...... x539 media perspektiven 10/2009 Welche Rolle das Instrument des Programmdialogs Rolle des Programm- Erfahrungen mit dem zentralen in diesem Zusammenhang spielt, ist unter ande- dialogs bei der Qualitätsinstrument rem in den Leitlinien für die Programmgestaltung kontinuierlichen des NDR 2009/2010 zusammengefasst: „In den Qualitätssicherung U Der Programmdialog kommenden Jahren muss das NDR Fernsehen mit den sich rasant beschleunigenden Veränderungen im NDR Fernsehen des Fernsehmarktes Schritt halten. Dies wird vor Von Anja Würzberg* allem durch intensive Überprüfung und beständige Modernisierung der Regelformate geschehen. Da- für ist unter anderem das Instrument des Pro- Anknüpfung an Das NDR Fernsehen hat sich der Herausforderung grammdialogs geschaffen worden, das den regel- Erfahrungen anderer gestellt, ein systematisches Qualitätsmanagement mäßigen Austausch mit den Redaktionen über die Rundfunkanstalten einzuführen, das von der konstruktiven Gesprächs- Formate zum Inhalt hat.“ (8) bereitschaft aller Beteiligten lebt: der „Programm- dialog“ – initiiert und geleitet vom Programm- Das Qualitätsinstrument Programmdialog bereich NDR Fernsehen und Koordination. An- „Lasst uns über das Programm reden“: Das ist – Ziele des knüpfend an die jahrelangen Erfahrungen von kurz gesagt – das Anliegen des Programmdialogs. Programmdialogs WDR (1), hr (2), SWR (3), RBB, BR, und Er unterstützt die Redaktionen dabei, ihre Arbeit Schweizer Fernsehen (4) wird im Programmdialog zielgerichtet und professionell auszuüben und zu des NDR Fernsehens der Schwerpunkt auf einen bewerten. Hier treffen die Verantwortlichen für ein professionellen kollegialen Schulterblick durch in- bestimmtes Format im Rahmen eines formalisier- terne und externe Kritiker gelegt, ohne dabei die ten und strukturierten Diskussionsprozesses ver- Zuschauerforschung aus den Augen zu verlieren. bindliche und nachprüfbare Verabredungen zur Seit nunmehr einem Jahr gewährleistet der Steigerung von Qualität und Quote und schärfen Programmdialog einen kontinuierlichen Austausch das Profil ihrer Sendung. Diese konkreten Verabre- zwischen Redaktionen und Direktion über die dungen sollen den Programmverantwortlichen im Regelsendungen mit dem Ziel, Qualität und Akzep- redaktionellen Alltag helfen, indem sie die tägliche tanz der einzelnen Formate zu optimieren und das Arbeit von Grundsatzdiskussionen entlasten. Profil des NDR Fernsehens im Rahmen des Mar- kenleitbildprozesses zu schärfen. Hierzu wird für Möglichst einmal pro Jahr durchläuft jede Redak- Jede Regelsendung jede Redaktion einer Regelsendung einmal pro tion einer Regelsendung im NDR Fernsehen einen wird einmal im Jahr Jahr ein Workshop organisiert, an dem neben Re- Programmdialog, der als eintägiger Workshop mit geprüft daktion, Fernsehdirektion und Medienforschung intensiver Vor- und Nachbereitung angelegt ist. auch interne und externe Kritiker teilnehmen. Rund 25 Programmdialoge, in denen jeweils eine Mittlerweise haben gut 20 solcher Programmdialo- Regelsendung besprochen wird, organisiert der ge im NDR Fernsehen stattgefunden – Anlass für Programmbereich NDR Fernsehen und Koordina- eine erste Zwischenbilanz. tion pro Jahr. Hinzu kommen die als „Hausbe- suche“ bezeichneten neu eingeführten Nachbespre- Rundfunkpolitische Rahmenbedingungen chungen in kleinerer Runde nach jeweils sechs Kompetenzvorsprung Der öffentlich-rechtliche Rundfunk vergewissert Monaten. Grundlage der Programmdialoge sind in des ö.