Zuschauer-Informationen zur Sendung vom 8. Mai 2012, 22.00 Uhr

Grenzenloses Kristall - Kostbare Entdeckungen bei den französischen Nachbarn

Allgemeine Informationen

Die Gegend südlich von Bitsch in Lothringen und im angrenzenden Krummen Elsass ist berühmt für ihre Glasmacherkunst und ihre Kostbarkeiten aus Kristall.

Seit Jahrhunderten stehen zahlreiche Dörfer ganz im Zeichen dieser glanzvollen Tradition. Die größten Kristallerien Frankreichs sind hier zuhause und ihre Namen weltweit Legende. Besucher, die vor Ort auf den Spuren des Kristalls unterwegs sind, kommen oft von weither.

Ausgangspunkt dieser Entdeckungstour ist Saarbrücken. Hier startet der Regionalzug nach Straßburg, an dessen Strecke etwa auf halbem Weg Wingen-sur- Moder liegt. Für die Kristallschätze von Lalique wurde hier ein neues Haus gebaut, Dorf und Umgebung laden ein zum Wandern, auch die nahe Burg Lichtenberg ist Besuchermagnet.

Weiter geht es durch eine herrliche Waldlandschaft, vorbei am sagenumwobenen 12- Apostel-Stein nach Meisenthal, in das Dorf der Glaskünstler des Jugendstils. Die Kunststudenten, die hier heute lernen und arbeiten, sind stolz auf ihre berühmten Vorbilder.

In der Glasmanufaktur des nahegelegenen St. Louis-lès-Bitches wurde zum ersten Mal auf dem europäischen Kontinent Kristall hergestellt, die heute größte Kristallerie Frankreichs fasziniert viele Besucher.

Touristische Informationen

Office de Tourisme du Pays de : 4, Glacis du Château, 57230 Bitche, Tel.: 0033 3 87 06 16 16, www.ot-paysdebitche.com.

Musée Lalique: 40, Rue du Hochberg, 67290 Wingen-sur-Moder, Tel.: 00333 88 89 08 14, www.musee-lalique.com.

Mairie de Wingen-sur-Moder: 2, rue Rocher, 67290 Wingen-sur-Moder, Tel.: 0033 3 88 89 71 27, Fax: 0033 3 88 89 86 99.

Haus des Glases und des Kristalls: Place Robert Schumann, 57960 Meisenthal, Tel.: 0033 3 87 96 91 51, [email protected].

Kristallmuseum "La Grande Place": Rue Coëtlosquet, 57620 Saint-Louis-lès- Bitche, Tel.: 0033 3 87 06 40 04, Fax: 0033 3 87 06 81 37, lagrandeplace@cristal- saint-louis.fr, www.saint-louis.com.

Saarländischer Rundfunk, Chefredaktion Kultur u. Wissenschaft, „Fahr mal hin“, Funkhaus Halberg, 66100 Saarbrücken

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So kommt man hin

Mit der Bahn: Über Saarbrücken entweder mit der Regionalbahn Saarbrücken- Straßburg.

Mit dem Auto: Richtung Saargemünd (Achtung rechts der Saar auf der deutschen Seite bleiben), am Anfang von Saargemünd links Richtung Bitsch, dann immer Richtung Bitsch bleiben auf der N62, dann entweder weiter auf der D620 bis auf die Höhe von Bitsch, dann auf die D37 über Lemberg , nach Wingen oder Meisenthal.

Über Baden-Baden Richtung Haguenau im Nordelsass, dann auf der N62 Richtung Niederbronn und bei auf die D36 bis Lemberg, dann die D37 über Goetzenburck nach Wingen oder Meisenthal.

Oder von Haguenau aus auf die D919 über Niedermodern, Ingwiller bis Wingen-sur- Moder.

Sehens- und Erlebenswertes

Wingen-sur-Moder und sein Musée Lalique

Auf den Ruinen einer ehemaligen Fensterglasfabrik haben die Gemeinde Wingen und die Firma Lalique 2010 ein Museum errichtet, das einzigartig ist in ganz Europa.

