Kulturwege Mühlebach und Steinhaus

1 Die Broschürenreihe «Kulturwege im Land- schaftspark » entstand mit Unterstüt- GUTEN TAG! zung des Bundesamts für Umwelt und des Kan- tons Wallis.

Wir freuen uns, dass Sie den Landschaftspark - tal entdecken möchten. Er besteht aus dem Gebiet der Gemeinden Binn, Bister, und , sowie der Dörfer Niederwald und der Gemeinde Goms. Die Dörfer und Weiler sind Ortsbilder von nationaler und regionaler Bedeutung. Sie liegen in einer vielfälti- gen Kulturlandschaft. Im Parkgebiet leben rund 1300 Einwohner*innen.

In einem Naturpark von nationaler Bedeutung sollen Landwirtschaft, Tourismus und Gewerbe gestärkt wer- Titelbild: den und von den landschaftlichen Vorzügen profitieren, Kapelle der Heiligen Familie auf dem Biel diese aber gleichzeitig schonend behandeln. Ziel ist ein in Mühlebach, erbaut 1676 Gleichgewicht zwischen Erhalt und Entwicklung. Sie Projektleitung und Redaktion: unterstützen die lokale Wertschöpfung, wenn Sie bei Peter Clausen uns einkaufen, einkehren oder übernachten.

Texte: Dr. Roland Flückiger-Seiler, Peter Clausen Die vorliegende Broschüre «Kulturwege Mühlebach und Steinhaus» lädt Sie zu Spaziergängen und kurzen Fotos: Wanderungen ein. Sie erhalten Informationen zu ausge- Oliver C. Ritz, Peter Clausen, Dr. Roland Flückiger-Seiler wählten Sehenswürdigkeiten. Kurze Hintergrundtexte Karten: vermitteln Einblicke in Themen, die für die Dörfer be- Julia Agten deutsam sind. Die Karten zeigen Ihnen, wo es lang geht.

Kartendaten: Bundesamt für Landestopographie Bundesamt für Umwelt Folgende Kulturwege werden beschrieben: Kulturweg Mühlebach Seite 11 Gestaltung: CH.H.GRAFIK Gestaltungswerkstatt Kulturweg Wasserkraft Seite 25

Druck: Kulturweg Steinhaus Seite 31 Valmedia AG

©2 Landschaftspark Binntal, 2020 3 ± 0 20 40 Meters KULTURWEG MÜHLEBACH SEITE 11 0 20 40 Meter

GEHZEIT 40 Minuten

HÖHENMETER 100 m Aufstieg

LÄNGE 1.5 km 1

2 3 Hinnerem Bieu

1248

Bieu 6 5 7 4 8 10 17 14 9 12 Hobacher Schlüecht 18 15 11 16

20 19

bach Mile 21

22 Weg von Fürgangen / Hängebrücke Nr. 1 Nr. / Hängebrücke von Fürgangen Weg

Sanji

r uh 4 W 5 KULTURWEG WASSERKRAFT SEITE 25 0 0.5 1 Kilometer

Bim Esch GEHZEIT 2 Stunden 26 HÖHENMETER 300 m Auf- und 200 m Abstieg MÜHLEBACH 1197 Mooshubel 24 27 LÄNGE 5 km 1233 r Reschti Wuh M Chumma ra ile e b Bonacher ch a 1200 a c ud h Wa Wiler Iischefäud Gadme 25 era rus EN T TT O 1196 R ERNEN fera 1116 Dor wald rner Ärnerfäld Ä Z'Brigg 1640

986 28 e ad Niederernen hg sc tzera er Pu m 1537 im Birchwaud Z Frid 1221 1889 Wase Üsglichsbecki 1743 1248 ld 29 Binnegga gerwa 1340 Uf en Egga Hoflüe Eg

0 0.5 1 Kilometer RotaKULTURWEGtion: -17.25° STEINHAUS SEITE 31 0 250 500 Meter

1215 GEHZEIT 55 Minuten Gäbmer 34 1237 HÖHENMETER 40 m Auf- und Abstieg Walji LÄNGE 2 km Eija Jänneerb Aute Stadla R Sita u Bieu TEN f OT Spitzachra ib R a 1266 c Bord h Rufibord Ta 1417 31 1234 33 1273 32 Sattu Stöübegga Niderhüs STEINHAUS Riti 6 Wichja 7 Rotation: -29.4 0 250 500 Meter

R u f ib a c h Kardinal Schiner auf kleinstem Raum insgesamt zwölf WILLKOMMEN Gebäude, die mit Hilfe der Dendrochronologie (= Holz- IN MÜHLEBACH UND jahrringmessung) in die Zeit zwischen 1389 und 1501 da- STEINHAUS tiert werden konnten. Weil das Dorf über Jahrhunderte vor Bränden und anderen Katastrophen verschont blieb, verfügt Mühlebach heute über den ältesten kompakten Dorfkern in Holzbauweise der Schweiz. Im Dorfkern beim oberen Brunnen steht das älteste mit Jahreszahl datierte Gommer Haus (Haus Nr. 14) von 1501. In unmit- telbarer Nähe findet sich das Geburtshaus von Kardinal Matthäus Schiner (Gedenktafel auf der Rückseite), das DAS DORF MÜHLEBACH ins Jahr 1435 datiert werden konnte (Haus Nr. 10). Im untersten Dorfteil steht das 1563 von Melchior Schiner Mühlebach liegt auf 1200 m ü. M. Heute leben hier erbaute, prachtvolle Untergommer Renaissancehaus rund 80 Personen. 2004 fusionierte die ehemals selb- mit gemauertem Saal-Geschoss (Haus Nr. 4). In Mühle- ständige Gemeinde mit dem Nachbarort Ernen. Bekannt bach finden sich zudem etliche qualitätsvolle Nutzbau- ist Mühlebach als Geburtsort des in den Mailänder ten. Eine ganze Zeile prägt den nördlichen Dorfeingang. Feldzügen zu Beginn des 16. Jh. aktiven Kardinals Mat- thäus Schiner (um 1470–1522). Die nach den müllinen (Mühlen) benannte Siedlung wird 1215 im Zusammen- hang mit dem lokalen Adelsgeschlecht erstmals urkund- lich erwähnt. Im 16. Jh. stellte das kleine Dorf mit Peter Zlauwinen, Martin Clausen und Matthäus Schiner, dem Neffen des Kardinals, mehrmals den Landeshauptmann im Wallis. Mühlebach ist auch bekannt als Heimat der Bildhauerfamilie Bodmer mit dem bedeutendsten Ver- treter Moritz Bodmer (1618–1711).

Im Siedlungsbild von Mühlebach dominiert die auf einem exponierten Hügel thronende Kapelle (mit Sicht- verbindung nach Zeneggen im Westen und dem Chaste- biel bei Blitzingen im Osten). Der Bau von 1676 ist der Beim Parkplatz auf der Nordostseite steht der mit Heiligen Familie geweiht. Im 19. Jh. wurde aber auch zwei Wappen und Inschriften verzierte Bortstadel (Ge- der heilige Josef verehrt, der im rechten Seitenaltar auf bäude Nr. 22 von 1535). Das zierliche Speicherchen mit dem Sterbebett dargestellt ist. Die Siedlung mit traditi- Heidenkreuz an den beiden vorkragenden Giebeln (Ge- onellen Häusern in Blockbauweise folgt dem alten Gom- bäude Nr. 12, unterhalb Haus Nr. 14) ist mit seinem Bau- merweg, der sich von der Brücke über den Mühlebach jahr 1381 das älteste vollständig erhaltene Gebäude im zu einer kleinen Senke neben dem Kapellenhügel hinauf Goms. Der durch eine Inschrift ins Jahr 1649 datierte windet. Dort liegt das Zentrum des Dorfes mit dem gröss- Schinerspeicher (Gebäude Nr. 17) steht unmittelbar ne- ten Bestand an Heidenhäusern im Goms. An imposanter ben dem Schinerhaus. Von den ursprünglich im Dorfge- Aussichtslage gruppieren sich um das Geburtshaus von biet vorhandenen Mühlen bei der Strassenbrücke und

