Auf Entdeckungsreise durch das Brohltal Kultur-, Industrie- und Naturgeschichte von den Schienen der Brohltalbahn aus erschlossen

Beate Elzer-Föhr

„Wenn jemand eine Reise thut, so kann er was leres und Oberes Brohltal) wird von Haltestellen erzählen …“. des historischen Vulkan-Express gestartet. Die Frei nach diesem Motto aus einem Gedicht von vierte Tour führt um den Laacher See, die fünfte Matthias Claudius begeben wir uns auf eine erkundet das Vinxtbachtal. Entdeckungsreise in das in vielerlei Hinsicht Auf den empfehlenswerten Wanderrouten, zu reizvolle Brohltal mit seinem vulkanischen Erbe. denen es einen ausgezeichneten Führer, gute Das als Laacher-See-Gebiet bezeichnete junge Markierungen und Schautafeln an den geolo- Vulkangebiet der Osteifel ist seit langem ein gischen Besonderheiten gibt, kann am Wegrand „Mekka“ für Geologen und Vulkanologen. Der und in den Dörfern auch Historisches, Kultur- Vulkanpark Brohltal / Laacher See wird durch und Wirtschaftsgeschichtliches betrachtet wer- fünf Routen erschlossen, die als Tagesrouten den, denn das Brohltal hat in jeder Hinsicht konzipiert sind. Bei drei Routen (Unteres, Mitt- viel zu bieten.

Der Vulkan-Express unter Dampf auf dem Viadukt am Jägerheim im Brohltal, 2010

110 u Heimatjahrbuch Kreis 2011 Hierzu zählt bereits die historische Schmalspur- bar und für Veranstaltungen der Öffentlichkeit bahn, 1901 eröffnet, durch die das Brohltal für zugänglich zu machen. Auch wird hier durch die dort lebenden Menschen und Besucher, aber einen kleinen wieder belebten Weinberg an die ursprünglich auch für die Industrie- und Ge- ehemalige Weinbautradition des Brohltales er- werbeansiedlungen erschlossen wurde. innert. Der Vulkan-Express ist etwas Besonderes. Er Beim ersten Haltpunkt erblicken wir auf der verkehrt heute zwischen Brohl-Lützing und rechten Seite die Schweppenburg, erbaut 1630 Engeln. Auf einer Strecke von rund 18 km be- bis 1641, unterhalb davon die Schweppenbur- finden sich acht Stationen. Die zu bestimmten ger Mühle (Mosen-Mühle), die heute noch als Zeiten von Dampflokomotiven, in der Regel Getreidemühle mit Wasserkraft und Strom be- aber von Dieselloks, gezogenen Züge bringen trieben wird und nach Voranmeldung besichti- den Besucher mit 20 km/ h voran und bewälti- gt werden kann. Gegenüber ist die Zufahrt zum gen auf der Gesamtstrecke einen Höhenunter- bekannten Tönissteiner Mineralwasserbrun- schied von 398 m. Die Strecke hat das seltene nen, den schon vor 2000 Jahren die Römer Maß von einem Meter Spurbreite. Im Jahr 2006 nutzten. Das gilt auch für den Trassabbau in wurde die schwere Mallet-Dampflokomotive der Umgebung. Landschaftsprägend sind die 11sm der Brohltaleisenbahn als erstes beweg- Trasshöhlen. liches technisches Kulturdenkmal im Kreisge- Über die vierbogige Brücke des Viadukts sowie biet unter Denkmalschutz gestellt. Sie ist die durch den anschließenden fast 100 m langen letzte heute noch erhaltene Dampflokomotive Tunnel geht es weiter nach . Das der alten Brohltalbahn. aus Bruchsteinen und im Fachwerkstil erbaute Unsere Reise führt von Brohl-Lützing, Bahnsta- Bahnhofsgebäude wird gastronomisch genutzt. tion Brohl BE, bis zur heutigen Endstation in In der nahen Wilhelm-Bell-Straße befindet sich Engeln. Es geht vorbei an vielen landschaft- die sogenannte Kaiserhalle, ein Bauwerk aus lichen Schönheiten in dem engen Tal, an Kunst- Leichtbeton, unter Verwendung der heimi- und Kulturdenkmälern, die es zu entdecken gilt schen Baustoffe Lavasand, Trass und Kalk auf und die gesonderte Besuche lohnen. einem Bruchsteinfundament errichtet, über Vom Zug aus wird immer wieder deutlich, dass dem sich eine 10 m hohe Halbkugelkuppel mit diese Landschaft seit Jahrhunderten durch Ge- einem Durchmesser von 20 m befindet. Erbaut werbe und Industrie geprägt worden ist. Hier- wurde das imposante Gebäude in den Jahren zu zählen neben Mühlen u. a. die ehemalige 1895/96. Nach umfangreichen Sanierungsmaß- Papierfabrik in Brohl-Lützing, der Abbau von nahmen in den 1980er Jahren ist es heute in Gestein, Tuff, Trass, Lava, die Nutzung der Mi- einem guten Zustand und wird vor allem bei neralwasservorkommen, der Kohlensäure und Festen als Gaststätte genutzt. Der Straßenname vieles mehr. ehrt übrigens den Erbauer, den experimentier- Auf unserer Bahnfahrt wird somit auch ein freudigen Bauunternehmer und Pionier dieser wichtiges Stück Gewerbe- und Industriege- Bauweise. schichte in diesem kleinen Nebental des Rheines Über dem Ort bildet die Burg mit den anschlie- deutlich. ßenden Gebäuden eine Denkmalzone. Von den Oberhalb des Hafen- und Gewerbeortes Brohl- Herren von Brule im 12. Jahrhundert errichtet, Lützing erblickt man im westlichen Talhang gab sie dem Tal und dem Ort ihren Namen. über der ehemaligen Papierfabrik den großen Die meisten Gebäude stammen aus dem 17. bis Gebäudekomplex der Burg Brohleck. Die An- 19. Jahrhundert. In den letzten Jahren hat das fänge der Burg gehen bis ins Mittelalter zurück. Anwesen einige Eigentümerwechsel erfahren, Seither hat sie eine wechselvolle Geschichte mit wurde teils saniert und für private Zwecke her- zahlreichen baulichen Veränderungen erlebt. gerichtet. Burgbrohl ist zudem seit der ersten Der jetzige Eigentümer restauriert mit viel Lie- Hälfte des 19. Jahrhunderts durch Industriean- be zum Detail den stark vernachlässigten Ge- siedlungen geprägt. Zu den Pionieren gehört bäudebestand, um den Komplex wieder nutz- die heute noch hier ansässige Familie Rhodius,

Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2011 u 111 Blick über das Rodder Maar auf die Burgruine Olbrück, 2010 die auf eine rund 180-jährige Unternehmertra- Ab , das einen „Buhr“ (Sauerbrunnen) dition mit einer breiten Produktpalette zurück- besitzt, beginnt die 5,5 km lange Steilstre-cke blicken kann. der Bahn nach Engeln. Eine kleine Wanderung Auf der gesamten Strecke fallen uns in den Ge- zum renaturierten Rodder Maar bei Niederdü- meinden viele Häuser auf, die aus heimischen, renbach lohnt allemal. meist vulkanischen Steinen errichtet wurden. Über dem Brohltal wacht auf einem Phonolith- Tuffstein, Lavakrotzen unterschiedlicher Fär- kegel die Burgruine Olbrück. Der Ausblick vom bung, Basaltlava, Lavasteine etc. wurden hier Bergfried weit in die Eifel, die Kölner Bucht, als Baustoffe verwendet und von heimischen den Westerwald hinein und auf das Sieben- Steinmetzen und Maurern fachgerecht ver- gebirge ist imposant. Errichtet wurde diese Ei- arbeitet. Auch unter diesem Aspekt lohnt ein felburg um 1100 von den Grafen von Wied. Gang durch die Orte, wobei viele Details regi- 1689 durch die Franzosen zerstört, teilweise onaltypischer Bauweise überraschen. wiedererrichtet, war ihr Schicksal dann nach Vorbei an der großen Lavagrube Herchenberg dem Einmarsch französischer Revolutionsheer bei Burgbrohl-Weiler gelangen wir nach Nie- 1794 besiegelt. Sie zerfiel und wurde als Stein- derzissen, wo der 300 m hohe Vulkankegel bruch genutzt. Die restlichen Gemäuer und der Bausenberg zu einem der besterhaltenen Vul- mächtige Bergfried lassen die einstige Größe kane Europas mit Hufeisencharakter zählt. Dort der Wehranlage erahnen, die besichtigt werden finden sich auch ortstypische Fachwerkhäuser kann und bewirtet ist. neben Bauten des 19. und 20. Jahrhunderts aus Nahe der kleinen Bahnstation liegt am regionaltypischem Vulkangestein. Sehenswert Schellkopf ein Phonolithsteinbruch. Phonolith, ist die über 750 Jahre alte Pfarrkirche St. Ger- ein selten auffindbares Vulkangestein, wird zur manus mit ihrem modernen Erweiterungsbau. Glasherstellung benötigt.

