Ágrip

Höfuðviðfangsefni ritgerðarinnar er safn þýskra þjóðkvæða og –vísna, Des Knaben Wunderhorn. Hér verður fjallað um tilurð þess og áhrif á þýska ljóðagerð. Tónlist hefur verið samin af ýmsum þekktum tónskáldum við mörg kvæðanna og verða sönglög Gustavs Mahlers sérstaklega skoðuð hér. Textar við tvö af sönglögum hans, samin við ljóð úr safninu, verða ljóðgreind, ásamt upprunalegu kvæðunum og þau borin saman.

Í kringum 1770 átti sér stað í Evrópu aukin þjóðernisvakning, sem endurspeglaðist m.a. í áhuga á þjóðvísum og þjóðlögum. Undir áhrifum þessarar vakningar héldu skáldin og af stað að safna saman þýskum þjóðvísum. Afraksturinn gáfu þeir út í þremur bindum á árunum 1805 – 1808. Ljóðasafnið inniheldur yfir 700 ljóð, en er þó ekki óumdeilt, fyrst og fremst vegna þess þeir félagar eru taldir hafa ritstýrt ljóðunum einum of mikið. Ljóðasafnið hafði þó mikil áhrif á þýska ljóðagerð. Af ljóðum í safninu hrifust einnig mörg tónskáld og sömdu tónlist við mörg þeirra. Þar af hafa sönglög Gustavs Mahlers orðið hvað þekktust. Hann var mikill aðdáandi ljóðanna og samdi sönglög við yfir 20 ljóð úr safninu ásamt því að nýta sér efnivið nokkurra sönglaga í aðra, þriðju og fjórðu sinfóníu sína. Eins og Brentano og Arnim umgekkst Mahler ljóðin af hæfilegri virðingu; hann setti stundum saman tvö ljóð, eða bætti við þau frá eigin brjósti til að búa til texta við sönglög sín. Í rannsóknarspurningu er því velt upp hvort og þá hvaða munur sé á táknmyndum upprunalegu ljóðanna og söngtextum Mahlers og hvernig og hvort sá munur breyti merkingu ljóðanna. Í meginkafla ritgerðarinnar eru táknmyndir ljóðanna skoðaðar og ljóðin túlkuð og borin saman. Að lokum eru helstu niðurstöður reifaðar.

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Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung 2. Der Ursprung und die Entwicklung der Idee der Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ 2.1. Clemens Brentano und Achim von Arnim 2.2. „Des Knaben Wunderhorn“ – von einer Idee zu einem Buch 2.3. Die Bedeutung und der Einfluss der Gedichtsammlung 3. , seine Musik und Verbindung zu der Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ 3.1. Gustav Mahler 3.2. Gustav Mahlers Musik zu „Des Knaben Wunderhorn“ 4. Das Symbol – Überblick über Verwendung und Definitionen 5. Die Symbole der Gedichte 5.1. Wo die schönen Trompeten blasen 5.2. Unbeschreibliche Freude 5.3. Bildchen 5.4. Ablösung im Sommer 5.5. Ablösung 6. Analyse der Gedichte im Hinblick auf die Symbole 6.1. Wo die schönen Trompeten blasen 6.1.1. Vorwort 6.1.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole 6.1.3. Fazit 6.2. Unbeschreibliche Freude 6.2.1. Vorwort 6.2.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole 6.2.3. Fazit 6.3. Bildchen 6.3.1. Vorwort 6.3.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole 6.3.3. Fazit 6.4. Vergleich zwischen den Gedichten in „Des Knaben Wunderhorn“ und Mahlers 6.5. Ablösung

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6.5.1. Vorwort 6.5.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole 6.5.3. Fazit 6.6. Ablösung im Sommer 6.6.1. Vorwort 6.6.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole 6.6.3. Fazit und Vergleich zwischen das Gedicht in „Des Knaben Wunderhorn“ und Mahlers Lied 7. Schluss 8. Literaturverzeichnis 9. Anhang

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1.Einleitung

Die Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ wurde im Jahr 1806 zum ersten Mal herausgegeben. Die Gedichte stammten aus verschiedenen Zeiten und Stilepochen und von verschiedenen Orten. Sie wurden von den Schriftstellern und Freunden Clemens Brentano und Achim von Arnim gesammelt und zusammengestellt. Zu dieser Zeit wurde eine große Menge altes Material, sowie Lieder, Musik, Märchen und Sagen gesammelt und herausgegeben. Die berühmteste Sammlung, die aus dieser Zeit stammt, ist eindeutig die Märchensammlung der Brüder Grimm. „Des Knaben Wunderhorn“ ist jedoch die berühmteste Gedichtsammlung.

Zu vielen Gedichten der Sammlung wurde Musik komponiert, die bekannteste stammt von Gustav Mahler. Aus „Des Knaben Wunderhorn“ hat er 9 Klavierlieder, und 13 Lieder für Orchester und Singstimme komponiert. Zu den Klavierliedern zählen u.a. Um schlimme Kinder artig zu machen (In der Sammlung Um die Kinder still und artig zu machen benannt), Ich ging mit Lust durch einen grünen Wald (Waldvögelein) und Ablösung im Sommer (Ablösung) und zu den Orchesterliedern zählen z.B. das berühmte Rheinlegendchen (Rheinischer Bundesring) und Das irdische Leben (Verspätung). Außerdem beziehen sich 3 von seinen 10 Symphonien auf die Gedichte aus der Sammlung und in denen kommen auch 3 Gedichte aus der Sammlung vor: Es sungen drei Engel (Armer Kinder Bettlerlied), Urlicht und Das himmlische Leben (Der Himmel hängt voll Geigen). Es ist klar, dass Mahler die Sammlung sehr gut kannte und mochte; das merkt man auch an seiner Musik. Gerne hat er mit den Gedichten gearbeitet; er hat sie umgeschrieben oder umbenannt; er hat auch manchmal zwei Gedichte zusammengesetzt, z.B. Wer hat das Liedlein erdacht? und Wo die schönen Trompeten blasen. Von allen Liedern, die er komponierte, waren mehr als die Hälfte aus „Des Knaben Wunderhorn“. Die Lieder wurden von Mahler nicht als Liederzyklus herausgegeben, trotzdem bilden sie eine Einheit, die häufig Wunderhorn – Lieder genannt wird.

In der Arbeit werden zwei von Gustav Mahlers Liedern aus „Des Knaben Wunderhorn“ im Hinblick auf Symbole analysiert. Die Texte zu Mahlers Liedern Wo die schönen Trompeten blasen und Ablösung im Sommer stammen aus der Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“, aber kommen in Mahlers Liedern ein bisschen anders vor als in der Gedichtsammlung. In Wo die schönen Trompeten blasen werden zwei Gedichte, Unbeschreibliche Freude und Bildchen, zusammengesetzt und einige extra Zeilen werden

6 hinzugefügt. In Ablösung im Sommer schreibt Mahler selber einige zusätzliche Zeilen zu einem Gedicht, das Ablösung heißt. Es geht hier nicht um eine klassische Gedichtanalyse, sondern um eine Analyse der Symbole.

Die zentrale Frage der Arbeit lautet entsprechend: Wie unterscheiden sich die Symbole in den ursprünglichen Wunderhorn Gedichten von den Symbolen in Mahlers Liedern und wie ändert das die Bedeutung der Gedichte?

Zuerst wird ein kurzer Überblick über die Sammlung und die Herausgeber der Gedichtsammlung gegeben. Danach werden Gustav Mahler und seine Musik im Hinblick auf die Wunderhorn Lieder thematisiert. In einem dritten Kapitel werden Definitionen von Symbolen nebeneinander gestellt, um dann die unterschiedlichen Symbole, die in den Gedichten vorkommen analysieren und vergleichen zu können. In einer Schlussbetrachtung werden nochmals alle Ergebnisse in Bezug gestellt und ein abschließendes Fazit gezogen.

Sekundärliteratur zu der Gedichtsammlung kann in unterschiedlichen Bereichen gefunden werden. Die wichtigste Sekundärliteratur ist Literatur zu den Quellen der Gedichtsammlung (hier Rieser) und zu dem Ursprung und der Entwicklung der Idee der Gedichtsammlung (hier hauptsächlich Martini und Ebnet). Zu Gustav Mahler gibt es Sekundärliteratur zu seinem Leben, Musik und Werken. Darunter werden hier Bruno Walter, Henry Louis de la Grange und verschiedene Autoren auf die größte Musik Lexikon, Grove Music Online zitiert. Bedeutende Definition des Begriffes Symbol stammt von René Wellek und Austin Warren; hier wird Gerhard Kurz auch zitiert. Das Symbollexikon diente als die größte Quelle für die Symbolübersetzung.

2. Der Ursprung und die Entwicklung der Idee der Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“

Clemens Brentano und Achim von Arnim haben Volkslieder des deutschen Mittelalters gesammelt und überarbeitet und unter dem Titel „Des Knaben Wunderhorn“ in drei Bänden in den Jahren 1805 bis 1808 herausgegeben.1 In den drei Bänden befinden sich

1 Vgl.: Martini, Fritz. „Die Romantiker“ in Deutsche Literaturgeschichte – von den Anfängen bis zur Gegenwart, Stuttgart: Alfred Kröner Verlag. 1968, S: 337.

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über 700 Volkslieder, die sie gesammelt haben.2 Aber wer waren Clemens Brentano und Achim von Arnim?

2.1. Clemens Brentano und Achim von Arnim

Clemens Brentano war ein deutscher Schriftsteller. Er wurde 1778 geboren und ist 1842 gestorben. Er ist heute im Besonderen für „Des Knaben Wunderhorn“ bekannt. Brentano hat unterschiedliche Fächer sowie Bergwissenschaft, Medizin und Philosophie an verschiedenen Universitäten studiert, u.a. an den Universitäten in Bonn, Halle, Jena und Göttingen. Er schloss aber kein Studium ab. Um Geld musste er sich nicht kümmern, weil er seine Eltern beerbte und deshalb unabhängig war.3

In Jena traf Brentano bedeutende Leute, wie Fichte, Schelling und die Schlegel Brüder, die ihn beeinflussten und er fing mit seinen ersten Dichtungen an.4 Dort lernte er auch den Hauptvertreter der Weimarer Klassik, Johann Wolfgang von Goethe kennen.5 Brentano war, laut Fritz Martini: „der genial improvisierende, vielseitigste und phantasievollste Dichter der jüngeren Romantik“.6 Mit der Gedichtsammlung „schuf er [samt Arnim] den typischen Volksliedton der Lyrik im 19. Jahrhundert“.7 Er ist nicht zuletzt durch seine Gedichtsammlung bekannt und bedeutend für die Entwicklung des Volksliedes.

Achim von Arnim wurde im Jahr 1781 in eine aristokratische Familie geboren. Er wird als „eine feste, klare Männlichkeit“8 beschrieben, der mit einem freien Sinn und Wille eine menschliche Überlegenheit hatte.9 Er studierte Rechtswissenschaft und Mathematik an den Universitäten in Halle und Göttingen, wo er Clemens Brentano kennenlernte. Kurz nach der Herausgabe der Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“ folgte die Herausgabe der Zeitung „Die Zeitung für Einsiedler“, die die Freunde, die damals in lebten, zusammen mit Joseph Görres und Jacob Grimm, verlegten. Außerdem schrieb er Dramen, Novellen,

2 Vgl.: Ashley, Tim. The Oxford Companion to Music „Des Knaben Wunderhorn“. (http://www.oxfordmusiconline.com/subscriber/article/opr/t114/e1896?q=des+knaben+wunderhorn&search=qui ck&pos=1&_start=1#firsthit) zuletzt abgerufen am 3. Januar, 2014. 3 Vgl.: www.who is who.de: Clemens Brentano. (http://www.whoswho.de/templ/te_bio.php?PID=419&RID=1) zuletzt abgerufen am 29. Dezember 2013 4 Ebd. Zuletzt abgerufen am 29. Dezember 2013 5 Vgl.: Die deutsche Gedichtbibliothek. Gesamtverzeichnis deutschsprachiger Gedichte: Brentano – Biografie und Lebenslauf: (http://gedichte.xbib.de/biographie_Brentano.htm) zuletzt abgerufen am 6. Januar 2014. 6 Martini: S. 336. 7 www.who is who.de: Clemens Brentano. Zuletzt abgerufen am 29. Dezember 2013. 8 Martini: S. 337. 9 Vgl.: Martini: S. 337-338.