8 9 oberhalb des kleinen Kraftwerks ist heute keine mehr seite des Rottens führte. Somit war das Landschaftsbild erhalten. zwischen Mühlebach und Niederwald in nachmittelal- terlicher Zeit von zahlreichen kleinen Weilern entlang DAS DORF STEINHAUS des alten Gommerweges geprägt. Den Dorfmittelpunkt Steinhaus, früher eine eigenständige politische Ge- an einem kleinen, schön gelegenen Dorfplatz mit Brun- meinde, gehört seit 2004 als östlichstes Dorf zur Ge- nen bildet die kleine, 1984 restaurierte Kapelle der Hei- meinde Ernen. Heute leben hier gut 20 Einwohner*innen. ligen Familie. Nachdem der Visitationsakt von 1687 nur Es liegt auf knapp 1‘300 m ü. M. Talauswärts können wir die heute verschwundenen Kapellen von Richulschmatt im Westen die beeindruckende, 4‘506 m hohe Pyramide und Rufibord erwähnt, entstand 1728/29 die Dorfka- des Weisshorns im Mattertal erkennen. Die Siedlung pelle von Steinhaus, die 1736 als «noviter erectum», als entstand bereits in mittelalterlicher Zeit am alten Gom- «neu erbaut», bezeichnet wird. merweg, der bei Niederwald ans linke Rottenufer wech- selte und über Steinhaus, Mühlebach, Ernen und Nieder- Die heutige, hufeisenförmig an die Geländekante des ernen nach Lax führte. 1245 wird erstmals ein Domus Rufibachs grenzende Siedlung weist einen guten Be- lapidea, ein steinernes Haus, urkundlich erwähnt. stand an Wohnbauten aus dem 17. Jh. auf. Am unteren Dorfrand, oberhalb des Parkplatzes, stehen zwei quali- tätsvolle Vorschutz-Häuser. Das östliche, 1621 erbaute Haus weist ein hölzernes Saal-Geschoss auf. Dieser Zwi- schenraum über dem Keller und unter den bewohnten Erdgeschossräumen wurde als typisches Element des Untergommer Hausbaus vorwiegend zu handwerkli- chen Zwecken genutzt. Darüber liegen zwei vorkragende Wohngeschosse, getragen von sogenannten Vorschutz- Konsolen mit Wappen-Schmuck (Zlauwinen-Wappen). Das westliche, etwas jüngere Gebäude besitzt ebenfalls ein vorkragendes Erdgeschoss. Es weist zudem mit Kiel- bogen und Fragmenten eines Würfelfrieses zahlreiche wertvolle Zierformen auf. An das steinerne Saal-Ge- schoss ist ein 1831 datiertes Stallgebäude mit Pultdach Nach einer mündlichen Überlieferung soll es sich um angebaut. Am Eingang zum oberen Dorf, bei der sagen- eine Burg am nordöstlichen Dorfrand, auf dem höchsten umwobenen Burg, steht als erstes Wohnhaus rechts Punkt der Siedlung in der Strassenbiegung, gehandelt nach der Abzweigung vom Gommerweg, das bescheide- haben. Von einem «alten thurn, genant Zum Steinhuß» ne, von der Strasse abgekehrte, einzige Heidenhaus von schreibt auch der Chronist Johannes Stumpf im 16. Jh. Steinhaus. Das charakteristische Heidenkreuz an der Im Gebiet zwischen Mühlebach und Niederwald lagen Giebelfront des mit Hilfe der Holzjahrringmessung auf ausserdem die alten Siedlungsplätze Löüwine und Rufi- 1482 datierten Gebäudes ist gut erhalten. ne (westlich und östlich des Löüwibachs), Rufibord (öst- lich des Rufibachs) und das um 1830 verlassene Richul- HEIDENHÄUSER schmatt (zwischen Rufibach und Bettelbach); hier gab Heidenhäuser (Heidehischer) gibt es nicht nur im es einen einfachen Steg, der zu den Äckern auf der Nord- Wallis, sondern auch in anderen alpinen und voralpi-

10 11 nen Gegenden der Schweiz. Üblicherweise handelt es ter- und oberhalb begrenzen. Sie wurden früher mit sich dabei um sehr alte, meistens kleine Gebäude. Die Hobelwerkzeugen in Handarbeit aus einem Holzbalken Bezeichnung spielt mit dem Gedanken, ein Gebäude sei gearbeitet. Die ältesten Friese sind an einigen Oberwal- so alt, dass es in der Zeit vor der Christianisierung der liser Wohnhäusern aus dem 15. Jh. als glatte Kamm- Gegend, also von Heiden, erbaut worden sei. Die Heiden- friese bekannt, nach 1500 folgten einfache Rinnen- und häuser weisen als charakteristisches Merkmal in der Rillenfriese. Heidenhäuser weisen deshalb in der Re- Giebelfassade einen Ständer zur Stütze der First auf, in gel keine oder nur einfache Linien als Zierformen auf den die Blockwand des Hauses eingenutet ist. Manch- (Haus Nr. 7 in Mühlebach). Im 17. Jh. gehörten Friese mit mal trägt der Firstständer ein reliefartiges Kreuz, wes- Konsölchen und Würfelchen mit und ohne Wolfszahn halb dieses Bauelement den Namen Heidenkreuz erhielt (einfaches Zackenband) zu den am meisten verbreite- – ein Widerspruch in sich! Zwei Häuser in Mühlebach ten Zierformen an Gommer Hausfassaden. Sogenannte (Nr. 7 und 18) weisen als grosse Ausnahme eingekerb- Pfeilschwanz- und Rautenfriese waren die häufigsten te Zimmermannswerkzeuge auf ihren Firstständern auf. Zierelemente nach 1700. Friese mit Ranken- und Wellen- Die Tradition der Heidenkreuze ging im gesamten Alpen- formen schmückten schliesslich zahlreiche Fassaden im raum im frühen 16. Jh., in einer Zeit des allgemeinen 18. und im frühen 19. Jh. Umbruchs, abrupt zu Ende. BALKENKOPFKAMINE DENDROCHRONOLOGIE Das Balkenkopfkamin ist als besondere Form des Dendrochronologie bedeutet Jahrringforschung beim Rauchfangs eine Spezialität der Hauslandschaft im Holz. Es handelt sich dabei um ein wissenschaftliches Goms, die bis nach 1600 Anwendung fand. Bei die- Verfahren, das erlaubt, das Fälljahr eines Baumes mit- ser primitiven Kaminanlage im Hausinnern wurde der tels Ausmessen der Jahrringe aus dem Holzquerschnitt Rauch der offenen Feuerstelle unter einer satteldachar- zu bestimmen. Da die Witterung den Jahrringabfolgen tig über der Küche eingebauten Bretterdecke gesammelt. ein unverkennbares Muster aufsetzt, charakterisiert Von dort gelangte er durch verschiedene Öffnungen der sich jede Holzprobe durch eine eigene zeittypische Bretter in den Dachraum sowie durch eine kleine, tra- Abfolge von schmalen und breiten Jahrringen. Durch pezförmige Öffnung in der Hausrückwand ins Freie. Die Einordnung der aus einer Holzprobe erarbeiteten gra- wohl letzte solche Anlage im Goms wurde 2002 im Haus fischen Darstellung der Jahrringabfolge in bestehende Nr. 7 in Mühlebach abgebrochen. In einigen Häusern des Referenzkurven kann für jede Holzprobe das entspre- Dorfes haben sich im Innern aber Fragmente des ehe- chende Jahr der Baumfällung bestimmt werden. Nach maligen Balkenkopfkamins erhalten. Zudem sind noch mittelalterlicher Bautradition und nach Erfahrungswer- verschiedene Rauchöffnungen an rückseitigen Haus- ten aus Gebäudeanalysen hat sich die Erkenntnis durch- wänden zu finden, so beispielsweise bei den Häusern gesetzt, dass ein Gebäude in der Regel in dem auf das Nr. 2, 6, 7, 9 und 18. Fälldatum des Holzes folgenden Jahr erbaut wurde. Die mit der Dendrochronologie bestimmten Daten werden SPEICHER UND STADEL mit einem der Jahrzahl beigefügten «d» gekennzeichnet. Der Speicher ist Aufbewahrungsort für alle wertvol- len Lebensmittel und Kleidungsstücke, aber auch für ZIERFRIESE wichtige Schriften. Er besteht aus einem ein- oder zwei- Friese sind zeittypische Zierformen auf Holzbalken, geschossigen Unterbau (wurde oft als Werkstatt oder welche die Fenster bei traditionellen Holzfassaden un- Kleintierstall genutzt), einer niedrigen Zwischenzone

