , Bürgissers Stellvertretung übernahm, als gehen. Schmunzelnd meinte er aber, dass dieser 1972 seine eigene Frau beerdigen vor Jahren einmal wegen einer Urnenbe­ musste. stattung grosse Aufregung bei den Begräb­ Als Friedhofvorsteher hatte er sich um alle nisverantwortlichen herrschte. Alles war zur schriftlichen und finanziellen Belange sowie Bestattung bereit - einzig die Urne fehlte um die Durchführung der Bestattung zu noch! Alle Bemühungen von Posthalter kümmern. Diese Aufgaben werden heute Walter Siegwart waren umsonst, die Urne von der Gemeindeverwaltung übernom­ blieb vord,erhand verschollen. ln der Steck­ men. Bei. einem Todesfall kommen die borner Verwaltung riet man Alphans Bürgis­ Angehörigen zu den übl[chen Bürozeiten ser, die angesetzte Bestattung wie vorgese­ auf die Gemeindekanzlei, um die Bestat­ hen durchzuführen und eine leere Urne tung zu regeln. Alphans Bürgisser hingegen einzugraben. Sobald die richtige Urne auf­ suchte die Trauerfamilie zu Hause auf, um tauche, solle er in Stille die Angelegenheit in

32 'Ordnung bringen. Man hätte in Steckborn auf fünf Prozent ermöglicht worden. Bei auch schon diese Notmassnahme ergreifen einer Versammlung der paritätischen Fried­ müssen. Tatsächlich 'tauchte einige Zeit hofgemeinde hatte Walter Meier senior .später die Urne auf. Statt in Mammern war votiert, mit einem Steuerfuss von nur einem sie zwischenzeitlich im bündnerischen Mar­ Prozent seien die Einnahmen viel zu gering, morera gelandet! Mit der nötigen Andacht um anständig arbeiten zu können. Als nach :habe man dann nachts die leere Urne aus­ einigen Jahren das Vermögen der Friedhof­ ;gegraben und die richtige Urne in der Erde gemeinde ansehnlich angewachsen war, versenkt. dachte niemand mehr an eine Steuersen­ kung. Alphons Bürgisser vermied es tun­ liehst, darauf hinzuweisen, dass man eigentlich. den Steuerfuss wieder senken könnte. Dank des grossen Vermögens waren aber die Erstellung der Urnenwand und sämtliche Umgebungsarbeiten über­ haupt erst finanzierbar. Im Gegensatz zu ·anderen Gemeinden fallen für eine Urnen- beisetzung keine Zusatzkosten an. Jede ortsansässige Person kann sich ohne Kostenfolge für eine Erdbestattung oder ein Urnengrab entscheiden. Auf die Beerdigung von Erich Ullmann kam Alphons Bürgisser in seinem Rückblick aber doch noch zu sprechen. Es sei ein offenes Geheimnis im Dorf, dass nach dem Begräb­ nisessen, zu welchem alle eingeladen wur­ den, niemand mehr nüchtern war. Die Wan­ gener Musik hätte sogar den Kaiser­ Wilhelm-Marsch gespielt. Ganz im Sinne des Verstorbenen sei es keine traurige Beerdigung gewesen. Die Witwe Ullmann soll später nur gesagt haben, sie hätte eine Auch heute noch werden die Urnen mit der höhere Getränkerechnung erwartet. Post verschickt und auf dem Gemeinde­ Wegen Streitereien musste Alphöns Bürgis­ büro abgeliefert, wo sie dann für die Beerdi­ ser für eine Übergangszeit auch die Verant­ gung abgeholt werden. ln der Regel werden wortung für den Klingenzeller Gottesacker heute die Urnen in die Urnenwand gestellt, übernehmen. Einmal gab es Probleme, weil für deren Realisierung Alphons Bürgisser jemand die verstorbene Mutter nicht neben massgeblich verantwortlich war. Die Urnen­ einem bestimmten Mann beerdigt haben wand hatte 65 000 Franken gekostet. Darin wollte, da dieser zu Lebzeiten als .notori­ enthalten sind sämtliche Kosten für die scher Trinker bekannt war. Man kam den Wand, für die Urnengräber sowie für den Hinterbliebenen entgegen und. bestattete . Abbruch, die Renovation und die Neumon­ die Mutter andernorts auf dem Friedhof. tage des Zaunes. Die Erstellung dieser Aber auch Alphons Bürgisser blieb vor Pro­ Urnenwand war durch eine in früheren Jah­ blemen nicht verschont. So gab es vor vie­ ren vollzogene Steuererhöhung von einem len Jahren einmal eine Auseinandersetzung

