Ausgabe Nr. 8 - Januar 2007

Endlich angekommen im neuen Jahrtausend

Foto: Katrin Tops Inhalt Impressum

Räuspern ...... 02 Überfall-Fanzine Mars on Life ...... 03 Adresse: Marcel Hähnel An der Pottenau 1 Haut die Bullen platt mit Stullen??? . . . 04 33609 Bielefeld Herr Zett und die Finanzen ...... 05 Fon: 05 21-2 60 78 58 Wahnsinn – wie das Krokodil wächst . . 06 E-Mail: [email protected] Web: www.ueberfall-home.de A – Z ...... 07 Stadtfeste ...... 15 Mit diesem Heft wird kein Gewinn erzielt, der Verkaufs- Hörtest ...... 16 preis der Papier-Ausgabe dient lediglich dazu, einen Teil der Unkosten zu decken. Die PDF-Ausgabe ist kostenlos The Movement ...... 22 erhältlich. Kleinkram ...... 24 Deine Lakaien/Social Distortion ...... 26 Die Inhalte dieses Heftes stammen von: Marcel Hähnel, Till Münzberg, Konstantin Debus und Gerald Fiebig. Splatter-Comic ...... 28 Photos von: Katrin Tops (Titel), Christine Marie (S. 27), Guitar Wolf/Moorat Fingers ...... 29 Bianca Frohard (S. 27), Herbert Ahnen (S. 38), Marcel Biafra & Melvins/Fantômas/Dälek . . . . 30 Hähnel (S. 39), Stephanie Sellmann (S. 39), Toru Sasaki (S. 43) und Florian Gallinger (S. 44). Aerogramme ...... 32 J. Frankenstein/Astronauts/Mad Sin/ Die nächste Ausgabe vom „Überfall-Fanzine“ erscheint, Souls On Fire/Soul Boys/Schiesser/ wenn sie fertig ist. Redaktionsschluss ist wenige Tage zuvor. Se Schrillos/Speedbomb ...... 33 Kartoffelschalen ...... 35 Comic: Das ruckelt wieder ...... 36 räuspern Daniel Cirera/Sunrise Avenue/ Laurent Garnier ...... 38 wir machten lieder wie im fieber Notdurft ...... 40 heiser wie 180 grad im hals umgedreht Satoko Fujii Quartet ...... 43 die abgespielten stimmbänder mit magnetspänen geschmirgelt Betontod/Happy But Not Satisfied/Yell & doch nicht geleert ein rausch Of Rage/Aurelia/Traitor Like Judas . . . 44 mittel der wunsch nach musik Take That ...... 46 nach freiheit wenigstens im gehörgang: Deine Lakaien ...... 47 unsere schreie wurden zu liedern & dann wieder zu schreien & als der strom weg war fiel das letzte stimmband kehlkopfüber in die stimmritze rein hinab in den papierschacht der sprache zurückgespult gelöscht & ausgeworfen nach ein wenig freigang im gehörgefängnis

gerald fiebig

2 Mars on Life – Editorial

Es fängt ja gut an mit dem Relaunch des nen gebrochenen Nasenknorpel und die Überfall: Der Schreibfluss ist wieder da, stahlkettenverursachten Platzwunden auf endlich kann ich wieder flüssig Texte aus dem Kopf. Auch meine Verunglimpfung den Fingern laufen lassen. Und so tat ich von Boskops-Gitarrist Wixer schoss damals ebendieses. Schrieb einige Seiten voll und arg über’s Ziel hinaus. schon zerschießt sich das Dateisystem, Da sich über die Jahre auch mein Musik- und alles was sich dann unter großem geschmack merklich gewandelt hat, blicke Aufwand meinerseits noch retten ließ ich auf manche verschriftlichte Ein- waren Dinge, die sich im Nullkommanix schätzung von damals eher mit Scham eh wieder neu hätten erstellen lassen. zurück. Über aus heutiger Sicht ungerecht- Meines Geistes Werk war aber nun erst- fertigtes Lob, schweige ich an dieser Stelle einmal futsch. Für einen Augenblick war am besten, aber das Niederschmettern er dann da, der Gedanke doch wieder alles von eigentlichen Großtaten bedarf an die- dranzugeben und dieses Fanzine einfach ser Stelle mal doch einer Entschuldigung: weiterhin Geschichte sein zu lassen. Aber Also liebe Flugs Vonstatten, ihr ward nein, der Entschluss steht, es soll weiter- grandios, ich war ein Banause. Wenigstens gehen. Wenn möglich nicht nur für diese hab ich euch noch einmal erleben eine Ausgabe, sondern auch weiterhin dürfen mit dieser Erkenntnis. Auch Roll darüberhinaus. Letztendlich ließ sich mit On Roll Off hatten mein Abkanzeln im noch mehr Aufwand dann doch noch eini- Nebensatz mitnichten verdient. Für ver- ges mehr retten, so dass der Verlust sich trackere Klänge war ich offenbar noch so langsam wieder gesund schrumpft. nicht reif. Hauptaugenmerk dieser Ausgabe, fast elf Eine wichtige Frage bei so einem Neu- Jahre nach der Nummer 1, liegt auf anfang ist jene danach, wie die Pläne für Texten, die treue alte Leser bereits schon die Zukunft aussehen mögen. In erster kennen. Ich war im Keller und hab das Linie soll dies ein Musik-Heft bleiben. Archiv auseinandergepflückt. Dabei sprang Dabei wird fast alles erlaubt sein – von mir gar eine Hausmaus entgegen, und ich Punk bis House, von Gothic bis Funk von weiß nicht wer von uns beiden sich da Jazz bis Klassik (ohne Schnösel-Haltung mehr erschrocken hat. Den Gedanken sie bitte)... Wenn du Musik liebst und fitte einzufangen und mit meinen domestizier- Rhetorik zu Papier bringst, melde dich bei ten Farbmäusen zu vergesellschaften, hab mir. Aber Musik soll nicht das einzige ich dann aber auch nicht weiter verfolgt. Thema sein. Alles was sich mit Unter- Das wär nicht schön ausgegangen. haltungswert lesen lässt, ist willkommen. Es macht Spaß all diese alten Text- Lediglich für (passiven) Sport möchte ich Kamellen nochmal neu zu lesen. Meine hier keinen Platz bieten, denn das Thema Güte, was hab ich teilweise Gift und Galle ist medial überpräsent. Im übrigen ist es gespuckt in den Jahren 1996 bis 1999. nicht der Sinn körperlicher Ertüchtigung, Nicht mit allen Zeilen hab ich mir nur anderen dabei zuzuschauen. Freunde gemacht, man denke nur an mei- Marcel 3 Haut die Bullen platt mit Stullen???

Neulich erlebte ich meine erste Demo mit! und stimmten erstmal „Bullenschweine“ an. Aber Wahrhaftig eine pralle Sache. Doch dazu muß ich irgendwie hatte damit kein Angesprochener ein erstmal weiter ausholen: Hier auf dem Dorf kön- Problem, und von unseren bekackten Mitläufern nen wir nämlich eigentlich echt stolz auf unsere kam außer verschreckten Blicken auch keine Gesetzeshüter sein. Während die Punx in den Reaktion. Schöner kann man sich Eintracht nicht Großstädten bereits aufpassen müssen, sich nicht vorstellen – völlig daneben, das alles! Mittlerweile gedankenverloren auf eine Parkbank niederzu- war mir alle Lust abhanden gekommen, da dieser lassen, damit nicht die Grün-Weißen mit Grund langweilige Unsinn, wegen dem ich extra mit dem zum Knüppeln anrücken können, kann man hier Fahrrad aus neun Kilometer Entfernung gekommen sogar mit Nahrungsmitteln werfen und verhet- war, keinen Passanten interessierte, und ich perma- zende Sprüche kloppen! Kaum zu glauben, aber nent aufpassen mußte, nicht unseren lächerlichen echt wahr. An dem Tag jedoch habe ich meinen Diakon an der Zugspitze zu überholen. Der ging Glauben an jeglichen Sinn im Polizeiapparat aber stolz voran und gemahnte seine Schäfchen perma- irgendwie verloren. Auch nützte jegliche Provo- nent zu Ruhe und Ordnung. Irgendwann wollten kation einen Dreck, die Chefs hielten sogar die Gunther und ich dann ausscheren, worauf der linke Straßenseite frei. Mann ganz beschübbelt guckte und uns bat, doch Aber zurück zur Demo: Anlaß war der nicht vor- mitzumachen, wie sich das gehöre. Arsch. handene Platz in unsrer kleinen (Nachbar-)Stadt Ich fand jetzt Verwendung für mein Käsebröt- für die Jugendlichen. Juzis etc. haben dort nämlich chen. In kleinen Bällchen warf ich die Kost den den größten Teil der Woche dicht, und die ganzen Staatsdienern an die Mütze. Auch jetzt null Re- Harten „Wissen nicht, wo wir hinsollen“ (O-Ton aktion. Ich dachte echt, ich steh’ im Wald. Zig Mann Plakat). Grund genug, per Diakon die Bullen zu für uns arme Gestalten, und dann sowas. Irgend- informieren, Flugblätter zu schreiben und dann los- wie läuft die Koordination bei den Bullen ganz hart zuziehen. Eine ganz geniale Sache. Freund Gunther, daneben, wenn die nix besseres zu tun haben, als der nun auch nicht mehr wußte, wo er in Ruhe sein emotionslose und mechanische Ordnungskräfte Bier trinken könnte, und ich schlossen uns dem einem Pulk Jugendlicher auf die Fährte zu hetzen. lustigen Zug an. Der bestand aus ca. 25 Leuten, Also völlig überflüssig die ganze Sache. davon waren ungefähr die Hälfte unter 12 Jahren, Bis zum Marktplatz hielten wir uns dann noch einige Skater und der Rest – ein Häuflein Abschaum, mit Geschichten von ECHTEN Demos in Stuttgart ergänzt von einem lokalen Antifa und zwei, drei bei Laune, wo angeblich (für mich kaum zu glauben) Mädels mit Arafat-Tuch, die munter aus der Reihe „gebrüllt wird: ,1-2-3 – los!’, und dann wegrennen flutschten und Flugzettel unter die Passanten vor de Bullen, ey!“ (O-Ton Gunther, der alte bringen wollten. Der Clou war allerdings, daß diese Schwabe). Am Zielort angelangt, fand die Veran- insgesamt 25 völlig ungefährlichen Figürchen stetig staltung dann langsam ein Ende, als Regen ein- von einem fetten Bulli in wohlbekannten Farben setzte und uns die Roboter auch hier mit ihrem verfolgt wurden. Links neben dem Zug wandelten verfluchten Bulli überwachten. zwei Uniform-Knallköppe, und vor dem terroristi- Gelohnt hat sich die Sache noch insofern, als schen und gemein bedrohlichen Haufen wilder daß Gunther und ich feststellen mußten, daß der Bombenleger stapften zwo weitere in Richtung Schlecker kein Bier führt, wo wir uns dann ins- Stadtkern voran. Wir schlurften brav wie im Zoo gesamt gefrustet etwas erheitern wollten. Na die Viecher durch die Gegend. prächtig. Hätt’ sie alle hauen können. Der Antifa, Gunther und ich, wir ließen uns Ich glaub, ich geh’ nie wieder auf ‘ne Demo. natürlich ein solch schnödes Verhalten nicht bieten Oi! Till

4 aus Punküberfall Nr. 1 - 1996 aus SUBH Nr. 37 - 2002 5 Wer kennt es nicht, das grüne, karierte Kängu- Woche nach der Geburt was zu Fressen gege- ruh? Ja genau, von Yps ist hier die Rede. Hach ben und danach nie wieder, also sagen wir mal wie gern erinnert man sich doch an all die so: Ich wäre schon etwas empört! Und wenn schrottigen Gimmicks, deren Nichtfunktionieren das Taschengeld dann mal nicht mehr für das einem die Kindheit versüßte. Yps mit dem Futter reichte, mußten die Tiere halt verrecken oder sich selber gegenseitig Wer kennt sie nicht, die Urzeitkrebse? In der kannibalisch auffressen. Aber bitte nicht vor einen Woche fand man im Yps eine Tüte, deren den Augen kleiner Kinder, ist doch inhuman! Inhalt man in ein Aquarium geben konnte und Vielleicht waren die Dinger ja auch bloß aus daraus wuchsen dann nette kleine Krebschen. Plastik, wie alles aus dem Yps. Wenn ich mich recht ent- sinne, habe ich die gar- Was ich sehr bedauere ist, nicht gehabt. Oder ich daß ich niemals den Oster- habe sie vollkommen eierbaum besessen habe. Im verdrängt, weil ich zu Heft fanden sich dann Samen, schlecht zu ihnen war. So aus dem irgend so ein Strauch wie zu unseren Stuben- wucherte, an dem Ostereier fliegen. Ich habe als wuchsen. Wahrscheinlich fiel kleines grausames Balg man gleich tot um, wenn man immer Labyrinthe für so ein Ei gegessen hatte. Ver- Stubenfliegen aus Lego gebaut, manchmal mutlich waren die vom Yps schon Vorreiter für sogar mit Aussichtstürmen und so. Auch an die perversesten Gen-Experimente, Eier vom Futterstellen habe ich immer gedacht. Ich habe Baum und Krebse aus der Tüte. Wer weiß, da immer Kakaopulver hineingegeben, weil ich wo die noch überall die Finger schon drin mal gelesen hatte, daß Stubenfliegen alles fut- hatten. Vielleicht gibt es irgendwann auch mal tern, was wasserlöslich ist, oder so. Zum Glück im Yps „Dolly, das lustige Lämmchen zum für die Tiere hab ich sie nicht allzu oft selber klonen“. geschnappt bekommen oder auch die Luftlöcher waren mal zu groß. Ich habe da nie Kann sich auch noch jemand an die Sea- eine Fliege wirklich lange gefangen gehalten. Monkeys erinnern, die regelmäßig im Fix & Foxy Ich habe immer eher Skrupel bekommen, so beworben wurden? Da gab es immer eine halb- von wegen Tierquälerei und so. Obwohl seitige bunte Zeichnung von Tieren, die alle so Stubenfliegen ja eigentlich auch schon immer ein bisschen wie Nixen und Wassermänner ausgesprochene Menschen-Nerver waren. aussahen. Darunter stand dann „Abbildung ent- spricht nicht der Realität“. Klein-Marcel und Bevor ich noch weiter abschweife und über Millionen von weiteren Kindern hielten dann völ- Lego zu meiner Zeit und in der heutigen Zeit lig erstaunt ihr Comic-Heftchen in der Hand referiere, lieber wieder zurück zum eigentli- und hätten sooooooo gerne mal ein Aquarium chen Thema: Yps zund die Uhrzeitkrebse. Eine mit Sea-Monkey gehabt, doch kenne ich nie- Woche nachdem man die Krebstüte ins Wasser manden, der die schwimmenden Mini-Äffchen gekippt hatte, kam als nächstes Gimmick auch wirklich mal in Natura gesehen hätte. Um ehrlich schon ein Tütchen Futter für die Viecher. Wenn zu sein, ich bin heute immer noch völlig faszi- ich mir vorstelle, man hätte mir erst eine niert ob dieses Mysteriums, und wenn irgend- 6 jemand von euch jemals auch nur einen Sea- Yps-Logo prangte. Wer soll denn darauf rein- Monkey von weitem gesehen hat, bitte meldet fallen?! Als wenn eine Kinderzeitschrift funktio- euch bei mir. Vielleicht hat auch jemand ein nierende Feuerzeuge beilegen würde oder Photo oder einen lebendigen Sea-Monkey. Zigaretten. Da gab es Zigaretten zum Wasser Bitte lüftet eins meiner größten Kindheits- spritzen, Zichtelschachteln zum Schiessen und geheimnisse. Falls es Sea-Monekeys nicht auch Glimmstengel mit eingebautem Brand- geben sollte, verschont mich bitte mit dieser fleck für die Tischdecke. Vielleicht läßt sich Yps Erkenntnis. Es war schon schlimm genug, die auch mal originelle neue Scherzartikel einfallen, Wahrheit über Weihnachtsmann und Oster- einen Formalehyd-Joint z. B. oder der aufsetz- hasen zu verkraften. bare Mikrowellenschalter mit dem Todes- Elektro-Schock. Aber zurück zu den Yps Gimmicks. Kennt noch jemand die Edelsteine zum Selberschleifen? Da Letztes Jahr habe ich mir aus Nostalgie noch- gab es so eine Dose, die man sich zwischen die mal eine Tüte mit drei Yps-Heften gekauft. Fahrradspeichen klemmen konnte, da kamen Darin war dann auch ein Krokodil, das wächst Schleifsand sowie ungeschliffene Edelsteine und wächst, bis es kaum noch in sein Aquarium hinein. Dann fuhr man mit dem Rad und die passt. Als mein Krokodil ausgewachsen war, Steine wurden währenddessen in der Plastik- waren auch schon die zwei Tacker-Klammern, dose geschliffen. Wer weiß, wie edel die die sein Heim zusammenhielten, völlig ver- Edelsteine denn nun wirklich waren. Wahr- rostet. Ich habe dann das Wasser abgelassen, scheinlich wollten die in der Yps-Redaktion bloß woraufhin das Krokodil wieder zurückschrump- ihr Altglas gewinnbringend loswerden. fen sollte. Wollte es aber wohl nicht, und nach ein paar Tagen habe ich es enttäuscht in den Toll war auch das Zelt aus dem Yps. Ein richti- Müll geworfen. ges Zelt als Gimmick. Den einzigen Zweck, den das Zelt wirklich erfüllte, war der Firma Danone Auch die Comics im Yps waren ja wohl immer für ihre Obstgnome eine ordentlich große oberste Kajüte, z. B. Yinni, Yanni und Yorick. Werbefläche zu bieten. Das Teil bestand nur Letztgenannter sprach grundsätzlich nur in der aus einer schlauchförmigen dünnen Plastikfolie, dritten Person von sich selbst. Oder der die man zwischen zwei Bäume oder ähnliches bekloppte Welpe Piffi, der immer nur „Glop spannen mußte. Glücklicherweise hatten wir Glop“ sagt. Mittlerweile gibt es im Yps auch damals zwei Bäume im Garten, doch hätte ich eine Comicserie mit dem Titel „Die besser unbekleidet und mit verbundenen Fuß- Punkpiraten“, die ich aber leider noch nicht und Fingernägeln in das Zelt steigen sollen, weil kenne. das Ding nämlich aus derart dünnem Plastik bestand, daß es noch am Tag des Kaufes unbe- Kidpunk Marcel absichtigt schrott zu kriegen war. Nur der Plastikfolienzep- pelin war noch flotter im Arsch.