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Erzählungen, Romane und Gedichte. Zusammen mit Brentano zählt er heute zu den bedeutendsten Vertretern der deutschen Romantik. Er starb im Jahr 1831.10

2.2. „Des Knaben Wunderhorn“ – von einer Idee zu einem Buch

Die Idee, alte Volkslieder zu sammeln kam nicht nur so wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Andere hatten sich schon früher damit beschäftigt und ähnliche Sammlungen herausgegeben. Den Begriff „Volkslied“ übersetzte der Schriftsteller (1744 – 1803) aus dem Englischen. Das Buch „Volkslieder“ gab er im Jahr 1778 – 79 heraus, 1807 wurde es allerdings in „Stimmen der Völker in Liedern“ umbenannt. Mit diesem Buch legte er den Grundstein für Volksliteratur.11 In der zweiten Ausgabe 1807, kurz nach seinem Tod, wurden die Lieder zum ersten Mal nach Ländern kategorisiert;12 was ein möglicher Grund der Umbenennung ist.

Aber warum Volksliteratur? In den 1770er Jahren gab es eine Reaktion auf die unpoetische, mechanisierende und erdrückende Atmosphäre der Aufklärung. Das Ergebnis dieser Reaktion war ein Erwachen des Nationalgeistes, der sich in den Volksliedern und volkstümlichen Erzählungen widerspiegelte. Das passierte nicht nur in Deutschland, sondern überall in Europa. Die Ideen der Romantik setzen sich durch.13 Brentano und von Arnim widmeten den ersten Band von „Des Knaben Wunderhorn“ einem der Hauptvertreter der Romantik, Johann Wolfgang von Goethe.14

Die ursprüngliche Idee der beiden Schriftsteller war es, ein Buch mit dem Titel „Liederbrüder“ herauszugeben. Es sollte „eigene lyrische Produktionen“15 beinhalten und „die romantische Vorstellung des Volksliedes verdeutlichen“.16 Später entschieden sie sich für die Herausgabe einer Gedichtsammlung, die „Das Mildheimische Liederbuch“ unnötig machen würde.17 „Das Mildheimische Liederbuch“ wurde im Jahr 1799 von einem Vertreter der Aufklärung, Rudolf Zacharias Becker, herausgegeben. Es beinhaltete 518 Volkslieder. Diese Volkslieder sollten Landleute und Leute aus den niederen Schichten der Städte singen und

10 Vgl.: Die deutsche Gedichtbibliothek. Gesamtverzeichnis deutschsprachiger Gedichte: Arnim – Biografie und Lebenslauf: (http://gedichte.xbib.de/biographie_Arnim.htm) zuletzt abgerufen am 6. Januar 2014. 11 Vgl.: Ebnet, Karl-Heinz. „Einleitung“ in Des Knaben Wunderhorn, Kehl: SWAN Buch-Vertrieb. 1994, S. 8. 12 Vgl.: Volksmusikland. „Stimmer der Völker“. (http://www.volksmusikland.at/index.php?article_id=29&clang=0&sammlungen=6 ) . Zuletzt abgerufen am 14. Juli 2014. 13 Vgl.: Markovic, Katarina. Drinking from the Magich Horn of Youth: Des Knaben Wunderhorn and the Romantic Artistic Imagination. (http://necmusic.edu/mahler/des-knaben-wunderhorn) zuletzt abgerufen am 3. April 2014. 14 Vgl.: Martini: S. 337. 15 Ebnet: S. 7. 16 Ebd. S. 7. 17 Vgl.: Ebnet: S. 7-8.

9 dadurch zu Tugend und ein besseres Leben ermutigt zu werden. Deshalb mussten die Lieder deutlich und fasslich sein und keine unverständlichen Anspielungen oder Begriffe beinhalten.18 Das Buch sollte das vernünftige, gute Leben durch das Singen fördern, die Leute gut erziehen. Diese Erziehungsvorstellungen, d.h. die Leute sollten moralistisch durch u.a. Literatur erzogen werden, gehörten zu der Ideen der Aufklärung.19 Das Buch hatte keinen Platz für die Phantasien oder Bedenken. Die romantischen Vorstellungen waren dagegen, dass die Kunst die Phantasien anreichern sollte. Das Ahnen, Schauen, die Intuition und die einfache ursprüngliche Kunst des Volkes wurden von den Romantikern verehrt. Leute sollten nicht durch Kunst erzogen werden.20 Deswegen ging das Mildheimische Liederbuch den romantischen Vorstellungen zuwider.21 Für diesen Zweck, um eine neue Gedichtsammlung herauszugeben, schrieben von Arnim und Brentano viele Gedichte nach mündlicher Überlieferung auf. Dazu kamen andere Quellen, sowie Gesangbücher, fliegende Blätter und Gedichtsammlungen aus dem Spätmittelalter und der Barockzeit.22

2.3. Die Bedeutung und der Einfluss der Gedichtsammlung

Heute wird „Des Knaben Wunderhorn“ als ungelehrt und zweifelhaft angesehen.23 Brentano und Arnim haben mit der Sammlung angefangen, ohne zu definieren, was ein Volkslied ist, oder was sie sammeln wollten. Deshalb erscheint die Sammlung zufällig. Brentano machte sich genauere Vorstellungen und wollte z.B. wenigstens zwischen Nord- und Süddeutschland unterscheiden und am liebsten nur Gedichte aus dem oberdeutschen Sprachraum herausgeben. Arnim war dagegen. Er wollte einfach alle Gedichte aus dem ganzen deutschen Sprachraum sammeln, nicht nach Kriterien wie Dialekt, Ort und Zeit sortiert. Brentano wollte so wenig wie möglich in die Gedichte eingreifen, Arnim nicht. Brentano konnte seine Ideen nicht durchsetzen und für von Arnims Redaktion wurden sie kritisiert.24 Aber wie bereits erwähnt, wollten sie ein Liederbuch herausgeben, das den romantischen Vorstellungen nicht zuwider ging. Zu dieser Zeit galten Volkslieder als

18 Vgl.: Michael Fischer. Volksaufklärung: Das Mildheimische Liederbuch. (http://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/7149/pdf/Mildheimisches_Liederbuch.pdf) zuletzt abgerufen am 26. Mai 2014. 19 Vgl.: Aufklärung (1720 – 1785). (http://www.pohlw.de/literatur/epochen/aufklaer.htm) zuletzt abgerufen am 26. Mai 2014. 20 Vgl.: Romantik (1798 – 1835). (http://www.pohlw.de/literatur/epochen/romantik.htm) zuletzt abgerufen am 26. Mai 2014 21 Vgl.: Ebnet: S. 7-8. 22 Vgl.: Gsteiger, Manfred. „Des Knaben Wunderhorn“ in Poesie und Kritik, Bern und München: Francke Verlag. 1967. S. 29 – 30. 23 Vgl.: Ashley: Zuletzt abgerufen am 3. Januar, 2014. 24 Vgl.: Ebnet: S. 8.

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Pöbelliteratur.25 Möglich ist, dass die Redakteure das ändern wollten und deshalb haben sie die Gedichte redigiert. Sie haben den romantischen Ton innerhalb der Gedichte gefunden und hervorgehoben. Wenn das der Fall war, gilt dieses Buch nicht unbedingt als eine historische Quelle für Volkslieder, sondern als eine Gedichtsammlung, die auf romantischen Kriterien basiert.

Die Sammlung bewahrt „die melodischen, spontanen Sätze und Metren der alten deutschen Gedichte“ (Übersetzung Þ.E.P.).26 In der Gedichtsammlung „ertönten die Stimmen des Volkes aus allen Ständen und vielen Jahrhunderten mit der gleichen schlichten, volksmäßigen und christlichen Herzlichkeit“.27 Mit der Sammlung fing eine neue Epoche deutscher Lyrik an:

„Die Vielfalt der Strophenformen, die Freiheit in den Taktierungen, im Metrischen und Rhythmischen, die man in den alten Liedern fand, ihr fließender Rhythmus, ihre Auflösung der Strophengliederung zu liedhaftem Klangflusse, ihre Kunst des Refrains – dies hat sich der romantischen und der Lyrik des 19. Jahrhunderts eingeprägt und eine neue Verskunst eingeleitet. Daneben gesellte sich die Freude an den romantischen Formen wie dem Sonett, der Terzine, dem Triolett, der Glosse in ihrer Kunst von Strophe, Reim Klang; aus indischer Dichtung wurde das Ghasel abgelernt“.28

Dieser Abschnitt zeigt, inwiefern die Sammlung spätere Dichter der Romantik beeinflusst hat. Darunter sind bedeutende Schriftsteller wie Ludwig Uhland, Eduard Mörike, Hugo von Hofmannsthal und Heinrich Heine.29 Es wird hier deutlich, dass die Sammlung wichtig für nachfolgende Dichter war. Gleichzeitig war sie auch für Komponisten sowie , Hugo Wolf, Richard Strauss, und Arnold Schönberg30 wichtig, die viel Musik zu den Gedichten schrieben. Unter ihnen war Gustav Mahler ohne Zweifel der Wichtigste.

3. Gustav Mahler, seine Musik und Verbindung zu der Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“

3.1. Gustav Mahler

25 Ebd. S. 8. 26 Encyclopaedia Britannica. Encyclopaedia Britannica Online Academic Edition. Encyclopædia Britannica Inc., 2014. „Des Knaben Wunderhorn“ (http://www.britannica.com/EBchecked/topic/701277/Des-Knaben- Wunderhorn) zuletzt abgerufen am 7. Januar 2014. 27 Martini: S. 337. 28 Ebd. S. 337. 29 Vgl.: Markovic. Zuletzt abgerufen am 18. Juli 2014. 30 Ebd. Zuletzt abgerufen am 18. Juli 2014.

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Der Komponist und Dirigent, Gustav Mahler, wurde im Jahr 1860 in Böhmen geboren und ist 1911 in Wien gestorben. Seine Musik zählt zur spätromanitischen Epoche, die etwa zwischen den Jahren 1860 und 1910 liegt.31 Er studierte Klavier am Wiener Musikkonservatorium und war ein angesehener Dirigent und Komponist. Er hat in ganz Europa gelebt und dirigiert. Am Ende seines Lebens, 1908 – 1910 arbeitete er in den USA, dirigierte u.a. in der Metropolitan Oper in New York. Seit dem Jahr 1893, verbrachte er die Sommer in Salzkammergut in Österreich, wo er komponierte. Zu seinen größten Werken zählen 10 Symphonien, vier große Liederkreise und die sehr bekannten Wunderhorn – Lieder, die er recht früh in seinem Leben komponierte.32

3.2. Gustav Mahlers Musik zu „Des Knaben Wunderhorn“

Die wichtigsten Merkmale seiner Musik sind die fantasievolle Gestaltung, die Naturlaute33, d.h. Laute, die an die Laute der Natur, wie beispielsweise an Vogelgesang, erinnern34, und manchmal ist die Musik fast grotesk. Er mochte nicht nur die feine und stilvolle Musik, sondern auch die Musik seiner Kindheit, u.a. die Volksmusik. Aus diesem Grund wird seine Musik häufig als grotesk klassifiziert.35 Außerdem kommen Humor und Ironie in seinen Werken häufig vor. Das Volkslied hat ihn stark beeinflusst, deswegen haben ihn wahrscheinlich die Wunderhorn – Gedichte interessiert. Wie die meisten bedeutenden Künstler dieser Zeiten, kämpfte Mahler mit philosophischen Gedanken, religiösen Gefühlen und leidenschaftlicher Menschlichkeit, was man an seiner Musik gut hören kann.36

Aus „Des Knaben Wunderhorn“ hat Mahler zuerst 9 Lieder mit Klavierbegleitung und später 13 Lieder für Orchester und Singstimme komponiert. Außerdem kommen drei Lieder aus der Gedichtsammlung in seinen ersten Symphonien vor. In einigen von Mahlers Liedern können die originalen Melodien, jedoch stark abgewandelt, erkannt werden. Auf den ersten Blick erscheinen die Wunderhorn – Lieder als einfache Volkslieder, aber eine nähere Untersuchung zeigt die Kompositionen eines stilvollen Komponisten. Die

31 Vgl.: Zeit und Wahrheit. Spätromantik (Musik). (http://www.zeit-und-wahrheit.de/spaetromantik-musik- 1173/) zuletzt abgerufen am 1. April 2014. 32 Vgl.: Kennedy, Michael. The Oxford Companion to Music. Mahler, Gustav. (http://www.oxfordmusiconline.com/subscriber/article/opr/t114/e4156?q=gustav+mahler&search=quick&pos=3 &_start=1#firsthit) zuletzt abgerufen am 1. April 2014. 33 Vgl.: Walter, Bruno. Gustav Mahler, Berlin und Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag. 1957, S. 72. 34 Vgl.: De La Grange, Henry Louis. „Music about music in Mahler: reminiscences, allusions, or quotations?“: Mahler studies. Red. Stephen E. Hefling. Cambridge, Eng.; New York, Melbourne: Cambridge University Press, 1997. S. 128. 35 Vgl.: San Francisco Symphony. Keeping Score. Gustav Mahler: A world of experience. (http://www.keepingscore.org/interactive/gustav-mahler) zuletzt abgerufen am 25. August 2014. 36 Vgl.: Walter: S. 72 - 76.