12 13 mit Stützen und Steinplatten, sowie den eigentlichen gemeinsamer Tätigkeit zum erfolgreichen regionalen Speicherräumen im Oberbau. Oftmals besassen mehre- Werk aus. Ihre Nachfolger wandelten den Betrieb 1955 re Eigentümern*innen einen Teil des Speichers, was an in eine Aktiengesellschaft um und erweiterten ihren Tä- der Anzahl Türen (bis vier pro Gebäude) ersichtlich ist. tigkeitsbereich sukzessive auf die gesamte Region. Die Der Stadel sieht ähnlich aus und ist konstruktiv gleich Zentrale in Mühlebach gehört dem Energieversorger EW aufgebaut wie der Speicher, erscheint aber meistens Goms und liefert mit den beiden erneuerten Turbinen grösser und auffälliger im Siedlungsbild. Er ist zudem immer noch Strom ins Netz. erkennbar an der breiteren Stadeltüre im Oberbau, un- ter der die dicken Bodenbretter des Dreschtenns hervor- DER ERNER GALEN treten. Auf diesem Boden wurde in den Wintermonaten Der Ärnergale (Erner Galen) ist ein lang gezogener das geschnittene Getreide gedroschen, das schon vorher Bergrücken auf über 2000 m ü. M am südlichen Rand der im Stadel gelagert worden war. Der Anteil mehrerer Fa- ehemaligen Gemeinde Mühlebach, der sich nach Osten milien an einem Stadel führte oft zu schwierigen Eigen- bis zum 2‘754 m hohen Chummehorn erstreckt. Er wird tumsverhältnissen. südlich und westlich durch das Rappetal begrenzt, in dem der Mühlebach in Richtung seines gleichnamigen ELEKTRISCHER STROM Dorfes fliesst. 1981 entstand auf Initiative einheimischer Die Gründung des Elektrizitätswerks Ernen-Mühle- Skisportbegeisterter an diesem Bergrücken ein kleines bach 1912 war eine echte Pioniertat in ihrer Zeit. Damals Skigebiet, das vom Dorf Mühlebach über das Maiensäss kannte man im Oberwallis die elektrische Beleuchtung Chäserstatt auf die Alp am Erner Galen führte. Mit ei- nur in den Tourismusorten Leukerbad (seit 1889) und nem Sessellift, zwei Skiliften und einem später dazu ge- Zermatt (seit 1894), ausserdem in Brig seit dem Bau des bauten Übungslift bei der Zwischenstation Chäserstatt Simplontunnels (1898 bis 1905). Am 5. Mai 1912 gründe- stand in der Zeit des Skibooms eine Alternative zu den ten 35 Bürger von Mühlebach und Ernen die Genossen- grösseren Skigebieten im Aletschgebiet zur Verfügung. schaft zum Bau eines Kraftwerks. Zwei Wochen später Das Angebot konnte sich aber nicht etablieren, die Gäs- begannen die Bauarbeiten und am 28. Dezember des glei- tezahlen entwickelten sich nach ansprechendem Beginn chen Jahres konnte bereits der erste elektrische Strom stets rückläufig. Die chronische Unterfinanzierung und geliefert werden. Ehrfurchtsvoll schrieb Josef Schmid der daraus folgende technische Investitionsstau konn- aus Ernen, genannt Schriberjosi (1844–1923), Posthalter ten auch mit zweimaliger finanzieller Sanierung nicht in Ernen und Miterbauer des Hotels Ofenhorn in Binn, behoben werden. Dazu gesellten sich mehrere schnee- in seinen Lebenserinnerungen: «Unsere Ahnen würden arme Winter und die lange Zeit fehlende Kooperation es nicht geglaubt haben, wenn man ihnen gesagt hät- mit benachbarten Skigebieten. So musste der Betrieb te, mit dem Wasser aus dem Mühlebach wird man die nach 30 Wintersaisons im Frühling 2011 eingestellt Dörfer Mühlebach, Ernen, und Lax beleuchten.» werden. Mit Ausnahme des Stationsgebäudes auf Chä- Nach schwierigen Anfangsjahren, häufigen Wechseln in serstatt wurden alle Anlagen rückgebaut. Der Parkplatz den leitenden Chargen und Austritten von einigen an der mit dem Kassenhäuschen in Mühlebach sowie langsam Notwendigkeit und dem Erfolg des Werkes zweifelnden verschwindende Waldschneisen der ehemaligen Bahn- Genossenschaftern kam erst 1921 Ruhe in die Unterneh- trassen gehören zu den letzten sichtbaren Zeugen die- mung. Der Fiescher Hotelier Klemens Speckly als Präsi- ser Schneesportanlage aus der Zeit der grenzenlosen dent und der Erner Posthalter Eduard Schmid als Ver- Begeisterung für den Wintersport in den 1970er- und walter bauten das kleine Elektrizitätswerk in 35 Jahren 1980er-Jahren mit dem Motto «Alles fährt Ski».

14 15 KULTURWEG MÜHLEBACH: HÄNGEBRÜCKE GOMS BRIDGE – DORFKERN – KAPELLE

GEHZEIT 40 Minuten

HÖHENMETER 100 m Aufstieg

LÄNGE 1.5 km

BESCHAFFENHEIT Wanderweg, Dorfgassen

breite Hängebrücke (92 m hoch, 280 m lang)

ÖV Postauto in Mühlebach

Matterhorn Gotthard Bahn in Fürgangen

RESTAURANTS in Mühlebach und Fürgangen

Dieser Kulturweg führt von Fürgangen über die Hängebrücke Goms Bridge. Folgen Sie dann dem Weg bis zur Strasse Richtung Ernen. Auf dieser Strasse gehen Sie nach rechts Richtung Westen weiter. Vor der Brücke über den Mühlebach biegen Sie links ab und steigen die steile Dorfstrasse hinauf. Die Objekte befinden sich links und rechts der Dorfstrasse. Als Abschluss besichtigen Sie die Kapelle und ge- niessen den Weitblick.

1|DIE HÄNGEBRÜCKE GOMS BRIDGE

Die Wegverbindung zwischen dem Weiler Fürgangen (gehört zur Gemeinde ) und Mühlebach war frü- her ein viel begangener Kirchweg. Die seit mittelalter- licher Zeit bewohnte Gegend von Bellwald trennte sich erst 1697 von der Mutterpfarrei Ernen; Fürgangen wur- de danach aber immer noch durch den Rektor in Ernen betreut. Nachdem die Bewohner*innen dieses Weilers