Super waren auch all jene Gimmicks, mit denen man Leute verarschen und ihnen Schmer- zen zufügen konnte. Zum Beispiel das Feuerzeug, das jedem, der sich etwas Feuer genehmigen wollte, erstmal auf die Finger kloppte. Dumm nur, daß auf all diesen Sachen das von www.ueberfall-home.de - 1999 7 A–Z durch’s Alphabet gerockt

The Anti Nowhere League – von Gewalt in ihrer Heimat beschreiben „The Perfect Crime“: Ja, das ist ohne sie zu verherrlichen. Mit Verherr- die Platte, die sich die Band ver- lichung trägt man sowas nur noch weiter mutlichA vergraben in ein tiefes Loch in die Welt... Und musikalisch bieten wünscht. Ende der 70er rotzten sie los mit Blood For Blood absolut auf den Punkt einer legendären EP, auf der sich das in gebrachten Punkrock-Hardcore, melo- England indizierte „So What“ befindet disch wie Social Distortion und so wuchtig und einem nicht minder dringendem wie's eben geht. Und am Ende wir noch Debut-. Darauf folgte noch ein Motörhead Tribut gezollt. jugoslawisches – Ja, damals gab's da noch ein entsprechendes Land – Live-Doku- The Cure – „Seventeen Se- ment. Das zweite Studio-Album ließ bis conds“: Es soll Leute geben, die 1987 auf sich warten. Natürlich ist die Zeit The Cure erst über ihr letztes selbst- nicht spurlos an der Combo vorbeigezogen betiteltesC Album entdeckt haben. Es ist und so findet man hier Wave-Punk mir ein Rätsel, warum ausgerechnet das zwischen halbfrühen Stranglers (so etwa wieder so eingeschlagen ist. Aber dass ein „Black & White“-Ära), New Model Army junges Publikum nun auch die alten und - ähem - frühmittleren Stranglers Platten für sich entdeckt, ist nur zu be- (ca. „Aural Sculpture“). Es gibt kritisch grüßen. Dieses Album enthält einen abso- politische Texte, zwingende Popmelodien, luten Übersong unter den Single-Hits der Keyboards, Bläser, Streicher, Damen- Band: „A Forest“. Und da ich gerade ges- chöre, eine Sopranistin, die volle Bombast- tern Fritz Langs Film „M – Eine Stadt Palette. Und eins ist dieses Album nicht: sucht einen Mörder“ gesehen habe und kraftlos. Das kam nämlich erst etwa noch beeindruckt bin, muss ich auch die 10 Jahre später mit dem dahinplätschern- Huldigung hervorheben, die The Cure dem den „Scum". Film auf dieser Platte entgegenbringen. Klassiker-Album – muss man haben. Blood For Blood – „Livin' In Exile“: Meine Güte, was hab' ich Oliver Dean – „Ghetto Love“: die damals scheiße gefunden im Stellt euch vor da nimmt jemand BVorprogramm der Bruisers. Aber ich ein absolutes Meisterwerk von bekenne: Ich war ein Banause! Das was DPlatte auf und kaum jemand bekommt mir da viel zu gewaltig 'rüberkam, sollte das mit. Sowas kommt vor, immer wieder. mich später auf Platte noch positiv Oliver Dean komponierte und textete, umhauen. Wer auch immer den Begriff sang und betätigte sich als Multi- „fetter Sound“ sich erdacht hat, muss eine instrumentalist auf dieser Platte, die er Platte wie diese vor Ohren gehabt haben. obendrein auch selbst abgemischt hat. Till brachte die inhaltliche Qualität dieser Wenn jemand so viele Aufgaben über- Band auf den Punkt, indem er ihnen zu nimmt, ist es sicher nicht verboten, sich gute hielt, dass sie die Allgegenwärtigkeit zu fragen, an welcher Stelle denn seine 8 Schwächen liegen, an der er die Arbeit Melodien gleiten dahin und es kommt hätte abgeben sollen. Ich muss sagen, ich nicht von ungefähr, dass der Gitarrist der kann hier keine ausmachen. Und an den Stone Roses, nach dem Ende seiner Band ein oder anderen Gastmusiker hat er auch bei Buzzcocks F.O.C. kurzzeitig unterkam. durchaus mal abgegeben. Mit „Killing Die einzigen F.O.C.-Aufnahmen, die man Pedestrians“ geht die Scheibe gleich in die noch problemlos bekommen kann, sind Tanzbeine, um danach in melancholische- auf einer Best of von Steve Diggle ver- re Gefielde zu gleiten. Naheliegenster sammelt. Die wiederum beachtet das vor- Vergleich ist Leonhard Cohen, wie man liegende Album aber kaum bis garnicht, ihn auf dem „Natural Born Killers“- sondern konzentriert sich vornehmlich Soundtrack hört. Eine dandy-hafte, auf die zahlreichen Singles. Durch eine sonore Stimme erklingt zu vielseitigem, glückliche Fügung des Schicksals ist kammermusikalisch instrumentiertem „Northwest Skyline“ mir in einem sym- Singer/Songwriter-Pop. pathischen Bielefelder Plattenladen für sehr günstiges Geld begegnet und seitdem Ethnopaire – „Animalien“: liebe ich sie. Dafür haben wir Kulturfernsehen: Arte macht einem den Mund Philip Glass – „The Hours“: Ewässrig auf eine Scheibe, die man sich Nun gut, damit wird man alte dann doch teuer importieren muss. In der Punküberfall-Leser sicher schocken. Sendung „Tracks“ wurden Bands vorge- PhilipG Glass, einer der großen Mini- stellt, die mit Punkbackground elektroni- malisten in der modernen Klassik, hat sche oder partiell elektronische Musik den sehenswerten Film „The Hours“ mit fabrizierten. Darunter auch Ethnopaire, einem sehr schönen Score bestückt. die aus House-Beats und psychedeli- Glass komponiert sparsam und packend. schen, aber straighten Gitarren und Spannung entsteht durch stetige Wieder- Keyboardklängen eine sehr eigene Musik holung und Variation. basteln, die tatsächlich daherkommt wie eine Art Punkrock-Goa. Vor allem ver- Hansel – „Respond Violence“: zichten sie sehr punkuntypisch komplett Für alle armen Schlucker soll auf Gesang. auch eine kostenlose Scheibe hier Hbesprochen werden. Im Bereich des FOC – „Northwest Skyline“: Digital-Hardcores wird viel gelärmt mit FOC oder auch Flag of Convenience Gitarren, Computern und Gebrüll. Was war die Band von Steve Diggle, Hansel von ihren Kollegen abhebt ist Fnachdem die Buzzcocks sich anno ‘81 auf- das vielbeschworene gewisse Etwas. gelöst hatten. Pete Shelley war und ist bei Gebrochene, teils verzerrte Beats treffen den Buzzcocks der Mann für aufgedrehte auf modifizierte Samples und misanthropes Popsongs mit depressiven Inhalten und Gebrüll und Gesang. An der einen Stelle Steve Diggle ist der gutgelaunte Mann mit hört man Vivaldi, an anderer wird Public den relaxten Mod-Songs. Und Steve Enemy zitiert. Bei allem extremen Noise, Shelley ist der Mann mit den Trommel- der hier geboten wird, kommen auch ein- stöcken bei Sonic Youth... Steve Diggles gängige Melodien nie zu kurz. Wär das 9 Album musikalisch nur halb so radikal, und gerne zwischen EMFs „Schubert Dip“ wäre es längst schon zum Klassiker und das Debut der Stone Roses stellen. geworden, für mich ist es das aber bereits. Alphabetisch gehört’s ja auch dazwischen. Außer der mp3-Variante gibt es dieses Später sollte man unter Rave etwas ganz Album auch als gepresste CD. Besucht anderes verstehen... einfach mal www.dtrashrecords.com Kirchohmfeld – „Sic transit Billy Idol – „Cyberpunk“: Billys gloria mundi“: Der Name ist kommerzieller Selbstmord fand mit einem kleinen Dörflein entliehen, diesem Album statt. Statt wie dasK den Komponisten des „Heideröslein“ Igewohnt den angepoppten Rocker zu hervorgebracht hat, und wurde aufgrund geben, ließ er sich von der Technik, die des schönen Kontrasts zwischen Tradition seinem Bein nach üblem Motorrad-Unfall (Kirche, Feld) und moderner Technik wieder zur Funktionstüchtigkeit verhalf, (Ohm) von der Band erwählt. Das Anhören inspirieren eine sehr elektronische Platte des lässt zwei weitere Welten auf- aufzunehmen. „Shock to the System“, der einander prallen – ihre Musik und deinen ausgekoppelte Single-Hit, knüpft noch an Kopf. Mit allein zwei Keyboars und gewohntes an, doch alles andere ist nicht reichlich Nachbearbeitung ist hier eine der Billy Idol, den wir kennen. Dafür der Klanglandschaft entstanden, die durchaus interessanteste, den ich kenne. Es stand zu verstören weiß. Auf dieser CD wird gar ihm ausgezeichnet, den Cyber-Punk zu versucht, mit bewusstseinsverändernden geben. Leider fanden das nicht viele Leute Tönen, die Psyche des Hörers zu mani- sonst und deshalb wollte die Plattenfirma pulieren. Ich hab’ ja schon immer gewusst, Herrn Idol verstärkt unter Beobachtung dass Musik eine Droge ist. weitermachen lassen. Hat der sich nicht gefallen lassen und sich bis zum nächsten Lard – „Pure Chewing Satis- Album einfach mal zwölf Jahre Zeit faction“: Seit dem Ende der gelassen. Dead Kennedys (wir wollen hier malL einfach geflissentlich ignorieren, Jesus Jones – „Doubt“: Bevor dass es da seit einiger Zeit wieder Nirvana und L.A. Style die Musik- eine aktive Band unter diesem Namen landschaft umkrempelten waren gibt) macht Jello Biafra neben Spoken einJ paar Bands aus Manchaster angesagt, Word-Solo-Autritten mit wechselnden denen jemand das Etikett „Rave“ Kollaborationen immer wieder auf sich aufgepappt hatte: EMF, The Farm, The aufmerksam, zuletzt bekanntlich mit den Charlatans, The Stone Roses und eben Melvins. Eins der eindrucksvollsten auch Jesus Jones. Und wir finden hier Projekte war seine Zusammenarbeit die typischen Merkmale, verwaschene mit Ministry unter dem gemeinsamen Gitarren, Dance-Beats, Elektro-Bass. Namen Lard. Auch „Pure Chewing Diese Melange aus britischem Rock und Satisfaction“ bringt volle Schmalz- Dance-Music wurde nach kurzer Hochzeit Kraft mit stoischem Industrial-Metal- dann von Grunge und Techno weggefegt Punk und Jellos hysterisch-eindring- und das war’s. „Doubt“ darf man sich gut lichem Agitations-Jaulen. 10 Muggs – „Dust“: DJ Muggs ist Hier liegt nun wieder ein tragisches bekannt als Mitglied und Pro- Beispiel für eine ambitionierte Band vor, duzent der Truppe Cypress Hill die nach ihrem kreativen Höhepunkt undM auch als Produzent von Everlasts wieder ganz kleine Kunstbrötchen backen alter Combo House of Pain („Jump musste, weil die Plattenfirma sich ein Around“). Kurz gesagt, sein bisheriges ähnliches Kommerz-Desaster nicht noch- Schaffen lässt sich locker in die Hip-Hop- einmal bieten lassen wollte. Und schon Schublade stopfen. Ein Aufkleber auf dem das zweite kleine Brötchen „Crush“ umhüllenden Pappschuber verkündet schmeckt fad. „Dazzle Ships“ zieht aber aber hier, man fände ein athmosphä- noch alle Innovations-Register, die OMD risches und dunkles Meisterwerk in in petto hatten: Zusammengeklebte gemäßigtem Tempo vor. Trip-Hop-Beats, Geräuschsamples, verschachtelte Gesangs- Rockgitarren, flächige Keyboards und fetzen und danach dann doch wieder ein wechselnde Gastsänger ziehen hier in eine catchy Popsong. Als nächstes spricht eine hypnotischen Sumpf. Kinderchöre, Spiel- Frau: „Also ich habe eine Ausbildung uhren und Geräusche schmücken das gemacht zum Industriekaufmann und ganze noch. wurde nach der Ausbildung nicht über- nommen“ bevor ein Walzertakt einsetzt. Nichts – „Made in Eile“: Der Seite B startet mit Geräuschen, die ich der originellste Song auf dieser LP Seefahrt zuordnen würde, die aber auch heißt so wie die Band und besteht schon wieder zu Musik zusammen- ausN dem, was der Titel besagt. In den gepuzzelt werden. Langeweile kommt hier Händen des Vorbesitzers ist aus dem nicht auf. Wer nur die Single-Hits der „Nichts“ jedoch „Etwas“ geworden - ein Band kennt, sollte nicht den Fehler heimeliges Knistern und Knackern. Nicht machen, sie als Popsternchen abzutun. zu vergessen, der Single-Hit „Radio“, der die Gehörgänge nie wieder verlässt und Helga Pogatschar – „Mars das mit Charme und seine auch hier ver- Requiem“: Muss man besonders tretene B-Seite mit der unschlagbaren christlich sein, um eine Vorliebe Betitelung „Hallo Kartoffelsalat“. In der Pfür Reqiuen zu haben? Ich denke nicht. AJZ-Disco flog mir auch schonmal „10 Mozart glänzte besonders mit einem Bier zuviel“ um die Ohren. Spaßiger Requiem, Antonin Dvor`´ák und Gabriel NDW-Punk. Und wer Bekanntschaft mit Fauré spendeten uns sehr schöne und dem Nachfolger „Tango 2000“ schließt, auch Krysztof Penderecki packte seine darf über eine Live-Fassung von „Nichts“ eindringliche Dramatik in eines. Durch schmunzeln, die ein völlig ratloser die Todesthematik bleibt eine Dramatik Konzertgast zum Besten gibt. nie aus, sieht man mal vom Teil „In Paradisum“ ab. Wer nun ein bisschen Orchestral Manœvres in the Ahnung von Mythologie hat, weiß dass Dark – „Dazzle Ships“: Nachdem Mars der Gott des Krieges war und ent- ich mir erstmal herausgooglen sprechend geht es bei Helga Pogatschar Omusste, wie man ein „œ“ tippt (Alt+0156) um den tödlichen Schrecken des Krieges. kann’s losgehen mit dieser Besprechung: Zur Umsetzung setzt die Künstlerin eine 11 Sopranistin, zwei Mezzosopranistinnen, Und das ebenso gelungene Tribute- einen Tenor und einen Bass als Stimmen Konzert nach Mercurys Dahinscheiden ein, es wird teilweise in Obertönen hätte einen prima Schlusspunkt ab- gesungen und zur instrumentierung gegeben. reicht elektronisches Equipment aus. Das Ergebnis zwischen moderner Klassik Razzia – „Tag ohne Schatten“: und Avantgarde ist sehr eigen und Unter den frühen Deutschpunk- drastisch verstörend. Dem klassischen Scheiben einer meiner absoluten christlichen Liturgietext wurde noch RFavouriten. Als ich sie zum ersten Mal ein jiddischer Teil hinzugefügt und bewusst hörte, kam mir das ganze schon obendrauf gibt es unglaubliche Samples sehr bekannt vor. Es muss die Pausen- von einer Suggestions-Platte von Oscar musik bei einem meiner ersten Punk- Schellenbach aus den 30er Jahren konzerte im AJZ gewesen sein. Was dieses („Nur als höherer Mensch hast du Album besonders macht, ist der absolut Daseinsberechtigung, sonst bist du faul rohe Sound und eine Artikulation, die und krank und verdienst den Unter- direkt aus dem Bauch kam, in Ver- gang.“). Wer mit Anspruch etwas anfan- bindung mit Texten, die doch sehr auf gen kann, kommt am „Mars Requiem“ Köpfchen schließen lassen. „Schatten über nicht vorbei. Geroldshofen“ brachte eine geschickte Reinkarnationsgeschichte, „Am nächsten Queen – „Innuendo“: Keine Tag“thematisierte Alkohol als unbrauch- Sorge, der Buchstabe Q bietet in der baren Problemlöser, während der Rest nächsten Folge eine andere Band, der Szene noch ein Sauflied nach dem Qdanach bin ich aber durchaus für anderen anstimmte. Q-Empfehlungen offen. Hinter dieser Platte steckt die Ahnung oder gar State of Departmentz – „Reim- Gewissheit des Sängers, dass dies seine explosion“: Es gab mal eine Zeit, letzte werden sollte und so bäumen sich da wollte deutscher Hip-Hop nichts Freddie Mercury und seine drei Mit- Swissen vom Patriotismus eines Fler und streiter noch einmal auf zur besten war zu clever für Dumpfnasen wie Sido. Leistung seit Jahren. Unter dem Motto Statt Geld-macht-glücklich-Attitüde à la „The Show Must Go On“ lässt Freddie 50 Cent wird in „Alles dreht sich nur um’s Krankheit Krankheit sein. Später wird Geld“ die Geldwirtschaft kritisiert und dieses Motto dann so verdreht, dass man von Gewalt wird ebenso wenig gehalten, es als Ausrede benutzt, jeden ungenutzten schon garnicht von rechter Seite. Für Furz noch mit neuer Musik zu unter- Abwechslung sorgen gut gewählte Samples mauern und mit einem unpassenden und gefuchste Beats. Die späteren Sänger den Namen noch bis auf’s letzte Jazzkantine-Mitglieder bieten Old-School- totzureiten. Ein Trauerspiel, dem sich Grooves plus den Beweis, dass man auch Bassist John Deacon zur eigenen Rhythmus in die Sprache bekommt ohne Ehrrettung freiwillig entzogen hat. Mag aus purer Stumpfheit Grammatik zu ver- gekommen sein, was wollte, „Innuendo“ gewaltigen und in pseudo-coole wirklich bleibt ein gelungenes Vermächtnis. unsinnige Anglizismen zu verfallen. 12 T.S.O.L. – „Dance with Me“: Die heute ohne seine alten Mitmusiker als True Sounds of Liberty aus Orange Visage in 80er Jahre-Oldie-Shows dem County rotzen auf ihrem Debut geneigten Zuschauer alle oberflächlichen ordentlichT daher und klingen dabei nicht Tunten-Klischees erfüllen. Sollte man nur schmutzig, sondern auch gleicher- jemals dran denken, „La Cage aux Folles“ maßen eingängig. Und bei aller Poppig- erneut eine Neuverfilmung angedeihen zu keit schaffen sie es obendrein noch, ihrer lassen, ich hätte da schon eine Idee für Musik einen leicht düsteren Anstrich zu die Hauptrolle... Wirklich nicht schön ist geben. allerdings, wie Ex-Visage-Gitarrist und Ex-Ultravox-Sänger Midge Ure in letzter Óðôèí Äæþc (Urfin Dshjus) – Zeit seinen mit den Jahren irgendwie ver- „Ïóòeøecòâèe“ („Puteschest- sagten Gesang in die Welt hinausposaunt. wije“): Exotik für Psychedelic- UFreunde. Wer kennt hierzulande schon Ween – „The Orpheum The- russischen Psychedelic-Rock? Ich weiß atre, Vancouver, October 3rd, nicht, ob der Sektor eine Fülle von 2003“: Hier in Bielefeld gibt’s Material hergibt, aber ich nehme an, dass einenW Plattenladen, der sich nach dieser dem nicht so ist. Und dafür darf man Band benannt hat. Als eine Band, die sich ruhig mal ein Ohr hier hinein stecken, quer durch die Stilrichtungen ackert, ist denn vor Kollegen aus dem Westen sie für solche Namenspatenschaften sicher müssen Óðôèí Äæþc sich nicht verstecken. nicht die schlechteste Wahl. Dass Ween Genug eigene Identität bringen sie ja mit. Koryphäen des humorvollen Liedes sind, ist sicher nicht unbekannt. Dass es sich Visage – „Visage“: Die Tatsache, aber auch um großartige Musiker handelt, dass für Visage ein neues Genre- merkt man erst so richtig bei ihren Live- Etikett erfunden wurde, spricht aufnahmen. Mein Lieblingsort im Inter- Vfür Pionierarbeit. Die neue Schublande net, ein Riesenfundus für alles mögliche, wurde New Romantic genannt und man Archive.org hält unter anderem Konzert- warf ihnen dann gleich Spandau Ballet mitschnitte von sogenannten tape-friendly und Depeche Mode hinterher. Visage Bands bereit. Dazu gehören auch Ween. bestand damals aus Mitgliedern der Und weil Ween sogar noch zu jenen Bands Bands Magazine und Ultravox sowie dem gehören, die ihre Fans auch mal das Sänger Steve Strange. Man knüpfte am Mischpult anzapfen lassen gibt es dort Postpunk von Magazine und am New Material von herausragender Tonqualität. Wave der frühen Ultravox an und klebte Und das oben genannte Konzert in Steve Strange tüchtig Schminke ins Vancouver gehört zu dem eindrucks- Gesicht. Um der Romantik gerecht zu vollsten, was sich finden lässt. Vor allem werden ließ man die Musik etwas ver- das 12-minütige „Buonos Tardes Amigo“ träumter klingen ohne den Mutterbands ist ein Juwel. Kaum weniger empfehlens- davonzulaufen und brachte den Schmink- wert ist ein Mitschnitt aus Zürich aus dem topf auch klanglich zum glitzern. „Fade to Jahre 1997, dessen sich ein Hobby- Gray“ schlich sich ins kollektive Ge- Tontechniker angenommen hat, um es dächtnis und deshalb darf Steve Strange einem behutsamen Remastering zu unter- 13 ziehen. Die Aufnahme hält auch den herr- schon damals ein Hinhörer. Gespens- lich geschmacklosen „HIV-Song“ bereit. tische Synthieflächen, angeswingter Mitschnipp-Sound, afrikanische Trommeln Xiu Xiu – „K4 Zentral Café, und Discobeats verbinden sich zu einem Nuremberg, May 13th, 2004“: spannenden Vergnügen. Seltsamer Name, seltsame Musik. XDa hier aber Post-Punk-Avantgarde Hand John Zorn – „The Big Gun- in Hand mit traditionellem Songwriting down“: Bei Billy Idol und OMD geht, kann nicht einmal der geschmacks- schrieb ich von den Problemen, konservative Rolling Stone meckern. Von Zdie man als Künstler mit seiner Freiheit Akustik-Gitarre bis Techno-Beats ist hier bekommen kann, wenn man allzu nichts unmöglich. Und wer auf den beinahe experimentierfreudig wird und seinem psychotisch anmutenden vollen Dynamik- Label miese Verkaufszahlen abliefert. Umfang ohne Kompression nicht ver- John Zorn muss sich mit derartigem zichten will, greift zu dieser Live- Business-Gebaren nicht herumplagen. Aufnahme, die sich an dem Ort findet, wo Das Label Tzadik gehört ihm selbst und auch schon die zuvor gepriesene Ween- da kann er ‘raushauen, was er lustig Aufnahme herumliegt. Jamie Stewards ist. Berüchtigt ist der Produzent von Gesang, Geschrei und klägliches Wispern Fantômas für sein schräges Saxophon wie klingen so, als bräuchte der Mann ernst- für seine musikalische Unberechen- haft psychische Hilfe. Also kauft euch am barkeit. „The Big Gundown“ enthält aus- besten auch die regulären Platten der schließlich in Zorn’scher Jazz-Manier Band, damit der Psychater bezahlt werden bearbeitete Klassiker des italienischen kann, der ist in Kalifornien sicher teuer. Filmkomponisten Ennio Morricone. Ist im Prinzip so vielseitig – mal aufgeregt, Yello – „Claro que si“: Auf mal relaxt – dass ich jetzt garnicht viel ihrem zweiten Album „Claro que beschreiben kann. Hört’s euch halt an, ist si“ hatten Yello noch ihr drittes auf jeden Falle eine der zugänglicheren GründungsmitgliedY Carlos Perón mit an Zorn-Platten. Bord und das macht sich bemerkbar. Das Autorennstück „The Race“, das wirklich jedes Mal herhalten muss, wenn im TV jemand mit Helm in ein Auto einsteigt oder man auch nur einen kleinen Zeichen- trickhund im Cadillac sieht, lag noch in weiter Ferne. Wie auch schon beim Debut traten hier die Residents als Förderer auf und veröffentlichten das Werk auf ihrem Ralph-Label. Die drei Schweizer von Yello gehörten mit frühen Sampling und Bandmaschinen-Spielereien zu den Pionieren der Elektro-Avantgarde und Dieter Meiers Crooner-Gebrummel war 14 Ich hasse Stadtfeste

