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38 Thema Olympiahalle Bauwelt 29--30 | 2008 Bauwelt 29--30 | 2008 39

dem nationalen Schwimmstadion, welches, zusammen mit Das war ein schwerer Schlag für das Büro Glöckner, aber dem auch nur einen Steinwurf entfernten „Vogelnest“, natür- gleichzeitig die Chance für das hauptsächlich in Beijing agie- lich zuerst ins Zentrum der Betrachtung rückt. Zu Beginn des rende Design Institut BIAD (Beijing Institute of Architectural Jahres 2004 war mit dem Wettbewerbsentwurf der Versuch Design), welches auch schon in der bisherigen Planungsphase unternommen worden, ein gleichwertiger Teil des Triumvi- für die Group als lokales Design Institut (LDI) gedient rats Schwimmstadion, und Olympiahalle zu hatte. In kürzester Zeit fand nun eine weitere Überarbeitung werden. Der 1. Preis im Wettbewerb für die Olympiahalle ging des Entwurfs statt, das heißt, sowohl das Büro Glöckner als an das Büro Glöckner aus Nürnberg, welches dann zusammen auch das BIAD entwickelten einen komplett neuen Entwurf. mit der Obermeyer Planen und Beraten GmbH und der Olym- Die Überarbeitung folgte zwei wesentlichen Kriterien: erstens pia Park München GmbH ein Konsortium bildete, die Munich der Reduzierung der Flächen und Kubatur, um geringere Kos- Weshalb die Olympiahalle nur Group. Unter einer organisch geformten Gebäudehülle, die ten und höhere Wirtschaftlichkeit zu erzielen, und zweitens von oben betrachtet der Gestalt der Zahl „8“ ähnelte, befanden der Vereinfachung der Außenhülle und ihrer Konstruktion – missraten konnte sich die Hauptarena (für Handball, Turnen und Gymnastik) allerdings unter Beibehaltung ihrer architektonischen Signifi- und die Aufwärmhalle. Der Eingangsbereich lag im Osten, un- kanz. Beide Entwürfe hatten mit dem Ursprungsentwurf nicht Text: Binke Lenhardt ter einer weiteren Ausbuchtung, die die pure Form der „8“ al- mehr viel zu tun. lerdings etwas abschwächte. Nachts sollte der Baukörper von Da es sich um ein Olympiaprojekt handelt, hatte zudem innen heraus leuchten und die grünliche, aus Glasfaser ver- das Stadtplanungsamt Entscheidungsgewalt und nicht der stärktem Kunststoff (GFK) bestehende Fassade betonen, die Bauherr selbst; möglicherweise ein Vorteil für das BIAD, wel-

Renderings der Wettbewerbs- Entwurf fassung der Olympiahalle BIAD (Glöckner Architekten mit Beijing Urban Engineering Obermeyer Planen und Bera- Design & Research Institute ten und Mün- Munich Group chen) und der letztlich reali- sierten Fassung (Beijing In- Projektarchitekt stitute of Architecture and Wang Bing Design mit Munich Group) von außen und von innen. Beide Projektingenieur Entwürfe haben hinsichtlich Qin Yang der architektonischen Per- formance so gut wie nichts Mitarbeiter miteinander zu schaffen. Chen Xiamin, Kang Xiaoli, Fu Zhiyi, Chen Erjiang, Jin Lu, Zheng Yu, Wang Tong, Liu Qian, Lou Zquan