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Kompositionsmethoden in den Wunderhorn – Liedern sind ebenso komplex wie seine größten Symphonien.37 Mahler hat nicht nur Musik zu über 20 Gedichten der Sammlung komponiert, sondern ein großer Teil seiner Musik wurde durch sie beeinflusst. In der zweiten, dritten und vierten Symphonie benutzt er, in den instrumentalischen Sätzen, Material aus den früher komponierten Wunderhorn – Liedern.38 Außerdem werden in diesen Symphonien drei Gedichte aus der Sammlung gesungen. Das Scherzo in der zweiten Symphonie basiert auf dem Lied Des Antonius von Padua Fischpredigt und der vierte Satz ist ein Orchesterlied mit Altsolostimme, die das Gedicht Urlicht singt. Das Scherzo in der dritten Symphonie basiert auf dem Gedicht Ablösung im Sommer.39 Im 5. Satz singen ein Knabenchor, ein Frauenchor und eine Altsolistin das Gedicht Es sungen drei Engel welches in der Sammlung Armer Kinder Bettlerlied heißt. Im Schlusssatz einer seiner bekanntesten Werke, die 4. Symphonie, singt eine Sopransolistin das Gedicht Der Himmel hängt voll Geigen – das Mahler Das himmlische Leben nannte.40 Wegen dieser engen Verbindung mit den Liedern, werden diese Symphonien häufig die Wunderhorn – Symphonien genannt.41

Ziemlich früh in seiner Karriere komponierte Mahler die Wunderhorn – Lieder, die ersten erschienen im Jahr 188742 und das letzte 190143. Davor komponierte er seinen ersten Liederkreis, „Lieder eines fahrenden Gesellen“, zu dem er selber auch die Gedichte schrieb. Obwohl Mahler zu diesem Zeitpunkt noch kein Wunderhorn – Gedicht gesehen hatte, ähneln seine Gedichte sehr den Wunderhorn – Gedichten.44 Es ist deshalb vielleicht kein Wunder, dass er die Wunderhorn – Gedichte für seine nächsten Kompositionen wählte, nachdem er das Buch in einem Bücherregal bei Karl Maria von Webers Enkel fand.45 Es überrascht auch nicht, dass sie ihn in seinen Kompositionen so sehr beeinflusst haben. Man kann sich nur vorstellen was Mahler fühlte, als er „Des Knaben Wunderhorn“ zum ersten Mal sah und las. Der Komponist, Pianist und Dirigent Bruno Walter, den Mahler durch seine Arbeit mit ihm

37 Vgl.: De La Grange: S. 140 – 141. 38 Vgl.: Ashley: Zuletzt abgerufen am 8. Januar 2014. 39 Vgl.: Adorno, Theodor W. Mahler – A musical Physiognomy, Chicago und London: The University of Chicago Press. 1992, S. 6-8. 40 Vgl.: Franklin, Peter. Grove Music Online. Mahler, Gustav. (http://www.oxfordmusiconline.com/subscriber/article/grove/music/40696?q=mahler&search=quick&pos=1&_s tart=1#firsthit) zuletzt abgerufen am 8. Januar 2014. 41 Vgl.: Chee, Benjamin. The Flying Inkpot. Mahler and the Symphony. (http://inkpot.com/classical/mahlersyms.html) zuletzt abgerufen am 8. September 2014. 42 Vgl.: Markovic: Zuletzt abgerufen am 3. April 2014. 43 Vgl.: Franklin: Zuletzt abgerufen am 3. April 2014. 44 Vgl.: Walter: S. 74. 45 Vgl.: Markovic: Zuletzt abgerufen am 3. April 2014.

13 als sein Assistent persönlich kannte46, beschrieb Mahlers erste Begegnung mit „Des Knaben Wunderhorn“, wie folgt:

„Als er dann Des Knaben Wunderhorn kennenlernte, muß ihm gewesen sein, als entdecke er seine Heimat. Alles fand er darin, was seine Seele bewegte, und fand es ebenso dargestellt, wie er es fühlte: Natur, Frömmigkeit, Sehnsucht, Liebe, Abschied, Nacht, Tod, Geisterwesen, Landsknechtsart, Jugendfrohsinn, Kinderscherz, krauser Humor – all das lebte in ihm wie in den Dichtungen, und so strömten seine Lieder hervor“.47

Was Mahler besonders an diesen Gedichten interessierte, waren sowohl die verschiedenen Themen der Gedichte als auch deren Charakter und Klang. Selber hat er in einem Brief geschrieben, dass er sich mit diesen Gedichten beschäftigte, weil ihrer Klang nicht gehoben war. Mit diesem nicht künstlerischen Ton und dem schlichten, ungeschmückten Realismus der Texte, unterscheiden sich Mahlers Lieder von Brahms, Mendelssohn und Schumann, die auch Lieder zu „Des Knaben Wunderhorn“ komponierten.48

Zusammen bilden Mahlers Wunderhorn – Lieder „einen erquickenden, mannigfaltigen und charakteristisch-wesentlichen Teil seines Schaffens“.49 Die Lieder sind im volkstümlichen Stil komponiert, der seine Wurzeln in Mahlers musikalischen Kindheitserinnerungen hat.50 Schon als Kind neigte Mahler dazu, Musik zu benutzen, um seine Erzählungen und Schauspiel zu verdeutlichen.51 Diese Neigungen entwickelten sich bei ihm weiter; das Gefühl für den Text ist in seinen Kompositionen sehr gut zu sehen und sein Umgang mit den Texten entspricht der Form und den Aussagen dieser. Die Wunderhorn – Lieder sind nicht nur schön begleitete Melodien. In jedem Gedicht spürt man sofort dessen Geist des Liedes. Sowohl in den Gedichten als auch in Mahlers Musik, wird uns die Welt gezeigt, wie sie ist. Keine Verschönerungen kommen vor. Sie handeln u.a. von Tod, Gewalt, Krieg, Liebe und die Gefahr beim Lieben. Was in den Liedern gesagt wird, bekommt man auch in der Musik mit.52 Mahler malte sozusagen die Bilder der Gedichte mit der Musik.

Es ist klar, dass er nicht nur schöne Gedichte oder Gedichte die für seine Musik gut geeignet waren, gewählt hat. Sie mussten von Bedeutung sein. Häufig veränderte er die Texte,

46 Vgl.: Pechefsky, Rebecca und Ryding, Erik. Grove Music Online. Walter, Bruno. (http://www.oxfordmusiconline.com/subscriber/article/grove/music/29865?q=bruno+walter&search=quick&pos =1&_start=1#firsthit) zuletzt abgerufen am 4. April 2014. 47 Walter: S. 74. 48 Vgl.: Markovic: Zuletzt abgerufen am 3. April 2014. 49 Walter: S. 75. 50 Vgl.: De La Grange: S. 141. 51 Vgl.: Franklin: Zuletzt abgerufen am 16. April 2014. 52 Vgl.: Markovic: Zuletzt abgerufen am 3. April 2014.

14 manchmal sehr viel,53 wie z.B. in Wo die schönen Trompeten blasen, und Wer hat dies Liedlein erdacht wo er zwei Gedichte zusammensetzt. Häufig schreibt er auch etwas Neues dazu. Er hatte also keine Angst, wenn es, seiner Meinung nach, eine Bedeutung hatte, in die Texte einzugreifen, genauso wie Arnim und Brentano.

Die Gedichte, die Mahler für seine Kompositionen wählte, haben unterschiedliche Themen und, weil Mahler ein guter und nachdenklicher Komponist war, ist die Musik auch nicht immer gleich. Bruno Walter sagte treffend über die Musik der Lieder: „In jedem Lied findet sich das Merkmal der Produktivität: der musikalische Einfall; keines darunter ist nur gefühlvolle Deklamation“.54 Das ist genau, was an diesen Liedern so interessant ist, sowohl für den Zuhörer als auch den Interpret. Es ist kein Zweifel, dass Mahlers Musik die Gedichte bereichert und ihre unterschiedlichen Charaktere hervorgebracht hat. Seine Musik ist sehr komplex und mittlerweile gehört sie in den Kanon der klassischen Werke. Sie bietet viele Möglichkeiten für Interpretationen. Jeder Interpret kann diese Musik zu seiner eigenen machen. Durch verschiedene Interpretationen lebt die Musik immer noch – und so auch die Gedichte, die auch immer wieder neu verstanden und interpretiert werden.

4. Das Symbol – Überblick über Verwendung und Definitionen Ein sehr wichtiges Thema der Gedichtanalyse ist das Symbol. Aber was ist ein Symbol und warum sind sie für die Interpretation so wichtig? Der Begriff Symbol ist ein ziemlich weiter Begriff, der verschiedene Bedeutungen trägt und dazu in unterschiedlichen Definitionen benutzt wird. Er wird auch unterschiedlich nach verschiedenen Epochen definiert. In dieser vorliegenden Arbeit wird der Begriff mit folgender Definition gebraucht:

Es geht in dieser Arbeit um Literaturwissenschaft und deshalb muss der Symbolbegriff im Hinblick darauf definiert werden. Die Literaturwissenschaft gehört zu den hermeneutischen Wissenschaften, d.h. sie geht sowohl von Traditionen als auch subjektiven Erfahrungen aus. Die Begriffe entwickeln sich deshalb ständig und werden Revisionen unterworfen. Deswegen ist es nicht einfach, Begriffe zu definieren und abzugrenzen. Die Begriffe Metapher, Allegorie und Symbol stehen im Zentrum der Literaturwissenschaft und sind eng verbunden. Deswegen sollten sie zusammen behandelt werden. Sie lassen sich am besten durch einen Vergleich definieren.55 Es ist also nicht möglich, nur den Begriff Symbol

53 Vgl.: De La Grange: S. 140 – 141. 54 Walter: S. 75. 55 Vgl.: Kurz, Gerhard. Metapher, Allegorie, Symbol. Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht, 1988. S. 5 – 6.

15 als solches zu definieren, im Vergleich dazu müssen auch die Begriffe Metapher und Allegorie behandelt werden. Hier liegt der Schwerpunkt der Definitionen jedoch, der Frage der Arbeit nach, auf dem Symbol.

René Wellek und Austin Warren definieren Symbol wie folgt: „Im Sinne eines Gegenstandes gebraucht, der sich auf einen anderen Gegenstand bezieht, der aber auch als Gegenstand selbst, als Darstellung Aufmerksamkeit beansprucht“.56 Ihre Definition ist also ziemlich allgemein und nicht nur mit der Literaturwissenschaft verbunden. Laut Wellek und Warren kommt ein weiterer Aspekt die Definition betreffend hinzu, nämlich: Was ein Symbol von anderen bildlichen Ausdrücken, sowie Metapher und Allegorie unterscheidet, ist die Wiederholung. Wenn ein Ausdruck eines Textes oder Gedichtes ständig wiederholt wird, handelt es sich um ein Symbol; ist möglicherweise auch ein Teil eines symbolischen Systems.57 Dort wird ein wichtiger Punkt getroffen; ein Symbol unterscheidet sich also von anderen bildlichen Begriffen der Literaturwissenschaft, sowie Metapher und Allegorie, durch die Wiederholung des Symbols.