-r. Rundfunks sich angesichts neuer Mitbewerber seiner Rolle als der Regel vier Ausgaben der jeweiligen Sendung, im Wettbewerb Qualitätsanbieter in der Medienlandschaft und prä- die den internen und externen Kritikern sowie sichern und ausbauen zisiert seine Alleinstellungsmerkmale, indem er allen weiteren Teilnehmern des Workshops zur sein Profil schärft. (5) Auch der NDR legt deshalb Sichtung vorab zur Verfügung gestellt werden. großen Wert auf eine Weiterentwicklung des syste- In der konstruktiven Atmosphäre des Work- matischen Qualitätsmanagements. So heißt es in shops soll vertrauensvoll und ungezwungen auf die den Leitsätzen des NDR: „Der NDR ist in Nord- Meinung Dritter gehört werden. Diese „Dritten“ deutschland durch seine Funkhäuser, Studios, sind in erster Linie die internen und externen Kri- Korrespondentenbüros und Sender fest verankert. tiker, die offen und ehrlich – manchmal auch pola- Er erfüllt seine Aufgaben für die Regionen durch risierend – der Redaktion, den Abteilungs- und umfassende Programme hoher Qualität. Glaubwür- Programmbereichsleitern sowie dem Direktor des digkeit, Professionalität und programmliche Viel- NDR Fernsehens ihre Meinung zu den vier ausge- falt begründen einen Kompetenzvorsprung, den es wählten Ausgaben der jeweiligen Sendung präsen- zu wahren und auszubauen gilt.“ (6) NDR-Inten- tieren. Die ergebnisorientierte Moderation des dant Lutz Marmor betonte jüngst den Anspruch Workshops gewährleistet, dass es immer um die auf kontinuierliche Qualitätssicherung folgender- Sache (und nicht um persönliche Befindlichkeiten) maßen: „Wir haben den Auftrag, die Menschen so- geht. Schließlich lautet das Ziel aller Beteiligten: wohl zu unterhalten als auch zu informieren. Wir das Programm noch besser zu machen. wollen bestmögliche Qualität bieten und müssen uns auch selbst immer wieder kritisch fragen, ob wir uns genug Mühe geben und wo wir noch bes- ser werden können.“ (7)

...... ** NDR Programmdirektion Fernsehen. Anja Würzberg media perspektiven 10/2009 x540 ...... Vorbereitung des Der Programmdialog wird von der Abteilung Pla- ten“ zu vermeiden und andererseits Medienprofis Programmdialogs nung, Entwicklung, Innovation im Programm- auszuwählen, deren Feedback die Redaktion ak- bereich NDR Fernsehen und Koordination vorbe- zeptiert und deren konkrete Verbesserungsvor- reitet. Im Rahmen eines ersten Gesprächs mit der schläge im Alltag umgesetzt werden können. Die Redaktion wird das Instrument vorgestellt bzw. Zusammenführung von Zuschauersicht (Medienfor- an den vorausgegangenen Programmdialog ange- schung) und professionellem Feedback (Kritiker) knüpft. Dieses Vorbereitungsgespräch ist auch des- im Programmdialog hat sich aus Redaktionssicht halb wichtig, weil hier schon genauere Vorstellun- als hilfreich und effektiv erwiesen. gen darüber gewonnen werden, wo die Redaktion aktuell steht und welche Themen und Rahmen- Durchführung des Programmdialogs bedingungen sie beschäftigen. Zuweilen ergeben Kern des Programmdialogs ist der eintägige Work- Eintägiger Workshop sich aus diesem Vorgespräch auch konkrete Fragen shop, an dem neben den für die jeweilige Sendung bildet Kern des an die Medienforschung, die noch im Vorfeld abge- verantwortlichen Redakteuren und ihren Vorge- Instruments klärt und dann im Rahmen des Programmdialogs setzten