LENZINGER BERICHTE

Folge 27 Mai 1969

Seite Die besonderen Eigenschaften von HOCHMODUL 333 in ihrer Beziehung zur Faserstruktur Direktor Dr. Hans A. K r j c s i g , Lenzing . 5

Die Eigenschaften von tlOCHMODUL 333 in ihrer Beziehung zum textilen Verhalten dieser modernen Spinnfaser Prof. D~pl.Ing. Wilhelm H c r z o g . Wien . 12

Einsatzmöglichkeiten von HOCHMODUL 333 Prof. Dipl.Ing. Wilhelm H e r z o g . Wien . 23

HOCHMODUL 333 - Verarbeitungshinweise für die Spinnerei Ing. Crnst 11 0 I z m ü n n , Lenzing 28

Veredlung von Artikeln aus 100 % HOCHMODUL 333, sowie solchen aus Mischungen mit Baumwolle bzw. Synthetics Rudolf S e i d I c r , Textiltechniker, Lenzing 36

Maßnahmen zur Verhinderung von streifigen, blendigen oder wolkigen Waren, insbesondere bei heiklen Artikeln Prof. Dipl.lng. Wilhelm H c r z o g , Wien . . . . . 41

Die Herstellung von Chemiezellstoff aus Einjahrespflanzen Dr. Ingrid S c e b a u c r , Lenzing . 46

über Temperaturunterschiede in der Alkalizellulose bei der Faserxanthogenierung Ing. Dag E h r c n g a r d und Dozent Dr. Erich T r e i b c r , Stockholm . 52

Flammfestausrüstung von Polyester-, Vinyl- und Baumwollfasern mit Phosphorverbindungen Professor Dr. Hermann M a r k und Rudolf 2 e I c n k a , Brooklyn/Ncw York . 54 Verbesserung der Gebrauchswerte von Zellwolletextilien durch Kunstharzhochveredlung und/oder durch Zusatz kleiner Mengen an Synthesefasern Dipl.Ing. Tibor R o b i n s o n , Birsfelden bei Basel . . . 56

Neubelebung der textilen Künste durch Chemiefasern Dr. Joseph N ü s s 1 e i n . Frankfurt am Main . . 66 Von der Handstickerei zur Vorarlberger Stickereiindustrie Lucie Harn pel, Wien . . 12

Wirtschaftspolitische Probleme der deutschen Textilindustrie Dr. Hans-Werner S t a r a t z k e , M.d.B., Frankfurt am Main . . . . 88

Sind Belegmuster und Produktionsprotokolle sinnvoll und wirtschaftlich vertretbar? Prof. Dipl.Ing. Wilhelm H e r z o g , Wien ...... 90 Mai 1969 LENZINGEH BERICHTE Folge 27

Die besonderen Eigenschaften von HOCHMODUL Diese Entwicklung hat auch den Fortschritt auf dem Gebiet 333 in ihrer Beziehung zur Faserstruktur textiler Zelluloseregeneratfasern in ständig steigendem Ma- Be befruchtet. Die hochfesten Viskosefasertypen und die Gruppe der sogenannten Modalfasern, zu der die Hochnaß- modul- und die Polynosicfasern zahlen, resultieren weitge- hend aus der Übertragung und Weiterverfolgung der bei die- sen Entwicklungen gewonnenen Erfahrungen. Hiedurch er- hielt die Viskoseregeneratfaser und ihre Anwendung neue Direktor Dr. Hans A. K r ä s s i g Impulse. Chemiefaser Lenzing AG., Lenzing Während diese Entwicklungen zunächst weitgehend von in- dustriellen Praktikern erarbeitet und überwiegend auf empi- rische Weise erzielt wurden, haben sie in der Folge die Wis- senschaftler angeregt, Erklärungen fur die erreichten Eigen- schaftsverbesserungen zu suchen, um gezielte Weiterent- wicklungen zu stimulieren. Die Ergebnisse solcher Unter- suchungen, zu denen wir mit eigenen Studien2) beitrugen, haben gezeigt, daß die gewonnenen Eigenschaftsverbesse- Das Ziel dieser Ausführungen ist es, die strukturellen Besonderheiten rungen durch die spezifischen Veränderungen des struktu- der HOCHMODUL 333-Faser darzustellen. Aus der Kenntnis dieser rellen Aufbaues der Fasern erklärt werden können. Besonderheiten soll das Verständnis der Unterschiede dieser weitcr- ent\vickclten Zclluloseregeneratfascr im Vcrglcich zu anderen neue- Nach den neuesten Erkenntnissen über den strukturellen ren Vtskosefasertvoen vermittelt werden. Aufbau von Chemiefasern im allgemeinen, auf die wir aber i 1 im einzelnen hier nicht eingehen können, kann derselbe in vereinfachter und schematisierter Form, wie in Abbildung 1 gezeigt, dargestellt werden. This articlc describes thc structural characteristics of the HOCH- MODUL 333, thc high wet modulus fiber of Chemiefaser Lenzing AG. From the knowledge of the structrual characteristics an under- standing of the specific properties of this improved regenerated cel- lulose fiber is being derived in comparison with other types of mo- dern viscose fiberr.

Bis zu Beginn der Fünfzigerjahre hatte man allgemein ange- nommen, daß die Möglichkeiten, die Eigenschaften der mit- tels eines Ndspinnverfahrens erzeugten Viskosefasern nach Wunsch zu verändern, begrenzt seien. Man sah darin viel- fach einen der wesentlichen Grunde der Überlegenheit der damals neu aufkommenden thermoplastischen Synthese- fasern. Angespornt durch die sich ständig verschärfende Konkur- renz der Polyamidfasern speziell in technischen Einsatzsek- Abb. 1: Modellvorstellungen über den Aufbau von Fasern toren, wie beispielsweise im Reifenkordgebiet, gelang es den A = Fransenmizellarstruktur Viskosefaserherstellern, diese Annahme erfolgreich zu wi- B = Fransenfibrillarstruktur derlegen. Maßgeblich für diesen Durchbruch war die Er- kenntnis der Wirksamkeit gewisser Viskosezusatzmittel, der sogenannten Modifikatoren, die erstmals durch C o x und Dieses Modell stellt den Faseraufbau als Netzwerk mehr Mitarbeiterl) von der Firma Du Pont de Nemours gewon- oder weniger ausgeprägt definierter morphologischer Einhei- nen wurde. Die Anwendung solcher Zusätze unter optima- ten dar, die aus der Zusammenlagerung von Elementarfibril- len Bedingungen hat zur Entwicklung von Zelluloseregene- len entstanden sind. Diese werden ihrerseits durch die An- ratfasern mit hoher Reißfestigkeit, aber mit der für techni- einanderreihung von Kristalliten gebildet. Je nach dem Ord- nungsgrad durfte die Struktur mehr fransenmizellar oder sche und textile Anwendungen erforderlichen Bruchdeh- nung von etwa 10 7%und mehr geführt. fransenfibrillar sein. Im ersteren Fall wird der Zusammen- halt der morphologischen Einheiten überwiegend durch we- Daraus gingen die modernen Super-Reifenkordtypen hervor, nig geordnete Segmente von Makromolekülen bewirkt. Im die trotz schärfster Konkurrenz und entgegen allen Progno- zweiten Fall sorgen divergierende Elementarfibrillen fm die sen bis heute einen beachtlichen Marktanteil gehalten haben. Bindung des Systems.