Ich hasse Stadtfeste! Und immer und immer zu einem Nasenrümpfen verzieht, wenn ein- wieder geht man hin. Man drängelt sich mal Unästhetik ihre ästhetisch reine Welt durch unangenehm enge Menschenmassen. stört. Menschenmassen von Massenmenschen. Man sieht sie immer wieder, die Muster- Oder diese Macho-Men mit ihrem gel- menschen. Menschen in verschiedenen triefenden Haar, die mit hauteng anliegenden Modellen. Nicht viele verschiedene Men- Feinripp-Hemden mit Knopfleiste ihre schen, nur wenig verschiedene Typen, die in Möchtegern-Muskeln zu Schau stellen hundertfacher Ausführung. Ihre Konfor- wollen, dabei bitte bitte mal ersticken. mität kotzt mich an. Sowie alle anderen Repräsentanten der Seien es etwa 50jährige Damen, die mit trendy 90er, die mich alle so ankotzen wie fescher Mode für 40jährige noch richtig die Optik eines Twingos oder die Sound- jugendlich wirken wollen, mit modisch trackuntermalung tragischer Schicksale in Sommer97-farbenen Jackets und bunten RTL-Boulevardmagazinen, moderiert von lässig um den Hals sich windenden Tüchern, debilen Plastikmenschen. dazu ein versteinert lockerer Blick, der sich Marcel

aus Punküberfall Nr. 6 - 1998

Musik für den keinen Geldbeutel unter www.ueberfall-home.de 15 Hörtest

Take Shit – „Neue Scheiße – Alte liedern auch Ausschlag bekommen mag – Männer“: Au-Ha! Mit bösen Verrissen „Glück auf!“ ist als solches wirklich gelungen junge Talente zu demotivieren, wäre nicht und hat genauso Zeug zum Klassiker, wie sehr fein. Doch was haben wir hier? Wie der „Durstige Männer“ oder „Bis zum bitteren Titel schon sagt, ausgewachsene Punk- Ende“ – für mich aber ein Stück zum skippen. Männer. Und um sich so richtig von jungen Dass Betontod, wie schon Sabrina Setlur, Talenten zu unterscheiden, lassen sie das zwei Zeilen bei Böhse Onkelz abschreiben, Talent auch gleich weg. Nach fünf von insge- werte ich jetzt mal nicht. (Nix Gut) samt 20 Stücken hab ich aufgeben müssen beim ersten Durchgang. Erwachsene Staatspunkrott –„Pimp My Riot“: Also Menschen, die stumpf die ewig gleichen Freunde von Wortspielen sind sie, dass steht Deutschpunk-Klischees herunterbellen. schonmal fest. Und weil es irgendwie alles Die Stücke heißen „Arbeitsamt“, „Pogo“, sehr sympathisch klingt überreiche ich „Deutschlandlied“ und so weiter... Dass der ihnen hiermit feierlich eine Titelschenkung Gitarrist eigentlich ganz solide daherspielt, für die nächste Veröffentlichung: „All Cups geht in der Abmischung leider ziemlich ver- are Bath-Tubs“. Hier gibt’s jugendlichen loren, denn der teilweise arg nervige Drum- Elan, Fun-Punk mit Ska-Einlagen und computer und eben auch der Sänger sind Kazoo-Getröte. An der ein oder anderen viel zu weit im Vordergrund. Aber irgendwie Stelle konnte ich mir ein erwünschtes mag ich diese schiefen Trompetensoli. (Nix Schmunzeln tatsächlich nicht verkneifen. Gut) Doch stellenweise geht’s hier noch sehr naiv zu. Das Nazi-Problem mit Schulbildung Betontod – „Schwarzes Blut“: Hier lösen wollen, ist schon etwas realitätsfern. haben wir es mit dem Kapitulation B.oN.n.- Setz ‘nen Revisionisten auf die Schulbank Syndrom zu tun. Eigentlich finde ich diese und schon glaubt er an den Holocaust? Lest Mischung aus sich dicke machendem doch z. B. mal Jörg Fischers „Ganz rechts“, Deutschpunk und Metal völlig grauselig, da dürfte klar werden, dass die Anknüp- aber genau wie die Bonner haben Betontod fungspunkte leider andere sind, als schlicht etwas an sich, was doch aufhorchen lässt. schlechte Bildung. Unterhaltungswert und Man hört sogar den Einfluss von Iron Originalität besitzen die Jungs aber auf Maiden heraus und in diesem Falle lehnt jeden Fall. Sie werden sicher über die Jahre sich der Gitarrist dabei mal nicht zu weit aus noch reifen mitsamt ihrer Fans und dann dem Fenster und meistert souverän, was er werden ihnen einige Stücke und ihr Name anpackt. Es gibt halt Musiken, die muss man etwas peinlich sein, aber noch brauchen sie spielen können, damit’s gut klingt, dazu sich für nichts zu schämen. (Nix Gut) gehören Metal und auch Ska. Punk erfordert das nicht zwingend. Aber hier stehen nun Konfuz – „nicht dabei“: In einem Digi-Pak ein paar Musiker, die wirklich ihre mit wirklich mal hübsch putzig gelungenem Fähigkeiten ausreizen. Die Prolligkeit in der Artwork versteckt sich hier Deutschpunk Attitüde kommt dazu dann eigentlich auch kalifornischer Prägung, oder besser gesagt, ganz charmant ‘rüber. Das extra dick aufge- eigentlich garnicht wirklich Deutschpunk, tragene Shouting erinnert an die Dimple sondern eher Melodic-Core. Die Ska-Parts Minds, und mindestens zweimal glaubt man wirken auch hier, wie so oft, ein wenig unbe- einem Dimple Minds-Chorus zu lauschen. holfen, aber Tango-Punk und Violinen sor- Und so sehr ich von Schützenzelt-Sauf- gen für angenehme Abwechslung. Ich würde 16 wetten, im Plattenregal von Konfuz Rip Torn – „For Daily Use“: Eine E-Mail stehen Wizo ganz dicht bei NOFX und trudelte bei mir ein und ich sollte mir ein immer schnell griffbereit. (Nix Gut) paar MP3s herunterladen, um diese dann zu besprechen. Und so wie ich, könnt auch ihr Frank and his Skunk Allstars – kostenlos an die Songs herankommen, „Hatred for a Minute“: Schon das letzte indem ihr sie von www.riptorn.de einfach Album hatte mich für sich gewonnen. ‘runternuckelt. Vorher wollt ihr vielleicht Vielseitigkeit im Offbeat-Sektor und einfach gar wissen, ob sich das überhaupt lohnt. Ich gute Musiker sind halt nicht das schlechteste dachte mir, „naja wird wohl wieder so’ne Rezept. Für das neue Album gilt da auch unspannende Schrammel-Combo sein“, nichts anderes. Wieder tönen alle erdenk- aber dann klangen mir doch sehr frische, lichen Varianten von musikalischem Sommer rasante, melodische Punkrock-Oden mit aus den Boxen, nebst Ska und Reggae wird genau der richtigen Prise Melancholie ent- hier noch geswingt und gepunkrockt. gegen. Ich müsste lügen, wenn ich mich als Besonders stolz sind Frank Liesener und Drowning Roses-Experte darstellen würde, seine Helfer auf die zahlreichen Gäste auf aber zumindest ist mir deren Nachfolgeband diesem Album. Etwa 80 Leute sollen laut Klinsmen gut bekannt und ich muss sagen, Waschzettel hier mitgewirkt haben. Der Rip Torn hat viel von deren Flair – Musik einstige Manager der fabelhaften Men At die dir ein wohliges Gefühl gibt und mitreißt. Work saß zeitweise hinter den Reglern und sogar der Mad Professor war mit an Bord. Die Dødelsäcke – „Herrengedeck“: Es Aber auch völlig wurscht, mit wieviel tut mir ja leid, aber das hier ist eine echte Lorbeeren auch immer die Gäste schon Kopfschmerzplatte. Für den Einsatz von geschmückt waren, im Endergebnis ist Dudelsack und Flöte gibt’s Pluspunkte in „Hatred for a Minute“ einfach ein gelungenes der Kür, aber in der Pflicht fällt die Combo Album, das einem bei diesem Wetter die dann doch durch. Das ist einfach nur stumpf Schweißperlen wegdünstet. (Long Beach und eintönig heruntergebrettert. Schon Records Europe) allein dem monotonen Gesang zuzuhören ist wirklich anstrengend. (Nix Gut) V.A. – „Es lebe der Punk 6“: Ein Deutsch- punk-Sampler ohne näheres Konzept aus V.A. – „Wir lassen uns das Dagegen- dem Hause Nix Gut. Startet gleich mit den sein nicht verbieten“ In den alten Kolporteuren, die musikalisch im Prinzip Nationalfarben liegt er vor mir, der recht ansprechend daherkommen, doch ihr Unterstützer-Sampler. Von der Sache, um Gesang wird wohl immer seinen polarisie- die es geht, haben auch die punkfernsten renden Charakter behalten. Die Irren- Leute schon gehört. Irgendwelche süddeut- offensive entschädigt mit dem wirklich wit- schen Staatsanwälte meinen durchgestri- zigen Text von „Stadt, Land, Fluss“ für das chene Hakenkreuze könnten als faschisti- schwache Coverartwork. Die Klasse der auf sche Symbole gewertet werden aufgrund dem Cover zitierten Undertones wird auf mangelnder Eindeutigkeit. Und nun macht dem Sampler an keiner Stelle erreicht, aber man dem Nix Gut-Versand den Prozess, um jeder Deutschpunkfanatiker wird seine helle Symbole, in denen Hakenkreuze verun- Freude haben an Bands wie USK, Staats- glimpft werden für die Zukunft zu verbieten. punkrott und Aufbruch. Bei letzteren hat Das ganze wird dann als staatliche sich beim Mastering ärgerlicherweise Kampagne gegen faschistische Symbole ver- irgendwie ein leichter Audio-Jitter-Effekt kauft. Der vorliegende Sampler soll nun wei- eingeschlichen (Den bekommt man, wenn ter auf die Geschichte aufmerksam machen, man Musik von einer zerkratzten oder fetti- denn im Moment stehen die Zeichen auf gen CD rippt). (Nix Gut) kostenintensive Verhandlungen vor’m 17 Bundesgerichtshof. Von daher kann das gereicht. Dafür ist bei dem Versuch bei Label sicher auch jeden Cent gebrauchen, „Nicht mit uns“ eine Endstrophe entstan- der mit Samplern wie diesem eingespielt den, die vor lauter Verquerheit schon im wird. Musikalisch trifft sich hier Licht Nonsens versinkt. Für Pluspunkte sorgen und Schatten, also ein guter Querschnitt nun aber die neun Bonus-Tracks dieser durch’s Nix Gut-Programm, der sich auf die Wiederveröffentlichung. Der Schlagzeuger Themen Nazis, Staat und Dagegensein kon- hat seinen Takt gefunden, die Gitarren spie- zentriert. Den Einstieg macht Rubberslime len eingängie Melodien und auch Texte und mit Ska-Punk und „Shot by Both Sides“- Gesang wirken weniger unbeholfen und Anleihe und schlägt sich auf die Licht-Seite. Deutschpunk muss sich dieser Stücke nicht Auf der sonnen sich auch Konflikt, Die mehr ganz arg schämen. (Nix Gut) Gefahr, Plexus und Frustkiller. Wegen des guten Zwecks könnt ihr mit der Anschaffung 1. Mai ‘87 – „Viecher im Leib“: 1996 eigentlich nix verkehrt machen. (Nix Gut) war’s, durch Samplerbeiträge motiviert besuchte ich im Bielefelder AJZ ein Konzert Konflikt – „Sapere aude“: Wow, wieder der Bands Fluchtweg und 1. Mai ‘87. Eins eine europäische „Exoten-Punk-Combo“, meiner ersten Konzerte in diese Richtung. die mich absolut vom Hocker haut. Aus der Am Merchandise-Stand kaufte ich mir ein Slowakai kommt Konflikt und gesungen kleines unbekanntes Fanzine, dessen wird muttersprachlich. Die Melodien reißen Namen ich vergessen habe. Ich fand es so mit und die Stimme klingt wie den spani- schlecht, dass ich beschloss, ein eigenes schen Soziedad Alkoholika entliehen. Im Fanzine auf der Beine zu stellen... Info werden Konflikt als Perfektionisten be- 1. Mai ‘87 hatte damals eine frische Platte zeichnet, und genau das zeichnet ihre namens „Viecher im Leib“ im Gepäck und Arrangements und ihre technischen Fertig- wurde allerortens als toller Punkrock mit keiten aus. Sie treten gut, aber nicht über- cleveren Texten gefeiert. Die Platte höre ich trieben auf’s Gaspedal und verlieren in kei- jetzt erstmals 10 Jahre später komplett. nem Moment das Steuer aus den Händen. Musikalisch abwechslungsreicher Punkrock Gelungen eingestreute Metal-Einflüsse mit Wut im Bauch und Grips im Kopf mit würzen das ganze noch. Für zwei Stücke schneidenden Gitarren und auch die Texte suhlen sie sich dann mit einem Akkordeon sind nicht total hirnleer – einen haben sie bewaffnet so richtig in rauer osteuropä- gleich Wilhelm Busch entliehen. Als Bonus ischer Folklore. Und als Schmankerl oben- gibt es jetzt noch ein paar Stücke vom ersten drauf gibt’s noch eine Verpackung, die Demo-Tape. Als ich die Band zu einem spä- optisch wirklich was hermacht. (Rebel ten Zeitpunkt ihrer Existenz ein zweites Mal Products/Nix Gut) sah, fand ich sie leider nur nervig. (Nix Gut)

