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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: Wissenschaftliche Arbeiten aus dem

Jahr/Year: 1971

Band/Volume: 048

Autor(en)/Author(s): Schreiber G.

Artikel/Article: Die Brücke über den Neusiedlersee aus regionaler Sicht. 19-26 © Landesmuseum für Burgenland, , download unter www.biologiezentrum.at WISS. ARBEITEN BGLD. 19 — 26 48 EISENSTADT, 1972 ÖSTERR.

DIE BRÜCKE ÜBER DEN NEUSIEDLERSEE AUS REGIONALER SICHT

Von G. Schreiber, LAD-Raumplanungsstelle

Vorbemerkung Im Burgenland, dem östlichsten österreichischen Bundesland, wirkt sich die Randlage Österreichs zu den großen Wirtschaftsräumen Westeuropas infolge der geschlossenen Staatsgrenzen besonders nachteilig aus. Lagebedingte Struktur­ mängel, mit denen auch andere Teile Österreichs zu kämpfen haben, treten hier in noch verstärktem Maße auf. Bei einer geographisch bedingten Dreiteilung des Burgenlandes und einer deut­ lichen Öffnung nach Osten, wo die historischen Zentren Ödenburg (Sopron) und Steinamanger (Szombatbely) liegen, wird es verständlich, daß in der österrei­ chisch-ungarischen Monarchie fast alle Eisenbahnlinien in diesem Raum den na­ türlichen Linien der Gewässer von Nordwesten nach Südosten folgten, die regio­ nalen Zentren also eher mit Budapest als mit der „Reichshaupt- und Residenz­ stadt Wien“ verbunden waren. Heute, nach der Grenzziehung von 1921 und der Abriegelung der Ostgrenzen nach dem Zweiten Weltkrieg, stellt dies eine immer noch deutlich spürbare Beeinträchtigung des Verkehrs und der Wirtschaftsbe­ ziehungen dar. Der Strukturwandel, der sich vor allem in der anteilmäßigen Ver­ teilung der Bevölkerung auf die einzelnen Wirtschaftssparten widerspiegelt, geht deshalb auch langsamer und gegenüber westlichen Staaten mit einem deutlichen Zeitrückstand vor sich. Wesentliche S t r u k t u r m e r k m a 1 e des Burgenlandes Österreichs jüngstes Bundesland hat bei einer Fläche von rund 4.000 km2 und einer Einwohnerzahl von 272.119 (Volkszählungsergebnisse 1971) eine Nord-Süd- Längserstreckung von rund 150 km. Die engste Stelle am Sieggrabener Sattel ist rund 4,5 km breit. Flächenmäßig an drittletzter Stelle unter den österreichischen Bundesländern, stellt es rund 4 % der gesamtösterreichischen Bevölkerung. Im Durchschnitt entfällt auf 10 km2 Landesfläche ein Kilometer Staatsgrenze, und zwar nach Ungarn-346 km, nach Jugoslawien 13 km, zur CSSR 25 km. Historisch betrachtet, ist die wichtigste Komponente der Bevölkerungsent­ wicklung des Burgenlandes die Abwanderung, die seinerzeit besonders nach Wien, Niederösterreich und die Steiermark erfolgte und in der Zwischenkriegszeit auch außereuropäische Länder erfaßte. Nach dem Zweiten Weltkrieg und besonders in der Konsolidierungsphase nach dem Abzug der Besatzungstruppen wurde aller­ dings in zunehmendem Maße die Abwanderung durch die Tages- oder Wochen­ pendelwanderung abgelöst. Zwei Drittel der insgesamt rund 37.200 im Lande wohnhaften Pendler') sind außerhalb des Landes beschäftigt.

') Volkszählung 1961.