auch der zuständige Produktionsleiter und erörtert werden können. die programmprägenden freien Mitarbeiter sowie gegebenenfalls der Fernsehdirektor teilnehmen. Redaktion beschreibt Die Redaktion gibt vor dem Programmdialog in Der Programmdialog wird von der zuständigen Selbstverständnis einem Fragebogen Auskunft zu ihrem Selbstver- Redakteurin aus der federführenden Abteilung und Kosten der ständnis, den Kosten der Sendung und den infra- Planung, Entwicklung, Innovation moderiert. Nach Sendung sowie strukturellen Rahmenbedingungen. Beispiele für einer kurzen Einführung präsentiert die Medien- infrastrukturelle das Selbstverständnis der Redaktion sind: „Die forschung auf der Basis der GfK-Daten sowie (im Rahmenbedingungen Sendung bietet dem Zuschauer das, was er wirk- Ausnahmefall) auf der Basis von zusätzlichen, vor- lich gebrauchen kann. Wertvolle Informationen für ab durchgeführten Studien die aktuellen Akzep- mündige Bürger und kritische Verbraucher, seriöse tanzdaten für die Sendung, vergleicht sie mit den Tests von Produkten und Dienstleistungen, zahlrei- entsprechenden Zeiträumen in der Vergangenheit, che Tipps (in der Sendung und im Internet), die weist auf Entwicklungen hin und ordnet die Er- wirklich Zeit, Geld und Nerven sparen ...“ oder: kenntnisse ein. „Den Ostseeraum in seiner ganzen Vielfalt ab- Erwünschtermaßen ergeben sich aus dieser bilden; durch spannende Hintergrundgeschichten Präsentation Rückfragen der Redaktion an die Me- und Reportagen Einblicke vermitteln in die Kultur, dienforschung, die zum Teil in den Beschluss mün- die Landschaft und vor allem das Leben der Men- den, weiterführende Studien durchzuführen. So schen in ihren ganz besonderen Lebensumständen: wurde beispielsweise aufgrund eines Programm- als Rahmen-„Handlung“ geht der Vor-Ort-Mode- dialogs eine Studie darüber in Auftrag gegeben, rator dabei in einem ausgewählten Mikrokosmos welche grundsätzlichen Sehmotive mit einer Doku- (Landstrich/Stadt/Insel/Schiff etc.) auf Entdeckungs- mentationsreihe bedient werden und auf welche tour ...“ inhaltlichen sowie kommunikativen Elemente bei Gleichzeitig gibt die Redaktion in diesem Fra- jeder einzelnen Ausgabe mit Blick auf die Marken- gebogen auch Auskunft über die selbst identifizier- führung geachtet werden muss. Das Redaktions- ten Optimierungsmöglichkeiten der Sendung. Ein team einer anderen Sendung hat nach einem Pro- Beispiel für einen Optimierungsansatz ist: „Nieder- grammdialog untersuchen lassen, welche Kriterien sachsen stärker bespielen, Beiträge insgesamt noch bei der Auswahl der Studiogäste zu beachten sind. stärker regional verankern und investigativ für Ge- Diese Variante der gezielten Zuschauerfor- sprächsstoff sorgen.“ schung im Anschluss an den Programmdialog hat sich für den NDR als ressourcenschonender he- Wahl eines Die Abteilung Planung, Entwicklung, Innovation rausgestellt als aufwändige, standardisierte Studien externen und eines wählt einen namhaften externen Kritiker aus. Vor- im Vorfeld des Programmdialogs. internen Kritikers aussetzung für die Wahl ist, dass dieser Kritiker fachlich für die Redaktion ein attraktiver Ge- Anschließend präsentiert die Redaktion ihr Selbst- Wahrnehmungen sprächspartner ist, zum Beispiel der Chefredakteur verständnis und die aktuellen Herausforderungen der Redaktion und oder Fachredakteur einer thematisch verwandten ergänzend zum Fragebogen. Diese