Gutachten als Grundlage für das Einzelhandels- konzept Gemeinde Baiersbronn

Berichtsentwurf; Feb. 2015

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INHALTSVERZEICHNIS: 1. AUSGANGSLAGE UND AUFGABENSTELLUNG 1 2. PLANUNGSRECHTLICHE VORGABEN 3 2.1 PLANUNGSRECHTLICHER RAHMEN DES EINZELHANDELSKONZEPTES ...... 3 2.1.1 Zentraler Versorgungsbereich ...... 3 2.1.2 Sortimentsliste ...... 5 2.1.3 Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen Planungsebene ...... 5 2.1.4 Regional- und Landesplanerische Ziele zur Steuerung des Einzelhandels ...... 9 2.2 KONSEQUENZEN FÜR DAS GENEHMIGUNGSVERFAHREN ...... 11 2.3 FAZIT ...... 12 3. EINZELHANDELSSITUATION AUF EBENE DER GESAMTGEMEINE 13 3.1 METHODISCHES VORGEHEN ...... 13 3.1.1 Einzelhandelserhebung und Befragung der Händler ...... 13 3.2 EINZELHANDELSANGEBOT IN DER GESAMTGEMEINDE ...... 16 3.2.1 Beurteilung des Einzelhandelsangebotes vor dem Hintergrund der Nachfrage: Bindungsquoten ...... 16 4. EINZELHANDELSSCHWERPUNKTE IN BAIERSBRONN 19 4.1 ZENTRALE VERSORGUNGSBEREICHE IN BAIERSBRONN ...... 19 4.2 METHODISCHES VORGEHEN - ABGRENZUNG ZENTRALER VERSORGUNGSBEREICHE UND STÄDTEBAULICH-FUNKTIONALE BESTANDSAUFNAHME ...... 20 4.3 RÄUMLICH-FUNKTIONALE GLIEDERUNG DER GEMEINDE BAIERSBRONN ...... 22 4.4 ZENTRALER VERSORGUNGSBEREICH ORTSZENTRUM BAIERSBRONN ...... 23 4.4.1 Räumlich-funktionale Struktur des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum ...... 23 4.4.2 Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum ...... 24 4.4.3 Beurteilung des Einzelhandelsangebotes im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn...... 26 4.4.4 Städtebaulich-funktionale Stärken-Schwächen-Analyse ...... 28 4.5 ORTSTEILZENTRUM MITTELTAL ...... 34 4.5.1 Räumlich-funktionale Struktur des Ortsteilzentrums Mitteltal ...... 34 4.5.2 Abgrenzung des Ortsteilzentrums Mitteltal...... 35 4.5.3 Beurteilung des Einzelhandelsangebotes im Ortsteilzentrum Mitteltal ...... 36 4.5.4 Städtebaulich-funktionale Stärken-Schwächen-Analyse ...... 37 4.6 NAHVERSORGUNGSZENTRUM KLOSTERREICHENBACH ...... 41 4.7 EH-KONZENTRATION REICHENBACHER HÖFE ...... 43 4.8 FAZIT ...... 44 5. RAUMSTRUKTURELLE VERTEILUNG DES EINZELHANDELSANGEBOTES 45 5.1 VERKAUFSFLÄCHEN- UND UMSATZANTEILE NACH STANDORTTYP ...... 45 5.2 BEURTEILUNG DES LEBENSMITTELANGEBOTES HINSICHTLICH DER RÄUMLICHEN NAHVERSORGUNGSSITUATION ...... 47 5.3 FAZIT ...... 50 6. VORSCHLAG FÜR EINEN ZIELKATALOG 51

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7. PROGNOSE DES VERKAUFSFLÄCHENENTWICKLUNGSSPIELRAUMES 56 7.1 METHODISCHES VORGEHEN ...... 56 7.1.1 Annahmen zur Entwicklung der Nachfrage ...... 57 7.1.2 Annahmen zur Entwicklung der Angebotsseite ...... 60 7.2 PROGNOSEERGEBNISSE ...... 64 7.2.1 Entwicklungsspielräume insgesamt ...... 64 7.2.2 Verkaufsflächenpotenziale nach Zentrenrelevanz: Räumliche Verteilung des nachfrageseitigen Entwicklungsspielraums ...... 67 7.2.3 Fazit Prognoseergebnis ...... 71 8. INSTRUMENTELLES KONZEPT ZUR RÄUMLICHEN EINZELHANDELSSTEUERUNG 72 8.1 VORSCHLAG FÜR EINE SORTIMENTSLISTE ...... 72 8.1.1 Kriterien ...... 73 8.1.2 Räumliche Verteilung der Sortimente in Baiersbronn ...... 74 8.1.3 Vorschlag für eine Sortimentsliste ...... 79 8.2 GRUNDSÄTZE ZUR RÄUMLICHEN EINZELHANDELSENTWICKLUNG ...... 80 8.2.1 Umgang mit zentrenrelevantem Einzelhandel ...... 80 8.2.2 Umgang mit nicht zentrenrelevantem Einzelhandel ...... 83 8.3 RÄUMLICHE ENTWICKLUNGSOPTIONEN ...... 83 8.3.1 Zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum (Perspektive) ...... 84 8.3.2 Ortsteilzentrum Mitteltal (Perspektive) ...... 86 8.3.3 Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach (Perspektive) ...... 87 8.3.4 Einzelhandelskonzentration Reichenbacher Höfe ...... 88 8.3.5 Maßnahmenvorschläge zur Nahversorgung ...... 88 8.3.6 Gewerbegebiete ...... 91 8.4 VORGEHENSWEISE ZUR UMSETZUNG ...... 92 8.4.1 Öffentliche Information ...... 92 8.4.2 Festlegen einer Sortimentsliste ...... 92 8.4.3 Festlegen von Gebieten zur Zulässigkeit von Einzelhandel ...... 93 8.4.4 Bauleitplanerische Umsetzung von Zielvorstellungen ...... 96

GLOSSAR 97 ANHANG 101

TABELLENVERZEICHNIS:

Tab. 1: Einzelhandelsangebot im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum ...... 26 Tab. 2: Annahmen zu Nachfrageentwicklung und Kaufkraftpotenzial im Überblick .. 60 Tab. 3: Vorschlag für die Sortimentsliste für Baiersbronn ...... 79

Tab. A - 1: Betriebe nach Größenklassen in Baiersbronn: Anzahl und Verkaufsfläche 101 Tab. A - 2: Betriebe nach Größenklassen im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn: Anzahl und Verkaufsfläche ...... 101 Tab. A - 3: Einzelhandelssituation: Umsatz, Kaufkraft (je in Mio. €) und Bindungsquoten in Baiersbronn ...... 102

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Tab. A - 4: Einzelhandelssituation im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum: Umsatz und Kaufkraft (Gesamtgemeinde) (je in Mio. €) sowie "unechte Bindungsquoten" ...... 103 Tab. A - 5: Einzelhandelsangebot in Baiersbronn nach Lage: Verkaufsfläche auf 25 qm gerundet ...... 104 Tab. A - 6: Kaufkraftpotenzial nach Sortimenten 2020 und 2025 in Mio. € ...... 105 Tab. A - 7: Verkaufsflächenentwicklungsspielraum bis 2025 bei Status-quo- Prognose - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet ...... 106 Tab. A - 8: Verkaufsflächenbedarf bis 2025 bei Entwicklungsprognose - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet ...... 107 Tab. A - 9: Verkaufsflächenbedarf bis 2025 bei Wettbewerbsprognose - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet ...... 108 Tab. A - 10: Verkaufsflächenentwicklungsspielraum bis 2025 bei Wettbewerbsprognose mit Abgängen - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet ...... 109

ABBILDUNGSVERZEICHNIS: Abb. 1: Einzelhändlerbefragung ...... 15 Abb. 2: Bindungsquoten in der Gemeinde Baiersbronn nach Sortimenten ...... 16 Abb. 3: Umsatzherkunft Gemeinde Baiersbronn ...... 18 Abb. 4: "Unechte Bindungsquoten" zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum ...... 27 Abb. 5: Betriebe, Verkaufsflächen- und Umsatzanteile in Baiersbronn nach Lage.... 45 Abb. 6: Einzelhandelsstruktur nach Standorttypen ...... 47 Abb. 7: Einwohnerentwicklung in Baiersbronn 1990 bis 2013 und prognostizierte Einwohnerentwicklung bis 2025 ...... 58 Abb. 8: Bindungsquoten in Baiersbronn nach Sortimenten im Ist-Zustand und für 2025 angesetzte Mindestwerte für die Entwicklungsprognose ...... 62 Abb. 9: Verkaufsflächenentwicklungskorridor 2014 - 2025 Gesamtpotenzial (in qm) 65 Abb. 10: Potenzialkorridore in qm nach Zentrenrelevanz - nahversorgungsrelevante Sortimente ...... 68 Abb. 11: Potenzialkorridore in qm nach Zentrenrelevanz - sonstige zentrenrelevante Sortimente ...... 69 Abb. 12: Potenzialkorridore in qm nach Zentrenrelevanz - nicht zentrenrelevante Sortimente ...... 70 Abb. 13: Verkaufsflächenverteilung üblicherweise zentrenrelevanter Sortimente in Baiersbronn nach Standorttypen ...... 75 Abb. 14: Verkaufsflächenverteilung üblicherweise nicht zentrenrelevanter Sortimente nach Standorttypen in Baiersbronn ...... 78

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KARTENVERZEICHNIS: Karte 1: Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot in der Gemeinde Baiersbronn .. 22 Karte 2: Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn und angrenzende Bereiche .. 24 Karte 3: Ist-Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Baiersbronn ...... 25 Karte 4: Stärken des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Baiersbronn...... 30 Karte 5: Schwächen des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Baiersbronn . 32 Karte 6: Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot im Ortsteilzentrum Mitteltal und in den angrenzenden Bereichen ...... 35 Karte 7: Vorschlag zur Ist-Abgrenzung des Ortsteilzentrums Mitteltal ...... 36 Karte 8: Vorschlag Ist-Abgrenzung Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach ...... 41 Karte 9: Bedeutende Einzelhandelskonzentrationen in Baiersbronn ...... 43 Karte 10: (Lebensmittel-/Nahversorgungsangebot in Baiersbronn ...... 48 Karte 11: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn ...... 85 Karte 12: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn ...... 87 Karte 13: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn ...... 88

FOTOVERZEICHNIS: Foto 1: inhabergeführte Fachgeschäfte ...... 28 Foto 2: Außengastronomie ...... 28 Foto 3: Straßenraumbegrünung ...... 29 Foto 4: Rosenplatz ...... 29 Foto 5: Leerstand Freudenstädter Straße ...... 33 Foto 6: hohes Verkehrsaufkommen (Freudenstädter Straße) ...... 33 Foto 7: störendes Parken Ärztehaus ...... 34 Foto 8: ungenutzte Bereiche (Forbachstr.)...... 34 Foto 9: Gestaltung Straßenraum ...... 38 Foto 10: Begrünnung ...... 38 Foto 11: Außengastronomie ...... 38 Foto 12: Sitzgelegenheiten ...... 38 Foto 13: integrierte Parkplätze ...... 39 Foto 14: Touristeninformation ...... 39 Foto 15: Leerstand Ruhesteinstraße 304 ...... 40 Foto 16: Leerstand Ruhesteinstraße ...... 40 Foto 17: Stark frequentierter Parkplatz an der Ruhesteinstraße ...... 40 Foto 18: geringe Frequenz ...... 40 Foto 19: Nahversorgungsrelevantes Angebot ...... 42 Foto 20: gepflegter Straßenraum ...... 42

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1. AUSGANGSLAGE UND AUFGABENSTELLUNG

Die Gemeinde Baiersbronn liegt im Landkreis und ist mit einer Fläche von 189,7 qkm nach der Landeshauptstadt die zweitgrößte Kommune in Baden-Württemberg. Der überwiegende Teil des Nationalparks Schwarzwald befindet sich innerhalb der Gemarkung von Baiersbronn. Hier leben rd. 14.669 Einwohner. Die Gemeinde gliedert sich in die Ortsteile Baiersbronn-Dorf, Friedrichstal, Huzenbach, Schönmünzach, Klosterreichenbach, Heselbach, Mitteltal, Obertal, Reichenbacher Höfe, Röt-Schönegründ, Tonbach und Schwarzenberg. Baiersbronn ist national und international für seine Sternegastronomie bekannt.

Das Büro Dr. Acocella wurde damit beauftragt, ein Gutachten als Grundlage für die Aufstellung eines Einzelhandelskonzepts für die Gemeinde Baiersbronn zu erstellen.

Das Einzelhandelskonzept entspricht, wenn es durch den Gemeinderat beschlossen wird, einem städtebaulichen Entwicklungskonzept nach § 1 (6) Nr. 11 BauGB.

Zentrales Anliegen des Gesamtgutachtens ist jedoch, städtebauliche Begründungen für die räumliche Steuerung des Einzelhandels zu erarbeiten. Investoren müssen bereit sein, unter den vorgegebenen städtebaulich-funktionalen Rahmenbedingungen zu investieren. Dies wird nur dann geschehen, wenn diese dau- erhaft verlässlich sind.

Projektbegleitende Arbeitsgruppe Bei der Erarbeitung des Gutachtens als Grundlage für ein Einzelhandelskonzept wurde eine projektbegleitende Arbeitsgruppe eingerichtet, die wichtige Akteure aus Baiersbronn einband. Die Arbeitsgruppe setzte sich aus Vertretern der Verwaltung der Gemeinde Baiers- bronn sowie des Standortmarketings Baiersbronn, des Handels- und Gewerbevereins Baiersbronn e.V., des Regionalverbandes Nordschwarzwald und der IHK Nordschwarzwald zusammen. Aufgabe der Arbeitsgruppe war es, die jeweils vorgestellten Zwischenergebnisse - ggf. nach einer Ergänzung oder Änderung - als Grundlage zur weiteren Bearbeitung zu bestimmen.

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Es fanden drei Sitzungstermine der Arbeitsgruppe statt:  Die Arbeitsschritte zur Erstellung des Gutachtens sowie das weitere Vorgehen wurde den Arbeitskreismitgliedern im Mai 2014 vorgestellt. Außerdem wurde im Rahmen dieser ersten Arbeitskreissitzung ein Fragebogen zur Durchführung der Einzelhändlerbefragung mit den Teilnehmern abgestimmt.  Die Ergebnisse der Einzelhändlerbefragung sowie die städtebaulich-funktionale Stärken- und Schwächenanalyse wurden im August 2014 der Arbeitsgruppe vorge- stellt und anschließend erörtert.  Das Prognoseergebnis und die konzeptionellen Maßnahmenvorschläge wurden im Oktober 2014 präsentiert und mit den Teilnehmern der Arbeitsgruppe diskutiert.

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2. PLANUNGSRECHTLICHE VORGABEN

Im Rahmen von (kommunalen) Einzelhandelskonzepten wird immer wieder die Frage gestellt, ob eine planerische räumliche Lenkung des Einzelhandels überhaupt recht- lich tragfähig möglich ist1. Im Grundsatz ist diese Frage geklärt, denn das ungere- gelte Marktgeschehen verursacht negative Wirkungen auf raumordnerische und städtebauliche Zielsetzungen, die der Markt selbst nicht korrigiert bzw. korrigieren kann. Marktwirtschaftliche Einwände werden zwar immer wieder artikuliert, sind jedoch durch verschiedene Urteile verworfen worden2. Die Tatsache, dass Einzelhandelsansiedlungen unangemessen sein können, ergibt sich auf Grund des immer noch aktuellen städtebaulichen Leitbildes der "Europäischen Stadt" und vor allem aus dem Recht - und der Pflicht - jeder Stadt/ Gemeinde, die städtebauliche Ordnung und Entwicklung zu sichern3.

Für diese - städtebaulich begründete - räumliche Lenkung der Einzelhandels- entwicklung gibt es rechtlich zentrale Voraussetzungen, die im Folgenden erörtert werden.

2.1 PLANUNGSRECHTLICHER RAHMEN DES EINZELHANDELSKONZEPTES

Die rechtlichen Vorgaben für den Einsatz eines Einzelhandelskonzeptes betreffen insbesondere  die erforderliche Definition der zentralen Versorgungsbereiche, abgeleitet auf Basis einer Ist-Analyse  die Darstellung der städtebaulich-funktionalen Ist-Situation und des Erfordernis- ses diese Situation zu sichern und zu entwickeln sowie  die Anforderungen an die Ableitung einer Sortimentsliste.

2.1.1 Zentraler Versorgungsbereich Die städtebaulich begründete räumliche Steuerung des Einzelhandels ist seit langem möglich, wobei die (Einzelhandels-)Innenstadt bzw. das einzelhandelsbezogene

1 Vgl. BVerwG: Beschluss vom 10.11.2004 Az. 4 BN 33/04. 2 Vgl. z.B. OVG NRW: Urteil vom 22.06.1998, Az. 7a D 108/96.NE. 3 Vgl. z.B. OVG Rheinland-Pfalz: Urteil vom 21.06.2001 Az. 1 C 11806/00.OVG; BayVGH: Urteil vom 25.04.2002 Az. 2 CS 02.121. Die Pflicht für die Kommunen könnte sich letztlich aus dem § 1 (3) BauGB ergeben.

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Ortszentrum eine besondere Rolle spielt. Durch das EAGBau 2004 und durch die Bau- rechtsnovelle 2007 sind die sogenannten "zentralen Versorgungsbereiche" in den Fokus der Begründung für eine städtebaulich motivierte räumliche Lenkung gerückt worden. Sie stellen bei der Bauleitplanung zu berücksichtigende Belange dar. So wurde in § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB die "Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche" festgeschrieben. Hiernach können sich Gemeinden im Rahmen des gemeindenachbarlichen Abstimmungsgebotes gemäß § 2 Abs. 2 BauGB nun ausdrücklich auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen. Des Weiteren sind nach § 34 Abs. 3 BauGB bei Vorhaben im nicht beplanten Innenbereich schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche auch außerhalb der näheren Umgebung zu beachten.

Rechtlich zentrale Voraussetzung für eine räumliche Lenkung der Einzelhandels- entwicklung, die der Sicherung und Weiterentwicklung des Einzelhandels an zentra- len Standorten dienen soll, ist damit die Abgrenzung sog. zentraler Versorgungs- bereiche. Nur wenn klar ist, welcher Bereich einer Gemeinde als zentraler Versorgungsbereich anzusehen ist, kann geprüft werden, ob dieser geschützt werden soll. Erst wenn diese räumliche Abgrenzung vorgenommen ist, ist der Nachweis zu erbringen, dass eine Sicherung und Weiterentwicklung des Stadt- bzw. Ortszentrums erreichbar ist4. Nur auf diese Weise kann der planungsrechtliche Bezug zum Ausschluss von Einzelhandel an anderen Standorten hergestellt werden.

Nach dem Grundsatzurteil des Bundesverwaltungsgerichtes sind zentrale Versorgungsbereiche "räumlich abgrenzbare Bereiche einer Gemeinde, denen auf Grund vorhandener Einzelhandelsnutzungen - häufig ergänzt durch diverse Dienstleistungen und gastronomische Angebote - eine Versorgungsfunktion über den unmittelbaren Nahbereich hinaus zukommt"5. Für den Einsatz eines Einzel- handelskonzeptes ist dabei von Bedeutung, dass auch eine planerische Abgrenzung

4 Vgl. bereits Birk, H.J.: Der Ausschluß von Einzelhandelsbetrieben in Bebauungsplänen, in: Verwal- tungsblätter für Baden-Württemberg - Zeitschrift für öffentliches Recht und öffentliche Verwaltung, 9. Jg., Heft 8, 1988, S. 288. 5 BVerwG, Urteil vom 11.10.2007, Az.: 4 C 7.07.

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vorgenommen werden kann, die nicht mit der Abgrenzung der Ist-Situation überein- stimmen muss6.

2.1.2 Sortimentsliste

Da nicht jeder Einzelhandel in den zentralen Versorgungsbereichen angesiedelt werden muss/ soll und umgekehrt bestimmte Einzelhandelsangebote in Gewerbege- bieten oder in überwiegend gewerblich genutzten Gebieten ausgeschlossen werden sollen, ist ein kommunalentwicklungspolitischer und städtebaurechtlicher Rahmen für eine positive Einzelhandelsentwicklung in der gesamten Gemeinde zu schaffen. Für die räumliche Lenkung der Einzelhandelsentwicklung ist zu beachten, dass die Übertragung einer allgemeinen Sortimentsliste (z.B. aus dem Einzelhandelserlass) rechtlich nicht ohne weiteres zulässig ist7. Dies entspricht der Maßgabe und den Er- kenntnissen, nach denen das Büro Dr. Acocella (bis 31.07.03: AGENDA) seit seinem Bestehen (1993) arbeitet: "Diese Differenzierung zwischen innenstadt- bzw. innerorts bedeutsamen oder nicht bedeutsamen Branchen kann verständlicherweise nur konkret und nur im Einzelfall bestimmt werden ..."8. Als Grundlage dafür ist die Einzelhandelsstruktur analysiert (vgl. Kap. 3 bis 4.3) und eine Überprüfung der Überlinger Sortimentsliste in Kap. 8.1 erfolgt.

2.1.3 Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen Planungsebene Die Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen Planungsebene sind insbesondere durch das BauGB und die BauNVO - also bundeseinheitlich - geregelt.

Durch die Aufstellung eines Flächennutzungsplanes werden erste räumliche Dar- stellungen für die Zulässigkeit von Einzelhandelseinrichtungen auf der kommunalen Ebene getroffen9, die in Bebauungsplänen (§ 9 BauGB) zu konkretisieren sind.

6 "Zentrale Versorgungsbereiche [...] können sich sowohl aus planerischen Festlegungen als auch aus den tatsächlichen Verhältnissen ergeben" (BVerwG, Urteil vom 11.10.07, Az. 4 C 7/07). 7 Vgl. dazu VGH Mannheim: Urteil vom 02.05.2005, Az. 8 S 1848/04, Rn 17 sowie unter Verweis hierauf Urteil vom 30.01.2006, Az. 3 S 1259/05, Rn 42. 8 Birk (1988), a.a.O., S. 288; bestätigt z.B. durch VGH Baden-Württemberg: Urteil vom 30.01.2006, Az. 3 S 1259/05. 9 Vgl. Baugesetzbuch (BauGB) (2007), § 5 Abs. 2 Satz 1.

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Für die Flächen der Gebietskategorien W und G sind nur solche Bebauungspläne aus dem FNP zu entwickeln, in denen Einzelhandelsbetriebe zulässig sind, die keines SO bedürfen. Die konkrete planerische Zulässigkeit von Einzelhandelsbetrieben in Bau- gebieten ergibt sich jedoch erst durch die Festsetzungen in Bebauungsplänen nach §§ 2 bis 9 BauNVO.

Die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplanes (§ 12 BauGB) kann in Einzelfällen eine steuernde Wirkung insbesondere im Hinblick auf die Ausgestaltung eines geplanten Einzelhandelsvorhabens entfalten. Eine grundsätzliche räumliche Steuerung des Einzelhandels ist jedoch auf dieser Basis nicht möglich, da der vorhabenbezogene Bebauungsplan eher reaktiv auf die potenzielle räumliche und in- haltliche Einzelhandelsentwicklung eingesetzt wird.

Mit Veränderungssperren nach § 14 BauGB und/ oder Zurückstellung von Bauge- suchen nach § 15 BauGB kann lediglich zeitlich begrenzt verhindert werden, dass planerisch ungewollte Entwicklungen eintreten. Des Weiteren können diese Instru- mente genutzt werden, um bauleitplanerische Verfahren entsprechend den städte- baulichen Zielen abzuschließen10. Mit Hilfe dieser Instrumente wird eine gegebene Situation im Ist-Zustand vorläufig gesichert, was letztlich jedoch eine Verhinderungswirkung - zumindest in Bezug auf ungewollte Entwicklungen im Plangebiet - entfaltet.

Im § 34 Abs. 1, 2 und 3 BauGB werden die Bedingungen für die Zulässigkeit von Nut- zungen "innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile", für die kein Bebau- ungsplan nach § 30 Abs. 1 BauGB vorliegt, aufgeführt.

Die Zulässigkeit von Einzelhandelsvorhaben in § 34-Gebieten richtet sich eben nicht nach den jeweils gültigen städtebaulichen Zielvorstellungen zur Einzel- handelsentwicklung in der Gemeinde, sondern danach, ob sich das Einzelhandelsvor- haben "nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grund- stücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist" und bezieht bei der Beurteilung der negativen Wirkungen lediglich die "zentralen Versorgungsbereiche" ein, deren

10 Vgl. OVG NRW, 1998, a.a.O., ebd.

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Schädigung vermieden werden soll. Im Übrigen ist die Zulässigkeit eines Einzel- handelsvorhabens gegeben, wenn das Plangebiet einem der Baugebiete nach §§ 2 bis 9 BauNVO entspricht und das Vorhaben innerhalb dieser Gebiete zulässig wäre. Daher ist der § 34 BauGB kaum geeignet, eine im Sinne der jeweils gültigen städte- baulichen Zielvorstellungen wirksame, räumliche Steuerung der Einzelhandelsent- wicklung zu gewährleisten. Nur mit Hilfe der Bauleitplanung (§§ 2 bis 9 BauNVO) kann eine reaktive in eine ak- tive Planung übergeleitet werden, woraus sich eine systematische, räumliche Steue- rung der Einzelhandelsentwicklung ergeben kann.

Im BauGB 2007 ist als zusätzliches planungsrechtliches Steuerungsinstrument § 9 Abs. 2a BauGB eingeführt worden. Danach ist es möglich, für im Zusammenhang be- baute Ortsteile in einem Bebauungsplan ohne Ausweisung von Baugebieten i.S. der Baunutzungsverordnung die Zulässigkeit nach § 34 Abs. 1 und 2 BauGB beschränken- de Festsetzungen namentlich zum Einzelhandel zu treffen, um zentrale Versorgungs- bereiche zu erhalten und zu entwickeln. Hierdurch werden planerische Gestaltungs- möglichkeiten geschaffen, die über die Zulässigkeitsregel des § 34 Abs. 3 BauGB (s.o.) hinausgehen. Der Bebauungsplan kann dabei für die nach § 34 BauGB zu beur- teilenden Gebiete insgesamt oder für Teile davon aufgestellt werden. Der Zweck muss auf die "Erhaltung oder Sicherung zentraler Versorgungsbereiche, auch im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und der Innen- entwicklung der Gemeinden"11 gerichtet sein.

In der öffentlichen Diskussion zur räumlichen Steuerung des Einzelhandels stehen vor allem Einzelhandelsbetriebe nach § 11 Abs. 3 BauNVO (großflächige Einzelhan- delsbetriebe) im Vordergrund; sehr viel Aufmerksamkeit und gerichtliche Auseinan- dersetzungen erzeugen insbesondere Fachmarktzentren und Factory Outlet Center. Dass diese großflächigen Einzelhandelsbetriebe reaktiv, also auf Grund eines kon- kreten Vorhabens nach Standort, Größe und Sortimenten gesteuert werden können, ist unstrittig12. Eine Kommune kann im Hinblick auf eine künftige Entwicklung vor-

11 Söfker, W. (2007): Steuerungsinstrumente der Innenentwicklung für den Handel durch das EAG Bau und das BauGB 2007, Kurzfassung des Vortrags im 547/6. Kurs des Instituts für Städtebau Berlin "Städtebau und Handel", Berlin. 12 Vgl. Kopf, H. (2002): Rechtsfragen bei der Ansiedlung von Einzelhandelsgroßprojekten - Unter beson- derer Berücksichtigung von Factory Outlet Centern, Berlin.

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ab13 die räumliche Verortung der großflächigen Einzelhandelsbetriebe in ihrem Ge- biet durch die Ausweisung von Sonderbauflächen für Einzelhandel im FNP nach § 5 BauGB vornehmen.

Darüber hinaus können aber auch Läden, nicht großflächige Einzelhandelsbetriebe (Fachgeschäfte) und nicht großflächige Fachmärkte, die nicht nach § 11 Abs. 3 zu be- urteilen sind, städtebaulichen Zielsetzungen entgegen stehen, wenn sie in großer Zahl und mit zentrenrelevanten Sortimenten außerhalb der Innenstadt bzw. des Ortszentrums und/ oder außerhalb städtebaulich gewünschter Standorte in Bauge- bieten14 entstehen, in denen diese allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind15. Dies kann dazu führen, dass sich im Verlauf der Zeit Einzelhandelsagglomeratio- nen mit nicht großflächigen Einzelhandelsbetrieben in Gewerbe- und Industrie- gebieten nach §§ 8 bzw. 9 BauNVO entwickeln. Solche Einzelhandelsstandorte waren zunächst auf Grund ihres Umfanges für die Entwicklung der Zentren unproblematisch und/ oder haben auf Grund der verfügbaren Gewerbegebietsflächen auch nicht zur Flächenverknappung geführt. Ähnliche Entwicklungen in Mischgebieten (§ 6 BauNVO) können ebenfalls städtebaulich unerwünschte Folgewirkungen haben.