Kalte Krieger – „Mein letzter Schrei“: Eskalierende Vernunft – dto.: EV war Klingt so ein Klassiker? Schon die Vorläufer- die Vorgängerband von 1. Mai ‘87. Die spä- band Atemnot sorgte bei manch einem für tere Wut kommt hier dezenter zum Zuge, großes Vergnügen. Auch Kalte Krieger ern- dafür stärkere Ohrwurm-Melodik und deut- ten keineswegs großen Respekt bei mir. Ein liche Melancholie. Die Keyboardsounds Schlagzeuger der durch wenig anspruchs- unterstützen dies bestens. Man hört sehr gut volle Stücke stolpert, „oooh-oooh“-Chöre heraus, dass bei Eskalierende Vernunft und auf fast jedem Stück und dazu diese Texte. 1. Mai ‘87 der selbe Frontmann tätig war, Durch Dehnen und Verschlucken versucht packend und eigenständig. (Nix Gut) man hier so etwas wie ein Versmaß zu simu- lieren. Für echtes Versmaß hat es trotz „1. Kölner Punkrock Minigolfturnier“ sprachlicher Verbiegungen nämlich nicht DVD: Ich kam gerade aus Köln zurück, da 18 liegt in meinen Briefkasten eine DVD zum 400bpm Hardcore-Geknüppel auf die Nüsse 1. Kölner Punkrock Minigolfturnier. Klingt gegangen. Meine Stirn verrunzelt unweiger- erstmal ganz lustig die Idee, spannend finde lich. Diese Musik besteht aus nix als stump- ich es aber dennoch nicht anderen Leuten fem Tempo. Zur körperlichen Ertüchtigung beim Minigolfspielen zuzuschauen. Aber ich der Bandmitglieder ist das sicher optimal, finde es ohnehin mit eine der langweiligsten aber drei Pullover in einer halben Stunde Beschäftigungen überhaupt, Menschen stricken ist sicher ebenso effektiv und macht beim sportlichen Treiben zuzuschauen. nicht so’n Krach. Aber für geschwindigkeits- Aber das soll hier auch nicht alles sein. Man berauschbare Hardcore-Punks ist das sicher darf auf dieser DVD den Amateur-Klein- ein okayer Nachwuchs-Tip. (Nix Gut) golfern auch noch beim Musizieren zu- schauen. Sechs Band geben jeweils fünf Plexus – „Blunt“: Ein dolles Gemisch aus Songs zum Besten. Zu hören und sehen gibt Poppunk/Powerpop und Schweinerock. Die es die Combos Chefdenker, Socks, 2LHUD Gitarre gniedelt was das Zeug hält, die Orgel (1. Mai ‘87-Nachfolger), Der Dicke Polizist, macht sich richtig breit und die Sängerin, Supernichts und Amoco Cadiz, die allesamt deren kräftige Stimme an ihre Kolleginnen recht solide spielen. (Nix Gut) von Swoons und Tilt erinnernt, stößt die zuckersüßesten Melodien aus. In „Keep the Mongrel – „Speak Resistance“: Mit Secret“ vernehme ich einen kurzen Funk- Präsisionsstakkato startet diese CD durch. Gitarreneinsprengsel, werde dann ebenso Die Marschrichtung Melodiccore ist schon kurz an „Thunderstruck“ erinnert, gefolgt ziemlich abgelatscht, so dass sich Mongrel von Iron Maiden-mäßigem Doppellauf. Und anstrengen müssen, ein besonders rundes Songs wie „Here to Help“ nisten sich felsen- Rad zu erfinden. Druckvolle Produktion, fest in die Ohren ein. (Nix Gut) gute Melodien, eine rauhe und volle Gesangsstimme und die schon erwähnte Heiterinsverderben - „Jetzt knallt’s“: Präzision gewinnen den Hörer für sich. Die Combo, die ihren Namen mit HIV Immer wieder werden kleine musikalische abkürzt, gibt sich alle Mühe, ausgefeilte Raffinessen eingeknüpft, die das ganze inte- Songs zu schreiben und gröbste Deutsch- ressant halten. Mongrel gelingt auch eine punk-Peinlichkeiten zu umschiffen. Doch wirklich schöne Unplugged-Ballade. (Fond was bei mir ankommt, ist die reine Belang- of Life/Long Beach Records) losigkeit. Es rauscht musikalisch nichts- sagend an mir vorbei. (Nix Gut) Amoklauf – „Kommt Zeit kommt Rat“: Die typischen Deutschpunkthemen kom- Wehrlos – „Damals wie Heute“: Auch men mir hier entgegengegröhlt. „USA, USA, Wehrlos hetzen los, wie gejagt. Doch werfen USA, du kannst uns mal!“, „Deutsche ihre musikalischen Fähigkeiten da keinerlei Bastards“ und so weiter. Kommt aber hier Bedenken ein. Was da instrumental abgelie- mal wieder ganz charmant ‘rüber, musika- fert wird gefällt mir auch durchaus. Aber lisch durchaus passabel – roh sowieso. diesen Gesang finde ich unerträglich. Das Mit dem passenden Publikum dürfte bei Info schlägt einen Stimmen-Vergleich mit Amoklauf-Gigs dank der griffigen Hooklines Willi Wucher vor und in der Tat hören wir beste Party-Stimmung aufkommen. Auch ebenjene Art von Gröhlgesang mit im mit packt das ganze ein nostalgische ver- Rachen zurechtgegurgeltem Vibrato. Da klärtes Lächeln ins Gesicht. (Nix Gut) wäre noch nicht wirklich etwas gegen einzu- wenden, aber da sich das irgendwo im Alt- Kondor – „Krieg“: Früher hätte sich eine Bereich abspielt und Töne sehr in die Länge solche Band sicher Diskondor genannt. Aber gezogen, aber nicht gehalten werden, klingt schon vor 10 Jahren ist mir unmelodisches das absolut tödlich. Erinnert unangenehm 19 an Daily Terrors Pedder Teumer sturz- seine Gesangsspuren durch neue von besoffen live in den 90ern. (Nix Gut) J. J. Burnel und dem seit ca. 2000 mit- spielenden Ex-Toy Dolls-Gitarristen Baz Laibach – „Volk“: Für das Schwingen des Warne. Ersterer klingt streckenweise wieder großen Holzhammers ist sie musikalisch wie Ende der 70er und letzterer packt bekannt die slowenische Industrial-Insti- tatsächlich das Stimmspektrum seines tution Laibach. Umso überraschender dieses Vorgängers und wirkt dabei obendrein Werk. Gemeinsam mit den sanfteren Silence um einiges erdiger. Und überhaupt rollt – einer weiteren Größe slowenischer Pop- hier ein Songmaterial über den Hörer, das musik – bearbeiteten sie Nationalhymnen sich zum stärksten seit sehr langer Zeit aus Asien, Europa und Amerika zu Pop- zählen darf. Das Spektrum reicht dabei von songs mit Kommentaren zu jedem der der Rauhbeinigkeit früher Tage bis zu entsprechenden Länder. Die Musik chan- unschlagbaren Schmalz-Perlen. Wer auch giert zwischen entspannter Popmusik mit immer die Band, längst abgeschrieben hatte, Klassikelementen, wie man sie von Silence sollte spätestens jetzt mal wieder reinhören. kennt und einer zurückgenommenen (EMI) Laibach-Industrial-Brachialität. Dazwischen ist viel Platz, z. B. für groovigen Bristol- Commandantes – „Für Brot und Frei- Sound. Damit bettet das Album alle heit“: Schon mit dem Debut haben sich Unbequemlichkeiten in ein Bett der Schön- unsere All-Star-Lokalhelden in die erste heiten, getreu dem Motto „Pop ist Musik für Punkrock-Liga katapultiert. Ein gutes Schafe und wir sind die Wölfe, die sich als und vor allem eigenes Konzept schlug Schäfer verkleiden“. Dank zahlreicher uns schon seit dem ersten Gig an einem Gastsänger kommen in jedem Stück die 1. Mai in 1A-Umsetzung um die Ohren. Die Nationalhymnen in ihrer jeweiligen Sprache erste Platte ging straight nach vorne und zu Gehör. Was hinter der Vielsprachigkeit zitierte Ramones wie Pistols. Das Personal- steckt, wird sehr deutlich, wenn man im karussel drehte sich und der Bass fiel in Booklet die Zitate zur englischen Sprache die Hände von Ex-Notdurft, Ex-Mind liest. Ein gewisser Mladen Stilinovic´ Overboard, Ex-Animales con Ruido Jones. behauptete 1994 gar, ein Künster, der nicht Mit ihm scheinen die Zeiten der reinen English spreche, sei kein Künstler. Grund Lehre abgelöst. Im Booklet ist zu lesen, dass genug, soviele Sprachen für die Kunst zu er bei den Aufnahmen auch Kontrabass nutzen, wie eben möglich und ein Werk zu spielte. Ich rechnete mit der gezupften/ schaffen, dass derart massiv auf Inter- geschlagenen Variante in Verbindung nationalität setzt. (Mute) mit Rockabilly-Remineszenzen. Aber nein, hier gibt es Punkrock mit Bass und Bogen. – „Suite XVI“: Eine Und überhaupt ist der Bass vom Begleit- drastische Änderung bei einer meiner instrument zum virtuosem i-Tüpferchen absouten Lieblingsbands: hat aufgestiegen. Insgesamt ist die Vielseitigkeit die Band verlassen und jedermann, dem gewachsen, die Produktion wieder beispiel- sein Auftreten immer schon Bauchschmerzen haft. Zur Einstimmung auf den neuen bereitet hatte, reibt sich die Hände ob dieser Reigen von Arbeiterliedern greift ein sozia- Tatsache. Paul Roberts war rein technisch listischer Organist in die Tasten und präsen- ein erstklassiger Sänger, der nur leider seine tiert die „Internationale“ auf der Kirchen- Unsicherheiten auf eine Weise zu vertu- orgel. Überhaupt sind noch ein paar special schen versuchte, die vermutlich fälschlicher- Guests zu hören. Einen stimmigen Ausklang weise unsympathisch schmierig wirkten. erfährt die Platte dann auch noch, aber Nachdem „Suite XVI“ bereits komplett mit das müsst ihr schon selber hören. (Mad ihm eingespielt worden war, ersetzte man Butcher) 20 Strophria i Cubensis – „Isus kuril V.A. – „Schlachtrufe BRD VIII“: Diese travu“: Bielefelder Hip-Hop in russischer Sampler-Reihe scheint wahrlich nicht Sprache. Leider verstehe ich so gut wie nix kaputtzukriegen. Mülleimer-Records musste von den Texten, aber diese beiden Rapper einst die Segel streichen, als A.M. ist das haben zweifellos einen wunderbar unholpri- Label dann doch wieder auferstanden, und gen Flow und offenbar kommt die kantige die „Schlachtrufe“ gingen weiter. Nach dem Sprache der Rhythmik auch sehr entgegen. Ende von A.M. hat sich Nix Gut die Aber damit nicht genug. Um mich für Hip- Namensrechte gekrallt und weiter geht’s mit Hop zu begeistern muss auch der musikali- Deutschpunk gegen Staat und Gesellschaft. sche Background passen. Und der Teppich, Plakativ wie eh und je, bleibt der Reihe sein der unter dem ganzen hier liegt hat’s in sich, Stammpublikum sicher, auch wenn alte athomosphärische Dichte und gut getüftelte Recken wie die Daily Terroristen schwächeln Grooves. Ich würd glatt sagen, das ist seit und den jungen nix neues einfällt. Was aber N-Factor das beste, was ich aus der Rich- überhaupt nicht geht ist die extrem schwulen- tung und dieser Stadt gehört hab. Kosten- feindliche vierte Textzeile im S.I.K.-Beitrag. loser Download von www.cubensis.de. Zwei Tracks weiter antworten aber die Kafkas schon mit dem Stück „Schwule Hansel – „Lorentzian Lineshaper“: Punks“, in dem sie sich gegen homophobe Nach einigen wirklich mehr als über- Diskriminierungen in der eigenen Szene zeugenden Download-Veröffentlichungen wenden. (Nix Gut) kommt nun das zweite Album dieser Zwei- Mann-Combo frisch aus dem Presswerk. V.A. – „Im Zeichen des (Pleite-)Geiers Lange angekündigt und im Laufe der Vol. 1 + Vol. 2“: Einen Haufen altbekann- Wartezeit von einer EP bis zu einem 17- ter Namen findet man hier, wenn man Mitte Tracks-Album angeschwollen, hat mich die- der 90er in Deutschpunk-Gefilden zu Hause ses Werk gleich beim ersten Hören komplett war. Denn aus dieser Zeit stammen diese aus den Socken gehauen. Der Musikstil ist beiden Sampler, die nun als Rerelease erst- nach wie vor einfach Hansel, soviel steckt da mals digital auf CD vorliegen. So gibt es ein drin: Hip-Hop, Hardcore-Punk, Techno, Wiederhören mit den fabelhaften Inkomplex, Moderne Klassik... Die Ausarbeitung der deren „Sommertag“ auch heute noch ein Hit Stücke ist noch um einiges ausgefeilter und ist. Und auch die Turbo Lemons sind hier packender. Die Produktion ist perfekt und wieder zu hören. Aber insgesamt mache ich sauber ohne auch nur ansatzweise mir mit dem Abspielen dieser CDs Angriffsfläche für den Vorwurf zu geben, keine Freude. Obendrein hat sich beim hier würde etwas zu glatt klingen. Diese Mastern vom Atomtot-Track „Schwarz- Musik strahlt Wut, Zerbrechlichkeit, Roter Widerstand“ ein Audio-Jitter-Effekt Schönheit, Brutalität und Verzweiflung aus, eingeschlichen. (Nix Gut) kurzum die aufwühlende und radikale Umsetzung einer kaputten und verzerrten V.A. – „Deutschpunk Gewitter II“: Wer Welt. (D-Trash Records) auch immer das hier gemastert hat, hätte sich wenigstens ein bisschen Mühe geben Splash – „Anders oder artig“: „100% können, einen einheitlichen Lautstärkepegel anders“, ja klar anders als irgendetwas zu halten. Coverartwork und Inhalt erinnern ist alles... Aber was soll ich spitzfindig stark an die „Schlachtrufe BRD“-Reihe und werden, ruppig, eingängig, frisch kommt schlechter als die aktuelle „Schlachtrufe“- die Band mit dem wenig originellen Folge ist das musikalisch auch nicht. (Nix Gut) Namen daher. Das hier ist sympathisches poppiges Deutschpunk-Gerumpel in stim- V.A. – „Es lebe der Punk Vol. 7“: Auch miger rauher Produktion. (Nix Gut) auf Teil 7 lautet das Konzept: Aktuelle 21 Veröffentlichungen von Nix Gut Records Sampler erstmals das gemeinsam mit Kat werden mit je zwei Stücken für einen Spot betriebene Projekt F60.3 vor. Ins- Gesamtpreis von 3 Euro vorgestellt. Also hat gesamt ist hier ein buntes Werk entstanden, man dann im Prinzip so etwas wie einen das den einen oder anderen Höhepunkt klingenden Katalog. (Nix Gut) birgt. (Aldi Punk)

V.A. – „Pisse am Elektrozaun“: Nun LustfingeR – „Achtung Heilig“: Auf den hat auch Aldi ein Faible für elektronischen letzten Drücker quetschen sich hier noch die Punk entdeckt. Dass Elektropunk nichts guten alter LustfingeR ins Heft. In meinem neues ist, sollte bekannt sein. Man höre Regal befinden sich bereits „Harte Männer sich nur einmal die ersten Soft Cell-Demos tanzen nicht“ und „Alles im Griff“, die mit an oder ganz frühe OMD. In ebenjener ihren ausufernd hymnischen Melodien hoch Rotz-Pop-Tradition stehen einiger der im Kurs stehen bei mir – obgleich man Texten Bands und Projekte auf dieser Kassetten- wie „Bitte lieber Staatsanwalt“ schon mit Kompilation. Doch während Punk Soul mehr als nur einem Augenzwinkern begegnen Loving Bill mit flockiger Popmusik die musste. Und auch wenn LustfingeR nunmehr Sonne zum Lächeln bringen, werfen nur noch aus Fock und Rotations-Musikern Musikantenstadl Massaker mit ihrer Art von besteht, knüpft dieses Album nahtlos an alte Elektro-Grind-Hardcore-Punk des Hörers Hymnen an. Und auf einem Stück hört man Stirn in Falten. Closed Unruh geben sich mit doch wahrhaftig Micha van Eye, den alten Gothic-Electro-Punk die Ehre und auch Mr. Kaltwetterfront-Drummer und späteren Ebu begibt sich in melancholische Gefilde. Sänger von Die Leeren Versprechungen Der Schreiber dieser Zeilen stellt auf diesem wieder. (BSC Music)