Das für seine Museumsbauten in aller Welt bekannte Pariser Architektur-Büro Wilmotte hat mit dem Musée Lalique eine faszinierende Kombination geschaffen zwischen Alt und Neu, innen und außen. Am Eingang der Ausstellung empfängt die Besucher ein Bild des Erfinders und Firmengründers René Lalique. Sein Name lässt Herzen von Kristallfans schneller schlagen, steht er doch für Eleganz, legendäre Kristallkrationen und kostbaren Schmuck. Seine Inspiration schöpfte Lalique aus der Natur, so schuf er Schmuckstücke, die völlig neu und umwerfend waren. Bis heute gehören sie zu den schönsten Werken des Jugendstil und Art Déco.

Musée Lalique: 40 Rue du Hochberg, 67290 Wingen-sur-Moder, Tel: 00333 88 89 08 14, www.musee-lalique.com.

Lalique hat Diamanten und Edelsteine benutzt, aber er hat auch mit anderen Materialien experimentiert und dann Emaille und auch Glas in seine Schmuckstücke integriert.

Seine revolutionären Kreationen wurden zu Ikonen der Belle Epoque. Künstler und aufstrebende Bürger feierten Lalique in Paris, die Weltausstellung 1900 wurde für ihn zu einem großen Triumph. Namhafte Parfum-Produzenten beauftragten ihn, Flacons für ihre edelsten Düfte zu entwerfen. Und Lalique besaß als Erster die Kühnheit, nackte Frauenkörper abzubilden. Bald schon sprach man vom Stil Lalique. Man charakterisierte ihn mit dem 3fachen F: Fauna, Flora, Frauen.

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Als Laliques Glasfabrik in der Nähe von Paris zu klein wurde, verlegte er die Produktion nach dem 1. Weltkrieg nach Wingen. Die französische Regierung unterstützte die Ansiedlung im wiedererlangten Elsass durch Steuererleichterungen, außerdem fand Lalique hier jede Menge Fachkräfte. Nach Renés Laliques Tod blieb die Firma lange in Familienbesitz, seit 2008 gehört sie einem schweizer Unternehmer.

Auch Laliques Glaskreationen wurden weltberühmt, bis heute wird seine Vase "Die Bacchantinnen" unverändert produziert. Sie wurde 1927 entworfen und ist immer noch einer der Bestseller, es gibt sie in verschiedenen Farben, sie kostet ungefähr 3.400 Euro.

12-Apostelstein

An der heutigen Grenze zwischen dem Elsass und Lothringen steht seit Menschen Gedenken der vier Meter hohe Breitenstein. Die christlichen Zeichen ließ ein wohlhabender Gläubiger nachträglich in den oberen Teil einmeißeln, seither heißt der keltische Menhir auch 12-Apostelstein. Bereits den Galliern galt der Breitenstein als heiliger Ort, Druiden sollen in seinem Bann rituelle Feste gefeiert haben.

Meisenthal

Ruhig und verträumt liegt Meisenthal am Fuß der Vogesenberge. Die Ruinen der ehemaligen Glashütte lassen die Dimension der Fabrik erahnen, in der einst 600 Menschen arbeiteten. 1702 hatten drei Brüder in Meisenthal den ersten feststehenden Schmelzofen errichtet. Dass ihr Werk einmal zu großem Ruhm gelangen sollte, ahnten sie noch nicht.

Die Schließung der Hütte 1969 war ein Schock für die Bewohner, doch bald schon schlossen sich einige Meisenthaler zusammen, um das Erbe ihres Ortes zu bewahren. Sie gründeten einen Verein und öffneten ein Museum, aus dem im Laufe der Zeit das Internationale Zentrum für Glaskunst entstanden ist.

Internationales Zentrum für Glaskunst Meisenthal

Heute arbeiten hier wieder 12 Glasbläser, ihnen geht es nicht nur darum, die Tradition ihrer Vorfahren lebendig zu halten, sie blicken auch nach vorn, arbeiten mit jungen Künstlern aus aller Welt zusammen. Nach deren Plänen fertigen sie Design- Objekte für den Kunstmarkt. Ihre Hauptarbeit ist jedoch die Produktion von gläsernen Weihnachtskugeln. Damit finanzieren sie zu einem großen Teil ihre Projekte.