Zur Vermeidung dieser unerwünschten Entwicklungen hat der Verordnungsgeber die Möglichkeit einer Feingliederung durch § 1 Abs. 5 und 9 BauNVO geschaffen: "Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass bestimmte Arten von Nutzun- gen, die nach den §§ 2, 4 bis 9 und 13 [BauNVO] allgemein zulässig sind, nicht zu- lässig sind oder nur ausnahmsweise zugelassen werden können, sofern die all- gemeine Zweckbestimmung des Baugebiets gewahrt bleibt."16 "Wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen, kann im Bebauungs- plan bei Anwendung der Abs. 5 bis 8 festgesetzt werden, dass nur bestimmte Arten der in den Baugebieten allgemein oder ausnahmsweise zulässigen bauli-

13 BVerwG: Beschluss vom 08.09.1999, Az. 4 BN 14.99. 14 Die Baunutzungsverordnung definiert in den §§ 2 bis 9 abschließend Baugebietstypen. Eine planende Gemeinde kann darüber hinaus keine neuen Baugebietstypen "erfinden". Vgl. dazu BVerwG: Beschluss vom 27.07.1998, Az. 4 BN 31.98. 15 Birk (1988), a.a.O., S. 284. 16 BauNVO § 1 Abs. 5 i.d.F. vom 23.01.1990.

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chen oder sonstigen Anlagen zulässig oder nicht zulässig sind oder nur aus- nahmsweise zugelassen werden können."17

In GE- (§ 8 BauNVO), GI- (§ 9 BauNVO) und auch in MI-Gebieten (§ 6 BauNVO) kann der Einzelhandel insgesamt bzw. eine bestimmte Art von Einzelhandel, z.B. zentrenrele- vante Sortimente, aus städtebaulichen Gründen ausgeschlossen werden18; eine dar- über hinaus gehende differenzierte, sortimentsbezogene Verkaufsflächenfestlegung ist auf dieser Basis nicht möglich19. Eine städtebauliche Begründung ist z.B. die Ent- wicklung zentraler Versorgungsbereiche20 oder die Sicherung von Gewerbegebiets- flächen für Handwerk und produzierendes Gewerbe21.

2.1.4 Regional- und Landesplanerische Ziele zur Steuerung des Einzelhandels Jedes kommunale Einzelhandelskonzept unterliegt regional- und landesplanerischen Festlegungen und Vorgaben. Im Folgenden sind daher die wesentlichen versorgungs- und einzelhandelsspezifischen Regelungen aus der Regional- und Landesplanung Ba- den-Württembergs aufgeführt.

Der Landesentwicklungsplan (LEP) 2002, bildet die landesplanerische Grundlage zu Steuerung des Einzelhandels in Baden-Württemberg. Entsprechend den Zielen des LEP sollen sich Einzelhandelsgroßprojekte in das zentralörtliche Versorgungssystem einfügen und dürfen i.d.R. nur in Ober- Mittel- und Unterzentren ausgewiesen, er- richtet oder erweitert werden. Hiervon abweichend kommen auch Standorte in Kleinzentren und Gemeinden ohne zentralörtliche Funktion in Betracht, wenn dies zur Sicherung der Grundversorgung geboten ist, oder diese in Verdichtungsräumen liegen und mit Siedlungsbereichen benachbarter Ober-, Mittel- oder Unterzentren

17 BauNVO § 1 Abs. 9 i.d.F. vom 23.01.1990. 18 Vgl. dazu z.B. BVerwG, Beschluss vom 27.07.1998, Az 4 BN 31/98 BVerwG, Beschluss vom 10.11.2004, Az 4 BN 33/04 Rn 6. 19 Vgl. Vogels, P. et al.: Auswirkungen großflächiger Einzelhandelsbetriebe, Stadtforschung aktuell, Bd. 69, / Boston/ Berlin, 1998, S. 289ff. 20 Vgl. z.B. Müller, M.: Rechtliche Voraussetzungen für die Ansiedlung großflächiger Handelsbetriebe, in: Bundesarbeitsgemeinschaft für Mittel- und Großbetriebe: Standortfragen des Handels, Köln, 1992, S. 123. 21 Vgl. z.B. Söfker, W., in: Ernst/ Zinkahn/ Bielenberg: Kommentar zum BauGB, Loseblattsammlung, Stand: Nov. 1992, Rn. 103, 105a.

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zusammengewachsen sind22. Die Verkaufsfläche von Einzelhandelsgroßprojekten soll den Einzugsbereich des zentralörtlichen Verflechtungsbereichs nicht wesentlich überschreiten, die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung im Einzugsbereich und die Funktionsfähigkeit anderer Zentraler Orte darf nicht wesentlich beeinträch- tigt werden23. Einzelhandelsgroßprojekte dürfen weder durch ihre Lage und Größe noch durch ihre Folgewirkungen die Funktionsfähigkeit der Stadt- und Ortskerne der Standortge- meinde wesentlich beeinträchtigen. Sie sollen vorrangig an städtebaulich inte- grierten Standorten ausgewiesen, errichtet oder erweitert werden24. Als Teil einer integrierten städtebaulichen Gesamtplanung soll auf der Grundlage von regional abgestimmten Einzelhandelskonzepten eine ausgewogene Einzelhan- delsstruktur erhalten oder angestrebt werden25

Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung werden im Regionalplan Nordschwarzwald konkretisiert. Einzelhandelsgroßprojekte sind grundsätzlich nur in Ober-, Mittel- und Unterzen- tren zulässig und dürfen dabei die Funktionsfähigkeit des zentralörtlichen Versor- gungskerns der Standortgemeinde nicht wesentlich beeinträchtigen.26 Integrierte und wohngebietsnahe Standorte sollen für die Ansiedlung von Einzel- handelsbetrieben gefördert werden, um eine verbrauchernahe Versorgung zu ge- währleisten. Die Einzelhandelsstandorte sollen gut mit dem ÖPNV erreichbar sein und für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr erschlossen sein.27 Neben diesem Rahmen regelt der Einzelhandelserlass Baden-Württemberg raumord- nungs- und bauplanungsrechtliche Zulässigkeiten von Vorhaben28.

22 Vgl. LEP Baden-Württemberg 2002, Plansatz 3.3.7 (Z). 23 Vgl. LEP Baden-Württemberg 2002, Plansatz 3.3.7.1 (Z). 24 Vgl. LEP Baden-Württemberg 2002, Plansatz 3.3.7.2 (Z). 25 Vgl. LEP Baden-Württemberg 2002, Plansatz 3.3.7.4 (G). 26 Vgl. Regionalplan Nordschwarzwald, Plansatz 2.9.2 (Z) 27 Vgl. Regionalplan Nordschwarzwald, Plansatz 2.9.1 (G) 28 Einzelhandelserlass Baden-Württemberg.

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2.2 KONSEQUENZEN FÜR DAS GENEHMIGUNGSVERFAHREN

Anhand der vorstehenden planungsrechtlichen Regelungsmöglichkeiten wird deutlich, dass die räumliche Steuerung des Einzelhandels auf kommunaler Ebene insbesondere davon abhängig ist, inwieweit die Gemeinde (Verwaltung und Politik) ihren weiten Gestaltungsspielraum in der Frage nutzt, ob und in welchem Rahmen sie planerisch tätig wird29. Als Planungsgrundsatz kommt dabei dem § 1 Abs. 6 Nr. 4 BauGB insbesondere Be- deutung für eine Bauleitplanung zu, durch welche vorhandene oder zu entwickelnde Versorgungsbereiche dadurch geschützt werden sollen, dass außerhalb solcher zent- raler Versorgungsbereiche Vorhaben, die diese beeinträchtigen könnten, nicht oder nur eingeschränkt verwirklicht werden können.

Nach § 9 Abs. 2a BauGB ist ein städtebauliches Entwicklungskonzept i.S. des § 1 Abs. 6 Nr. 11 BauGB, welches Aussagen über die vorhandenen und zu entwickelnden zentralen Versorgungsbereiche der Gemeinde oder eines Ortsteiles enthält, insbe- sondere zu berücksichtigen, da ein solches Konzept eine für die Aufstellung des Be- bauungsplanes unterstützende Funktion hat; es sind nachvollziehbare Aussagen über die zentralen Versorgungsbereiche und ihre Schutzbedürftigkeit enthalten30.

Im Hinblick auf eine Umsetzung des Konzeptes bedeutet dies, dass bei Planvorhaben bzw. Ansiedlungs-/ Erweiterungsvorhaben nicht danach zu fragen ist, was derzeit planungsrechtlich möglich ist, sondern zuerst die Frage nach der städtebaulichen Zielsetzung zu beantworten ist. Aus der gegebenen planungsrechtlichen Situation am konkreten Standort und der städtebaulichen Zielsetzung leiten sich die erfor- derlichen/ möglichen planungsrechtlichen Schritte ab. Dies kann im Einzelnen be- deuten, dass bei einem erwünschten Ansiedlungsvorhaben die rechtlichen Voraus- setzungen zur Ansiedlung geschaffen werden müssen, oder bei einem unerwünschten Vorhaben die bisherige Zulässigkeit aufgehoben werden muss. Dies kann ohne kon- kreten Anlass, z.B. einen Bauantrag oder auf Grund eines solchen konkreten31 Planvorhabens erfolgen.

29 Vgl. z.B. OVG NRW: Urteil vom 22.06.1998, Az. 7a D 108/96.NE mit Hinweisen auf frühere Urteile des BVerwG. 30 Vgl. Söfker, W., 2007, a.a.O. 31 Vgl. dazu z.B. BVerwG, Beschluss vom 08.09.1999, Az. 4 BN 14/99 und OVG NRW, Urteil vom 11.03.2004, Az. 7a D 103/03.NE.

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Zur Sicherung der städtebaulichen Zielsetzungen können bei Vorliegen eines Aufstellungsbeschlusses und einer hinreichend konkretisierten Zielformulierung32, die mit diesem Gutachten gegeben sein dürfte, die Sicherungsinstrumente wie z.B. Veränderungssperren nach § 14 BauGB und/ oder Zurückstellung von Baugesuchen nach § 15 BauGB zwar zeitlich begrenzt, aber doch wirksam verhindern, dass plane- risch ungewollte Entwicklungen eintreten.

Maßgeblich für eine Erstbewertung eines Planvorhabens sind der Planstandort und die Zentren- bzw. Nahversorgungsrelevanz des Hauptsortimentes. Bezogen auf den Standort und seine einzelhandelsbezogenen Entwicklungs- möglichkeiten werden in diesem Gutachten die entsprechenden Aussagen getrof- fen. Hinsichtlich der Sortimente wird eine ortsspezifische Liste vorgeschlagen, die einerseits die Gegebenheiten in Baiersbronn und andererseits die aus Gut- achtersicht stadtentwicklungsplanerisch sinnvollen Zielvorstellungen zur Ent- wicklung der zentralen Versorgungsbereiche berücksichtigt.

2.3 FAZIT

Abschließend ist festzuhalten, dass dieses Gutachten es ermöglicht, systematisch die Genehmigung von Einzelhandelsvorhaben entsprechend der städtebaulichen Ziel- setzungen für die jeweiligen Planstandorte zu bewerten. Es stellt dar, an welchen Standorten grundsätzlich Einzelhandel zulässig sein soll bzw. wo welche planungs- rechtlichen Beschränkungen angestrebt werden sollen.

Im Außenverhältnis dient dieses Gutachten auch dazu, die zentrenbezogenen Ziel- setzungen der Gemeinde Baiersbronn im Rahmen von Beteiligungsverfahren z.B. nach § 2 Abs. 2 BauGB substantiell und umfänglich darzustellen, sodass damit mögli- chen Planungen außerhalb der Gemeinde Baiersbronn, die zentrenschädlich sein könnten, entsprechend umfangreich und umfassend begegnet werden kann. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Gemeinde Baiersbronn selbst an ihr eigenes Konzept hält und keine Ansiedlungsentscheidungen treffen, die dazu geeignet sind, die eigenen Zielsetzungen zu konterkarieren.

32 Vgl. dazu z.B. OVG NRW, Urteil vom 11.03.2004, Az. 7a D 103/03.NE.

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3. EINZELHANDELSSITUATION AUF EBENE DER GESAMTGEMEINE

In diesem Kap. wird auf Grundlage der Ergebnisse der Händlerbefragung und der Erhebung des Einzelhandels die Versorgungssituation in der gesamten Gemeinde Baiersbronn dargestellt und bewertet (vgl. Kap. 3.2). In den anschließenden Kap. 4.1 bis 4.7 wird auf das Ortszentrum sowie weitere bedeutende Einzelhandelsstandorte in Baiersbronn und die räumliche Verteilung des Einzelhandels eingegangen.

3.1 METHODISCHES VORGEHEN

Die Daten wurden im Rahmen einer Befragung aller Einzelhändler im gesamten Gemeindegebiet ermittelt. Ergänzend zu den primär erhobenen Daten wurden sekundärstatistische Informationen für die Analyse und Bewertung der Einzelhandelssituation in Baiersbronn herangezogen. Auf diese wird jeweils an den entsprechenden Stellen im Gutachten hingewiesen.

3.1.1 Einzelhandelserhebung und Befragung der Händler Das Einzelhandelsangebot in der Gemeinde Baiersbronn wurde auf der Basis einer Begehung mit gleichzeitiger Einzelhändlerbefragung im Mai 2014 erfasst. Dabei wurde nicht nur der Einzelhandel i.e.S. berücksichtigt, sondern auch Apotheken, das Lebensmittelhandwerk (Bäcker, Metzger) und Tankstellenshops (allerdings nicht be- fragt).33

Die Befragung wurde flächendeckend im gesamten Gemeindegebiet durchgeführt: Jede einzelne Straße wurde hierfür begangen bzw. durchfahren34. In jedem Einzelhandelsbetrieb erfolgte die mündliche Kurzbefragung anhand eines Fragebo- gens, welcher zuvor in der projektbegleitenden Arbeitsgruppe abgestimmt worden ist. Die Befragung der Einzelhändler bezog sich auf folgende Aspekte:  Sortimente,  Verkaufsfläche insgesamt und je Sortiment,  Eigentumsverhältnisse,

33 Nicht erfasst wurde der Handel mit Kfz, Brenn-, Kraft- und Schmierstoffen. 34 Obwohl die Erhebung nach bestem Wissen und Gewissen erfolgte, ist es möglich, dass einzelne Ein- zelhandelsbetriebe dabei nicht aufgefunden werden konnten. Allerdings kann es sich bei diesen al- lenfalls um kleinere Betriebe handeln, sodass das Gesamtergebnis hiervon nicht wesentlich beein- flusst würde.

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 Anzahl der Beschäftigten,  Umsatz im Jahr 2013,  Umsatzentwicklung in den vergangenen drei Jahren,  Kundenherkunft nach prozentualem Umsatzanteil (Baiersbronn, , Forbach, Landkreis Freudenstadt, Touristen/ Tagesgäste, sonstiges),  Einschätzung der Einzelhandelssituation in der Gemeinde Baiersbronn in Form ei- ner offen gestellten Frage (Was finden Sie gut?/ Was finden Sie schlecht?)

Die Erhebung der Verkaufsflächen in den einzelnen Geschäften erfolgte sortiments- genau: Die Betriebe wurden nicht entsprechend dem angebotenen Hauptsortiment insgesamt einer Branche zugerechnet (Schwerpunktprinzip), sondern jedes Sorti- ment wurde einzeln mit der zugehörigen Verkaufsfläche erfasst (z.B. in Supermärk- ten auch Drogeriewaren). Erst hierdurch ergibt sich ein realistisches Abbild der derzeitigen Situation im Einzelhandel, bei dem Ergänzungssortimente, denen im Einzelfall nur eine unterge- ordnete Rolle zukommt, die in der Summe jedoch von Bedeutung sein können, nicht unterschätzt werden. Darüber hinaus ist u.E. die Ableitung einer ortspezifischen Sortimentsliste nur auf Grundlage einer derart differenzierten Erfassung des Be- standes möglich. Die Ergebnisse werden in der vorliegenden Untersuchung aus- schließlich aggregiert dargestellt, da einzelbetriebliche Daten dem Datenschutz unterliegen.

Eine derartige Einzelhändlerbefragung liefert zum einen verlässlichere Daten über die derzeitige Situation, insbesondere über die derzeit erzielten Umsätze (die bei einer reinen Erhebung rechnerisch ermittelt werden müssen) und führt so erfah- rungsgemäß zu einer sehr hohen Akzeptanz der erhobenen Daten. Zum anderen er- möglicht die Befragung der Händler auch Informationen über die derzeitigen Kauf- kraftströme in die Gemeinde Baiersbronn zu erhalten. Weiter können auf diese Weise auch die Einstellungen der Händler zur Einzelhandelssituation in der Ge- meinde erfasst werden. Dabei ergeben sich i.d.R. auch "weiche" Erkenntnisse, die in der weiteren Arbeit von Bedeutung sein können. Letztendlich ist eine frühe Einbin- dung der örtlichen Einzelhändler auch als vertrauensbildende Maßnahme zu verste- hen, die spätere Diskussionen bei der Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen erleichtert.

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Übersicht über die Beteiligung an der Einzelhändlerbefragung An der Befragung beteiligten sich 72% aller Baiersbronner Einzelhändler.

Abb. 1: Einzelhändlerbefragung

Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014

Rd. 11% der Einzelhändler gab Auskunft zum Umsatz. Für die Betriebe ohne Umsatzangabe wurde der Umsatz auf Grundlage vorliegender Daten zur sortiments- und betreiberbezogenen Leistungsfähigkeit von Einzelhan- delsbetrieben rechnerisch ermittelt.35

Sofern die Händler keine Angaben zur Verkaufsfläche machten bzw. diese ihnen nicht bekannt war, wurden die Verkaufsflächen von Mitarbeitern des Büros Dr. Acocella selbst ermittelt.

35 Insbesondere Institut für Handelsforschung (IfH), Köln: Betriebsvergleich des Einzelhandels 2014 und frühere Jahrgänge; EHI: Handel aktuell 2013/2014 und frühere Jahrgänge.

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3.2 EINZELHANDELSANGEBOT IN DER GESAMTGEMEINDE

Insgesamt wird in Baiersbronn von den 103 ermittelten Betrieben auf einer Ver- kaufsfläche von rd. 15.450 qm ein Umsatz von rd. 73,4Mio. € erzielt.

3.2.1 Beurteilung des Einzelhandelsangebotes vor dem Hintergrund der Nach- frage: Bindungsquoten Eine erste Bewertung des Einzelhandelsangebotes kann vor dem Hintergrund der Nachfrage vorgenommen werden.

Die Relation des in Baiersbronn erzielten Umsatzes zu der in Baiersbronn verfüg- baren Kaufkraft36 ergibt lokale Bindungsquoten (z.T. auch Einzelhandelszentrali- tät genannt): Eine Quote von mehr als 100% bedeutet dabei, dass per Saldo (Zu- flüsse nach Baiersbronn, vermindert um die Abflüsse aus Baiersbronn) Kaufkraft zufließt, eine Quote von weniger als 100% entsprechend, dass per Saldo Kaufkraft aus Baiersbronn abfließt.

Abb. 2: Bindungsquoten in der Gemeinde Baiersbronn nach Sortimenten

PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren GPK = Glas/ Porzellan/ Keramik Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014; IfH; EHI; www.handelsdaten.de; IFH Köln (2014); Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

36 Die gesamtstädtische Kaufkraft ergibt sich aus der Kaufkraft je Einwohner und der Einwohnerzahl, wobei es sich bei der Kaufkraft je Einwohner um einen bundesdeutschen Durchschnittswert handelt, der mit Hilfe entsprechender Kennziffern auf die gebietsspezifische Situation angepasst wird (vgl. IFH Köln: Einzelhandelsrelevante Kaufkraft 2013).

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Die Gesamtbindungsquote in der Gemeinde Baiersbronn beträgt rd. 87%, was be- deutet, dass per Saldo Kaufkraftabflüsse zu verzeichnen sind. Für die jeweiligen Bedarfsbereiche (kurz-, mittel-, und langfristig) ergibt sich für die Gemeinde Baiersbronn ein differenziertes Bild. Im kurzfristigen Bedarfsbereich (in der Abbildung rot dargestellt) sollte jede Ge- meinde eine möglichst vollständige rechnerische Versorgung ihrer eigenen Bevölke- rung gewährleisten. Das bedeutet, dass in diesem Bedarfsbereich Bindungsquoten von 100% erreicht werden sollten - in Baiersbronn beträgt diese rd. 115%. Rein rechnerisch und auf die gesamte Gemeinde bezogen sind somit Kaufkraftzuflüsse zu verzeichnen. Im Sortimentsbereich Nahrungs-/ Genussmittel, der eine besonders hohe Nahver- sorgungsrelevanz besitzt, beträgt die Bindungsquote rd. 110% sowie im Sortimentsbereich Lebensmittelhandwerk mit 146%, womit eine rechnerische Vollversorgung in diesen Bereichen gegeben ist. In den Sortimenten PBS/ Zeitungen, Zeitschriften sowie Blumen/ Zoo sind Bindungsquoten von unter 100% zu verzeichnen, womit in diesen Sortimentsbereichen per Saldo Kaufkraft aus Baiersbronn abfließt.

Im mittel- und langfristigen Bedarfsbereich (in der Abbildung grün bzw. gelb dargestellt) sind mit Bindungsquoten von rd. 89% bzw. 29% deutliche Kaufkraft- abflüsse festzustellen. Es fällt auf, dass im langfristigen Bereich in allen Sortimenten durchgängig Bindungsquoten von unter 100% zu verzeichnen sind. Die Bindungsquote von rd. 29% weist daraufhin, dass in diesem Bedarfsbereich sehr deutliche Kaufkraftabflüsse vorhanden sind. Mit einer Bindungsquote von rd. 1% weist das Sortiment Unterhaltungselektronik/ Neue Medien die geringste Bindungsquote bezogen auf alle Bedarfsbereiche auf. Das Sortiment Foto/ Optik aus dem langfristigen Bereich weist eine Bindungsquote von rd. 99% auf, womit rein rechnerisch fast eine Vollversorgung der Bevölkerung erreicht wäre. Im mittelfristigen Bedarfsbereich ergibt sich ein differenziertes Bild. Wobei le- diglich bei den Sortimenten Bekleidung und Zubehör (112%) und Sport/Freizeit (137%) Kaufkraftzuflüsse zu verzeichnen sind. Das Sortiment Spielwaren weist mit einer Bindungsquote von rd. 12% die größten Kaufkraftabflüsse in diesem Bedarfs- bereich auf.

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Zur Umsatzherkunft gaben die Händler an, dass diese zu 70-75% aus Baiersbronn selbst stammen. 17-20% des Umsatzes würden durch Touristen und Tagesgäste er- zielt (vgl. Abb. 3). Dieser hohe Umsatzanteil durch Touristen und Tagesgäste weist auf die Besonderheit der Gemeinde Baiersbronn als Urlaubs- und Kurort hin. Stellt jedoch auch eine Gefahr dar, da diese Gäste einmal ausbleiben könnten. Deutlich wird auch, dass angrenzende Städte und Gemeinden für die Umsätze in der Ge- meinde Baiersbronn kaum eine Rolle spielen.

Abb. 3: Umsatzherkunft Gemeinde Baiersbronn

Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014 und IfH; BBE; EHI; IBH Köln (2013); Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

Verbleibquote

Die Verbleibquote errechnet sich, indem der aus Baiersbronn stammende Umsatz in Relation zur Kaufkraft in Baiersbronn gesetzt wird. Die Verbleibquote gibt da- mit den Teil der örtlichen Kaufkraft an, der durch den Einzelhandel in der Ge- meinde gebunden werden kann.

Die Verbleibquote beträgt in der Gemeinde Baiersbronn zwischen 60 und 65%. Dies bedeutet, dass zwischen 35 und 40% der örtlichen Kaufkraft nicht vom Einzel- handel in Baiersbronn gebunden werden kann.

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4. EINZELHANDELSSCHWERPUNKTE IN BAIERSBRONN

4.1 ZENTRALE VERSORGUNGSBEREICHE IN BAIERSBRONN

Die Abgrenzung zentraler Versorgungsbereiche ist durch die Baurechtsnovellen der vergangenen Jahre stärker in den Fokus der Stadtentwicklungsplanung gerückt und stellt einen wichtigen formalen Teil des Gutachtens zum Einzelhandelskonzept für die Gemeinde Baiersbronn dar37. Die städtebaulich-funktionalen Anforderungen für die Abgrenzung zentraler Versorgungsbereiche ergeben sich aus dem entsprechen- den Urteil des BVerwG38. Welche Bereiche unter diese Kategorie fallen und welche Kriterien diese erfüllen müssen, wird im Folgenden erläutert.

Nachfolgend werden die Zentren und sonstigen bedeutsamen Einzelhandelsstandorte in der Gemeinde Baiersbronn dargestellt:  Zunächst werden - nach einer Darstellung der einzelhandelsbezogenen räumlich- funktionalen Gliederung der Gesamtgemeinde - der zentrale Versorgungsbe- reich Ortszentrum abgegrenzt und hinsichtlich seines jeweiligen Einzelhandels- angebotes und seiner Versorgungsfunktion vor dem Hintergrund der gesamtstädti- schen Einzelhandelsnachfrage beurteilt (vgl. Kap.3). Ebenso erfolgt eine qualita- tive Stärken-Schwächen-Analyse nach städtebaulich-funktionalen Gesichtspunkten (vgl. Kap. 4.4.4).  Weiterhin wird das Ortsteilzentrum Mitteltal sowie das Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach ebenfalls abgegrenzt und in Bezug auf ihr Einzelhandelsange- bot sowie die ergänzende Grund-/ Nahversorgungsfunktion betrachtet (vgl. Kap. 4.5 und 4.6).  Darüber hinaus existiert noch eine weitere bedeutende Einzelhandelskonzentra- tion (Reichenbacher Höfe), die auf Grund ihrer fehlenden städtebaulichen In- tegration nicht als zentraler Versorgungsbereich eingestuft werden kann (vgl. Kap.4.7). Diese wird hinsichtlich ihrer Angebotsstrukturen und ihrer Rolle im gesamtstädtischen Angebotsgefüge beschrieben.

37 Vgl. insbesondere §§ 1 (6) Nr. 11, 9 (2a) und (3) BauGB. 38 Vgl. BVerwG, Urteil vom 11.10.2007, Az. 4 C 7.07.

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4.2 METHODISCHES VORGEHEN - ABGRENZUNG ZENTRALER VERSORGUNGSBEREICHE UND STÄDTEBAULICH-FUNKTIONALE BESTANDSAUFNAHME

Der Einzelhandel stellt für die Entwicklung der Innenstädte und Ortszentren nach wie vor die Leitfunktion dar: Zahlreiche Untersuchungen des Büros Dr. Acocella Stadt- und Regionalentwicklung mit mittlerweile über 40.000 Passanten in verschie- denen Städten unterschiedlicher Größe und regionaler Einbindung ergaben, dass Einkaufen und Bummeln als häufigstes Motiv für den Besuch einer Innenstadt/ Ortszentrums bzw. eines Orts-/ Stadtteilzentrums genannt werden. Beides unter- streicht die Bedeutung des Einzelhandels für eine funktionsfähige Innenstadt/ Orts- zentrum bzw. ein funktionsfähiges Stadtteilzentrum.

Ein attraktives Ortszentrum bzw. ein attraktives Ortsteilzentrum wird jedoch nicht allein durch das Einzelhandelsangebot, sondern auch durch die funktionale Mischung sowie die städtebaulichen und verkehrlichen Bedingungen geprägt und charakteri- siert.

Die wichtigste planerische Aufgabe für die Sicherung der Funktionsfähigkeit eines Ortszentrums bzw. eines Ortsteilzentrums mit entsprechender funktionaler Vielfalt und städtebaulichen Qualitäten stellt die Abgrenzung der zentralen Versorgungs- bereiche dar, mit der verschiedene Aspekte des Bau- und Planungsrechtes zusam- menhängen. Die städtebaulich-funktionalen Anforderungen für die Abgrenzung zent- raler Versorgungsbereiche ergeben sich aus dem entsprechenden Urteil des BVerwG39 (vgl. Kap. 2.1.1).