Der Otis im Lemmy The Movement, AJZ, Bielefeld, 23. Oktober 2006

Meine Güte, war das knallelaut gestern im Ajo! Nun ja Montag Abend ist nicht der optimale Ohne Taschentücher in den Ohren wäre mein Termin für solch ein Konzert. Trotz abendlicher Gehör wohl in einem Zustand der Schnittmenge Vergnügen klingelt der Wecker am nächsten der Gehöre Beethovens und Townsends. Aber Morgen gnadenlos. Aber ich dachte mir, meine der Lärm hatte ja seine musikalischen Qualitäten, Seele müsste doch wieder mit Live-Kultur sonst hätte man sich ihm kaum auszusetzen gestreichelt werden und so schlug im am Abend brauchen. in der Heeper Straße auf. Martin und Tobi an der Kasse bestaunten, dass man mich tatsäch- Am Morgen hörte ich ein sehr nettes Musik- lich mal wieder zu Gesicht bekam und so ver- stück im Radio. Ich schaute auf die Uhr, um brachte ich den größten Teil der Zeit bis zum später nachrecherchieren zu können, um was es Aufspielen der ersten Band am Eintrittswegezoll. sich da handelte. Es war ein sehr soulbeflissenes Mod-Stück, das so retro wie frisch klang und Nun fühle ich mich ja doch beflissen, ein super meine ohnehin grad flockige Laune noch weiter Zitat wiederzugeben, das dort verkündet wurde aufflockte. Ein späterer Blick auf die Radio- (mit dem deutlichen Hinweis, dass es sich um Playlist erübrigte sich, als die Gastgeberin der ein Zitat handele: „So einen Hitler bräuchten Radio-Sendung das gespielte Stück mit einem wir wieder – nur das mit den Autobahnen hat er Konzerttipp anreicherte. nicht so gut gemacht.". Daraufhin wurde der 22 Wahrheitsgehalt in die Richtung erörtert, dass der Punk-Ära mit The Jam und The Knack – fast die Autobahnen von Hitler wirklich nicht wäre ich zur Band geschritten, um mir „Let Me besonders gut gewesen seien. Ich merkte noch Out“ zu wünschen – dazu eine gehörige Prise an, dass Hitler durch das Erstellen von Straßen 60s-Motown-Soul und sicher auch ein Schuss durch Zusammenstecken von Stahlbetonplatten Extra-Rauheit aus der Punk-Ecke. Der Sänger sicher eine frühe Inspiration für die Firma Lego klang dazu als sei der Geist Otis Reddings in die gewesen sei – Soviel zu dem Gerücht, die ersten Kehle von Lemmy Kilmister gefahren und dabei Legos seien aus Holz gewesen... hat er mich mit seiner charakteristisch kanti- gen Kopfform fortwährend an Andy McClusky Zur ersten Band The Breakers schneite ich dann von OMD erinnert. etwas verspätet und wenig motiviert herein und hörte dann simplen 60s Rock, der an frühe Der Bassist huschte mit seinen Fingern flink fili- Live-Aufnahmen der Rolling Stones gemahnte. gran über die vier Saiten, so dass er mehr her- Energiereich nach vorne weg, mit einem Sänger, gab als reine Begleitung. Auch der Schlagzeuger der wie Chris Bailey von den australischen trommelte weit mehr als solide, demonstrierte Saints klang. Das ganze hat ganz okay gerockt, den Panorama-Mix seiner Toms und gab die verfügte aber nicht über den Variantenreichtum, bestmögliche Grundlage für agil herumfliegende um das ganze spannend zu machen. Tanzbeine. Der charismatische Frontmann war absolut einnehmend, aber verblasst sind seine Weniger erquicklich und weitaus ermüdender beiden Mitstreiter dennoch nicht. Stilecht an klangen Venera von den Bühnenbrettern. die klassischen Mod-Vorbilder gelehnt, fand Kalifornischer Melodic-Core made in Sverige, der Auftritt selbstredend in schwarzen Anzügen das ist nicht wirklich neu. Spieltechnisch wurde statt. Gastsänger und -schlagzeuger der Breakers auf Präzision gesetzt, aber die Melodien über- untermauerten noch die dänisch-dänische- zeugten nicht wirklich und Variantenreichtum Freundschaft. wurde winzig geschrieben. Ein Stück am Anfang erinnerte noch ein wenig an klassische Nach ein paar Zugaben – für die letzte ließen sie schwedische Punk-Bands, die sich weniger in sich so lange bitten, bis keiner außer Basti, der amerikanische Traditionen und Trends einge- mitgezählt hatte, mehr damit rechnete – liefen klinkt hatten (Namen: Asta Kask, Radioaktiva mir Schweißes-Rinnsale die Stirn herab. Meine Räker, Strebers, Charta 77...). Doch allzu große Miniskeln beklagten sich dieses Mal glücklicher- Scheiben schnitten sich Venera dann aber weise nicht. Nach dem grandiosem Plemo- dort nicht mehr ab. Freunde unmelodischer Elektro-Punk-Konzert an gleicher Stelle vor Strophen könnten diesen kleinen Exkurs in einiger Zeit kam ich am nächsten Tag nur noch musikalischer Heimatkunde gar als Ausrutscher auf allen Vieren in den dritten Stock. im Programm gesehen haben. Die Aufzeichnung der aktuellen „Lost“-Folge Nun aber Vorhang auf für die Headliner, denen hat mein Wunderwerk der Technik gestern dieser Posten auch unbestreitbar zustand: The abend dann aber nur als Stummfilm bewerk- Movement. Am Morgen im Radio hatte es stelligt. Ein Movement Konzert ist ohnehin geheißen, die musikalischen Referenzen gingen nachhaltiger als jede Folge einer beliebigen in Richtung The Clash, so auch die politische Fernseheserie. Und es gibt gewiss eine Haufen Attitüde. Was den Inhalt angeht stimme ich Bands, die werden in Punkto Nachhaltigkeit gänzlich zu, musikalisch stellten sich mir ande- von den meisten „Tatort“-Folgen übertrumpft re Assoziationen ein: Ganz vorn der Neo-Mod – Venera zum Beispiel. Marcel 23 300 km/h on the German speedline

[...] Und der Kiffer mit dem Gartenzwerg- und lachte mich kariert. 300 km/h darf man Hanf-T-Shirt war der absolute Hit. Der Ami also auf deutschen „Speedlines“ fahren und zeigte uns, wie Vanilla Ice tanzte und da kam das mit 3,6 Promille im Blut. Schön, wenn so der Typ schon an. Ob das alle Amis so Leute den Amis mal ein bisschen Allgemein- machen, wollte er wissen. Und ab da wurde bildung nahebringen. „Can you speak the der arme Nick nur zugeblubbt und konnte ABC to English?“ war auch nicht schlecht. von seiner American Kindness gehindert Oder seine Exkursionen zum Thema Nieder- dem Übel nicht entrinnen. So mußte er lande und die dortige Handhabung von Drogen Gespräche über sich ergehen lassen über und Pornos. „You can go into a shop in Geschwindigkeitsbeschränkungen auf ameri- Holland, ne, and buy drugs there, ne.“ Und kanischen und auf deutschen Straßen. „Here auch kleine Kinder dürften da Pornos kaufen on the autobahn – autobahn, mh speedline...“ und deshalb wäre Amerika ganz toll. Auch die und schon lag ich nicht nur bildlich gespro- Frage „Have you seen the Doubleyou Em chen vor Lachen auf dem Boden. Autobahn Croatia gegen Germany?“ ließ der Hanfling als Speedline zu übersetzen, das kann man los im Glauben den Begriff WM schon auf nur, wenn man auf Drogen is oder so. Ich Englisch übersetzt zu haben, indem er die warf mich von einem Moment zum nächsten zwei Buchstaben englisch sprach. [...] mit dem Rücken auf die Straße, lag dann da aus Der Überfall Nr. 7 - 1999

24 aus Punküberfall Nr. 4 - 1997 aus Punküberfall Nr. 4 - 1997

Der kleine Artikel für zwischen die Mahlzeiten Vor ein paar Tagen war ich mit Till mal wieder im Zweischlingen, den Leuten beim Tanzen zugucken. Irgendwann servierte der Herr DeeJay irgendso’n ollen Hardcore-Smasher, und es gibt kaum lächerlicheres als pogende Spießer. Das sieht so bescheuert und aufgesetzt aus, man glaubt es kaum. Die erzählen irgendwann ihren Kindern, wie wild auch sie früher mal gewesen sind, mit Rempeltanz und Saufexzessen. aus Der Überfall Nr. 7 - 1999

aus Der Überfall Nr. 7 - 1999 25 Zeitreise und Schmerzfreiheit Deine Lakaien, Capitol, Hannover, 13.8.05 Social Distortion, Ringlokschuppen, Bielefeld, 17.8.05

Zwei Konzerte, ein Abwasch, ob das zusammen- wagte. Als der Vorhang sich dann hob stand auf passt ist mir auch wurscht. Beide Bands gehören der Bühne ein gewaltiger Aufbau von alten Synthe- zu meinen absoluten Favoriten und von daher war sizern und Computern, sogar der gute alte C64 soll es einerseits überaus erfreulich sie so kurz hinter- da gestanden haben. Die ersten Klänge waren dann einander zu erleben, andererseits natürlich eine auch schon gleich wesentlich schräger, als man es schlechte Hightlight-Verteilung. Beide Veran- von Platten jüngeren Datums gewohnt ist. Das staltungen waren wirklich besondere. Die erste Repertoire war großartig ausgewählt, die neuen wegen ihres wirklich einmaligen Charakters – Arrangements der absolute Knaller und die beiden stand doch der Deine Lakaien-Abend unter dem Herren bester Laune. Schon in Paderborn auf dem Motto „The Concert that Never Happened Before“ Uni-Fest bei einem ihrer raren Acoustic-Auftritte und Social Distortion waren zum erstem Mal nach waren sie in scherzhafter Stimmung zu sehen. In 8 Jahren wieder in Europa. Hannover setzten sie da noch eins oben drauf. In Sachen Komik übertrumpften sie so manchen In die Anreise zum Lakaien-Konzert mischte sich Berufskomiker und musikalisch sind sie ohnehin noch ein mit Unfällen angereicherter Urlaubs- ein Unikum. Der ganze Abend wurde mitgefilmt reiseverkehr, so dass die Fahrt nach Hannover und ist man gescheit, so hört man auf das Flehen nicht ohne Staus auskam. Damit ich nicht allzu- der Dagewesenen und veröffentlicht das mitsamt sehr enerviert werden sollte, ließ ich mich von der Ansagen auf einer DVD. (Was ja mittlerweile Georg Kreisler aus der Konserve „Die alten bösen auf fabelhaft ungekürzte Weise geschehen ist.) Lieder“ vorsingen. Angekommen bin ich trotz der schlechten Wegbeschreibung dank der Hilfe von Nach dem Konzert legte Kai Hawaii – bei dem es freundlichen aber uneinigen Tankstellenpersonal sich trotz der Namensgleichheit nicht um den dann aber nichtsdestotrotz. Die Karte, die man Extrabreit-Sänger handelte – noch zur Party auf. Für sich nach dem Kauf der „Over and Done“-Single meinen Geschmack war mir diese Kost dann aber kostenlos reservieren durfte, musste erst noch am doch zu konventionell: Zwischen Silke Bischoff und Capitol abgeholt werden, so stand man dann also Depeche Mode gab's nicht viel Spielraum. Also gleich mit in der Schlange vor der Einlasszeit. Wer machte ich mich schon recht bald vom Acker. drinnen die Toilette suchte kam in den Genuss der Vorher versuchte ich noch herauszubekommen, obskuren Beschilderung, die durch ein Pikto- ob mit der Überraschungsveröffentlichung von gramm auf ein Telefon verwies, dass mit „Damen Chrom-Records noch weiterhin zu rechnen ist und Herren“ unterschrieben war. Ja diese Unisex- bekam wie erwartet keine Details – Ich hätte sie hier telefone allerortens sind ja auch nicht schön. auch nicht verraten – aber zumindest die Infor- mation, dass da wohl noch was nettes in Arbeit ist. Die Bühne war mit einem großen Vorhang behan- gen, so dass man noch keinen Blick auf den Später legte dann Alexander Veljanov noch selber Bühnenaufbau erhaschen konnte. Zum ersten Mal auf – unter anderem eigene Aufnahmen, die bisher in ihrer etwa 20-jährigen Karriere spielten die der Öffentlichkeit vorenthalten blieben. Ich hätte Lakaien in der Form, wie sie sich selbst im Studio sein DJ-Set ja gerne noch mitbekommen. einst konzepiert hatten: Ernst Horn an der Elektronik und Alexander Veljanov am Gesang – Fünf Tage später hatte ich mit Staus keine und sonst nichts zusätzlich. In der Besetzung sollte Probleme, denn zu Social Distortion konnte ich zu es dann Stücke regnen, die aus der Zeit stammten, Fuß gelangen. Der Eintrittspreis war mit € 26,30 in der die Band sich noch nicht auf die Bühne alles andere als ein Schnäppchen und auch die 26 T-Shirt-Preise in ähnlicher Lage konnten einem kannte zwei Sounds E-Piano und Orgel und stand sauer aufstoßen. Da ich mich zuvor noch mit der den Songs sehr gut. Dass der Tod von Dennis Musik der ersten Vorband Cooper über die mp3s Dannell nicht spurlos an Mike Ness vorbeigegangen von ihrer Homepage bekannt gemacht hatte, hatte ist, merkte man schon an den Texten auf dem ich es nicht so eilig damit, in die Halle zu kommen. jüngsten Album „Sex, Love and Rock'n'Roll“. Dem Wie erwartet, traf ich am und im Ringlokschuppen alten Leitspruch „Sex, Drugs and Rock'n'Roll“ fünf Säcke voll Bekannte, die ich teilweise schon wurde im Titel schon das selbstzerstörerische recht lange nicht getroffen hatte. Als gesellschaft- Element genommen und genau das zieht sich als liches Ereignis ist so ein SoDi-Gig schon echt tip- roter Faden durch die Platte und auch durch die top. So entgingen mir Cooper also komplett und Songauswahl beim Auftritt. Wo früher der eigene Schmerz und das Leid besungen wurde, finden auf der Platte nur noch Texte statt, die betonen wie schön das Leben und die Liebe ist. Eine ähnliche inhaltliche Wandlung haben Tears for Fears schon innerhalb ihrer ersten drei LPs bewerkstelligt. Mike Ness hat diesen Weg hinbekommen, ohne am Ende musikalisch im Kitsch zu versinken. Und obwohl Mike Ness nach außen immer noch wie der Obermacho aussieht, sind sämtliche Stücke, die Mike Ness & Alexander Veljanov negative Gefühle propagierten aus dem Programm erst bei den Backyard Babies, die mich ebenfalls geflogen. Ich vermisste so manchen Song an dem nicht interessierten, war ich im Gebäude. Die hab Abend, erst im Nachhinein ist mir das Konzept ich schon beim letzten Bielefelder Social Distortion dahinter aufgefallen. „Born to lose and destined to Konzert gesehen anno 1997 und langweilig ge- fail“ gilt nicht mehr, kein Platz mehr für „cold funden. Später wurden sie bekannt, liefen im Uni- feelings in the night“. Aber auch wenn Angst, Hass Funk und waren immer noch gänzlich unspan- und Schmerz nun keine Themen mehr sind, eine nend. Nix als Attitüde und heiße Luft. Aber ich konstruktive Wut und Wehrhaftigkeit ist unerläss- konnte schonmal kurz in die Konzerthalle hinein- lich und so gab's dann „Don't Drag Me Down“ schnuppern um den Sound zu checken und man schon noch zu hören. Vor dem Klassiker „Prison hörte hinten, dass es vorne recht laut sein müsste, Bound“ holte Mike Ness eine 14-jährigen Iro-Träger aber hinten nur noch verhallter Brei ankam. aus dem Publikum auf die Bühne und bedankte sich bei der ersten und zweiten Punkgeneration, Zu Social Distortion ging ich dann natürlich weiter die solchen Nachwuchs erst möglich gemacht hät- vor in die Halle, denn einen verhallten Brei wollte ten und wünschte noch dass der 14-jährige Mirko ich für € 26,30 nicht haben. Wie schon bei den nicht die selben Fehler begehen wird, die er bei sich Lakaien im Ringlokschuppen waren auch bei Social und der ersten Punkgeneration bereute, dass er Distortion die Bässe arg bollerig. So wie vor acht nicht tot auf der Straße oder eben im Knast ende. Jahren, wieder im Triebwerk (damals Hechelei) zu spielen, hätte vom zugenommenen Publikums- Nach anderthalb Stunden inkl. einer Zugabe war umfang nicht hingehauen, aber mit einer besseren der Spaß auch leider schon vorbei und wo vor Akustik war man dort schon ausgestattet. Aber Beginn die Ramones die Halle beschallten, erklang genug der technischen Details. Gespannt war ich ja nun mit den Rolling Stones einer weiterer Eckpfeiler vor allem auf die Band, die spielte schließlich in unter den musikalischen Einflüssen, die Social gänzlich anderer Besetzung als damals. Nur noch Distortion zu ihrem ureigenstem Sound vermengt Mike Ness war dabei. Mit John Maurer hat kürzlich haben. Kurzum: Die erwachsenen Social Distortion aus familiären Gründen der letzte Langzeitgefährte gefallen mir ausgesprochen gut, auch wenn für von Mr. Ness die Band verlassen. Zu meiner Über- mich noch ein langer Weg vor mir liegt, um da raschung gab's jetzt aber auch noch einen fünften anzukommen. Mann, der die Keyboards bediente. Das Keyboard Marcel von www.ueberfall-home.de - 2005 27 28 aus Punküberfall Nr. 1 - 1996 aus Punküberfall Nr. 6 - 1998 29 Arnold und der Punkdirigent Jello Biafra & Melvins + Fantômas + Dälek, Live Music Hall Köln, 20.6.05