Gerhard Kurz definiert das Symbol, im literarischen Verständnis, durch Analogie: „Etwas wird ein Symbol, weil es in Analogie zu oder als Teil von einem Ganzen aufgefaßt wird“.58 Eine Definition der Metapher, die sogenannte Substitutionstheorie, die auf Aristoteles zurückgeht und klassisch geworden ist, wird auch durch Analogie definiert: „das ›eigentliche‹ Wort [wird] durch ein fremdes ersetzt (substituiert)“.59 Zwischen den zwei Wörtern gibt es dann Ähnlichkeit oder Analogie. In einer Form der Substitutionstheorie, die Vergleichstheorie, geht es um die Partikel „wie“.60 Die Metapher in Heinrich Heines berühmtem Lied Du bist wie eine Blume ist ein gutes Beispiel, die Blume ist also eine Metapher für ein Mädchen. In eine andere Direktion geht die Interaktionstheorie. Es gibt keinen richtigen Ausdruck für einen metaphorischen Ausdruck, er „ist nicht ersetzbar, außer um den Preis eines Verlusts an Bedeutung“.61 Dazwischen „besteht semantische Inkongruenz“62 und deshalb muss wechselseitig interpretiert werden.63 Über die drei Begriffe sagt Kurz: „Metapher und Symbol sind Binnenelemente literarischer Texte, die Allegorie

56 Wellek, René und Warren, Austin. Theory of Literature, Harmondsworth, Middlesex: Penguin Books, 1973. S. 189. (Übersetzung von Wikipedia: (http://de.wikipedia.org/wiki/Symbol#In_der_Literatur) zuletzt abgerufen am 3. Juni 2014. 57 Vgl.: Wellek und Warren: S. 189. 58 Kurz: S. 68. 59 Ebd. S. 7. 60 Vgl.: Kurz: S. 7 – 8. 61 Kurz: S. 8. 62 Ebd. S. 8. 63 Vgl.: Kurz S. 8.

16 dagegen ist auch eine Gattungsform“.64 Das bedeutet, dass es alle möglichen allegorischen Texte, Gedichte, Dramen und so weiter gibt. Nicht nur eine einzige Metapher oder Symbole werden dort erkannt, sondern der ganze Text.

Das Wort Symbol stammt ursprünglich von den Griechen. Das griechische Wort „Symbolon“ ist vom Verb „Symbalein“ abgeleitet. Es hatte viele Bedeutungen, wie: „das zusammenbringen, zusammenwerfen, zusammenstellen, auch versammeln und vergleichen“.65 Symbol bedeutete: „ein Erkennungszeichen in Form von zwei Hälften eines Gegenstandes, den sich Freunde, Eheleute oder Vertragspartner im Falle einer längeren Trennung teilten, um sich anhand der zusammenpassenden Teile später wiederzuerkennen“.66 Das Symbol war nur verständlich für diejenigen, die die Bedeutung kannten. Das Kreuz ist z.B. nur verständlich für diejenigen, die das Christentum kennen.67 Langsam entwickelte sich daraus die Bedeutung, die wir heute kennen: „ein rätselhaftes, ominöses Zeichen, dessen Bedeutung erraten und erschlossen werden muß“.68

Früher waren die Begriffe, Symbol und Allegorie, nicht sehr gut abgegrenzt. Bis etwa 1800 hatten die zwei Wörter verschiedene Bedeutung. Die Allegorie gehörte zu den Tropen und Figuren.69 Im 18. Jahrhundert hatte sie „die allgemeine Bedeutung einer bildlichen Umschreibung des „eigentlichen“ Gedankens“.70 Sie war also ein rhetorischer Stilbegriff. Der Begriff Symbol kam erst mit dem Schreiben des deutschen Philosophen Immanuel Kant ins Gespräch und wurde in der Philosophie der Aufklärung als ein abstraktes Zeichen angewandt. Er breitete sich schnell aus und zur Zeit der Romantik nahm er sich eines modischen Charakters an.71 Laut einem der größten Vertreter der deutschen Romantik, Johann Wolfgang von Goethe, handelte es sich um ein Symbol, wenn es das Allgemeine repräsentierte.72 Das Antonym zu dem Allgemeinen ist das Besondere. Goethe meinte, dass das Besondere das Allgemeine vertreten kann, wenn es „ein charakteristischer und eminenter Teil dieses

64 Kurz: S. 5. 65 Ebd. S. 69. 66 Jugendlexikon Literatur. Stichwort: „Symbol“. (http://www.litde.com/jugendlexikon-literatur/symbol.php) zuletzt abgerufen am 30. Juni 2014. 67 Vgl.: Jugendlexikon Literatur. Stichwort: „Symbol“. Zuletzt abgerufen am 30. Juni 2014. 68 Kurz: S. 69. 69 Vgl.: Sørensen, Bengt Algot. „Symbol und Allegorie“ in Beiträge zu Symbol, Symbolbegriff und Symbolforschung, Baden – Baden: Verlag Valentin Koerner. 1982. S. 171. 70 Sørensen: S. 171. 71 Vgl.: Sørensen: S. 171. 72 Vgl.: Jugendlexikon Literatur. Stichwort: „Symbol“. Zuletzt abgerufen am 30. Juni 2014.

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Allgemeinen ist“.73 Dazu musste das Symbol anschaulich sein und eine repräsentative Bedeutung haben.74

Es gibt eine Tendenz, den Begriff Symbol, weniger und weniger zu benutzen. Stattdessen kommen die Begriffe Allegorie und Metapher häufiger vor. Mögliche Gründe dafür sind deren „inflationäre[r][...] und ideologisch aufgeladene[r][...] Gebrauch“75 und, dass der Begriff im allgemeinen Sprachgebrauch uneinheitlich verwendet wird.76 D.h. der Begriff Symbol wird nicht nur in der Literatur benutzt, sondern auch in praktischen Lebensumständen z.B. im Verkehr; die Ampeln sind z.B. gelb, grün und rot. Diese Farben symbolisieren wie man sich im Verkehr verhalten soll. Jeder muss lernen, dass man bei roter Ampel halten soll, sonst ist es gefährlich. Und bei grün kann man gehen bzw. fahren. Im Verkehr ist die Bedeutung der Farben im Voraus festgelegt aber in sonstigen Kontexte, wie in der Literatur, können Symbole mehr als eine Bedeutung haben. Die Symbole kommen auch in der menschlichen Kommunikation überall vor, in Kommunikation zwischen Nationen (z.B. die Flagge), in der Politik (z.B. rechts und links), im Glauben (z.B. das Sakrament) u.s.w.77 Diese vielfältige Verwendung des Begriffes hat ihn also undeutlich gemacht und deshalb wird er vermutlich in der Wissenschaft weniger benutzt.

Laut diesen Definitionen ist Symbol also ein weiterer Begriff als die Begriffe Metapher und Allegorie, die nur in der Literaturwissenschaft verwendet werden. Was ein Symbol in der Literaturwissenschaft von den anderen Begriffen unterscheidet, ist die Wiederholung. Wenn ein bildlicher Ausdruck immer wieder vorkommt, handelt es sich eher um ein Symbol als um eine Metapher oder Allegorie. Allegorie wird eher in Bezug auf längere Texte verwendet als bei der Beschreibung von einzelnen Sinnbildern. Der ideologische Zweck dieser drei Begriffe basiert jedoch, im Großen und Ganzen, bei allen Begriffen auf der Idee, dass etwas durch etwas anderes ausgedrückt wird. In der Arbeit handelt es sich um Literatur und deswegen wird alles, was etwas anderes bedeuten kann, untersucht, sei es Symbol oder Metapher. Alle Bilder symbolischer Art werden also untersucht. Das Symbol funktioniert hier als ein Oberbegriff.

Symbole, die nicht als Symbole verstanden und gelesen werden, sind bedeutungslos. Das liegt in der ursprünglichen Bedeutung der Griechen und es ist auch bei Goethe klar. Ein

73 Kurz: S. 70. 74 Vgl.: Kurz: S. 70. 75 Kurz: S. 66. 76 Vgl.: Kurz: S. 66 – 67. 77 Ebd. S. 67 – 69.

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Symbol wird erst ein Symbol, wenn der Leser es als ein Symbol liest und versteht. Vielleicht liest der Leser eine Bedeutung aus einem Wort, das gar nicht als Symbol gedacht wurde. Und es ist auch leicht, Symbole während des Lesens zu überlesen. Wenn ein Gedicht analysiert wird, ist es deswegen wichtig, die Symbole lesen zu können, sie zu entdecken und ihre Bedeutung zu kennen. Ohne die Symbole zu verstehen, werden die Gedichte nur als schöne Wörter im musikalischen Rhythmus gelesen – aber ohne Bedeutung. Ihre Botschaft wird dem Leser nicht klar. In den letzten zwei Kapiteln werden sowohl die Symbole der zwei Gedichte als auch ihre Bedeutung dargestellt.

5. Die Symbole der Gedichte

Der Schwerpunkt der Arbeit liegt auf den Symbolen der Gedichte. Bevor die Gedichte analysiert werden, werden deswegen alle potenziellen Symbole jedes Gedichtes aufgelistet. Der Zweck ist darzustellen, welche Symbole untersucht werden und zu verdeutlichen welche von den Symbolen tatsächlich welche sind.

5.1. Wo die schönen Trompeten blasen (Mahlers Text)

Die Morgenröte

Die schneeweiße Hand

Die Nachtigall

Mein Eigen

Die grüne Erde

Die schönen Trompeten

5.2. Unbeschreibliche Freude (aus Des Knaben Wunderhorn)

Das schneeweiße Hemdlein und die schneeweißen Beinen

Mein Eigen

Die grüne Erde

Das Schreiben auf Papier

5.3. Bildchen (aus Des Knaben Wunderhorn)

Die Morgenröte

Die schneeweiße Hand

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Das Engelein

Mein Eigen

Die schönen Trompeten

5.4. Ablösung im Sommer (Mahlers Text)

Der Kuckuck

Die Nachtigall

5.5. Ablösung (aus Des Knaben Wunderhorn)

Der Kuckuck

Die Nachtigall

6. Analyse der Gedichte im Hinblick auf die Symbole

Im zweiten Kapitel der Arbeit wurde klar, dass Gustav Mahler von den Wunderhorn – Liedern fasziniert war. Trotzdem hat er, in manchen Fällen, den Text der Gedichte verändert. Er hat manchmal zwei Gedichte verkürzt und zusammengesetzt oder etwas mehr zu einem Gedicht geschrieben. Sein Lied Wer hat dies Liedlein erdacht? ist z.B. aus zwei Gedichten zusammengesetzt. Die Grundlage ist das Gedicht aus Des Knaben Wunderhorn Wer hat dies Liedlein erdacht? Mahler lässt die mittlere Strophe raus und benutzt stattdessen eigener Nachdichtungen aus drei Versen des Gedichtes Wer´s Lieben erdacht. Ähnliches hat er mit dem Lied Wo die schönen Trompeten blasen, das hier später analysiert wird, gemacht. Warum hat er das gemacht? Ändert sich dadurch die Bedeutung der Gedichte? Wollte er die Gedichte damit verbessern, sie umschreiben, damit sie besser zu der Musik passten oder einfach eine andere Geschichte erzählen? Und wenn er sie verbessern wollte, warum? Und welche Rolle spielen die Symbole für die Bedeutung der Gedichte?

6.1. Wo die schönen Trompeten blasen

6.1.1. Vorwort

Mahlers Lied, Wo die schönen Trompeten blasen, ist aus zwei Gedichten der Gedichtsammlung zusammengesetzt, Unbeschreibliche Freude und Bildchen. Eine extra Zeile fügte Mahler selber ein – und darein steckt ein neues Symbol; die

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Nachtigall. Die beiden Gedichte stammen aus dem dritten Band, erschienen also im Jahr 1808. Der Autor ist in beiden Fällen unbekannt. Mahlers Lied erschien zum ersten Mal im Jahr 1898, es ist eines von seinen späteren Wunderhorn – Liedern. Eine konkrete Gedichtart ist schwer zu nennen, denn der Text nicht gerade als ein Gedicht geschrieben ist, sondern Gedichtbrüche, jedoch meist ganze Strophen, die zu der Musik passen. Unter diese Voraussetzungen kann im Großen und Ganzen gesagt werden, dass das Gedicht auf der Liedform beruht. Die angegebene Quelle für Unbeschreibliche Freude ist „mündlich“ und bei Bildchen wird gar keine Quelle angegeben. Dies macht die zeitliche Einordnung schwer. Es ist auf jeden Fall klar, dass die Gedichte spätestens aus dem 17. Jahrhundert sind. Bekannt ist, dass Bildchen nicht aus literarischen Quellen entnommen ist78 und das es „mit der sonstigen Überlieferung übereinstimmend“79 ist. Unbeschreibliche Freude ist nicht nachgewiesen, außer, dass es mit der Aufzeichnung in Arnims Nachlass übereinstimmt.80 Die Gedichtsammlung gehört zu der romantischen Epoche; Mahlers Musik zu der spätromantischen Epoche. Deshalb kann gesagt werden, dass Mahlers Lied spätromantisch ist, mit Wurzeln in der romantischen Epoche.