Kriterien zur Abgrenzung zentraler Versorgungsbereiche Ein unabdingbares Kriterium, das ein zentraler Versorgungsbereich aufweisen muss, ist eine städtebaulich integrierte Lage. Das bedeutet, dass dieser städtebaulich und siedlungsstrukturell eingebunden sein und einen unmittelbaren Bezug bzw. die Nähe zur Wohnbebauung aufweisen muss, sodass auch für eingeschränkt mobile Be- völkerungsgruppen eine möglichst gute Erreichbarkeit - z.T. eine fußläufige Erreichbarkeit - vorhanden ist. Daneben sollte eine gute verkehrliche Anbindung an das öffentliche Personennahverkehrsnetz gegeben sein.

39 Vgl. BVerwG, Urteil 10.11.2007, Az. 4C7/07.

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Die Abgrenzung eines zentralen Versorgungsbereiches orientiert sich insbesondere am Bestand der Einzelhandelsbetriebe. Obgleich der Einzelhandel die Leitfunktion für ein Zentrum wahrnimmt, ist für die Qualifizierung eines Gebietes als zentraler Versorgungsbereich neben der Wohnfunktion, das Angebot weiterer Nutzungen von erheblicher Bedeutung. Das Vorhandensein von - in der Regel publikumsorientierten - Dienstleistungsbetrieben ist für eine funktionale Vielfalt im Zentrum von erheblicher Bedeutung.

Ein zentraler Versorgungsbereich bedarf einer räumlich-funktionalen Konzentra- tion an Versorgungsangeboten mit einer entsprechenden Dichte und Kompaktheit, die im Zusammenhang erkennbar ist. Die räumliche Abgrenzung der Ränder derarti- ger Bereiche erfolgt dort, wo funktionale Brüche infolge anderer baulicher Nutzun- gen, wie zusammenhängender Wohnbebauung oder Büro/ Gewerbe/ Industrie, auf- treten.

Neben funktionalen Kriterien müssen zur Abgrenzung zentraler Versorgungsbereiche auch städtebauliche Gegebenheiten berücksichtigt werden. Bei einer Ortsbegehung wurden daher folgende städtebauliche/ infrastrukturelle Zäsuren berücksichtigt:  verkehrliche Barrieren (z.B. Straßen, Bahnlinien),  natürliche Barrieren (z.B. Gewässer, Topographie, Grünzüge),  bauliche Barrieren (z.B. Wohngebäude, Bürokomplexe),  städtebauliche Brüche (z.B. Straßenraumgestaltung, Baustruktur)

Um den Voraussetzungen nach Kompaktheit und Dichte Rechnung zu tragen, sind überdies städtebauliche Qualitäten aufzunehmen und zu beschreiben. Insbeson- dere die Gestaltung des öffentlichen Raumes übernimmt je nach Qualität eine unter- stützende Wirkung für das Aufsuchen eines Zentrums, das Verweilen und letztlich für eine entsprechende Passantenfrequenz, die für das Funktionieren der Einzelhan- delslage eine unverzichtbare Voraussetzung darstellt.

Zentraler Versorgungsbereich im Sinne der o.g. Kriterien ist das Baiersbronner

Ortszentrum sowie das Ortsteilzentrum Mitteltal. Die städtebaulich-funktionale Si- tuation in den zentralen Versorgungsbereichen wird anhand einer Stärken-Schwä- chen-Analyse im Rahmen einer Fotodokumentation veranschaulicht (vgl. Kap. 4.4.4 und 4.5.4).

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4.3 RÄUMLICH-FUNKTIONALE GLIEDERUNG DER GEMEINDE BAIERSBRONN

Vor dem Hintergrund der im vorangegangen Kapitel benannten Kriterien zur Ab- grenzung zentraler Versorgungsbereiche müssen zunächst die Bereiche innerhalb von Baiersbronn identifiziert werden, in denen eine entsprechende Besatzdichte an Einzelhandelsbetrieben vorherrscht.

Anhand Karte 1 wird deutlich, dass sich in Baiersbronn das Einzelhandelsangebot vorwiegend auf das südliche Gemeindegebiet konzentriert. Dabei befindet sich die größte Konzentration im Ortsteil Baiersbronn-Dorf. Hier sind Angebote aus allen Bedarfsbereichen vorzufinden. Weitere kleine Konzentrationen lassen sich im Orts- teil Mitteltal, mit einem Angebot aus allen Bedarfsbereichen sowie im Ortsteil Klosterreichenbach, mit einem Angebot überwiegend aus dem kurzfristigen Bedarfs- bereich. Alle drei beschreiben Konzentrationen befinden sich in städtebaulich inte- grierten Lagen.

Karte 1: Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot in der Gemeinde Baiersbronn

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

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Des Weiteren befindet sich eine deutliche Einzelhandelskonzentration mit einem nahezu ausschließlich auf den kurzfristigen Bedarfsbereich ausgerichteten Einzel- handelsangebot im Ortsteil Reichenbacher Höfe. Dieser befindet sich jedoch nicht in integrierter Lage, sodass dieser nicht als zentraler Bereich bezeichnet und abge- grenzt werden kann.

4.4 ZENTRALER VERSORGUNGSBEREICH ORTSZENTRUM BAIERSBRONN

4.4.1 Räumlich-funktionale Struktur des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum In der nachfolgenden Karte 2 wird deutlich, dass sich das Einzelhandelsangebot im Ortszentrum von Baiersbronn im Wesentlichen auf den Bereich der Forbachstraße, nordwestlich entlang dem Bildstöckleweg über den Rosenplatz bis etwa zur Wilhelm- Münster-Straße sowie entlang der Freudenstädterstraße zwischen der Ruhe- steinstraße bzw. Murgtalstraße (im Norden) und dem Bahnhof (im Süden) erstreckt. Es sind Angebote aus allen Bedarfsbereichen vorhanden, wobei eine Konzentration auf Betriebe mit Angebotsschwerpunkt im mittelfristigen Bedarfsbereich fest- zustellen ist.

Darüber hinaus befinden sich vereinzelte Einzelhandelsangebote im Umfeld des o.g. Bereiches, jedoch ist auf Grund der zu großen Distanz und variierender Nutzungs- formen kein städtebaulicher und/ oder funktionaler Zusammenhang zu erkennen. Die räumliche Verteilung des Dienstleistungsangebotes entspricht größtenteils derjenigen des Einzelhandelsbesatzes. Im Gegensatz zum Einzelhandel ist die Kon- zentration an der Wilhelm-Münster-Straße jedoch geringer und im Bereich Rosen- platz sowie in der Forbachstraße höher. Der Grad der Nutzungsmischung von Einzel- handel und Dienstleistungen ist insgesamt relativ hoch.

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Karte 2: Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot im zentralen Versorgungsbereich Ortszent- rum Baiersbronn und angrenzende Bereiche

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

4.4.2 Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum

Auf Grundlage der Bestandsdichte sowie funktionaler und städtebaulicher Brüche bzw. Zäsuren wurde der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum der Gemeinde Baiersbronn wie in Karte 3 dargestellt abgegrenzt. Der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum erstreckt sich südlich der Murg und umfasst im Wesentlichen den Be- reich entlang der Freudenstädterstraße bis zum Baiersbronner Bahnhof. Im Nord- westen wird der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum durch den Grünstreifen an der Freudenstädter Straße und im Südosten durch den Rosenplatz begrenzt. Der Bereich um den Rosenplatz gehört ebenfalls zum zentralen Versorgungsbereich. Nördlich des zentralen Versorgungsbereiches befinden sich im Kreuzungsbereich Murgtalstraße, Ruhesteinstraße und Freudenstädter Straße auf der entgegenge- setzten Seite des Kreisverkehrs, weitere vereinzelte Einzelhandelsbetriebe, die aufgrund der Trennwirkung der Brücke über die Murg sowie des Kreisverkehrs keine zusammenhängende Einheit mit dem zentralen Versorgungsbereich bilden.

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Karte 3: Vorschlag zur Ist-Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Baiers- bronn

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

Südöstlich des zentralen Versorgungsbereiches befinden sich weitere Einzelhan- delsbetriebe, welche aufgrund der vorhandenen Topographie, der Trennwirkung durch die Freudenstädter Straße sowie die deutliche Entfernung ebenfalls nicht mehr Bestandteil des zentralen Versorgungsbereiches sind. Der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum weist eine Ausdehnung zwischen Kreisverkehr und Bahnhof von rd. 600 Meter auf.

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4.4.3 Beurteilung des Einzelhandelsangebotes im zentralen Versorgungsbe- reich Ortszentrum Baiersbronn Im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum befanden sich zum Befragungszeit- punkt 35 der insgesamt 103 Einzelhandelsbetriebe, d.h. rd. 34% der in Baiersbronn angesiedelten Betriebe. Diese vereinten eine Verkaufsfläche von rd. 3.225 qm, das Angebot weist damit eine recht kleinteilige Struktur auf. Bezogen auf die gesamte Verkaufsfläche von Baiersbronn von rd. 15.450 qm entspricht dies einem Anteil von nur rd. 21%. Der im zentralen Versorgungsbereich erzielte Umsatz beträgt rd. 14,3 Mio. € und somit knapp 20% des gesamtstädtischen Umsatzes.

In Tab. 1 ist das Einzelhandelsangebot des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum - soweit aus Datenschutzgründen möglich - nach Sortimenten differen- ziert dargestellt.

Tab. 1: Einzelhandelsangebot im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Verkaufsfläche Umsatz Sortimente in qm in Mio. € Nahrungs-/ Genussmittel 250 1,0 Lebensmittelhandwerk, Drogerie, Parfümerie, Apotheke 250 6,0

PBS/ Zeitungen, Zeitschriften 200 0,5

Blumen/ Zoo 150 0,4

kurzfristiger Bedarf 850 7,9 Bekleidung und Zubehör 1.000 2,6 Schuhe, Lederwaren 325 0,9 Sport/ Freizeit; Spielwaren; Bücher 450 1,1 GPK, Geschenke, Hausrat; Haus-/ Heimtextilien 275 0,3 mittelfristiger Bedarf 2.050 4,9 Uhren/ Schmuck; Foto/ Optik; Medien; Elektro/ Leuchten 200 1,2 sonst. langfristiger Bedarf 150 0,2

langfristiger Bedarf 350 1,4

Summe 3.225 14,3 Verkaufsfläche auf 25 qm gerundet; durch Rundungen kann es zu Abweichungen der Summen kommen aus Datenschutzgründen mussten zahlreiche Sortimente zusammengefasst werden Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014; www.handelsdaten.de; IfH; EHI; IFH (2014); Statisti- sches Landesamt Baden Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

Bezogen auf die Verkaufsfläche dominieren Angebote des zentrentypischen mittel- fristigen Bedarfsbereiches. Umsatzbezogen weisen die Sortimente der kurzfristigen

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Bedarfsstufe eine höhere Bedeutung im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum auf.

Die Beurteilung der Versorgungsfunktion des zentralen Versorgungsbereiches Orts- zentrum erfolgt mittels "unechter Bindungsquoten". Die unechte Bindungsquote errechnet sich, indem der im zentralen Versorgungsbereich erzielte Umsatz in Re- lation zur Kaufkraft in der Gesamtgemeinde Baiersbronn gesetzt wird.

Im kurzfristigen Bedarfsbereich (rote Balken in Abb. 4) deuten die "unechten Bin- dungsquoten" daraufhin, dass in den Bereichen Lebensmittelhandwerk, Drogerie, Parfümerie und Arzneimittel sowie in den Sortimenten Papier, Büro, Schreibwaren und Zeitungen und Zeitschriften dem zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum eine gewisse Versorgungsfunktion für die Gesamtgemeinde zukommt. Mit einer "un- echten Bindungsquote" von rd. 4% weißt der zentrale Versorgungsbereich im Sorti- ment Nahrungs-/ Genussmittel nicht einmal eine Versorgungsfunktion für die un- mittelbar in und im Umfeld lebende Bevölkerung auf. Somit müssen sich die Bewoh- ner des zentralen Versorgungsbereiches sowie der angrenzenden Wohngebiete fast ausschließlich außerhalb des zentralen Versorgungsbereiches mit dem täglich nach- gefragten Sortiment Nahrungs-/ Genussmittel versorgen.

Abb. 4: "Unechte Bindungsquoten" zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum

aus Datenschutzgründen mussten zahlreiche Sortimente zusammengefasst werden Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014; www.handelsdaten.de; IfH; EHI; IFH (2014); Statisti- sches Landesamt Baden Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

Bedeutsam für die Bewertung des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum sind die (üblicherweise zentrenrelevanten) Sortimente des mittelfristigen Bedarfsbe-

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reiches. Hierbei sind in den zentrenprägenden Sortimenten Bekleidung und Zube- hör sowie Schuhe, Lederwaren mit rd. 36% bzw. rd. 44%, insbesondere bezogen auf die gesamte "unechte Bindungsquote" von rd. 17%, hohe Versorgungsanteile für die Gesamtgemeinde festzustellen.

Die "unechten Bindungsquoten" in den langfristigen Bedarfsbereichen legen dar, dass die Versorgungsfunktion für die Gesamtgemeinde in diesem Bereich sehr ge- ring ausgeprägt ist. Zusammenfassend ist festzustellen, dass der zentrale Versorgungsbereich Ortszent- rum über alle Bedarfsbereiche hinweg mit einer "unechten Bindungsquote" von rd. 17% eine relativ geringe Versorgungsfunktion für die Gesamtgemeinde Baiersbronn darstellt.

4.4.4 Städtebaulich-funktionale Stärken-Schwächen-Analyse

Im Folgenden werden die Stärken und Schwächen des zentralen Versorgungsberei- ches Ortszentrum unter funktionalen und insbesondere unter städtebaulichen Ge- sichtspunkten dargestellt.

Stärken Der zentrale Versorgungsbereich weist ausschließlich inhabergeführte Geschäfte auf, die durch publikumsorientierte Dienstleister wie eine Versicherung, Ärzte und ein Bank ergänzt werden. Weiter ergänzt wird das Angebot durch gastronomische Betriebe mit Außengastronomie.

Foto 1: inhabergeführte Fachgeschäfte Foto 2: Außengastronomie

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

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Innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches ist eine ansprechende Gestaltung des öffentlichen Raumes, insbesondere der Straßenraumbegrünung vorzufinden. Entlang der Freudenstädter Straße sowie rund um den Rosenplatz sind eine Vielzahl von Ge- staltungselementen zur Begrünung des Straßenraumes wie Pflanzenkübel etc. vorzu- finden. Ebenfalls auf dem Rosenplatz und entlang der Freudenstädter Straße sind einige öffentliche Sitzmöglichkeiten vorhanden, welche neben der Gestaltung der Grünflä- chen zur Aufenthaltsqualität beitragen.

Foto 3: Straßenraumbegrünung Foto 4: Rosenplatz

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

An einigen Stellen ist innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Investitionsbe- reitschaft zu erkennen. So wurden zum Zeitpunkt der Begehung im Mai 2014 die Fas- saden einzelner Häuser saniert. Hinzu kommt die moderne Bauweise des Ärztehauses an der Freudenstädter Straße, welches erst vor wenigen Jahren errichtet worden ist. Dies deutet ebenfalls daraufhin, dass Eigentümer und Investoren bereit dazu sind in die Sanierung, Modernisierung und Aufwertung des zentralen Versorgungs- bereiches Ortszentrum zu investieren.

Innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum stellen der Bereich um das Ärztehaus (westliches Ende der Abgrenzung) und der Bereich um das Sportge- schäft Klumpp mit den umliegenden Parkflächen (nördliches Ende der Abgrenzung) zwei Anziehungspunkte dar.

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Karte 4: Stärken des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Baiersbronn

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

Im zentralen Versorgungsbereich steht eine Vielzahl von integrierten, ebenerdigen Parkplätzen zur Verfügung (vgl. Karte 4). Insbesondere entlang der Freudenstädter Straße und der Forbachstraße sind viele Parkplätze vor den Betrieben sowie ein kleiner Parkplatz an der Freudenstädter Straße Ecke Wilhelm-Münster-Straße zu finden.

Neben der guten Erreichbarkeit mittels des PKW über die Freudenstädter Straße ist der zentrale Versorgungsbereich an ein umfangreiches ÖPNV-Angebot erschlossen. Dieser ist sowohl mittels einer Busanbindung mit den übrigen Ortsteilen von Bai- ersbronn verbunden als auch mit der S-Bahn, welche den Bahnhof Baiersbronn, der direkt an den zentralen Versorgungsbereich grenzt, mit den Städten Freudenstadt und verbindet.

Die Gemeinde Baiersbronn stellt, wie in Kap. 3.1.1 bereits, beschrieben einen Anziehungspunkt für Touristen dar. Im Rahmen dessen spielt auch der zentrale Ver- sorgungsbereich Ortszentrum durch die darin bzw. in der Nähe dazu liegenden Ho- tels, dem Bahnhof sowie der Touristeninformationsstellen am Bahnhof sowie am Ro- senplatz eine wichtige Rolle.

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Schwächen Das Einzelhandelsangebot ist sehr kleinteilig strukturiert, größere/ große Betriebe mit deutlicher Magnetbetriebs- und Frequenzbringerfunktion sind im zentralen Ver- sorgungsbereich Ortszentrum nicht zu verzeichnen. Zudem befinden sich innerhalb der Abgrenzung kaum Betriebe mit Angeboten aus dem Sortiment Nahrungs-/ Ge- nussmittel, welche zur täglichen Versorgung benötigt werden und somit Frequenz bringen würden. Einige z.T. sehr auffällige Leerstände waren zum Zeitpunkt der Begehung des zentralen Versorgungsbereiches vorhanden. Die Dichte des Einzelhan- dels- und Dienstleistungsbesatzes nimmt in den Randbereichen des zentralen Ver- sorgungsbereiches deutlich ab. Hinzu kommt, dass auch entlang der Freudenstädter Straße und am Rosenplatz der Besatz an Einzelhandelsbetrieben nicht sehr ausge- prägt ist und insbesondere am Rosenplatz, welcher als funktionale Mitte des Zent- rums fungieren sollte, eine Vielzahl an Dienstleistungsbetrieben, welche nur teil- weise von Laufkundschaft frequentier werden, vorhanden sind. Die vorzufindenden Einzelhandelsbetriebe weisen keine einheitlichen und z. T. sehr stark einge- schränkten Öffnungszeiten auf, sodass dem Kunden das gleichzeitige Aufsuchen un- terschiedlicher Geschäfte erschwert wird. Hierdurch wird die Verweildauer der Be- sucher des zentralen Versorgungsbereiches verringert.

Insgesamt fehlen im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum öffentliche Ein- richtungen, welche zu einer Erhöhung der Frequenz beitragen könnten. Innerhalb des zentralen Bereiches konnte während der Begehung nur eine schwache Kundenfrequenz festgestellt werden. Lediglich im Bereich des Bahnhofes und Ärz- tehauses sowie der umliegenden Betriebe wie Bäcker und Markthalle konnte eine gewisse Frequenz an Kunden, Besuchern des Ärztehauses und Zugpassagieren festge- stellt werden.

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Karte 5: Schwächen des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Baiersbronn

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

Auf der Freudenstädter Straße kommt es insbesondere in den Abendstunden zu ei- ner hohen Verkehrsbelastung (vgl. Karte 5). Dies stört die Aufenthaltsqualität inner- halb des zentralen Versorgungsbereiches deutlich und aufgrund der wenigen Querungsmöglichkeiten wird der Zugang zu den Einkaufsbereichen deutlich er- schwert.

Die öffentlichen Bereiche des zentralen Versorgungsbereiches werden kaum von Be- suchern genutzt: dies betrifft den Rosenplatz sowie den vorgelagerten Midhurster- platz wie auch die Grünfläche entlang der Freudenstädter Straße. Der Platzbereich vor dem Ärztehaus tritt darüber hinaus hauptsächlich als Parkplatz in Erscheinung, was dazu führt, dass sich auch hier kaum Personen aufhalten, da die Aufenthalts- qualität, trotz der modernen Gestaltung, deutlich gemindert wird.

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Foto 5: Leerstand Freudenstädter Straße Foto 6: hohes Verkehrsaufkommen (Freuden- städter Straße)

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

Neben der oben beschriebenen geringen Dichte des funktionalen Besatzes ist auch eine fehlende bauliche Kompaktheit des zentralen Versorgungsbereiches festzustel- len. Bauliche Lücken und untergenutzte Bereiche sowie ungenutzte Hinterhofbereiche tragen zur fehlenden funktionalen und baulichen Dichte bei.

Hinzu kommt, dass es zwischen den einzelnen Bereichen Freudenstädter Straße, Forbachstraße und Rosenplatz keine Querbeziehungen gibt, sodass der gesamte zentrale Versorgungsbereich nicht als eine Einheit wahrgenommen wird und so die Passanten nicht dazu angeregt werden, den gesamten Bereich zu durchlaufen; werden nicht durch Wege- oder Sichtbeziehungen neugierig gemacht.

Die heterogene Baustruktur, die sich durch größtenteils kleinteilige Bebauung, wel- che an verschiedenen Stellen (beispielsweise Rosenplatz/ Ärztehaus) durch größere Baukörper durchbrochen wird, trägt nicht dazu bei, dass der zentrale Versorgungsbereich als einheitlich empfunden wird.

Sowohl die Gebäude, insbesondere die Fassaden, als auch der Straßenraum inner- halb des zentralen Versorgungsbereiches sind in weiten Teilen sanierungsbedürftig.

Die Eingangssituation im nördlichen Bereich des zentralen Versorgungsbereiches ist wenig ansprechend gestaltet. Der viel befahrene Kreisverkehr und die dort angesie- delten Nutzungen (Sonnenstudio, Imbiss, Spielhalle) sowie das dort stehende deut-

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lich baufällige Gebäude haben auf die Besucher des zentralen Versorgungsbereiches eher eine abschreckende Wirkung.

Foto 7: störendes Parken Ärztehaus Foto 8: ungenutzte Bereiche (Forbachstr.)

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

4.5 ORTSTEILZENTRUM MITTELTAL

4.5.1 Räumlich-funktionale Struktur des Ortsteilzentrums Mitteltal Im Ortsteil Mitteltal ist etwa auf der Höhe zwischen der Ellbachstraße und des Ödenhofwegs entlang der Ruhesteinstraße eine vergleichsweise hohe Dichte an Einzelhandelsbetrieben mit Angebotsschwerpunkt im kurz- und mittelfristigen Bedarfsbereich zu verzeichnen (vgl. Karte 6). Umgeben ist das Einzelhandelsangebot vorwiegend von Wohnbebauung und Grünflächen. Entlang der Ellbachstraße befinden sich zwei weitere Einzelhandelsbetriebe, welche keine räumliche Verknüpfung zu den Betrieben entlang der Ruhesteinstraße aufweisen. Außerdem sind noch weitere vereinzelte Betriebe im weiteren Verlauf der Ruhesteinstraße vorhanden. Diese sind jedoch von einigen Gebäuden mit reiner Wohnnutzung von den übrigen Betrie- ben abgegrenzt.

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Karte 6: Einzelhandels- und Dienstleistungsangebot im Ortsteilzentrum Mitteltal und in den angrenzenden Bereichen

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

Ergänzt wird das Einzelhandelsangebot durch ein Angebot von publikumsorientier- ten Dienstleistungen, insbesondere aus dem gastronomischen Bereich, einem Geld- institut, Touristeninformation etc. Weiterhin befinden sich einige öffentliche Ein- richtungen, u.a. eine Schule und das evangelische Pfarramt Mitteltal, im Bereich des Eulengrundwegs.

4.5.2 Abgrenzung des Ortsteilzentrums Mitteltal Das Ortsteilzentrum Mitteltal (vgl. Karte 7) erstreckt sich entlang der - straße und reicht entlang dieser von der Ellbachstraße bis einige Meter über den Ödenhofsweg hinaus.  Die entlang der Elbbachstaße gelegenen Einzelhandelsbetriebe gehören, trotz der vergleichsweise geringen Entfernung von rd. 100 Metern zu den an der Ruhestein- straße gelegenen Betrieben, auf Grund der starken funktionalen und auch städte-

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baulichen Zäsur des Parkplatzes an der Ruhesteinstraße und der baulichen Lücken nicht zum zentralen Bereich des Ortsteilzentrum Mitteltal.  Westlich des Ödenhofwegs nimmt die Einzelhandels- und Dienstleistungsdichte entlang der Ruhesteinstraße rapide ab; außer einzelner Betriebe in einiger Ent- fernung sind lediglich reine Wohnnutzungen zu verzeichnen so wie Freiflächen.

Karte 7: Vorschlag zur Ist-Abgrenzung des Ortsteilzentrums Mitteltal

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

4.5.3 Beurteilung des Einzelhandelsangebotes im Ortsteilzentrum Mitteltal Im Ortsteilzentrum Mitteltal befanden sich zum Befragungszeitpunkt 11 der insgesamt 103 Einzelhandelsbetriebe der Gemeinde Baiersbronn; d.h. rd. 11% der in Baiersbronn insgesamt ansässigen Betriebe sind innerhalb des Ortsteilzentrum Mitteltal lokalisiert. Diese Betriebe vereinen eine Verkaufsfläche von nur rd. 785 qm, was einem Anteil von lediglich rd. 5% der Gesamtverkaufsfläche von Baiersbronn entspricht. Bezogen auf die gesamtstädtischen Einzelhandelsstrukturen verzeichnet das Ortsteilzentrum Mitteltal somit ein sehr kleinteiliges Angebot. Der

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Umsatz des Einzelhandels im Ortsteilzentrum Mitteltal beträgt insgesamt rd. 5,5 Mio. € bzw. rd. 7% des gesamtstädtischen Umsatzes. Damit verzeichnen die hier angesiedelten Betriebe in der Summe eine überdurchschnittliche Flächenleistung.

Der Angebotsschwerpunkt des Ortsteilzentrums Mitteltal liegt im mittelfristigen Be- darfsbereich, insbesondere bei den Sortimenten Schuhe/ Zubehör und Sportartikel. Dies ist auf das in Mitteltal ansässige, vergleichsweise große Sportgeschäft zurück- zuführen. Des Weiteren ist ein Schwerpunkt im Bereich Nahrungs-/ Genussmittel und Lebensmittelhandwerk vorhanden.

4.5.4 Städtebaulich-funktionale Stärken-Schwächen-Analyse Wie in Kap. 4.4.4 für den zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum geschehen, werden im Folgenden die funktionalen und insbesondere die städtebaulichen Stär- ken und Schwächen des Ortsteilzentrum Mitteltal dargestellt.

Stärken Das Ortsteilzentrum Mitteltal zeichnet sich durch eine kleinteilige Einzelhandels- struktur von ausschließlich inhabergeführten Betrieben aus. Die Schwerpunkte lie- gen dabei im Bereich der zentrenprägenden Sortimente Bekleidung und Schuhe so- wie Sportartikel, bedingt durch ein im Vergleich zu den übrigen Betrieben großes Sportgeschäft. Die übrige Verkaufsfläche entfällt hauptsächlich auf das Sortiment Nahrungs-/ Genussmittel, bedingt durch einen Bäcker, einen Metzger und zwei kleinflächige Lebensmittel-SB-Geschäfte.

Die Qualität und das Preisniveau des Einzelhandelsangebotes im Ortsteilzentrum Mitteltal sind insgesamt betrachtet durchschnittlich. Die Ladengestaltung und Wa- renpräsentation ist i.d.R. sehr ansprechend. Die Gestaltung des Straßenraumes, der Gebäudefassaden sowie die Begrünung der Seitenstreifen sind durchweg gelungen und neuwertig. Darüber hinaus weist sie einen guten Pflegezustand auf.

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Foto 9: Gestaltung Straßenraum Foto 10: Begrünung

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

Publikumsorientierte Dienstleistungsbetriebe, z.B. ein Geldinstitut, eine Poststelle und öffentliche Einrichtungen, wie eine Bibliothek, runden die Angebotsstruktur im Ortsteilzentrum ab. Einzelne Gastronomiebetriebe mit außengastronomischen Anla- gen tragen zur Aufenthaltsqualität bei. Hinzu kommen öffentliche Sitz- und Aufent- haltsmöglichkeiten.

Foto 11: Außengastronomie Foto 12: Sitzgelegenheiten

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

Ein Fußgängerüberweg ermöglicht den Passanten die Querung der Ruhesteinstraße, die jedoch wenig vom Verkehr frequentiert ist.