Was schon auf dem Papier äußerst verlockend absolut wörtlich und kratzte mit der Nadel klang, sollte sich dann tatsächlich als beein- rhythmisch quer über die Platte, muss ein druckenstes Konzert seit langem entpuppen. robustes Equipment sein. Es war eine Jello Biafra und Mike Patton am gleichen Mischung aus Old-School-Hip-Hop und Abend live erleben zu dürfen, dürfte um derber Noise Avantgarde. Public Enemy Längen besser sein, als wenn wirklich mal trifft Glenn Branca und frühen Krystof Ostern und Weihnachten auf einen Tag fielen. Penderecki. Herrn Penderecki hab ich letztens Dafür lohnt dann auch ein Besuch in Köln. noch in Gütersloh dirigieren sehen dürfen, was auch sehr imposant war – nur wird in Schon beim ersten Betreten der Konzert- der Gütersloher Stadthalle im pikfeinen halle fiel die Pausenmusik auf, die offen- Café Kakao ohne Milch ausgeschänkt, das sichtlich nicht vom Veranstalter gewählt sollte unter Strafe stehen. war, denn dazu war sie nicht nur zu erwählt, sondern auch so genrefremd, unbekannt Nach Dälek ging es wieder mit der und leicht skurril, dass man davon ausgehen Pausenmusik weiter und man konnte schon sollte, Jello und/oder Mike haben da für die einen Blick auf das gewaltige Schlagzeug Tour etwas zusammengestellt. Die erste werfen. Fantômas-Drummer Dave Lombardo Band die dann auf der Bühne stand, war war gerade mit Slayer auf Tour und stand offenbar keine der beiden angekündigten. Ein Rapper von Ice Cubes Statur stand da und rappte. Hinter ihm ein DJ und jemand, der für die Beats zu sorgen schien. Von Hip- Hop habe ich nur wenig Ahnung. Zwar höre ich wenn ich das Radio anschalte und da rappt jemand mit weniger als 70% Taktgefühl und obendrein noch dummen Mist wie „Alter sei ein Mann, hör auf deinen Schwanz, mach sie klar und fick sie.“ (Der Text kam kürzlich aus einem vorbeifahren- dem Auto), aber auch für besseren Hip-Hop bin ich eher schwer zu begeistern. Die Band stellte sich als Dialect vor, was man laut der Ipecac-Homepage aber Dälek schreibt. Die deshalb für seinen Nebenjob bei Fantômas Band hat den Audio-Engineer vor Ort offen- nicht zur Verfügung. Ersatz für die Tour war bar überfordert und so klang es recht grau- nun Terry Bozzio. Der Name sagte mir erst- sam. Was DJ und Beatlieferant musikalisch mal nichts, die Tatsache, dass er ein eigenes ablieferten imponierte mir musikalisch umfangreiches Merchandise-Sortiment dabei dann aber doch noch tüchtig, auch den hatte incl. Handtüchern mit seinem aufge- Rapper fand ich dann ganz okay. Zwischen- stickten Namen machte mich doch neugierig durch nahm der DJ den Begriff Scratching und so forschte ich tags drauf doch mal 30 nach. Und siehe da, Terry Bozzio kann auf Präzisionspunkrock der durchweg nach eine üppige Discografie zurückblicken. Wir vorn ging. Jello Biafra gab den singenden hatten es also mit dem einstigen Schlag- Pantomimen, der jeden Text mit überzogenen zeuger von Frank Zappa zu tun, der unter Gesten untermalte. Da ihm der Inhalt anderem auch schon für Debbie Harry, The absolut wichtig ist, erkärte er zwischen den Knack, Duran Duran (die mit ihm Led Stücken oft auch, worum es ging. Seine Zeppelin und Public Enemy coverten), Ansagen waren meist politisch und man Dokken, Gary Wright, Steve Vai und gar konnte nur staunen, wie gut er als Ami über Richard Marx trommelte. Sein Drumset das deutsche Politik-Geschehen Bescheid sieht aus wie ein vollgestopftes Riesenfuß- wusste: Schröder, Merkel, Neuwahlen und balltor und besitzt schon allein 6 Kick- das alles im Zusammenhang mit der US- drums. Außenpolitik. Also gab es dann ein Stück all jenen gewidmet, die auch nur in Erwägung Als die Soundcheckroadies durch waren, zogen die christian democratic party zu traten Buzz Osbourne, Trevor Dunn, wählen. Mit „Holiday in Cambodia“, „Life Terry Bozzio und Mike Patton auf die Sentence“ und „California über alles“ gab es Bühne. King Buzzo trug zu seiner mittler- auch ein paar Dead Kennedys-Klassiker zu weile angegrauten Mopp-Frisur einen hören. Eigentlich eine traurige Sache, dass Camouflage-farbenen Fred-Feuerstein- man bei letzterem Song nur Jerry Brown Overall und Patton stand hinter seinem mit gegen Arnold Schwarzenegger austauschen Synthesizern, drei Mikrophonen, einer musste, um das Stück wieder absolut aktuell Sirene und sonstigem vollgepackten Hi- zu haben. Gerade die beiden Stücke vom Tech-Tisch. Vom ersten Ton an war es absolut „Fresh Fruits for Rotten Vegetables“-Album genial, was da geboten wurde. Auch um live von Jello zu hören war eine absolute mich herum war alles begeistert und so Offenbarung. Nichtsdestotrotz sind auch die wurde laut in jedes Break hineinapplaudiert. neuen Songs mit den Melvins überaus Bozzio spielte zeitweise nach Noten Schlag- gelungen. Als Jello ins Publikum tauchte, zeug. Patton wechselte souverän zwischen setzte er sein Mikro außer Gefecht und er seinen drei Mikros und überzeugte mit warf sein verschwitztes T-Shirt in die seinem vollen Stimmspektrum, bediente Menge. Wer auch immer es fing, sah es nicht nebenbei sämtliche Technik an seinem Pult als Geschenk und gab es als ehrlicher Finder und dirigierte dann noch seine drei perfekt einfach zurück. Jello wunderte sich und agierenden Mitstreiter. Kaum zu glauben, meinte: „Du gibst es zurück? Das ist nicht dass dieser Mann vor einigen Jahren noch mehr wie früher!“ relativ regelmäßig in der Bravo auftauchte mit seiner damaligen Combo Faith No More. Kurz vor Mitternacht war dann alles schon Einige Leute versuchten, zu Fantômas zu wieder vorbei. Keine der drei Bands hat sich tanzen, ein hoffnungsloses Unterfangen bei mit dem dem Von-der-Bühne-gehen-Zugabe- derartiger Vertracktheit. Ich hätte mir die Rufe-Wiederkommen-Spiel abgegeben. Das Band mit gleicher Begeisterung auch sitzend Set war das Set und fertig. Das Publikum ansehen können. Ein Umstand der bei der wurde dann sehr zügig aus der Halle Hauptband unvorstellbar wäre. gescheucht und alle waren befriedigt und glücklich. Großartiger Abend! Bei den Melvins mit Jello Biafra ging es musikalisch wieder weitaus straighter zu. Marcel von www.ueberfall-home.de - 2005 31 Das stinkige Schlafshirt Visions-Party, Forum, Bielefeld, 4. November 2006

Der Samstag fing nett an. Nachdem ich mich Scheiben betrachtete. Punküberfall-Mitgründer nach dem reichlich verspäteten Frühstück – das Till war offensichtlich gerade aus Frankfurt zu selbst für ein Mittagessen schon über manch Besuch. Er wollte krampfhaft einen Kauf täti- anderen Menschens Zeit gelegen hätte – endlich gen, war aber unentschlossen, in welches in die Tagesbekleidung gesteckt habe, klingelte Warengut er investieren sollte. Im Laufe unse- es unerwarteterweise an der Tür. Bis zu den rer Unterhaltung machte er mir die Visions- Socken war meine Bekleidungsaktion noch Party für den Abend schmackhaft, obgleich er nicht vorgedrungen, genaugenommen trug ich nicht wie angekündigt erschien. auch mein T-Shirt seit dem vorangegangenem Abend und meine Wohnung sah trotz nicht lang Also stand ich am Abend im Forum und schaute zurückliegender Aufräumaktion schon wieder mir für einen günstigen Kurs drei Bands an: aus, wie nach einem Einbrauch, bei dem etwas ClickClickDecker waren nicht ganz meine Tasse bestimmtes von geringer Größe gesucht, jedoch Tee, auch wenn sie mit Audiolithe-Lars am Bass nicht gefunden wurde. Sympathie-Punkte bei mir gut hatten. Jupiter Jones fand ich schlimm, wegen ihrer scheußli- Ich drückte den Haustür-Buzzer, patschte bar- chen „Kettcar-Melodien“. Aerogramme aber füßig vor die Wohnungstür und ließ meinen Blick waren phänomenal, so phänomenal, dass ich am vom dritten Stock abwärts durch das Treppen- nächsten Tag in einer E-Mail an Kat Spot schrieb: haus kreisen, bis ich etwas erkennen konnte: eine hellbraune Kordjacke. Ich überlegte, ob „Die letzte Band war dann gestern Aerogramme meine Schwägerin hellbraune Kordjacken trüge, aus Schottland, und die waren absolut groß. da ich nun mit einem überraschenden Familien- Schon der Bühnenaufbau sah vielversprechend besuch rechnete. Dabei war zu befürchten, dass aus: Erstmal das übliche Rockband-Zubehör meine bald 4-jährige Nichte die kaum zwei (Schlagzeug links, nicht hinten), dazu Keyboard Wochen alten Mausewelpen allzusehr auf- mit Laptop, Gong, Glocke, Metallophon (eins, schreckte. Die kleine Lea war aber weder zu was man in der Hand hält, wie auch bei hören noch zu sehen und als mehr zu erkennen Spielmannszügen), Pauke und daneben noch war, schien auch die Jacke meiner Schwägerin eine Snare. Was die damit angestellt haben, war zu groß. Die wackere Statur ließ eher auf großartig: Wuchtig schleppender, groovender Berufsschul-Kollegen Herrn Bert schließen. Rock à la Neurosis plus Radiohead/Sigur Rós/ Dieser hatte nämlich sein Automobil aktuell in Talk Talk-Zerbrechlichkeit und Verspieltheit. meiner Nachbarschaft zum Check gegeben. Im Vom Laptop wurden dann zwischendurch Prinzip war ich gerade dabei mich Richtung Spieluhr-Melodien eingespielt und andere Innenstadt aufzumachen, um dort ein paar CDs Spielereien. Auf dem Instrumenten-Sammel- im Laden zu plazieren. surium in der Mitte spielte immer grad der Musiker, der an seinem eigentlichen Instru- Nachdem mein Besuch wieder fort war, tat ich ment Pause hatte. Hätte dir auf jeden Fall auch dann doch noch wie geplant und sah beim gefallen. Das gestern war ein einzelner Gig hier- Eintritt in den Plattenladen ein bekanntes, sehr zulande, im Januar geht Aerogramme auf Tour, lange nicht mehr gesichtetes Gesicht, welches solltest du vielleicht vorbeischauen, wenn die ungewohnt bärtig vor der Ladentheke Vinyl- bei dir da unten Station machen.“ Marcel 32 Der fliegende Kleiderschrank JOHNNY FRANKENSTEIN & DIE COSMIC GENDER BENDERS, THE ASTRONAUTS, 10.5.'02 Bünde, Villa Kunterbunt MAD SIN, SOULS ON FIRE, SOUL BOYS, 11.5.'02 Bielefeld-Sennestadt, Luna SCHIESSER, SE SCHRILLOS, SPEEDBOMB, 8.5.'02 Bielefeld, AJZ Das war doch mal wieder ein richtig nettes berüchtige Show von Johnny Frankenstein & his Konzertwochenende. Nachdem ich bereits Cosmic Gender Benders los. Wie gewohnt voller mit kostenlosen Konzerten auf dem Energie und Schauspielkunst. Zwar erlebte man Münsteraner Stadtfest geliebäugelt hatte, die Band auch schon mal in wesentlich extre- landete ich letztendlich Freitag in der Villa merer Form, aber das was hier geboten wurde, Kunterbunt zu Bünde und tags darauf in war ja auch schon beeindruckend genug. Neu im Bielefeld-Sennestadt im Luna. Programm war unter anderem eine sehr geile Da ich aufgrund eines durch eine längst verges- Fassung des alten südamerikanischen Volks- sene, im Internet herumliegende Kontaktanzeige liedes vom "Río Rojo", besser bekannt als "Red zustandegekommenen Blind Dates schon in River Rock" von Johnny und ganz arg windigen Spenge war, ließ ich mich auch gleich in meinem Burschen. Nach Johnny Frankenstein stand die alten Heimatsort von meinem Elternhause Frage im Raum, wie da noch eine andere Band abholen. Sven, der große Töne spuckte, das auch mithalten könnte und prophezeite der refor- noch nach relativ langer Zeit und trotz seiner mierten Bielefelder Surf-Legende The Astronauts verschachtelten Lage problemlos wiederzufin- einen schnellen Untergang an diesem Abend. den, verfuhr sich dann doch noch ein wenig. Da Aber so sollte es dann doch nicht kommen. In er aber doch zu mir fand, ging die Fahrt in unangenehm aufgehitzter Räumlichkeit mar- Richtung Bünde los. Kaum am Ortseingangs- schierten sie komplett in selbstgebastelten schild vorbei fragte er mich nach dem weiteren Astronautenanzügen mit Styroporhelmen auf Weg. Tja, sehr gute Frage, denn auch ich war die Bühne und zündeten ein Instrumental- noch nicht in der Villa seit ihrem Zwangsumzug, Feuerwerk ab, das die Kinnladen der Anwe- und so fragte er einfach mal an einer Tankstelle senden tendenziell dem Erdmittelpunkt wieder und bekam die Wegbeschreibung dorthin, wo näherbrachte. Die Stimmung kochte ähnlich die Villa einem größeren Kreisverkehr weichen weiter, wie schon bei der Vorgruppe – ein Begriff, musste. Erst ein Taxifahrer am Bahnhof konnte der hier nur in Bezug auf die zeitliche Abfolge weiterhelfen und so fanden wir das Haus gleich Relevanz hat. Äußerst beeindruckend war auch neben einem Friedhof. Und nachdem wir ein der Ausflug des Schlagzeugers ins Publikum, wo paar Pfützen übersprungen haben, waren wir er knieend mit einer Tom und einem Becken auch schon bald drinnen. Sehr nette Atmo- auskam. Noch immer bin ich sehr froh darüber, sphäre in sehr engen Räumlichkeiten. Da die nicht in Münster gelandet zu sein. Bühne dort nur äußerst geringfügig erhöht ist, Am nächsten Tag war meine Mitfahrgelegenheit konnte man dann auch gleich kaum was sehen. wieder dieselbe, nur dass ich diesmal mich von Bevor es losging, trafen wir noch auf alte meinem aktuellen Zuhause abholen ließ. Auf dem Weggefährten, die in Ostwestfalen nur noch sehr Ostwestfalendamm, unserer schicken Stadtauto- selten oder noch seltener anzutreffen sind. bahn, war ein Zivilpolizeiwagen mit auf dem Die Cosmic Gender Benders enterten irgend- Dach plazierten Blaulicht zu sehen, und ich wann die Bühne und ihr Vorsteher Johnny meinte zu Sven „Hinter wem die her sind, ist Frankenstein zusammen mit seinem selbst- nicht schwer zu erraten.“, was er nicht verstand, erschaffenen Bass-Monster durchschritt zackig da er den Radfahrer mit der blauen Wollmütze, die Tür mit einem hysterisch lauten „Aus dem der da ordentlich flott in die Pedale trat, nicht Weg!“ auf den Lippen. Und so ging die berühmt sah. Der muss gedacht haben, dass alles wo man 33 einen roten Kreis herum malt besonders wichtig klang das schon sehr sehr brisant. Dass er ein ist, und er als Radfahrer dem Schild nach völlig eisernes Kreuz um den Hals trug und seine unverzichtbar sei auf dieser Straße. Manche Leu- Markenklamotten größtenteils von Firmen te kennen halt ganz besondere Abkürzungen. stammten, die in rechten Kreisen äußerst beliebt In Sennestadt fand sich dann wie erwartet eini- sind, entspannten das ganze nicht gerade. Jedes ges an Publikum, das doch sehr suspekt schien Detail für sich ließe sich rechtfertigen, aber das – zu Ärger gekommen ist es glücklicherweise alles in geballter Form lässt die Band zweifelhaft aber nicht. Viele zwielichtige Gestalten waren werden. Da hilft es auch nicht mehr, dass einer auch wegen Discipline erschienen, die ihrerseits von denen in einem linken Jugendzentrum tätig selbiges aus Krankheitsgründen unterließen. Es ist. Es hatte zumindest etwas sehr befremdliches gab allerdings auch nicht wenige, die das mit und das anwesende Publikum quittierte es mit leicht hämischer Freude erfüllte. ungewöhnlich zögerlichem Applaus. Das Luna verbreitete auch an diesem Abend das Die Souls on Fire spielten als zweite und klangen selbe Flair wie eh und je. Neben Konzertplakaten wie tausendmal zuvor gehört. Gut gespielter, für die Cockney Rejects und Festivals mit aber abgedroschener 08/15-Streetpunk mit „We Mururoa Ättack – die laut Plakat nun offiziell aus are the boys, we are the boys“-Chören – ziemlich Scheißstadt kommen, was so treffend wie origi- langweilig. nell ist – fanden sich ein Verkaufsangebot für Ein ganz anderes Kaliber sind da Mad Sin, die einen Kinderwagen mit blauen Mäusen und klei- ihre Mischung aus Rock'n'Roll-Abkömmlingen nen Rädern, gut erhalten und eine mit Bunt- noch selbst in der Mixer werfen und verrühren stiften gemalte Anweisung wie Inline-Skates im und das mit einer gelungenen Bühnenpräsenz Hause zu nutzen sein. Daher weiß ich „Es ist cool verbinden. Der arabische Meat Loaf, den wir einen Helm zu tragen“ und „Es ist nicht cool es zuvor noch auf der Speisekarte im türkischen nicht zu tun“. Die holzvertäfelten Wände erin- Imbiss entdeckten, tobte wie gewohnt über die nerten mich auch nach wie vor an eine Schulaula. Bühne und auch die anderen ließen nichts an Ein witziges Detail entdeckte ich noch auf der Energie vermissen. Auch ihren Feuerspucker Rückseite einer Social Distortion Bootleg-LP an hatten sie diesmal mit dabei und irgendwie ist einem anwesenden Plattenstand. Und zwar ihm eine gewisse Ähnlichkeit mit Bela B. nicht fand sich dort ein Song, der als „Wanked Man” abzusprechen. betitelt war. Mutmaßlich dürfte es sich dabei Ein blondierter Kleiderschrank tobte durch den um den Bob Dylan-Klassiker „Wanted Man” Wrecking Mob, hob einzelne Leute hoch und handeln. So schnell kann aus einem gesuchten warf die flach auf den Boden. Plötzlich ergab sich ein gewichster Man werden. für mich eine supergünstige Gelegenheit und ich Doch schon gleich bei der ersten Band sollten konnte ihn einfach so mirnichts dirnichts um- gerade zwielichtige Gestalten auf ihre Kosten werfen, so dass auch er mal am Boden lag, ohne kommen. Der Sänger der Soul Boys ist mit einer dass er das auf mich hätte zurückführen können. gnadenlos guten Stimme gesegnet, doch leider Aber eigentlich habe ich auch garnicht darüber hatte eine völlig identisch klingende Stimme nachgedacht, das ist einfach instinktiv so ge- schonmal jemand, der sie dazu nutzte sich da- schehen. Danach hat er sich auch zurückgezogen. rüber zu ereifern, dass der arme Rudolf Hess so Mag sein, dass ich auf diese Weise instinktiv lange im Gefängnis sitzen musste und dass eine Schlägerei interveniert habe, denn im England schon völlig übernegert sei. Dieser Nachhinein hörte ich, dass zumindest einer Mann mit Namen Ian Stuart, der ein so toller kurz davor war, ihm eine 'reinzuhauen. Autofahrer war, wie man es sich von jedem Nazi Wie es halt immer so ist auf Gigs von richtig wünscht, sang bekanntermaßen bei der Band klasse Bands, die schon länger als zwei Jahre Skrewdriver und an dieser schienen sich auch die existieren, vermisste ich auch hier zumindest Soul-Boys musikalisch zu orientieren. Als der einen Song: „El Cattivo“, der schon immer so Soul-Boys-Sänger den zweiten Song gleich mit klang, als hätten die Ärzte ihn von Mad Sin einem deutlichen „I don't like you“ einläutete, gecovert und nicht umgekehrt. 34 Auf dem Rückweg navigierte ich den kürzesten Speedbomb hatte ich nun erst zum zweiten Mal Weg zu mir so, dass wir zufällig schon bei den gesehen, wenn ich mal den Auftritt als Costra beiden anderen Mitfahrern, die eigentlich nach einfach mal nicht mitrechne und war recht mir abgeliefert werden sollten, fast an der angetan. Am Bass derselbe Mann, der auch am Haustür vorbeifuhren. Freitag darauf im Raumfahreranzug mit den Ein paar Tage vorher war ich noch auf dem Astronauts dieses Instrument bediente. Benefits-Festival im AJZ Bielefeld für das Speedbomb legten los, mit zwei Instrumental- Umsonst & Draußen- Festival in Vlotho. Leider stücken, die durch hervorragende Arbeit auf war an jenem Abend der Mischer nicht beson- zwei – normalerweise eigentlich drei – Gitarren ders gut in Form und so endete das ganze mit glänzten. Muckel, der eigentlich die dritte verärgerten Bands. So kam „Ca plane pour moi“ Gitarre bedient, wenn ich mich nicht völlig täu- von Schiesser beim Publikum und auch über die sche, übernahm mit Verband am Finger den Band-Monitor-Boxen bloß als Instrumental- Gesang und so wurde eine Coverversion nach Version an, obgleich Bernd sich gesanglich dafür der anderen geboten. Im Gegensatz zu vielen ordentlich ins Zeug legte. Speedbomb konnten anderen Bands, die mehr oder weniger aktuelle später dann keine Zugaben geben, weil der Chartshits als Simpel-Punk herunterrotzen, Mischer nach Abdrehen des Gesangs einfach packen Speedbomb Stücke von Echt, Sugar- völlig verschwunden war. Einzig der Auftritt babes, Jefferson Airplane, Johnny Kidd & the von Se Schrillos ging recht ordentlich über die Pirates, Trio etc. in individuell originell ausge- Bühne, nur gut war der Sound auch da nicht. arbeitetes Gewand. Marcel von www.ueberfall-home.de - 2002