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Die mechanisch!en Eigenschaften bzw. das textile Verhalten faserbildenden Polymermolektile allein verantwortlich ist. werden vor allem durch folgende Strukturmerkmale beein- In die Beziehung geht auch die Lange der morphologischen flußt: Einheiten gemäl? der Differenz l/DP,, - I/DP ein. Diese a) die MoleküZlrZngeder die Faser aufbauenden Makromole- Differenz stellt ein direktes Maß der intakten molekularen küle in Verbindung mit der Länge der morphologischen Bindungen dar, die in den Verbrückungsbereichen zwischen Einheiten, die das Netzwerk der Faser bilden, den morphologischen Einheiten vorliegen. Daraus leitet sich zwingend die Schlußfolgerung ab, daß für die mechanischen b) den Orientierungsgrad der morphologischen Einheiten Eigenschaften sowie für das Gebrauchsverhalten von Fasern sowie der verbruckenden Bereiche in bezug auf die Faser- vor allem der Bindungs- und Strukturzustand in diesen über- achse und brückungsbereichen verantwortlich ist. c) die Dichte und Regelmäjigkeit der Packung der Struktur- einheiten innerhalb der Faser, die allgemein auch unter Der Einfluß der Molekülgröße bzw. der Länge der morpho- den Begriffen ,,Ordnungsgrad” bzw. ,,Kristallinität” zu- logischen Einheiten auf die Dehnung konnte gleichfalls sammengefalat werden. nachgewiesen werden. Je größer die Zahl der in den über- gangsbereichen intakten Verbrückurigen ist (d.h. je größer Auf die Methoden zur Bestimmung dieser Strukturparame- die Differenz l/DPm~ - l/DP ist), umso geringer ist die ter kann hier nicht eingegangen werden. Es existieren aber Möglichkeit des gleitenden Nachgebens der morphologischen in der Literatur einige gute Zusammenfassungen darüber3). Einheiten und der sie aufbauenden Fibrillen. Die größere Durch Modellstudien gelang es, den Einfluß der Molekiil- länge, der Orientierung der Struktureinheiten sowie des Ord- Länge der morphologischen Einheiten bewirkt eine steri- sehe Behinderung sowie eine Verringerung der Dehnung, nungsgrades auf die Eigenschaften von Chemiefasern quan- gleichzeitig aber auch eine Erhöhung des Relaxationsvermö- titativ zu erfassen. gens. Der Einjlufl der Molekiilgröj3e der die Faser aufbauenden Der Einfluß des Orientierungsgrades auf die mechanischen Makromolekiile auf die mechanischen Eigenschaften, insbe- Eigenschaften, insbesondere auf Reißfestigkeit und spezifi- sondere auf dir: Festigkeit, läßt sich gemäß der skizzierten sche Dehnbarkeit, ist sehr ausgeprägt4). Wie in Tabelle 1 Strukturauffassung über den Faseraufbau nur in Zusammen- hang mit der L,änge der das Netzwerk der Faser bildenden veranschaulicht, ist dieser Einfluß im Falle der Zellulose- morphologischen Einheiten erfassen, wie dies in Abbildung 2 regeneratfasern iiber Verstreckungsserien leicht fai?bar, da veranschaulicht wird. eine verschiedene Verstreckung offensichtlich nur den Ori- entierungsgrad der Bauelemente der Fasern beeinflußt, nicht aber den Ordnungsgrad Cr1 bzw. die Länge der morphologi- schen Einheiten IDP,E.

Tabelle 1: Ergebnis der Struktur- und Eigenschaftscharakterisie- rung vor >ei verschiedener Verstreckung nach einem Rei- fenkord! qahren und dem Toramomenverfahren erspon- nenen PI Den.

R.F. R.F. Prozent Probe DP DPmE Crl fr kond. naß Dehnung glden glden kond.

Reifenkordserien:

20% 445 76 0.69 0.29 2.47 1.30 12.2 40 % 450 84 0.69 0.37 3.17 2.58 15.5 60 % 440 76 0,69 0.43 4.73 2.42 14.4 80 % 446 73 0,59 0,46 6.61 3.53 12.5 96% 436 71 0.59 0.41 4.93 3.10 13.5

Toramomenserien:

Abb. 2: Beziehung zwischen dem reziproken durchschnittlichen 20% 660 166 0,72 0.47 2.85 1.84 9.4 Polymerisationsgrad und der ReiCfestigkeit von Fasern, 40 % 660 172 0.72 0.60 3.04 1.88 8.0 demonstriert am Beispiel einer Reihe von Merylfasern. 70 % 560 170 0.74 0.64 3.63 2.67 6,0 R.F. == R.F.opt. . DP,E. (l/DPm~ - l/DP) 110% 660 198 0.74 0.62 3.84 3.15 6.1 == R.F.opt. . (1 - DP,E/DP)

Darin ist der in entsprechenden Studien41 belegte Zusam- Mit zunehmend’ Orientierung steigt (wie qualitativ schon menhang zwischen dem reziproken Wert des durchschnitt- lange bekannt is die Reißfestigkeit an, während die Dehn- lichen Polymerisationsgrades (DP) und der Reißfestigkeit barkeit der Fast n absinkt. Noch klarer geht dies aus den einer als Beispiel dienenden Zelluloseregeneratfaser aufge- graphischen Da] :ellungen obiger Zusammenhänge hervor. zeigt. Der gefundene Zusammenhang weist darauf hin, daß Das Auftragen er gemessenen Faserfestigkeit gegen das für die Faserfestigkeit in der Tat nicht die Gesamtlänge der Quadrat des Ori ,tierungsfaktors belegt dies (Abb. 3).

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R.F: A stik und Orientierung zu erzeugen. Zum anderen ist der Ein- konc 1 fluß des Ordnungsgrades aber offensichtlich geringer als der giden der beiden anderen Strukturmerkmale. Aus der großen Zahl von quantitativen Untersuchungen, die in der letzten Z,eit von uns an Zellulosefasern durchgeführt wurden, war es jedoch möglich, einige Ergebnisse an Fasern auszuwählen, die in bezug auf ihre Morphologie und ihren Orientierungsgrad nahezu gleich waren, aber genügend große Kristallinitätsunterschiede aufwiesen. Diese Resultate sind in Abbildung 5 zusammengefaßt und zeigen, daß zwischen Ordnungsgrad und Festigkeit offensichtlich ein linearer Zu- sammenhang besteht.

