SWR2 MANUSKRIPT

SWR2 Musikstunde

Beim “Halleluja” alle aufstehen! – Händels “Messias” und seine Aufführungstraditionen

Mit Doris Blaich

Sendung: 23. Dezember 2017 Redaktion: Martin Roth Produktion: SWR 2017

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SWR2 Musikstunde mit Doris Blaich 23. Dezember 2017 Beim “Halleluja” alle aufstehen! – Händels “Messias” und seine Aufführungstraditionen

... mit Doris Blaich, guten Morgen! Beim „Halleluja alle aufstehen“!, so heißt die Sendung heute – es geht um Händels „Messiah“ und seine Aufführungstraditionen. Am ersten Weihnachtsfeiertag (also übermorgen) senden wir dann den Messiah komplett, in der Aufnahme mit dem Kammerchor Stuttgart und Frieder Bernius; abends um 19.30 Uhr.

Zur Aufführungstradition des Messiah gehören auch Konzerte zum Mitsingen. Wenn Sie wollen, können Sie das hier in der Musikstunde auch gleich tun. Wir haben für alle Fälle die Noten des „Halleluja“ auf unsere Website gestellt. Kündige ich schon mal an, damit man stressfrei die mobilen Endgeräte hochfahren kann.

Die Damen ohne Reifröcke, die Herren ohne Degen! Das war der Dresscode bei der Uraufführung von Händels “Messiah” im Jahr 1742 in Dublin. Die Veranstalter rechneten mit reichlich Publikum und baten deshalb, auf allzu raumgreifende Kleidung und Accessoires zu verzichten. Und sie hatten Recht: Das Konzert war völlig überfüllt. 700 Zuhörer – angeblich war der Saal nur für 600 gebaut, aber Brandschutzbestimmungen waren damals noch recht lax im Vergleich zu heute ... Der Erlös dieser ersten Aufführung ging an drei Wohltätigkeitsorganisationen: ein Krankenhaus, ein Armenkrankenhaus und an die Strafgefangenen verschiedener Gefängnisse. Einnahmen unterm Strich: 400 Pfund. Das war damals ein kleines Vermögen.

M0344455 001 Nr. 1 Sinfony The English Concert Leitung: Trevor Pinnock 3'21"

Die Ouvertüre aus Händels Messiah mit The English Concert und Trevor Pinnock.

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„Ich werde Ihnen eine Textzusammenstellung zeigen, die ich sehr hoch einschätze und die ich Händel gegeben habe, sie trägt den Titel ‚Der Messias’. Er hat daraus eine vornehme Unterhaltung gemacht, die allerdings nicht annähernd so gut ist, wie er es hätte machen können und sollen“ – das schreibt Händels Librettist Charles Jennens in einem Brief. Und weiter: „Ich habe ihn mit großer Mühe dazu bewegt, einige der gröbsten Fehler in seiner Komposition zu korrigieren. An der Ouvertüre hielt er allerdings fest; obwohl darin Stellen sind, die Händels nicht würdig sind – und erst recht nicht des Messias“. Nach dem ersten Höreindruck gesteht Jennens immerhin: „Trotzdem ist es im Grunde eine gute Komposition.“

Jennens verehrt Händel. Aber ist er verschnupft, dass das neue Oratorium nicht in London seine Uraufführung erlebt hat, sondern in der irischen Provinz, in Dublin. Jennens weiß, dass er mit diesem Textbuch etwas ganz Neues geschaffen hat: Ein Oratorium, in dem die ganze Heilsgeschichte gebündelt ist: Von der Geburt Christi über Leiden und Tod, Auferstehung, Himmelfahrt bis zu den letzten Dingen: dem jüngsten Gericht und der Erlösung und Auferstehung jedes Christen. Jennens hat dafür verschiedene Bibelstellen geschickt zusammengefügt – einige wenige aus dem Neuen Testament und den größten Teil aus dem Alten Testament, aus den Psalmen und den Weissagungen der Propheten. Die ersten Worte stammen aus dem Buch Jesaia: „Comfort ye, my people“: Tröste dich, mein Volk, spricht dein Gott“ – „Jedes Tal soll erhöht werden und jeder Berg herabgesenkt.“ Die Prophezeiung also einer neuen Weltordnung, in der die alten Gesetze auf den Kopf gestellt werden. Genau das macht Händel in der Musik: Nach der Finsternis der e-Moll Ouvertüre lässt er in E-Dur die Sonne aufgehen.