Herausforderun- der Kritiker Zeitschrift, einer anderen Rundfunkanstalt oder gen bestehen beispielsweise in einem Nachlassen einer Fernsehproduktionsfirma. der Quote, einer Veränderung der Rahmenbedin- Der interne Kritiker hingegen ist in einem an- gungen oder einer personellen Veränderung im Re- deren NDR Programmbereich tätig und hinsicht- daktionsteam. An dieser Stelle ist aber auch Raum lich Professionalität, Analysefähigkeit und Interes- für die Präsentation erfolgreicher Programmideen se für das zu sichtende Format besonders geeignet. und neuer Sendungselemente. Durch die Einbindung von Kollegen aus den Nun präsentiert der interne Kritiker (9) seine Landesfunkhäusern bei Programmdialogen der Wahrnehmung der von ihm gesichteten Sendung- Zentrale und umgekehrt hat das kollegiale Mitein- en. Er betrachtet – je nach Genre – die unter- ander bereits merklich profitiert. schiedlichen Elemente der Sendung wie zum Bei- Die Herausforderung bei der Auswahl der Kri- spiel: Thema/Themenzugriff, Titel, Protagonist/Pro- tiker besteht darin, einerseits „Gefälligkeitsgutach- zess, Sprecher, Einstieg/Ausstieg, Bau, Spannungs- bogen, Text/Texthaltung, Bild- und Formensprache, sowie Studiogast, Moderation, Reihenfolge der Bei- träge etc. Bei der Bewertung dieser Elemente spie- Der Programmdialog im NDR Fernsehen ...... x541 media perspektiven 10/2009 len die eingeführten und in der internen Kritikkul- Drei Beispiele für Programmdialoge tur des NDR langjährig bewährten Qualitätskrite- Welche konkreten Ergebnisse haben die bisherigen rien wie Relevanz, Verständlichkeit, Wahrheit und Programmdialoge im NDR Fernsehen gebracht? Objektivität (bei Formaten wie z. B. Nachrichten- Welche Veränderungsprozesse konnten angestoßen und Servicemagazinen) sowie beispielsweise Gast- werden? Wie hat sich dieses Qualitätsinstrument geberqualität des Moderators, Unterhaltsamkeit, auf die Zuschauerakzeptanz ausgewirkt? Hierzu Originalität, Dramaturgie (z. B. bei Talkshows und sollen im Folgenden drei Beispiele dargestellt wer- anderen Unterhaltungssendungen) eine wichtige den: Rolle. Zuweilen verbinden die Kritiker ihr Feed- back zudem mit konkreten Erfahrungen und An- Eine wöchentlich ausgestrahlte Magazinsendung Neuausrichtung einer regungen aus dem eigenen redaktionellen Alltag. im NDR Fernsehen hatte einige Monate vor dem Magazinsendung Anschließend kommt der externe Kritiker zu Programmdialog mit einer konsequenten Neuaus- unterstützt Wort. Die Kombination der beiden Wahrnehmun- richtung begonnen. Die Redaktion hatte bereits er- gen spiegelt die gesamte Bandbreite des (professio- kannt, dass das Profil der Sendung zu diffus und nellen) Feedbacks. Auf die Perspektive des Zu- austauschbar war. Im Programmdialog konnte die- schauers kann an dieser Stelle verzichtet werden, ser laufende Prozess aufgegriffen und weiter kon- da sie bereits umfänglich durch die Präsentation kretisiert werden. So wurden unter anderem Kri- der Medienforschung abgedeckt wurde. terien wie Relevanz, Aktualität, Bildstärke und Durch den Einsatz von Kritikern bleibt es nicht Gesprächswert zur Themenauswahl und Sendungs- bei abstrakten Zahlen, sondern es geht primär um dramaturgie entwickelt. Es wurde beschlossen, die den konkreten Kollegenrat. Hier können zudem relevanten Themen künftig am Anfang der Sen- die Vorteile der Stadt als Medienstandort dung zu platzieren. Originäre, selbstrecherchierte ausgespielt