19 Das Burgenland© Landesmuseum bildet keine für Burgenland, einheitliche Austria, download Wirtschaftsregion, unter www.biologiezentrum.at die nördlichen Landesteile und der Bezirk Oberpullendorf stellen eine Randzone zur Stadtregion Wien dar, mit den für ähnliche Gebiete typischen Struktur- und Funktionsmerk­ malen. Aus der Sicht des Regionkernes Wien gesehen, besteht ein deutliches Ein­ kommensgefälle vom Zentrum zur Peripherie. Innerhalb des Burgenlandes ist ein deutliches Nord-Süd-Gefälle feststellbar, weiters treten deutlich erkennbare Un­ terschiede zwischen bereits industrialisierten Gebieten und solchen mit hohen Agrarquoten und landwirtschaftlichen Strukturmängeln zutage. Das gesamte Volkseinkommen des Burgenlandes stieg gegenüber 1957 über­ durchschnittlich an, das Wachstum des absoluten Inlandsproduktes lag hingegen um rund 6 % unter dem österreichischen Mittelwert. Das bedeutet, daß die Wohl­ standssteigerung des Burgenlandes zu einem nicht geringen Teil außerhalb des Burgenlandes erarbeitet wurde, weil sich die nach wie vor schwache burgenlän­ dische Wirtschaftskraft nicht entsprechend dynamisch entwickeln konnte.

D e r Seewinkel

Jener Teil des Bezirkes Neusiedl/See, der östlich des Neusiedlersees und süd­ lich des Geländeabbruchs der Parndorfer-Platte liegt und sich nach Osten zur westungarischen Pußtalandschaft öffnet, ist durch zahlreiche, zum Teil periodisch austrocknende Salzlacken gekennzeichnet. Der Bereich, auf den sich die folgenden Betrachtungen beziehen, umfaßt die Gemeinden , , , , , Podersdorf, St. Andrä, Tadten und Wallern mit 19.014 Einwoh­ nern.2) Wenn auch der Anteil der land- u. forstwirtschaftl. Bevölkerung an der Ge­ samtbevölkerung in den letzten 20 Jahren beträchtlich zurückgegangen ist, so dürfte er auch 1971 weit über dem burgenländischen und erst recht über dem gesamtösterreichischen Durchschnitt liegen. Hand in Hand mit diesem Struktur­ wandel ist eine Zunahme der in den anderen Wirtschaftsabteilungen Tätigen fest­ stellbar, was eine erhöhte Tendenz zur Pendelwanderung bzw. zur Abwanderung bedeutet.3) Durch den Verlust von Ödenburg (derzeit rund 42.000 Einwohner), Raab und Wieselburg verlor dieser Raum seine regionalen Zentren. Nach 1945 schlossen sich die Grenzen nach Ungarn; Pamhagen am Ostufer und Mörbisch am Westufer des Neusiedlersees verloren ihre Grenzübergänge und damit das nördliche Burgen­ land eine mögliche Südumfahrung als Impuls zumindest für die weitere Frem- denverkehrsentWicklung im Seewinkel. Der Bezirksvorort konnte sich in der Zeit nach dem Anschluß an Österreich bis 1938 als Folge der allgemeinen wirtschaftlichen Depression und der grundlegenden Strukturmängel sowie wegen des begrenzten Einzugsbereiches gegenüber der viel bedeutenderen Bezirksstadt Bruck an der Leitha nicht we­ sentlich entfalten. In der Zeit zwischen 1938 und 1945 war Bruck an der Leitha auch das Bezirksverwaltungszentrum für die Gemeinden des heutigen Bezirkes Neusiedl am See und konnte dank diesem vergrößerten Einzugsbereich auch als regional wirksames Zentrum ausgestattet werden. Dagegen war es für den nach 1945 neu errichteten Bezirksvorort Neusiedl am See ebenso wie für Frauenkirchen

2) Vorl. Volkszählungsergebnisse 1971. 3) Siehe hiezu: Vorschläge zum Entwicklungsprogramm Neusiedlersee, verfaßt vom österreichischen Institut für Raumplanung im Auftrag der Neusiedlersee- Planungsgesellschaft, Bericht Nr. 67, Wien 1970.