Es stehen einige Parkmöglichkeiten im Ortsteilzentrum und direkt daran angrenzend zur Verfügung. Vor einer Vielzahl der ansässigen Betriebe ist das Parken möglich, darüber hinaus gibt es direkt angrenzend an das Ortsteilzentrum einen großen

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stark frequentierten Parkplatz, der auch von Touristen genutzt wird, die von Mit- teltal aus eine Wanderung beginnen. Eine Touristeninformation befindet sich ebenfalls innerhalb des Ortsteilzentrums Mitteltal und stellt eine weitere Frequenz- bringerfunktion dar.

Foto 13: integrierte Parkplätze Foto 14: Touristeninformation

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

Gemäß den Ergebnissen der Einzelhändlerbefragung gibt es in Mitteltal ein großes Engagement der Immobilieneigentümer, welche den Straßenraum, die Fassaden, die Straßenraumbegrünung sowie die Grünflächen instand halten und aufwerten.

Schwächen Im Ortsteilzentrum Mitteltal ist nur ein geringer Einzelhandelsbesatz vorhanden. Eine Einzelhandelsdichte ist ebenfalls nur auf wenigen Metern gegeben. Dies spie- gelt sich ebenfalls durch die geringe Größe des zentralen Bereiches wieder.

Zwar sind Nahversorgungsbetriebe wie Bäcker und Metzger vorhanden, das Angebot ist jedoch nicht so groß, um eine ausreichende tägliche Versorgung zu gewährleis- ten. Darüber hinaus gibt es auch in anderen Bereichen große Sortimentslücken, was zu dem geringen und sehr unvollständigen Einzelhandelsangebot führt.

Innerhalb des Ortsteilzentrums Mitteltal gab es zum Erhebungszeitpunkt im Mai 2014 eine sehr hohe Leerstandsquote von rd. 27% zu verzeichnen. Insbesondere der Leerstand Ruhesteinstraße Nr. 304 ist sehr auffällig und dominant. Hinzu kommen drei weitere Leerstände entlang der Ruhesteinstraße und ein Leerstand außerhalb

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des abgegrenzten Bereichs in der Ellbachstraße. Alle Leerstände weisen nur eine geringe Verkaufsflächengrößen auf und weisen auch sonstige ungünstige Merkmale bzgl. einer handelsbezogenen Wiedervermietung auf (z.B. Treppen).

Foto 15: Leerstand Ruhesteinstraße 304 Foto 16: Leerstand Ruhesteinstraße

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

Zwar gibt es, wie oben bei den Stärken beschrieben, einige Parkmöglichkeiten im Ortsteilzentrum Mitteltal, nach Angaben der Einzelhändler werden diese jedoch häufig den ganzen Tag über von Touristen besetzt, welche nicht zum Einkaufen nach Mitteltal kommen, so dass potenzielle Kunden Schwierigkeiten haben, einen Stell- platz zu finden.

Foto 17: stark frequentierter Parkplatz an der Foto 18: geringe Frequenz Ruhesteinstraße

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

Insgesamt ist im Ortsteilzentrum Mitteltal nur eine sehr geringe Frequenz festzu- stellen. Diese ist sehr stark davon abhängig, wie viele Touristen sich in Mitteltal

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aufhalten. Auffällig ist auch, dass die Ladenöffnungszeiten der einzelnen Geschäfte innerhalb des Ortsteilzentrums sehr variieren.

4.6 NAHVERSORGUNGSZENTRUM KLOSTERREICHENBACH

Das Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach erstreckt sich entlang der Murgtal- straße im Ortsteil Klosterreichenbach. Das Nahversorgungszentrum liegt rd. 3 km vom zentralen Versorgungsbereich Baiersbronn entfernt und weist nahezu aus- schließlich Einzelhandelsangebote aus dem kurzfristigen Bereich auf. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem Sortiment Nahrungs-/ Genussmittel, was insbesondere auf den dort ansässigen Discounter zurückzuführen ist. Weitere Betriebe sind u.a. zwei Metzger, ein Bäcker, eine Apotheke und ein Blumengeschäft; hinzu kommt ein Fahrradfachgeschäft. Ergänzt wird das Einzelhandelsangebot durch eine Vielzahl von publikumsorientierten Dienstleistungen, wie einem Friseur, Geldinstitute, Gast- ronomie, medizinische Angebote und ein Kindergarten.

Karte 8: Vorschlag Ist-Abgrenzung Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

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Insgesamt weist das Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach Angebotsstrukturen auf, die zur Deckung des täglichen bzw. wöchentlichen Bedarfs geeignet sind. Das Nahversorgungszentrum ist mittels einer S-Bahnhaltestelle, welche unmittelbar am Zentrum gelegen ist, in den Öffentlichen Personennahverkehr eingebunden. Insge- samt weist das Nahversorgungszentrum eine ansprechende Gestaltung des Straßen- raums, der Fassaden und Grünflächen auf. Einzelne Aufenthalts- und Sitzgelegen- heiten sowie die gastronomischen Betriebe tragen zur guten Aufenthaltsqualität bei. Das zentral im Nahversorgungszentrum gelegene Kloster stellt einen Anzie- hungspunkt dar und trägt zur Förderung der Identität von Ortsteil und Nahversor- gungszentrum bei.

Foto 19: nahversorgungsrelevantes Angebot Foto 20: gepflegter Straßenraum

Quelle: eigenes Foto, Mai 2014 Quelle: eigenes Foto, Mai 2014

Demgegenüber weist das Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach auch Schwä- chen auf. Es ist durch eine geringe funktionale wie bauliche Dichte geprägt. Der pa- rallel zur Murgtalstraße gelegene neue Kurgarten ist städtebaulich kaum in den zentralen Bereich eingebunden. Querungsmöglichkeiten für Fußgänger bzw. eine fußläufige Einbindung des etwas zurückgesetzt gelegenen Discounter sind kaum gegeben. Einige zum Teil sehr dominante Leerstände prägen das Straßenbild des Nahversorgungszentrums. Beispielsweise befindet sich an exponierter Stelle mitten im Zentrum ein leerstehendes, brachliegendes ehemaliges Hotel.

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4.7 EH-KONZENTRATION REICHENBACHER HÖFE

Die EH-Konzentration Reichenbacher Höfe liegt rd. 150 Meter Luftlinie vom ZVB Ort- szentrum Baiersbronn entfernt. Hierbei handelt es sich um einen nicht integrierten Standort, welcher hauptsächlich von Gewerbebetrieben und Freiflächen geprägt ist. Er liegt zwischen dem Kernort Baiersbronn und dem Wohnbezirk Reichenbacher Höfe, welcher zur Ortschaft Klosterreichenbach gehört, und erstreckt sich zwischen der Murgtalstraße und der Tonbachstraße. Innerhalb des Gewerbegebiets befinden sich mit rd. 75 % der dortigen Verkaufsfläche fast ausschließlich großflächige Be- triebe des kurzfristigen Bedarfsbereichs mit dem Schwerpunkt im Bereich Nah- rungs-/ Genussmittel (knapp 50% der Verkaufsfläche) sowie Drogeriewaren. In Karte 9 ist zu erkennen, dass die Einzelhandelskonzentration Reichenbacher Höfe nach dem zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum die größte Einzelhandelskonzentra- tion innerhalb von Baiersbronn ist. Die Sortimente des mittel- und langfristigen Be- darfs sind z.T. Randsortimente der Lebensmittelbetriebe und des Drogeriemarktes. Innerhalb des Standortes befinden sich keine ergänzenden Dienstleistungsbetriebe.

Karte 9: Bedeutende Einzelhandelskonzentrationen in Baiersbronn

Verkaufsfläche in qm

5.000

NVZ Klosterreichenbach 2.500

1.000 500 GE Reichenbacher Höfe 0 langfr. Nahrung/ OZ Mitteltal Bedarf Genuss

mittelfr. kurzfr. Bedarf Bedarf ZVB Ortszentrum

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

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4.8 FAZIT

In der Gemeinde Baiersbronn existieren neben dem zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn drei weitere wichtige Einzelhandelskonzentrationen: das Ortsteilzentrum Mitteltal, das Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach sowie die Einzelhandelskonzentration im Gewerbegebiet Reichenbacher Höfe. Dabei stellt der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum sowohl bezogen auf die Anzahl der Betriebe als auch auf die Gesamtverkaufsfläche die größte Einzelhandelskonzentration dar, der Hauptanteil der Verkaufsfläche entfällt auf Sortimente der mittelfristigen Bedarfsstufe. Im Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach und dem Ortsteilzentrum Mitteltal befindet sich zwar jeweils nur ein relativ geringer Anteil der gesamtstädtischen Einzelhandelsbetriebe, sie weisen dennoch beide eine bauliche Zentrenstruktur mit ansprechendem dörflichen Charakter auf. Die Einzelhandelskonzentration Reichenbacher Höfe weist das größte Angebot an nahversorgungsrelevanten Sortimenten, insbesondere Nahrungs-/ Genussmittel, in Baiersbronn auf. Somit befindet sich der überwiegende Teil des Angebotes in diesem Sortimentsbereich, welcher entscheidend für die tägliche Versorgung ist und in fußläufiger Erreichbarkeit zu den Wohngebieten liegen sollte, in nicht integrierter Lage. Alle anderen Ortsteile spielen für den Einzelhandelsstandort Baierbronn keine Rolle und weisen z.T. nicht mal mehr Rudimente einer Nahversorgung auf.

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5. RAUMSTRUKTURELLE VERTEILUNG DES EINZELHANDELSANGEBOTES

Im Folgenden werden die bisher dargestellten Ergebnisse zur Einzelhandelssituation differenziert nach zentralem Versorgungsbereich Ortszentrum, Ortsteilzentrum Mitteltal, Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach, sonstigen integrierten Lagen und nicht integrierten Lagen dargestellt. (Begriffsdefinitionen siehe Glossar).

5.1 VERKAUFSFLÄCHEN- UND UMSATZANTEILE NACH STANDORTTYP

Mit rd. 34% entfällt die höchste Anzahl der Betriebe (35 Betriebe) auf den ZVB Bai- ersbronn. Dabei handelt es sich jedoch um kleinflächige Betriebe, da diese zusam- men nur rd. 20% der Gesamtverkaufsfläche in Baiersbronn aufweisen. Hingegen befindet sich mehr als die Hälfte der erfassten Verkaufsfläche (rd. 7.875 qm) in nicht integrierten Lagen. Ebenso wird knapp die Hälfte des gesamten Umsatzes in Baiersbronn in nicht integrierten Lagen erzielt (vgl. Abb. 5).

Abb. 5: Betriebe, Verkaufsflächen- und Umsatzanteile in Baiersbronn nach Lage

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Einzelhändlerbefragung Mai 2014; IfH; EHI; www.handelsdaten.de; Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

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Bei ausschließlicher Betrachtung von zentrenrelevanten Sortimenten stellt sich ein identisches Bild dar. Über 50% (7.155 qm) der Verkaufsfläche und 47% des Umsatzes der zentrenrelevanten Sortimente sind an nicht integrierten Standorten zu finden Bei Betrachtung der Einzelhandelsstruktur nach Standorttypen (vgl. Abb. 6) fällt auf, dass ein Großteil der Verkaufsfläche des gerade für die Nahversorgung wichtigen Sortimentes Nahrungs-/ Genussmittel an nicht integrierten Standorten zu finden ist. Im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn entfällt ein sehr ge- ringer Anteil der Verkaufsfläche auf dieses Sortiment.

In allen drei Bedarfsbereichen (kurz-, mittel- und langfristig) ist der Hauptteil der Verkaufsfläche in nicht integrierten Lagen zu finden. Jedoch ist auch abzulesen, dass mit rd. 545 qm (rd. 25%) ein großer Anteil der Verkaufsfläche des für Innenstädte und Ortszentren typischen mittelfristigen Bedarfsbereichs im ZVB Ortszentrum vor- handen ist. Besonders hervor sticht allerdings, dass rd. 3.685 qm Verkaufsfläche (rd. 60%) im Sortiment Nahrungs-/ Genussmittel in der Gemeinde Baiersbronn an nicht intergierten Standorten gelegen ist.

Deutlich wird auch, wie bereits bei der Betrachtung der Bindungsquote in Kapi- tel 3.2.1 festgestellt, dass in der gesamten Gemeinde Baiersbronn das Angebot im langfristigen Bedarfsbereich sehr gering ausgeprägt ist (rd. 1.765 qm). Lediglich rd. 11% der Verkaufsfläche in Baiersbronn entfällt auf diese Sortimentsgruppe. Der höchste Anteil (rd. 43%) davon fällt, wie auch anderer Orts üblich, auf nicht inte- grierte Lagen.

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Abb. 6: Einzelhandelsstruktur nach Standorttypen

Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014, eigene Berechnung

5.2 BEURTEILUNG DES LEBENSMITTELANGEBOTES HINSICHTLICH DER RÄUMLICHEN NAHVERSORGUNGSSITUATION

Es wurde bereits festgestellt, dass im für die Nahversorgung besonders bedeutsa- men Sortiment Nahrungs-/ Genussmittel der Einzelhandel der Gemeinde Baiersbronn bei einer Bindungsquote von rd. 115% mehr als eine rechnerische Vollversorgung für die Bevölkerung leistet (vgl. Kap.3.2.1).

Neben dem quantitativen Aspekt, wie er in den Bindungsquoten zum Ausdruck kommt, ist für die Beurteilung des Einzelhandelsangebotes jedoch, insbesondere im kurzfristigen Bedarfsbereich, auch die Frage nach dessen räumlicher Verteilung von Bedeutung.

Wie bereits bei der Betrachtung der Verkaufsfläche nach Standorttypen (vgl. Kap. 5.1) deutlich geworden ist, befinden sich rd. 61% Verkaufsfläche des Sortiments Nahrungs-/ Genussmittel an nicht integrierten Standorten.

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Im Folgenden wird daher der Frage nachgegangen, welcher Teil der Einwohner in der Gemeinde Baiersbronn in der Lage ist, ein entsprechendes Angebot auch zu Fuß zu erreichen. Zur Verdeutlichung der Nahversorgungssituation im räumlichen Sinne sind daher in Karte 10 die in der Gemeinde Baiersbronn ansässigen Lebensmittelbetriebe darge- stellt.

Karte 10: Lebensmittel-/ Nahversorgungsangebot in Baiersbronn

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

Insgesamt können sechs Standorte von Lebensmittelbetrieben mit einem hinreichen- den Nahversorgungsangebot im Sortiment Nahrungs-/ Genussmittel und einer Ver- kaufsfläche von über 200 qm40 identifiziert werden. Ergänzend dazu sind vier Be- triebe mit einer Verkaufsfläche unter 200 qm vorhanden, die zusätzlich einen Bei- trag zur Nahversorgung der Bevölkerung leisten.

40 In der Regel kann erst bei Lebensmittelbetrieben ab einer Verkaufsfläche von 200 qm davon ausge- gangen werden, dass das vorhandene Angebot die nahversorgungsspezifischen Bedarfe ausreichend abdeckt. Es ist jedoch nicht generell auszuschließen, dass auch kleinere Lebensmittelbetriebe eine wichtige Nahversorgungsfunktion für (zumindest temporär) immobile Menschen besitzen.

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Um Betriebe mit einer Verkaufsfläche von weniger als 200 qm wurde ein gelber und um Betriebe mit einer Verkaufsfläche ab 200 qm wurde ein blauer Kreis mit einem Radius von je 500 Metern gezogen. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Bevölkerung, die in einer Entfer- nung von bis zu 500 Metern (Luftlinie) zu einem solchen Einzelhandelsbetrieb wohnt, sich durch diesen zu Fuß mit Lebensmitteln versorgen kann. Im konkreten Fall - erschweren topographische, infrastrukturelle und andere räumliche Aspekte die tat- sächliche Zugänglichkeit, so dass dieser Radius in Bezug auf die Fußläufigkeit schon als sehr weit angesehen werden muss.

Bewertung Aus der Karte ist abzulesen, dass sich selbst unter der Maßgabe des 500 m-Radius´ nur ein geringer Teil der Bevölkerung fußläufig versorgen kann. Dies ist insbeson- dere darauf zurück zu führen, dass ein großer Teil der Lebensmittelbetriebe im Be- reich des Gewerbegebiets Reichenbacher Höfe an der Grenze des Kernortes zum Ortsteil Reichenbacher Höfe angesiedelt wurde, welches nur teilweise oder sehr eingeschränkt fußläufig erreichbar ist.

An der Freudenstädter Straße, am Rande des Kernortes, wurde ein weiterer Nahver- sorgungsbetrieb (Discounter) angesiedelt, in dem sich die Bewohner des südlichen Teils des Kernortes sowie des Ortsteils Friedrichstal versorgen können. Auffällig ist, dass sich die gesamte Bevölkerung selbst im Kernort nicht fußläufig versorgen kann.

Lediglich im Ortsteil Klosterreichenbach (rd. 1.710 Einwohner) befindet sich ein weiterer Lebensmittelbetrieb (Discounter), über den sich die Einwohner dieses Ortsteils größtenteils fußläufig versorgen können.

Die übrigen Ortsteile, welche alle eine sehr geringe Einwohnerdichte aufweisen, verfügen allenfalls über eine rudimentäre Nahversorgung. So ist als besonders po- sitiv zu bewerten, dass in den Ortsteilen Obertal (rd. 1.330 Einwohner), Mitteltal (rd. 2.130 Einwohner) und Hutzenbach (rd. 735 Einwohner) noch kleine Lebensmit- telbetriebe (> 200 qm) vorhanden sind, die z.T. zu einer Grundversorgung beitragen können.

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In den Ortsteilen Tonbach (rd. 790 Einwohner), Friedrichstal (rd. 430 Einwohner), Röt (rd. 765 Einwohner), Schwarzenberg (rd. 320 Einwohner) und Schönmünz (rd. 150 Einwohner) sind keine Lebensmittelbetriebe vorhanden und mit wenigen Ausnahmen (Schönmünzach und Röt) auch keinerlei Betriebe, die in irgendeiner Form zur Nah- versorgung beitragen können.

Vor dem Hintergrund der Ausdehnung des Gemeindegebiets von Baiersbronn (rd. 189,7 qkm) sind die Entfernungen der einzelnen Ortsteile und Wohngebieten zu den vorhandenen Lebensmittelbetrieben besonders groß. Allerding ist auch die Ein- wohnerdichte in den überwiegenden Teilen des Gemeindegebietes sehr gering.

5.3 FAZIT

Die Betriebe zur Nahversorgung (Lebensmittelbetriebe) befinden sich in Baiers- bronn an sehr konzentrierten Punkten und an überwiegend nicht integrierten Lagen. Daher ist eine fußläufige Versorgung für einen großen Teil der Bevölkerung nicht möglich. In einem großen Teil der Gemeindefläche findet überhaupt keine Versor- gung der Bevölkerung durch Einzelhandelsangebote statt.

Eine flächendeckende fußläufige Nahversorgung ist in einem so strukturierten Ge- meindegebiet auch nicht zu erwarten, dennoch stellt dieser Mangel insbesondere vor dem Hintergrund der sich daraus ergebenden Mobilitätserfordernisse eine Her- ausforderung für die Zukunft dar.

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6. VORSCHLAG FÜR EINEN ZIELKATALOG

Das vorhandene Baurecht ermöglicht, auf Basis der Baunutzungsverordnung die Ein- zelhandelsentwicklung in Baiersbronn auf Grund städtebaulicher Zielsetzungen räumlich zu steuern41. Auch wenn der neue § 34 (3) BauGB die Problematik ungewoll- ter Entwicklungen in Innenbereichen reduziert, können die Kommunen dabei nur re- aktiv handeln. Für eine aktive Steuerung sind Bebauungspläne und die entsprechen- den Festsetzungen unerlässlich.

Voraussetzung für das Konzept zur räumlichen Lenkung des Einzelhandels bildet ein Zielsystem für die funktionale Entwicklung der Gemeinde Baiersbronn insgesamt und des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum. Dabei hat die Erfahrung mit der Erarbeitung zahlreicher Gutachten als Grundlage für Einzelhandelskonzepte für un- terschiedliche Städte und Gemeinden gezeigt, dass die Oberziele für die verschie- denen Kommunen weitgehend identisch sind.

Im Folgenden wird der Vorschlag für einen Zielkatalog vorgestellt, welcher der künftigen Einzelhandelsentwicklung in der Gemeinde Baiersbronn zugrunde gelegt werden sollte. Gleichzeitig dienen diese Zielvorschläge als Grundlage für das pla- nungsrechtliche Konzept.

Als vorrangiges Ziel wird aus gutachterlicher Sicht die Erhaltung und Stärkung der Einzelhandels- und Funktionsvielfalt im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum gesehen.

Erhaltung und Stärkung der Versorgungsfunktion der Gemeinde Baiersbronn als Unterzentrum Ein Ziel zur weiteren Einzelhandelsentwicklung in Baiersbronn liegt in der Erhal- tung und Stärkung der durch den Regionalverband Nordschwarzwald zugewiesenen unterzentralen Versorgungsfunktion für das gesamte Gemeindegebiete Baiers- bronns. Die Gemeinde Baiersbronn nimmt seine Funktion als Unterzentrum im Be- reich des Einzelhandels derzeit in einigen Sortimenten bereits wahr, wie die ent- sprechenden Bindungsquoten von rd. 100% und mehr belegen. Im kurzfristigen Be-

41 Vgl. dazu zusammenfassend Acocella, 2004, a.a.O., S. 56ff.

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darfsbereich nimmt Baiersbronn in den Sortimenten Nahrungs-/ Genussmittel, Le- bensmittelhandwerk und Drogerie/ Parfümerie z. T. auch Versorgungsfunktionen für sein Umland wahr. Zusätzlich sind in den Sortimenten des mittelfristigen Bedarfs Bekleidung und Zubehör sowie Sport/ Freizeit per Saldo Kaufkraftzuflüsse von au- ßerhalb der Gemeinde Baiersbronn zu verzeichnen. Dies ist auch darauf zurück zu führen, dass ein hoher Anteil an Kunden im Einzelhandel in Baiersbronn Touristen oder Tagesgäste sind (vgl. Kap. 3.1.1).

Auf Grund der räumlichen Wettbewerbssituation, in der sich der Einzelhandel der Gemeinde Baiersbronn befindet (z.B. mit Freudenstadt und Karlsruhe) erscheint eine Steigerung der Bindungsquoten nur in geringem Maße möglich. Der Schwerpunkt der Entwicklung im Einzelhandel sollte somit auf der Erhaltung der Versorgungsfunktion von Baiersbronn für das eigene Gemeindegebiet und die darin lebende Bevölkerung liegen. Damit einhergeht, dass das Potenzial welches durch Touristen entsteht nach- rangig behandelt werden sollte um eine Unabhängigkeit von Schwankungen in den Übernachtungszahlen zu erreichen. Da diese sehr stark Abhängig sind von Faktoren (Klima, Reiseverhalten etc.) die nicht oder nur teilweise durch das Handeln der Ge- meinde beeinfluss bar sind.

Erhaltung und Stärkung der Einzelhandels-/ Funktionsvielfalt des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Wesentliches Ziel stellt die Erhaltung und Stärkung des Einzelhandels sowie der Vielfalt an Funktionen - Einzelhandel, Dienstleistungen, Gastronomie, Kultur und Wohnen - im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum dar.

Der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum zeichnet sich - bezogen auf den Einzelhandel - dadurch aus, dass lediglich inhabergeführte Geschäfte ansässig sind. In mehreren nahversorgungs- und sonstigen zentrenrelevanten Sortimenten ist je- doch kein bzw. nur ein geringes Angebot zu verzeichnen, u.a. in den Sortimenten Nahrungs-/ Genussmittel, Drogerie/ Parfümerie und Medien. Ziel der künftigen An- siedlungspolitikt sollte der Ausbau des zentrenrelvanten Angebotes innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum sein.

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Das Ziel der Erhaltung und Stärkung der Einzelhandelsvielfalt des zentralen Versor- gungsbereiches erfordert in hohem Maße ein konzeptionelles, transparentes und stringentes Vorgehen seitens Verwaltung und Politik bei Ansiedlungsentscheidun- gen. Zudem sollte die Ansiedlung zentrenrelevanter Sortimente des mittel- und langfristigen Bedarfsbereiches vor dem Hintergrund der derzeitigen Angebots- strukturen (vgl. Kap. 5.1) innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches erfolgen. Dies gilt insbesondere auch für zusätzliche Angebote nahversorgungsrelevanter Sortimente, sofern diese nicht an sonstigen integrierten Standorten ausschließlich der Gebietsversorgung dienen.

Erhaltung und Stärkung der Identität des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum Die unverwechselbare Identität eines Ortszentrums bzw. eines zentralen Versor- gungsbereiches wird durch verschiedene Faktoren (Einzelhandels- und Dienstleis- tungsmix, Architektur etc.) geprägt, dies ist im zentralen Versorgungsbereich Orts- zentrum Baiersbronn nur teilweise gegeben und es gilt dies auszubauen und zu stärken. Im Hinblick auf den Wettbewerb, in dem sich der Einzelhandel des zentra- len Versorgungsbereiches von Baiersbronn befindet, ist die Entwicklung bzw. Stär- kung eines klaren Profils von wesentlicher Bedeutung. Das äußere Erscheinungsbild - Städtebau und Architektur - von zentralen Versorgungsbereichen gewinnt ange- sichts der stetig zunehmenden Filialisierung im Handel und der damit verbundenen Uniformität der Waren- bzw. Geschäftspräsentation an Gewicht. In diesem Punkt kann sich der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn von einer Viel- zahl anderer Ort abgrenzen. Daher sind die städtebaulich-funktionalen Entwicklun- gen auf den zentralen Bereich zu konzentrieren, um das Angebot an inhabergeführ- ten Fachgeschäften auch durch eine ansprechende städtebauliche und bauliche (Sa- nierung/ Modernisierung von Gebäuden und Fassaden) Gestaltung zu unterstreichen. Der zentrale Bereich weist eine gewisse Gestaltungsintensität in Form von Bepflan- zung und Begrünung auf, jedoch bedarf es insbesondere einer Neugestaltung des öffentlichen Raums. Der zentrale Versorgungsbereich verfügt darüber hinaus am nördlichen Eingangsbereich über deutliche städtebauliche Defizite, die ebenfalls behoben werden sollten (vgl. Kap. 4.4.4).

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Erhaltung und Stärkung der gesamtstädtischen Nahversorgungsstrukturen Insbesondere im Bereich Nahrungs-/ Genussmittel soll eine wohnungsnahe Versor- gung ermöglicht werden. Baiersbronn weist rein quantitativ betrachtet, insbesondere bezogen auf das für die Nahversorgung wesentliche Sortiment Nahrungs-/ Genussmittel, ein gutes Grundversorgungsangebot auf. Räumlich betrachtet befindet sich dieses Angebot je- doch überwiegend an nicht integrierten Standorten und zudem räumlich kon- zentriert (vgl. Kap. 5.2). Der Schwerpunkt sollte daher auf die Erhaltung und Ausbau der bestehenden fußläufigen Nahversorgungsstrukturen gelegt werden. Dabei sollte ein besonderes Augenmerk auf die Erhaltung des Angebotes in den Ortsteilen Klos- terreichenbach, Obertal, Mitteltal und Hutzenbach gelegt werden. Da diese heute ei- nen großen Beitrag zur fußläufigen Grundversorgung beitragen. Vor allem gilt dies aber auch hinsichtlich des Lebensmittelangebotes im zentralen Versorgungsbereich. Dort fehlende Lebensmittelbetriebe die von hoher Bedeutung für die Grund-/ Nah- versorgung der Ortskernbevölkerung wären. Darüber hinaus würden solche Betriebe eine Frequenzbringerfunktion für das Ortszentrum einnehmen.

Weiterhin sollte es Ziel sein, die Nah-/ Grundversorgung in den Ortsteilen mit ver- gleichsweise geringen Einwohnerzahlen Tonbach, Friedrichstal, Röt, Schwarzenberg und Schönmünz - zu erhalten bzw. zu stärken. Auf Grund der niedrigen Einwohner- zahl sind dabei alternative Nahversorgungsmöglichkeiten - z.B. Lebensmittelhand- werksbetriebe mit erweitertem Nahrungs-/ Genussmittelangebot, Bring-/ Fahr- dienste - zu berücksichtigen bzw. zu stärken.