werden. Mittlerweile kann der Pro- Geschichten mit Nachrichten- und Gesprächswert grammdialog auf ein großes und weiter wachsen- bekommen zudem Vorrang vor Erklärstücken aus des Netzwerk an Kritikern zurückgreifen. (10) aktuellem Anlass oder Jahrestagen. Weitere Verab- redungen betrafen den Themenüberblick, die Mo- Aus der Redaktion und Hierarchien nehmen die Feedbacks deration sowie die Umschaltzeitpunkte. Programmkritik der Kritiker zur Kenntnis – erfahrungsgemäß mit Das Feedback der Redaktion auf den Pro- erwachsen verbind- großer Offenheit und konstruktivem Interesse – grammdialog war positiv: „Die Wahrnehmung der liche Verabredungen und erarbeiten in der anschließenden Diskussion externen Kritiker hat geholfen, die kollegiale Be- konkrete Umsetzungsmöglichkeiten. Anschließend gleitung war sehr angenehm und fürsorglich und ziehen die Teilnehmer des Programmdialogs eine die Anregungen wurden anschließend mit einem Bilanz und treffen verbindliche Verabredungen. externen Trainer weiter vertieft.“ (11) Auch in dieser Phase ist die Redaktion souveräner und verantwortlicher Gestalter des anvertrauten Ein weiteres Beispiel: Die Redaktion einer werk- Beispiel für Hilfe Sendeplatzes. täglich mehrfach ausgestrahlten Sendung im NDR bei Themenwahl Von der Vorbereitung bis zur Ergebnissicherung Fernsehen bat um einen Programmdialog, weil und redaktionellen handelt es sich beim Programmdialog also um ein das neu zusammengestellte Redaktionsteam bis- Abläufen stark ritualisiertes und institutionalisiertes Vorgehen. lang keine einheitliche Linie in der Bewertung und Dies wird als eine große Stärke des Programm- Gewichtung von potenziellen Themen entwickeln dialogs wahrgenommen, da dadurch persönliche konnte und der redaktionelle Alltag dadurch Befindlichkeiten in den Hintergrund treten und von Grundsatzdiskussionen belastet war. Im Pro- (Selbst-)Kritik erfahrungsgemäß leichterfällt. grammdialog konnten auf der Grundlage der Kri- tikerfeedbacks konkrete Verabredungen getroffen „Hausbesuch“ Der Fernsehdirektor des NDR, Frank Beckmann, werden. Die Verabredungen bezogen sich unter an- nach sechs Monaten hat das Instrument des Programmdialogs nach der derem auf die Zahl der Beiträge, die Kriterien für Pilotphase durch die Erhöhung der Veranstaltungs- die Themenauswahl und -gewichtung sowie Vor- zahl sowie die Neueinführung der so genannten spann, Themenübersicht, Studioausstattung und „Hausbesuche“ zusätzlich gestärkt. Durch diese Auf- Kameraführung. Das Feedback des zuständigen wertung ist die Abteilung in der Lage, zwei bis drei Abteilungsleiters auf diesen und zwei weitere Pro- Programmdialoge pro Monat durchzuführen. Die grammdialoge in seiner Abteilung: „Die Pro- neu eingeführten „Hausbesuche“ dienen zudem der grammdialoge für unsere Sendungen waren und Nachhaltigkeit: Dabei wird in einem zweiten Tref- sind erfolgreich gewesen. Zwei Sendungen konn- fen in kleinerer Runde etwa sechs Monate nach ten durch die verabredeten Veränderungen ihre dem Programmdialog überprüft, wie sich die Ver- Akzeptanzwerte steigern.“ (12) Auch bei der dritten abredungen des Programmdialogs auf Redaktions- Sendung in seiner Zuständigkeit habe die Redak- alltag und Sendungen auswirken. In einem Ge- tion bereits kurzfristig einiges umgesetzt: „Ge- spräch zwischen der Redaktion und den zuständigen spräche zum Studio-Design werden derzeit geführt. Vertretern der Abteilung Planung, Entwicklung, Es gibt gerade in der 16-Uhr-Ausgabe sehr positive Innovation werden im Wesentlichen drei Fragen Entwicklungen, da wir häufig einen klaren Ein- beantwortet: „Haben sich die Vereinbarungen posi- schaltimpuls erkennen können.