20 wegen des in vielen© Landesmuseum Bereichen für Burgenland, deutlich Austria, download erkennbaren unter www.biologiezentrum.at Nachholbedarfes vorerst unmöglich, den aus der Landwirtschaft freiwerdenden Arbeitskräften ausreichen­ de Arbeitsplätze in Industrie und Gewerbe anzubieten. Die strukturellen Mängel in der Landwirtschaft selbst und die große finanzielle Schwäche dieses W irt­ schaftszweiges behinderten überdies so lange eine Intensivierung in Form des Feldgemüse- und Weinbaues und eine Rationalisierung der Betriebe, so lange keine nennenswerten Förderungsmittel bereitgestellt werden konnten. Die Schaffung eines ausreichenden Angebotes an Fremdenverkehrseinrichtun- gen war aus den gleichen Gründen und wegen der allgemein bekannten Probleme in Zusammenhang mit dem Wochenend-Fremdenverkehr ebenfalls erst nach Ab­ zug der Besatzungstruppen und nach Intensivierung der Fremdenverkehrsförde­ rung möglich. All diese Umstände und der Sog der Stadtregion Wien förderten die Pendel­ wanderung in dieses Gebiet, wo eine große Auswahl an Arbeitsplätzen und gute Verdienstmöglichkeiten lockten. Die Verkehrsverbindungen waren überdies besser zum Regionskern Wien als etwa zum Verwaltungsschwerpunkt Eisenstadt ausge­ richtet. Das für Neusiedl am See als Bezirksvorort Gesagte hat nämlich auch für Eisenstadt als Landeshauptstadt Bedeutung: Der geographisch im Norden durch das Leithagebirge und im Osten durch den Neusiedlersee und staatspolitisch im Süden durch die Grenze nach Ungarn sowie durch die Überschneidung mit dem Einzugsbereich Wien — Wr. Neustadt im Norden und Westen von Anbeginn zu kleine wirtschaftliche Einzugsbereich der Landeshauptstadt, die selbst kein aus­ reichendes Bevölkerungspotential aufwies, die allgemeinen Mängel der Versor­ gung, die allgemeine Wirtschaftslage und die Unterbrechung der Entwicklung zwischen 1938 und 1941 sowie die lange Zeit der Besatzung sind die Gründe dafür, daß in Eisenstadt bis in die Mitte der 50-iger Jahre hauptsächlich Arbeits­ plätze in den Zentralstellen der Landesverwaltung und der Interessensvertretun­ gen angeboten werden konnten. Für diese Stellen war allerdings ein Mindestmaß an Schulbildung erforderlich, wofür wiederum in weiten Teilen des Landes die Voraussetzungen fehlten. Wenn es nach 1955 gelang, auch im Bereich der Lan­ deshauptstadt Eisenstadt industriell-gewerbliche Arbeitsplätze zu schaffen, so ge­ schah dies zu einem Zeitpunkt, da in anderen Stadtregionen die Wirtschaft be­ reits prosperierte, die Arbeitskräfte besser bezahlt werden konnten. Pendler konnten kaum zurückgewonnen werden, die große Nachfrage an qualifizierten Arbeitskräften konnte bald nicht gedeckt werden. Der 1956 gegründete Verein zur Förderung der burgenländischen Wirtschaft befaßte sich neben tagespolitischen Fragen sehr bald; mit umfassenden Unter­ suchungen als Grundlage für eine standortgerechte Industrieansiedlungspolitik. In den Strukturanalysen der Industrie, des Fremdenverkehrs und der Landwirt­ schaft mit Vorschlägen für ein Entwicklungsprogramm Burgenland4) wurden all­ gemeine Grundsätze festgelegt, die für die weitere fachliche Arbeit und die seit­ her erfolgten politischen Entscheidungen als Richtschnur dienten. Diesen Grund­ sätzen entsprechend sollen im nördlichen Burgenland vornehmlich der soge­ nannte nordburgenländische Kernraum Eisenstadt — Mattersburg, der Bezirks­ vorort Neusiedl am See sowie Frauenkirchen, , Bruck-Neudorf, Neudörfl

") österr. Institut für Raumplanung, Institut für Empirische Sozialforschung Wien: Entwicklungsprogramm Burgenland; herausgegeben vom Verein zur Förderung der bgld. Wirtschaft, Eisenstadt 1968.