J q,oz qo4 0,OS 0,oe oje tf%rI RF.. glden (11 Abb. 3: Beziehung zwischen Orientierungsgrad und Reißfestigkeit 10 kondiiionierter Viskosefasern (fr = Orientierungsfaktor; Cr1 = Kristallinitätsindex)

Auch das Auftragen der spezifischen Dehnbarkeit %E/R F. / / gegen einen auf Grund theoretischer Überlegungen aus dem / / Orientierungsgrad gebildeten Parameter beweist das Vorlie- 6 / gen definierter Beziehungen (Abb. 4). /

0.25 0.50 0.75 Cfl

Abb. 5: Einflufi der Kristallinität bzw. des Ordnungsgrades auf die Reißfestigkeit konditionierter Viskosefasern mit hoher (1), mittlerer (2) und geringer (3) Orientierung

Diese Beobachtungen haben es ermöglicht, die Einflüsse der wesentlichsten Strukturparameter auf die mechanischen Eigenschaften der Fasern quantitativ zu erfassen und für diese Zusammenhänge folgende mathematischen Ausdrücke I -1 I I 2 0,2 0,4 0,s 0,8 Cg 1) vorzuschlagen (siehe Formeln auf Seite 9). In diesen Formeln bedeuten die Buchstaben a bis h Kon- Abb. 4: Beziehung zwischen Orientierungsgrad (fr) und durch- stanten. Der durchschnittliche Polymerisationsgrad DP ist schnittlicher spezifischer Dehnbarkeit konditionierter Vis- kosefasern als Maß der Moleküllänge der die Faser aufbauenden Makro- moleküle eingesetzt. Der Ausdruck DP,, steht für die Län- F = Fortisan Tr = Reifenkord M = Meryl Tx = Zellwolle ge der das Netzwerk der Faser bildenden morphologischen HM = Hochmodul Einheiten. Der Ordnungsgrad ist durch den Ausdruck Cr1 berücksichtigt, und fr ist ein Maß für den Orientierungsgrad Der Einfluß des Ordnungsgrades bzw. der Kristallinität auf der Faserbaustebnein bezug auf die Faserachse. die Eigenschaften von Fasern konnte bislang nur qualitativ Diese Beziehungen sollen in den folgenden Ausführungen angenommen werden. Dies lag daran, daß es einmal nahezu als Grundlage zum Verständnis der spezifischen Eigenschaf- unmöglich ist, nach Wunsch Fasern verschiedener Kristalli- ten von HOCHMODUL 333 im Vergleich zu anderen Vis- nität, aber übereinstimmender morphologischer Charakteri- kosefasertypen verwendet werden.

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R.F.,,,, = at b (1000- _ looo) . Cr1 . fr2

DPmE DP

R.F *na5 = ctd (lw-- LOOO, .CrI.f,zJ DPmE DP

E kond. 1 - fy 1 1 = etf(- .- f 095 j2 . R*F*kond. r 1000/DPm, - lOOO/DP wrnE

Erlas 1 - frOJ 1 1 1 R.F.& = gth(- f 095 l2 .-.- r lOOO/DP,, - loOO/DP DPmE fr

In Tabelle 2 sind die diskutierten Strukturmerkmale DP, Oberflächlich betrachtet wird es verwundern, inwiefern sich DPmE 3 Cr1 und fr sowie die wichtigsten Eigenschaftscharak- die Faser HOCHMODUL 333 trotz ihres bedeutend niedri- teristika einer Normalzellwolle, einer amerikanischen Hoch- geren Durchschnittspolymerisationsgrades, ihres geringfügig modulfaser, der HOCHMODUL 333-Faser sowie einer älte- niedrigeren Orientierungsgrades und des eher nach unten ren und einer neueren Polynosicfaser zusammengestellt. Die tendierenden Ordnungsgrades im Kreise der Modalfasern be- Tabelle zeigt ferner, daß die Faser HOCHMODUL 333 aus haupten kann. einer Zellulose mit einem mittleren Polymerisationsgrad von Wir haben auf Grund der im vorhergehenden angeführten ca. 360 besteht, daß ihre Bauelemente etwa die gleiche nied- mathematischen Beziehungen den fur die Reißfestigkeit der rige Lange aufweisen wie diejenigen der Normalzellwolle Fasern im konditionierten Zustand maggebenden Faktor als und daß diese Bauelemente sehr gut in Richtung der Faser- Produkt der Differenz l/DPm~ - l/DP, des Quadrates des achse orientiert sind. Ihre Eigenschaften sind wohlausgewo Orientierungsfaktors fr und des Kristallinitätsindex Cr1 für gen und das Resultat gezielter Entwicklungsarbeit. Es ging jede der betrachteten Fasern errechnet und in Tabelle 3 zu- uns dabei darum, derartige Eigenschaften mit einem Prozeß sammengestellt. Das Ergebnis zeigt, daß der Strukturzustand zu erreichen, der sowohl bezüglich seiner Ökonomie als auch von HOCHMODUL 333 bedingt, daß - trotz niedrigerem seiner Handhabbarkeit größte Wirtschaftlichkeit garantiert. Gesamtdurchschnittsmolekulargewicht - wegen der geringe-

Tabelle 2: Strukturdaten und Eigenschaften verschiedener Viskosefasern

Festigkeit in g/den Dehnung in % Naßmodul Fasertype DP DPmE Crl fr kond. naß kond. naß in plden

Normalzellwolle 290 97 0.79 0,312 2.21 1.17 26.9 28.5 3.8 Hochnaßmodul, amerikanisch 440 115 0.67 0,495 4.19 2.86 11.2 13.2 14,5 HOCHMODUL 333 360 99 0.70 0,458 4.15 2.73 13.5 16.0 12.5 Polynosic, älterer Typ 500 172 0.74 0,538 3.38 2.41 7.0 9.9 25.2 Polynosic, neuerer Typ 490 130 0.72 0,520 4.25 3.00 10.2 12.0 27.0

Tabelle 3: Beziehung zwischen Struktur und Reißfestigkeit von Viskosefasern im konditionierten und im nassen Zustand

AIOOOIDP f* Crl Produkt Festigkeit frOs5 rel. Naßfestigkeit Fasertype 1 OOO/DPmE 1 OOO/DP (1) ti> (3) [(l).(2).(3)] g/den, kond. (4) in %

Normalzellwolle 10.30 3,45 6.85 0,099 0.79 0.53 2.21 0,559 50.2 Hochnaßmodul amerikanisch 8,70 2,28 6.42 0,245 0.67 1.05 4.19 0,704 68.5

HOCHMODUL 333 10.10 2.78 7.32 0,210 0.70 1.07 4.15 0,677 65.8 Polynosic ältere Type 5.80 2.00 3.80 0,290 0.74 0.82 3.38 0,733 71.3

Polynosic neuere Type 7,50 2,04 5,46 0,270 0.72 1.06 4.25 0,722 70.5

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Tabelle 4: Beziehung zwischen Struktur und Dehnungsverhallten von Viskosefasern

sipez. Dehnbarkeit Naßmodul Alkalilöslichkeit Fasertype 1000 1 Produkt AlOOO/DP DP,E f, (l).(2).(3) %E/R.F. plden in % bzw. tlwken [naß1 (1) (2) (3) (4) [(1)~(2)~(3).(4)]

