Mitarbeiter der Deutschen Nachrichten, des DEUTSCHE POLITIK Deutschen Studenten-Anzeigers und der Nation Europa, dem Organ des internationalen Fa- Drei Apologeten des Dritten Reiches schismus. In dem 1968 erschienenen Buch „Aufbruch und Sturz des Dritten Reiches" Aus der NPD-Publizistik und der NPD- verherrlicht er die Arbeit des Goebbels-Mini- nahen Literatur ragen drei Apologeten des steriums und behauptet, „daß die unermüdliche Dritten Reiches heraus: Hans Werner Hagen, Tätigkeit des Propagandaministeriums jene Peter Kleist und Hans Severus Ziegler. Hans Infiltrierung kommunistischer Gedanken abge- W. Hagen, heute Mitarbeiter rechtsextremer schnitten hat, die im Westen jetzt im Kriege Zeitungen wie der Deutschen Wochen-Zeitung ihre Früchte trägt und die Politik der west- (NPD-offiziös), der Deutschen Nachrichten lichen Siegerstaaten zu den katastrophalen Er- (NPD-Parteiblatt) und des Deutschen Studen- gebnissen nach dem Krieg führt" s). ten-Anzeigers (der wie die Deutsche Wochen- Er versucht eine neue Kollektivschuld-These Zeitung im Hannoverschen National-Verlag aufzustellen, indem er die Solidarisierung des erscheint), hatte maßgeblichen Anteil an der deutschen Volkes mit Hitlers Wahnsinnspolitik Niederschlagung des Putsches vom 20. Juli überbetont und die Bedeutung des deutschen 1944, Als Verbindungsoffizier des 'Wachbatail- Widerstandes bagatellisiert. So behauptet er, lons „Großdeutschland" zum Reichsministe- daß von den „rund 500 000" deutschen Insassen rium für Volksaufklärung und Propaganda, der Konzentrationslager „im Höchstfall boykottierte er die Befehle der Generäle, die 100 000 ..., also ganze 0,125 Prozent," des in Opposition zu Hitler standen, stellte die deutschen Volkes politische Häftlinge gewesen Verbindung zwischen Josef Goebbels und dem seien 4). Für die heutige deutsche Innenpolitik nazihörigen Major Otto Ernst Remer her und empfiehlt Kleist ein Höchstmaß an staatlicher ermöglichte das für die Niederschlagung des Repression und Handschellen für jene, die sich Putsches entscheidende Gespräch zwischen mit der nationalsozialistischen Vergangenheit Hitler und Remer. ernsthaft auseinandersetzen: In einem Artikel zum 60. Geburtstag des SA- „Innenpolitik ist die Voraussetzung der Barden Herbert Böhme bezeichnet Hagen den Außenpolitik. Wenn wir nicht sehr bald daran- Beginn der braunen Gewaltherrschaft als gehen, die bodenlose Verluderung unserer ge- „Aufbruchzeit" und kritisiert die heutige „Dar- sellschafilichen Formen (nicht nur in der Bun- stellung des vielschichtigen geistigen Gefüges" desrepublik) zu überwinden, wenn wir uns als „grobschlächtig und oberflächlich''. So war nicht aufraffen, durch strikteste Anwendung es auch „kein Zufall", daß Herbert Böhme als unserer Gesetze die Achtung vor dem Gesetz ein „Dichter im Kampf um die Kultur ... im wiederherzustellen, wenn wir der verlogenen Jahre 1933 an vielen Universitäten zu Dich- Kamarilla, die unsere Vergangenheit verge- terlesungen gerufen wurde". wird waltigt, um das Selbstbewußtsein unseres Vol- zu einem Vorkämpfer gegen den Bolschewis- kes endgültig zu zerstören, nicht Handschellen mus hochstilisiert. anlegen ..., wenn wir nicht unser Volk gegen Aus der Tatsache, daß die „Deutsche Staats- jede innere Zersetzung gefeit machen, dann werden wir unsere Freiheit verlieren, ohne partei'' von Theodor Heuss nach vielen Hän- 5 deln mit den Nationalsozialisten schließlich daß ein einziger Schuß fällt" ). resignierend