In der ersten Strophe Wo die schönen Trompeten blasen, die mit der ersten Strophe Unbeschreibliche Freude einstimmig ist und inhaltlich mit der dritten Strophe des Bildchen einstimmig, sprechen zwei Leute, ein Mädchen und ein Mann. Das Mädchen schläft und wird durchs Klopfen aufgeweckt. Sie fragt wer draußen ist und auf ihre Frage antwortet der Herzallerliebste und er will, dass sie ihn rein lässt. Die zweite Strophe ist mit der fünften Strophe des Bildchen übereinstimmend, außer der fünften Zeile, die Mahler ergänzte. Da spricht der Mann, er will nicht länger draußen stehen, der Tagesanbruch nähert sich und er wäre so gerne bei seinem Schatz. Die dritte Strophe ist mehr oder weniger mit der sechsten Strophe des Bildchen (die zweite und die dritte Zeile) und der zweiten Strophe der Unbeschreibliche Freude (die erste und die letzte Zeile) einstimmig. Dazu ergänzt Mahler drei Zeilen, dritte, vierte und sechste. Das Mädchen lässt den Mann rein und reicht ihm ihre schneeweiße Hand. Dann singt die Nachtigall und das Mädchen weint. In der vierten Strophe tröstet der Mann das Mädchen, er spricht von ihrer Liebe und erzählt ihr, dass sie innerhalb eines Jahres sein eigen werde. Die erste Zeile, die bei Mahler wiederholt wird, ist mit der ersten Zeile der

78 Vgl.: Rieser, Ferdinand. „Übersicht der Bearbeitung der Gedichte“ in „Des Knaben Wunderhorn“ und seine Quellen. Dortmund: Fr. Wilh. Ruhfus. 1908. 79 Rieser, Ferdinand. „Übersicht der Bearbeitung der Gedichte“ in „Des Knaben Wunderhorn“ und seine Quellen. Dortmund: Fr. Wilh. Ruhfus. 1908. 80 Vgl.: Rieser.

21 dritten Strophe der Unbeschreibliche Freude identisch und inhaltlich mit dem Anfang der siebten Strophe des Bildchen. Der Rest ist fast mit der siebten Strophe des Bildchen deckungsgleich. Die letzte Zeile stammt aber aus der dritten Strophe der Unbeschreibliche Freude. Die letzte Strophe stammt aus Bildchen, ist fast mit der achten Strophe stimmig. In der letzten Zeile werden bei Mahler die Wörter „mein Haus“ wiederholt und einige Veränderungen kommen in der zweiten Zeile vor, wahrscheinlich wegen der Musik. In der letzten Strophe fährt der Mann in einen Krieg, die schönen Trompeten haben ihn dorthin gerufen, da ist sein Haus – „von grünem Rasen“.81

6.1.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole

Mahlers Text ist kein eigentliches Gedicht, sondern einfach ein Text zu einem Lied oder einer Melodie, der auf zwei Gedichten basiert. Deswegen ist es manchmal schwer zu analysieren. Die Anzahl der Strophen ist z.B. nicht ganz klar, denn der Text wurde nicht als ein Gedicht geschrieben, sondern für die Noten. Wenn der Text in Konzertprogrammen oder CD Broschüren steht, ist die Strophengliederung auf verschiedener Weise geschrieben. Der Text, der hier benutzt wird, ist im Anhang geschrieben. Hauptsächlich wurde auf die zwei Gedichte Bildchen und Unbeschreibliche Freude und deren Strophen geachtet, als die Strophengliederung gemacht wurde, weniger auf die Musik. Das Ergebnis war ein Gedicht mit fünf Strophen, je mit verschiedener Anzahl von Zeilen.

Mahlers Lied wird mehr oder weniger im Jambus geschrieben. An einigen Stellen kommen zwei leichte Silben statt einer vor, aber die Grundlage des Metrums ist Jambus. Manchmal hat Mahler, entweder wegen der Musik oder der Bedeutung, Wörter wiederholt oder reingesetzt und diese Wörter sind ein häufiger Grund dafür, dass das Metrum manchmal etwas durcheinanderkommt.

Auf den ersten Blick handelt Mahlers Lied von der Liebe. Aber bald kriegt der Leser das Gefühl, dass nicht alles ganz normal in dieser Liebesbeziehung ist. Am Schluss des Liedes steht, dass der Mann in einem Haus von grünem Rasen wohnt. Was für ein Haus kann das sein? Ist er vielleicht im Krieg gestorben und wohnt unter grünem Rasen? Ist der Mann vielleicht ein Geist, der in seinem Leben das Mädchen geliebt hat?

81 Mahler, Gustav. Wo die schönen Trompeten blasen. (http://javanese.imslp.info/files/imglnks/usimg/7/7f/IMSLP20461-PMLP47568-Mahler_- _Des_Knaben_Wunderhorn_-_Wo_die_sch__nen_Trompeten_blasen.pdf) zuletzt abgerufen am 26. August 2014.

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Und warum sagt er, dass sie aufs Jahr sein Eigen wird? Warum ist ihre Hand schneeweiß? Um auf diese Fragen antworten zu können, muss man die Symbole finden und übersetzen. Sechs Symbole sind im obigen Kapitel erwähnt. Zwei von sechs werden wiederholt, „die Morgenröte“ und „mein Eigen“. In beiden Fällen scheint der Zweck damit eine extra Betonung zu geben und die Symbole zu verstärken.

Die Morgenröte: Mit dem Morgen kommt die Morgenröte. Bevor die Sonne aufgeht wird der Himmel rot. Der Morgen ist das Symbol „der Reinheit und der Verheißungen“.82 Mit dem Morgen endet die Nacht und ein neuer Tag beginnt. Der Morgen markiert auch das Ende des Todes und der Trauer.83 In römischer und griechischer Mythologie wird die Morgenröte als Aurora bzw. Eos personifiziert. Sie ist die Schwester von Sol bzw. Helios (die Sonne) und Luna bzw. Selene (der Mond). „Sie begleitet den Sonnengott, öffnet ihm die goldene Pforte und streut Rosen auf den Pfad.“84 Im Christentum steht die Morgenröte für Maria, die Mutter von Christus, und bezeichnet „eine Hoffnung, die über die irdische Existenz hinausweist.“85 Der Mann im Gedicht wartet draußen in der finsteren Nacht und befürchtet offensichtlich die Morgenröte. Ihm gefällt eher die Nacht. Wenn der Morgen das Ende des Todes und der Trauer markiert, gehört der Mann möglicherweise auch eher zu dem Tod und der Trauer, als zu dem Tag oder dem Leben. Auf jeden Fall ist eine der symbolischen Bedeutung der Nacht, der Tod.86

Die Farbe der Morgenröte ist rot. Rot gehört zu den Urfarben und ist als Symbol ziemlich stark. Psychologisch ist rot mit Feuer und Blut verbunden. Mit der roten Farbe sind auch verschiedene Eigenschaften und Ereignisse verbunden, u.a. Sinnlichkeit, Leidenschaft, Sexualität, Krieg, Kampf, Gefahr und Lebensbedrohung.87 Alle diese symbolischen Bedeutungen sind mit den Personen im Gedicht verbunden. Obwohl die Wahl der Farbe nicht zufällig ist – die Morgenblaue würde z.B. nicht passen – stützen diese symbolischen Eigenschaften die Interpretation des Liedes. Der Mann ist bei seinem Schatz und auf dem Weg in den Krieg, in einen Kampf, wo sein Leben gedroht

82 Knoll, Dieter. Symbollexikon. Stichwort: „Morgen“. (http://www.symbolonline.de/index.php?title=Morgen). Zuletzt abgerufen am 12. August 2014. 83 Vgl.: Knoll, Dieter. Symbollexikon. Stichwort: „Morgen“. Zuletzt abgerufen am 12. August 2014. 84 Knoll, Dieter. Symbollexikon. Stichwort: „Morgen“. Zuletzt abgerufen am 12. August 2014. 85 Ebd. Zuletzt abgerufen am 12. August 2014. 86 Vgl.: Knoll, Dieter. Symbollexikon. Stichwort: „Nacht“. (http://www.symbolonline.de/index.php?title=Nacht) zuletzt abgerufen am 8. September 2014. 87 Vgl.: Riedel, Ingrid. Symbollexikon. Stichwort: „Rot“. (http://www.symbolonline.de/index.php?title=Rot) zuletzt abgerufen am 12. August 2014.

23 wird. Die symbolischen Eigenschaften des Rots werden stark mit dem Mann verbunden. „Die Morgenröte“ ist eines der zwei Symbole die wiederholt ist und wird dadurch als Symbol verstärkt.

Die schneeweiße Hand: Kommunikation ohne Wörter passiert zum großen Teil durch die Geste der Hand oder Hände. Mit der Berührung der Hände bildet man eine nähere Verbindung zu anderen Menschen.88 Hier geht es um die Aktivität, dass das Mädchen dem Mann die Hand reicht. Aus dem Zusammenhang kann gelesen werden, dass zwischen diesen Menschen ein Vertrauen besteht. Es kann davon ausgegangen werden, dass sie sich verstehen und mögen. Aber welche Bedeutung hat die Farbe der Hand? Das sie schneeweiß ist? Die Farbe Weiß wird manchmal als keine Farbe oder unbunte Farbe betrachtet, jedoch enthält sie alle anderen Farben. Deswegen bietet die weiße Farbe viele Möglichkeiten, Offenheit und Freiheit; sie ist der „Ausdruck des Absoluten, des Anfangs und des Endes, der Fülle und der Leere“.89 Weiß beansprucht keine Macht und wird deshalb mit der Unschuld und Reinheit verbunden.90 In westlichen Kulturen ist Weiß mit der Reinheit, Vollkommenheit und dem Licht verbunden. Die größten Friedenssymbole sind weiß, die Taube und die Flagge. Weiß spielt in den meisten Religionen eine bedeutende Rolle.91 Im Christentum trägt z.B. der Engel der Auferstehung weiß und der auferstandene Christus trug weiß. Weiß symbolisiert auch die Reinheit der Maria.92 In östlichen Kulturen ist weiß die Farbe der Trauer und Todes, auch ein Symbol des Alters, des Herbstes, des Westens und der Hinterlist.93 Die Verbindung mit dem Tod existiert auch in germanistischer Kultur. Mit der Todesgöttin, Hel-Freya, ist weiß verbunden und Frau Berchta und Frau Holle, aus den Brüder Grimm Märchen, trugen entweder weiß oder schwarz. Ein wichtiges Symbol der Frau Holle ist auch der Schnee, was hier besonders interessant ist, da die Hand schneeweiß ist. Der Schnee ist zudeckend und wird als ein Todessymbol betrachtet. In mehreren Kulturen wird weiß mit dem Tod verbunden, sowie bei den Ägyptern, wo weiß die Toten vor bösen Einflüssen geschützt und in Afrika, wo die

88 Vgl.: Symbollexikon. Stichwort: „Hand“. (http://www.symbolonline.de/index.php?title=Hand) zuletzt abgerufen am 24. August 2014. 89 Riedel: Stichwort: „Weiß“. (http://www.symbolonline.de/index.php?title=Wei%C3%9F) zuletzt abgerufen am 13. August 2014. 90 Vgl.: Riedel: Stichwort: „Weiß“. Zuletzt abgerufen am 13. August 2014. 91 Vgl.: Die Symbolik der Farben. (http://www.mara-thoene.de/html/farbensymbolik.html) zuletzt abgerufen am 13. August 2014. 92 Vgl.: Riedel: Stichwort: „Weiß“. Zuletzt abgerufen am 13. August 2014. 93 Vgl.: Die Symbolik der Farben. Zuletzt abgerufen am 13. August 2014.

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Todesgeister und Krankheitsdämonen in weiß erscheinen.94 Alles deutet darauf hin, dass das Mädchen unschuldig, rein und vollkommen ist! Die weiße Farbe ist auch mit dem Frieden verbunden; dadurch ist das Mädchen der Gegensatz zu dem Krieg, der später im Gedicht thematisiert wird. Ihre Farbe, Weiß, ist die Farbe des Friedens, seine Farbe, Rot, die Farbe des Krieges. Dass die Hand schneeweiß ist, kann auf verschiedene Weise interpretiert werden. Es erweckt auf jeden Fall ein Gefühl von Reinheit und Geistlichkeit. Zusammen mit dem Schnee erweckt es aber auch ein starkes Gefühl von Tod.