16 17 an der Furkastrasse immer häufiger die Pfarrkirche von MARTI HUOBER IM JAR 1558 Fiesch besuchten und sich 1884 sogar am Neubau der IM XV. TAG MERZEN, aber wie- Fiescher Kirche beteiligten, verlor der Kirchweg durch derum ohne seine Gattin Johan- die Schlucht des Rottens (Rhoneschlucht) immer mehr na Clausen, Tochter des Banner- an Bedeutung. 1963 kam Fürgangen schliesslich zur herrn Johann Clausen. An der gut Pfarrei Bellwald. Eine neue Be- erhaltenen Fassade finden sich deutung erhielt der Weg 1914 mit auf der Vorderseite zeittypische der Eröffnung der Furkabahn, Rosskopfkonsolen, traufseitig die die in Fürgangen eine Station für Reste von Rillenfriesen und rück- Bellwald einrichtete. Allerdings seitig, über dem Mauersockel der konnten sich die Mühlebacher ehemaligen Rauchküche, die Öff- damals kaum eine Fahrt mit der nung eines Balkenkopfkamins. Eisenbahn von Fürgangen aus leisten - mindestens bis nach Lax ging man anfänglich zu Fuss. 3|HAUS JOHANNES SCHINER An Beliebtheit gewann der Weg 1956 durch den Bau VON 1668 der Luftseilbahn von der Bahnstation Fürgangen nach Bellwald. Der damals beginnende Tourismus brachte Beim 1668 erbauten zweituntersten Haus am his- zahlreiche Wanderer in die Gegend. Nach einer Felsab- torischen Weg hat sich die Bauherrschaft JOHANNES tragung in den 1980er-Jahren wurde der steile Verbin- SCHINER UND MARIA ZLOWI- dungsweg nach Mühlebach durch ein tektonisch unsta- NEN SEIN HAUSFROW UND biles Gelände immer häufiger unpassierbar. Deshalb HANS SCHINER IHR SOHN UND bildete sich nach der Jahrtausendwende ein Initiativ- MATHE mit Schinerwappen auf komitee zum Bau einer Hängebrücke über die tief ein- dem Deckenbalken in der Stube geschnittene Schlucht. Mit Unterstützung zahlreicher verewigt. Auch der Giltsteinofen Partner*innen und Gönner*innen konnte die 92 Meter stammt aus der Bauzeit – er trägt hohe und 280 Meter lange Goms Bridge im Sommer 2015 die Jahrzahl 1671, die Buchsta- eröffnet werden. Sie verbindet seither ganzjährig die ben H S und das Schinerwappen. Wandergebiete der Gemeinden Bellwald und Ernen. Die traufseitige Fassade weist grosse Würfelfriese auf, die Giebelfassade schöne Ross- kopfkonsolen an den Dachpfetten. Am hinteren Giebel 2|HUBERHAUS VON 1558 hat sich eine Malteserkreuz-Öffnung erhalten.

Das 1558 erbaute, wohlproportionierte Haus mit zeit- typischer Auskragung der Obergeschosse stand als un- 4 HAUS MELCHIOR SCHINER terstes Haus des historischen Baubestandes ursprüng- | lich weit unter dem Dorf, umgeben von einer grossen VON 1563 UND 1584 Wiese. Mit seinem Mauersockel erforderte der Zugang auf der Traufseite eine Steintreppe. Auch dieser Bau Gemäss Inschrift auf dem Deckenbalken in der Stube ist auf dem Deckenbalken in der Stube dokumentiert: wurde das stattliche Haus auf der Nordseite des We- ges von MELCKER SCHINER AM XXVII. TAG im 1563

18 19 IAR erbaut. Dieser stammte aus einer angesehenen Un- 6 SCHINERHAUS tergommer Familie und war mit mehreren damaligen | kirchlichen und weltlichen Würdenträgern verwandt. 1478 (d) UND 1648 Seine Gemahlin Barbara Clausen, Das mit Bauholz von 1478 erbaute stattliche Haus die ebenfalls aus gutem Haus beim unteren Dorfbrunnen erfuhr 1648 einen grossen stammte, wird nicht erwähnt. Umbau. Dabei wurde im Deckenbalken in der Stube der Das bereits 1584 erweiterte und Schinerspruch SOLI DEO GLO- wohl aufgestockte Haus erhielt RIA und die Namen MATTHAE als einziges Wohnhaus in Mühle- SCHINER NICLAVS CASPAR bach einen Saalstock (ursprüng- HANS SINE SOHN IM IAR 1648 lich Werkstatt und Lagerraum) eingekerbt. Die Auskragung des zwischen Keller und Wohnge- Erdgeschosses über dem Kel- schoss. Über dem hohen Mauer- lersockel, die Heidenkreuze an sockel mit Saal-Geschoss kragt das Holzwerk der Gie- beiden Giebeln (rückseitig mit belfassade auf einer Balkenlage vor und verleiht diesem wertvoller Rosette und reliefar- Untergommer Renaissance-Haus ein repräsentatives tig hervorgehobenem Wandholz), Erscheinungsbild. Charakteristische Rosskopfkonsolen die kleine Fensteröffnung aus dem Ursprungsbestand tragen die grosse, weit vorkragende Dachfläche. sowie die Öffnung des alten Balkenkopfkamins auf der Rückseite gehören zu den typischen Elementen dieses gut erhaltenen Gommer Heidenhauses. 5|RAGOZZIHAUS 1494 (d) UND 1778 7 HAUS DES ADOLF GUNTERN SEL. Das erste historische Wohnhaus auf der Südseite der | Strasse von der Brücke über den Mühlebach zum Dorf- (CLAUSENHAUS) zentrum wurde gemäss Jahrring- 1409 (d) UND 1654 messung mit Bauholz von 1494 erbaut. Gemäss Inschrift am De- Das breit gelagerte Wohnhaus am Fuss des Kapellen- ckenbalken der Stube erfuhr es hügels weist zwei Bauetappen auf. Das Hauptgebäude 1778 einen Umbau, bei dem sich auf der rechten Seite wurde mit Holz aus dem Jahr 1409 die Bauherrschaft Christophoro erbaut, der linksseitige Anbau Ragozzi und Maria Magdalena mit einem alten Giltsteinofen Clausen verewigte. Eine weite- mit Erner Wappen stammt wohl re Renovation erfolgte 1880, wie aus der ersten Hälfte des 16. Jh. eine Inschrift in der Stube auf 1654 erfolgte eine Renovation der Südseite belegt. 1950/51 wurde das ganze Haus er- (Inschrift auf dem Deckenbalken höht, das Hinterhaus grösstenteils ersetzt und die Fas- der Stube mit Nennung der SE- sade mit Eternit verkleidet. LIGEN HANS CLAUSEN UND KA- THARINA SCHINER. Als einziges Gommer Haus weist der ältere

20 21 Gebäudeteil ein Rillenfries auf. An beiden Giebelfassa- mit reliefartigem Kreuz, auf der Rückseite belegen alte den sind Heidenkreuze vorhanden, rückseitig mit einem Öffnungen zwei Balkenkopfkamine. Im südlichen Teil eingekerbten Kreuz, einer Axt und einem Winkeleisen. des Hauses erwähnt eine nur noch fragmentarisch er- Dort findet sich auch die gut erhaltene Öffnung des haltene Bauinschrift ein Baujahr aus dem 18. Jh. und die ehemaligen Balkenkopfkamins. Lange Jahre wurde das damalige Bauherrschaft MARTI HOLZER UND MAGDA- Haus vom Dorforiginal Adolf Guntern bewohnt. Nach LENA BIRCHER. dessen Tod erfolgte 2002 ein tiefgreifender Innenumbau mit Abbruch des Balkenkopfkamins und anschliessend, unter neuer Besitzerschaft, eine sorgfältige Restaurie- 10|GEBURTSHAUS VON KARDINAL rung des noch vorhandenen wertvollen Baubestands. MATTHÄUS SCHINER, 1435 (d)

Das Geburtshaus des einflussreichen Kardinals Mat- 8|KLEINES HEIDENHAUS, 1448 (d) thäus Schiner (um 1470–1522) wurde mit Bauholz er- richtet, das 1435 gefällt wurde. Das Bauholz für das kleine Im mächtigen Kellersockel wa- Wohnhaus oberhalb des unte- ren früher Kleintierställe unter- ren Dorfbrunnens wurde 1448 gebracht. Die Rosskopfkonsolen geschlagen. Seither wurde das auf der Rückseite, eine typolo- Gebäude, dessen Stube die gan- gische Analyse des Grundrisses ze Giebelfassade in Anspruch sowie die fehlenden Balkenkopf- nimmt, mehrmals umgebaut. kamine weisen auf einen spä- Ausser einem Heidenkreuz- teren Umbau hin, bei dem die fragment finden sich an diesem Firstrichtung des Hauses wohl Kleingebäude weder Inschriften um 90 Grad gedreht wurde. 1958 kam das leer stehende noch Zierformen. Es repräsentiert den Haustyp eines Haus in den Besitz des Kantons Wallis, der es 1967 un- Kleinbauern im ausgehenden Mittelalter am unteren ter Wahrung des Äusseren tiefgreifend umbauen liess. Ende der sozialen Hierarchie. Dabei kam der 1546 datierte Stubenofen ins Geschichts- museum in Sitten. Die Heidenkreuze an beiden Giebeln wurden damals erneuert. 9|HOLZERHAUS, 1446 (d)