M0347489 – 002+003 6‘28 Comfort ye, Ev’ry valley shall be exalted Mark Padmore (Tenor) Les Arts Florissants Leitung: William Christie

“Comfort ye” und “Ev’ry valley shall be exalted” aus Händels Messiah mit dem Tenor Mark Padmore, Les Arts Florissants und William Christie.

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Im Herbst 1741 lässt Händel seine Orgel mit dem Schiff nach Irland transportieren, wenig später reist er selbst nach; im Gepäck: die frisch komponierte Partitur des Messiah. Der irische Vize-König hat Händel eingeladen, in Dublin in der Winter- Saison einige Konzerte zu geben. Das Publikum in Händels Wahlheimat London zeigt ihm seit einiger Zeit die kalte Schulter, und so nimmt er die Einladung gerne an: Ein Dutzend Konzerte gibt er in Dublin in der neu erbauten „Great Musick Hall“. Den Messiah spart er sich bis zuletzt auf – und jetzt, wo man ihn in der Stadt kennt und schätzt, kurbelt er für die Uraufführung geschickt eine Pressecampagne an – mit der Marketing-Maschinerie des 18. Jahrhunderts kennt er sich bestens aus.

Die Orchesterbesetzung für sein neues Oratorium hat Händel bewusst klein gehalten: Streicher, Continuo, Pauken und außer einer Trompete keine weiteren Blasinstrumente – wohlweislich, denn aus der Ferne konnte er natürlich nicht wissen, ob er in Dublin gute Bläser finden würde. (Erst später hat Händel die Partitur dann um einige Bläserstimmen erweitert: Oboen, Flöten, Fagotte und Hörner). Aus London bringt er zwei Sopranistinnen mit; bei den Gesangssolisten ist ihm ja ohnehin niemand gut genug, da geht er lieber auf Nummer sicher. Nach einigen Querelen setzt er seine Idee durch, mit beiden renommierten Knabenchören von Dublin arbeiten zu dürfen: dem Chor der Christ Church und dem der St. Patrick’s Cathedral, insgesamt 24 Sänger. Etwa genauso viele Instrumentalisten spielen bei dieser ersten Aufführung.

1253003 CD 1 Take 14 2’23 “Behold the Lamb of god” Choir of Christ Church Cathedral, Oxford The Academy of Ancient Music Leitung: Christopher Hogwood

„Behold the Lamb of god“ – Christopher Hogwood leitete die Academy of Ancient Music und den Knabenchor der Christ Church Cathedral, Oxford – Händel selbst hat immer mit Knabenchören gearbeitet.

Nach der Uraufführung des „Messiah“ in der Karwoche 1742 in Dublin dauert es ein Jahr bis zur ersten Aufführung in England: am Covent Garden Theatre in London.

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Händel kündigt das Werk nicht als „Messiah“ an, sondern als „A new sacred oratorio“. „Ein neues geistliches Oratorium“ –dieser recht nebulöse Titel ist eine Tarnkappe. Händel befürchtet nämlich, dass der Name „Messiah“ bei einigen religiösen Eiferern in London Misstrauen oder auch Widerstand hervorrufen könnte: der Messias als musikalisches Sujet, dazu noch auf einer Theaterbühne! Blasphemie könnten viele dahinter wittern. Tatsächlich entzünden sich nach den ersten Aufführungen hitzige Debatten über diese Frage. Da hilft die Tatsache wenig, dass Händels Textdichter Charles Jennens bewusst diejenigen Bibelstellen verwendet hat, die reflektierend und kommentierend über Christi Leben und Sterben erzählen. Christus selbst tritt in diesem Oratorium gar nicht als Figur auf. Drei Aufführungen gibt es zunächst in London, und die Resonanz ist mager. Das ändert sich erst, als Händel den Messiah am 1. Mai 1750 im Foundling Hospital dirigiert, dem Londoner Waisenhaus. Und zwar in der neuerbauten Kapelle – es ist die erste Aufführung eines Händel-Oratoriums in einer Kirche, bis dahin hat Händel seine englischen Oratorien immer konzertant auf der Theaterbühne aufgeführt. Das Konzert ist ein riesiger Erfolg – und gleichzeitig auch der Durchbruch des „Messiah“ in England. Händel – dessen Großzügigkeit schon damals legendär ist – spendet die gesamten Einnahmen dem Waisenhaus.