Schaffung von Investitionssicherheit (nicht Renditesicherheit) insgesamt Jede potenzielle Investition ist in erheblichem Ausmaß von den Rahmenbedingungen abhängig, die zumindest teilweise von der jeweiligen Gemeinde geschaffen werden können. Dabei werden Investitionen wahrscheinlicher, wenn (politische) Risiken "ungerechtfertigter Wettbewerbsvorteile" vermieden werden, z.B. kostengünstige Errichtung von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevantem Hauptsortiment in großen und architektonisch einfachen Gebäuden sowie mit ausgedehnten Stellplatz- flächen an peripheren Standorten. Jedoch kann (und soll) keine Renditesicherheit erreicht werden: Im wettbewerblichen Wirtschaftssystem bleibt jede Investition mit unternehmerischen Risiken verbunden.

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Wenn also mit einem Einzelhandelskonzept ein Schutz zentraler Versorgungsberei- che assoziiert wird, so nur in dem Sinne, dass diese vor "unfairem Wettbewerb" ge- schützt werden sollen. Ansonsten hat das Planungsrecht wettbewerbsneutral zu sein. Eng damit verbunden ist die Entscheidungssicherheit für städtebaulich erwünschte Investitionen seitens der Gebäude-/ Ladeneigentümer (z.B. Gebäudesanierung). Zur Förderung solcher Investitionen ist ebenfalls ein verlässlicher Rahmen erforderlich.

Sicherung von Gewerbegebieten für Handwerk und produzierendes Gewerbe Ein weiteres wichtiges Ziel ist es, die mit Hilfe des Baurechts geschaffenen Gewer- begebiete der eigentlichen Zielgruppe, nämlich dem Handwerk und dem produzie- renden Gewerbe, vorzuhalten. Die Standortentscheidungen bestehender Betriebe hinsichtlich einer Erweiterung oder sonstiger Investition hängen in hohem Maße von den Perspektiven flächenbezogener Entwicklungsoptionen ab. Für Neuansiedlun- gen von produzierendem Gewerbe und Handwerk ist es wichtig, möglichst zeitnah und kostengünstig Flächen zu bekommen, die auch räumliche Entwicklungsoptionen enthalten.

Insofern ist der Bodenpreis ein Faktor, der dazu führen kann, dass am Markt be- findliche Gewerbeflächen für potenzielle Nutzer des produzierenden Gewerbes und des Handwerks faktisch nicht zur Verfügung stehen: Diese können i.d.R. nicht mit den preislichen Angeboten des Einzelhandels für Grundstücke konkurrieren. Dies bedeutet auch, dass einmal mit Einzelhandel belegte Gewerbeflächen auf Grund der dann seitens der Eigentümer bestehenden Miet- bzw. Bodenpreisvorstellungen nur schwer für produzierendes Gewerbe und Handwerk zur Verfügung gestellt werden (können).

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7. PROGNOSE DES VERKAUFSFLÄCHENENTWICKLUNGSSPIELRAUMES

Das auf dem vorliegenden Gutachten basierende Einzelhandelskonzept soll die Basis für eine mittel- bis langfristige städtebaulich-funktionale Entwicklungskonzeption für den Einzelhandel in der Gemeinde Baiersbronn darstellen: Die zukünftige Entwicklungs- und Funktionsfähigkeit des Ortszentrums hängt auch davon ab, ob, wie und wo weitere Einzelhandelsflächen angesiedelt werden. Es ist deshalb notwendig, neben der Beschreibung der Ist-Situation, mögliche quantitative und räumliche Entwicklungsperspektiven aufzuzeigen. Zur Quantifizierung des Entwicklungsspielraumes wurde daher eine Verkaufsflächenprognose durchgeführt. Räumliche Entwicklungsperspektiven werden in Kap. 8.3 beschrieben.

Grundlage für das Einzelhandelskonzept sind die in Kap. 6 dargestellten Ziele, die mit einem solchen Konzept erreicht werden sollen.

7.1 METHODISCHES VORGEHEN

In diesem Kapitel wird die Methodik der Verkaufsflächenprognose dargelegt. Darin sind auch die auf die Gemeinde Baiersbronn bezogenen grundlegenden Annahmen enthalten.

Wesentliche Bestimmungsgründe der Verkaufsflächenprognose sind die Bevölkerungs- und Kaufkraftentwicklung. Für die Ermittlung der branchenspezifischen Potenziale waren die allgemeinen, branchenbezogenen Trends im Einzelhandel zu berücksichtigen. Diese basieren u.a. auf den absehbaren Trends der Einzelhandelsentwicklung, der Veränderung der Bevölkerungsstruktur und dem erreichten Ausstattungsgrad der Bevölkerung mit einzelnen Gütern42.

Neben diesen nachfrageseitigen Determinanten sind allgemeine Entwicklungstrends im Einzelhandel sowie angebotsseitige Veränderungen zu berücksichtigen. Dafür ist entscheidend, ob und inwieweit die Position der Gemeinde Baiersbronn im Hinblick auf ihr Einzelhandelsangebot gehalten bzw. gestärkt werden kann. Diese Positionie- rung der Gemeinde Baiersbronn wiederum ist - zumindest teilweise - auch von der künftigen räumlichen Entwicklung abhängig.

42 Vgl. z.B. Statistisches Bundesamt: Ausstattungsgrad privater Haushalte mit ausgewählten Gebrauchs- gütern.

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Der Entwicklungsspielraum wurde aus diesen ökonomischen Berechnungen abgelei- tet. Die städtebaulich und funktional sinnvolle räumliche Verteilung dieser zusätzli- chen Verkaufsflächen hängt einerseits von den Zielen und Grundsätzen des Einzelhandelskonzeptes (vgl. Kap. 6 und Kap. 8.2) und andererseits von den verfüg- baren Flächen (vgl. Kap. 8.3) ab. Der abgeleitete quantitative Entwicklungsspielraum ist einer räumlichen Steuerung zugänglich: Es ist eher die Ausnahme, dass in einer stagnierenden Situation Verbes- serungen in der Handelsstruktur erreicht werden können, da der Bestand kaum zu lenken ist43.

Zur Darstellung der Prozesshaftigkeit der Entwicklungen wurden zwei Prognose- horizonte ausgewählt: Eine kurzfristige Perspektive bis zum Jahr 2020, deren Er- gebnisse weitgehend als aktueller Bedarf angesehen werden können, sowie eine mittel- bis langfristige Prognose bis zum Jahr 2025. Wegen der Unsicherheiten, mit denen Prognosen behaftet sind, wurden eine obere und eine untere Variante erarbeitet, sodass sich als Prognoseergebnis ein Entwicklungskorridor ergibt, der die Prognoseunsicherheiten reduziert (vgl. Kap. 7). Damit haben zu treffende Entscheidungen zugleich eine sicherere Grundlage. Um die Gefahren nicht prognostizierbarer Einbrüche aufzuzeigen, wurden verschie- dene Szenarien zugrunde gelegt (Kap. 7.1.2).

Da Apotheken und Lebensmittelhandwerk hinsichtlich ihrer Umsatz- und Verkaufs- flächenentwicklung anderen Gesetzmäßigkeiten folgen, beschränkt sich die Prognose auf den Einzelhandel i.e.S.44.

7.1.1 Annahmen zur Entwicklung der Nachfrage

Als Hintergrund für die Entwicklung der Nachfrageseite ist die bisherige Einwohner- entwicklung von Bedeutung (vgl. Abb. 7). Diese ist seit 1993 von einem deutlichen Rückgang der Einwohnerzahl geprägt.

43 Ausnahmen hiervon sind allenfalls durch eine freiwillige bzw. seitens der Verwaltung aktive Um- siedlung bestehender Einzelhandelsbetriebe möglich, wobei für den bisherigen Standort das Bau- recht entsprechend geändert werden müsste. 44 D.h. ohne Lebensmittelhandwerk, Kfz, Brenn-, Kraft- und Schmierstoffe sowie Apotheken.

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Als Grundlage für die künftige Einwohnerentwicklung wurde die Vorausberechnung des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg (mit Wanderungen, Basisjahr 2013) herangezogen.

In der folgenden Abbildung ist diese Entwicklung dargestellt. Danach ergibt sich ei- ne Stagnation der Bevölkerung bis zum Jahr 2025.

Abb. 7: Einwohnerentwicklung in Baiersbronn 1990 bis 2013 und prognostizierte Einwohnerent- wicklung bis 2025

2013 = 30.09.2013; ansonsten zum Jahresende bis 2010 Fortschreibung VZ 1987, seit 2011 Fortschreibung Zensus Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg

Es zeigt sich, dass die tatsächliche Entwicklung bis 2013 exakt so verlief wie ent- sprechend der Vorausberechnung des Statistischen Landesamtes, erwartet. Daher wurden die Werte des Statistischen Landesamtes als Grundlage herangezogen. Um zu berücksichtigen, dass mit zunehmender zeitlicher Entfernung die Unsicher- heiten von Prognosen zunehmen, wurde für das Jahr 2020 eine Schwankungsbreite von +/- 100 und für das Jahr 2025 eine Schwankungsbreite von +/- 150 unterstellt. Die Prognosewerte wurden auf 25 gerundet, um die Prognosegenauigkeit zu ver- deutlichen.

Im Jahr 2020 ist in der Gemeinde Baiersbronn demnach von 14.425 bis 14.625 Ein- wohnern und 2025 von 14.350 bis 14.650 Einwohnern auszugehen. Somit über den gesamten Betrachtungszeitraum gesehen, von einem Bevölkerungszuwachs von

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rd. 1% in der oberen Variante und einem Bevölkerungsrückgang von rd. -1% in der unteren Variante auszugehen. Zuwächse sind durch entsprechende Wohnungsbaumaßnahmen zu ermöglichen; die Entwicklung von Wohngebieten in der Gemeinde dient insofern zunächst der Ermög- lichung dieses Zuwachses. Erst wenn dieser Zuwachs und die voraussichtlich weiter zunehmende Wohnfläche je Einwohner erfüllt sind, kommt es durch neue Wohnge- biete zu einem darüber hinaus möglichen Einwohnerzuwachs.

Auch im Hinblick auf die andauernde Euro-/ Staatsschuldenkrise und deren Auswir- kungen ist es derzeit äußerst schwierig, verlässliche Prognosen über die künftige Einzelhandelsentwicklung abzugeben. Gleichzeitig ist zu berücksichtigen, dass auch in den vergangenen Jahren der Einzelhandel von gesamtwirtschaftlichen Zuwächsen nur teilweise profitieren konnte. Daher ist davon auszugehen, dass selbst bei fort- dauerndem gesamtwirtschaftlichem Wachstum und einer Steigerung der Konsumaus- gaben dem Einzelhandel allenfalls leichte Umsatzsteigerungen bevorstehen: Auch bei Zunahme des privaten Verbrauches kann der Anteil einzelhandelsrelevanter Ausga- ben weiter zurückgehen. Dabei muss zugleich berücksichtigt werden, dass die ein- zelnen Branchen von der Entwicklung in der Vergangenheit sehr unterschiedlich be- troffen waren: In einigen Branchen waren auch in den "mageren Jahren" reale Um- satzzuwächse zu verzeichnen.

Für die Kaufkraftentwicklung wurde vor diesem Hintergrund bis 2020 von einer Stagnation (untere Variante) bis zu einem maximalen jährlichen Zuwachs der einzel- handelsrelevanten Ausgaben je Einwohner um 0,5% (obere Variante) ausgegangen; für den übrigen Zeitraum bis zum Jahr 2025 wurde ebenfalls eine Stagnation bis zu maximal 1,0% Zuwachs pro Jahr unterstellt. Explizit ist darauf hinzuweisen, dass es sich bei diesen Werten um die Entwicklung des stationären Einzelhandels handelt; die zunehmende Bedeutung des Internets (die nicht zu überschätzen ist) ist damit bereits berücksichtigt. In Anbetracht der weitgehenden Stagnation im deutschen Einzelhandel seit 1993 ist insbesondere die obere Variante als Hoffnung anzusehen, dass dem Einzelhandel der "Ausbruch" aus dieser Entwicklung gelingen kann und er mithin an der konjunktu- rellen Entwicklung (wenn auch weiterhin unterdurchschnittlich) partizipieren kann. Da übereinstimmend von allen Instituten eine weitere Abnahme des Anteiles der Ausgaben im Einzelhandel an den Einkommen prognostiziert wird, sind die ge-

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troffenen Annahmen zur Entwicklung der einzelhandelsrelevanten Kaufkraft gleich- bedeutend mit der Unterstellung eines deutlich über diesen Werten liegenden ge- samtwirtschaftlichen Wachstums.

Die Annahmen zur Entwicklung der Nachfrageseite und das sich daraus ergebende einzelhandelsrelevante Kaufkraftpotenzial in der Gemeinde Baiersbronn sind in Tab. 2 als Übersicht dargestellt.

Tab. 2: Annahmen zu Nachfrageentwicklung und Kaufkraftpotenzial im Überblick Kaufkraftentwicklung untere Variante obere Variante Einwohner 2020 14.425 14.625 Einwohner 2025 14.350 14.650 Kaufkraftzuwachs 2014 – 2016 (p.a.) 0,0% 0,5% Kaufkraftzuwachs 2016 – 2025 (p.a.) 0,0% 1,0% Kaufkraftzuwachs 2014 - 2025 insgesamt 0,0% 10,5% Kaufkraft/ Einw. (Baiersbronn) 2014 5.007 € (ohne Lebensmittelhandwerk, Apotheken) Kaufkraft/ Einw. (Baiersbronn) 2020 5.007 € 5.263 € Kaufkraft/ Einw. (Baiersbronn) 2025 5.007 € 5.531 € Kaufkraftpotenzial Baiersbronn 2014 in Mio. € 72,6 Kaufkraftpotenzial Baiersbronn 2020 in Mio. € 72,2 77,0 Änderung gegenüber 2014 -0,5% 6,1% Kaufkraftpotenzial Baiersbronn 2025 in Mio. € 72 81 Änderung gegenüber 2014 -1% 12% Quelle: Statistisches Landesamt; IFH Köln (2014); eigene Berechnungen

Für die Ableitung des Kaufkraftpotenziales nach Sortimenten wurden vorhersehbare Verschiebungen in der Nachfragestruktur berücksichtigt. Dieses ist tabellarisch im Anhang dargestellt (vgl. Tab. A - 6).

7.1.2 Annahmen zur Entwicklung der Angebotsseite Es wird davon ausgegangen, dass Kaufkraftveränderungen zu veränderten Umsätzen führen und diese Umsatzveränderungen wiederum Auswirkungen auf die Verkaufs- flächenentwicklung haben45. Die Entwicklung ergibt sich somit aus dem zukünftigen

45 Dies bedeutet, dass die ermittelte Entwicklung aus einer Nachfragebetrachtung abgeleitet wird. Dass daneben auch angebotsseitig (z.B. durch Anstrengungen zur Vergrößerung des Einzugsberei- ches, wie dies bei der Ansiedlung eines Magnetbetriebes erreicht werden könnte) zusätzlicher Flä- chenzuwachs entstehen kann, sei hier bereits angemerkt.

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einzelhandelsrelevanten Kaufkraftpotenzial bzw. aus den Umsatzerwartungen im Einzelhandel zu den jeweiligen Prognosezeitpunkten.

Für die Ermittlung der aus dem Kaufkraftpotenzial abzuleitenden Flächenentwick- lung wurden zwei Prognoseszenarien berechnet. Ferner wurde zum Vergleich eine Status-quo-Prognose berechnet, die auch die Abhängigkeit der quantitativen Ent- wicklung vom Handeln in Baiersbronn aufzeigen soll. Die Status-quo-Prognose beschreibt eine Entwicklung anhand demografischer und wirtschaftlicher Faktoren unter Fortschreibung der bestehenden Rahmenbedingun- gen, d.h. die derzeit erreichten Bindungsquoten (vgl. Kap. 3.2.1) werden fort- geschrieben: Die Umsatzentwicklung folgt der Nachfrageentwicklung im gleichen Ausmaß. Dies bedeutet, dass zusätzliche Einwohner Kaufgewohnheiten wie die der- zeitigen Einwohner entwickeln. Diese Prognosevariante dient ausschließlich der Identifikation desjenigen Teiles des Entwicklungsspielraumes, der auf Bevölkerungs- und Kaufkraftentwicklung zu- rückzuführen ist. (Ohnehin ist diese Variante keinesfalls so zu verstehen, dass die entsprechende Entwicklung sozusagen "automatisch", ohne eigene Anstrengungen in Baiersbronn erreicht würde: Nichtstun ist gleichbedeutend mit einem relativen Zu- rückfallen, da andere nicht untätig sein werden. Auch das Halten der derzeitigen Kaufkraftbindung erfordert Anstrengungen.)

1. Die Entwicklungsprognose beschreibt eine Entwicklung anhand demografischer und wirtschaftlicher Faktoren unter Annahme gezielter Maßnahmen zur Einzelhan- delsentwicklung, durch die die Versorgungssituation in Baiersbronn in den Sorti- mentsbereichen gestärkt werden kann, in denen derzeit nur gering erscheinende Bindungsquoten erreicht werden. Dies bedeutet, dass Reaktionen des Angebotes auf "freie Nachfragepotenziale" angenommen werden.  In den Sortimenten des kurzfristigen Bedarfs sollte jede Gemeinde unabhängig von ihrer zentralörtlichen Funktion in der Lage sein, die eigenen Einwohner selbst zu versorgen. Die Bindungsquote in den Sortimenten Nahrungs-/ Genuss- mittel sowie Drogerie/ Parfümerie übersteigt bereits den Selbstversorgungs- wert, so dass hier keine Steigerung der Bindungsquote angenommen wird. Die übrigen Sortimente Papier, Büro, Schreibwaren und Blumen/ Zoo mit 92% bzw. 80% erreichen heute noch keinen Selbstversorgungswert, so dass hier von einer Steigerung der Bindungsquote auf 100% ausgegangen wird um eine Selbstver-

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sorgung der Gemeinde Baiersbronn zu erreichen.  Im mittel- und langfristigen Bedarf ist zu berücksichtigen, dass die Gemeinde Baiersbronn die Funktion eines Unterzentrums einnimmt und sich somit der zu versorgene Nahbereich lediglich auf die Gemeinde Baiersbronn erstreck. Daher wird als Zielbindungsquote für die Sortimente des mittel- und langfristigen Bedarfs der Selbstversorgungswert von 100% angenommen. In den Sortimenten in denen die Bindungsquote heute unter 15% liegt (Spielwaren, Medien, Bau- und Gartenmarktsortimente und Möbel) wird jedoch eine "Zielbindungsquote" von lediglich 30 bis 50% angenommen. Sowie bei Sortimenten deren Bindungs- quote heute weniger als 45% betragen, wurde eine "Zielbindungsquote" von 50 bis 60% angenommen, da das Erreichen einer Bindunsgquote von 100% für un- realistisch eingeschätzt wurde.

Abb. 8: Bindungsquoten in Baiersbronn nach Sortimenten im Ist-Zustand und für 2025 ange- setzte Mindestwerte für die Entwicklungsprognose

Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung, Mai 2014; IfH; EHI; www.handelsdaten.de; IFH Köln (2014); Statistisches Landesamt; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

Es wurde angenommen, dass die entsprechenden Steigerungen bis zum Jahr 2025 erreicht werden können; in den Sortimentsbereichen, in denen schon derzeit hö- here Bindungsquoten erreicht werden, wurde unterstellt, dass diese auch zukünf- tig gehalten werden können. Für die im Jahr 2025 zu erwartende Bindungsquote bedeuten die Änderungen, dass diese insgesamt von derzeit rd. 80% auf dann rd. 93% gesteigert würde. Abb. 8 zeigt die aktuell erreichten und die für das Jahr 2025 angesetzten Bindungsquoten bei einer Entwicklung entsprechend der Entwicklungsprognose.

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2. Die Wettbewerbsprognose beschreibt eine Entwicklung anhand demografischer und wirtschaftlicher Faktoren bei ebenfalls ergriffenen Maßnahmen zur Verbesse- rung der Einzelhandelsentwicklung, allerdings unter der Annahme ungünstiger, aber nicht vorhersehbarer Entwicklungen der externen Rahmenbedingungen (poli- tische Ereignisse, stärkerer Bedeutungszuwachs des Internet als unterstellt, Än- derungen in den Nachbargemeinden o.ä.). Dabei wurde von einem Umsatzrückgang um 10% gegenüber dem bei der Entwicklungsprognose erreichbaren Niveau aus- gegangen.

Bei sämtlichen voranstehend beschriebenen Prognosevarianten wurde angenommen, dass die Flächenleistungen lediglich bei positiverer wirtschaftlicher Entwicklung (obere Variante) in den kommenden Jahren wieder geringfügig ansteigen werden46. Bei der unteren Variante ist hingegen kein Anstieg der Flächenleistungen zu er- warten.

Im Hinblick auf die getroffenen Annahmen kann es dabei nicht ausschließliches Ziel sein, quantitativ Selbstversorgung bzw. eine bestimmte Quote zu erreichen. Viel- mehr lautet die Leitfrage nach Ermittlung des Entwicklungsspielraumes, wo vor dem

Hintergrund einer langfristigen Erhaltung und Steigerung der Attraktivität des Ortszentrums sowie der Sicherung und Entwicklung der Nahversorgung, insbesondere zentrenrelevanter Einzelhandel angesiedelt werden sollte (vgl. Kap. 8.2f.).

Einschränkend ist zu bemerken, dass die Bindungsquoten nur gehalten bzw. gestei- gert werden können, wenn eine hohe Identifikation mit Baiersbronn und insbeson- dere mit dem Ortszentrum, ein attraktives Angebot des Einzelhandels sowie eine insgesamt gute funktionale Mischung (auch hinsichtlich Dienstleistungen und Gastro- nomie) erreicht bzw. gehalten wird. Dies verdeutlicht die Abhängigkeit des Ent- wicklungsspielraumes vom Handeln in der Gemeinde.

46 Nach dem Rückgang der Flächenproduktivitäten in den vergangenen Jahren, ist zu erwarten, dass bei positiver wirtschaftlicher Entwicklung - vor einer Ausweitung der Flächen - zunächst die Produkti- vitäten steigen werden.

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7.2 PROGNOSEERGEBNISSE

7.2.1 Entwicklungsspielräume insgesamt Aus den branchendifferenzierten Kaufkraftprognosen und der sich daraus ergeben- den Umsatzentwicklung wurden, unter Berücksichtigung der Entwicklung der Flächen- produktivität, Verkaufsflächenpotenziale für die Gemeinde Baiersbronn prognos- tiziert.

Der Entwicklungsspielraum ergibt sich aus der Differenz von Potenzial und vorhandener Fläche und ist eine Netto-Größe47. Infolge  des in einem Sortimentsbereich (Uhren/ Schmuck) angenommenen Rückgangs der Kaufkraftbindung,  des bei der Wettbewerbsprognose in den meisten Sortimentsbereichen angenom- menen Rückgangs der Kaufkraftbindung,  der zu erwartenden Verschiebungen in der Nachfragestruktur sowie  der in der oberen Variante angenommenen Steigerung der Flächenleistungen können sich in einzelnen Sortimenten rechnerisch auch negative Werte ergeben. Hier wurde zunächst unterstellt, dass diese nicht zu tatsächlichen Flächenabgängen, sondern zu einer geringeren Steigerung bzw. einem Rückgang der Flächenleistung führen werden.

Der auf diese Weise abgeleitete Entwicklungsspielraum ist insofern wettbewerbs- neutral, als davon ausgegangen werden kann, dass der bestehende Einzelhandel bei einer über den Prognosezeitraum verteilten Realisierung der zusätzlichen Ver- kaufsflächen keine Einbußen erfahren muss: Er ist vorrangig auf nachfrageseitige Änderungen zurückzuführen.

Sofern bereits ein Angebot vorhanden ist kann dieser Spielraum auch für Geschäfts- erweiterungen genutzt werden. Insofern ist der sortimentsspezifische Spielraum nicht auf seine wirtschaftliche Tragfähigkeit hin zu prüfen.

47 In der Zwischenzeit, d.h. nach der Erhebung im Mai 2014, auftretende Abgänge von Flächen, die nicht weiter mit Einzelhandel belegt sind, ergeben einen darüber hinausgehenden (Brutto-)Entwick- lungsspielraum.

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Die Ergebnisse der Entwicklungs- und der Wettbewerbsprognose sind in Abb. 9 zu- sammengefasst dargestellt. Zur Verdeutlichung möglicher Abweichungen ist ergän- zend ein Entwicklungskorridor abgebildet.

Abb. 9: Verkaufsflächenentwicklungskorridor 2014 - 2025 Gesamtpotenzial (in qm)

Quelle: eigene Berechnung, Legendenerläuterung: uV (untere Variante), oV (obere Variante)

Unter den dargestellten Rahmenbedingungen ergibt sich bis zum Jahr 2020 für die Gemeinde Baiersbronn ein Entwicklungsspielraum von rd. 1.300 bis 3.075 qm (Ent- wicklungsprognose; vgl. Tab. A - 8 im Anhang). Bis zum Jahr 2025 erhöht sich die- ser Verkaufsflächenspielraum auf rd. 2.250 bis 5.900 qm. Dies entspräche im Ver- gleich zur derzeitigen Verkaufsfläche von etwa 14.950 qm (ohne Lebensmittelhand- werk und Apotheken) einer Steigerung um rd. 15 bis 39%. Auf das Jahr umgerechnet bedeutet dies einen Zuwachs von rd. 200 bis 535 qm. Diese Spannweite zeigt, welche Bedeutung die - zum größten Teil - außerhalb des Einflussbereiches der Gemeinde Baiersbronn liegenden Entwicklungen auf die po- tenzielle Flächenentwicklung haben. Wird dies mit dem Flächenspielraum der Status-quo-Prognose verglichen (rd. 50 bis 725 qm bis 2020 bzw. eine Stagnation der Verkaufsfläche bis zu rd. 1.375 qm bis 2025; vgl. Tab. A - 7 im Anhang), so zeigt sich, dass ein Großteil des Entwicklungs- spielraums auf die verbesserte Kaufkraftbindung zurückzuführen ist.

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Dies zeigt, welche Bedeutung die - zum größten Teil - im Einflussbereich der Ge- meinde Baiersbronn (einschließlich der Einzelhändler) liegenden Entwicklungen auf die potenzielle Flächenentwicklung haben.

Sollte der Einzelhandelsumsatz wegen nicht vorhersehbarer Entwicklungen der externen Rahmenbedingungen um 10% einbrechen (Wettbewerbsprognose), so re- duziert sich der Verkaufsflächenspielraum gegenüber der Entwicklungsprognose um gut 70% (obere Variante) bis rd. 80% (untere Variante) auf rd. 1.750 bis 4.025 qm bis 2025, sofern Umsatzrückgänge ohne Verkaufsflächenrückgänge hingenommen würden (vgl. Tab. A - 9 im Anhang)48. Gegenüber der aktuellen Gesamtverkaufsfläche stellt dies immerhin noch eine Steigerung um rd. 12 bis 27% dar. Dies verdeutlicht die Abhängigkeit des Einzelhandels in Baiersbronn von Faktoren, die nicht im Einflussbereich der Gemeinde selbst liegen.

Eine Ausweitung der Flächen über den prognostizierten Entwicklungsspielraum hin- aus ist nur dann ohne Verdrängung bestehenden Einzelhandels möglich, wenn diese die Attraktivität des Einzelhandels in der Gemeinde Baiersbronn derart erhöht, dass über die hier angenommenen künftigen Bindungsquoten hinaus weitere Kauf- kraft in die Gemeinde gezogen bzw. die örtliche Kaufkraft stärker an den Ort ge- bunden werden kann.

Zusammengefasst kann festgestellt werden, dass bei einer Entwicklung entsprechend der Entwicklungsprognose (eigentliche Prognose) von einem Entwicklungsspielraum von rd. 200 bis 535 qm pro Jahr auszugehen ist.

Sofern eine Entwicklung entsprechend der Wettbewerbsprognose erfolgen sollte, reduziert sich der jährliche Spielraum selbst bei Ergreifen von Maßnahmen zur Steigerung der Kaufkraftbindung auf nur noch rd. 150 bis 365 qm, wenn es bei ei- nem rechnerischen Verkaufsflächenrückgang nicht zu einem tatsächlichen Rückgang der Verkaufsfläche kommt. Würde hingegen ein rechnerischer Rückgang zur Hälfte zu einem tatsächlichen Verkaufsflächenrückgang führen, so reduziert sich der jährliche Entwicklungsspielraum auf rd. 100 bis 355 qm.