“ (13) tiv auf Qualität und Akzeptanz des Formats ausge- wirkt?“, „Haben die Vereinbarungen Entscheidungs- prozesse im redaktionellen Alltag vereinfacht?“ und: „Wie können wir noch besser werden?“ Anja Würzberg media perspektiven 10/2009 x542 ...... Koordination Bei einem weiteren Programmdialog bestand die sprechend lange, bis die Erkenntnisse aus dem einer dezentral Herausforderung für die Redaktion darin, dass die Programmdialog tatsächlich auf dem Bildschirm hergestellten Sendung von den vier Landesfunkhäusern des umgesetzt werden können. Andere Sendungen Sendung verbessert NDR gemeinsam gestaltet wird. Die Verabredungen haben seit dem Programmdialog erst wenige Aus- des Programmdialogs sollten einige Probleme lösen, gaben ausgestrahlt. In diesen beiden Fällen gibt es die aufgrund dieser komplexen Struktur entstan- keine valide Datenbasis für einen Quotenvergleich den waren. So hat die Redaktion gemeinsam mit vor und nach dem Programmdialog. der Abteilung Planung, Entwicklung, Innovation Hinzu kommt, dass der Programmdialog – wie als Ergebnis des Workshops beschlossen, die Koor- bereits ausgeführt – ein Standardinstrument der dination der dezentral erstellten Beiträge durch Qualitätssicherung ist und sich somit nicht nur auf konkrete Maßnahmen zu optimieren, die unter- die akzeptanzschwachen Formate konzentriert. Bei schiedlichen Erzählweisen und Bildsprachen sanft den in Bezug auf die Quote erfolgreichen Formaten zu formatieren, ein Profil für die Zuschaueranspra- ist es mithin kein Bestandteil der Zielvereinbarun- che zu entwickeln sowie die Qualität der Bilder zu gen, die Akzeptanz zu steigern, sondern sie zu hal- optimieren. Die Redaktion war sechs Monate nach ten. In diesen Fällen ist eine stabile Quote eben- dem Programmdialog „zufrieden mit dem höheren falls als Erfolg zu werten. Niveau der Beiträge“. Das Team sei „deutlich eini- ger“. Und die „Anleitung zum miteinander reden“ In einer vorsichtigen Zwischenbilanz lässt sich Zwischenbilanz sei „sehr hilfreich“ gewesen. (14) gleichwohl sagen, dass von den 20 Formaten, die im Programmdialog bearbeitet wurden, (15) neun Fazit ihre Quote verbessern konnten, sieben stabil blie- Schon nach Im Ergebnis zeigt sich nach einem Jahr Programm- ben und vier in der Akzeptanz nachgelassen haben einem Jahr hohe dialog im NDR Fernsehen, dass die intensive Be- (wobei zwei dieser schwächer gewordenen Sendun- Akzeptanz des schäftigung mit Qualität und Akzeptanz von den gen mittlerweile eingestellt wurden). Einen ergän- Programmdialogs in Redaktionen nach anfänglicher Skepsis mit breiter zenden Blick auf die Bewertung des Programmdia- den Redaktionen Zustimmung und einer konstruktiven Grundhal- logs bietet die Entwicklung der Gesamtakzeptanz tung wahrgenommen wird. Die Redakteurinnen des NDR Fernsehens: Die Quoten des NDR Fern- und Redakteure haben verstanden, dass es sich sehens haben sich in den vergangenen Monaten hierbei nicht um ein Kriseninterventionsmittel für stabilisiert. Der jahrelange Abwärtstrend konnte die „Problemkinder“, sondern um ein Standard- gestoppt werden. (16) instrument der Qualitätssicherung handelt. Exem- plarisch sei auch hier aus