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Film und Psychoanalyse – Verwandlungen

Vom ersten Schrei bis zum letzten Seufzer bestimmt durch einen Computeralgorithmus sein Chromosomen - Verwandlung unser Leben. In der Kindheit noch trium - satz mit dem einer Fliege fusioniert, die unbemerkt in phal erlebt, wird sie in der Jugend zum drohenden Iden - die Maschine hineingeriet. Eine Unachtsamkeit mit titätsverlust, der Urängste und Horrorgefühle freisetzt, katastrophalen Folgen. Seine langsame mentale und aber auch das Hochgefühl der Erneuerung. Im Alter ge - physische Verwandlung in ein monströses Hybrid aus rinnt sie zur Angst vor der ultimativen Verwandlung des Mensch und Fliege ist filmisch spektakulär und emo- Individuums, dem Tod. Auf dem langen Weg dahin stel - tional bewegend. Der Zuschauer gerät in ein Gefühls - len wir allerlei innere und (nicht nur erfreuliche) äußere chaos aus Abscheu und Mitleid und erlebt in den Vi- Wandlungen an uns fest. Von Ovids Metamorphosen sionen des Regisseurs, was »Fatalität« bedeutet. Der über Kafkas Käfer bis zu Frankensteins Monster und wahre Horror, bekannte Cronenberg, sei der tägliche den Transformers haben sich Literatur, Film und Me - Blick in den Spiegel, da er den Alterungsprozess und dien immer wieder mit dem Faszinosum der Verwand - damit die unaufhaltsame Verwandlung zum Tode hin e s y

lung auseinandergesetzt. Die ausgewählten Filme der zeige. Und: »Jede Kunst ist im Grunde eine Untersu - l a

Staffel, die nicht zufällig mehrfach dem fantastischen chung der conditio humana«. n a

Genre angehören, zeigen die Wandlung des Verwand - ▶ Sonntag, 16. Oktober 2016, 17.30 Uhr | Einführung: o h c lungsthemas in den letzten Jahrzehnten, sowohl in Salek Kutschinski y s P

Form und Inhalt als auch in Bezug auf gesellschaftliche d

Veränderungen, die die künstlerische Vision inspirieren. Black Swan | USA 2010 | R: Darren Aronofsky | B: And - n u Eine filmpsychoanaly tische Interpretation wird dabei res Heinz, Mark Heyman | K: Matthew Libatique | M: m l i herauszuarbeiten suchen: Welche Verwandlung(en) su - Clint Mansell | D: , Vincent Cassel, Mila F chen wir in der Dunkelkammer des Kinos, in der wir Kunis, , Wynona Ryder | 108 min | eine Zeit lang ein anderer sein dürfen? OmU | Nina Sayers ist Primaballerina einer New Yorker 39 Salek Kutschinski Ballett-Company. Sie hat die große Chance, bei einer Neuinszenierung von »Schwanensee« die Doppelrolle The Fly (Die Fliege) | Kanada 1986 | R: David Cronen - des weißen und schwarzen Schwans tanzen zu dürfen. berg | B: David Cronenberg, Charles Edward Pogue, Nina lebt mit ihrer verbissen-ehrgeizigen Mutter zusam - nach der Erzählung von George Langelaan | K: Mark men, einer ehemaligen Tänzerin. Die klaustrophobisch- Irwin | M: Howard Shore | D: Jeff Goldblum, Geena enge Welt der beiden, in der das Leben dem Ballett bis Davis, John Getz, Joy Boushel, Leslie Carlson | 96 min hin zur Selbstaufgabe unterworfen ist, wird bedroht, als | OmU | Im Remake des gleichnamigen Filmklassikers Nina, mit der Interpretation des sinnlich-leidenschaf - aus den 1950er Jahren spielt der junge Jeff Goldblum tlichen schwarzen Schwans kämpfend, ihrer »verbote - einen Wissenschaftler, dem im kühnen Eigenversuch nen« dunklen Seite begegnet, der eigenen Triebhaftig - erstmalig eine Teleportation gelingt. Dabei wird jedoch keit und Sexualität. Immer mehr gerät die junge Frau in N A W S