48 Käme es - entgegen den bisher getroffenen Annahmen - bei einem rechnerischen Rückgang des Ver- kaufsflächenpotenzials nicht nur zu einem Rückgang der Flächenleistung, sondern nur zur Hälfte zu einem solchen Rückgang, zur anderen Hälfte hingegen zu einem tatsächlichen Rückgang der Verkaufs- fläche, würde sich dieser Spielraum in der unteren Variante auf nur noch rd. 1.100 qm reduzieren (vgl. Tab. A - 10 im Anhang).

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Dies unterstreicht die Notwendigkeit, die räumliche Einzelhandelsentwick- lung konsequent an den Zielen auszurichten.

Das Ergebnis der Prognose ist lediglich ein Orientierungswert für die künftige Einzelhandelsentwicklung: Die abgeleiteten Werte stellen weder Ziele noch einen "Deckel" für die künftige Entwicklung des Einzelhandels dar. Außerdem erfordert die unterstellte Steigerung der Bindungsquoten bei der Entwicklungs- aber auch der Wettbewerbsprognose eine Änderung von Kaufkraftströmen; diese erfolgt in einem längerfristigen Prozess.

Darüber hinaus ist zu beachten, dass der prognostizierte Spielraum im Laufe von etwa einem Jahrzehnt entsteht und nicht in vollem Umfang zum jetzigen Zeitpunkt realisiert werden kann. Ansonsten entsteht die Gefahr, dass die damit verbundene zusätzliche Konkurrenz - entgegen den für die Prognose getroffenen Annahmen - auch zu einer Verdrängung bestehenden Einzelhandels führen könnte.

Allerdings bedeutet die Realisierung eines konkreten Projektes regelmäßig (ab ei- ner bestimmten Größe) auch eine angebotsseitige Änderung: Durch die damit zu- nehmende Attraktivität des Einzelhandels kann i.d.R. davon ausgegangen werden, dass auch die Kaufkraftzuflüsse nach Baiersbronn gesteigert werden. Entsprechend kann bei der Realisierung eines neuen Projektes nicht einfach die neu realisierte Verkaufsfläche vom prognostizierten Entwicklungsspielraum abgezogen werden.

7.2.2 Verkaufsflächenpotenziale nach Zentrenrelevanz: Räumliche Verteilung des nachfrageseitigen Entwicklungsspielraums

Die voranstehend dargestellten Gesamt-Prognosewerte sind nur bedingt von Inte- resse. Wesentlich bedeutsamer ist die Frage, an welchen Stellen die räumliche Rea- lisierung dieses Entwicklungsspielraumes erfolgen sollte (vgl. Kap. 8.2f.). Bei der räumlichen Verteilung des für Baiersbronn insgesamt ermittelten Entwick- lungsspielraumes sind insbesondere die Zielsetzungen einer Funktionsstärkung des Ortszentrums sowie der Erhaltung und Stärkung der Nahversorgung zu berücksichti- gen (vgl. Kap. 6). Entsprechend diesen Zielen sollte an nicht integrierten Standorten auch künftig kein zentrenrelevanter Einzelhandel (vgl. Kap. 8.2.1) mehr zugelassen werden.

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Um aufzuzeigen, für welche Standortbereiche der prognostizierte Flächenspielraum genutzt werden kann, ist im Folgenden dargestellt, wie sich der prognostizierte Entwicklungsspielraum überschlägig auf die nahversorgungsrelevanten Sortimente (kurzfristiger Bedarf), die sonstigen zentrenrelevanten Sortimente (mittelfristiger Bedarf und Teile des langfristigen Bedarfes) sowie auf die nicht zentrenrelevanten Sortimente verteilt.

Im Bereich der nahversorgungsrelevanten Sortimente ergibt sich bis 2020 ein Entwicklungsspielraum von maximal rd. 400 qm. Dieser erhöht sich über den gesam- ten Prognosezeitraum auf maximal rd. 800, wovon rd. 450 qm auf den Bereich Nah- rungs-/ Genussmittel entfallen49. Letzteres entspricht nicht einmal der Realisierung eines zusätzlichen Lebensmittelbetriebes.

Abb. 10: Potenzialkorridore in qm nach Zentrenrelevanz - nahversorgungsrelevante Sorti- mente

Quelle: eigene Berechnung, Legendenerläuterung: uV (untere Variante), oV (obere Variante)

Dieser Verkaufsflächenspielraum könnte lediglich zur Erweiterung bestehender Betriebe genutzt werden oder zur Schaffung eines kleinflächigen wohnortnahen Nahversorgungsangebotes. In jedem Fall bedarf es einer genauen Analyse poten- zieller Ansiedlungsstandorte/ Erweiterungen. Im Sortiment Drogerie/ Parfümerie

49 Bei einem Umsatzeinbruch entsprechend der Wettbewerbsprognose wäre im Bereich Nahrungs-/ Ge- nussmittel selbst bei einer Entwicklung entsprechend der oberen Variante kein Entwicklungsspiel- raum zu erwarten; in der unteren Variante besteht die Gefahr des Abschmelzens vorhandener Ange- bote (vgl. Tab. A - 10 sowie Tab. A - 8 im Anhang).

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lässt sich bei einem maximalen Entwicklungsspielraum von rd. 125 qm ebenfalls kein zusätzlicher Betrieb realisieren. Möglichkeiten zur Verbesserung der Nahversorgungssituation sind allenfalls gering und ausschließlich bei einer positiven Entwicklung entsprechend der oberen Vari- ante und nur dann, wenn es nicht zu einem unerwarteten Umsatzeinbruch kommt50. Bei einer Bindungsquote von rd. 110% im kurzfristigen Bedarfsbereich müssten darüber hinaus Nachbarkommunen auch in Zukunft hinnehmen, dass sie von Baiers- bronn, zu einem Teil mit versorgt werden. Umso wichtiger ist es, dass dieser geringe Spielraum möglichst wohnortnah reali- siert wird, so dass eine Verbesserung der Nahversorgungssituation (vgl. Kap. 5.2) erfolgen kann.

Im Bereich der sonstigen zentrenrelevanten Sortimente entsteht bis zum Jahr 2025 ein Entwicklungsspielraum von maximal rd. 1.800 qm (obere Variante der Ent- wicklungsprognose). Entsprechende Angebote sollten vorrangig im Ortszentrum un- tergebracht werden (vgl. Kap. 6).

Abb. 11: Potenzialkorridore in qm nach Zentrenrelevanz - sonstige zentrenrelevante Sorti- mente

Quelle: eigene Berechnung, Legendenerläuterung: uV (untere Variante), oV (obere Variante)

50 Nach der Wettbewerbsprognose ergibt sich nahezu kein Entwicklungsspielraum, sodass keine Ver- besserung der Nahversorgungssituation möglich ist.

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Wird dieser Entwicklungsspielraum mit der derzeitigen Verkaufsfläche des Ortsze- ntrums (rd. 3.225 qm) verglichen, so zeigt sich, dass die Frage nach der Ansiedlung und Unterbringung der Betriebe zu klären ist, um das Potenzial zur Stärkung des Ortszentrums von Baiersbronn zu nutzen. (Die Wettbewerbsprognose ergibt hinge- gen nur ein geringes Potenzial zur Stärkung des Ortszentrums)

Im Bereich der nicht zentrenrelevanten Sortimente (v.a. Möbel sowie bau-/ garten- marktspezifische Sortimente) ergibt sich bis zum Jahr 2025 ein Entwicklungsspiel- raum von rd. 1.275 qm (untere Variante der Wettbewerbsprognose) bis 3.300 qm (obere Variante der Entwicklungsprognose). Dies entspricht einem Anstieg der Ver- kaufsfläche in diesem Sortimentsbereich von bis zu 244%.

Bei diesem Teil des Entwicklungsspielraumes ist die räumliche Komponente von nach- geordneter Bedeutung, allerdings ist bei einer Ansiedlung außerhalb des zentralen

Versorgungsbereichees insbesondere an nicht integrierten Standorten auf die übli- cherweise angebotenen zentrenrelevanten Randsortimente zu achten (vgl. Kap. 8.2.2).

Abb. 12: Potenzialkorridore in qm nach Zentrenrelevanz - nicht zentrenrelevante Sortimente

Quelle: eigene Berechnung, Legendenerläuterung: uV (untere Variante), oV (obere Variante)

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7.2.3 Fazit Prognoseergebnis Es hat sich gezeigt, dass selbst bei einer Entwicklung entsprechend der Entwicklungsprognose ein sehr eingeschränktes Potenzial zur Verbesserung der Nahversorgungssituation vorhanden ist. Die Ansiedlung eines zusätzlichen Lebensmittelbetriebes, welcher den heutigen Ansprüchen genügt (Sortimentstiefe und Sortimentsbreite) ist nicht möglich. Eine Verbesserung der Nahversorgungssitutation ist nur durch die Ansiedlung eines zusätzlichen kleinflächigen Betriebes möglich. Bei den sonstigen zentrenrelevanten Sortimenten zeigt sich bei einer solchen Entwicklung hingegen Potenzial zur Stärkung des Ortszentrums, wobei die räumliche Unterbringung entsprechender Angebote zu klären ist. Bei einem Umsatzeinbruch (Wettbewerbsprognose), ist hingegen keine Verbesserung der Nahversorgungssituation möglich und es ergibt sich nur ein sehr geringes Potenzial zur Stärkung des Ortszentrums.

Bei der Realisierung zusätzlicher Verkaufsflächen sollte berücksichtigt werden, dass  die Prognosewerte lediglich Orientierungswerte darstellen,  Umsatzumverteilungen bei der Realisierung von deutlich mehr Verkaufsfläche zu erwarten sind,  sofern Umsatzrückgänge zur Hälfte zu Verkaufsflächenrückgängen führen würden, Rückgänge der Verkaufsflächen im Bereich der nahversorgungsrelevanten sowie der sonstigen zentrenrelevanten Sortimente möglich wären,  Ansiedlungen zentrenrelevanter Angebote an städtebaulich "richtigen" Standorten erfolgen sollten und  eine kurzfristige Realisierung des gesamten bis zum Jahr 2025 ermittelten Entwicklungsspielraumes vermieden werden sollte.

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8. INSTRUMENTELLES KONZEPT ZUR RÄUMLICHEN EINZELHANDELSSTEUERUNG

In diesem Arbeitsschritt wird ein entsprechendes planerisches Konzept erarbeitet, durch das eine räumliche Lenkung des Einzelhandels ermöglicht und damit ein wichtiger Teil der Zentrenentwicklung langfristig gesichert werden kann. Wichtiger Bestandteil dieses Konzeptes ist die Sortimentsliste, die nach der Zentrenrelevanz einzelner Sortimente unterscheidet.

Auf Grundlage der Ist-Situation sowie vor dem Hintergrund der Ziele (vgl. Kap. 6), des quantitativen Entwicklungspotenziales (vgl. Kap. 7) und der auf den Zielen basierenden Grundsätze zur räumlichen Einzelhandelsentwicklung (vgl. Kap. 8.2) werden räumliche Entwicklungsmöglichkeiten für den zentralen Versorgungsbereich abgeleitet (vgl. Kap. 8.3.1). Diese sollen die spezifischen Erfordernisse des Einzelhandels berücksichtigen und die dargestellten Ziele unterstützen. Neben diesen Entwicklungsmöglichkeiten werden die Möglichkeiten einer Verbesserung der Nahversorgungssituation dargestellt (vgl. Kap. 8.3.5).

Abschließend wird ein Verfahrensvorschlag unterbreitet, welcher ein verwal- tungstechnisches und politisches Umsetzen des Planungskonzeptes ermöglicht. Auf

Grund der Erfahrungen aus vergleichbaren Untersuchungen werden Formulierungen für bauplanungsrechtliche Festsetzungen in Bebauungsplänen vorgeschlagen.

8.1 VORSCHLAG FÜR EINE SORTIMENTSLISTE

Als Basis für die räumliche Beschränkung der Genehmigungsfähigkeit von Einzelhandelsvorhaben ist es notwendig, eine Sortimentsliste zu erstellen, welche nach nahversorgungsrelevanten51, sonstigen zentrenrelevanten und nicht zentrenrelevanten Sortimenten unterscheidet52.

51 Nahversorgungsrelevante Sortimente sind dabei immer auch zentrenrelevant. 52 Vgl. VGH Baden-Württemberg: Urteil vom 30.01.2006, Az. 3 S 1259/05, ferner bereits Birk (1988), a.a.O., S. 288.

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8.1.1 Kriterien Auf Grund zahlreicher Erfahrungen hat sich für die Zuordnung der Sortimente der folgende Kriterienkatalog herausgebildet:

Zentrenrelevant sind Sortimente, die  täglich oder wöchentlich nachgefragt werden - kurzfristiger Bedarf;  eine bestimmte Funktion am Standort erfüllen - z.B. als Frequenzbringer;  vom Kunden gleich mitgenommen werden können ("Handtaschensortiment");  einer zentralen Lage bedürfen, weil sie auf Frequenzbringer angewiesen sind;  Konkurrenz benötigen, um ein entsprechendes Absatzpotenzial zu erreichen;  für einen attraktiven Branchenmix notwendig sind;  in den zentralen Versorgungsbereichen am stärksten vertreten sind.

Nahversorgungsrelevante Sortimente  sind zentrenrelvante Sortimente, die täglich bzw. häufig und periodisch nachgefragt werden;  dienen der fußläufigen, wohnungsnahen Grundversorgung; eine Ansiedlung außer- halb zentraler Versorgungsbereiche - aber innerhalb von Wohnlagen - kann daher sinnvoll sein;  sind immer auch zentrenrelevant, sonstige zentrenrelevante Sortimente sind hingegen nicht nahversorgungsrelevant.

Nicht zentrenrelevant dagegen sind vor allem Sortimente, die  die zentralen Standorte nicht prägen;  auf Grund ihrer Größe und Beschaffenheit bzw. wegen der Notwendigkeit eines Pkw-Transportes überwiegend an gewerblichen Standorten angeboten werden (z.B. Baustoffe);  auf Grund ihres hohen Flächenbedarfes nicht für zentrale Lagen geeignet sind (z.B. Möbel);  eine geringe Flächenproduktivität aufweisen.

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8.1.2 Räumliche Verteilung der Sortimente in Baiersbronn Neben funktionalen Bedeutungen einzelner Sortimente wird somit auch die momen- tane räumliche Verteilung des Angebotes in Baiersbronn herangezogen. Dabei dürfen, städtebaulich begründet, auch solche Sortimente als zentrenrelevant einge- stuft werden, die heute nicht mehr/ noch nicht im zentralen Versorgungsbereich zu finden sind: Solche Sortimente können an Standorten außerhalb mit dem Ziel ausge- schlossen werden, eventuelle Neuansiedlungen zwecks Steigerung oder Erhaltung der Attraktivität dem Zentrum zuzuführen53.

Verteilung zentrenrelevanter Sortimente In Abb. 13 wird die Verteilung üblicherweise zentrenrelevanter Sortimente nach Standorttypen in Baiersbronn illustriert. Dabei zeigt sich, dass ein großer Anteil der üblicherweise zentrenrelvanten Sortimente auch überwiegend innerhalb des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum oder in sonstigen integrierten Lagen angesiedelt ist. Lediglich bei einigen wenigen üblicherweise zentrenrelvanten Sor- timenten findet sich ein Großteil in nicht integrierten Lagen.

Die Sortimente Bastel- und Geschenkartikel, Bücher, Foto/ Video, Glas, Porzellan, Keramik, Kunstgewerbe/ Bilder und Rahmen, Kurzwaren, Handarbeit, Wolle, Leder- und Kürschnerwaren, Hörgeräte, Sanitätswaren, Schuhe und Zubehör, Spielwaren sowie Sportartikel einschließlich Sportgeräte werden derzeit überwiegend im zent- ralen Versorgungsbereich Ortszentrum angeboten und sind eindeutig als zentrenrelevant einzuordnen.

Überwiegend im zentralen Versorgungsbereich und an sonstigen integrierten Stand- orten sind die Sortimente Gardinen und Zubehör, Haushaltswaren/ Bestecke, Optik und Uhren angesiedelt. Auch diese sollten als zentrenrelevant eingestuft werden.

Die Sortimente Arzneimittel, (Schnitt-) Blumen, Kosmetika und Parfümerieartikel, Papier-, Schreibwaren, Schulbedarf sowie Zeitungen und Zeitschriften werden ebenfalls überwiegend im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum bzw. in sonstigen integrierten Lagen angeboten und sollten aus den oben beschrieben Gründen daher als nahversorgungsrelevant eingestuft werden.

53 Vgl. BVerwG: Beschluss vom 10.11.2004, Az. 4 BN 33/04.

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In Baiersbronn derzeit nicht vorhanden sind die üblicherweise zentrenrelevanten Sortimente Briefmarken, Münzen, Computer, Kommunikationselektronik, Musikalien, Nähmaschinen, Reformwaren, Tonträger sowie Waffen und Jagdbedarf. Diese sollten mit dem Ziel, die Vielfalt in den zentralen Bereichen zu erhöhen, als zentrenrelvant eingeordnet werden.

Die Sortimente Nahrungs-/ Genussmittel, Drogeriewaren sowie Tiernahrung und -zubehör sind in Baiersbronn überwiegend an nicht integrierten Standorten zu finden. Diese Sortimente werden jedoch häufig - d.h. täglich oder wöchentlich - nachgefragt und weisen damit eine hohe Nahversorgungsrelevanz auf. Da insbeson- dere Lebensmittel möglichst flächendeckend in wohnungsnaher Entfernung angeboten werden sollen und die Chance bestehen bleiben sollte, dass auch in Wohnortnähe zukünftig diese Sortimente noch angesiedelt werden, wird dieses Sortiment als nahversorgungsrelevant (und somit auch zentrenrelevant) eingestuft.

Abb. 13: Verkaufsflächenverteilung üblicherweise zentrenrelevanter Sortimente in Baiersbronn nach Standorttypen

Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung, Mai 2014; Legendenerläuterung: ZVB (zentraler Versorgungsbe- reich), s.i. (sonstig integriert), n.i. (nicht integriert)

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Bei dem Sortiment Bekleidung aller Art handelt es sich um ein klassisches "innerstädtisches Sortiment", das wesentlich zur Attraktivität eines Ortszentrums/ einer Innenstadt beiträgt. Zudem weist dieses Sortiment eine vergleichsweise hohe Flächenproduktivität auf und kann von den Kunden leicht mitgenommen werden ("Handtaschensortiment"). Trotz der momentanen räumlichen Verteilung (rd. 55% in nicht integrierten Lagen) ist dieses Sortiment daher in jedem Fall als zentrenrelevant einzustufen.

Gleiches gilt für das Sortiment Haus-, Heimtextilien, Stoffe welches momentan zu rd. 48% in nicht intergierten Lagen angeboten wird. Auch bei diesem Sortiment handelt es sich um eine Ware, die leicht vom Kunden mitgenommen werden kann und häufig in Verbindung mit anderen klassischen zentrenrelvanten Sortimenten wie Kurzwaren angeboten werden. Das Sortiment Elektrokleingeräte wird in Baiersbronn zu etwa gleichen Teilen im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum, in den sonstigen integrierten Lagen so- wie in den nicht integrierten Lagen angeboten. Da es sich bei diesem Sortiment je- doch um ein zentrenprägendes Sortiment handelt, was in der Regel von den Kunden mitgenommen werden kann, wird empfohlen, dieses ebenfalls als zentrenrelevant einzustufen.

Derzeit wird das Sortiment Unterhaltungselektronik und Zubehör zu 100% in nicht integrierten Lagen in Baiersbronn angeboten. Da dieses Sortiment häufig in - entsprechenden Einzelhandelsbetrieben gemeinsam mit weiteren üblicherweise zentrenrelevanten Sortimenten angeboten wird und nicht mehr eindeutig von dem Sortiment Spielwaren zu trennen ist, wird empfohlen auch dieses Sortiment als zen- trenrelvant einzuordnen.

Verteilung der üblicherweise nicht zentrenrelevanten Sortimente Bei der Verteilung der üblicherweise nicht zentrenrelevanten Sortimente Abb. 14 (folgende Seite) ist festzustellen, dass einige der üblicherweise nicht zentrenrelevanten Sortimente derzeit in Baiersbronn ausschließlich bzw. fast ausschließlich im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum angeboten werden, andere hingegen ausschließlich bzw. fast ausschließlich in nicht integrierten Lagen.

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Die Sortimente Bauelemente, Baustoffe, Fahrräder und Zubehör, motorisierte Fahr- zeuge aller Art und Zubehör, Fliesen und Installationsmaterial sind derzeit über- wiegend an nicht integrierten Standorten angesiedelt und sollten daher auch wie üblich als nicht zentrenrelvante Sortimente eingestuft werden.

Bad-, Sanitäreinrichtungen und -zubehör sowie Möbel (inklusive Büromöbel) werden derzeit in Baiersbronn zu 100% im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum angeboten. Dabei handelt es sich jedoch um einen sehr geringen Verkaufsflächenanteil bzw. um ein Randsortiment. Des Weiteren erfüllt das Sortiment wesentliche allgemeine Kriterien nicht zentrenrelevanter Sortimente, daher sollte dieses Sortiment aus dieser Sortimentsgruppe zugeordnet werden.

Das Sortiment Pflanzen und -gefäße wird derzeit in Baiersbronn überwiegen im zentralen Versorgungsbereich angeboten (85%). Da dieses Sortiment jedoch häufig in Verbindung mit anderen üblicherweise nicht zentrenrelvanten Sortimenten wie Baumarktsortimenten angeboten wird und häufig sehr flächenintensiv sind, sollte dieses Sortiment auch entsprechend eingestuft werden.

Matratzen, Bodenbeläge, Teppiche, Tapeten und Beleuchtungskörper, Lampen werden in Baiersbronn überwiegend bzw. ausschließlich an sonstigen integrierten Stand- orten angeboten. Aus Gutachtersicht wird eine Einteilung zu den nicht zentrenrele- vanten Sortimenten weiterhin empfohlen, da diese Sortimente u.a. klassische Sortimente von Baumärkten u.ä, darstellen.

Die oft nicht zentrenrelvanten Sortimente Beschläge, Eisenwaren, Boote und Zube- hör, Büromaschinen (ohne Computer), Farben, Lacke, Gartenhäuser, -geräte, Herde/ Ofen, Holz, Küchen (incl. Einbaugeräte), Kinderwagen, -sitze, Rolläden und Markisen, Werkzeuge und Zooartikel- lebend Tiere und Tiermöbel sind derzeit in Baiersbronn nicht vorhanden. Auf Grund ihrer spezifischen Merkmale und ihrer geringen zen- trenprägenden Funktion können diese Sortimente als nicht zentrenrelvant eingestuft werden.

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Abb. 14: Verkaufsflächenverteilung üblicherweise nicht zentrenrelevanter Sortimente nach Standorttypen in Baiersbronn

Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014; Legendenerläuterung: ZVB (zentraler Versorgungsbe- reich), s.i. (sonstig integriert), n.i. (nicht integriert)

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8.1.3 Vorschlag für eine Sortimentsliste Nachfolgend wird der aus der Ist-Situation und den städtebaulichen Zielsetzungen gutachterliche Vorschlag für die Sortimentsliste für Baiersbronn (vgl. Tab. 3) darge- stellt. Dieser Vorschlag ist zudem das Diskussionsergebnis der projektbegleitenden Arbeitsgruppe.

Tab. 3: Vorschlag für die Sortimentsliste für Baiersbronn zentrenrelevante Sortimente nicht zentrenrelevante Sortimente sonstige zentrenrelevante Sortimente  Bad-, Sanitäreinrichtungen und -zubehör  Bastel- und Geschenkartikel  Bauelemente, Baustoffe  Bekleidung aller Art  Beleuchtungskörper, Lampen  Bücher  Beschläge, Eisenwaren  Campingartikel  Bodenbeläge, Teppiche, Tapeten  Computer, Kommunikationselektronik  Boote, Bootszubehör  Elektrokleingeräte  Elektrogroßgeräte  Foto, Video  Fahrräder und Zubehör  Gardinen und Zubehör  motorisierte Fahrzeuge aller Art und  Glas, Porzellan, Keramik Zubehör  Haus-, Heimtextilien, Stoffe  Farben, Lacke  Haushaltswaren/ Bestecke  Fliesen  Kunstgewerbe/ Bilder und -rahmen  Gartenhäuser, -geräte  Kurzwaren, Handarbeiten, Wolle  Herde und Öfen  Leder- und Kürschnerwaren  Holz  Musikalien  Installationsmaterial  Optik und Akustik  Küchen (inkl. Einbaugeräte)  Sanitätswaren  Möbel (inkl. Büromöbel)  Schuhe und Zubehör  Pflanzen und -gefäße  Spielwaren  Rollläden und Markisen  Sportartikel einschl. Sportgeräte  Werkzeuge  Tonträger  Zooartikel - Tiermöbel und Lebendtiere  Uhren und Schmuck  Unterhaltungselektronik und Zubehör  Waffen, Jagdbedarf nahversorgungsrelevante Sortimente  Arzneimittel  (Schnitt-)Blumen  Drogeriewaren  Kosmetika und Parfümerieartikel  Nahrungs-/ Genussmittel  Papier-, Schreibwaren, Schulbedarf  Reformwaren  Zeitungen/ Zeitschriften  Zooartikel - Tiernahrung und Zubehör Quelle: mit projektbegleitender Arbeitsgruppe abgestimmter Vorschlag

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Die Sortimentsliste stellt einen Vorschlag dar und unterliegt dem Abwägungsvorbe- halt des Gemeinderates; eine Abweichung vom gutachterlichen Vorschlag ist prinzi- piell möglich, jedoch inhaltlich zu begründen. Dabei sind "Umstufungen" von als nicht zentrenrelevant vorgeschlagenen Sortimenten in die Kategorie zentrenrele- vante Sortimente relativ unproblematisch, da dies eine politische Willensbekundung darstellt.

8.2 GRUNDSÄTZE ZUR RÄUMLICHEN EINZELHANDELSENTWICKLUNG

Die nachfolgenden Grundsätze zur räumlichen Einzelhandelsentwicklung, die auf den in Kapitel 6 genannten Zielen basieren, dienen der langfristigen Sicherung und Stärkung der (Einzelhandels-)Versorgungsstrukturen von Baiersbronn - unter beson- derer Berücksichtigung des zentralen Versorgungsbereichs Ortszentrum, sowie der fußläufigen Nahversorgung – und stellen gleichsam eine Standort(typen)matrix für künftige Einzelhandelsansiedlungen dar.

8.2.1 Umgang mit zentrenrelevantem Einzelhandel

Grundsätze:

 Zentrenrelevanter Einzelhandel im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum

 Ausnahme für sonstige integrierte Standorte:  nahversorgungsrelevanter, nicht großflächiger Einzelhandel bei standort- gerechter Dimensionierung ausnahmsweise zulässig  Lebensmittelbetriebe bei standortgerechter Dimensionierung ausnahmsweise auch großflächig zulässig

 Ausnahme für nicht integrierte Standorte:  zentrenrelevante Sortimente als Randsortimente bis max. 10% der Verkaufsflä- che ausnahmsweise zulässig, insgesamt maximal 800 qm

Zentrenrelevanter Einzelhandel nur in dem zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum

Neuansiedlungen oder Erweiterungen von Einzelhandelsbetrieben mit zentrenrelevantem(en) Kernsortiment(en) sind zukünftig im zentralen

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Versorgungsbereich Ortszentrum der Gemeinde Baiersbronn anzusiedeln. Damit wird dem wesentlichen Ziel "Erhaltung und Stärkung der Einzelhandels-/ Funk- tionsvielfalt des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum" Rechnung getragen.

Allenfalls ausnahmsweise sollte nach einer Einzelfallprüfung für Handwerksbetriebe sowie Betriebe des produzierenden/ verarbeitenden Gewerbes der Verkauf von am Betriebsstandort selbst produzierten Waren oder - bei Handwerksbetrieben - ein- gekauften, i.d.R. in engen Zusammenhang mit der Tätigkeit des Betriebs stehenden Waren auf einer deutlich untergeordneten Fläche im Sinne des Handwerkerprivilegs auch der Verkauf an nicht integrierten Standorten ermöglicht werden. Desgleichen kann auch der Verkauf von selbst produzierten Waren eines landwirtschaftlichen Betriebs vor Ort an der nicht integrierten Hofstelle im Sinne von Direktvermarktung zugelassen werden.