gegen dessen Rat für das Ermäch- Wer gehört nun zu der Kamarilla der Ver- tigungsgesetz Hitlers gestimmt hatte, wird ge- gangenheitsbewältiger, denen Handschellen an- folgert, Heuss habe als Vertreter des „vor die gelegt werden sollen? Einmal wird Golo Mann Entscheidung links oder rechts" gestellten Bür- und ein anderes Mal Hans Buchheim — also gertums Hitler als den Mann empfohlen, „der zwei führende Männer der Zeitgeschichte — als einziger noch die Gewähr bieten könne, als „Vergangenheitsbewältiger" attackiert. Pe- daß unser deutsches Volk und sein Reich vor der 1 ter Kleist zählt auch zu denjenigen Pamphle- Bolschewisierung bewahrt blieben" ). tisten, die am gehässigsten die Tschechoslowa- kei und ihre führenden Politiker beschimp- Hagen, der frühere enge Mitarbeiter von 6 Josef Goebbels, polemisiert auch heute noch fen ). ganz im NS-Jargon gegen die Kunstrichtung In seiner byzantinistischen Beweihräuche- des Dadaismus, dem er eine „Funktion inner- rung Adolf Hitlers und in seinen antisemiti- halb der Bolschewisierung der Welt" zu- schreibt 2). 1) Detr.iJte Nachrichten 41/67. Einer der produktivsten rechtsextremistischen 2) DN 30/68. Publizisten ist Peter Kleist. 1931 trat er der 3) Peter Kleist, Aufbruch und Sturz des Dritten Reiches — Auch Du warst dabei, Verlag K. W. Schütz, Göt- NSDAP bei, im Dritten Reich wurde er SS- tingen 1968, S. 306 f. Obersturmführer, Ministerialdirigent im Mini- 4) a.a.O. S. 302. sterium für die Besetzten Ostgebiete und später 5) a.a.O. S. 355 f. im Auswärtigen Amt. Er ist heute politischer 6) Vgl. G. Schmidt, „Die Tschechoslowakei in der Sicht Redakteur der Deutschen Wochen-Zeitung, der NPD", in: Gewerkschaftliche Monatshefte 11/68.

361 schen Tiraden — vor und nach 1945 — wird Führers als ein autoritatives Urteil anschauen Hans Severus Ziegler so leicht von keinem und für uns alle zur verbindlichen Richtlinie übertroffen. Ziegler, Jahrgang 1893, war be- machen (weil es vom Genie kommt), beginnen reits Ende 1923 Nationalsozialist und hatte wir in der Betrachtung des heutigen Themas die Parteinummer 1317 (dies kam im Dritten mit dem vom Führer mehrfach geäußerten Reich einem Adelsbrief gleich). Ununterbro- Wort, daß es Kritik als Berufszweig nicht chen betätigte er sich seit den frühen zwanziger mehr geben mag .. ." 11 ). Jahren erst für die völkische und dann für die In ähnlicher Weise beweihräucherte Ziegler NS-Bewegung als Redner, Organisator und den „Führer" 18 Jahre später in seinem Buch Journalist. Im Februar 1924 gründete er die „Adolf Hitler aus dem Erleben dargestellt", 2eitung Der Völkische, die später den Namen so etwa wenn er von Hitlers angeblicher Reli- Der Nationalsozialist erhielt, und 1925 mit giosität spricht: der Zeitung Deutscher Aar des führenden Nationalsozialisten Fritz Sauckel fusioniert „Allen Zweiflern und Spöttern zum Trotz wurde. Auf Zieglers Vorschlag hin wurde die möchte ich aus dieser persönlichen Erfahrung NS-Jugendorganisation 1926 „Hitlerjugend" und aus späteren Begegnungen sagen, daß der genannt. Der NS-Rassenideologe Alfred Ro- Begriff ,Vorsehung' bei Hitler keine vage Vor- senberg gab Ziegler die Korrekturfahren sei- stellung gewesen ist. Er hat ihn in ehrlichem nes Buches „Der Mythos des 20. Jahrhunderts" Gefühl gebraucht und wahrscheinlich gewählt, zur Durchsicht. Ziegler, der vor 1933 stellver- um das Wort ,Gott' im Zusammenhang mit tretender NS-Gauleiter in Thüringen und politischen Problemen nicht zu Phrase