Kartoffelschalen

Ich war bald froh, des Nachts nicht in Oz Ich schob also die Schubkarre auf einen gelandet zu sein, als mir heute Morgen der Bauernhof, um dort die Schalen vom Haus- Wind die Haustür aus der Hand reißen wollte. herrn unbemerkt abzuladen. Doch musste ich „Nicht so stürmisch, Bursche!“, sagte ich, doch am Bauern vorbei, der damit beschäftigt war, die flotten Lüfte ließen sich weder mit Worten seine Schweine zu nähren. Als ich die Kartoffel- noch mit sonstetwas bändigen. So ruderte ich haut dann auf einen Schalenberg aufwerfen nun zum Auto, um mich auf den Weg zur wollte, kam auch schon der Bauer und fing zu Arbeit zu machen. schimpfen an. Er hatte ein besonderes System seine Kartoffelschalen aufzuschichten. So Meine Gedanken ergriffen wieder den Traum wurde ich über ebendieses System belehrt der vergangenen Nacht. Bizarr, wie Träume und beauftragt die Kartoffelschalen zu stapeln. nuneinmal sind, so war auch dieser. Ich sollte für meine Mutter eine Schubkarre voll Kartoffel- Wie genau nun die hübsche Bauerstochter ins schalen entsorgen. Warum gleich eine ganze Spiel kam, kann ich nicht mehr ganz nach- Schubkarre voll, mag mir nicht ganz einleuch- vollziehen. Irgendwie stand sie plötzlich vor ten, doch dass es am Abend zuvor Spinat mit mir. Naja, da artete der Traum mal wieder in Kartoffeln gab und ich meine Mutter auch eine glückliche Liebesgeschichte aus. Mal wie- beim Schälen der Kartoffeln sah, war offen- der nur im Traum... sichtlich der Grund dafür, dass ich derartiges träumte. Marcel

aus Der Überfall Nr. 7 - 1999 35 Fahrt zu Scattergun & Die Rosenkrieger im FKK Minden (irgendwann im Januar)

36 aus Punküberfall Nr. 5 - 1998 37 Teenie-Rocker und House-Legenden Daniel Cirera & Sunrise Avenue, Underground Köln, 23. August 2006 Laurent Garnier, Rheintriadem Köln, 24. August 2006

Da weilt man schon 29 Jahre auf Erden und Schwede Daniel Cirera spielte als erstes mit sei- kommt glatt nocheinmal in Genuss einer ner extra für die Deutschland-Tour zusammen- Klassenfahrt. Und da gerade in der Erwachsen- gestellten Begleittruppe lockeren Singer/Song- bildung es unerlässlich ist, frei planbare Freizeit writer-Pop mit giftigen Texten. Das Stück „MFR mit an die Hand zu bekommen, lässt sich hier – Fake Vegetarian“ erkannte ich dann auch nun ein doppelter Konzertbericht abzwacken.

Eine schöne Stadt ist dieses Köln durchaus und auch der Dom ist für Höhenängstler wie mich mal eine Mutprobe wert. Relativ weit war ich sogar gekommen, auch wenn ein kompletter Aufstieg mir dann doch zu viel des Guten war.

Das geplante Konzertprogramm sah am ersten Abend, dem des Mittwochs, ein durch Co-Um- schüler Herbert gewonnes Fernsehkonzert von Daniel Cirera und der Band Sunrise Avenue vor. Der „Rockpalast“ lud in’s „Underground“, einem Birth of an Eintagsfliege: Sunrise Avenue gemütlichen Club in bescheidener Größe. Der durchaus, obgleich ich ja eigentlich um dudeln- de Radios große Bögen zu machen versuche. Ein sehr softes Cover von „Anarchy in the U.K.“ sang ich so lauthals mit, dass der Daniel extra aussetzte um mich – der ich mich dann doch etwas ertappt fühlte – noch mehr zur Geltung kommen zu lassen. Das Publikum war an dem Abend nämlich gar so jung, dass die Sex Pistols nicht unbedingt zur musikalischen Grundbildung gehörten. Während des Auftritts rubbelte ich fernsehreif noch mein Bier auf Trinktempe- ratur, denn ein großer Eisklumpen verhinderte, dass ich einfach drauflostrinken konnte.

Nach diesem insgesamt recht sympathischen Auftritt sollte das Publikum mit Käsebrötchen und salzigem Laugengebäck milde gestimmt werden, um auch der nächsten Band positives abgewinnen zu können. Im Vorfeld las ich Mars Galliculus in The Dome bereits, dass Sunset Avenue von Tokio Hotel zur 38 trittsgeld schon dicke wert. Er ging auf die Bühne, startete mit düster-athmosphärischem Groove, um dann erst die tanzbaren Beats kra- chen zu lassen. Die zwei Live-Jazzer pumpten das ganze noch zusätzlich auf. Ich pickte mir relativ zügig dann doch noch einen Logenplatz mit spitzen Übersicht heraus, nickte und wipp- te eifrig mit und bewunderte die Video-Anima- tionen auf der üppigen Leinwand. Als der Spaß vorüber war und Laurent Garnier nach langem Set auch keine Zugabe mehr spielte, machte ich mich alsbald vom Acker, denn was auch immer Herr Bert & Daniel Cirera der nun folgende DJ auf seinen Tellern drehte, der Auftritt war nicht mehr zu toppen. Vorband auserkoren worden sind und das ließ Schließlich soll man ja auch aufhören wenn’s böses ahnen. Finnische Jungs, die „A-R-S-C-H“ am schönsten ist. für ein unausprechbar böses Schimpfwort hiel- Marcel ten, rockten eigentlich ganz nett daher, gaben aber als verdorbene Zutat noch einen so üblen Schmiergesang in die musikalische Suppe, dass man kaum mehr als drei Löffel davon herunter- bekam. In besseren Momenten dachte ich an Placebo in schlimmeren an „Dreams Are My Reality“. Eine geleckte Combo, die pubertieren- den Mädchen den Eindruck vermitteln soll, sie würden etwas besonders wildes hören. Diese pseudo-verwegenen Popstar-Ambitionen haben wir uns aber nicht mehr in voller Länge gegeben. Tags drauf blieben die Gitarren draußen und Musik elektronischer Machart verzückte die Gemüter. Die französische Houselegende Laurent Garnier ließ sich mit einem seiner raren Live-Auftritte in den Rahmen der „c/o pop“-Messe setzen und brachte zwei Musiker für Klaviatur und Blasinstrumente mit. Die Location hieß Rheintriadem und beherbergte auch unter anderem zwei neben- einanderliegende Räume die vollgepropft waren mit alten Synthesizern und Oszilatoren. Jeder durfte Knöpfchen drehen und es klang absolut beeindruckend, was dieser Gerätepark von sich gab.

Das Vorprogramm entfiel leider krankheits- bedingt, aber Herr Garnier alleine war das Ein- Lift-Off: Herr Bert & Mars 39 Halfter, süßes Paardenhoofdstel

Anlässlich der Zusammenstellung von Notdurft- (nicht Robinson!) in eigener Komposition den Videos und Demoaufnahmen, hab ich mich Verlust eines Ponys. Bei ihm war die dazuge- noch einmal zur Recherchezwecken in die hörige Cowboy-Attitüde auch sicher weniger Datenfluten des Internets geworfen. Denn aufgesetzt als bei den Holländern. noch hatte ich die Ursprünge der Stücke „Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand“ und Ein weiteres Lied mit langer Geschichte im „Heimat, süße Heimat“ nicht bis zum tiefsten Repertoire von Notdurft war das von der Grunde erforscht. Nun da ich scheinbar „süßen Heimat“. In der frühen 80ern war das wirklich bis an die Wurzeln geraten bin, will Stück mal auf zwielichtigen Tapesamplern ich doch gleich davon kundtun. gelandet und hat dadurch auch einmal unlieb- sames Nazi-Publikum angelockt, dass nur Kein wirklich gar so schwerer Fall ist das darauf gewartet hatte, dieses Stück abzufeiern „Pferdehalfter“. Man kennt es am ehesten noch und dann wieder zu verschwinden. Wahr- von Bruce Low, dem sonoren Niederländer scheinlich hat gerade dieses Stück (neben aus Surinam. Dessen Version von 1957 diente „Amis“) in den 90ern die unselige Diskussion auch als Vorlage für das Notdurft-Cover. Doch darüber bestärkt, ob Notdurft eine Fascho- bereits 1952 sangen bereits andere Nieder- Combo gewesen sei. Die Bravo hat anno '92 länder dieses Stück: Die Kilima Hawaiians, die nicht groß nachgefragt, sondern das einfach einfach mal für ein paar Platten von Hula- als Fakt jungen Lesern vor die Füße geknallt. Sängern zu Cowboys mutierten. Neben einer Und ich muss zugegeben, dass sich dadurch deutschen Version mit grandiosem Spoken der Name erstmal als Schmuddel in mein Word Part gibt es von jener Band auch noch Unterbewusstsein gegraben hat. Als ich ihn „Er hangt een paardenhoofdstel aan de muur“. dann wieder auf der ersten Hacker-Single Es ist also anzunehmen, dass es eine hollän- gelesen haben, ist es mir gleich negativ aufge- dische Fassung vor der deutschen gab. Der stoßen, dass dort diese vermeintlichen Nazis deutsche Text jedenfalls stammt von einem gegrüßt wurden. Aber ich sollte später eines gewissen Rolf Winn, über den ich leider gerade weitaus besseren belehrt werden. nicht mehr herausfinden kann, als dass er eben diesen Text verfasst hat. Aber im Prinzip war Immerhin hat die Bravo den Böhsen Onkelz im das bloß eine reine Übersetzungsarbeit, denn besagten Artikel sehr schön den Spiegel vor- vom zugrundeliegenden englischen Text gehalten, mit einer Formulierung, dessen „There's a Bridle Hanging on the Wall“ ist er so Zweideutigkeit der eines Stephan Weidner gut wie garnicht abgewichen – soweit ich das ebenbürtig ist. Es wurde nämlich behauptet jetzt aus flüchtiger Analyse beurteilen kann. auf dem damaligen Onkelz-Album sei „nur Aber mit dem „Bridle“ wären wir dann bei der schwer nazistisches Gedankengut“ zu finden. ultimativen Urversion angekommen. Und Schließlich wurde auf ebenjener Platte getex- damit befinden wir uns im Jahre 1936, da näm- tet „Es ist ein langer langer Weg, und es wird lich besang Hillbilly-Barde Carson Robison Zeit dass man ihn geht“ ohne auch nur irgend-

40 wie klarzumachen, um welchen Weg es sich schwanger. Ein Selbstmordversuch misglückt. handelt – Der Weg von der kleinen Punkband Am Ende gibt sie ihrem Heimweh nach und zu gefeierten Rock-Stars? Und ein paar Jahre gebärt einen Sohn, der ohne Vater aufwächst. später schreibt der Weidner „ich seh braune Der Text dieses Liedes stellt sich moralisch scheiße töten“, einen Satz der sich erst durch gegen das Mädchen und beschönigt die die nichtvorhandene Groß-/Kleinschreibung Vergewaltigung als verdient. mit dem wahren Inhalt füllen würde. „Ich hör hirnlose Parolen von Idioten und Verlierern“ Erst in der späteren Fassung erfährt das Mäd- kann man hingegen schreiben, wie man lustig chen Solidarität, denn nun ist sie „voller Güte“, ist – eine eindeutige Aussage bekommt man von Faulheit und Hedonismus ist nicht mehr da nicht hinein. Es ist garnicht unclever, durch die Rede. Stattdessen wird sie mit Zuckertüten das Weglassen elementarer Aussagen in ge- verlockt und als sie sich ertränken will, macht wichtig klingenden Sätzen den Eindruck zu sich der Leutnant gar über sie lustig. Die Ver- erwecken, es wäre genau das gesagt worden, gewaltigung wird hier auch nicht in jener was man selbst erwartet hat zu hören. Zu Anti- hämischen Weise dargestellt wie in der Ur- faschisten werden die Böhsen Onkelz erst in sprungsversion, allerdings auch nicht so ein- den Köpfen der Hörer. Aber ich schweife ab. deutig. Auch der Ort, an den es sie verschlagen hat wechselt. War es ursprünglich mal Berlin, Wieder zurück zu „Süße Heimat“. Besagtes so verlagerte sich die Handlung nun an den Notdurft-Stück hat sich kein Mitglied der Band Rhein. Dass das Mädchen ihre Heimat ganz ausgedacht, zumindest nicht den Text. Basser freiwillig verlassen habe, fällt komplett weg. Jones sagte mir, er kannte die Quelle nicht, Der Refrain vermittelt nun eher genau gegentei- das wäre halt ein Song gewesen, den Thomas ligen Eindruck. Also insgesamt eine interes- irgendwann angeschleppt hat. Woher der das sante Wandlung, die dieses Stück mitgemacht kannte, kann man ihn nun nicht mehr fragen. hat. Ich habe lange nach einer Aufnahme Ein wenig Recherche bringt aber schon das gesucht, bis ich nun endlich eine auftreiben Wissen, dass es sich um ein Küchenlied bzw. konnte. Eine alte Schellack-Aufnahme vom eine Moritat mit dem Titel „Sie war ein Hamburger Sänger Richard Germer befindet Mädchen voller Güte“ handelt, die eigentlich sich nun auf der Compilation „Schauderhafte sechs Strophen besitzt, wovon Notdurft die Moritaten“, so dass ich dieses Volkslied auch erste Hälfte umgesetzt hat. Bohrt man aber endlich in einer taditionellen Version zu hören noch etwas tiefer, so landet man in der Zeit bekomme. Das dick aufgetragene Arrangement um 1900 und aus der Moritat wird das richtig mit Chören und Pipapo hat aber sicher auch unangenehme Soldatenlied „Ein Mädchen kam nicht viel mit dem alten Bänkelsänger-Vortrag vom Lande“, das einem leicht sauer aufstoßen zu tun – und mit der singenden Magd in der kann. In dem Stück zieht ein abenteuerlustiges Küche schon garnicht. In den 70er Jahren gab Mädel auf nach Berlin, um dort das süße es eine Fassung von Insterburg & Co (mit Karl Leben zu genießen und sich von sinnvollen Dall), die melodisch bei Notdurft Pate gestan- Beschäftigungen fern zu halten. Weil sie so ein den zu haben scheint und bereits den Text mit liederliches Leben führe, wird sie des Leutnants einem Augenzwinkern interpretiert. Vergewaltigungsopfer und dabei obendrein Marcel

41 Ein Mädchen kam vom Lande Sie war ein Mädchen voller Güte

Ein Mädchen kam vom Lande, Sie war ein Mädchen voller Güte ein Mädchen wunderschön. und naschen tat sie auch sehr gern Sie trennte sich vom Heimatlande, bekam so manche Zuckertüte um sich die Stadt mal anzusehn. von einem hübschen jungen Herrn. Da rief sie Heimat, schöne Heimat, Da rief sie: Heimat, süße Heimat, wann kann ich dich wiedersehn? Wann werden wir uns wiedersehn? Da rief sie Heimat, schöne Heimat, wann kann ich dich wiedersehn? Da kam der Leutnant von der Garde und lud sie ein zum Maskenball: Sie wurde Magd bei reichen Leuten, bei uns ist heute Maskerade, sie aber wollte hoch hinaus, und du sollst meine Tänzerin sein. die Arbeit lockt sie nicht, nur Freuden, Da rief sie... sie suchte des Lebens Saus und Braus. Da rief sie... Vom vielen Tanzen war sie müde, sie legt sich nieder auf ein Bett, Von nun an trug sie seidne Kleider da kam der Leutnant von der Garde und ging spazieren in Berlin, und raubte ihr die Unschuld weg. der grossen Stadt, doch warf sie leider Da rief sie... ihr Schicksal hoch, und sie war hin. Da rief sie... In Stücke wollte sie sich reißen, ins tiefste Wasser wollt sie gehn. Es kam der Leutnant von der Garde, jedoch der Rhein war zugefroren, der lud sie ein zum Maskenball: und keine Öffnung war zu sehn. Die schönste Maske sollst du tragen, Da rief sie... von allen, die dort sind in dem Saal. Da rief sie... Da kam der Leutnant von der Garde und sprach zu ihr: Mein liebes Kind, Als nun der Maskenball zu Ende, mit dem Ertrinken mußt du warten, da schlief sie ein, das war ihr Pech. bis daß die Wasser offen sind. Da kam der Leutnant von der Garde Da rief sie... und raubte ihr die Unschuld weg. Da rief sie... Nun hat sie all ihr Glück verloren, nun ging sie heim ins Vaterland, Sie seufzte, schrie, und war verzweifelt, dort hat sie dann das Kind geboren, ins tiefste Wasser wollt sie gehn. den Vater hat es nie gekannt. Jedoch der Fluss war zugefroren Da rief sie... und keine Öffnung war zu sehn. Da rief sie...

Nun hat sie all ihr Glück verloren, nun kehrt sie heim ins Heimatland. Ein Kindlein wurde dort geboren, den Vater hat es nie gekannt. Da rief sie...