Normalzellwollo 0,622 1,46 10.3 3.18 9,4 [29,7] 12,9 [24,3] 3,8 8.3 Hochnaßmodul 0.177 156 8,7 2.02 2.4 [ 4.61 3.2 [ 4161 14.5 3.7 amerikanisch HOCHMODUL 333 0,228 1 36 10.1 2,18 3.1 [ 6.81 33 [ 5,‘31 12,5 3,4 Polynosic 0,134 2,53 5.8 1.86 2,0 [ 3,7] 2.9 [ 4111 25.2 3,5 ältere Type Polynosic 0,148 1,83 7.5 1.92 2.0 [ 3.91 2.7 [ 4,Ol 27.0 3.1 neuere Type ren Länge der morphologischen Einheiten der molekulare ger weit getriebenen Orientierung der Faserbausteine zu su- Einfluß günstiger zur Wirkung kommt als zum Beispiel im chen sein, was den Hochmodulfasern eine größere Freiheit Falle der älteren und neueren Polynosicfasem. Die spezifi- verleiht, angreifenden Kräften auszuweichen. Zum anderen schen Koagulations- und Regenerationsbedingungen der bedingt das enger verflochtene morphologische Gefüge, wel- Polynosicspinnweise erzeugen deutlich längere morphologi- ches sich in der geringeren Länge der morphologischen Ein- sche Einheiten, die zum Vorliegen analoger Bindungsver- heiten (DP,& ausdrückt, daß bei den Hochmodulfasern haltnisse in den überbrückungsbereichen eine größere Ge- pro Flächeneinheit mehr Verbrückungsbereiche aufzubre- samtlänge der die Faser aufbauenden Makromoleküle erfor- chen sind, um das Fasergefügezu zerstören, als im Falle der dern. Polynosicfasem. Aus den Strukturdaten lassen sich - wie vorhin gezeigt - Abschließend soll in den Abbildungen 6 und 7 gezeigt wer- auch Aussagen über die Festigkeitserniedrigung machen, die den, daß auch andere Eigenschaften, wie zum Beispiel das auftritt, wenn Viskosefasern befeuchtet werden. Als Maß Wasserruckhaltevermögen oder die Anfälligkeit’ gegen abbau- für diese Erniedrigung ist gemäß einschlägiger Modell- ende Agentien, durchaus vom strukturellen Aufbau der Fa- studien4) die Quadratwurzel des Orientierungsfaktors anzu- sern her erklärt werden können. So steht der Quellwert ver- sehen. Dieser Faktor gibt den relativen Festigkeitsabfall ge- schiedener Viskosefasern in eindeutiger Beziehung zur Kri- genüber der Reißfestigkeit konditionierter Fasern befriedi- stallinität Cr1 und zum Orientierungsgrad fr. Er ist umso gend wieder, wie durch die entsprechenden Werte in den kleiner, je besser Ordnungs- und Orientierungsgrad sind. beiden letzten Spalten der Tabelle 3 belegt ist. In gleicher Weise ist die Abbaugeschwindigkeit beim Säure- abbau umso geringer, je höher der Ordnungs- bzw. der Ori- Ebenso findet das Dehnungsverhalten von HOCHMODUL 333 im Vergleich zu demjenigen anderer Viskosefasern eine Erklärung. In Tabelle 4 wurden gemäß der vorhin abgeleite- ten Beziehungen aus den maßgebenden Strukturparametern die entsprechenden Faktoren errechnet. Diese erklären so- wohl die durch Messung an den Fasern erhaltenen Werte für die spezifische Dehnbarkeit %E/R.F. im trockenen als auch im nassen Zustand. Sie sind darüberhinaus auch ungefähr ein relatives Maß des Substanzverlustes bei Alkalibehand- lung unter den in der Praxis üblichen Mercerisierbedingun- gen sowie der damit verbundenen Festigkeitsabnahme. Es sei an dieser Stelle ausdrücklich vermerkt, daß der an der Faserflocke - unter Bedingungen, die weder bei der in der Praxis üblichen Beuche noch bei der Mercerisierung vorkom- men - durchgeführte CTA-Test das wahre Verhalten der Mo- dalfasern nicht praxisnah wiedergibt. l 1 I I 1 Der reziproke Wert des Parameters, der die spezifische Dehn- 0.10 0.20 0.30 Oe40 Crl xf2 barkeit im nassen Zustand erklären hilft, bildet auch, wie aus derselben Tabelle hervorgeht, em gutes Ma.8 ftir den Naßmodul der entsprechenden Fasern. Abb. 6: Abhängigkeit des Quellwertes von Zellulosefasern von Ordnungs- und Orientierungsgrad Der große Vorteil der Hochnaßmodul- gegenüber den Poly- Tx ,= Zellwolle M = Meryl nosicfasern liegt - trotz aller Bemühungen letztere zu ver TI := Reifenkord F = Fortisan bessern - auch heute noch in deren wesentlich geringerer HM := Hochmodul BW = Baumwolle Sprödigkeit. Die Erklärung hiefür dürfte einmal in der wem- Po := Polynosic

10 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27 entierungsgrad der Faser ist. Längere morphologische Ein- heiten scheinen hiebei die Zugänglichkeit für das abbauende Wir liefern für alle Industriezweige Medium zu fördern.

Kinitialx 106 min- 1

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“HM / 10l- OM

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I I I I 100 200 300 DPL/CrIxfr

Abb. 7: Beziehung zwischen der anfänglichen Reaktionsgeschwin- H. Krässig: Betrachtungen zum Problem der Beziehungen zwi- digkeit des hydrolytischen Abbaues von Zellulosefasern schen Faserstruktur und Fasereigenschaften; und ihrer Struktur Textilveredlung 4 (1969), 1, S. 26-37 F = Fortisan Tr = Reifenkord 3) H. Krässig: Characterization of Cellulose Fibers; in “Man-Made M = Meryl Tx = Zellwolle Fibers, Science and Technology”; herausgegeben von HM = Hochmodul To = Toramomen H.F. Mark, S.M. Atlas und E. Cernia; Interscience Pub- lishers 1968, Vol. 11, S. 133-150 4) H. Krässig, W. K.itchen: Factors Influencing Tensile Properties of Cellulose Fibers; J. Polymer Sei. 51 (1961), S. 123-172

Literatur:

1) N.L. Cox; EI. du Pont de Nemours & Co.; U.S.P. 2536.014, 2535.044 und 2,535.045 (26.12.1950); vgl. CA 45, 2207i,2669cund2670b(1951) 2) H. Krässig, W. Kitchen: Factors Influencing Tensile Properties of Cellulose Fibers; J. Polymer Sei. 51 (1961), S. 123-172 H. Krässig, W. Käppner: The Morphological Units in Cotton Linters, Makromol. Chem. 44/46 (1961), S. l-7 H. Krässig: Struktur und Eigenschaften von Viskosefasern; Chemiefasern 17 (1967), 10, S. 821-830; Lenzinger Berichte 24 (1967), S. 66-82 H. Krässig: Der Strahlenabbau der Zellulose und sein Eiqfluß auf die Festigkeit von ZeBulosefasern; Das Papier 21 (1967), lOA, S. 629-635