33 betreffend Entschädigung mit dem damali­ gen Munizipalgemeindeammann Labhart in Steckborn. Alphans Bürgisser wurde schliesslich unter Verdankung der geleiste­ ten Dienste entlassen. Man fand sich aber wieder. Statt wie bisher 12.50 Franken erhielt nun Alphans Bürgisser 50 Franken pro Beerdigung. Die umfangreichen Arbei­ ten rund um ein Begräbnis und der Ver­ dienstausfall im Hauptberuf als Maler recht­ fertigten diese notwendige Anpassung. Noch Jahre später habe aber Gemeinde­ ammann Labhart deswegen gestichelt. Stets habe dieser in die Runde gerufen, wenn Alphans Bürgisser eine Gaststube betrat, hier komme der teuerste Friedhof­ vorsteher des Kantons Thurgau. ln seiner Rechnungsführung wurde Alphans Bürgisser einmal von der Zivilstandsbeam­ tin in Steckborn gerügt, weil er zehn Fran­ ken zuviel ausbezahlt hatte. Am Jahresen­ de konnte er jedoch einen positiven Abschluss in der Höhe von 4000 Franken vorweisen, so dass auf die Rückforderung der zehn Franken verzichtet wurde. Das Begräbnis des von Alphans Bürgisser sehr geschätzten Kameraden Otto Meier nahm der mittlerweile achtzigjährige Fried­ hofvorsteher zum Anlass, das Amt abzuge­ ben. Schon früher wäre er gerne zurückge­ treten, doch fand sich niemand bereit, dieses Amt zu übernehmen. Im Zusam­ menhang mit dem Begräbnis seines Alphans Bürgisser vor der Urnenwand langjährigen Freundes Otto Meier erinnerte sich Alphans Bürgisser schmunzelnd an Die .Reorganisation der Friedhofbelange, eine Episode mit dem Mammerner Lei­ welche nun in die Verantwortung der Politi­ chenwagen. Sie beide hätten mit dem schen Gemeinde Mammern übergingen, schmucken Gefährt auf dem Hof Rüters­ war ein weiterer Punkt, dass sich Alphans haus einen Toten abgeholt. Alphans Bür­ Bürgisser mit der beruhigenden Gewissheit gisser ging hinter dem Leichenwagen her, zurückziehen konnte, während vier Jahr­ Otto Meier sass auf dem Kutscherbock . An zehnten zum Wohl der . Gemeinde seine diesem Tag habe Otti seltsam kutschiert, so Schuldigkeit mehr als getan zu haben. Sein Alphans Bürgisser. Immer wieder habe er Nachfolger ist Gemeindearbeiter Anton nach vorne rennen müssen, um Otto Meier Hess, für die administrativen Belange zeich­ zu ermahnen, doch anständig zu fahren net nun die Gemeindeangestellte Cornelia und auf dem Weg zu bleiben. Schmid verantwortlich.