herab- Reichsredner der NSDAP war, -wurde nach zuwürdigen. Jedenfalls hat Hitler, wie alle Hitlers Machtergreifung erst Chefdramaturg Denker und Tatmenschen, eine innere religöse des Deutschen Nationaltheaters in Weimar und Beziehung zu einer kosmischen Macht. In später Generalintendant, ebenso nacheinander solchen Naturen lebt immer jenes religiöse Staatskommissar für alle thüringischen Landes- ,Bedenken',... d.h. jenes innere Gewissen, jene theater, Staatsrat im thüringischen Kabinett Gottes-Ehrfurcht, eben die undefinierbare Be- und Mitglied des Reichskultursenats. 1937 or- ziehung zu einer heiligen Allmadot, aus der jeder Kämpfer um große Ideale seine Energien ganisierte Ziegler die Ausstellung „Entartete 12 Musik". bezieht' ). Hitlers Religiosität war Ziegler zufolge Nach 1945 betätigte sich Ziegler zunächst weitaus ehrlicher als die Religiosität der Eng- als Privatlehrer in und übernahm 1952 länder: „Eines ist gewiß: Wenn Hitler den die künstlerische Leitung des dortigen privaten Begriff ,Vorsehung' gebrauchte, so dachte er „Kammerschauspiels". Von 1954 bis 1962 war nicht ,Kattun', weil zu einer derartigen Heu- er Lehrer am Inselgymnasium und Internat chelei der deutsche Charakter unfähig der Nordseeinsel Wangerooge. Heute gehört ist..." 13 ). Ziegler zu den regelmäßigen Mitarbeitern des Ziegler wird nicht müde, Hitler immer wie- NPD-Blattes Deutsche Nachrichten. Er ver- der als „ausgesprochen musische Persönlich- öffentlichte einige Bücher, wie etwa das erst keit", als „Staatsmann und Volksführer, der nach zweieinhalbjährigem Prozeß freigegebene auf allen Gebieten der Musen, nicht nur auf Buch „Adolf Hitler aus dem Erleben darge- dem der Musik, heimisch war", als „positive stellt« *). Natur" zu loben und seine „herzerfrischende Auffällig ist die vollständige gedankliche volkstümliche Art", seinen „nicht nur gepfleg- und stilistische Obereinstimmung von Zieglers ten, sondern auch gut proportionierten Kör- Publikationen vor und nach 1945. 1937 be- per" und seine Tischformen (die „ebenso un- zeichnete er in dem Band „Entartete Musik — tadelig und gewinnend wie sein Auftreten in eine Abrechnung", „das Judentum schon seit jedem Rahmen von Geselligkeit" gewesen der Zeit Heinrich Heines und Ludwig Börnes seien) zu preisen. In demselben Buch macht als Ferment der Dekomposition und als Ver- Ziegler übrigens auch antisemitische Vorbehalte spotter aller deutschen Tugenden ..." 8). Elf gegenüber dem Juden Jesus. So betont er, „wie Jahre später charakterisierte er in den Deutschen unbegreiflich es mir immer gewesen sei, daß Nachrichten „Heine und Börne... als die Be- deutsche Menschen Jesus, einen Menschen aus gründer jenes zersetzenden .Feuilletonis- mus' ..., in dessen Bereich sich negierende Kri- tikaster seit mehr als hundert Jahren haben 7) Hans Severus Ziegler: Adolf Hitler aus dem Erleben 9 dargestellt, K. W. Schütz Verlag, Göttingen 1965. austoben können ..." ). Gleichzeitig wendet 8) Joseph Wulf, Musik im Dritten Reich — Eine Doku- sich Ziegler gegen die „Chuzpe" (jiddisches mentation, rororo Taschenbuch-Ausgabe, Hamburg Wort für Frechheit) einer gewissen Literatur 1966, S. 467. 10 ). 9) DN 1/68. 10) Ebenda. Zieglers Byzantinismus gegenüber Hitler 11) Joseph Wulf, Die Bildenden Künste im Dritten kam insbesondere in seiner Weimarer Rede Reich, Hamburg 1966, S. 132. „Wende und Weg" von 1937 zum Ausdruck: 12) Ziegler, S. 121. „Da wir Nationalsozialisten jedes Urteil des 13) a.a.O. S. 150.