Neben dem kleinen Heiden- 11|ZELTENHAUS, haus von 1448 war zwei Jahre 1437 (d) früher ein Doppelhaus entstan- den, dessen Holzfassade gegen- Das südlich an das Schiner- über dem massiven Steinsockel haus angrenzende, im Dorf frü- zurückspringt. Ursprünglich lag her als Zeltenhaus bekannte Ge- in beiden Hausteilen nur eine bäude, konnte auf das Jahr 1437 Stube. Auf der Vorderseite findet datiert werden. 1564 oder 1514 sich ein Heidenkreuzfragment erhielt das Haus laut Jahrzahl

22 23 auf dem Deckenbalken in der Stube eine Renovation. Im und Magdalena Dafornen werden mit der Jahrzahl 1738 18. Jh. (Inschrift und Jahrzahl 1751 in der Kammer im auf den Deckenbalken erwähnt. Im ersten Stockwerk Anbau Süd, 1769 am Kaminmantel und an der Decke im finden sich barocke Stubentäfer, Fenster mit Bleivergla- Obergeschoss, 1779 am Stubenofen) folgten weitere Um- sung sowie die Jahrzahl 1742 auf dem Kaminmantel in bauten. Nach langem Leerstand erhielt das Haus 1958 der Küche. einen tiefgreifenden Umbau im Innern, dessen Eingriffe seit 2004 sukzessive wieder verbessert wurden. 14|HAUS DES BANNERHERRN JOHANN CLAUSEN VON 1501 12|KLEINER SPEICHER, 1381 (d) Das Haus wurde gemäss In- Das kleine Speichergebäu- schrift in der Stube 1501 durch de mit traufseitigem Eingang HANS CL[A]USEN BANDERETUS, unterhalb der steil abfallenden dem damaligen Gommer Ban- Strassenkurve wurde laut Jahr- nerherrn erbaut. Es handelt sich ringanalyse nach 1381 erbaut. um das älteste durch Inschrift Der gut erhaltene Speicher auf datierte Haus im Goms. 1761 ist einem traditionellen Unterbau mit einer Jahrzahl auf dem Ka- gilt als ältestes dendrochronolo- minmantel in der Küche ein Um- gisch datiertes und vollständig bau dokumentiert. Der mächtige erhaltenes Gebäude im Goms. Mauersockel aus regelmässig behauenen Steinen und Unregelmässige Balkenvorstösse an den Wandecken be- einer nischenartig zugemauerten Türöffnung (?) wird stätigen das hohe Alter des Gebäudes. Äusserst selten auch als Überrest eines mittelalterlichen Herrenhauses bei Speicherbauten sind die hier an beiden Giebeln vor- gedeutet. Darüber weist die kräftig vorkragende Gie- handenen Heidenkreuze. belfassade eine Firstpfette mit Bugstrebe (anstatt Hei- denkreuz) und reliefartigem Andreaskreuz auf. Auf der Traufseite sind Rillenfriese sowie ein altes Fenster mit 13|CLAUSEN- UND HOLZERHAUS, Bleiverglasung erhalten. 1389 (d) UND 1738

Der älteste Hausteil (Keller 15|BIRCHERHAUS VON 1644 und erstes Stockwerk) wurde laut dendrochronologischer Untersu- Das ostseitig an das Haus des chung 1389 erbaut, eine Inschrift Bannerherrn Clausen angebaute auf dem Deckenbalken bezeugt bescheidene Wohnhaus wurde zudem einen Umbau im 16. Jh. laut Inschrift auf dem Decken- 1738 entstand darüber ein neues balken in der Stube 1644 von Jo- Obergeschoss. Die Bauherrschaft der Bircher und Barbara Clausen Christen Holzer und Maria Zmi- erbaut. Ausnahmsweise finden lachern sowie Johannes Clausen sich die Hauptfenster auf der

24 25 Südseite, das Haus ist also traufseitig und nach Süden ren, Abteilen steht auf einem mächtigen Unterbau am hin orientiert. Diese Fassade weist auch zahlreiche, für steilen Abhang. Bemerkenswert sind die reich verzierten das 17. Jh. charakteristische Konsölchenfriese auf. An Türpfosten. Das Gebäude gehört dem Kanton Wallis und die offene Laube auf der Nordseite schliesst das ehe- ist mit Lärchernschindeln gedeckt. mals charakteristische Aborthäuschen an.

18|SEILERHAUS, 1497 (d) 16|GEMEINDEHAUS, 1424 (d) Auf einem hohen Bruchsteinsockel erhebt sich das Gemäss Kaufurkunde von 1707 im Gemeindearchiv nach 1497 erbaute Heidenhaus. Der Sage nach wurde kam dieses Haus ohne Bauinschrift von den mehr als das Haus zusammen mit dem Schinerhaus von zwei 20 Erben eines Thomas Clausen Brüdern erbaut; bis in neueste Zeit gehörte ein Keller an die Gemeinde Mühlebach. Im zum Schinerhaus. Gemäss der Jahrzahl 1767 auf dem Jahr zuvor datiert der in der Stu- Kaminmantel wurde damals eine Trächa (Rauchfang be eingebaute und laut Inschrift über der offenen Feuerstelle) ein- der Burgergemeinde zugeschrie- gebaut. Das 1798 datierte, spät- bene Giltsteinofen. Erbaut wurde barocke Stubenbuffet und der das Haus im Zentrum des oberen Giltsteinofen von 1868 gehören Dorfteils gemäss Holzjahrring- zum wertvollen Interieur, ebenso messung aber bereits 1424. Im die drei Kerbschnitzrosetten am frühen 20. Jh. diente es zeitweise Deckenbalken in der Stube. Die als Schulhaus. 1968 wurde es renoviert und um drei Bal- Fassade weist weder Auskragung kenlagen erhöht, 1995 erfolgte ein weiterer Umbau im noch Zierfriese auf. An beiden Innern. Die schmucklose, über dem Sockelgeschoss kräf- Giebelseiten findet sich ein Hei- tig auskragende Giebelfassade weist ein Heidenkreuz denkreuz, auf der Rückseite mit eingekerbten Zimmer- zwischen zwei kreuzförmigen Öffnungen auf. Rücksei- mannswerkzeugen und einer Rosette. Daneben ist die tig ist das ursprüngliche, reliefartig geschnitzte Heiden- Öffnung eines ehemaligen Balkenkopfkamins erhalten. kreuz erhalten.