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Die Eigenschaften von HOCHMODUL 333 in ihrer Abb. 1 Beziehung zum textilen Verhalten dieser modernen Spinnfaser

ro.3 Mio t Baumwelk 57.2 % Prof. Dipl.Ing. Wilhelm H e r z o g , Wien

Die Eigenschaften von HOCHMODUL 333 werden in vergleichender Weise den Eigenschaften der Baumwolle, der konventionellen Vis- kosefaser und de.r Synthesefasern gegenübergestellt. Das Verhalten nen und jener der Endlosfadenaus Synthetics 8,3 % oder von aus HOCHMODUL 333 hergestellten Waren wird aus diesen Eigenschaften abgeleitet. 1,s Millionen Tonnenaus. Bemerkenswert erscheint dabei der auch heute noch weit überwiegendeProzentsatz von Baumwolle an der Gesamtproduktiontextiler Fasern zu sein. Comparison is made between the characteristics of HIGH MODULUS 333 on the one hand, and those of cotton, conventional viscosc In den letzten siebzehnJahren konnte die Erzeugungvon fibers, and synth[etics, on the other. Conclusions are drawn from Baumwolleum ca. 57 % gesteigertwerden, und dieserfolgte these characteristics regarding the behaviour of articles made of in einem Zeitraum, in dem sich die Synthesefaserproduk- HIGH MODULUS 333 fiber. tion um 240 % erhöhte(Abb. 2). Darauskann man ableiten, daß die dominierendeRolle der Baumwolleimmer noch be- steht und daß dieseselbst in jenen Ländern,die in denletz- ten Jahreneine Überkapazität an Synthesefasernaufwiesen, nicht zu erschütternwar. Die modernenViskosefasern, die unter dem Sammelnamen ,,Modalfasern” auf dem Markt sind und zu denenauch die Abb. 2: Gegenüberstellung der Produktion an Textilroh- HOCHMODUL333-Faser gehört, lassen sich hinsichtlich ih- stoffen 1950 - 1967 rer Stellungsowie ihrer Eigenschaftenbesonders gut in einer direkten Gegenüberstellungmit Baumwolleoder Synthese- 195CI 1967 spinnfasernverstehen. Dies umsomehr,als sie in dem Be- Baumwolle 6.6 Micl t 10.3Miot + 57 % streben entwickelt wurden, mit diesenTextilrohstoffen in Chemiefasern, gasamt 1.7 Mio t 5.8 Mio t + 241% echte Konkurrenz zu treten, bzw. um in Mischungmit die- Textilrohstoffe, gasamt 9.4 Mio t 17.6 Mio t + 89% senverwendet werden zu können.Es seiuns daher gestattet, in einigenAusführungen vorerst die Marktsituationund die Wenn man Prognosenmachen ,will, dann muß man einige unterschiedlichenEigenschaften kritisch zu beleuchten. Aspekte für die Zukunft der Baumwolleaufzeigen, und hie- für erscheinenfolgende Fragestellungen von Bedeutung: Als im Jahre 1965 erstmalsdie jährliche Zuwachsrateder Weltproduktion an Spinnfasernaus Regenerstzellulosege- 1. Wie weit ist noch eine Steigerungdes Flächenertrags genüberjener früherer Jahreeine gewisseAbnahme zeigte, möglich? habenviele voreiligePropheten das nahe Ende dieser Fasern 2. Wie wird sich in Zukunft dasVerhältnis deswirtschaft- vorausgesagt.In dieserAusftirung solI wederfür noch gegen lichen Nutzens pro Flächeneinheit beim Anbau von diesePrognose gesprochen, sondern kritisch wichtigeFakten Baumwollezu jenemvon Nahrungsmittelnverhalten? hiezu aufgezeigtwerden, um ein Realurteilzu ermöglichen. 3. Wie weit ist noch eineSteigerung der Qualität, vor allem 1967 betrug die Weltproduktionan Textilfasern 18.0Milli- der Ausspinngrenzebei Baumwolle,zum Beispielin Chi- onen Tonnen (,Abb. 1). 57,2 % oder 10,3Millionen Tonnen na, Indien, Pakistan,Südamerika und anderenLändern, entfielen davonnach wie vor auf die Baumwolle.Der Anteil möglich? der Wolle betrug 8,3 % oder 1,5 Millionen Tonnen. Jener 4. Wird man in Zukunft Wegefinden, um die nachteiligen der Spinnfasernaus Zellulose belief sich auf 11,l % oder Eigenschaftender Baumwolle(wie Verunreinigungenund 2,0 Millionen Tonnenund der ausSynthetics auf 7,8 % oder mangelnderReifegrad) zu beseitigen,die einer Automa- 1,s Millionen Tonnen. Bei den Filamentenmachte der An- tisierung des Spinnprozessesund der Weiterverarbeitung teil der Zelluloseendlosfaden7,2 % oder 1,3 Millionen Ton- hinderlich im Wegestehen?

12 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27

Versuchenwir nun die Antwort auf dieseFragen zu finden: Abb. 3: Baumwolle Synthesefasern ad 1. In hochentwickelten Baumwallproduktionsländern, Preis + - wie zum Beispielin den USA oderin der UdSSR,wur- bekleidungsphysiologische + de der Flächenertragin den letzten Jahrenmehr als Eigenschaften verdoppelt.Eine weitere Steigerungist dahervon die- Strapazierfähigkeit + sen wichtigsten Baumwallexportländernkaum zu er- Knittererholung + Pflegeleichtigkeit - + warten. Gleichmäßigkeit - + ad 2. Aus einemBericht der ,,Organisation ftir Ernährungs- - Repräsentation und Landwirtschaft” der Vereinten Nationen geht Rationelle Verarbeitung Färben + (+) +H hervor, daß derzeit 10 bis 15 % der Weltbevölkerung Formbeständigkeit + + unterernährtsind. Um denMenschen eine ausreichen- de Ernährungzu geben,wäre bis zum Jahre1975 eine nicht alle positivenEigenschaften der Synthesefasernange- Steigerungder Weltnahrungsmittelproduktionum 50 % fuhrt sind. notwendig.Man wird alsonoch mehrals bisher die be- reits erschlossenenGebiete als Weideland oder für den Es gibt alsonur zwei echteVorzüge der Baumwolle,auf de- Anbau von Nahrungsmittelnnützen müssen.In den nen ihre dominierendeRolle beruht. Ihr niedrigerPreis ist USA wurdejedoch die Anbauflächefür Baumwollein dabei sicherlichsehr wesentlich.Allerdings ist hier zu be- denletzten Jabrenstark reduziert, und esist eineTen- rücksichtigen,daß die Kosten desFasereinsatzes in starkem denz zu einerUmstellung auf die Erzeugungvon Nah- M&e von der Ausspinnungabhängen (Abb. 4). Da man rungsmittelnzu erkennen. heute namenloseSynthesefasern au.ch schon um etwa 1 US- ad3. Trotz intensivenBemuhens ist esin denletzten Jahren Dollar erhält, bietet der geringePreis der Baumwolleledig- nicht gelungen,die Qualität der Baumwollebei gleich- lich im grobenNummernbereich einen wesentlichen Vorteil. zeitig gutemErtrag zu steigern,und die Ausspinngren- ze, vor allem in Ländernwie China, Indien und Paki- stan zu erhöhen.Die Resignationauf dieseBemühun- gen findet ihren Niederschlagdarin, daßman selbstin den Hauptproduktionsländernder Baumwollegroße Anlagenzur Herstellungvon Chemiefasernzu errich- ten plant. ad 4. Um den Preis der Baumwollebei steigendenLohn- kosten stabil zu halten, ist die Anwendungmaschinel- ler Pflückmethodenin immer größeremUmfang not- wendig. Eine stetigeVerschlechterung des Reinheits- sowiedes Reifegrades ist die Folge.Diese Auswirkun- gen sind einer rationellenFertigung bzw. einerAuto- matisierungsehr hinderlich.