Ausnahme bei nahversorgungsrelevantem, nicht großflächigem Einzelhandel an sonstigen integrierten Standorten bei standortgerechter Dimensionierung Ansiedlungen bzw. Erweiterungen von nicht großflächigen Betrieben mit nahversor- gungsrelevantem Kernsortiment können ausnahmsweise an sonstigen integrierten Standorten erfolgen. Erforderlich ist eine Verbesserung der räumlichen, fußläufi- gen Nahversorgungssituation, wobei der Bestand zu berücksichtigen ist. Zudem ist die standortgerechte Dimensionierung im Sinne einer Gebietsversorgung zu prüfen. Bezugsebene ist  in den Ortsteilen Mitteltal und Klosterreichenbach die Einwohnerzahl bzw. das sortimentsweise Kaufkraftvolumen des jeweiligen Ortsteils  in den übrigen Ortsteilen die Einwohnerzahl bzw. das sortimentsweise Kaufkraftvolumen im unmittelbaren, fußläufig erreichbaren Umfeld (500 Meter- Radius).

Dies ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, da eine Gefährdung des entsprechenden Be- standes in dem zentralen Versorgungsbereich sowie bereits bestehender nahversor- gungsrelevanter Angebote an sonstigen integrierten Standorten zu vermeiden ist.

Ausnahme für großflächige Lebensmittelbetriebe in integrierter Lage (standort- gerechte Dimensionierung)

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Lebensmittelbetrieben kommt eine besondere Funktion hinsichtlich der Grund-/ Nahversorgung zu. Auf Grund der Mindestanforderungen - aus Sicht der Betreiber - für Neuansiedlungen können großflächige Lebensmittelbetriebe ausnahmsweise außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs Ortszentrum zugelassen werden, so- fern  es sich um einen Standort in sonstiger integrierter Lage handelt,  das Vorhaben der räumlichen, speziell der fußläufigen Nahversorgung der Bevöl- kerung dient bzw. diese verbessert,  das Vorhaben - unter Berücksichtigung des an integrierten Standorten bereits vorhandenen Bestandes - standortgerecht dimensioniert ist (räumliche Bezugs- ebene analog der Ausnahmeregelung für nahversorgungsrelevanten, nicht großflä- chigen Einzelhandel an sonstigen integrierten Standorten, s.o.).

Dies ist jedoch im Einzelfall zu prüfen, da insbesondere eine Gefährdung des ent- sprechenden Bestandes im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum zu vermeiden ist.

Ausnahme bei zentrenrelevanten Randsortimenten an nicht integrierten (sowie sonstigen integrierten) Standorten An nicht integrierten Standorten sind Neuansiedlungen und Erweiterungen von Ein- zelhandelsbetrieben mit nahversorgungs- oder sonstigem zentrenrelevantem Haupt- sortiment grundsätzlich nicht zulässig. Ein vollständiger Ausschluss von zentrenre- levanten Randsortimenten in Einzelhandelsbetrieben mit nicht zentrenrelevantem Hauptsortiment außerhalb des zentralen Versorgungsbereichs erscheint jedoch nicht möglich, obwohl dies den städtebaulichen Zielen des Einzelhandelskonzeptes für die Gemeinde Baiersbronn entgegensteht: Bei einigen Branchen gehört ein derartiges Angebot in gewissem Umfang mittlerweile zum Betriebskonzept.

Daher sind zentrenrelevante Sortimente als Randsortimente in Betrieben mit nicht zentrenrelevantem Hauptsortiment ausnahmsweise zulässig. Es muss jedoch in jedem Fall eine Beziehung zum Hauptsortiment bestehen.

Weiterhin ist sicherzustellen, dass die Verkaufsfläche zentrenrelevanter Randsorti- mente, sofern sie nicht eine unwesentliche Größe aufweist, nicht von einem einzi- gen Sortiment belegt werden kann.

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8.2.2 Umgang mit nicht zentrenrelevantem Einzelhandel

Grundsatz:

Nicht zentrenrelevanter Einzelhandel im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum sowie außerhalb  sensibler Umgang mit Ansiedlungswünschen: "Leerstandsdomino" vermeiden

Nicht zentrenrelevanter Einzelhandel kann grundsätzlich innerhalb der Bereiche der Gemeinde Baiersbronn, in denen Einzelhandel grundsätzlich zulässig ist, angesiedelt werden. Dabei sollte jedoch behutsam mit Flächenbereitstellungen für Einzelhandel in Gewerbegebieten umgegangen werden, da ansonsten u.U. die Standortqualität für andere gewerbliche Nutzungen, z.B. auf Grund von Veränderungen des Bodenpreisgefüges, sinkt.

In Zukunft sollten Ansiedlungswünsche von nicht zentrenrelevantem Einzelhandel - soweit planungsrechtlich möglich - unter Heranziehung der Ergebnisse der Verkaufsflächenprognose auch im Hinblick auf ihre zentralitätssteigernde Wirkung bewertet werden, da für einzelne Angebote nur eine bestimmte Tragfähigkeit besteht. Wird diese überschritten, so ergibt sich die Gefahr eines "Leerstandsdominos", d.h. vermehrte Leerstände auch in gewerblich geprägten Gebieten. Die Zurückführung einer ehemaligen Einzelhandelsfläche zu einem Standort für produzierendes Gewerbe, Handwerksbetriebe o.ä. ist jedoch i.d.R. problematisch. Daher entsteht auf solchen Flächen oftmals ein Nachnutzungsdruck durch Einzelhandel mit zentrenrelevantem Hauptsortiment. Dem kann zwar meist planerisch begegnet werden, dennoch werden hierdurch immer wieder unnötige und vermeidbare Diskussionen ausgelöst.

8.3 RÄUMLICHE ENTWICKLUNGSOPTIONEN

Wie in Kap. 7.2.1 dargestellt, ergibt sich für Baiersbronn bis zum Jahr 2025 aus der Entwicklungsprognose ein Verkaufsflächenspielraum von rd. 2.250 bis 5.900 qm; in der oberen Variante der Wettbewerbsprognose ergibt sich noch ein Entwicklungsspielraum von rd. 4.025 qm. Nachfolgend wird dargestellt, an welchen konkreten Standorten in der Gemeinde Baiersbronn räumliche Entwicklungen sinnvoll möglich sind.

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Die Verkaufsflächenprognose für die Gemeinde Baiersbronn ergab für die zentrenrelevanten Sortimente (ohne nahversorgungsrelevante) (vgl. Kap. 7.2.2) bis 2025 einen Entwicklungsspielraum von maximal. rd. 1.800 qm (Entwicklungsprognose); in der oberen Variante der Wettbewerbsprognose ergibt sich lediglich ein sehr geringes Entwicklungspotenzial. Dieser sollte daher fast ausschließlich im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum realisiert werden.

8.3.1 Zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum (Perspektive)

Die Attraktivität eines Zentrums ist neben städtebaulichen Qualitäten in erhebli- chem Umfang von einer bestimmten Nutzungsdichte, Frequenz und einer insgesamt lebendigen Atmosphäre abhängig. Sie wird darüber hinaus durch die Entfernungen, die innerhalb eines Zentrums zurückzulegen sind, bestimmt. Erfahrungsgemäß ist die Wahrnehmung von Entfernungen von der Ortsgröße und der Attraktivität des Be- satzes abhängig: Mit abnehmender Ortsgröße und Attraktivität des Besatzes verrin- gert sich die Bereitschaft Distanzen zu überwinden. In Baiersbronn wird dies durch die Topographie (Steigung auf der Freudenstädter Straße) teilweise noch verstärkt.

Vor diesem Hintergrund sollte der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum in Baiersbronn keine wesentliche räumliche Ausdehnung erfahren. Vielmehr sollte versucht werden, räumliche Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb der bestehenden Abgrenzung zu aktivieren.

Im Rahmen der Innenentwicklung und städtebaulichen Nachverdichtung sollten die vorhandenen Leerstände (vgl. Kap. 4.4.4) genutzt und aktiv Nachmieter gesucht werden. Ergänzend sollten Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen erfolgen, um attraktivere Verkaufsflächen zu schaffen. Es sollte geprüft werden, ob Möglichkeiten zur Zusammenlegung von Verkaufsflächen bestehen, um größere und somit auch attraktivere Flächen bereitstellen zu können. Auch die Potenziale zur Entwicklung von untergenutzten Flächen sollten heraus- gestellt werden.

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Karte 11: Perspektivische Abgrenzung zentraler Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

Konkrete Standorte im Ortszentrum Baiersbronn  Die Grünfläche an der Forbachstraße unterhalb der Freudenstädter Straße (vgl. Foto Karte 11), stellt Potenzial zur räumlichen Verdichtung des Ortszentrums Baiersbronn dar.  Die Erdgeschossnutzungen im Bereich des Rosenplatzes sollten nach Möglichkeit für Einzelhandelsgeschäfte genutzt werden. Dadurch könnte ein Schwerpunkt und Anziehungspunkt innerhalb des Ortszentrums geschaffen werden. Die Gemeinde Baiersbronn sollte hier aktiv auf Hauseigentümer und Nutzer zugehen, um gemeinsam nach Lösungen zu suchen.  Die Grünflächen oberhalb der Tiefgarage am Rosenplatz stellen ebenfalls Poten- zial zur Verdichtung der bestehenden Nutzung dar. Hier sollte die Gemeinde Baiersbronn ebenfalls das Gespräch mit den Eigentümern suchen.  Die Eingangsbereiche nördlich (Kreisverkehr) und südlich (Bahnhofsbereich) sollten aufgewertet und gestaltet werden. Auch hier gibt es Potenzial um neue Nutzungen zu aktivieren.

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Konsequenz und Kommunikation Wie Positivbeispiele in anderen Städten und Gemeinden (u.a. z.B. St. Blasien) gezeigt haben, ist die Bereitschaft bei Immobilieneigentümern und Investoren auch in innerörtliche Projekte zu investieren durchaus vorhanden, sofern entsprechende Investitionssicherheit besteht. Wesentlich hierfür ist die konsequente Verfolgung eines Einzelhandelskonzeptes durch Politik und Verwaltung.

Gleichzeitig sollten die örtlichen Akteure in Baiersbronn (Immobilieneigentümer, Händler, Gastronomen, Investoren) durch die Gemeinde für diese Innenentwicklung sensibilisiert und regelmäßig aktiviert werden.

Im Ortsteilzentrum Baiersbronn gibt es bereits mit dem Förderprogramm "Unterdorf Sanierung", welches bis zum Ende des Jahres 2021 läuft, Möglichkeiten für Hauseigentümer, Unterstützung für die Sanierung ihrer Gebäude zu erhalten. Dieses Förderprogramm wird begleitet von der Wüstenrot Haus- und Städtebau GmbH und umfasst ein rd. 14,3 ha großes Sanierungsgebiet im Unterdorf von Baiersbronn. Der Förderrahmen beläuft sich auf rd. 1,3 Mio. €. Die Fördermittel werden von der Gemeinde zu einem Teil für die Sanierung öffentlicher Flächen verwendet. Zum anderen Teil werden private Hauseigentümer bezuschusst, um Modernisierungen an ihren Gebäuden durchzuführen. Dieses Programm bietet die Gelegenheit, mit Städtebaufördermitteln zur Aufwertung und Stärkung des zentralen Versorgungsbereiches beizutragen.

8.3.2 Ortsteilzentrum Mitteltal (Perspektive) Im Ortsteilzentrum Mitteltal sollten die bestehenden Strukturen erhalten und ggf. ausgebaut werden. Insbesondere das kleinflächige Angebot an Lebensmittelbetrieben und Lebensmittelhandwerk stellt eine wichtige Nahversorgungsfunktion für die umliegende Bevölkerung dar. Die vorhandenen Leerstände sollten nach Möglichkeit Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen unterzogen werden, um attraktive Einzelhandelsflächen bereitstellen zu können. Im Hinblick auf die bestehenden Geschäfte sollten Erweiterungsmöglichkeiten geprüft werden.

Insgesamt wäre es erstrebenswert, das bestehende Angebot besonders im Bereich Nahrungs-/ Genussmittel auszubauen, wobei eine wesentliche räumliche Ausdehnung

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des Ortsteilzentrums Mitteltal vermieden werden sollte, um die derzeit vorhandene Kompaktheit nicht zu gefährden.

Karte 12: Perspektivische Abgrenzung Ortsteilzentrum Mitteltal

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

8.3.3 Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach (Perspektive)

Das Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach ist angesichts seiner Identifikati- ons- und Nahversorgungsfunktion zu erhalten und zu stärken. Eine Verdichtung und Konzentration des Angebotes wäre dabei wünschenswert. Das im Kern des Nahver- sorgungszentrums liegende baufällige Gebäude bietet dabei eine Potenzialfläche an exponierter Stelle. Im Bezug darauf gilt es zu prüfen, ob ein Abriss des Gebäudes und anschließender Neubau oder eine Sanierung des vorhandenen erstrebenswert ist. Die dazugehörige Grundstücksfläche bietet darüber hinaus weiteres Potenzial für die Ansiedlung eines modernen frequenzbringenden Betriebs.

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Karte 13: Perspektivische Abgrenzung Nahversorgungszentrum Klosterreichenbach

Quelle: eigene Darstellung auf Grundlage der Befragung und Begehung Mai 2014, Kartengrundlage: Ge- meinde Baiersbronn und Esri, HERE, DeLorme, TomTom, Intermap, increment P Corp., GEBCO, USGS, FAO, NPS, NRCAN, GeoBase, IGN, Kadaster NL, Ordnance Survey,

8.3.4 Einzelhandelskonzentration Reichenbacher Höfe

Der nicht integrierte Standort Reichenbacher Höfe stellt einen bedeutsamen Versor- gungsstandort innerhalb der Baiersbronner Einzelhandelslandschaft dar. Unter Be- rücksichtigung der Prognose könnte eine Weiterentwicklung des Standortes mit nicht zentrenrelevanten Sortimenten erfolgen. Von einer Ansiedlung neuer oder der Erweiterung von Betrieben mit nahversorgungs-/ zentrenrelevanten Sortimenten ist deutlich abzuraten, insbesondere vor dem Hintergrund des geringen Spielraums in diesem Sortimentsbereich, der sich aus der Prognose ergibt.

8.3.5 Maßnahmenvorschläge zur Nahversorgung Der Themenbereich Nahversorgung wird gerade im Zusammenhang mit der demogra- fischen Entwicklung, den steigenden Energiepreisen und den damit einhergehenden wachsenden Mobilitätskosten immer bedeutsamer. Die Nahversorgung im planeri- schen Sinne, insbesondere mit Lebensmitteln, aber auch mit nahversorgungsrelevan-

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ten Dienstleistungen, wie Post, Bank, medizinische Einrichtungen, wird zunehmend zur Herausforderung. Dies betrifft i.d.R. oftmals einwohnerarme Siedlungsbereiche.

In der Gemeinde Baiersbronn wird eine Bindungsquote von rd. 110% im Bereich Nahrungs-/ Genussmittel erreicht, sodass rein rechnerisch eine Vollversorgung be- steht. Wie in der Analyse dargestellt (vgl. Kap.5.2, Karte 10), sind jedoch bei Betrachtung der räumlichen Verteilung der Lebensmittelbetriebe deutliche Nahver- sorgungslücken in Verbindung mit einer quantitativen Überversorgung in einigen Siedlungsbereichen feststellbar: Ein großer Teil der Einwohner von Baiersbronn ist im räumlichen Sinne nicht nahversorgt.

Entsprechend der Prognose ergeben sich nur geringe Entwicklungsspielräume für den Bereich Nahrungs-/ Genussmittel. Bis zum Jahre 2025 ist allenfalls die Ansied- lung eines kleinflächigen Lebensmittelbetriebs wettbewerbsneutral möglich. Dies bedeutet, dass die künftige Ansiedlungspolitik bei Lebensmittelmärkten ausschließ- lich auf Standorte ausgerichtet sein sollte, die zu einer Verbesserung der räumli- chen Nahversorgung beitragen. Die mögliche Ansiedlung solcher kleinen Betriebe zur Grundversorgung sollte dabei ausschließlich in integrierten Lagen erfolgen und in einem Radius von 500 m Umkreis eine – vor dem Hintergrund des Ortes - mög- lichste hohe Bevölkerungsdichte haben. Dabei ist insbesondere auch der zentrale Versorgungsbereich Ortszentrum Baiersbronn zu beachten, innerhalb dessen es der- zeit praktisch kein Angebot im Bereich Nahrungs-/ Genussmittel gibt. Die Ansied- lung eines Lebensmittelbetriebes wäre aus zweierlei Gründen wünschenswert: zum einen zur Nahversorgung der Bevölkerung des Kernortes und zum anderen zur Er- zielung einer "täglichen" Frequenz innerhalb des Ortszentrums.

Zu einer Verbesserung der Nahversorgung bevölkerungsärmerer Bereiche können ggf. alternative Maßnahmen beitragen:  In gewisser Weise stellen kleinflächige Lebensmittelbetriebe eine Renaissance des Tante-Emma-Ladens dar. Zur Sicherstellung der Wirtschaftlichkeit bieten sich gegebenenfalls die Integration von Dienstleistungen (z.B. Postagentur, Reini- gungsannahme, Toto-/ Lotto-Annahme) an. Weiterhin kann es sich bei einem der- artigen Betrieb um einen Bäcker (oder auch Metzger) mit einem umfangreichen Lebensmittelangebot handeln.  Ebenfalls, insbesondere im ländlich strukturierten Raum, stellen Direktvermark-

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ter bzw. Hofläden eine Alternative bzw. wichtige Ergänzung zu sonstigen Grund- versorgungsangeboten dar, zumal in den letzten Jahren unterschiedlichste, (hin- sichtlich ihrer Angebotsvielfalt) z.T. auch umfassende Angebotsformen entstanden sind, z.B:

 die "Abo-Kiste" mit Obst und Gemüse (gekoppelt mit einem "Bringservice") oder  Bauernläden mit einem bisweilen vergleichsweise breiten, z.T. jedoch saisonal stark differierenden Lebensmittelangebot (neben Obst und Gemüse auch Back-, Fleisch- und Wurstwaren, Säfte, Milch und Milchprodukte sowie Teigwaren). Sofern die Grundversorgung vor allem durch Direktvermarktungsangebote ge- währleistet werden soll, müssten die Hofläden zumindest in ihrer Gesamtheit ein umfassendes Sortiment an Lebensmitteln anbieten.  Verkaufswagen stellen mittlerweile eine traditionelle Form der Nahversorgung dar, die in Städten und Ballungsgebieten i.d.R. eine Ergänzungsfunktion wahr- nimmt (z.B. durch Frischeangebote, wie Obst und Gemüse). In ländlich struktu- rierten Gebieten dienen Verkaufswagen jedoch bereits seit längerer Zeit der (teilweisen) Kompensation von grundsätzlichen Versorgungsdefiziten. Der überwiegende Anteil der Verkaufswagen bietet nur ein sehr begrenztes Ange- bot, meist handelt es sich dabei um Back-, Fleisch- und Wurstwaren oder um Obst und Gemüse. Ausnahmen stellen hingegen Verkaufswagen dar, die ein relativ um- fassendes Lebensmittelangebot mit sich führen und als "rollende Supermärkte" be- zeichnet werden. Hierbei ist zu beachten, dass auch diese Versorgungsform be- triebswirtschaftlichen Regeln unterliegt und daher auch von Überangeboten bzw. solchen an „falschen“ Standorten gefährdet wird.

Bis etwa in die 1970er Jahre hatte der Liefer-/ Bringservice im Lebensmittelein- zelhandel eine mitunter hohe Bedeutung. Jedoch wurde er in den folgenden Jahr- zehnten auf Grund von Rationalisierungsmaßnahmen weitgehend gestrichen. In den letzten Jahren ist aber wieder ein Trend hin zu dieser Serviceleistung zu ver- zeichnen, sei es für Kunden, die mit dem ÖPNV zum Geschäft gelangen oder sei es auf Bestellung:  Der Liefer-/ Bringservice tritt im ländlichen Raum wieder verstärkt auf bzw. besteht mancherorts seit Jahrzehnten ohne größere Beachtung von "außen". Für viele "kleine" Einzelhändler bietet dieser Service eine Möglichkeit, sich von den

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werbe- und preisaggressiven Discountern und Supermärkten abzuheben und ein gewisses Stammkundenpotenzial zu sichern.  Alternativ zum Bringservice können auch privat organisierte Fahrgemeinschaf- ten gebildet werden. Im Gegensatz zum Bringservice besteht dabei die Möglich- keit des individuellen erlebnisorientierten Einkaufes. Zudem bleibt der Ein- kaufsort als wichtiger Treff- und Kommunikationspunkt - gerade für ältere Men- schen - erhalten. Darüber hinaus existieren auch Beispiele von Fahrgemeinschaften, die überwiegend von kommunaler Seite organisiert und finanziert werden. In verschiedenen Städten und Gemeinden wurden versuche gestartet, in denen z.B. mit einem Kleinbus ältere Menschen zu den Einkaufsstandorten innerhalb des Stadtgebietes befördert werden.

Ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung der bestehenden Nahversorgungsstrukturen ist die Verfolgung bzw. Umsetzung des Einzelhandelskonzeptes.

8.3.6 Gewerbegebiete Neben den bereits bestehenden Gewerbegebieten sollten für den nicht zentrenrele- vanten Einzelhandel keine weiteren Standorte ermöglicht werden. Bei der Neuan- siedlung von Betrieben an bestehenden gewerblichen Einzelhandelsstandorten sollte eine Begrenzung der branchenüblichen zentrenrelevanten Randsortimente erfolgen (vgl. Kap. 8.2.2) und auf eine möglichst effiziente Nutzung der verfügbaren Fläche geachtet werden. Die bestehenden zentrenrelevanten Einzelhandelsbetriebe sollten weitgehend auf ihren Bestand festgeschrieben werden.

An denjenigen Standorten, an denen bisher keine Einzelhandelsnutzungen vorhanden sind, sollte Baurecht dahingehend geschaffen werden, dass dort auch zukünftig kein Einzelhandel zulässig ist. Generell sollten die Gewerbeflächen der gewerblichen Nutzung zur Verfügung gestellt werden.

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8.4 VORGEHENSWEISE ZUR UMSETZUNG

Als Grundlagen für das Konzept zur räumlichen Lenkung des Einzelhandels dienen die dargestellten Arbeitsschritte:  zur Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereichs (vgl. Kap.4.4.2),  zur Entwicklung der Sortimentszuordnung (vgl. Kap.8.1.3),  zu den räumlichen Entwicklungsoptionen (vgl. Kap.8.3) und  zur Verkaufsflächenprognose (vgl. Kap.7.2)

Im Folgenden sind die Vorgehensweise für Verwaltung/ Politik zur Aufstellung eines Einzelhandelskonzeptes und die sich daran anschließenden Arbeitsschritte darge- stellt.

8.4.1 Öffentliche Information Damit das Einzelhandelskonzept seine planungsrechtliche Wirkung voll entfalten kann - dies betrifft z.B. die Anwendung des § 9 (2a) BauGB, bei der ein städtebauli- ches Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 (6) Nr. 11 BauGB zu berücksichtigen ist -, ist u.E. eine öffentliche Information in Anlehnung an § 3 BauGB erforderlich. Dafür sollte eine Auslegung des aus dem Gutachten abgeleiteten Entwurfs eines Ein- zelhandelskonzeptes sowie des vorliegenden Gutachtens selbst erfolgen. Die einge- henden Anregungen sollten dann einer Würdigung unterzogen werden und im Hin- blick auf die daraus abgeleiteten Konsequenzen gewertet werden.

Das endgültige Einzelhandelskonzept kann dann vom Gemeinderat beschlossen wer- den, wobei die Anregungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung in die Abwägung ein- gehen.

Unabhängig von dieser Frage ergibt sich für die Umsetzung die im Weiteren darge- stellte Vorgehensweise.

8.4.2 Festlegen einer Sortimentsliste

Die in Kap. 8.1.3 beschriebene örtliche Sortimentsliste, die eine Unterscheidung der Sortimente in zentren-/ nahversorgungs- bzw. nicht zentrenrelevant vornimmt, stellt zunächst einen Vorschlag dar, der u.E. der Öffentlichkeitsbeteiligung zugäng- lich gemacht werden sollte.

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Der Gemeinderat sollte letztlich diese - nach Abwägung der ggf. durch Anregungen aus der Öffentlichkeitsbeteiligung geänderte - Liste beschließen, damit für jeden

Betroffenen (z.B. zukünftige Investoren, vorhandene Betriebe) die Verbindlichkeit und damit die Bedeutung als investitionssicherndes Instrument deutlich wird. Mit einem solchen Beschluss wird deren zentraler Stellenwert signalisiert. Mit diesen Einstufungen - und insbesondere mit der politischen Verabschiedung ei- ner solchen Sortimentsliste - bestimmt die Gemeinde Baiersbronn, welcher Einzel- handel aus städtebaulichen Gründen in Zukunft im zentralen Versorgungsbereich an- gesiedelt werden soll. Allerdings muss das Konzept auch planungsrechtlich in Form von Bebauungsplänen umgesetzt werden.

Diese Sortimentsliste muss zukünftig Teil der Bebauungspläne mit Aussagen zur Steuerung von Einzelhandel sein, wenn in diesen Aussagen zur Begrenzung von Ein- zelhandel hinsichtlich seiner Zentrenrelevanz enthalten sind.

8.4.3 Festlegen von Gebieten zur Zulässigkeit von Einzelhandel

In Verbindung mit der o.g. Sortimentsliste ist deutlich zu machen, an welchen Standorten der Gemeinde welche Art von Einzelhandel auch künftig noch zulässig sein wird. Dafür wurde im vorliegenden Gutachten ein Vorschlag für die Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Ortszentrum unterbreitet, dieser entspricht den zentralen Versorgungsbereichen gemäß BauGB und ist seitens der Gemeinde nach Beschluss gleichsam parzellenscharf darzustellen.54 Darüber hinaus bietet sich an, Festsetzungstypen für die jeweiligen Bereiche zu entwickeln (vgl. Vorschläge für gewerblich geprägte Standorte).

Sofern die u.E. erforderliche Öffentlichkeitsbeteiligung durchgeführt wird, sind die Abgrenzungen sowie evtl. vorgesehene Komplettausschlüsse von Einzelhandel in be- stimmten Gebieten und die Festsetzungstypen zunächst im Entwurf zu erstellen.

Auch die Abgrenzungen, die Entscheidung über einen vollständigen/ teilweisen Aus- schluss von Einzelhandel in bestimmten Bereichen und die Typen sind letztlich vom Gemeinderat zu beschließen.

54 BVerwG: Urteil vom 11.10.2007, Az. 4 C 7/07.

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Auf diese Weise können An- und Umsiedlungsanträge sehr schnell bewertet werden: Grundsätzlich zulässige Betriebe können entsprechend schnell weiterbearbeitet werden, sodass dieses Vorgehen auch zur Verfahrensbeschleunigung bzw. zur Erhö- hung der Effizienz im Verwaltungshandeln dient. Die Grundsätze zur räumlichen Lenkung des Einzelhandels (vgl. Kap. 8.2) beziehen sich im Wesentlichen auf den zentralen Versorgungsbereich der Gemeinde Baiers- bronn und auf die Gewerbegebiete bzw. auf entsprechend zu definierende unbe- plante Innenbereiche gemäß § 34 BauGB. Eine konkrete bauplanungsrechtliche Defi- nition der zukünftigen einzelhandelsbezogenen Nutzungen ist nur durch eine Ein- zelbeurteilung des jeweiligen Standortes möglich. Im Grundsatz lassen sich jedoch folgende Festsetzungstypen für gewerblich geprägte Standorte (§ 34 BauGB bzw. § 8 oder 9 BauNVO) unterscheiden, wobei die Festsetzung von Sonderbauflächen grund- sätzlich eine Einzelfallbetrachtung erforderlich macht:

1. Festsetzungstyp Einzelhandel ist gemäß § 1 (5) BauNVO nicht zulässig.

2. Festsetzungstyp Einzelhandel ist gemäß § 1 (5) BauNVO nicht zulässig. Aus- nahmsweise ist gemäß § 1 (9) BauNVO der Handel mit Kraftfahrzeugen, Kraftfahr- zeugzubehör (Lkw, Pkw, Motorräder) sowie Mineralölen, Brennstoffen zulässig. (Typische Vertreter der ausnahmsweise zulässigen Handelsbetriebe stellen neben Autohäusern, der Reifenhandel sowie Betriebe mit Autoteilen und -zubehör dar.)