42 Zuckerbrot und Motorsäge Satoko Fujii Quartet, Bunker Ulmenwall, Bielefeld, 17. November 2006

Was für ein Konzert! Nachdem ich bereits vor einen Liebling unter den zwei erlebten Kon- drei Jahren die Pianistin Satoko Fujii gemein- zerten herauszupicken. Nun wünsche ich mir, sam mit ihrem trompetenden Gatten Natsuki keinen der vier Musiker an dem Abend zum Tamura in Bielefelds berühmtesten Jazz-Keller letzten Mal erlebt zu haben. erleben durfte, hoffte ich auf ein Wiedersehen und -hören mit den beiden. Abgesehen vom Neben der Band gebührt auch dem Bunker gemütlich virtuosen Konzert, war auch die Ulmenwall als Location großes Lob. Sieht man Unterhaltung mit Satoko hinterher sehr nett. von der einen etwas störend defekten Box ab, bei der irgendetwas mitvibrierte, was auf kei- Als ich dann also das Bunker-Programm in den nen Fall mitvibrieren sollte, war die Akustik Händen hielt und vom Satoko Fujii Quartet las, wieder absolut fabulös. Und überhaupt habe ich bekam ich große Augen und entschied mich, die in dem Laden nur große Konzerte erlebt – mein Vorfreude losrollen zu lassen. Dass obendrein erstes dort war übrigens Notdurft. am Schlagzeug Tatsuya Yoshida, Mitbegründer der japanischen Prog-Jazz-Core-Combo The Ein interessantes Phänomen an dem Ort ist, Ruins dabei sein sollte, machte das ganze noch dass Jazz-Bands kein Problem damit zu haben interessanter. The Ruins sind schließlich auch scheinen, dass sie ein Publikum anzuspielen ein unüberhörbar wichtiger Einfluss für Mike haben, dass aus zwei entgegengesetzten Rich- Pattons Fantômas. Als vierter Musiker war tungen zuschaut, Punk-bands hingegen eher dann noch Bassist Takeharu Hayakawa mit irritiert und ratlos ob dieses Umstandes sind. dabei, den sich, wie auch Mike Patton, John Dass man durch die Bunker-Architektur auch Zorn schon so manche Male an die Seite holte. gelegentlich die Gelegenheit hat, Schlagzeugern von hinten über die Schulter zu schauen, finde So gemächlich wie der Duo-Auftritt von 2003 ich auch recht reizvoll. Davon hatte ich bei den wurde es dieses Mal dann nicht mehr. Gefällige britisch-niederländischen 4Walls Gebrauch ge- Melodien auf Klavier und Trompete waren auch macht, deren Schlagzeuger diverse Utensilien diesmal präsent und auch die im klassischen mit ins Spiel brachte, so dass sich ein näheres Sinne zweckentfremdete Nutzung der Instru- Hinschauen durchaus lohnte. Marcel mente – Trommelstöcke auf den Flügelsaiten – wurde immer mal wieder eingestreut. Aber immer, wenn man sich von der Musik dazu ver- leiten ließ, sich in eine entspannt schwärmeri- sche Stimmung fallen zu lassen, holte die Band auch schon wieder aus zur nächsten groovigen Lärm-Attacke mit vertrackten Hardcore-Prog- Jazz-Schlagzeug und aggressiv funky Bass- Spiel. Das ganze war also extrem kontrastreich und spannungsvoll. Einen qualitativen Ver- gleich zum Duo-Konzert möchte ich beim besten Takeharu, Tatsuya, Natsuki, Satoko (v.l.n.r) Willen aber nicht anstellen und mir da gar

43 Schützensitzung im Punk-Club Betontod & weitere, Gasthaus Blase, Lübecke, 28. Oktober 2006

Ein Festival mit zu vielen Bands – neun an der Schüssel Chips an. Ich kenne kaum jemanden, Zahl – in einem Gasthaus Blase. Der Name der der ärger gegen jede Art von Konvention ver- Location klang schon mehr als rustikal. In der stößt und damit jeden Iro-Träger als Ober- Tat, vor Ort kam mir gleich der ansässige spießer dastehen lässt. Schützenverein aus den Türen des Gasthauses entgegengeströmt. Die anwesenden Iro-Punks Bei meinem Eintreten waren bereits die Spenger versuchten erfolglos Orden zu schnorren. Ich Lokalhelden Yell of Rage mitten in ihrem Set, wähnte mich irgendwie am falschen Ort, doch das absolut souverän und überzeugend klang. während vorn die Schießtruppe mit den grünen Möge ihr Name zukünftig auch über die Dörfer Hüten gastierte, war für die Punkrocker der hinaus weiter zu klangvoller Größe anschwellen. Hintereingang offen. Am Einlass wurde eine Leibesvisitation durchgeführt und an der Kasse Im Backstagebereich wurden Musiker und lag keine Gästeliste vor, auf der ich doch stehen Fanzine-Journalie mit lecker selbst zu belegen- sollte. Vom Überfall-Fanzine zu kommen brachte den Brötchen, Sahnejoghurts und Getränken mir dann aber überraschenderweise gleich bei guter Stimmung gehalten. Lediglich beim einen Backstageausweis in die Hand. zweiten Headliner Betontod spannte sich die Stimmung im Laufe des Abends etwas an, denn Ein Schwung Mausewelpen verhinderte leider, von denen waren bis kurz vor ihren Auftritt nur dass ich die Veranstaltung von Beginn an sehen der Schlagzeuger und der Sänger vor Ort, der konnte. Die Discount-Punks von Happy But Not Rest der Combo noch on the Road. Satisfied, für die ich den Blockflöten-Punkrock erfand, hatten ihr Set schon längst gespielt, und Nach Yell of Rage war es an Blätsch den Raum waren laut Eigenaussage langweilig, weil zu gut zu beschallen. Da es mir nicht so besonders für ihre Verhältnisse. Und das obwohl sie seit interessant klang, verfolgte ich den Auftritt nur ihrem letzten Gig nicht einmal geprobt hatten. sehr am Rande und es wäre unfair, würde ich jetzt näheres zu ihrem Deutschpunk schreiben.

Zwischenzeitlich ließ ich mich breitschlagen, ein Tombola-Los zugunster der Hamelner Kinder- Happy But Not Satisfied hospiz zu kaufen und erntete eine CD nach Wahl Basti hatte seine beim letzten Auftritt gerissene aus einem Pool von Promo-CDs. Ich entschied Gitarrenseite gar erst vor diesem Festival am mich für eine solche der Band Decapitated, die Arsch der Welt ersetzt. sich im Auto als garnicht so schlecht erwies, allerdings einen jener moderne Genuss-Schutz- Happy But Not Satisfied-Drummer Joscha lief Mechanismen enthielt, der mir jeglichen Spaß den ganzen Abend barfuß und im Pölter (ost- an dem Teil schon wieder vergällte. Alle paar westfälisch für Schlafanzug) umher. Mit dem Minuten wurde die Musik heruntergepegelt, Verschenken von draußen selbstgepflückten um eine Stimme in den Vordergrund zu stellen, Blumen irritierte bis verärgerte er einen der die mir erzählte, welche Platte ich da gerade Konzert-Helfer und tanzte im Backstage eine höre und bei welchem Label sie erschienen ist.

44 Für solcherlei Presse-Verprellung sollte man Metal haben Traitor Like Judas. Mein Auf- den Leuten bei Earache diese kleinen unter der fassungsvermögen für den Abend war eigent- Erde lebenden Wesen aus „Ronja Räubertochter“ lich schon längst überschritten, dieser exakte auf die Tische stellen, die dann immerfort „Pfui, Hammerschlag von Musik hat mich dann aber pfui! Warum tun sie dies.“ hervorkieksen. doch wieder aufhorchen lassen. Gefiel mir sehr gut das ganze, ein messerscharfer Krawall. Auf das Heimspiel von Blätsch folgte Aurelia aus Einzig etwas mehr Abwechslung hätte der Band Bielefeld. Der Auftritt begann nett aber eher noch gutgetan. belanglos. Ich verschwand im Backstage, um dann später festzustellen, dass Aurelia sich ein- Zuguterletzt der Leckerbissen für die Deutsch- gespielt hatten und eigentlich doch ziemlich punk-Fanatiker: Die seit 1990 aktiven Betontod, gut waren. Vor allem der Bassist strahlte einiges die in letzter Minute dann auch wirklich noch an Agilität und Spielfreude aus. Bei der nächsten komplettiert wurden und dann vor Publikum Gelegenheit werde ich mal einen geduldigeres einen launischen Soundcheck durchzogen. Das Ohr auf die Band werfen. gute Bild, dass die aktuelle CD „Schwarzes Blut“ abgegeben hatte, wurde hier live untermauert. Als ich mir die vor Vertiefung meines Tinnitus Metallischer Punkrock auf hohem Niveau mit schützenden Taschentuchschnippsel aus den Gröhlgesang. Die Ansagen gingen zuweilen arg Ohren zog, hatte ich an einem seltsamerweise ins zotige und am Ende wurde es mit dem Cotz- einen Grashalm hängen. Es warfen sich Fragen brocken-inspirierten „Saufen, saufen, jeden Tag über meine körpereigene Flora (von Fauna will nur saufen“, dem Tangobrüder-Klassiker „Bis ich mal garnicht erst sprechen) auf. Ich ließ zum bitteren Ende“ und Wolfgang Petrys mich zu einer übertriebenen These verleiten, „Wahnsinn“ doch sehr arg bierselig. Statt einem ich hätte zuviel schlechte Musik gehört und klaren Ende gab es dann noch ein unent- nun würde diese als Dünger Wirkung zeigen. schlossenes Hin und Her eines Skinheads mit Aber diese Behauptung hätte erst nach der mindestens 3 Promille im Blut, der eigentlich kommenden Band soetwas wie Hand und Fuß sein Lieblingsstück der Band singen wollte, dass gehabt. diese selbst nicht mehr auf dem Schirm hatte, dann aber sich doch nicht mehr traute. Jener Denn nun gab es Hardcore-Deutschpunk mit Typ hatte schon vorher für eine Unterbrechung Gebrüll und Tempo: Dr. Frankenstein aus Hameln des Gigs gesorgt, indem er im Pogo-Mob zu gaben mir wenig Grund, jetzt lobende Worte zu Boden ging, nicht mehr auf die Beine kam und verlieren. Ihre Setlist lag im Backstage vor mir kurzzeitig nicht ansprechbar war. Zuvor war auf dem Tisch, das nenn ich Sehstärke! ihm schon beim Slamdance eine Faust direkt ins Gesicht geflogen, woraufhin er hinter den Auch für Left Right Here fällt mir nicht viel Merchandise-Stand gegen die Wand getorkelt lobendes ein - außer vielleicht, dass das Wort- war. Irgendwie nicht sein Tag. Vielleicht auch spiel ihres Namens ein ganz nettes ist. Sie mal höchste Zeit, sich Gedanken zu machen, erinnerten mich an jene Tage, als ich immer- wieviel Alkohol genug sein könnte für solch gleich klingende Melodic-Core-Bands wie am einen Abend. Fließband verriss. Mochte ich nicht, haben ihre Nische aber ganz solide gefüllt. Ich schnappte mir zum Abschluss des Abends noch wie beauftragt Joschas Schuhe von der Ihre Nische gefunden im verschwimmenden Bühne, die dort liegengeblieben waren und Grenzbereich zwischen Metal-Core und Trash- machte mich wieder auf nach Bielefeld. 45 Die Apokalypse ist gekommen: Take That

M‰dels, die jetzt auch verschwinden 4. SCHLAFTABLETTEN wollen, haben wir 20 freiwillige Kiddies Ebenfalls sehr etablierte Möglichkeit, aber die bekanntesten Selbstmordmethoden auch sehr unzuverlässig, da es sich meist so testen lassen. Hier nun die Ergebnisse: lange hinzieht, daß irgend so’n Arsch einem schon längst den Magen ausgepumpt hat, bevor das überhaupt zu wirken beginnt. Wenn es die Methode sein soll, bitte unbedingt 1. PULSADERN AUFSCHNEIDEN vorher vom Apotheker oder von der örtlichen Sehr etablierte Variante des Suizides. Ist sehr Sterbehilfe-Organisation beraten lassen. unzuverlässig und unsauber, alo wunder Dich nicht, wenn Deine Mami hinterher AUFWAND: 4 schimpfend mit dem Putzeimer vor Dir steht ZUVERLÄSSIGKEIT: 4- und Dich dann übers Knie legt, wegen des SAUBERKEIT: 1 vollgeferkelten Badezimmers. Wenn’s denn GESAMTNOTE: 4 schon so’n Gesäbel sein muß, dann bitte längst ritzen nicht quer, weil sonst das Verbluten zu lange dauert. 5. AM STRICK ERHƒNGEN Zuverlässige Methode, wenn man dabei AUFWAND: 2+ ungestört ist, deshalb ruhigen Platz suchen ZUVERLÄSSIGKEIT: 5- (z.B. Wald oder Keller). Das Strick – bitte SAUBERKEIT: 5 keine purösen Stricke verwenden! – sollte an GESAMTNOTE: 4- einer stabilen Halterung angebracht sein, sonst fällt man runter und kann sich dabei empfindlich den Knöchel verstauchen. 2. SPRUNG VOM HOCHHAUS Desweiteren eine sehr saubere Methode. Zuverlässiger als Methode 1, aber immer noch sehr unsauber. Die ganzen Gedärme und das AUFWAND: 5 Blut stören das ästhetische Empfinden vieler ZUVERLÄSSIGKEIT: 2+ Spießer. Das Hochhaus sollte auf jeden Fall SAUBERKEIT: 1- hoch genug gewählt sein. GESAMTNOTE: 2 AUFWAND: 3 ZUVERLÄSSIGKEIT: 2+ SAUBERKEIT: 5- GESAMTNOTE: 3

3. F÷N IN DER BADEWANNE Zuverlässig und sauber. Nachteil: Der Fön kann bei einer solchen Aktion erhebliche 6. DIE ALTERNATIVE Schäden davontragen, und wer will den denn Kommt zu mir Mädels, dann braucht ihr nicht dann noch benutzen?! so rumzuferkeln. Ich bin noch zu haben, und auf jeden Fall besser zu bekommen, als diese AUFWAND: 2 Retorteneunuchen. ZUVERLÄSSIGKEIT: 2+ SAUBERKEIT: 2+ GESAMTNOTE: 2+

46 aus Punküberfall Nr. 1 - 1996 Mäuseharfen unter’m Aprilhimmel Deine Lakaien, Ringlokschuppen Bielefeld, 22.4.05

Noch nie war ich ein großer Freund davon, war, hüte ich mich auch, schon den Anfang vom Monate vor einer Veranstaltung schon für die Ende bei Deine Lakaien zu vermuten. Karten zu zahlen. Woher soll ich denn im Januar Als zweiten Song gab es die Single-Auskopplung schon wissen, dass meine Freundin am 22. April „Over and Done“ und hier zeigte sich neben eine Bronchitis hat. Also musste ich vor dem exzellenten Fähigkeiten der Band dann erstmals Konzert erst noch eine Karte loswerden. Das hat der nicht besonders gute Sound. Die Bassdrum dann aber sogar noch schneller geklappt als ich erklang mit solch übertriebener Wucht, dass sie gedacht hätte. magenschwache Menschen gut hätten kotzen Eine Vorband gab es an dem Abend, wie schon lassen können. Dazu war dann die Gitarre die auf der ganzen Tour, nicht zu bestaunen. Man ganze Zeit so leise, dass man sie kaum hörte. Und habe sich auf keine Band einigen können, lautete das obwohl der linkhändige Gitarrist mit derart da ein Gerücht. Da stellt sich die Frage, wer sich großer Gestik auf sein Instrument drosch, dass es da mit wem nicht einigen konnte: Deine Lakaien aussah als spiele er bei der fiktiven Band Desaster untereinander, Deine Lakaien mit ihrem neuen Area (nicht zu verwechseln mit den realen Bands, Arbeitgeber Capitol-Records...? Wie auch immer, die sich nach der fiktiven lautesten Band des die Bühne sollte also nun allein Ernst Horn, Universums benannt haben). Durch den Mix Alexander Veljanov und ihren hochwertigen klang es dann aber nur so, als würde eine Maus Mitmusikern gehören. batteriebetriebene E-Harfe spielen. Auf der Da die Anfangs-Überraschung bereits auf der White Lies-Tour war ein eigener Tontechniker Lakaien-Fanpage Colourize verpetzt worden war, mitgereist, der selbst im sonst klanglich defizitärem wunderte ich mich nicht mehr darüber, dass die Hyde Park zu Osnabrück für exzellenten Klang Stimme vor dem Sänger auf der Bühne war – sorgte. Ich hatte nicht das Gefühl, er war diesmal konnte dafür dann aber verwirrt herumschauende wieder dabei. Konzertbesucher beobachten, die nach dem Dass die Band mit vollem Elan bei der Sache war, Stimmerzeuger suchten. Der Starter-Song an dem zeichnete sich schon sehr früh auch an Sharifas Abend war „Falling“, das die Käufer des neuen Geigenbogen ab, der dann aussah, als hätte Albums nur dann kannten, wenn sie die CD in Jimmy Page damit ein Gitarrensolo gespielt. einer bestimmte Ladenkette gekauft hatten. Sehr sympathisch kam es rüber, als Alexander (Dazu am Rande: Warum wird so ein uncharis- bei dem Klassiker „Don't Wake Me Up“ mitten in matischer Klassenkasper wie Olli Pocher Fern- einer Strophe den Text vergaß und dann erstmal sehstar?? Das ist so, als hätte man Mrs. Miller für auf „La-la-la“ weitersang. Das Publikum gab sich eine Oper besetzt!) beste Mühe, dem Klischee von den ostwest- Gerade als großer Fan der Band muss ich sagen, fälischen Sturköpfen zu entfliehen. Aber ob es „April Skies“ ist das bisher schwächste Album in besser ist, wenn sich begeisterte Zuhörer während der Bandgeschichte. Ich mag die Platte nicht als ruhiger Stücke Sachen zuschreien wie „Das sind schlecht bezeichnen, aber ich werde das Gefühl voll geile Instrumente!“ oder „Das ist so geil!“? nicht los, dass das Album weniger von der Trotz Sound-Widrigkeiten war's ein großartiges Intensität und Rafinesse besitzt, für die ich die imposantes Konzert. Aber ich glaub, die können Band sonst so liebe. Nachdem gerade eine wieder auch garnicht anders. hervorragende Helium Vola EP vorangegangen Marcel

von www.ueberfall-home.de - 2005 47 Der Soundtrack zur aktuellen

“Hakenkreuz-Affäre”.

22 Bands solidarisieren sich auf dieser CD mit dem Kampf gegen die Verfolgung und Kriminalisierung von Antifaschisten durch die Justiz in Baden-Württemberg. Übereifrige Staatsanwälte wollen antifaschistische Symbole wie durchgestrichene oder zerschlagene Hakenkreuze aus der Öffentlichkeit verbannen!

Die Staatsanwaltschaft trägt dies auf dem Rücken der “kleinen” Linken aus, die sie massiv verfolgt, während sie die “Großen” wie den DGB oder die FIFA unbehelligt läßt, obwohl diese Symbole auch von ihnen öffentlich und massenhaft vertrieben werden.

Mit dem Sampler soll die Sache weiter publik gemacht werden, um alle linken Kräfte zu mobilisieren, denn der Weg vor den BGH scheint unausweichlich und das Urteil wird die ganze Szene betreffen.

Wer mehr Infos über den aktuellen Stand des Verfahrens oder noch mehr Hintergründe haben möchte, kann sich unter: http://razzia.nix-gut.de/ CD informieren. jetzt erhältlich Diese Aktion wird unterstützt von: im Vertrieb von Broken Silence