Die Rechnungen des Foundling Hospitals verraten uns heute die Größe des Chors und des Orchesters, die Händel bei seinen Aufführungen zur Verfügung stehen: 14 Geigen, 6 Bratschen (das sind im Verhältnis erstaunlich viele), 3 Celli, 2 Kontrabässe, 4 Oboen, 4 Fagotte, 2 Trompeten, Hörner und Pauken. Außerdem als Sänger die „Children of the King’s Chapel“, die die Sopran- und Altstimmen singen, und insgesamt 12 Tenöre und Bässe. Für die Solopartien engagiert er grundsätzlich professionelle Opernsänger.

Hören wir die Weihnachtsszene aus dem Messiah: die Musik der Hirten, mit ihren lang ausgehaltenen Dudelsack-Tönen, dann die Botschaft des Engels an die Hirten mit den bekannten Worten aus dem Lukas-Evangelium: Fürchtet Euch nicht! Und Schließlich der Chor der Engel.

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Messiah neue Aufnahme, Alpha CD 1 Take 12-15 3’56 Pifa, There were shepherds, Glory to god Katherine Watson (Sopran) Le concert spiritual Leitung: Hervé Niquet Alpha 362

Da sind sie davongeflattert – die Engel, die in diesem Jubelchor den Hirten die Geburt Christi verkündigen. Hervé Niquet leitete in dieser neuen Aufnahme Le concert spirituel, die Sopranistin war Katherine Watson.

Direkt danach schließt sich eine der feurigsten Arien des Oratoriums an: Die Jubelarie „Rejoice greatly!“ Die gibt es in zwei verschiedenen Fassungen: einmal als beschwingt-tänzerische Gigue und dann – die spätere Version – mit spektakulären Hochgeschwindigkeits-Koloraturen. Händel hat dieses Freuden-Feuerwerk 1745 dazukomponiert, für eine seiner Star-Sängerinnen, die Sopranistin Elisabeth Duparc – Künstlername: „La Francesina“ (die kleine Französin). Sie sang diverse Rollen in Händels Oratorien, aber nebenher auch bei Händels schärfstem Konkurrenten, der Opera of the Nobility. Händel hat den Messiah 36 Mal dirigiert – und je nach Sängerbesetzung und Aufführungsort hat er Arien oder Duette gestrichen und neue dazukomponiert. Deshalb ist die Quellenlage einigermaßen chaotisch und es gibt keine „endgültige Fassung“, sondern mindestens 6 verschiedene – der Messiah war bis zuletzt work in Progress.

Hier ist Emma Kirkby mit „Rejoice greatly!“

1907650 – CD 1, Take 16 4‘30 „Rejoice greatly, o daughter of Zion“ Emma Kirkby (Sopran) Taverner Players Leitung: Andrew Parrot

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Emma Kirkby mit der Arie „Rejoice greatly“, begleitet von den Taverner Players unter .

Der Messias ist schon zu Händels Lebzeiten sein populärstes Werk. Im 19. Jahrhundert führt man es mit geradezu monströser Besetzung auf: 1784 feiert England Händels 100. Geburtstag (leider ein Jahr zu früh) und führt zu diesem Anlass in der Westminster Abbey den Messiah auf: mit einem Chor aus 300 Sängern und einem knapp 250 Mann starken Orchester. Die Solistenpartien sind ebenfalls mehrfach besetzt. Die königliche Familie ist selbstredend anwesend, denn Händel ist eine nationale Identifikationsfigur, und der Messiah eine Art Nationalheiligtum. Grotesk sind auch die Dimensionen einer Aufführung zu Händels 100. Todestag: Der Chor besteht aus 2765 Mitwirkenden, das Orchester aus 480.