Glashalle Meisenthal: Associations Cadhame et Eurêka, Halle Verrière, 57960 Meisenthal, Tel.: 0033 3 87 96 82 91, Fax: 0033 3 87 96 99 59, www.halle-verriere.fr.

Zweimal im Jahr kommen Studenten von der Saarbrücker Kunsthochschule (HBK) zu einem Workshop nach Meisenthal, um zusammen mit den Glasbläsern eigene Entwürfe zu realisieren. Für die Studenten ist Glas ein besonders spannendes und vielseitiges Material. Sie profitieren mit ihrem Professor Andreas Brandolini vom Saarländischer Rundfunk, Chefredaktion Kultur u. Wissenschaft, „Fahr mal hin“, Funkhaus Halberg, 66100 Saarbrücken

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Fachwissen der Profis in Meisenthal. Die Kurse sind beliebt bei den Studenten, im Internationalen Glaszentrum können sie experimentieren und praktischen Erfahrungen sammeln.

Haus des Glases und des Kristalls Meisenthal

Der Ruhm von Meisenthal ist eng verbunden mit dem Namen eines großen Glaskünstlers, Pflanzen- und Tierliebhabers: Emile Gallé. Er gilt als der Meister des Jugendstil und als Begründer der weltberühmten Ecole des Nancy. Seine Inspiration schöpfte Gallé aus der Natur, eine unerschöpfliche Quelle für seine neuen Ideen. Doch er selbst konnte nicht gut zeichnen. Deshalb brauchte er talentierte Männer, die seine Entwürfe umsetzten, und die fand er in Meisenthal.

Haus des Glases und des Kristalls: Place Robert Schumann, 57960 Meisenthal, Tel.: : 0033 3 87 96 91 51, musee.verre@musees-vosges- nord.org.

27 Jahre lang, von 1876 bis 1894 hat Gallé in Meisenthal produzieren lassen. Dann verlegte Gallé die Arbeit ins französische Nancy, seine besten Zeichner wollte er mitnehmen, doch die blieben trotz der deutschen Besetzung seit 1870/71 lieber in Meisenthal.

Sie zeichneten weiter in der Tradition Gallés, ihre Entwürfe reichten aber nicht an die Genialität des Meisters heran. Der Enkel eines dieser Zeichner, Lucien Fleck, gehört zu den Meisentalern, die sich mit großem Engagement um das Museum kümmern. Er ist nachmittags immer vor Ort und macht Führungen in deutscher und französischer Sprache.

Stephan Balkenhol

Am Giebel der überdimensionalen Glashalle "Halle verrière" steht eine Holzskulptur für eine weitere Meisenthaler Erfolgsgeschichte. Sie erzählt vom derzeit bekanntesten Bewohner des Vogesendorfes, Stephan Balkenhol.

Der deutsche Bildhauer mit Weltruf hat Meisenthal vor etwa 10 Jahren für sich entdeckt - als idealen Ort, um in Ruhe zu arbeiten. Er lebt in Berlin, Karlsruhe und Meisenthal. Am Ortsrand hat er sich ein großes, helles Atelier eingerichtet.

Schnell und mit großer Wucht schlägt Balkenhol auf das Holz ein. Er glättet und beschönigt nichts. Das ist sein Stil. Seine Figuren – meist überlebensgroß – sind in Amsterdam, London, Moskau, Tokio und New York... zu sehen. In größeren Abständen macht Balkenhol auch in Meisenthal Ausstellungen.

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Artopie

Gemeinsam mit seiner Ex-Frau hat Stephan Balkenhol mitten in Meisenthal ein ehemaliges Fabrikgebäude gekauft und in ein Kunstzentrum umgebaut. Bildhauer, Maler, Autoren, Musiker, Theatermacher können hier für einige Zeit leben und arbeiten. Die Werke, die dabei entstehen, werden am Ende des Aufenthaltes in Ausstellungen präsentiert. Es finden aber auch Workshops statt und Theateraufführungen in Lothringer Regionalsprache.