Die Zukunft der Baumwollesieht alsonicht geradeoptimi- 2034 65 Io Mo Mn stisch aus. Ihre dominierendeRolle verdanktsie ’ebennur 50 W frx der Tatsache,daf3 es bishernoch keine gleichwertigeFaser gibt, die dieseernstlich gefährden bzw. übernehmenkann. Als zweiter entscheidenderVorzug der Baumwolleist die Sicherlichhat die Baumwollein denvergangenen Jahren ge- Fähigkeit anzusehen,bis zu 30 % ihres Trockengewichtes wisse,Einsatzgebiete an die Synthesefasernabgeben müssen, an Wasseraufnehmen zu können,woraus zum Teil die guten wie zum BeispielFeingarne, Damenstrumpfe, Gardinen, spe- bekleidungsphysiologischenEigenschaften von Baumwoll- zielle technischeArtikel u.a., aberdas Gros auf demSektor artikeln resultieren.Obwohl uns geradein letzter Zeit von der Leib- und Bettwäscheund der leichten Oberbekleidung, den Synthesefaserherstellernversichert wird, daß die ange- sowieviele anderepotentielle Einsatzgebiete sind ihr immer nehmen Trageeigenschaftender Baumwollegar nicht mit nochvorbehalten geblieben. dem Wasseraufnahmevermögenzusammenhängen, sondern In Abbildung 3 sind die wichtigsten Eigenschaftender lediglich eine Frageder Struktur d.esGewebes oder desGe- Baumwollejenen der Synthesefaserngegenübergestellt. Dar- wirkessind, ist der Konsument,wie sich zeigt,bisher nicht ausersieht man, daßdie entscheidendenVorteile der Baum dieserMeinung und bevorzugt- zumindestfür Leib- und wolle praktischnur auf zwei Gebietenliegen, nämlich Bettwäsche- nachwie vor die Baumwolle. a) im Preisund Man wird sich vielleicht fragen, warum dieselange Einlei- b) in den bekleidungsphysiologischenEigenschaften. tung gewählt wurde. Es sollte damit jedoch auf folgende In allen anderenPunkten erweisensich hingegendie Syn- Faktenhingewiesen werden: thesefasernder Baumwolleüberlegen, wobei hier noch gar 1. Die Baumwolle spielt bei einer Jahresproduktionvon

13 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

10,3 Millionen Tonnen auch heute noch eine dominie- bestimmteEnergie als Widerstandentgegensetzen, die sich rendeRolle. ausder Verformungund der Zugspannungergibt. Esist be- Trotz dieserbeherrschenden Position erscheintdie Exi- kannt, daß die Baumwolleeine Zugfestigkeitvon 3 bis 4 p/ stenzder .Baumwollelabil; und siewäre in demMoment den (bei einerReißdehnung von 7 bis 12 %) besitztund daß gefährdet,wenn es eine entsprechendeFaser als ernstli- dieseFestigkeitswerte für die üblichenEinsatzgebiete völlig cheKonkurrenz gäbe. ausreichen.Jede weitere Erhöhung der Zerreißenergiebringt keine wesentlichenVorteile mehr mit sich. Die Strapazier- Ein Ersatzder Baumwolledurch Synthesefasernhat bis- fähigkeit setzt sich ja nur zu einem geringenTeil ausden her nicht stattgefundenund wird voraussichtlichauch in Zugeigenschaftenzusammen. Bekleidungsstoffe und Heim- nächsterZukunft nicht stattfinden. textilien beendenihre Einsatzdauernur sehrselten dadurch, Eine Faser,die der Baumwollegleichwertig wäre, hätte daß sie zerreißen.Sie gehen vielmehr durch Scheuerung großeAbsatzchancen. Würde es zum Beispieleiner modi- oder durchchemische Einwirkung zugrunde. fizierten Viskosespinnfasergelingen, in den Baumwoll- Bei der Gegenüberstellungde,s Griffes wurde ein Fragezei- markt einzudringen,so wurde dies wahrscheinlichzu chen gemacht.Der Griff ist an sicheine subjektive Empfin- einer Verdoppelungder derzeitigenWeltproduktion an dung und daherschwer zu beJrteilen.Hinzu kommt noch, Zellulosechemiefasernführen. daß er insbesonderevon der Struktur sowie von der Aus- Die zwei wesentlichenNachteile der Synthesefasern,die rüstungder Wareabhängt. Für seineBeurteilung muß man einer Substitution der Baumwolleim Wegestehen, nämlich dahereinen Magstab festlegen indem man zum Beispielden einen hohen Preisund ein geringesWasseraufnahmevermö- Griff von Baumwollwarenals dasgewünschte Optimum an- gen,besitzt die Zellulosechemiefasernicht. Trotzdemist es sieht und alles, was nicht aus Baumwolleist, dagegenab- auch der Viskosefasernoch nicht gelungen,die Baumwolle fällt. Man könnte aber aenausoguteinen spezifischenGriff völlig zu ersetzen,weil ihre textilen Eigenschaftendies bis- als Optimum propagierenund einen mehr weicherenund her verhinderthaben. fließenderenGriff als besonderskomfortabel bzw. alsPosi- tivum herausstellen. Abbildung 5 zeigt die Vor- und Nachteileder Eigenschaften von Baumwolleund von konventionellenViskosefasern. Somit verbleiben in unsererGegenüberstellung nur zwei Eigenschaften,die man als h.achteileder konventionellen Abb. 5: Viskosefaseransieht, nämlich konventionelle Baumwolle Viskosespinnfaser 1. die Maßänderungbei der Naßbehandlung,insbesondere Preis - beim Waschen,und bekleidungsphysiologische Eigenschaften + 2. die mangelndeFormbeständigkeit. Strapazierfähigkeit + Manchmalordnet man die Mdlnderung bei Naßbehandlung Knittererholung - der Formbeständigkeitunter. Zur besserenErklärung sollen Pflegeleichtigkeit Gleichmäßigkeit diesebeiden Begriffe getrenntund im folgendennaher be- Rationelle Verarbeitung trachtet werden. Färben + Maßänderung bei + 1. Maßänderung bei Naßbehanldlung Naßbehandlung Formbeständigkeit + Nach den Erkenntnissenüber die Krumpfungvon Geweben Griff +? -7 aus Zellulosefasernlassen sich dreierleiArten von Krump- fung feststellen. DieserGegeniiberstellung ist zu entnehmen,daß die Viskose- a) In Abbildung 6 ist der Sehrumpfeines Wäschestoffes aus faserder Baumwollehinsichtlich Preis, G leichmäßigkeitund Zellulosefasemüber der Zahl der Maschinenwäschenauf- rationeller Verarbeitbarkeitüberlegen ist. In den Knitter- eigenschaftenliegen die beiden Fasernetwa gleich, beide Abb. 6 können knitterarm ausgerüstetwerden, und beide erleiden Mnlhdrrwy beim Waschen ühu du Zahl der hiedurcheine Einbuße der Strapazierfähigkeit. Maschincnwäschrn Wenn wir von der Strapazierfähigkeitin bezugauf Beklei- 1 dungswaresp.rechen, so dürfenwir diesenicht der Zugfestig- keit gleichsetzen.Die Zugfestigkeitist überhaupteine Eigen- schaft der Spinnfasern,die zumeistüberbewertet wird. Die Erfolgebei neuentwickeltenbzw. bei modifiziertenChemie- fasernwerden in falscherWeise oft nur an der erreichten Zugfestigkeit gemessen.Leider übernehmendie Kaufleute gern dieseMeinung und argumentierendann nicht selten mit der Zugfestigkeitals einem wichtigen Qualitätsmerkmal. Wenn man vlon gewissenspeziellen Eigenschaften absieht, so muß die Fasereiner Verformungin Längsrichtungeine