Händels Messias zum Mitsingen – das hat in Großbritannien und Nordamerika eine große Tradition. Jedes Jahr in der Adventszeit findet in der Royal Albert Hall in London ein Konzert statt namens „Messiah from Scratch“; übersetzt ungefähr „Messias aus dem Nichts“ – und das „Nichts“ bedeutet, dass es vorher 0,0 gemeinsame Proben gegeben hat. Man kommt einfach mit den Noten unterm Arm in den Konzertsaal und los geht’s. Zwischen drei– und viertausend Singbegeisterte sind jedes Jahr dabei; die Karten sind immer schon Wochen vorher ausgebucht; und zwar sowohl die Sängertickets als auch die etwa 2.000 Zuschauer-Tickets. Die Stimmung ist großartig, wobei hier mitsingen sicherlich sehr viel vergnüglicher ist als Zuhören... Mit einer Prise extratrockenem britischen Humor hat sich dieser Projektchor „The Really Big Chorus“ genannt – „der echt große Chor“. Zum Ethos aller Sänger gehört es, dass jeder so gut wie möglich zu Hause seinen Part geübt hat . Ein gutes Hilfsmittel dafür sind Chor-Apps – wie zum Beispiel die des Carus-Verlags. Die probieren wir jetzt gleich hier in der Sendung aus. Im Hintergrund hört man den Kammerchor Stuttgart, im Vordergrund die eigene Stimme, die wird von einem Keyboard verstärkt. Es gibt eine langsame Version zum Üben und eine schnelle, ich habe mich für die SWR2-Hörerinnen und Hörer gleich für die schnelle entschieden, also im Originaltempo. Samstag morgens um diese Uhrzeit haben wir so viele Hörer, dass wir locker den Really Big Chorus mengenmäßig übertrumpfen können mit unserem Really Really Big SWR2 Halleluja-Chorus. Der Link zu den Noten ist wie gesagt auf unserer Website.

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Damit Sie noch kurz Zeit haben für die nötigen Klicks, hier noch eine aufführungspraktische Anekdote: traditionell lauscht man in England dem Halleluja- Chor im Stehen. Der Grund: Bei einer Aufführung im Londoner Foundling Hospital im Jahr 1750 sind der Prince of Wales und die Prinzessin im Publikum. Beim Halleluja stehen sie plötzlich auf – man hat nie restlos geklärt, ob aus Rührung über diese atemberaubende Musik oder weil sie fälschlicherweise dachten, das müsse der Schluss des Oratoriums sein. Aus Pietät erheben sich natürlich alle anderen auch. Und so ist es seitdem und bis in alle Ewigkeit. Sie haben jetzt also die Wahl: sitzen oder stehen, mitsingen oder zuhören. Da es wahrscheinlich in jedem Chor an Tenören fehlt, habe ich mich für die Tenor- Übungsfassung entschieden, die Tenorstimme ist hier also deutlich verstärkt mit einem elektronischen Klavierklang.

Halleluja Carus Choir Coach, Carus 55.056/93 Halleluja. Chorus 3'37" Kammerchor Stuttgart, Barockorchester Stuttgart Leitung: Frieder Bernius

Das Halleluja aus Händels Messias, die Aufnahme mit Frieder Bernius und dem Kammerchor und Barockorchester Stuttgart war hier die Grundlage, und in dieser Carus Choir Coach-Bearbeitung wurde zu Übezwecken die Tenorstimme besonders hervorgehoben.

Jetzt können wir uns wieder setzen. Diesen Chor schaffen die meisten Sänger mehr oder weniger gut. Solche festlichen Chöre mit flächigem Klang und repräsentativem Glanz gibt es im Messiah einige. Aber Händel hat seinen Sängern auch andere Qualitäten abverlangt: manche Chöre sind voller Koloraturen, die es ganz schön in sich haben: Zum Beispiel der Chorsatz „His Yoke is easy and his Burden is light“ – sein Joch ist sanft und seine Last ist leicht. Händel hat darin ein weltliches italienisches Kammerduett recycelt, das er kurz vorher komponiert hat: „Quel fior che all’alba ride“ (Die Blume, die beim Sonnenaufgang lacht).

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Hören wir rein ins Original:

M0008320 009 Händel: Quel fior che all'alba ride. Andante larghetto Patricia Petitbon, Anna Maria Panzarella (Sopran) Le Concert d’Astrée Emmanuelle Haim Ausschnitt, ca. 0‘30

Und das macht Händel im Messiah daraus:

M0126357 018 (18) Nr. 18: His yoke is easy, His burthen is light. Chorus Kammerchor Stuttgart Barockorchester Stuttgart Leitung: Frieder Bernius 2'11"

Selten klingt dieser Chorsatz so mühelos-locker wie hier mit dem Kammerchor Stuttgart unter Leitung von Frieder Bernius.