Artopie: 6, rue de la Poste, 57960 Meisenthal, Tel: 0033 3 87 96 94 15, [email protected] , www.artopie-meisenthal.org.

St. Louis-lès-Bitche

Majestätisch liegt die ganz aus rotem Vogesenstein erbaute Kirche Sankt Ludwig auf einem Hügel über dem Ort. Kurz vor 1900 ließ die wohlhabende Familie des damaligen Fabrikbesitzers sie erbauen. Unten im Dorf war es Chemikern etwa 120 Jahre zuvor gelungen, erstmals auf dem europäischen Kontinent Kristall herzustellen.

Eine echte Sensation, dass dieser abgeschiedene Vogesenort der größten Kristallerie Frankreichs seinen Namen gibt – kaum zu glauben. Doch sein königlicher Name steht bis heute für Luxus und Lichtzauber. Die Leuchter von St. Louis hängen in den berühmtesten Königshäusern der Welt. Ihr magischer Glanz entsteht durch den hohen Anteil von Blei im Kristall.

Musée La Grande Place

Kristallmuseum "La Grande Place": Rue Coëtlosquet, 57620 Saint- Louis-lès-Bitche, Tel.: 0033 3 87 06 40 04, Fax: 0033 3 87 06 81 37, [email protected]. www.saint-louis.com.

Wie auf einem Band wandern die Besucher im Museum "La grande place" durch die vier Stockwerke und tauchen ein in eine Welt funkelnder Schätze aus drei Jahrhunderten.

Der Name St. Louis steht für klassische Formen und traditionelles Design. Die Architektur des Museums hat dagegen einen eher nüchternen Charme. Die Sammlung hat in der großen Fabrikhalle ihren idealen Platz gefunden.

Kristallmanufaktur St. Louis-lès-Bitche

Jeden einzelnen Arbeitsschritt können Besucher hier verfolgen. Die Mischung der Rohmasse ist jedoch bis heute ein gut gehütetes Geheimnis. Die Arbeit ist hart und schweißtreibend. Fünf Männer sind erforderlich, um aus einem 20 Kilogramm schweren Kristallklumpen eine prachtvolle Vase zu formen. Jeder von ihnen hat dabei seine ganz eigene Aufgabe.

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Die Erfindung des Luxusgutes Kristall führte in den Vogesen zu kuriosen Lebensbedingungen. Den Arbeitern war es einst bei Strafe verboten, sich weiter als vier Kilometer von St. Louis zu entfernen. So sollte verhindert werden, dass die Geheimnisse der Kristallherstellung in andere Dörfer und zur Konkurrenz gelangten. Schleifern, Graveuren und Polieren war es außerdem verboten, im Garten oder auf dem Feld zu arbeiten. Ihre Hände durften nicht rau und rissig werden.

An der Rezeptur des farbigen Kristalls hat sich seit ihrer Erfindung nicht viel geändert. Noch immer benötigt man für den gelben Schimmer Silber und für den roten sogar echtes Gold.

Wer nach dem Rundgang durch Fabrik und Museum verzaubert ist von Form und Glanz des edlen Kristalls, kann seine Lieblingskreation im angeschlossenen Shop erstehen und mit nach Hause nehmen – vorausgesetzt der Geldbeutel ist gut gefüllt.

Holzschuhmuseum : Amicale du musée du sabot, Tel.: 0033 3 87 96 87 07.

Übernachtungsmöglichkeiten

Hotel-Restaurant "Le Strasbourg": 24, rue Teyssier , 57230 Bitche,Tel.: 0033 3 87 96 00 44, Fax: 0033 3 87 96 11 57, www.le-strasbourg.fr.

Auberge des Mésanges: 2, rue du Tiseur, 57960 Meisenthal, Tel.: 0033 3 87 96 92 28, Fax: 0033 3 87 96 99 14, www.aubergedesmesanges.com.

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