Die Nachtigall: Nachdem das Mädchen dem Mann ihre schneeweiße Hand gereicht hat, singt die Nachtigall und das Mädchen fängt zu weinen an. Mit dem Gesang der Nachtigall hat sich die Stimmung von einem Moment auf den anderen verändert. Was kann die Nachtigall angekündigt haben? Was so besonders an der Nachtigall ist, ist, dass sie in der Nacht singt, nicht nur tagsüber oder in der Dämmerung, wie andere Vögel. Im Althochdeutschen bedeutet das Wort „Galan“, das die spätere Hälfte ihres Namens bildet, zu singen und ihr Gesang, der wunderschön klingt, heißt „das Schlagen“.95 Mit dieser Besonderheit ist es nicht merkwürdig, dass die Nachtigall sich zu einem Symbol entwickelte. Die gewöhnlichsten symbolischen Bedeutungen sind die Liebe, der Tod und die Sehnsucht,96 aber auch die Schönheit, die Freiheit von den Klagen der Welt und die Unsterblichkeit.97 Die Nachtigall hat viele Komponisten beeinflusst, u.a. Gustav Mahler. In seiner zweiten Symphonie kommen Naturlaute, die an eine Nachtigall erinnern, vor. Mahler selber hat die Nachtigall in dem Zusammenhang „den Vogel des Todes“ genannt.98

Es ist hier ganz klar, dass die Nachtigall wenigstens die Liebe zwischen dem Mann und dem Mädchen bezeichnet. Aber wenn man die zwei Symbole, die schneeweiße Hand und die Nachtigall zusammen untersucht, deutet vieles auf den Tod hin, wenigstens auf den Tod des Mädchens. Dem Tod folgen möglicherweise zwei andere symbolische Bedeutungen, nämlich die Freiheit von den Klagen der Welt und die Unsterblichkeit. Es ist klar, dass mit dem Tod die Freiheit von den Klagen der Welt

94 Vgl.: Riedel: Stichwort: „Weiß“. Zuletzt abgerufen am 13. August 2014. 95 Vgl.: Die Nachtigall – Sänger in der Nacht. (http://www.lehrerservice.at/toarchiv/ag-11-01/to-ab1b-sep11.pdf) zuletzt abgerufen am 15. August 2014. 96 Vgl.: L.Z. Marie. Birds of a Feather: (http://lzmarieauthor.com/tag/nightingale-symbolism/) zuletzt abgerufen am 15. August 2014. 97 Vgl.: Ode to a nightingale. Analysis: (http://www.shmoop.com/ode-nightingale/nightingale-greek-myth- symbol.html) zuletzt abgerufen am 15. August 2014. 98 Vgl.: De La Grange: S. 128.

25 kommt, auf jeden Fall wenn man unsterblich ist, d.h. wenn man nach dem Tod in der einen oder anderen Form immer noch lebt. Aber so viele Todessymbole erwecken auch die Frage, ob es möglich ist, dass der Mann schon gestorben ist und zu dem Mädchen als ein Gespenster kommt? Dass er die Morgenröte fürchtet unterstützt diese Interpretation.

Mein Eigen: Als das Mädchen weint, tröstet der Mann ihr mit den Worten, dass sie aufs Jahr sein Eigen werden soll. Welche Bedeutung hat das? Laut Duden bedeutet „Eigen“, Eigentum oder Besitz und „etwas sein Eigen nennen“ bedeutet, dass man etwas besitzt oder hat.99 Die erste Interpretation wäre dann, dass sie ein Liebespaar sind, die sich auf dem Jahr heiraten werden. Aber kann das etwas anderes bedeuten? Wenn er schon Tod ist, kann es dann bedeuten, dass sie aufs Jahr auch stirbt? Wird durch den Tod sein Eigen? Mein Eigen wird zweimal wiederholt und wird dadurch als Symbol verstärkt, es wirkt fast wie eine Drohung.

Die grüne Erde: Die Erde kann sowohl der Planet Erde bezeichnen, als auch die Materie Erde bedeuten. Die Erde in der späteren Bedeutung ist das Grundsymbol für Fruchtbarkeit, denn die Nahrung kommt aus der Erde. In der Schöpfungsgeschichte wird der erste Mann, Adam, aus Erde und Wasser erschaffen und wenn wir sterben werden wir wieder mit der Erde vereint. Die Erde gab uns unser Leben und nimmt es auch wieder.100 In diesem Zusammenhang in Mahlers Lied ist die Erde grün. Grün ist die Farbe der Natur, der Vegetation und als solch die Farbe der Hoffnung, des Lebens, Wachstums und Frühling; grün ist die Farbe eines neuen Anfangs. In vielen alten Ideologien wird grün häufig mit der spirituellen Welt verbunden. Bei den Azteken wurde z.B. den Toten ein grüner Stein, als Zeichen der Unsterblichkeit, in den Mund gelegt.

Die grüne Erde kommt im Satz: „O Lieb´ auf grüner Erden“101 vor. In dem Zusammenhang bezeichnet die grüne Erde die junge und hoffnungsvolle Liebe des Liebespaares. Dass die Erde grün ist, kann im Gegensatz zu der weiße Farbe stehen –

99 Vgl.: Duden online. Stichwort: „Eigen“. (http://www.duden.de/rechtschreibung/Eigen) zuletzt aberufen am 22. August 2014. 100 Vgl.: Knoll, Dieter. Symbollexikon. Stichwort: „Erde“. (http://www.symbolonline.de/index.php?title=Erde) zuletzt abgerufen am 24. August 2014. 101 Mahler, Gustav. Wo die schönen Trompeten blasen. (http://javanese.imslp.info/files/imglnks/usimg/7/7f/IMSLP20461-PMLP47568-Mahler_- _Des_Knaben_Wunderhorn_-_Wo_die_sch__nen_Trompeten_blasen.pdf) zuletzt abgerufen am 26. August 2014.

26 das Leben gegen den Tod. Ihre Liebe ist stark und unsterblich – obwohl sie vielleicht beiden bald unter grünem Rasen sich ausruhen werden. Grün wird dann dreimal wiederholt. Diese Verstärkung kann auf das letzte Mal hindeuteten – das Haus von grünem Rasen. Was bedeutet das? Ist es ein alter isländischer Bauernhof – ein Torfbauernhof? Wohnte er als Soldat nur auf der freien Wiese? Oder wohnte er möglicherweise unter grünem Rasen? Dieses Gefühl taucht wieder auf: Kann es sein, dass er schon am Anfang des Liedes Tod war?

Die schönen Trompeten: Die Trompeten werden von allen Instrumenten am meisten mit Macht verbunden, besonders mit Krieg und Herrschaft. Es ist auch klar, dass die Trompeten den Mann in den Krieg rufen. Aber Trompete symbolisieren seit ihrer ersten Erscheinung auch die Verbindung zwischen unsere Welt und die spirituelle Welt. Durch die magischen Kräfte der Trompetenklänge konnte man Gott herbeirufen, die Waldgeister aufwecken und Dämonen austreiben.102 Immer wieder kommt ein Symbol, das auf den Tod hindeutet. Der Mann wird nicht nur in Krieg hinzugerufen, er wird auch in eine andere Welt gerufen.

6.1.3. Fazit

Wo die schönen Trompeten blasen handelt im Großen und Ganzen von der Liebe und dem Tod. Das vereinende Symbol ist die Nachtigall; es steht sowohl für die Liebe als auch den Tod. Die schneeweiße Hand des Mädchens und das Faktum, dass der Mann, der auch schon Tod ist, sagt, dass sie sein Eigen aufs Jahr wird, deutet auf ihren Tod hin. Das erste Symbol, die Morgenröte, erweckt in dem Leser das Gefühl, dass der Mann entweder nicht gut ist oder, dass er zu der Nacht, dem Tod gehört. Zunächst kommen die Symbole, die besonders auf den Tod des Mädchens hindeuten aber auch nicht seinen Tod verneinen. Am Ende kommen seine stärksten Todessymbole, ohne dass der Leser bzw. Zuhörer richtige Antworte auf seinen Fragen bekommt, weder im Gedicht noch in der Musik. Hier wird behauptet, dass der Mann schon im Krieg gestorben ist und unter grünem Rasen wohnt. Er kommt zu dem Mädchen, um ihren Tod anzukündigen.

6.2. Unbeschreibliche Freude

102 Vgl.: Vienna symphonic library. Symbolik. (http://www.vsl.co.at/de/70/3139/3143/3144/5427.vsl) zuletzt abgerufen am 22. August 2014.

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6.2.1. Vorwort

Genauso wie Mahlers Text zu Wo die schönen Trompeten blasen ist das Gedicht Unbeschreibliche Freude beim ersten Blick ein Liebesgedicht. In der ersten Strophe fragt ein Mädchen, wer draußen sein könne und der Mann antwortet, dass es ihr Herzallerliebster sei und bittet sie ihn reinzulassen. In der zweiten Strophe lässt sie ihn rein und sieht dann, dass er ein schneeweißes Hemdlein trägt und hat schneeweiße Beine. Als sie das sieht, fängt sie zu weinen an. Er antwortet ihr in der dritten Strophe; sagt, dass sie nicht weinen soll, sie werde nämlich aufs Jahr sein eigen. In der letzten Strophe wünscht der Mann sich, dass die Felder aus Papier wären. Da schrieben die Studenten „die Liebe lange Nacht“103, hoffentlich schrieben sie die Beiden „die Liebe doch nicht ab“104. Die letzte Strophe ist die einzige, die nichts mit Wo die schönen Trompeten blasen zu tun hat.

6.2.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole

Das Gedicht besteht aus vier Strophen. Die Gedichtform ist Lied. Wie in Mahlers Lied wird das Gedicht im Großen und Ganzen im Jambus geschrieben. An einigen Stellen gibt es zwei bis drei leichte Silben statt einer.

Das schneeweiße Hemdlein und die schneeweißen Beinen: Weiß und Schneeweiß sind hier schon früher thematisiert. Sie symbolisieren u.a. den Tod, besonders wenn Weiß zusammen mit dem Schnee steht. In der zweiten Strophe wird gesagt, dass fast sein ganzer Körper mit Schneeweiß bedeckt ist, sowohl seine Kleidung als auch der Körper selbst. Nachdem das Mädchen diese Verfassung erfasst hat, fängt sie zu weinen an. Hier deutet alles auf seinem Tod hin – oder was? In der dritten Strophe wird es klar, dass er in den Krieg fährt. In der letzten Strophe kommt die Hoffnung, dass die Studenten ihre Liebe nicht abschrieben werden. Diese Hoffnung mildert seine Lebensbedrohung. Dieser weiße Zustand könnte auch einfach sein immer noch unschuldiges Leben bezeichnen. Er ist noch nicht im Krieg, hat noch nie jemand getötet.

103 Brentano, Clemens und von Arnim, Ludwig Achim. Des Knaben Wunderhorn: Alte deutsch Lieder. Berlin: Rütter & Loening. 1966. Band 3, S. 102. 104 Edb. Band 3, S. 102.

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Mein eigen: Mein eigen hat hier, mehr oder weniger, die gleiche Bedeutung wie im vorherigen Kapitel. Aber im Zusammenhang des Gedichtes, wird es nicht so stark gelesen. Die letzte Strophe mildert die starken Symbole die hier benutzt werden.

Die grüne Erde: Die grüne Erde hat fast die gleiche Bedeutung wie früher im Kapitel. Die junge, hoffnungsvolle und unsterbliche Liebe. Hier wird aber nicht über das Haus von grünem Rasen gesprochen.

Das Schreiben auf Papier: Die vierte und letzte Strophe klingt ein bisschen anders als die anderen Strophen. Es wirkt fast, als ob der Dichter nicht wirklich sagen konnte was er sagen wollte. Das Gedicht fängt so dramatisch an und endet dann mit einer einzigen Strophe, wo, im Großen und Ganzen, gewünscht wird, dass Krieg nicht existiere. Anstatt Felder und Krieg gäbe es Liebe und Frieden. Ein Stück Papier ist weiß und darauf kann alles was man sich wünscht geschrieben werden. Das weiße Papier gibt uns unendliche Möglichkeiten. Der Mann wünscht sich, dass die Studenten dort die Liebe schrieben, jedoch, dass sie die Beiden die Liebe nicht abschrieben. Er lebt in der Unsicherheit, er weiß nicht, ob er den Krieg überlebt. Auf dem Papier kann auch sein Tod geschrieben werden. Das Gedicht endet in dieser Unsicherheit.

6.2.3. Fazit

In Großen und Ganzen handelt Unbeschreibliche Freude von gleichen Themen wie Wo die schönen Trompeten blasen. Es wird jedoch viel milder Interpretiert. Es ist kürzer und hat weniger Symbole. Für den Tod des Mädchens gibt es keine starken Symbole und seine Symbole werden mit der letzten Strophe sehr viel gemildert. In dem Gedicht wird eigentlich nur die halbe Geschichte erzählt, keine richtige Antworte werden gegeben.