der E-Mail eines Redak- Der Programmdialog ist ein universales Instru- Programmdialog tionsleiters nach einem Programmdialog zitiert: ment der Qualitätssicherung, das flexibel für Nach- als Beitrag zur NDR- „Bei Einführung des Programmdialogs war ich richtensendungen, Quizformate, Dokumentationen Unternehmenskultur misstrauisch und dagegen. Nach dem Programm- und Talkshows einsetzbar ist. Deshalb kann es dialog bin ich begeistert und dafür. So schnell auch keinen einheitlichen normativen Qualitätsin- kann’s gehen.“ dex für alle Sendungen geben. (17) Nicht nur die Sendungen, auch der Programm- Als Instrument der Qualitätssicherung ist der dialog selbst soll anhand der Rückmeldungen aus Programmdialog eng mit dem Markenleitbildpro- den Redaktionen einer kontinuierlichen Optimie- zess des Gesamtprogramms verwoben. In diesem, rung unterzogen werden: Nachdem der Programm- ebenfalls vor einem Jahr begonnenen, Prozess wird dialog von der Pilotphase in den Regelbetrieb über- das Markenleitbild des NDR Fernsehens in mehre- führt worden war, wurde die Varianz der Methoden ren Schritten weiterentwickelt und in die Redaktio- zur Diskussionsführung und Ergebnissicherung er- nen getragen. Hier entfaltet der Programmdialog weitert. Außerdem wurde die Nachhaltigkeit durch seine zweite strategische Bedeutung. Denn der die Einführung des „Hausbesuchs“ gestärkt. Durch Markenleitbildprozess wird nur dann seinen Nie- eine Integration des aktuell für das gesamte NDR derschlag im Programm finden, wenn der einzelne Fernsehen entwickelten Markenleitbilds (siehe Redakteur, die einzelne Redakteurin daraus kon- unten) in den Programmdialog soll dieses Instru- krete Folgen für die redaktionellen Entscheidun- ment zusätzlich an Relevanz gewinnen. gen ableiten kann. Diese Konkretisierung des Mar- kenleitbildes für jede einzelne Sendung kann und Langfristig soll Langfristig wird sich der Erfolg des Programmdia- soll der Programmdialog künftig leisten. Quotenentwicklung logs im NDR Fernsehen auch an der Quotenent- Ein Jahr nach dem Start ist der Programmdia- der geprüften wicklung der bearbeiteten Sendungen messen las- log im NDR Fernsehen fest etabliert. Als flexibles Sendungen als sen müssen. Derzeit ist es für eine solche Zwi- Instrument kann der Programmdialog an die aktu- Erfolgskriterium schenbilanz eigentlich noch zu früh. Dafür gibt es ellen Erfordernisse in den Redaktionen angepasst herangezogen werden mehrere Gründe: und um bestimmte Aspekte erweitert werden. Wie Einige Formate haben einen langen Produk- hilfreich dieser kollegiale Blick von außen trotz an- tionsvorlauf. Bei diesen Sendungen dauert es ent- fänglicher Vorbehalte wahrgenommen wird, bringt ein leitender Redakteur in seinem Feedback auf die Neuausrichtung seiner Sendung auf den Punkt: „Das ist doch ein schönes Beispiel für die innova- tive Kraft des Programmdialogs, den viele von uns anfangs argwöhnisch als Folterinstrument aus dem Controlling-Keller gesehen haben!“ Der Programmdialog im NDR Fernsehen ...... x543 media perspektiven 10/2009 Anmerkungen: 6) NDR-Entwicklungsplan 2009, S. 6. 7) Zitiert aus der Rede „Google, YouTube, Spiegel Online – Wer 1) Vgl. Tebert, Miriam: Erfolg durch Qualität. Programmcontrolling braucht noch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk?“ des NDR beim WDR Fernsehen. In: Media Perspektiven 2/2000, S. 85–93. Intendanten Lutz Marmor vom 21. April 2009 im Überseeclub 2) Vgl. Metzger, Jan/Ekkehardt Oehmichen: Qualitätssteuerung im Hamburg. hessen fernsehen. Strategie, Verfahren und erste Erfahrungen. 8) Leitlinien für die Programmgestaltung des NDR 2009/2010, S. 55. In: Media Perspektiven 5/2000, S. 207–212, sowie Oehmichen, 9) Auch wenn hier und an anderen Stellen im Text die männliche Ekkehardt/Hardy Schneider: Qualitätsanforderungen an Fernseh- Form benutzt ist, handelt es sich in vielen Fällen um eine Informationssendungen. Erfahrungen und Ergebnisse der Quali- Kritikerin, Redakteurin etc. tätssteuerung im Hessischen Rundfunk. In: Media Perspektiven 10) So waren bereits Kollegen aus den Verlagen Gruner + Jahr, 1/2008, S. 15–24. dem Jahreszeitenverlag, brand eins, der --Medienakademie, 3) Vgl. Blumers, Marianne: Qualitätskontrolle im SWR. anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, sowie von Ein theoretisches Modell auf dem Weg in den Redaktionsalltag. kommerziellen Sendern und aus dem Kreis freier Produzenten zu In: Media Perspektiven 5/2000, S. 201–206, sowie Blumers, Gast im Programmdialog. Auch ein Kabarettist hat als externer Marianne/Walter Klingler: Fernsehprogramme und ihre Kritiker am Programmdialog für die NDR Satire-Sendung „Extra Bewertung. Das ProgrammBewertungsVerfahren im SWR. 3“ mitgewirkt. In: Media Perspektiven 4/2005, S. 178–183. 11) Zitiert aus einer E-Mail des zuständigen Abteilungsleiters wenige 4) Vgl. Krähenbühl, Peter: Qualitätsbeurteilung im Schweizer Fern- Wochen nach dem Programmdialog. sehen. Das Modell von SF DRS. In: Media Perspektiven 7/2002, 12) Zitiert aus einer E-Mail des zuständigen Abteilungsleiters. S. 314–318. Vgl. ebenso das Pilotprojekt für das Erste Deutsche 13) ebd. Fernsehen: Tebert, Miriam/Christine Gierse: Ein Qualitäts- 14) So das telefonische Feedback des Redaktionsleiters. Controlling für Das Erste. Ergebnisse eines Pilotprojekts. 15) Stand: Juli 2009. In: Media Perspektiven 1/2006, S. 23–31. 16) Stand: Juli 2009. 5) So hat Dr. Klaus Unterberger, der Leiter des ORF Public-Value- 17) Vgl. auch ARD-Programmdirektor Volker Herres in seiner Rede Kompetenzzentrums, Wien, auf dem GVK-Forum (der Fachtagung auf dem 2. GVK-Forum: „Qualität im Fernsehen kann und muss der Gremienvorsitzendenkonferenz für die Mitglieder der Gremi- immer genrespezifisch definiert werden. Die an ein politisches en der ARD) zum Thema „Qualität – machen, messen, managen“ Magazin gesetzten Anforderungen etwa sind mit denen eines in Hamburg am 5. Februar 2009 ausgeführt: „Heftig und leiden- Liebesfilms kaum vergleichbar. (...) So verschieden also die schaftlich wird um Qualität gestritten – nicht bei den privaten, Genres sind, so verschieden müssen auch die Maßstäbe zu ihrer kommerziellen Rundfunkanstalten, sondern bei den Öffentlich- Beurteilung sein.“ Zitiert aus Herres, Volker: Luft zum Atmen.

Rechtlichen, die sich europaweit in einer nachhaltigen Legitima- Fernsehqualität aus der Sicht eines verantwortlichen Programm- tions- und Imagekrise befinden. Sie kann zu einer entscheidenden machers. In: Funkkorrespondenz v. 13.2.2009, S. 3–8, hier S. 6. U Chance werden, wenn die Gelegenheit zu Reform, sichtbarer Innovation und einer Renaissance gemeinwohlorientierter Medienproduktion ergriffen wird. Gefragt ist das öffentlich-recht- liche Profil der Zukunft: Kommunikationsqualität im Auftrag der Gesellschaft, jenseits kommerzieller Interessen und Geschäfts- modelle.“