14 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

getragen.Am meistenschrumpft das Gewebe bei der er- Abb. 8 sten Wäsche,was man als ReLzxationsschrumpf bezeich- net. Wiekommt esnun dazu? Um eine glatte Warenflächezu erhalten,muß man das Gewebewährend der Ausrüstungim nassenZustand span- h h nen. Durch dieseSpannung, die sich auf die Faserüber- trägt, entstejht- wie Abbildung 7 zeigt- eineLängenände- rung, die bei gleicherZugspannung umso größerist, je geringerdie Zugsteifheitbzw. der sogenannteModul ist. In dieserAbbildung ist der Zugspannungs-/Längenände- rungsverlaufzweier Fasernmit unterschiedlicherZug Steifheit dargestellt.Bei gleicher Zugspannungu weist die FaserA eine LängenänderungAL, und die FaserB eineLängenänderung AL, auf.

t .A Abb. 7

b

Nachdem Wegfall der Spannungbzw. nachdem Fixieren der Längenanderungdurch das Trocknen des Gewebes verbleibt bei FaserA die LängenänderungAL* bl und bei FaserB die LängenänderungAL, nl . Dieseist jedoch nur quasi-permanent.Sobald das Gewebeeiner NaBbe- ber angenommenwird, daßnur eineGewebekomponente handlung unterzogenwird, wie dies beim Waschender quillt. Durch das Quellen(z.B. der SchuBfaden)erfolgt Fall ist, werdendie neu gebildetenQuerverbindungen un- zwangsläufigeine Verkürzungdes Gewebes in Kettrich. wirksam,und die Fasernwollen ihre ursprünglicheLänge tung. Wir erkennenalso, daß der Quellsehrumpfumso wiedereinnehmen. Es kommt alsozu einemsogenannten geringerist, je wenigerdie Faserselbst quillt. Erholungssehrumpf desGewebes. Danach ist leicht zu er- kennen, daB der Relaxationsschrumpfumso größerist, Baumwolle hat einen Quellwert bzw. ein Wasserrück- je geringerder Modul im nassenZustand ist. haltevermögenzwischen 60 und 70 %, die konventio- nelle Viskosefaserdagegen hat einen solchenvon 80 bis b) Die zweite Komponenteder Maßänderungbei der Wä- 110 %. Der Quellwertvon HOCHMODUL333 liegt mit scheist der Quellsehrumpf. Diesererreicht bei weitem seinen65 bis 75 % bereitsim selbenBereich wie dervon nicht die Hohe desRelaxationsschrumpfes und ist in den Baumwolle. meistenFallen reversibel.Seme Entstehung wird in Ab- bildung 8 erklärt. Durch Einwirkungvon Nässeentsteht c) Die dritte Komponenteder Maßänderungbei der Wäsche bei Zellulosefaserneine Volumsquellung,die fast zur ist derprogressive Sehrumpf, auchFilzsehrumpf genannt, Gänze als Breitenquellungerfolgt. Je nach Packungs- der sichjedoch nur bei wenigerdichten Waren sowie bei dichte bewirkt dieseem Dickerwerdendes Garns.Der Maschinenwäschenbemerkbar macht. GeringereQuel- Querschnittd einesGarnabschnittes der Langeh vergrö- lung und höhere Zugsteifhe.itder Faser,bewirken auch ßert sichauf $. hier eineAbnahme des Sehrumpfes. Wenndie L2ingeL einer in Schraubenlinienam Garnum- fang liegend.enFaser nicht gröeerwird, so hat dieseine 2. Formbeständigkeit Verkürzungder Garnlängeh auf hN zur Folge. (Diesist Währendes sich bei einer Maßänderungdurch Wäscheum nur einevereinfachte Darstellung.) eine Formveränderunghandelt, die sozusagenwährend des Em weiterer Effekt der Breitenquellungist im unteren Waschvorgangsvon selbstvor sich geht, verstehtman unter Teil der Abbildung zu sehen,wobei der Einfachheithal- Formbeständigkeit im allgemeinendie Beständigkeitgegen