Wolfgang Amadeus Mozart hat 1789 die Partitur von Händels Messiah bearbeitet für eine Aufführung bei Baron Gottfried van Swieten. Dafür hat er die Musik dem damaligen Geschmack angepasst und sie mit zusätzlichen Stimmen angereichert: mit Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagotten, Hörnern und Posaunen. Dadurch entstehen ganz andere Farben; und hier und da hat Mozart auch neue dramatische Effekte dazukomponiert. Hören wir Mozarts Bearbeitung dieses Chors – er hat dabei klar erkannt, dass wir’s hier eigentlich mit solistischer Musik zu tun haben und deshalb die Singstimmen einem Solistenquartett anvertraut. Der große Chor ist nur in den letzten Takten dabei – für die effektvolle Schluss-Steigerung

M0060648 023 W.A. Mozart (Bearb.) 2'47" Sein Joch ist sanft. Coro Monika Frimmer (Sopran) Mechthild Georg (Alt) Christoph Prégardien (Tenor) Stephan Schreckenberger (Bass) Das Kleine Konzert Leitung: Hermann Max

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„Sein Joch ist sanft“ – Mozarts Bearbeitung von Händels Messiah. Die Solisten waren Monika Frimmer, Mechthild Georg, Christoph Prégardien und Stephan Schreckenberger. Hermann Max leitete Das Kleine Konzert.

Die Partitur von Mozarts Bearbeitung wurde 1803 gedruckt und in unzähligen deutschen Städten aufgeführt – in Kirchen und Konzertsälen. Unter den vielen Dirigenten sind übrigens auch und .

Wie gesagt: Der Messiah war von Anfang an Händels Werk für den guten Zweck. Das Foundling Hospital, das Londoner Waisenhaus, hat von dem Erfolg dieses Oratoriums besonders profitiert. In seinem Testament vermacht Händel dem Waisenhaus eine Partitur und einen vollständigen Stimmensatz des. Die Stimmen sind erhalten, wie übrigens auch Händels originale Kompositionspartitur. Sie liegt heute in einem Tresor in der British Library. Die Bibliothek hat die Noten digitalisiert, man kann also online darin blättern. Ein sehr guter Kommentar weist auf Besonderheiten hin – zum Beispiel, welche Sänger mit den Eintragungen in Bleistift gemeint sind, die Händel sich am Rand der Partitur notiert hat, wo er in dieser chaotisch-schönen Partitur Ideen verworfen und durch neue ersetzt hat und wo in der kreativen Eile ein umgeworfenes Tintenfass seine Spuren hinterlassen hat. Den Link zu diesem ganz besonderen Dokument haben wir auf unsere Website gestellt: Sie finden ihn unter SWR2.de/musikstunde. Wir kommen zum Schluss der Sendung; da MUSS der Schluss-Satz des Messiah kommen: mit der großen Amen-Fuge. Händel hat aus dem pompösen Thema buchstäblich alles herausgeholt, was fugentechnisch möglich ist. Ein Skizzenblatt, das erhalten geblieben ist, verrät, wie ausgiebig er an den Engführungen und Umkehrungen dieses Themas herumknobelte. Seine Kompositionspartitur ist hier fast unlesbar vor lauter Strichen und Korrekturen – auf der letzten Seite hat die viele Tinte sogar ein Loch ins Papier gefressen. Der Kammerchor Stuttgart singt unter Leitung von Frieder Bernius.

M0126357 047 Worthy is the Lamb that was slain. Chorus – Amen. Chorus Kammerchor Stuttgart, Barockorchester Stuttgart Leitung: Frieder Bernius 6'51"

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Der Schlusschor aus Händels Messias. Frieder Bernius leitete den Kammerchor und das Barockorchester Stuttgart.

Diese Aufnahme senden wir übrigens in voller Länge hier in SWR2; übermorgen am ersten Weihnachtsfeiertag abends, ab ca. 19.30 Uhr. Zuvor liest Rudolf Guckelsberger die Novelle über Händels Messias aus den „Sternstunden der Menschheit“ von Stefan Zweig – und zwar früher als ursprünglich angekündigt: nämlich schon um 18.20 Uhr.

Falls Sie diese Musikstunde nochmal nachhören wollen: Sie steht eine Woche lang im Netz unter swr2.de/musikstunde. Dort gibt‘s auch die Chorpartitur fürs „Halleluja“. Für heute verabschiedet sich – mit guten Weihnachtswünschen – Doris Blaich.

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