112 u Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2011 Die Zugfahrt endet am neuen Bahnhof En- umrunden kann und Hinweise zu allen Sehens- geln. Der kleine Ort liegt im Naturschutzge- würdigkeiten erhält, von denen hier nur einige biet des Engelner- und Lehrenkopfes und ist beispielhaft aufgezählt sind. Ausgangspunkt der Geopfadroute „Oberes Links und rechts der Bahnstrecke gibt es viel zu Brohltal“. entdecken im Brohltal, in der vom Vulkanismus Von hier aus empfiehlt es sich, auch das durch geprägten und nachfolgend von den Menschen seine Tuffsteinbrüche einst „steinreiche Dorf“ auf vielfältige Weise genutzten Landschaft, die zu besuchen, wo stattliche Häuser aus uns viele Einblicke in die Kultur- und Wirt- diesem heimischen Material zu finden sind. Der schaftsgeschichte unserer Region bietet.

Gast wird überrascht sein ob der architekto- Literatur: nischen Vielfalt. Die handwerkliche Bearbei- - Baaden, Michael: 30 Jahre Vulkan-Expreß. Zum Jubiläum der Brohltal- tung der Vulkangesteine kann mit Erläute- bahn im Jubiläum der Brohltalbahn im Jahre 2007. Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2008, S. 60 – 62. rungen auch im „Schaufenster“ des Steinmetz- - Degen, Kurt: Geschichte der Bodenschätze im Brohltal. Burgbrohl 2001. vereins besichtigt werden, zudem an Beispielen - Dietz, Dr. Wolfgang: 750 Jahre Pfarrkirche . Ein Jubiläum, sein Umfeld und seine Geschichte: In: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler in dem Museum im ehemaligen Bahnhofsge- 2001, S. 81 – 85. bäude von Weibern. - Dietz: Wolfgang: Das Brohltal. Handel, Industrialisierung und verkehrs- Ebenfalls ist der einstige Endpunkt der Brohltal- technische Erschließung. Ein Beitrag zur Wirtschafts- und Strukturge- schichte mit Schwerpunkt auf dem 19. und 20. Jahrhundert. bahn in eine Besichtigung wert, bei 1978. der das Kreuzwäldchen, ein Gang durch den Ort - Distelrath, Gerd: Qualität sichert Erfolg – Gold für Tönissteiner Sprudel. In: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2010, S. 123 – 126 und das architektonische Kleinod Pfarrkirche - Gebrüder Rhodius GmbH + Co.KG (Hrsg.): Gebrüder Rhodius 1827 – nicht ausgelassen werden sollten. 2002.175 Jahre rheinisches Unternehmertum. Burgbrohl 2002. Der interessierte Besucher kann das Brohltal - Müller, Walter / Heinz Schröder: Der Bausenberg. Vulkan und Heimat seltener Pflanzen und Tiere. 2003. auch per Auto, mit dem Rad und per pedes - Müller, Walter: Der Bausenberg im Brohltal. Ein besonderer Vulkanbau erkunden. Die Geo-Pfad-Routen führen den mit einzigartiger Flora und Fauna. In: Heimatjahrbuch Kreis Ahrweiler 2005, S. 72 – 75. Wanderer auf informativ und ansprechend ge- - Röcke, Matthias. Burgen und Schlösser zwischen Ahr und Brohlbach. stalteten Rundwanderstrecken zwischen 9 und Köln 1984. 20 km Länge zu den schönsten Plätzen des Tals. - Tarrach, Jochen: Der Atem vergangener Generationen weht durch Schloss Brohleck. Sabine und Ulrich Liebsch lassen mit der alten Burg das Domi- Zusätzlich gibt es eine 67 km lange Auto- bzw. zil ihrer Vorfahren in neuem Glanz erstrahlen. In Heimatjahrbuch Kreis Fahrradroute, auf der man das gesamte Gebiet Ahrweiler 2008, S. 174 – 177.

Tuffsteinhäuser sind im einstigen Steinmetzdorf Weibern ortsbild- prägend.

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