19|STADEL, 1549 (d) 17|SCHINERSPEICHER VON 1649 Der mit Holzjahrringmessung Der zum Geburtshaus von ins Jahr 1549 datierte Stadel ge- Kardinal Matthäus Schiner gehö- hört zu den grössten Nutzbau- rende Speicher wurde laut Fas- ten im Dorf. Das markante Ge- sadeninschrift 1649 erbaut (1649 bäude am Beginn des Alpwegs MARIA rechts im Giebelfeld). Das nach Chäserstatt weist einen zweistöckige Speichergebäude gemauerten Keller und ein dar- mit insgesamt vier, ursprünglich über aufgebautes Stockwerk mit über Aussentreppen erreichba- Kleintierstall und sogenannter

26 27 Wannstube auf, wo nach dem Dreschen des Getreides Kamm- und Rillenfriese auf. Beim letzten Umbau wurde die Hülsen vom Korn getrennt wurden. Über den neun der seitliche, ursprünglich offene Laubenanbau in den Stützen erhebt sich ein hohes, zweistöckiges Stadelge- Hausgrundriss einbezogen. bäude. Mehrere Türen zeigen auf, dass das Gebäude ver- schiedenen Miteigentümer*innen gehörte. 1982 wurde das gesamte Gebäude repariert, teilweise rekonstruiert 22|BORTSTADEL VON 1535 und mit einem traditionellen Schindeldach aus Lärchen- holz versehen. Der imposante Stadel mit Speicherraum am östlichen Dorfeingang wurde gemäss In- 20|SPEICHER ZUM SEILERHAUS, schrift an der Fassade 1535 (M 1573 (d) VC XXXV) erbaut. Er weist die älteste Fassadeninschrift im Der stattliche Speicher mit ei- Goms mit Jahrzahl auf. Unter ei- nem traditionellen Schindeldach nem vorkragenden Obergeschoss gehört als Einzelgebäude zum findet sich die breite Stadeltüre, benachbarten Wohnhaus Nr. 18. die zum ehemaligen Dreschplatz Er wurde gemäss dendrochro- führte, daneben liegt ein kleiner Speicherraum. Die übli- nologischer Analyse nach 1573 chen Stützen über dem hölzernen Unterbau mit ehema- erbaut. Auf einem hölzernen Un- ligen Ställen wurden in neuerer Zeit entfernt. tergeschoss ist seit Jahrzehnten eine Holzwerkstatt eingebaut. Über sechs Stützen erhebt sich 23|AMBORTHAUS VON 1543 ein zweistöckiges Speichergeschoss, das in zwei Abteile unterteilt ist. Auf den umlaufenden Lauben wurden in Das Wohnhaus neben dem Bortstadel wurde laut früheren Zeiten Früchte und Gemüse aus dem eigenen Inschrift auf dem Deckenbalken in der Stube 1543 (M Garten getrocknet. VC XXXX III) von Hans Ambort erbaut, einem in zeit- genössischen Schriften oft ge- nannten Mühlebacher. Die ne- 21|BERGMANNHAUS VON 1538 ben der Inschrift dargestellten Familienwappen (auch seiner Bauherr dieses oberhalb des nicht genannten Gattin) finden grossen Parkplatzes gelegenen sich ebenfalls am benachbarten zweistöckigen Hauses mit gros- Bortstadel. An der hinteren Gie- sem Kellersockel war laut In- belfassade des seit 2016 wieder schrift ein sonst kaum bekann- mit traditionellen Holzschindeln ter «Pergman». Die Inschrift auf gedeckten Hauses ist die Öffnung dem Deckenbalken in der Stube des ehemaligen Balkenkopfkamins erhalten, auf der Vor- nennt das Baujahr 1538 (M VC derseite zahlreiche Rillenfriese. Der steinerne Fassaden- XXX VIII). Die Fassaden weisen teil markiert den Standort der ehemaligen Rauchküche.

28 29 Zwischen Stallscheunen und Gärten führt von hier ein Weg auf den Biel (Hügel, Erhebung) zur Kapelle. KULTURWEG WASSERKRAFT VON MÜHLEBACH BIS POST- AUTOHALTESTELLE ERNEN / 24|DIE KAPELLE WASEN – ZAUBERWALD DER HEILIGEN FAMILIE

Die Kapelle von Mühlebach ist der Heiligen Familie geweiht. Sie wurde 1673–1676 anstelle eines Vorgän- gerbaus errichtet, dessen qualitätsvolle spätgotische Skulpturen teilweise in die Pfarrkirche von Ernen ge- langten. Der schlichte Rechtecksaal unter steilem Sat- GEHZEIT 2 Stunden teldach richtet sich mit seinem dreiseitigen Chor gegen HÖHENMETER 300 m Aufstieg und 200 m Abstieg Südosten. Im Inneren trennt ein schmuckvolles Gitter das ton- LÄNGE 5 km nengewölbte Schiff vom geräu- BESCHAFFENHEIT Wanderweg migen Chorraum. Der Altar aus ÖV Postauto in Mühlebach, Ernen, Wasen / Zauberwald der Bauzeit der Kapelle zeigt, im altertümlichen Stil einer späten Matterhorn Gotthard Bahn in Fürgangen Renaissance-Ornamentik, in der RESTAURANTS in Mühlebach, Ernen und Hauptnische die Heilige Fami- lie und die Taube des Heiligen Der Kulturweg «Wasserkraft» beginnt bei der Brücke über den Mile- Geistes, vereinigt zur Gruppe des bach am westlichen Dorfeingang von Mühlebach. Dann geht es steil Heiligen Wandels. Eine bekrönende Gottvaterfigur ver- die Dorfstrasse hinauf zum oberen Dorfbrunnen. Folgen Sie dort zu- vollständigt die Dreifaltigkeitsdarstellung in der Mit- erst dem Weg nach Chäserstatt und dann dem untersten Weg zur telachse. Die körperhafteren Statuen der Seitenachsen, Wasserfassung beim Milebach (zusammen rund 500 m). Zurück im links der Evangelist Johannes und rechts Katharina, Dorf entdecken Sie das Maschinenhaus des Wasserkraftwerks. Beim verraten die Hand des einheimischen Künstlers Moritz alten Backhaus vorbei überqueren Sie den Bach und steigen steil hi- Bodmer. Die Seitenaltäre in neuromanischen Ädikulen nauf zur Wasserleite Trusera, der Sie bis auf den Wasen folgen. aus dem 19. Jh. enthalten grosse Altarbilder des späten 17. Jh.: links ein Rosenkranzbild, rechts eine provinzi- elle Darstellung des sterbenden heiligen Josefs. An der 25 DER MILEBACH rechten Seitenwand hängen drei Skulpturen: der heilige | Johannes, Maria mit Kind und Jakobus der Ältere, deren Der Milebach entspringt auf gut 2‘700 m ü. M. am Figurenstil ebenfalls eine Zuweisung an Moritz Bodmer Rappegletscher zuhinterst im Rappetal. Sein Wasser erlaubt. Sie stammen aus dem ehemaligen Bildstock St. wurde auf vielfältige Weise genutzt. Es trieb Mühlen, Jakob östlich des Dorfes. Die weiteren Skulpturen sind Hammerschmieden und Sägen in Mühlebach und Ernen Werke des 16. bis 18. Jh. in unterschiedlicher Qualität. an. Die Wasserleiten/Suonen mit Wasser aus dem Mile- Früher spielte am St. Josefstag, 19. März, die Dorfmusik bach waren die eigentlichen Lebensadern der Landwirt- auf dem Kapellenhügel. schaft. Nur dank der Bewässerung der Felder mit dem

30 31 mineralienreichen Wasser war wallis war Strom nur in Zermatt, eine gesicherte Ernte möglich. Leukerbad und Brig bekannt. In Die Dorfera brachte das Lösch- letzterem wurde er wegen des wasser nach Ernen. Noch heute Baus des Simplontunnels ver- wird der Milebach für die Strom- fügbar. Am 5. Mai 1912 wurde produktion genutzt und die an- die Genossenschaft für den Bau fallenden Wasserzinse sind eine des Kraftwerks in Mühlebach wichtige Einnahmequelle der gegründet, am 20. Mai 1912 war Gemeinde Ernen. Wie bei allen Baubeginn und bereits am 28. Gletschern ist die Zukunft des Dezember 1912 wurde Strom pro- Rappegletschers ungewiss: Weil es sich um einen klei- duziert. Diese kurze Bauzeit ist mehr als erstaunlich, da nen Gletscher handelt, gehen Klimamodelle davon aus, elektrische Anlagen noch mit viel Unwägbarkeiten ver- das er bis Mitte dieses Jahrhundert wegschmilzt. bunden waren. Die Anlagen im Maschinenhaus wurden laufend modernisiert und liefern nach wie vor sauberen Strom aus Wasserkraft. 26|WASSERFASSUNG BEIM MILEBACH