21 und Neufeld als Industriestandorte© Landesmuseum für Burgenland, unterschiedlicher Austria, download unter www.biologiezentrum.at Bedeutung ausgebaut wer­ den. Der Seewinkel sowie der ganze Bereich des Neusiedlersee-Gebietes soll vor­ nehmlich der Entwicklung des Fremdenverkehrs als Alternative zur Landwirt­ schaft Vorbehalten bleiben. Das Problem einer großzügigen Forderung des Ur­ laubsfremdenverkehrs ergibt sich allerdings aus der geringen Auslastung von Fremdenverkehrseinrichtungen, besonders von Beherbergungsbetrieben bei nur einer Saison, deren Verlängerung jedoch angestrebt wird.

Z u r Problematik einer Seeüberquerung: Wie KOPF in mehreren seiner Arbeiten betont5), sind seit rund 100 Jahren die immer wieder ventilierten Seeprojekte auf das engste mit der Kultivierung der Hansäg-Sümpfe verbunden. Vorstellungen der Raabregulierungsgesellschaft, zu­ gleich mit der Kultivierung des Hansäg und dem Bau des Einser-Kanales bis zum Neusiedlersee auch diesen selbst zu entwässern und zu kultivieren, wurden auf Grund eingehender Bodenuntersuchungen während der letzten Seeaustrock- nung und dem Seetiefstand 1902 nicht weiter verfolgt, da einerseits der Boden des Neusiedlersees zum größten Teil landwirtschaftlich minderwertig ist und andererseits die Bedeutung der großen Wasserfläche für Klima, Wirtschaft und Volksgesundheit erkannt wurde. Trotzdem durchgeführte Versuche, durch Vor­ trieb des Einser-Kanals bis zur Seemitte diesen trocken zu legen, scheiterten, obwohl der Wasserspiegel sank und der Fischbestand zugrunde ging.6) Seit 1912 beschäftigen sich daher alle Projekte mit der Erhaltung und Stabili­ sierung des Neusiedlersees, entweder durch radikale Verkleinerung der Seefläche und damit Eindämmung der Verdunstung oder durch Zuleitung von Wasser aus anderen Einzugsgebieten. Erst während der Kriegszeit wurden allerdings gründ­ liche Forschungsarbeiten von E. GÜNTSCHL durchgeführt, die eine wertvolle Grundlage für jede weitere wasserwirtschaftliche Planung in diesem Gebiet bil­ deten.

KOPF faßte die Forderungen für jede künftige Planung wie folgt zusammen: Erhaltung der Seefläche in ihrem Gesamtausmaß, Erhaltung des Schilfgürtels als Lebensraum der Vogelwelt und als wirtschaft­ licher Faktor, Erhaltung des Chemismus des Seewassers und der Gewässer des Seewinkels, Brechung der Winddrift als Voraussetzung für eine ertragreiche Fischerei und im Interesse des Fremdenverkehrs, Erhaltung der jetzt noch vorhandenen Lacken des See Winkels als selbständige Gewässer und Schaffung einer künstlichen Vorflut für den Seewinkel durch Errichtung von Pumpwerken zum Einser-Kanal. Diese Forderungen sind allgemein anerkannt und wurden bei sämtlichen Pro­ jekten, die seither besonders im Rahmen der Neusiedlersee-Planungsgesellschaft verfolgt wurden, im Auge behalten.

4) Fritz Kopf: Wasserwirtschaftliche Probleme des Neusiedlersees und des See­ winkels, in Österr. Wasserwirtschaft, Jahrgang 15, Heft 9/10, 1963, S. 190 ff; Fritz Kopf: Die Rettung des Neusiedlersees, in österr. Wasserwirtschaft, Jahr­ gang 19, Heft 7/8, 1967, S. 139 ff. 6) Wasserwirtschaftliche Probleme des Neusiedlersees und des Seewinkels, a. a. O., S. 193.