34 Was ist bei einem To desfall zu tun?

von Cornelia Schmid, Versicherungen oder Banken benötigt, Gemeindekanzlei Mammern so können zusätzliche zum Preis von zehn Franken angefordert werden. Ein Todesfall in der Familie trifft die 7. Die Bestattung in Mammern ist für Ein­ Angehörigen oft unerwartet. Zur Trauer wohnerinnen und Einwohner unentgelt­ ko mmt hinzu, dass man bis zur Beerdigung lieh. einiges vorkehren muss . Die nachfolgende 8. Falls eine Bestattung im Ausland erfol­ Aufstellung wird auf der Gemeindekanzlei gen soll, bittet das Zivilstandsamt um den Angehörigen überreicht, um sie über Bekanntgabe, damit die notwendigen alle nötigen Schritte zu orientieren. Da viele Papiere sowie der Transport (Auto/Flug­ nicht wissen, was bei einem Todesfall alles zeug) rechtzeitig organisiert werden kön­ zu unternehmen ist, werden die einzelnen nen. Punkte zur Information hier aufgelistet. Für weitere Auskünfte steht das Zivilstands­ 1 . Bei einem T adesfall ist der Hausarzt oder amt Mammern gerne zur Verfügung. sonst ein Arzt zu benachrichtigen, damit die Todesursache festgestellt werden ka nn. 2. Die ärztliche Todesbescheinigung ist zusammen mit dem Familienbüchlein beim Zivilstandsamt des Todesortes abzugeben. 3. Für eine Erdbestattung oder Kremation ist zuerst die Absprache mit den Zivil­ standsbeamten erforderlich, damit die notwendigen Arbeiten koordiniert wer­ den können. 4. Erst wenn das Datum bekannt ist, kann· mit dem Pfarrer die Beerdigung oder Urnenbeisetzung besprochen werden. Auch darf dann die Todesanzeige für die Zeitung von den Angehörigen aufgege­ ben werden. ·5. Die Todesmeldungen werden automa­ tisch vom Zivilstandsamt an folgende Ämter weitergeleitet: Einwohnerkontrol­ le, Steueramt, Notar, Amt für AHV und IV, Heimatorte sowie Sektionschef oder Zivilschutzstelle. 6. Einen Todesschein erhalten die An­ gehörigen beziehungsweise die Erbver­ Blick vom Kirchturm auf den paritätischen treter direkt vom Zivilstandsamt zuge­ Friedhof von Mammern, im Hintergrund die - stellt. Werden weitere Scheine für «alte Post» .

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Schattenwurf an den katholischen Kirchturm Kamin der katholischen Kirche

Mitgliedschaft beim VVM Frühere Publikationen Mit einem minimalen Jahresbeitrag von Fr. Nr.1: Mammern und sein Verkehrsverein 10 .- auf das Konto 20/ 001476/04 bei der (vergriffen) Thurgauer Kantonalbank kann man die Nr.2: Mammern und die Klinik vielfältige Arbeit des Verkehrsvereins unter­ Schloss Mammern (vergriffen) stützen. Der Veranstaltungskalender, wel­ Nr.3: Mammern und seine cher auch allen auswärtigen Mitgliedern auf Ortsgeschichte (vergriffen) Wunsch gratis zugestellt wird, orientiert NrA: Mammern und seine Post dreimal jährlich über Aktuelles aus der Ge­ Nr.5: Mammern als politische Gemeinde meinde. Nr.6: Mammern und sein Bahnhof Nr. 7: Mammern während des 2. Weltkrieges Vorstand des VVM 1996/97 Nr.8: Mammern, seine Flurnamen und Präsident: Markus Germann die Ruine Neuburg Aktuar: Hansrudplf Dietrich Kassier: Jürg Weber Die noch erhältlichen Nummern sind so Revisoren: Brigitte Beerli lange vorrätig bei der Post oder beim Ver­ Anna Frey kehrsverein für Fr. 2.- pro Stück zu bezie­ Wanderwege: Werner Siegwart hen. Info-Stelle: Walter Siegwart (Post)

Impressum Auflage: 2000 Stück Herausgeber: Verkehrsverein Mammern Gestaltung/Druck: Druckerei Steckborn AG Redaktion: Marianne und Markus Germann-Leu Fotografien: Dieter Füllemann (Seiten 1, 8-10, 13 oben, 20), Josef Dähler (Seite 31) , Mar­ kus Germann (Seiten 25, 27, 33-34, 36 1inks), Konrad Keller (Seiten 3 unten, 5, 7, 13 unten, 14-15, 17, 21 unten), Friede! Lang (Kopie Seite 24), Willy Müller (Seite 21 oben), Werner Mohr (Seiten 35, 36 rechts), Heinz Reinhart (Seiten 18-19), Cornelia Stäheli (Seite 11 ) Kantonale Denkmalpflege (Seiten 3- 5, 7, 13 unten, 14-15, 18-19, 21) Sammlung Therese Jacob (Seite -23)

Schutzgebühr: Fr. 2.-