K c A l B eine Identitätsverwirrung, die von ihrem provozierend- (Der Mieter) | Frankreich 1976 | R: Roman erregenden Lehrer ebenso geschürt wird wie von der Polanski | B: Gérard Brach, , nach dem lasziven Tänzerin Lily. Aronofsky führt den Zuschauer Roman von Roland Topor | K: Sven Nykvist | M: Philippe zunehmend vom äußeren Geschehen des Balletts in Sarde | D: Roman Polanski, , Melvyn Dou - die Psyche Ninas, in der die Grenzen der Realität zu ver - glas, , Shelley Winters | 125 min | engl. OF schwimmen beginnen. | Das Thema Verwandlung hat seine berühmteste litera - ▶ Sonntag, 20. November 2016, 17.30 Uhr | Einführung: rische Vollendung in der gleichnamigen Erzählung von Eva Friedrich, Irmgard Nagel Franz Kafka gefunden. Der Eindruck des Kafkaesken, des Klaustrophobischen, der Unentrinnbarkeit, der kon - In einem Jahr mit 13 Monden | BRD 1978 | R+B+K: trollierenden Blicke, ist eine zentrale Erfahrung, die der | M: Peer Raben | D: Volker Zuschauer beim Sehen von Polanskis Film macht. Der Spengler, Ingrid Caven, Gottfried John, Elisabeth Trisse - vom Regisseur selbst gespielte Protagonist geht als naar, Eva Mattes, Günther Kaufmann | 124 min | Der Mieter einer Wohnung in einem heruntergekommenen Film, einer der persönlichsten und radikalsten von Fass - Pariser Innenhof unaufhaltsam einem Suizid entgegen e

s binder, erzählt die letzten Tage im Leben von Erwin/El - – so wie die Vormieterin. Im Versuch, die rigide Haus - y l

a vira (gespielt von ), einem Transsexuel - ordnung zunächst zu umgehen, dann ihren Sinn zu ver - n

a len, der weder mit sich zurechtkommt, noch mit denen, stehen, um sich ihr schließlich zu unterwerfen, erinnert o h

c er an Josef K. in Kafkas »Der Prozess«. Handelt es sich y

s hier nur um die Darstellung des schleichenden Beginns P

d und Verlaufs einer Psychose? Oder unternimmt der n u

Film, in dem die Grenzen von Innen und Außen, von m l

i Projektion und Realität verschwimmen, nicht auch die F Bebilderung eines Zustands, in dem wir uns als Zu - 40 schauer selbst wiederfinden können? ▶ Sonntag, 15. Januar 2017, 17.30 Uhr | Einführung: Katharina Leube-Sonnleitner, Corinna Wernz

Cat People (Katzenmenschen) | USA 1982 | R: Paul Schrader | B: Alan Ormsby | K: John Bailey | M: Giorgio Moroder | D: Nastassja Kinski, Malcolm McDowell, John Heard, Annette O’Toole, Ruby Dee | 118 min | OmU | Nach vielen Jahren hat Paul seine getrennt von ihm aufgewachsene jüngere Schwester Irena ausfindig gemacht und zu sich nach New Orleans geholt. Er weiht sie in das Familiengeheimnis ein: Irena sei wie er ein Katzenmensch und könne nur im von ihm drängend geforderten Inzest gefahrlos Sex haben. Sonst würde sie sich nach dem Akt in einen schwarzen Panther ver - wandeln und ihre Menschengestalt erst wieder zurück - von denen er geliebt werden möchte. Auch die ultima - gewinnen, wenn sie getötet habe. Der oft düstere, mit tive Verwandlung seines Körpers vom Mann zur Frau vielen monochromen und traumartigen Nachtaufnah - bringt nicht die ersehnte Liebes-Rettung. Die Verwand - men durchsetzte Film ist ein Remake von Jaques Tour - lung des Körpers des Protagonisten, aber auch die der neurs gleichnamigem Klassiker, die auch dort hand - Atmosphäre der »Müll-Tod-Stadt Frankfurt« in den lungsbestimmende sexuelle Fantasie wurde um das 1970er Jahren, Anpassungssucht und Verachtung der Inzestthema erweitert. Die im Remake heraufbeschwo - Figuren, Grausamkeit und Ausbeutung des »Systems« rene Verbindung von erwachender weiblicher Sexua - ergeben im Film ein Panoptikum, in dem die künstliche lität und mörderischer Gefahr wurde als konservativer Verwandlung als Metapher des Scheiterns subjektiver filmischer Abwehrreflex gegen die damals erstarkende Inszenierungen gezeigt wird. Frauenbewegung kritisiert. ▶ Sonntag, 11. Dezember 2016, 17.30 Uhr | Einführung: ▶ Sonntag, 19. Februar 2017, 17.30 Uhr | Einführung: Mathias Lohmer Matthias Baumgart