22 Wenn also am© Landesmuseum Ausgangspunkt für Burgenland, dieses Austria, download historischen unter www.biologiezentrum.at Rückblickes vornehmlich wasserwirtschaftliche Überlegungen letztlich mit dem Ziel der Erhöhung des aus der Landwirtschaft zu erzielenden Regionalproduktes standen, kamen etwa um 1960 wirtschaftliche Überlegungen im Rahmen der Fischzucht, der Schilfwirtschaft' und des Fremdenverkehrs hinzu, wobei gleichzeitig Gedanken des Natur- und Landschaftsschutzes und gesamtwasserwirtschaftliche Überlegungen an Bedeu­ tung gewannen. Es ist verständlich, daß als Folge der politischen Situation neben einer ins Auge gefaßten und heute klaglos funktionierenden Schleusenregulierung die Projekte eines Seedammes im Vordergrund standen.

Bereits im Jahre 1960 wurden im Rahmen politischer Diskussionen um die Hebung der Wirtschaftskraft einzelner Gebiete des Burgenlandes regionalpoliti­ sche Überlegungen in Zusammenhang mit einem Seedamm ins Spiel gebracht. Ein sehr starker Impuls ging von einer für den Raum Eisenstadt unter Leitung von o. Prof. Dr. Rudolf WURZER durchgeführten Studienarbeit von Studenten der Technischen Hochschule Wien aus. Auf Grund der Strukturdaten aus der Volkszählung 1961 und den daraus abzuleitenden Prognosen über die aus der Landwirtschaft freiwerdenden Arbeitskräfte sowie im Interesse einer notwendi­ gen Vergrößerung des wirtschaftlicheil und kulturellen Einzugsbereiches der Landeshauptstadt Eisenstadt wurde der Seedamm als wichtige Verkehrsverbin- dung des See Winkels zur Landeshauptstadt dargestellt. Auch KOPF betont be­ reits im Jahre 19677), daß durch den Bau eines Seedammes von Mörbisch nach Illmitz auch die Verkehrsverbindung mit dem Seewinkel hergestellt werden könnte. Eine im Auftrag der Neusiedlersee-Planungsgesellschaft ausgearbeitete Studie über den notwendigen Ausbau des Verkehrsnetzes im Neusiedlersee-Gebiet8) wid­ mete sich im besonderen der Frage einer Seequerverbindung und stellte auch den möglichen Fahrzeitgewinn über diese neue Route dar. Diese generelle Ver­ kehrsplanung bildete die Grundlage für die weiteren Arbeiten im Rahmen der Regionalplanung Neusiedlersee.9) Aufbauend auf diesen umfassenden Grundlagen und unter Berücksichtigung der seither im Schoß des Bundesministeriums für Bauten und Technik durch­ geführten Neubewertung des höherrangigen Straßennetzes in Österreich, deren erstes Ergebnis das Bundesstraßengesetz 1971 ist, wurden von Amt d. Bgld. Landes­ regierung in engem Zusammenwirken zwischen Raumplanungsstelle, Straßen- und Brückenbauabteilung, Wasserbauabteilung, Natur- und Landschaftsschutz und den betroffenen Gemeinden umfassende Trassenstudien über den direkten Be­ reich einer Seequerverbindung hinaus durchgeführt. Wesentlich dabei war der optimale Anschluß an das hochrangige, überregional "bedeutsame Straßennetz (Südautobahn, Südostautobahn, Eisenstädter Schnellstraße und Burgenland- Schnellstraße), der optimale Anschluß der Neusiedlersee-Bundesstraße an die Lan­ deshauptstadt Eisenstadt, der im Interesse eines möglichst großen Zeitvorsprun- ges gelegene günstige Anschluß der Seewinkel-Gemeinden an die Neusiedlersee-

7) Die Rettung des Neusiedlersees, a. a. O. 8) österr. Institut für Raumplanung: Regionalplanung Neusiedlersee, Bericht Nr. 39, Generelle Verkehrsplanung, Wien 1967. 9) Bericht 62: Vergleichende Standortuntersuchung für das Kurzentrum, Wien 1969; Bericht 65: Fremdenverkehrsplanung Neusiedlersee, Wien 1970; Bericht 67: Vorschläge zum Entwicklungsprogramm Neusiedlersee, Wien 1970.