An zwei Stellen wird dem Milebach Wasser für die 28|ALTES BACKHAUS Stromproduktion entnommen. Beim Niederärner Chäl- ler wird es in einer Mikrozentrale genutzt und ins Aus- Im alten, mehrmals umgebauten Backhaus wurde bis gleichsbecken Uf en Egga auf 1963 von verschiedenen Familien des Dorfes regelmäs- 1742 m ü. M. gepumpt. Von dort sig Roggenbrot gebacken. Dieses kam anschliessend in stürzt es in einer unterirdischen den eigenen Speicher und diente bis zum nächsten Back- Druckleitung 740 Höhenmeter hi- termin als Grundnahrungsmittel. Das am Mühlebach nunter in die Zentrale Mubisa, wo gelegene Gebäude diente viele es zwei Turbinen antreibt. Ober- Jahre auch als Schlacht- und halb von Mühlebach wird bereits Waschhaus und zwischendurch seit 1912 Wasser gefasst und in auch zum Schnapsbrennen. Es einer Röhre zum Maschinenhaus handelt sich somit um ein eigent- in Mühlebach geleitet. Es lässt liches Mehrzweckgebäude. Im sich gut beobachten, wie das Wasser entnommen und Jahr 1999 fassten interessierte nach der Stromproduktion wieder dem Milebach zuge- Bewohner*innen von Mühlebach führt wird; Restwasser bleibt nach der Fassung je nach den Entschluss, das verlassene, Jahreszeit nur wenig übrig. für das frühere Dorfleben aber wichtige Gebäude in Fronarbeit zu renovieren. Heute sind die Backstube mit Giltsteinofen und der grosse 27|MASCHINENHAUS IN MÜHLEBACH Backofen wieder in Betrieb. Nebst diversen Festen ver- anstaltet eine initiative Arbeitsgruppe seither regelmäs- Die Gründung der Elektrizitätswerk-Ernen-Müh- sig ein Schaubacken, bei dem die in gemeinsamer Arbeit lebach-AG im Jahr 1912 war eine Pioniertat: Im Ober- hergestellten Brote an interessierte Besucher*innen ver- kauft werden. 32 33 29 WASSERLEITE TRUSERA len, 1951–1954 erbaut, wird es durch die Bergflanken ge- | führt und stürzt in einer gewaltigen, teils oberirdischen Röhre über 300 Höhenmeter hinunter zu den zwei Turbi- Die längste Wasserleite (im Mittelwallis Suone, im nen im darunterliegenden Kraftwerk. Die mittlere Jah- Unterwallis bisse genannt) im Landschaftspark Binntal resproduktion beträgt rund 185 Millionen Kilowattstun- ist die Trusera (Betonung auf der ersten Silbe), welche den. Die Elektrizitätswirtschaft ist wohl die wichtigste das Gletscherwasser vom Rappetal durch den Erner- Arbeitgeberin der Region. Der Bau der Kraftwerke und wald über den Wasen zum Bewässern der Wiesen und die damit verbundenen sicheren Arbeitsplätze brach- zum Tränken des Viehs in die Bin- ten bescheidenen Wohlstand und auch den Wandel der nachra brachte. Sie wurde 1499 Landwirtschaft, die zuvor das karge Auskommen für die erstmals in einem Kaufakt er- breite Bevölkerung ermöglichte. wähnt. Lange war sie nicht mehr in Betrieb. Viele Suonen wurden als Folge moderner Bewässe- rungsanlagen aufgegeben. In jüngster Zeit erleben sie eine Re- naissance: Ihr Wert als wichtiges Kulturgut und Touristenattrakti- on wurde erkannt. Seit 2006 läuft auch das Wasser der Trusera wieder und entlang des munteren Wasserlaufs führt ein beliebter Wanderweg. In der Blütezeit schmü- cken einheimische Orchideenarten, darunter das Rote Waldvögelein, den Wegrand. Oberhalb von Ernen kreu- zen sich die Trusera und die Leitung der Wasserversor- gung von Ernen. Das Wasserreservoir liegt wenig unter- halb der Trusera versteckt im Wald. Kurz danach steht links eine gewaltige Rottanne mit mehreren Stämmen.

30|DURCHLAUFBECKEN WASEN

Kurz vor dem Wasen führt der Weg über das grosse Durch- laufbecken des Wasserkraft- werks Z’Brigg, ein eindrucksvol- les Bauwerk aus Beton, das von den Wassermassen durchströmt wird. Das Wasser kommt aus dem Rotten (wie die Rhone im Ober- wallis heisst) in Gluringen. In einem rund 11.5 km langen Stol-

34 35 KULTURWEG STEINHAUS

GEHZEIT 55 Minuten

HÖHENMETER 135 m Aufstieg und 75 m Abstieg

LÄNGE 2.5 km

BESCHAFFENHEIT Wanderweg, Flurweg

ÖV Postauto in Mühlebach und Steinhaus

Matterhorn Gotthard Bahn in Niederwald

RESTAURANTS in Mühlebach und Niederwald

Nehmen Sie das Postauto nach Mühlebach oder Steinhaus oder par- kieren Sie beim Ausgangspunkt bei der Strassengalerie vor Stein- haus. Von dort führt der Kulturweg ins Dorf Steinhaus und weiter zum ehemaligen Weiler Richulschmatt. Von dort wandern Sie entwe- der zurück nach Steinhaus oder weiter nach Niederwald.

31|LÖÜWIBACH (LAWINENBACH) MIT STRASSENGALERIE

Der Löüwibach bildet eine der zahlreichen Zäsuren im Relief des steilen Erosionshangs zwischen dem Er- ner Galen und dem Rhonetal. Wie sein Name unmiss- verständlich festhält, handelt es sich hier um einen der gefährlichen Gräben, welche den alten Gommerweg zwi- schen Ernen und Niederwald im Winter bedrohten und zeitweise unterbrachen. Alte Einwohner der benachbar- ten Dörfer Mühlebach und Steinhaus berichten, dass sie jeweils bei grossem Schneefall im Winter beim Graben 36 37 nachschauten, ob die Löüwena (Lawine) bereits gekom- Stützen auf ein neueres Stallgebäude von 1904 gestellt, men sei. Dann war nämlich die Gefahr gebannt und der schliesst den hübschen Platz hangseitig ab. Die 1728/29 Weg, der früher zu vielen, auch im Winter benützten erbaute Kapelle ist der Heiligen Familie geweiht. Der Aussenställen führte, konnte nach der Freilegung vom schlichte, geostete Bau besteht aus einem Rechteck- Lawinenschnee wieder gefahrlos schiff mit leicht abgewinkeltem Chor und einer talseiti- begangen werden. Während Jahr- gen Sakristei. Das Innere überrascht mit einer vielfälti- hunderten war Steinhaus nach gen Ausstattung. Der sorgsam eingepasste, dreiachsige einem Lawinenniedergang von Altar wiederholt das Programm aus der Kapelle von der Aussenwelt abgeschnitten. Mühlebach mit der Heiligen Familie, begleitet von der Diese Einschränkungen konnten Taube des Heiligen Geistes und bekrönt von einer Gott- erst in neuster Zeit mit dem Bau vaterfigur. In den Seitennischen erscheinen der heilige der 1987 eröffneten Strassenga- Antonius von Padua (links) und Anna, die mädchenhafte lerie beseitigt werden. Seither Mutter Mariens. (rechts). Der Altar stammt wohl aus der ist das Dorf ganzjährig über die Werkstatt des Mühlebacher Bildhauers Johann Josef Strasse erreichbar. Beidseits des Löüwibachs lagen zwei Bodmer (1670–1743). Zur weiteren Ausstattung gehören alte Siedlungsplätze: Löüwine auf der westlichen Seite Gemälde aus dem 17. und 18. Jh. sowie eine Skulptur der (zur ehemaligen Gemeinde Mühlebach gehörend) ist mit Marienkönigin aus der ersten und ein Chorbogenkruzi- zwei Ställen im Gelände heute noch erkennbar, und Rufi- fix aus der zweiten Hälfte des 17. Jh. ne auf der östlichen Seite, wo ebenfalls noch zwei Ställe stehen. 33|RUFIBACH (RÜFENBACH) 32|DORFPLATZ MIT KAPELLE Der Rufibach, unmittelbar östlich an Steinhaus an- IN STEINHAUS schliessend, gehört zu den tiefsten Wassergräben in der ganzen Region. Seinen Namen erhielt er von den nach Ein kleiner, wohlproportionierter Platz mit Brunnen einem ausgedehnten Gewitterre- wird im südlichen Dorfteil von einem reizvollen Bau- gen niedergehenden mächtigen ensemble aus charakteristischen Gesteinslawinen, die sich von Walliser Bauten und der Dorfka- den höheren Flanken des Gra- pelle eingerahmt. Den südlichen bens lösen und zu Tal donnern. Abschluss bildet die 1794 erbau- Seit langer Zeit wird deshalb das te ehemalige Sennerei, die lange von der Natur in den Talgrund Jahre als Gemeindehaus diente. beförderte Gestein in einem Kies- Das neben dem Gemeindehaus werk am Rottenufer ausgebeutet. gelegene Wohnhaus aus dem frü- Die Brücke über den Rufibach hen 16. Jh. soll aus einer ehemals war seit Menschengedenken jeweils ein Opfer dieser Na- bewohnten Terrasse über dem turgewalten. In neuerer Zeit wurde sie als resistente Be- ehemaligen Weiler Rufibord hierhin versetzt worden tonkonstruktion erbaut, die wegen ihrer Standhaftigkeit sein. Daneben finden sich etliche Nutzbauten von hohem nun oft als Rückhaltesperre für die mächtigen Stein- Wert für das Ortsbild. Der imposante Stadel, heute ohne massen wirkt und diese dann seitwärts verteilt. Östlich