Dass die in Architekturwettbewerben mit ersten Preisen aus- merz- und Konferenzbereich, der mit dem Hallenbereich dar- sich wie eine Haut über die „Muskeln, Sehnen und Adern“ dar- ches unmittelbarer Nachbar des Stadtplanungsamtes ist. Sie gezeichneten Entwürfe in der Realisierung oft nicht wiederzu- unter visuell verbunden war, wurde aber völlig abgeändert, unter legen sollte. Die Acht gilt in China als Glückszahl. Zur sind nur durch einen Gartenzaun voneinander getrennt. Beide erkennen sind, und dies gilt besonders für China, ist mittler- und auch das Konzept der Display-Fassade wurde aufgegeben. Freude der Chinesen finden die Spiele diesmal im eigenen Institutionen pflegen traditionell gute Verbindungen. Der Zu- weile nichts Neues mehr. Im Laufe des Planungs- und Bau- Wesentliche Merkmale des Designs gingen so verloren. Sicher Land statt, dazu auch noch im Jahr 2008, und sie beginnen just schlag jedenfalls ging an das BIAD. Der neue Entwurf bestand prozes ses wandelt sich der Entwurf auf rätselhafte Weise. Das hatte man, wie auch bei fast allen anderen Sportstätten im am 8.8. um 8 Uhr 8 Minuten und 8 Sekunden. aus einem gleichförmigen Gebäudekörper, mit einer sehr ge- schlimmste Szenario: von der ursprünglichen Idee ist nichts Zuge der Planungen für die Olympischen Spiele 2008, mit Ein- Aber wie kam es dazu, dass die gebaute Olympiahalle wöhnlichen Stahl- und Glasfassade und einem leicht wellen- übrig geblieben. Oder ist das vielleicht das günstigere Szena- sparungen zu kämpfen, aber vielleicht waren ja auch lokale nun so stark vom Wettbewerbsentwurf abweicht? Die Web- förmig ausgebildeten Dach darüber. In der Vertiefungsphase rio? Ist es womöglich nicht sogar besser, man wird als auslän- Kräfte am Werk. Jeder ausländische Architekt, der in China site des Büros Glöckner gibt wenig Auskunft darüber, aber es des Entwurfs, die das BIAD nun unabhängig bewältigte, kam discher Architekt gar nicht mehr mit einem Entwurf oder der bauen will, muss einen chinesischen Partner, meist ein staatli- ist viel Bildmaterial zu finden über die realisierte Halle, in das Büro Glöckner doch noch einmal ins Spiel, denn bei der Verwirklichung eines Entwurfes in Zusammenhang gebracht, ches Designinstitut hinzuziehen und hat dabei nicht einmal deren Planung und Bauprozess das Büro Glöckner irgendwie Disposition der Innenräume und der Gestaltung des Eingangs- weil das gebaute Resultat eben nichts mehr mit dem Original- die freie Wahl. Die Institute haben eine bessere Lobby vor Ort, involviert gewesen zu sein scheint. Bilder von der Baustelle bereichs wurde sein Wettbewerbskonzept verwertet. entwurf gemein hat? guten Kontakt zu den Bauherren, aber vor allen Dingen zu den und Fassadendetails können heruntergeladen werden. Leider Langsam kommt also etwas Licht ins Dunkel, trotzdem Wie war das mit der Basketballhalle für die Olympischen Behörden – und auch sie kämpfen natürlich um Ruhm und ähnelt die olympische Halle mit ihrem wellenförmigen Dach bleiben Fragen offen. Klar ist, dass die Hauptbeteiligten im je- Spiele? Der ursprüngliche Entwurf war von den Architekten Ehre bei großen Bauaufgaben und möchten bei den Olympia- eher einer Stadthalle in der deutschen Provinz aus den Sech- weils eigenen Land ihre jeweils eigene Geschichte zur Genese Burckhardt und Partner aus der Schweiz vorgelegt worden. bauten im eigenen Land nicht nur mitbeteiligt, sondern feder- zigern. Unmittelbar nach dem Wettbewerbsentscheid musste des Gebäudes erzählen. Und ganz ehrlich gesagt, wer interes- Wie alle anderen ausländischen Büros mussten auch sie sich führend sein. der Entwurf überarbeitet werden, aus Kostengründen vor al- siert sich denn wirklich für die komplizierten Verästelungen dann auf die Zusammenarbeit mit einem lokalen Designinsti- Das Nationale oder die Olympiahalle, um lem. Das Raumprogramm wurde verkleinert, und für die Fiber- eines undurchsichtigen Planungsprozesses und dafür, wie die tut (kurz LDI) einlassen, welches für die Planung vor Ort zu- die es hier hauptsächlich gehen soll, befindet sich im nördli- glasfassade wurden Varianten entwickelt. Im Sommer 2004 Olympiahalle in Beijing letzten Endes aussieht? Wichtig ist ständig war. Nur die äußere Form und die Größe erinnern viel- chen Beijing im Olympiapark. Das Gebäude muss schon durch wurde der angepasste Entwurf nochmals vorgestellt. Er hielt doch, dass man als Architekt behaupten kann, man habe die leicht noch an den originalen Entwurf. Das Innenraumkonzept seinen Standort sehr um Aufmerksamkeit ringen, es liegt, von aber der erneuten chinesischen Expertenbewertung nicht stand Olympiahalle gebaut. Dabei sein ist alles. Und das ist dann mit einem sich über der Basketballhalle befindenden Kom- der vierten Ringstraße aus gesehen, etwas unglücklich hinter und musste letztlich vollkommen aufgegeben werden. doch einmal ein olympisches Motto. 40 Thema Olympiahalle Bauwelt 29--30 | 2008 Bauwelt 29--30 | 2008 41

Noch einmal: Wettbewerbs- fassung (2004) und Veröf- fentlichungspläne aus Archi- creation (7/2007).

Grundriss Ebene 1 ( Wettbe- werb), Grundriss Ebene 7 (Realisierung) und Schnitte 1:1000