3. Festsetzungstyp Gemäß § 1 (5) und (9) BauNVO ist ausschließlich nicht zentren- relevanter, nicht großflächiger Einzelhandel zulässig. Ausnahmsweise sind bran- chentypische zentrenrelevante Randsortimente55 auf untergeordneter Fläche zulässig. Ein Beispiel für einen derartigen Einzelhandelsbetrieb wäre ein Anbieter von Bodenbelägen und Tapeten mit einer Verkaufsfläche von weniger als 800 qm, der als Ergänzungs- bzw. Randsortiment Haus-/ Heimtextilien oder Gardinen anbietet.

4. Festsetzungstyp Festsetzungstypen 1 bis 3 zusätzlich: Ausnahmsweise ist für Be- triebe des Handwerks der Verkauf von selbst hergestellten oder eingekauften Wa- ren auf einer untergeordneten Fläche bis zu xxx qm zulässig (Handwerkerprivi-

55 Nicht zentrenrelevante Randsortimente sind städtebaulich ohne Belang.

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leg)56. Dies gilt jedoch nicht für das Lebensmittelhandwerk (z.B. Bäcker, Metzger, Konditor).

5. Festsetzungstyp Festsetzungen entsprechend dem § 1 (10) BauNVO - "Fremdkör- perfestsetzung": Dies könnte beispielsweise in einem Gewerbegebiet angewendet werden, in dem künftig Einzelhandel ausgeschlossen werden soll. Ein bereits vor- handener Einzelhandelsbetrieb (z.B. Lebensmitteldiscounter) kann dann über die Fremdkörperfestsetzung in seiner Existenz gesichert werden.

Insbesondere bei der Überplanung von Baugebieten im Bestand sind sonstige recht- liche Aspekte (Fristen, Genehmigungsansprüche, Baurechte etc.) zu beachten. Bevor entsprechende Planungsabsichten formuliert werden können, sind diese und andere relevante Aspekte im Rahmen einer Baurechtsanalyse zu prüfen.

Üblicherweise werden lediglich gewerblich geprägte Baugebiete im Hinblick auf eine städtebaulich begründete räumliche Steuerung des Einzelhandels überprüft und ggf. überplant. Außer Acht gelassen werden die Mischgebiete (§ 6 BauNVO), die u.U. im Hinblick auf eine zentrenorientierte Einzelhandelssteuerung ebenso eine bedeu- tende Rolle spielen können. Für Mischgebiete sollte überprüft werden, ob auch in diesen zentrenrelevanter Einzelhandel ausgeschlossen werden sollte. Auch ist dies mit dem vorhandenen Planungsinstrumentarium möglich. In Baiersbronn erscheint beispielsweise dann ein Ausschluss von zentrenrelevantem Einzelhandel in Mischgebieten sinnvoll, wenn die Gefahr besteht, dass mögliche An- siedlungen von Betrieben über die Nahversorgung eines Gebietes hinausgehen und/ oder die Entwicklung des zentralen Versorgungsbereiches beeinträchtigen.

Für Kleinsiedlungsgebiete (§ 2 BauNVO), allgemeine sowie besondere Wohngebiete (§ 4 bzw. 4a BauNVO) und Dorfgebiete (§ 5 BauNVO) gilt dies ebenfalls.

Mit dem Beschluss des Gemeinderates wird das Einzelhandelskonzept zu einem städtebaulichen Entwicklungskonzept im Sinne des § 1 (6) Nr. 11 BauGB, das bei der Aufstellung von Bebauungsplänen zu berücksichtigen ist. Damit besteht auch die Möglichkeit der Anwendung von § 9 (2a) BauGB für im Zusammenhang bebaute Ort- steile (§ 34 BauGB).

56 Da nur Anlagentypen festgesetzt werden dürfen oder die qm-Begrenzung städtebaulich begründet werden muss, ist hierzu u.E. eine gesonderte Prüfung notwendig.

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8.4.4 Bauleitplanerische Umsetzung von Zielvorstellungen Damit nicht "versehentlich" Entwicklungen möglich sind, die den Zielsetzungen ent- gegenstehen, ist zu prüfen, welche Bereiche in der Gemeinde Baiersbronn durch die bisherigen bauplanungsrechtlichen Festsetzungen (überplante Bereiche, § 30/ 31 BauGB) oder auch das Fehlen solcher (unbeplante Innenbereiche, § 34 BauGB) im

Sinne der Zielsetzungen des Einzelhandelskonzeptes gefährdet sind. Die entspre- chenden Regelungen sind sodann entsprechend anzupassen. Bei bestehenden Bebau- ungsplänen reicht u.U. eine Umstellung auf die aktuelle BauNVO bzw. ein verein- fachtes Bebauungsplanverfahren nach § 13 BauGB aus. Bei einer reinen Umstellung auf die aktuelle BauNVO ist allerdings zu beachten, dass damit dennoch jeglicher Einzelhandel bis zur Großflächigkeit allgemein zulässig ist, sofern keine anderen Regelungen bestehen. Bei § 34-Gebieten ist die Aufstellung eines Bebauungsplans oder die Anwendung des § 9 (2a) BauGB zu überprüfen, da nur so beispielsweise durch § 34 (3) BauGB nicht steuerbare Betriebe entsprechend den Zielsetzungen be- handelt werden können.

Für den Fall eines akuten Handlungsbedarfs stehen nach einem Aufstellungs-/ Änder- ungsbeschluss die im Baurecht vorgesehenen Sicherungsinstrumente "Zurückstellung von Baugesuchen" (§ 15 BauGB) bzw. "Veränderungssperren" (§ 14 BauGB) zur Verfü- gung. Insbesondere bei Veränderungssperren muss deutlich gemacht werden, dass alle Veränderungen, die den planerischen Zielen nicht zuwiderlaufen, auch weiter- hin zulässig sind. Es sind nur die Veränderungen unzulässig, die dem Zweck der Veränderungssperre widersprechen.

Die Begründung in den Bebauungsplänen, in denen auf den Einzelhandel bezogene Regelungen vorgenommen werden, muss auf das Einzelhandelskonzept und insbeson- dere die damit verfolgten Ziele sowie die verfolgte räumliche Entwicklung des zent- ralen Versorgungsbereiches Bezug nehmen.

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Glossar

Die Bindungsquote bezeichnet das Verhältnis zwischen Umsatz und Kaufkraftpoten- zial in einem Gebiet (auch Zentralität genannt). Sie zeigt an, ob per Saldo Kaufkraft zufließt (Quote größer als 100%) oder abströmt (Quote kleiner als 100%) (siehe auch Kaufkraftverbleib). Als "unechte Bindungsquote" wird im vorliegenden Gutachten die Relation des Umsatzes in einem Gebiet (hier im zentralen Versorgungsbereich Orts- zentrum) zur Kaufkraft in einem anderen Gebiet (hier in der Gemeinde Baiersbronn) bezeichnet.

Der Discounter (von engl. discount = Preisnachlass) stellt eine Betriebsform des Einzelhandels dar, die ein auf umschlagstarke Artikel konzentriertes Angebot führt und die Verbraucher insbesondere über seine Niedrigpreispolitik anspricht. Cha- rakteristika dieser Unternehmen sind ein enges und flaches Warensortiment, eine einfache Warenpräsentation und der Verzicht auf Nebenleistungen (z.B. Beratung, Transport), die Kosteneinsparungen und somit geringere Preise ermöglichen. Diffe- renziert werden können zum einen als Lebensmittel-Selbstbedienungsgeschäft der Lebensmittel-Discountmarkt, zum anderen der Non-Food-Discountmarkt.

Einzelhandel im engeren Sinne ist der Einzelhandel in Ladengeschäften ohne Apo- theken, Handel mit Kfz, Brenn-, Kraft- und Schmierstoffen und ohne Bäckereien und Metzgereien (Lebensmittelhandwerk). Darüber hinaus wurden allerdings auch Lebensmittelhandwerk, Apotheken und Tank- stellenshops, soweit diese überwiegend Sortimente wie der Einzelhandel im enge- ren Sinne - vor allem Nahrungs-/ Genussmittel - führen, in die vorliegende Untersu- chung einbezogen: Diese Angebotsformen wandeln sich zunehmend zu Handelsbetrie- ben.

Fachgeschäfte sind Einzelhandelsbetriebe, die ein branchenspezifisches oder be- darfsgruppenorientiertes Sortiment in großer Auswahl und in unterschiedlichen Qualitäten und Preislagen mit ergänzenden Dienstleistungen (z.B. Kundendienst) an- bieten.

Fachmärkte sind Einzelhandelsbetriebe, die ein breites und oft auch tiefes Sorti- ment aus einem Warenbereich, z.B. Bekleidungs- und Schuhfachmarkt, einem Be- darfsbereich, z.B. Sport- und Baufachmarkt oder einem Zielgruppenbereich, z.B. Mö-

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bel- und Haushaltswarenfachmarkt für design-orientierte Kunden, in übersichtlicher Warenpräsentation bei tendenziell niedrigem bis mittlerem Preisniveau anbieten. Der Standort ist i.d.R. autokundenorientiert, entweder isoliert oder in gewachsenen und geplanten Zentren. Bei einigen Sortimenten, z.B. Drogeriemarkt, werden über- wiegend zentrale Lagen in der Innenstadt/ im Ortszentrum gewählt. Die Verkaufs- verfahren sind Selbstbedienung und Vorwahl, meist mit der Möglichkeit einer fach- lichen und sortimentsspezifischen Beratung auf Wunsch der Kundinnen und Kunden.

Eine integrierte Lage im Sinne dieser Untersuchung liegt vor, wenn ein Standort städtebaulich eingebunden ist. Wichtig für die Einstufung als integriert ist die um- gebende Wohnbebauung. Die Bezeichnung stellt einen Oberbegriff für Ortszentrum/ zentrale Versorgungsbereiche und sonstige integrierte Lagen dar. Als nicht integrierte Lagen sind entsprechend sämtliche Standorte zu bezeichnen, die nicht in Zusammenhang mit Wohnbebauung stehen (z.B. Einzelhandelsbetriebe in Gewerbegebieten oder sonstige autokundenorientierte Standorte ohne Zusammen- hang mit Wohnbebauung). Aber auch Gewerbegebiete, die mit Wohnbebauung durch- setzt sind, sind diesen Standorten zuzurechnen. Einzelhandel in sonstigen integrierten Lagen ist überall dort vorhanden, wo die Dichte/ Konzentration nicht ausreicht, den entsprechenden Bereich als sonstigen zentralen Versorgungsbereich (vgl. unten) einzustufen. Es handelt sich also um funktional und städtebaulich integrierte Einzelstandorte außerhalb des Ortszent- rums/ der zentralen Versorgungsbereiche.

Die Kaufkraft beschreibt die (nominale) Geldsumme, die einem privaten Haushalt in einem bestimmten Zeitraum zum Verbrauch zur Verfügung steht. Die Kaufkraft wird auf Basis der Lohn- und Einkommenssteuerstatistiken ermittelt. (s.a. Nachfrage) Kaufkraftkennziffern stellen Indexzahlen dar, mit deren Hilfe regionale Teilmärkte hinsichtlich ihrer Kaufkraft bewertet werden. Sie ergeben sich aus dem Quotienten der Kaufkraft einer Region und dem entsprechenden gesamtdeutschen Wert. IFH Re- tail Consultants prognostiziert auf der Grundlage von Lohn- und Einkommenssteuer- statistiken die (einzelhandelsrelevante) Kaufkraft der Einwohner nach regionalen Gliederungen. Die Kaufkraftkennziffer je Einwohner zeigt, welche Gebietseinheit bei der Pro-Kopf-Kaufkraft über oder unter dem Bundesdurchschnitt (= 100) liegt.

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Der Kaufkraftverbleib bezeichnet den Teil der Kaufkraft in einem Gebiet, der in diesem ausgegeben wird. Der Kaufkraftabfluss kennzeichnet den Teil der Kaufkraft in einem Gebiet, der außerhalb dieses Gebietes ausgegeben wird. Der Kaufkraftzu- fluss entspricht der Summe aller Kaufkraftanteile, die aus anderen Gebieten dem betrachteten Gebiet zufließen. Die Verbleibquote ergibt sich dadurch, dass der Verbleib in Relation zur Kaufkraft in dem Gebiet gesetzt wird, in dem sie verbleibt. Der Umsatz in einem Gebiet (U) ergibt sich aus der Kaufkraft in diesem Gebiet (KK), vermindert um Abflüsse in andere Regionen (A), vermehrt um Zuflüsse von außerhalb (Z): U = KK - A + Z. Die am Ort verbleibende Kaufkraft (V) ist die Differenz zwischen vorhandener Kauf- kraft und Kaufkraftabflüssen in andere Gebiete: V = KK - A. Entsprechend ergibt sich der Umsatz auch als Summe aus am Ort verbleibender Kauf- kraft und Kaufkraftzuflüssen von außerhalb: U = V + Z.

Die einzelhandelsrelevante Nachfrage entspricht dem Teil der Verbrauchsausga- ben der privaten Haushalte, der im Einzelhandel ausgegeben wird, d.h. die Nach- frage nach Dienstleistungen wird nicht berücksichtigt. (s.a. Kaufkraft)

Supermärkte sind Einzelhandelsbetriebe, die auf einer Verkaufsfläche von mindes- tens 400 qm Lebensmittel einschließlich Frischwaren (z.B. Obst, Gemüse, Südfrüchte,

Fleisch) und ergänzend Waren des täglichen Bedarfs anderer Branchen vorwiegend in

Selbstbedienung anbieten. Nach der amtlichen Statistik hat der Supermarkt höchstens eine Verkaufsfläche von 1.000 qm, nach internationalen Panelinstituten von 800 qm und nach der Abgrenzung des Europäischen Handelsinstituts von 1.500 qm.

Verbleibquote (s. Kaufkraftverbleib)

Zentraler Versorgungsbereich Der Begriff des zentralen Versorgungsbereiches z.B. im Sinne der §§ 9 (2a) und 34 BauGB kann mehr als der Begriff des (einzelhandelsbezogenen) zentralen Bereiches umfassen: Wenn nämlich zentrale Einrichtungen außerhalb des zentralen Bereiches, aber angrenzend an diesen zu finden sind. In keinem Fall aber kann ein zentraler Versorgungsbereich weniger als den unter Einzelhandelsaspekten abgegrenzten zentralen Bereich umfassen.

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Umgekehrt muss nicht jeder zentrale Bereich einen zentralen Versorgungsbereich darstellen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die über den Nahbereich hin- ausreichende Versorgungsfunktion nicht (umfassend) erfüllt ist. Auch bei der Abgrenzung von zentralen Versorgungsbereichen kommt dem Einzelhan- del (als einer zentralen Einrichtung) herausgehobene Bedeutung zu - aber allein die Tatsache einer Konzentration von Einzelhandel reicht nicht aus, einen zentralen Versorgungsbereich zu begründen57.

57 Vgl. hierzu BVerwG: Urteil vom 11.10.2007, Az. 4 C 7/07.

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Anhang Tab. A - 1: Betriebe nach Größenklassen in Baiersbronn: Anzahl und Verkaufsfläche 1) VKF in qm Anzahl Anteil VKF in qm Anteil < 50 qm 44 43% 1.075 7% 51 bis < 100 qm 29 28% 1.925 12% 100 bis < 200 qm 14 14% 1.975 13% 200 bis < 400 qm 5 5% 1.425 9% 400 bis < 800 qm 7 7% 4.400 29% >= 800 qm 4 4% 4.650 30% Gesamt 103 100% 15.450 100%

1) : Werte auf 25 qm gerundet durch Rundungen kann es zu Abweichungen der Summen kommen Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014

Tab. A - 2: Betriebe nach Größenklassen im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum Baiers- bronn: Anzahl und Verkaufsfläche

1) VKF in qm Anzahl Anteil VKF in qm Anteil < 50 qm 12 34% 350 11% 51 bis < 100 qm 12 34% 800 25% 100 bis < 200 qm 8 23% 1.150 35% 200 bis >= 800 qm 3 9% 925 29% Gesamt 35 100% 3.225 100%

1) : Werte auf 25 qm gerundet durch Rundungen kann es zu Abweichungen der Summen kommen aus Datenschutzgründen können die Betriebe mit 101 bis 400 qm sowie Betriebe mit 401 qm und mehr Verkaufsfläche nicht differenziert ausgewiesen werden Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014

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Tab. A - 3: Einzelhandelssituation: Umsatz, Kaufkraft (je in Mio. €) und Bindungsquoten in Baiersbronn Sortimente Umsatz Kaufkraft Bindungsquote Nahrungs-/ Genussmittel 30,3 27,5 110% Lebensmittelhandwerk 5,9 4,0 146% Drogerie/ Parfümerie 5,1 3,5 144% Apotheke 9,2 8,2 112% PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 1,1 1,2 92% Blumen/ Zoo 1,2 1,5 80% kurzfristiger Bedarf 52,8 46,0 115% Bekleidung und Zubehör 8,3 7,4 112% Schuhe/ Lederwaren 1,8 1,9 92% Sport/ Freizeit 1,9 1,4 137% Spielwaren; Babyausstattung 0,2 1,7 12% Bücher 0,6 1,4 45% GPK/ Geschenke/ Hausrat 0,8 0,9 90% Haus-/ Heimtextilien 0,4 1,0 35% mittelfristiger Bedarf 14,0 15,7 89% Uhren/ Schmuck 0,3 1,0 32% Foto/ Optik 1,3 1,3 99% Medien; Elektro/ Leuchten 0,8 7,1 12% Bau/ Garten; Teppiche/ Bodenbeläge; Möbel, Antiquitäten 0,9 10,4 9% Sonstiges 3,2 3,3 98% langfristiger Bedarf 6,6 23,1 29%

Summe 73,4 84,8 87% PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren GPK = Glas/ Porzellan/ Keramik durch Rundungen kann es zu Abweichungen der Summen kommen Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014; IfH; EHI; www.handelsdaten.de; IFH Köln (2013); Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

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Tab. A - 4: Einzelhandelssituation im zentralen Versorgungsbereich Ortszentrum: Umsatz und Kaufkraft (Gesamtgemeinde) (je in Mio. €) sowie "unechte Bindungsquoten" Umsatz unechte BQ Sortimente Kaufkraft in Mio. € in % Nahrungs-/ Genussmittel 1,0 27,5 4% Lebensmittelhandwerk; Drogerie/ Parfümerie; Apotheke 6,0 15,8 38% PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 0,5 1,2 44% Blumen/ Zoo 0,4 1,5 27% kurzfristiger Bedarfsbereich 8,0 46,0 17% Bekleidung und Zubehör 2,6 7,4 36% Schuhe/ Lederwaren 0,9 1,9 44% Sport/ Freizeit; Spielwaren; Bücher 1,1 4,5 25% GPK/ Geschenke/ Hausrat; Haus-/ Heimtextilien 0,3 1,9 16% mittelfristiger Bedarfsbereich 4,9 15,7 31% Uhren/ Schmuck; Foto/ Optik; Medien; Elektro/ Leuchten 1,2 9,4 13% sonst. langfristiger Bedarf 0,2 13,7 1% langfristiger Bedarfsbereich 1,4 23,1 6%

Summe 14,3 84,8 17% PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren GPK = Glas/ Porzellan/ Keramik aus Datenschutzgründen wurden Sortimente zu Sortimentsgruppen zusammengefasst durch Rundungen kann es zu Abweichungen der Summen kommen Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014; IfH; EHI; www.handelsdaten.de; IFH Köln (2013); Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; Statistisches Bundesamt; eigene Berechnungen

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Tab. A - 5: Einzelhandelsangebot in Baiersbronn nach Lage: Verkaufsfläche auf 25 qm gerundet NVZ + nicht inte- Sortimente ZVB sonstige Gesamt griert integriert Nahrungs-/ Genussmittel 250 1.850 3.650 5.750 Lebensmittelhandwerk; Drogerie/ Parfüme- rie; Apotheke 250 525 950 1.725 PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 200 50 50 300 Blumen/ Zoo 150 150 175 475 Bekleidung und Zubehör 1.000 325 1.550 2.875 Schuhe/ Lederwaren 325 *** *** 600 Sport/ Freizeit; Spielwaren; Bücher 425 *** *** 1.175 GPK/ Geschenke/ Hausrat; Haus-/ Heimtex- tilien 275 325 200 775 Uhren/ Schmuck; Foto/ Optik; Medien; Elektro/ Leuchten 200 300 125 600 Sonst. langfristiger Bedarf 150 375 625 1.150

Summe 3.225 4.350 7.875 15.450 ZVB = zentraler Versorgungsbereich; NVZ = Nahversorgungszentrum; PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren GPK = Glas/ Porzellan/ Keramik *** aus Datenschutzgründen nicht ausweisbar durch Rundungen kann es zu Abweichungen der Summen kommen Quelle: eigene Einzelhändlerbefragung Mai 2014

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Tab. A - 6: Kaufkraftpotenzial nach Sortimenten 2020 und 2025 in Mio. € Jahr 2020 2025 Sortiment untere Var. obere Var. untere Var. obere Var. Nahrungs-/ Genussmittel 27,1 28,9 27 30 Drogerie/ Parfümerie 3,6 3,8 4 4 PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 1,2 1,3 1 1 Blumen/ Zoo 1,5 1,6 2 2 kurzfristiger Bedarf 33,4 35,6 33 37 Bekleidung und Zubehör 7,4 7,9 7 8 Schuhe/ Lederwaren 1,9 2,0 2 2 Sport/ Freizeit 1,4 1,5 1 2 Spielwaren/ Babyausstattung 1,7 1,8 2 2 Bücher 1,4 1,5 1 2 GPK/ Geschenke/ Hausrat 0,9 0,9 1 1 Haus-/ Heimtextilien 1,0 1,1 1 1 mittelfristiger Bedarf 15,7 16,7 16 18 Uhren/ Schmuck 1,0 1,1 1 1 Foto/ Optik und Zubehör 1,3 1,4 1 1 Unterhaltungselektronik/ Neue Medien 4,9 5,2 5 5 Elektro/ Leuchten 2,2 2,3 2 2 Teppiche/ Bodenbeläge 0,5 0,5 0 1 baumarkt-/ gartencenterspez. Sort. 5,6 6,0 6 6 Möbel 4,4 4,7 4 5 Sonstiges 3,3 3,5 3 4 langfristiger Bedarf 23,1 24,6 23 26

Summe 72,2 77,0 72 81 PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren GPK = Glas Porzellan/ Keramik durch Rundungen kann es zu Abweichungen der Summen kommen Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg; IFH Köln (2013); BBE; eigene Berechnungen

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Tab. A - 7: Verkaufsflächenentwicklungsspielraum bis 2025 bei Status-quo-Prognose - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet Jahr 2020 2025 Sortiment untere Var. obere Var. untere Var. obere Var. Nahrungs-/ Genussmittel --- 225 --- 450 Drogerie/ Parfümerie 0 75 0 125 PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 0 25 0 25 Blumen/ Zoo 0 25 0 50 kurzfristiger Bedarf 0 350 0 650 Bekleidung und Zubehör 25 175 0 300 Schuhe/ Lederwaren 0 25 0 50 Sport/ Freizeit 25 50 0 100 Spielwaren/ Babyausstattung 0 0 0 25 Bücher 0 0 0 25 GPK/ Geschenke/ Hausrat --- 25 --- 50 Haus-/ Heimtextilien 0 0 0 25 mittelfristiger Bedarf 50 275 0 575 Uhren/ Schmuck 0 0 0 0 Foto/ Optik und Zubehör 0 25 0 25 Unterhaltungselektronik/ Neue Medien 0 0 0 0 Elektro/ Leuchten 0 0 0 25 Teppiche/ Bodenbeläge 0 0 0 0 baumarkt-/ gartencenterspez. Sort. 0 25 0 25 Möbel 0 25 0 25 Sonstiges 0 25 0 50 langfristiger Bedarf 0 100 0 150

Summe 50 725 0 1.375 PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren GPK = Glas Porzellan/ Keramik ---: rechnerisch negativer Entwicklungsspielraum Quelle: eigene Berechnungen

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Tab. A - 8: Verkaufsflächenbedarf bis 2025 bei Entwicklungsprognose - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet Jahr 2020 2025 Sortiment untere Var. obere Var. untere Var. obere Var. Nahrungs-/ Genussmittel --- 225 --- 450 Drogerie/ Parfümerie 0 75 0 125 PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 25 25 25 50 Blumen/ Zoo 50 75 100 175 kurzfristiger Bedarf 75 400 125 800 Bekleidung und Zubehör 25 175 0 300 Schuhe/ Lederwaren 25 50 25 100 Sport/ Freizeit 25 50 0 100 Spielwaren/ Babyausstattung 100 225 175 425 Bücher 0 50 25 100 GPK/ Geschenke/ Hausrat 25 50 50 100 Haus-/ Heimtextilien 50 75 75 150 mittelfristiger Bedarf 250 675 350 1.275 Uhren/ Schmuck 25 25 25 50 Foto/ Optik und Zubehör 0 25 0 25 Unterhaltungselektronik/ Neue Medien 125 225 225 450 Elektro/ Leuchten 50 75 75 150 Teppiche/ Bodenbeläge 25 50 50 100 baumarkt-/ gartencenterspez. Sort. 475 1.000 875 1.900 Möbel 275 575 525 1.075 Sonstiges 0 25 0 75 langfristiger Bedarf 975 2.000 1.775 3.825

Summe 1.300 3.075 2.250 5.900 PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren, GPK = Glas Porzellan/ Keramik Quelle: eigene Berechnungen

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Tab. A - 9: Verkaufsflächenbedarf bis 2025 bei Wettbewerbsprognose - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet Jahr 2020 2025 Sortiment untere Var. obere Var. untere Var. obere Var. Nahrungs-/ Genussmittel ------Drogerie/ Parfümerie --- 0 --- 0 PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 0 0 0 25 Blumen/ Zoo 25 50 50 100 kurzfristiger Bedarf 25 50 50 125 Bekleidung und Zubehör --- 0 ------Schuhe/ Lederwaren --- 25 --- 25 Sport/ Freizeit --- 0 --- 0 Spielwaren 75 200 150 375 Bücher 0 25 0 50 GPK/ Geschenke/ Hausrat --- 25 --- 50 Haus-/ Heimtextilien 25 75 50 125 mittelfristiger Bedarf 100 350 200 625 Uhren/ Schmuck 25 25 25 50 Foto/ Optik und Zubehör 0 0 --- 0 Unterhaltungselektronik/ Neue Medien 125 200 200 400 Elektro/ Leuchten 25 75 50 125 Teppiche/ Bodenbeläge 25 25 25 75 baumarkt-/ gartencenterspez. Sort. 425 875 750 1.675 Möbel/ Antiquitäten 250 500 450 950 Sonstiges --- 0 --- 0 langfristiger Bedarf 875 1.700 1.500 3.275

Summe 1.000 2.100 1.750 4.025 PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren, GPK = Glas Porzellan/ Keramik ---: rechnerisch negativer Bedarf Quelle: eigene Berechnungen

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Tab. A - 10: Verkaufsflächenentwicklungsspielraum bis 2025 bei Wettbewerbsprognose mit Abgängen - Angaben in qm, auf 25 qm gerundet Jahr 2020 2025 Sortiment untere Var. obere Var. untere Var. obere Var. Nahrungs-/ Genussmittel -200 -50 -325 -75 Drogerie/ Parfümerie -25 0 -50 0 PBS/ Zeitungen/ Zeitschriften 0 0 0 25 Blumen/ Zoo 25 50 50 100 kurzfristiger Bedarf -200 0 -325 50 Bekleidung und Zubehör -75 0 -150 -25 Schuhe/ Lederwaren 0 25 -25 25 Sport/ Freizeit -25 0 -50 0 Spielwaren 75 200 150 375 Bücher 0 25 0 50 GPK/ Geschenke/ Hausrat 0 25 0 50 Haus-/ Heimtextilien 25 75 50 125 mittelfristiger Bedarf 0 350 -25 600 Uhren/ Schmuck 25 25 25 50 Foto/ Optik und Zubehör 0 0 -25 0 Unterhaltungselektronik/ Neue Medien 125 200 200 400 Elektro/ Leuchten 25 75 50 125 Teppiche/ Bodenbeläge 25 25 25 75 baumarkt-/ gartencenterspez. Sort. 425 875 750 1.675 Möbel/ Antiquitäten 250 500 450 950 Sonstiges -25 0 -25 0 langfristiger Bedarf 850 1.700 1.450 3.275

Summe 650 2.050 1.100 3.925 PBS = Papier/ Bürobedarf/ Schreibwaren GPK = Glas Porzellan/ Keramik Quelle: eigene Berechnungen

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