23 Bundesstraße unter© Landesmuseum Beachtung für Burgenland, der anerkannten Austria, download unter Grundsätze www.biologiezentrum.at des Natur- und Land­ schaftsschutzes, bei Erhaltung ruhiger Ortsteile, und der wirtschaftlich mögliche Ausbau in mehreren Baustufen (siehe Abb. 1). Eine 1971 durchgeführte Befragung in den fünf Seewinkel-Gemeinden Wallern, Apetlon, Pamhagen, Tadten und Andau im Rahmen einer Untersuchung über stille Arbeitskraftreserven,0), bei der insgesamt 3.506 Fragebogen ausgewertet werden konnten, erlaubt hinsichtlich der Struktur der Befragten wertvolle Rückschlüsse auf den allgemeinen Entwicklungsstand. So mußte festgestellt werden, daß fast 90 % der Einwohner nur die Pflichtschule absolviert haben, wenngleich auch in letzter Zeit Ansätze zu einer Verbesserung der Bildungsstruktur — nicht zuletzt auf Grund der großen Anstrengungen im Rahmen des Schulbauprogrammes — feststellbar sind. Zwar haben die unter 20 Jahre Alten relativ hohe Anteile an Fachschülern, doch treten etwa 71 % der Jugendlichen ohne Lehre ins Berufs­ leben! Uber 20 % aller Befragten arbeiten in Wien, bezogen auf die Berufstätigen allein sind es 28 %! Dagegen finden nur 14 % aller Befragten Arbeit in ihrem Heimatort, 10 % im Bezirk Neusiedl und im nordburgenländischen Kernraum Eisenstadt — Mattersburg nur 1 %! Nach dieser Befragung sind 44% aller Berufstätigen in Andau Wien-Pendler, aus Tadten pendeln 33 % aller Berufstätigen nach Wien, aus Pamhagen 24 % und aus Wallern und Apetlon je 16 %. Der Anteil von im Raum Eisenstadt Berufstätigen ist fast überall bedeutungslos. Die Ergebnisse dieser Be­ fragung stimmen mit den Pendleruntersuchungen im Rahmen der Volkszählung 1961 ebenso wie mit den Untersuchungen des statistischen Dienstes des Amtes der Bgld. Landesregierung aus dem Jahre 1967 im wesentlichen überein, die Bar­ riere des Neusiedlersees ist deutlich erkennbar.

Regiona1po1 i t i sche Auswirkungen der Seequerverbindung

Die hohe Agrarquote in den Seewinkel-Gemeinden, der bedeutende Anteil von Pendlern nach Wien, die einen unzumutbar langen Weg zur Arbeitsstätte entweder täglich oder wöchentlich zurückzulegen haben, und die jüngsten Befragungsergeb­ nisse legen die Vermutung nahe, daß bei entsprechendem Ausbau der Verkehrs­ verbindungen (Straße und Massenverkehrsmittel) zwischen Seewinkel und Eisen­ stadt bzw. dem nordburgenländischen Kernraum bei gleichzeitigem Angebot attrak­ tiver Arbeitsplätze in Industrie und Gewerbe die Arbeitskraftreserven aus dem Seewinkel auch für Betriebe im nordburgenländischen Kernraum mobilisiert wer­ den können. Der Weg zwischen Wohnort und Arbeitsstätte würde etwa eine halbe Stunde Zeit erfordern, könnte also zus