6.3. Bildchen

6.3.1. Vorwort

Bildchen ist auch ein Liebesgedicht. Die ersten zwei Strophen, samt den vierten und neunten kommen nicht in Wo die schönen Trompeten blasen vor. In der ersten Strophe spricht ein Mann. Er ist unglücklich und wünscht, dass er bei seinem Schatz wäre. In der zweiten Strophe wächst seine Ungeduld und er fährt zu seinem Schatz, ob es in der Wirklichkeit passiert ist nicht klar. In der dritten Strophe steht er draußen bei

29 seinem Schatz und klopft an der Tür. In der vierten Strophe spricht das Mädchen. Sie sagt, dass sie ihn erst reinlassen werde, wenn ihre Eltern im Bett sind. Der Mann spricht in der fünften Strophe; fragt sich warum er länger draußen stehen muss, er merke schon den Tagesanbruch. Und er wäre so gern bei seinem Schatz. In der sechsten Strophe spricht ein Erzähler. Das Mädchen lässt den Mann rein und heißt ihn willkommen. Sie reicht ihm ihre schneeweiße Hand und fängt zu weinen an. Der Mann tröstet sie in der siebten Strophe, sagt, dass sie mit Sicherheit aufs Jahr sein eigen werde, wie es keine andere auf der Erde sei. Er erzählt weiter in der achten Strophe. Er fährt „in Krieg auf grüne Haid“105, die weit weg liegt. Sein Haus, das von grünem Rasen ist, sei wo die schönen Trompeten blasen. In der letzten Strophe sagt er, dass er sich ein Bildchen von ihr malen lassen werde. Dieses Bildchen will er auf seinem Herzen tragen, damit er sie niemals vergisst.

6.3.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole

Das Gedicht besteht aus 9 Strophen und die Gedichtform ist Lied. Das Metrum des Gedichtes ist, wie in den anderen Gedichten, mehr oder weniger Jambus mit einigen extra leichten Silben dazwischen.

Die Morgenröte: Die Morgenröte hat hier die gleiche Bedeutung wie in dem Lied Wo die schönen Trompeten blasen. Der Mann will nicht die Sonne sehen, er gehört zu der Nacht.

Die schneeweiße Hand: Sie hat hier die gleiche Bedeutung wie bei Mahler, sie deutet auf ihren Tod hin.

Das Engelein: Der Mann nennt das Mädchen sein Engelein, um sie zu trösten, nachdem sie ihm ihre schneeweiße Hand reicht hat und danach geweint hat. Diese Verkleinerungsform des Wortes Engel, dient, um die Nähe in der Beziehung zwischen den Beiden zu zeigen. Sonst symbolisiert der Engel die Spiritualität des Menschen und die Beziehung zu der geistigen Welt und zu Gott. Der Engel bildet eine Brücke zwischen dem Gott und den Menschen; er dient als ein Bote des Gottes.106 Menschen, die vor dem Tod stehen, zeugen gerne von einem „ persönlichen Todesengel, der über

105 Edb. Band 3, S. 76. 106 Vgl.: Hark, Helmut. Symbollexikon. Stichwort: „Engel“. (http://www.symbolonline.de/index.php?title=Engel) zuletzt abgerufen am 27. August 2014.

30 die Schwelle begleitet“.107 Die Wahl des Kosenamens ist möglicherweise kein Zufall, ob der Dichter es bewusst oder unbewusst gewählt hat. Wie bei Mahler kommen zwei Symbole, die schneeweiße Hand und das Engelein, zusammen und der Tod wird damit stärker symbolisiert.

Mein eigen: Mein eigen kommt im gleichen Zusammenhang wie bei Mahler vor, der Mann tröstet das Mädchen und sagt, dass sie sein eigen werde. In diesem Gedicht ist dieses Symbol nicht so stark wie bei Mahler, weil in diesem Gedicht nicht so stark auf seinen Tod hingedeutet ist.

Die schönen Trompeten: Die schönen Trompeten kommen im gleichen Zusammenhang wie bei Mahler vor und haben die gleiche Bedeutung, jedoch nicht so stark. Die rufen den Mann in den Krieg und deuten zugleich auf seinen Tod hin.

6.3.3. Fazit

Die ersten zwei Strophen zeigen die Ungeduld des Mannes. Er ist weit weg von seinem Schatz und wünscht sich dahin. Ob er wirklich dahin fährt, ist nicht ganz klar. Es ist also möglich, dass er sich dieses Treffen nur einbildet. Ob er seinen Schatz in der Wirklichkeit trifft oder nicht, wird vom Treffen in den nächsten sechs Strophen erzählt. Wie bei Mahler fürchtet der Mann offenbar die Morgenröte, denn er gehört eher zu der Nacht – dem Tod und Trauer – als dem Tag. Die rote Farbe kündet an, dass er in den Krieg fährt, seine Lebensbedrohung – aber auch ihre Liebe. Die schneeweiße Hand des Mädchens deutet auf ihren Tod hin. In der letzten Strophe, die nicht in Mahlers Lied vorkommt, sagt der Mann, dass er ein Bild von dem Mädchen malen lassen werde, um ihr nicht zu vergessen. Dieses mildert seine Todessymbole – die Morgenröte und die schönen Trompeten – und stärkt dagegen ihre. Wird sie nur auf einem Bild in seinem Leben sein? Das Paar wird auf jeden Fall durchs Krieg getrennt. Es gibt ziemlich starke Todessymbole für sie, die auf eine Trennung durch ihren Tod hindeuten.

6.4. Vergleich zwischen den Gedichten in „Des Knaben Wunderhorn“ und Mahlers Lied

Gustav Mahler hat zwei dramatische Gedichte, die sich teilweise überschneiden, gewählt. Daraus hat er sich das dramatischste ausgesucht und sein Lied geschrieben. Er wählt alle Todessymbole, die in den zwei Liedern vorkommen und verstärkt viele von

107 Hark, Helmut. Symbollexikon. Stichwort: „Engel“. Zuletzt abgerufen am 27. August 2014.

31 ihnen. Dazu wählt er selber eines der stärksten Symbole für Tod und Liebe, die Nachtigall. In seinem Lied sterben die beiden, bzw. sind gestorben, in den Gedichten aus der Sammlung wird nur auf den Tod einer Person hingedeutet. In dem Lied wird eine neue Geschichte erzählt. Möglich ist, dass er das Potenzial in den zwei Gedichten sah, dass das eine fehlte, was das andere hatte und sie deshalb gewählt und bearbeitet hat. Das Ergebnis ist ein hochdramatisches und romantisches Lied mit Wurzeln in der volkstümlichen Kultur.

6.5. Ablösung

6.5.1. Vorwort

Das Gedicht Ablösung stammt aus dem dritten Band der Gedichtsammlung „Des Knaben Wunderhorn“ und erschien deswegen im Jahr 1808. Die Gedichtart ist Lied und laut der Gedichtsammlung ist die Quelle ein Musikbuch. Dieses Musikbuch ist Johanns Ott´s II Liederbuch: „Hundert und fünffzehn guter neuer Liedlein“, das in Nürnberg im Jahr 1544 herausgegeben wurde.108 In dem Gedicht wird vom Tod des Kuckucks berichtet. Wer soll den Kuckuck durch den Sommer ablösen? Das macht die Frau Nachtigall; sie singt nämlich wenn andere Vögel schweigen.

6.5.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole

Ablösung ist ein kleines Lied, nur eine Strophe von acht Zeilen, die in vier Versen geteilt werden kann. Das Gedicht ist im Jambus geschrieben. Es fängt jedoch im Trochäus mit dem Wort „Kuckuck“ an. In dem Gedicht spielen zwei Vögel, die die deutsche Literatur prägen, der Kuckuck und die Nachtigall, eine große Rolle und werden hier als Symbole untersucht.

Der Kuckuck: Auf zweierlei Weise ist der Kuckuck in der deutschen Natur außerordentlich. Zum einen geht es um seinen Ruf, der sehr leicht zu erkennen ist; der Vogel ruft sozusagen seinen eigen Name. Der Ruf besteht meistens aus zwei Tönen; der spätere Ton liegt normalerweise eine kleine Terz unter dem ersten. Mit steigenden Hormonen wird der Rhythmus des Rufes unregelmäßiger und die Anzahl der Töne steigt.109 Der Kuckucksruf klingt vor allem im Frühjahr, denn der Kuckuck kommt

108 Vgl.: Rieser, Ferdinand. „Aufzählung der Lieder nach den Quellen“ in „Des Knaben Wunderhorn“ und seine Quellen. Dortmund: Fr. Wilh. Ruhfus. 1908. 109 Vgl.: Nature-rings. Wohlklingender Faulpelz. (http://nature-rings.de/tiere/14/page1.html) zuletzt abgerufen am 1. September 2014.

32 mitten im April zu Deutschland aus Afrika an. Der Ruf gehört dem Männchen und ist eigentlich Balzgesang. Mit dem Ruf wirbt also das Männchen um das Weibchen.110 Zweitens baut der Kuckuck kein eigenes Nest. Das Weibchen legt ihre Eier ins Nest anderer Vogelarten. Während der Brutzeit legt sie etwa 20 Eier in Nester verschiedener Vogelarten. In jedes Nest legt sie ein Ei und frisst eines von denen die schon da sind, damit der Schwindel nicht herausgefunden wird. Obwohl Größe und Farbe von den anderen Eiern des Nestes variieren kann, lassen sich viele Vogelarten davon täuschen. Nach 12 Tagen schlüpft das Küken. Einige Stunden später wirft er alle andere Küken oder Eier aus dem Nest und wird da allein für 3 Wochen gefüttert, bis er selber in die Welt fliegt. Noch 3 Wochen füttern ihn seine Stiefeltern und Ende Juli oder Anfang August fliegt er nach Afrika.111

Vor allem ist der Kuckuck ein Symbol des Frühlings. Als Seelenvogel oder Zukunftskünder galt er bei vielen Völkern auch. Bei der Hochzeit der Göttin Hera, saß ein Kuckuck auf ihrem Zepter, denn Zeus hatte sich in einen Kuckuck verwandelt.112 Seit dann gilt der Kuckucksruf auch „als gutes Vorzeichen für Heiratslustige.“113 Die Anzahl der Kuckucksrufe bezeichnete im Volksbrauchtum die Anzahl der Jahre bis zu der Hochzeit.114 Der Kuckuck kann aber auch einen treulosen Ehemann oder einen Ehemann einer treulosen Frau bezeichnen.115 Der Name „gouch“ oder „Gauch“, mit der Bedeutung Narr, kommt in alten Texten oft vor.116 Das Bild, das in diesem Gedicht gezeichnet wird, von dem Kuckuck, der durch einen Sturz aus einem hohlen Baum zu Tode kommt, deutet auf diese Interpretation hin. Dieser Kuckuck ist einfach ein Narr.

Die Nachtigall: Die Nachtigall ist hier schon früher thematisiert worden. Sie ist ein Symbol der Liebe, des Todes – und auch der Unsterblichkeit – und der Schönheit. In vielen Fällen also mit der Bedeutung des Kuckucks ähnlich, außer, dass sie auch ein

110 Vgl.: Vogelkunde. Der Kuckuck Cuculus canorus. (http://www.jagd.it/voegelkunde/kuckuck/) zuletzt abgerufen am 1. September 2014. 111 Ebd. Zuletzt abgerufen am 1. September 2014. 112 Vgl.: Symbol – Attribut – Allegorie – Emblem. Stichwort: „Kuckuck“. (http://jg.seite.net/cgi- bin/baseportal.pl?htx=/Peter_Eckardt/Symbole&localparams=3&db=Symbole&cmd=list&range=180,30&cmd= all&Id=376) zuletzt abgerufen am 1. September 2014. 113 eLexikon. Stichwort: „Kuckuck“. (https://peter-hug.ch/lexikon/Kuckuck) zuletzt abgerufen am 1. September 2014. 114 Vgl.: Symbol – Attribut – Allegorie – Emblem. Stichwort: „Kuckuck“. Zuletzt abgerufen am 1. September 2014. 115 Vgl.: eLexikon. Stichwort: „Kuckuck“. Zuletzt abgerufen am 1. September 2014. 116 Ebd. Zuletzt abgerufen am 1. September 2014.

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Symbol des Todes ist. Ihre symbolische Bedeutung ist jedoch etwa stilvoller als des Kuckucks.