38 39 des Rufibachs lag der alte Siedlungsplatz Rufibord, wo der Inschrift «Die lobliche Gemeind Steinhaus und Ri- heute noch ein 1956 vollständig umgebautes Wohnhaus chelsmat – Im Jar 1794 den 12. Abrilis». Um 1830 sol- aus dem 17. Jh. steht. Seit 1974 führt die Gasleitung der len die letzten Bewohner aus der Siedlung abgewandert Swissgas von Obergesteln in die Region des Genfersees sein, der Überlieferung nach zogen sie samt ihren Häu- durch das Goms. Dabei überquert sie auf einer hoch über sern nach Steinhaus. Heute erinnern nur noch zerfallen- dem Graben erbauten Gitterbrücke auch den Rufibach. de Stallscheunen an die ehemals bedeutungsvolle Sied- Die Gasleitung ist in der Gommer Landschaft gut an den lung Richulschmatt am Weg zwischen Steinhaus und orangen, mit Nummern versehenen Tafeln entlang ihres Niederwald (siehe Abbildung in Stebler 1903, S. 39). Trassees erkennbar. Ohne Druckreduzierstationen ist es den angrenzenden Dörfern im Durchleitungskorridor aber leider nicht möglich, von diesem umweltfreundli- chen und für die Landesversorgung wichtigen Energie- transport zu profitieren.

34|DER EHEMALIGE WEILER RICHULSCHMATT

Der ehemalige Weiler Richulschmatt gehörte zu einer Reihe mittelalterlicher Siedlungsplätze im Gebiet zwi- schen Mühlebach und Niederwald. Talaufwärts bekannt sind die Namen von Löüwine und Rufine (westlich und östlich des Löüwibachs), Rufibord (öst- lich des Rufibachs) und Richul- schmatt (zwischen Rufibach und Bettelbach). Im Visitationsakt von 1687 werden in Rufibord und Richulschmatt sogar eigene Ka- pellen erwähnt, die zu unbekann- ten Zeiten aber verschwunden sind. Richulschmatt war wohl die bedeutendste dieser kleinen, selbständigen Siedlungen – sogar mit eigener Gerichtsbarkeit. 1530 schloss sie eine Bauernzunft mit der Gemeinde zwischen den Bächen (Steinhaus). Nach- dem die Pest von 1629 ihren Niedergang eingeleitet ha- ben soll, vereinigte sich die Kleinsiedlung mit der nun erstarkten Nachbargemeinde. Im ehemaligen Gemeinde- haus von Steinhaus bezeugt die Inschrift am Dielbaum (Deckenbalken) in der Stube den Zusammenschluss mit

40 41 WEITERFÜHRENDE LITERATUR

Carlen, Anton: Zwischen zwei Brücken. Die Pfarrgemeinde Ernen, ihre alten Häuser und ihre einstigen Bewohner. In: Blätter aus der Walliser Geschichte. Bd. 12, S. 269–433. Brig 1963. MUSEEN UND AUSSTELLUNGEN Egloff, Wilhelm; Egloff-Bodmer, Annemarie: Die Bauernhäuser des Kantons Wallis. Band I: Das Land, der Holzbau, das Wohnhaus. IM LANDSCHAFTSPARK BINNTAL Basel 1987. Hanschbielhütte, Binntal Flückiger-Seiler, Roland & Mutter, Benno: Ernen und Umgebung. Schweizerische Kunstführer. GSK, Serie 59, Nr. 581/582. Bern Jost-Sigristen-Museum, Ernen 1995. Kirchenmuseum, Ernen Mineralienmuseum, Fäld Flückiger-Seiler, Roland: Die Bauernhäuser des Kantons Wallis. Band 2: Das Wohnhaus in Steinbauweise und die Vielzweckbau- Rathaus des Zenden Goms, Ernen ten (Val d’Illiez). Basel 2000. Regionalmuseum, Binn Tiermuseum, Blitzingen Lambrigger, Josef: 800 Jahre Pfarrei Ernen 1214-2014. Fiesch 2014.

Ruppen, Walter: Die Kunstdenkmäler des Kantons Wallis. Band 2: Entdecken Sie Ihre eigenen Kulturwege. Das Untergoms. Die ehemalige Grosspfarrei Ernen. Basel 1979. Der Landschaftspark Binntal bietet ein weitver- zweigtes Wanderwegnetz. Schmid, Wilhelm: Aufzeichnungen von Joseph Anton Valentin Schmid (1844–1923). Sonderdruck aus: Blätter aus der Walliser Wanderkarten und -literatur begleiten Sie. Geschichte XLVIII. 2016. Lernen Sie die Gegend auf Dorfführungen, Stebler, F.G.: Das Goms und die Gomser. 1991 neu erschienen als Faksimile-Nachdruck. Visp 1903. botanischen Führungen und Mineralienführun- gen kennen.

Informationen: Tourismusbüro Ernen Dorfplatz, 3995 Ernen Tel. +41 (0)27 971 50 55 [email protected] www.landschaftspark-binntal.ch

Weitere Tourismusbüros in 42 Binn und Grengiols 43 KULTURWEGE IM LANDSCHAFTSPARK BINNTAL

Die vorliegende Broschüre «Kulturwege Mühlebach und Steinhaus» begleitet Sie auf Spaziergängen und kurzen Wanderungen. Sie finden Angaben zu den Wegen, Hin- tergrundtexte zu ausgewählten natur- und kulturland- schaftlichen Themen und kurze Beschreibungen zu Se- henswürdigkeiten. Wir möchten das genaue Beobachten anregen, Einblicke in die besuchte Lebenswelt ermögli- chen und so die Verbundenheit mit der Umgebung stär- ken.

Folgende 5 Kulturwege-Broschüren sind erhältlich:

• Binntal • Blitzingen und Niederwald • Ernen und Niederernen • Grengiols und Bister • Mühlebach und Steinhaus

Wir wünschen Ihnen spannende Entdeckungen, be- reichernde Begegnungen und frohe Stunden im Land- schaftspark Binntal.

LANDSCHAFTSPARK BINNTAL Postfach 20, 3996 Binn [email protected] www.44 landschaftspark-binntal.ch