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Palästina, gleich ,Gott' setzen könnten, obwohl SS-Hauptsturmführer. Als Mitbegründer und unsere deutsch-germanischen Ahnen keinen Inhaber des Plesse-Verlages brachte Schütz Menschengott gebraucht hätten, um zu glauben, einige Jahre nach Kriegsende „Ideale und Idole aber dafür aus ihrer großartigen mythologi- der nationalsozialistischen Revolution, letzte schen Phantasie heraus sehr plastische und edle Aufzeichnungen aus dem Nürnberger Gefäng- Gottesvorstellungen, eine selbständige Religio- nis" von , in einer von sität und sittliche Kultur entwickelt Mtten. Heinrich Härtle besorgten, stark redigierten Warum mußten wir unser ,Licht aus dem Fassung heraus. Seit Mitte der fünfziger Jahre Osten' beziehen und vor dem Dogma ,ex veröffentlicht aber Schütz seine „zeitgeschicht- Oriente lux' in die Knie sinken! ..." 14 ). liche" Verlagsproduktion hauptsächlich im K. Verleger des Ziegler-Buches — ebenso wie W. Schütz-Verlag. Waldemar Schütz ist als der wichtigsten Bücher von Peter Kleist — ist wendiger Verleger und als Funktionär zahl- Waldemar Schätz — als Inhaber des K. W. reicher rechtsextremer Gruppen und Parteien Schütz-Verlages, als Verlagsleiter der Deut- nach 1945 der wichtigste Verbindungsmann schen Nachrichten, Herausgeber der Deutschen zwischen dem publizistischen und dem organi- Wochen-Zeitung und des Nationaldemokrati- satorischen Rechtsradikalismus. Er ist nicht schen Pressedienstes, als Mitglied des nieder- nur der wichtigste Geldgeber der NPD, son- sächsischen Landtages und als Mitglied des dern auch der Verantwortliche für die Druck- NPD-Parteipräsidiums und als Leiter des legung der Apologien des Dritten Reiches von Amtes V für Presse und Information im Par- Hagen, Kleist und Ziegler. teivorstand wohl der mächtigste National- Mögen diese rechtsextremen Publizisten also demokrat neben . Schütz auch keine Führungsposition in der NPD inne- trat 1929 der Hitlerjugend und 1936 der haben und den Rechtsextremismus mehr bloß- NSDAP bei, wurde 1934 Adjutant des Gau- stellen, als es Adolf von Thadden lieb sein Pressechefs, 1937 Kreiswart und Gaureferent kann, so müssen doch ihre Ansichten der NPD von „Kraft durch Freude', 1938—1939 Jun- als der gebündeisten rechtsextremistischen Kraft ker der Ordensburg Vogelsang, anschließend angelastet werden. Giselher Schmidt Beauftragter der NSDAP im Gau Hessen und 14) a.a.O. S. 120.

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