6.5.3. Fazit

In dem Gedicht werden die zwei Vogelarten, ihre Eigenschaften und ihr Gesang gegeneinander gestellt. Der ziemlich einfache und erkennbare Kucucksruf und der Vogel, der ein Schmarotzer und – in diesem Gedicht – ein Narr und Frühlingsbote ist, werden den Frühling nicht ankünden und den Sommer nicht prägen. Irgendein Vogel muss ihn ablösen – wie wäre er ein ganz normaler Arbeiter, einer, der alles was der Kuckuck kann und am liebsten etwas mehr kann. Gewählt wird die Nachtigall, die auch als Symbol für die Liebe und die Schönheit ist. Schön singt sie, viel besser als der Kuckuck, der nicht einmal als ein Singvogel eingeordnet ist.117 Sie ist auch geschickter und stilvoller als der Kuckuck, jedoch ist sie bisher nicht der Frühlingsbote gewesen. Mit dem Kuckuck fliegt alles was ungeschickt und untreu ist weg, die Liebe und die Schönheit bleiben.

6.6. Ablösung im Sommer

6.6.1. Vorwort

Gustav Mahler hat dieses kleine Gedicht, Ablösung, in der Sammlung gefunden und es ein bisschen weiter geschrieben. Er hat es auch umbenannt, es heißt bei ihm Ablösung im Sommer. Sein Lied erschien im Jahr 1892. Es ist auf einer Liedform, wie das Gedicht, worauf es basiert. Mahlers Musik zählt zu der spätromantischen Epoche. Das Gedicht auch – mit Wurzeln im 15. Jahrhundert und einem Halt in der romantischen Epoche.

6.6.2. Interpretation des Gedichtes im Hinblick auf die Symbole

Mahlers Gedicht wurde vor allem für die Noten geschrieben und deswegen gibt es keine eigentliche Strophengliederung. Hier wird, was er nach dem Ende des Gedichtes schrieb, als eine zweite Strophe angesehen, sie ist wie eine Coda nach der eigentlichen Strophe. Er fügt einige neue Wörter und Sätze zu dem Lied hinzu. Am Anfang sind es meist Wiederholungen oder Repetitio, wie „Weiden!“ oder

117 Vgl.: Brodowski, Gerhard. Gerhard Brodowski Fotografie. Der Kuckuck. (http://www.brodowski- fotografie.de/beobachtungen/kuckuck.html) zuletzt abgerufen am 2. September 2014.

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Umformulierungen, wie „Kukuk ist todt!“118, um den Effekt und die Dramatik des Gedichtes zu verstärken. Es ist so viel, dass es fast eine Ironie sein konnte. Außerdem kommen in den Takten 26 und 27119 Kuckucksrufe vor, sowohl mit dem Wort als auch in der Musik. Anstatt „an einer hohlen Weiden“120 in zweiter Zeile des ursprünglichen Gedichtes, sagt Mahler „an einer grünen Weiden!“.121 Die hohle Weide ist sicherlich ein Baum, der hohl von innen geworden ist. Bei Mahler ist dieses Bild etwa milder geworden, ohne Zweifel ist sein grüner Baum lebendiger als der hohle Baum. Zwei neue Zeilen fügt er im Gedicht ein, nach der sechsten Zeile des ursprünglichen Gedichtes. In den gibt es eine ausführlichere Beschreibung der Nachtigall. Die Coda am Ende, die Mahler selber geschrieben hat, ergänzt nichts Neues zu dem Gedicht. Da wird nur gesagt, dass alle auf die Nachtigall warten. Wenn der Kuckuck tot sei, habe die Nachtigall die Chance zu singen, ihr Gesang kann jetzt gehört werden.

Das Metrum ist mehr oder weniger im Jambus, das Wort Kuckuck ist jedoch im Trochäus und deswegen gibt es zwischendrin Zeilen, in denen Trochäus vorkommt.

Es kommen hier keine neuen Symbole vor. Mahler arbeitet aber weiter mit den zwei Symbolen die im Gedicht Ablösung vorkommen.

6.6.3. Fazit und Vergleich zwischen das Gedicht in „Des Knaben Wunderhorn“ und Mahlers Lied

In Mahlers Gedicht kommen keine neuen Symbole vor und die Bedeutung ist die Gleiche wie in Ablösung. Mahler macht nur das Bild von den zwei Vögeln und den Unterschied dazwischen etwas deutlicher. Er dramatisiert den Tod des Kuckucks fast ironisch und zieht die stilvolle Nachtigall nach vorn. In der Musik kann diese Änderung in der Stimmung des Sommers gut gehört werden. Der bekannte Musiktheoretiker, Komponist und mehr, Theodor W. Adorno, meint, dass Mahler die Hoffnung mit einer Veränderung in der Musik bezeichnet.122 Die Veränderung in der Musik, die mit der Nachtigall kommt, deutet deswegen auf die Hoffnung hin. Die Hoffnung auf dem Sommer und besseres Leben.

118 Mahler, Gustav. Ablösung im Sommer. (http://petrucci.mus.auth.gr/imglnks/usimg/d/d9/IMSLP20440- PMLP47568-Mahler_-_Des_Knaben_Wunderhorn_-_Abl__sung_im_Sommer.pdf) zuletzt abgerufen am 2. September 2014. 119 Ebd. Zuletzt abgerufen am 2. September 2014. 120 Brentano, Clemens und von Arnim, Ludwig Achim. Band 3, S. 101. 121 Mahler, Gustav. Ablösung im Sommer. Zuletzt abgerufen am 2. September 2014. 122 Vgl.: Adorno: S. 6.

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7. Schluss Die zentrale Frage der Arbeit lautet entsprechend: Wie unterscheiden sich die Symbole in den ursprünglichen Wunderhorn Gedichten von den Symbolen in Mahlers Liedern und wie ändert das die Bedeutung der Gedichte?

Es gibt unterschiedliches Fazit für die zwei Lieder die hier analysiert wurden. Gustav Mahler hat sehr viel mit dem Gedicht Wo die schönen Trompeten blasen gearbeitet. Sein Liedtext ist sozusagen ganz neu, er setzt zwei Gedichte zusammen, die sich schon überschneiden und macht daraus ein neues. Einige Symbole lässt er raus und fügt ein neues Symbol, die Nachtigall, hinzu. Er nimmt das dramatischste aus den beiden Gedichten und verstärkt viele Symbole dramatischer Bedeutung. Das passiert zum größten Teil, weil er einige Strophen der ursprünglichen Gedichte, die die dramatische Bedeutung mildern, rauslässt. Es ist klar, dass dies die Bedeutung ändert. Allgemein wird stärker auf den Tod hingedeutet und zwar auf den Tod der beiden Geliebten, nicht nur des Mannes oder des Mädchens.

Die Bedeutung des Gedichtes Ablösung steht in Mahlers Handlung mehr oder weniger unverändert. Er hat keine Symbole rausgelassen oder hinzugefügt. Mahler hat die Bedeutung nur etwas besser hervorgehoben. Das Lied ist sowohl im Text als auch in der Musik voll mit Scherz, Lebensfreude und Hoffnung auf die Zukunft.

Es ist klar, dass sowohl Brentano und Arnim als auch Mahler in den alten Gedichten eingegriffen haben. Möglich ist, dass dieses Eingreifen hilft, den Gedichten leben zu lassen. Ohne weitere Verarbeitung hätten sie vielleicht niemand interessiert. Sie wären staubige und alte Gedichte. Kunst ist nicht das Sammeln und das Bewahren alten Sachen; das gehört der Geschichte und den Museen. Kunst ist, die alten Sachen – und die alten Kunstformen – leben zu lassen. Sowohl die Gedichtsammlung als auch Mahlers Lieder sind klassisch geworden – und dadurch leben die alten Gedichte.

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9. Anhang

Mahlers Text: Wo die schönen Trompeten blasen Wer ist denn draußen und wer klopfet an, der mich so leise, so leise wecken kann? Das ist der Herzallerliebste dein, steh auf und laß mich zu dir ein!

Was soll ich hier nun länger steh´n ich seh´ die Morgenröth´ aufgeh´n, die Morgenröth´, zwei helle Stern´. Bei meinem Schatz da wär´ ich gern´! Bei meinem Herzallerliebsten!

Das Mädchen stand auf und liess ihn ein, sie heisst ihn auch willkommen sein. Willkommen lieber Knabe mein! So lang hast du gestanden! Sie reicht´ ihm auch die schneeweisse Hand. Von ferne sang die Nachtigall, das Mädchen fing zu weinen an.

Ach weine nicht, du Liebste mein, ach weine nicht, du Liebste mein! Aufs Jahr sollst du mein Eigen sein. Mein Eigen sollst du werden gewiss, Wie´s Keine sonst auf Erden ist! O Lieb auf grüner Erden.

43

Ich zieh´ in Krieg auf grüne Haid´; die grüne Haide, die ist so weit! Allwo dort die schönen Trompeten blasen, da ist mein Haus, mein Haus von grünem Rasen!123

Aus „Des Knaben Wunderhorn“: Unbeschreibliche Freude Mündlich

„Wer ist denn draußen und klopfet an, Der mich so leise wecken kann?“ „Das ist der Herzallerliebste dein, Steh auf und laß mich zu dir ein.“

Das Mädchen stand auf und ließ ihn ein Mit seinem schneeweißen Hemdelein, Mit seinem schneeweißen Beinen; Das Mädchen fing an zu weinen.

„Ach weine nicht, du Liebste mein, Aufs Jahr sollt du mein eigen sein; Mein eigen sollt du werden, O Liebe auf grüner Erden.

Ich wollt, daß alle Felder wären Papier

123 Mahler, Gustav. Wo die schönen Trompeten blasen. (http://javanese.imslp.info/files/imglnks/usimg/7/7f/IMSLP20461-PMLP47568-Mahler_- _Des_Knaben_Wunderhorn_-_Wo_die_sch__nen_Trompeten_blasen.pdf) zuletzt abgerufen am 26. August 2014.

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Und alle Studenten schrieben hier, Sie schrieben ja hier die liebe lange Nacht, Sie schrieben uns beiden die Liebe doch nicht ab.“

Bildchen Auf dieser Welt hab ich keine Freud, Ich hab einen Schatz, und der ist weit, Er ist so weit, er ist nicht hier, Ach wenn ich bei mein Schätzgen wär!

Ich kann nicht sitzen und kann nicht stehn, Ich muß zu meinem Schätzgen gehn, Zu meinem Schatz, da muß ich gehn, Und sollt ich vor dem Fenster stehn.

„Wer ist denn draußen, wer klopfet an, Der mich so leis aufwecken kann?“ „Es ist der Herzallerliebste dein, Steh auf, steh auf und laß mich rein!“

„Was soll ich hier nun länger stehn, Ich seh die Morgenröt aufgehn, Die Morgenröt, zwei helle Stern, Bei meinem Schatz, da wär ich gern.“

Da stand sie auf und ließ ihn ein, Sie heißt ihn auch willkommen sein, Sie reicht ihm die schneeweiße Hand, Da fängt sie auch zu weinen an.

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„Wein nicht, wein nicht, mein Engelein! Aufs Jahr sollst du mein eigen sein, Mein eigen sollst du werden gewiß, Sonst keine es auf Erden ist.

Ich zieh in Krieg auf grüne Heid, Grüne Heid, die liegt von hier so weit, Allwo die schönen Trompeten blasen; Da ist mein Haus von grünem Rasen.

Ein Bildchen laß ich malen mir, Auf meinem Herzen trag ich´s hier, Darauf sollst du gemalet sein, Daß ich niemal vergesse dein.“

Mahlers Text: Ablösung im Sommer Kukuk hat sich zu Tode gefallen, Tode gefallen An einer grünen Weiden! Weiden! Weiden! Kukuk ist todt! Kukuk ist todt! Hat sich zu Tod´ gefallen! Wer soll uns denn den Sommer lang Die Zeit und Weil´ vertreiben? Kukuk! Kukuk! Wer soll uns denn den Sommer lang Die Zeit und Weil´ vertreiben? Ei! Das soll tun Frau Nachtigall! Die sitzt auf grünem Zweige!

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Die kleine, feine Nachtigall, die liebe süsse Nachtigall! Sie singt und springt, ist allzeit froh, Wenn andre Vögel schweigen!

Wir warten auf Frau Nachtigall; die wohnt im grünen Hage, und wenn der Kukuk zu Ende ist, dann fängt sie an zu schlagen!

Aus „Des Knaben Wunderhorn“: Ablösung Musikbuch

Kuckuck hat sich zu Tod gefallen An einer hohlen Weiden, Wer soll uns diesen Sommer lang Die Zeit und Weil vertreiben? Ei das soll tun Frau Nachtigall, Die sitzt auf grünem Zweige; Sie singt und springt, ist allzeit froh, Wenn andre Vögel schweigen.

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