16 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27 eine Formänderungwährend des Gebrauchs durch dasEin- (ebensowie der geringe Relaxationsschrumpfbeim Wa- wirken von Kräften. DasUngleichwerden der Längevon aus schen)durch deren hohe Zugsteifheit,speziell im nassenZu- konventionellenViskosefasern hergestellten Vorhängen bzw. stand. Da die bei der Ausrüstungund im Gebrauchauftre- die Abnahmeder Paßformvon Kleidungsstückenaus eben tendeZugbeanspruchung in ihrer Spannungsspitze nicht über diesemMaterial ist bekannt. 1 p/den hinausgeht,ist esvor allern die Zugsteifheitim Be- An der Faserselbst läßt sich die Formbeständigkeitam be- reich bis zu 1 p/den, die die Formbeständigkeitvon Gewe- sten durch einen Langzeitversuchzur Bestimmungder Deh- ben ausHOCHMODUL 333 maßgeblichbeeinflußt. nungsretardationbzw. der ruckläufigenDehnungsretarda- Zugsteifheitund Reißdehnungdürfen nicht miteinanderver- tion feststellen.Dieser ist sehreinfach durchführbar (Abb. 9). wechseltwerden. Nachdem der Zugspannungs-/Längenände- rungsverlaufkeineswegs linear ist, darf man von der Reiß- Abb. 9: Dehnungsretardation dehnungnicht auf die Zugsteifheitschließen. Wir habenalso Dehnung unter Belastung und nach Entlastung für 5 Minuten Retar- gesehen,dB die Formbeständigkeitbeim Waschenund im dationszeit nach Angleichung im Normalklima Gebrauchumso besserwird, je hoher die Zugsteifheit im nassenZustand ist. Nun könnte man darausfolgern, daß Belastungsstufen man eine Faseranstreben sollte, deren Zugsteifheit mög 0.5 p/den 1.0 plden liehst hoch ist, was im extremenFall schließlichzur Glas- Dehnung Dehnung Dehnung Dehnung unter nach unter nach faser führen wurde.Leider ist es auchhier so - wie es mei- Belastung Entlastung Belastung Entlastung stensder Fall ist -, daßnämlich eine Verbesserung der einen in % iti % in % in % zu einer Verschlechterungder anderenEigenschaft fuhrt. Baumwolle 1,6+2,0 0.6 + 0,4 3.0 + 3,7 1.5’1.1 Damm müssenwir ebenden Wegeines optimalen Kompro- $;$g7z”e 1,9 + 2.8 2,1+1,5 4.3 + 5.8 4.2 + 3.0 missessuchen. F 333 0,9’1,2 0,6 + 0.3 1,9+2,7 1,7+0,8 Je höher die Zugsteifheit einer Faserist, desto geringer wird die Energie,die sie ihrer Verformungals Widerstand Der ersteWert in der Kolonne unter der Uberschrift,,Deh- entgegensetzt.Dies trifft nicht nur für die Verformung nung unter Belastung” stellt jene Dehnungdar, die sicher- durch Zugbeanspruchungzu, sonderngilt auch für jene gibt, wenn man an eine Faserein Gewichtvon 1,0 p/den durch Biegenbzw. durch Querbeanspruchung(d.h. durch hängt. Die zweite Zahl in der Spaltegibt jene Dehnungan, eine Beanspruchungquer zur Faserachse).Am bestenkann die sich nach 5 Minuten bei dieserBelastung einstellt. So- man sich dasvorstellen, indem man sichals Extremfall stets baldman die Faserentlastet, erhält man einebleibende Deh- die Glasfaservor Augenfuhrt, die zwareine hohe Zugfestig- nung - dieseist in der zweitenSpalte angeführt. Nach weite- keit besitzt, aber durch Biegenbzw. Beanspruchungquer ren 5 Minuten verringertsich diese bleibende Dehnung noch zur Faserrichtungleicht zerstörtwerden kann. (siehezweite Zahl in Spalte2). Biegebeanspruchungen,wie siegewöhnlich an eine Faserbei Schon bei der Prüfungim Normalklimakann man die we- der Verarbeitungund im Gebrauchgestellt werden, treten sentlich höheren Dehnungswerte- also auch die bleibende normalerweisemit einemKrümmungsradius auf, der der Fa- Dehnung - der konventionellen Viskosefasergegenüber ser auch bei sehrhoher Zugsteifheitnoch nicht gefährlich Baumwolleerkennen. Je höher der Feuchtigkeitsgehaltder wird. Bei extremenFaserkrümmungen jedoch - etwa bei der Faserist, destostärker wird dieserUnterschied zu bemerken Prüfung der Schlingenfestigkeit- macht sich auch der Ein- sein.Am auffallendstenist er dann im nassenZustand, wie fluß derhohen Zugsteifheit deutlich bemerkbar. Die Schlin- die nächsteTabelle zeigt (Abb. 10). genfestigkeitstellt allerdingseine abnormale Beanspruchung dar; sie wird auch noch von anderenEinflüssen (wie Z.B. Hier sieht man einerseitsden großenUnterschied zwischen von der Fadenquerschnittsform)bestimmt und weist - wie konventioneller Viskosefaserund Baumwolle, anderseits aberauch, wie ähnlichsich HOCHMODUL 333 im Hinblick kürzlichin einer speziellenArbeit berichtet (vgl. Lenzinger auf Baumwolleverhält. Wasdaher die Formbeständigkeit Berichte,Heft 26, S. 44 - 60) - keinen Zusammenhangmit betrifft, so kann HOCHMODUL333 durchausals der Baum- irgendeinem Verhalten der fertigenWare auf. wolle gleichwertigangesehen werden. Erreicht wurde diese Die Querbeanspruchungder Faserhingegen ist eine Anfor- derung,wie sie im Gebrauch(z.B. bei der Scheuerung,ins- Abb. 10: Dehnungsretardation Dehnung unter Belastung und nach Entlastung für 5 Minuten Retar- besonderebei der Kantenscheuemng)auftritt. Man kann dationszeit im nassen Zustand diessehr gut ausAbbildung 11 erkennen,die durchTragen Belastungsstufen und Waschenaufgestheuerte Kanten eines Hemdkragens ‘0.5 plden 1.0 plden zeigt. Man sieht,daß an demKragen nicht etwa die überdie Dehnung Dehnung Dehnung Dehnung Kanten gebogenenFäden durchgescheuert wurden, sondern unter nach unter nach Belastung Entlastung Belastung Entlastung vielmehrdie auf der Kante querliegenden Fäden, weil diese in % in % in % in % der Querscheuerungam stärkstenausgesetzt waren. Baumwolle 4.1 +4.a 3.6 + 3.3 5.1 +5,6 4.0 + 3.6 Für dieseswichtige Kriterium wurde eine eigeneMethode !gg~~~~l’e 7.9 +9,5 6,l ‘5.7 12,6+14,0 8,6+8,3 entwickelt, die es erlaubt, die Querscheuerfestigkeitschon F 333 4.5d5.1 3.1 -+2,6 7.1 +8,0 4.3 + 3,9 an der Einzelfaserzu priifen. Mit ihrer Hilfe ist esgelungen,

17 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

Abb. 12

Kraft- Dehnungs-Kurven kandilionierl

4

3

2 Abb. 11: Aufgestheuerte Hemdkragenkante eines knitterarm ausge- rüsteten Baumwoll-Herrenhemdes nach der 15. Wäsche eine eindeutigeKorrelation zwischenFaserquer- und Ge- webescheuerungaufzustellen, die für alle Fasern(einschließ- 1 lich der Syntjhesefasern)sowohl für denkonditionierten als auch für den nassenZustand gilt. Die Ergebnissehaben klar erkennenlassen, daß innerhalb der Modalfasern(d.h. der 95 Hochnaßmodulfasernund der sogenanntenPolynosics) die Scheuerfestigkeitmit höher werdender Zugsteifheit ab- io jr0 nimmt.

Dabei ist zu berücksichtigen,daß ein beträchtlicherTeil der Abb. 13 Modalfasergewebezu Warenverarbeitet wird, die zusätzlich Kraft - Dehnungs -Kurven nass noch eine Kunstharzausrüstungerhalten. Hiedurch tritt nämlich noch[eine weitere Erhöhungder Zugsteifheitund 2 $ damit eine beträchtliche Verringerungder Verformungs- P Polyesler----- energieauf. Hat alsodas Ausgangsmaterialschon von vorn- _/- 4 - _.-- herein eine sehr hohe Zugsteifheit,und erfolgt durch die , .’ I’ Kunstharzausrüstungnoch eineweitere Erhöhung, so nähert 1’ I man sich bereits(bei einer Reißdehnungvon 4 96und dar- Baumwolle /’ unter) demBereich der Glasfasern. ! ,’ ; : Für HOCHMODUL333 warendaher folgende ifberlegungen 3 - ! : ! t maßgebend: I I 1. Die Zugsteifheitmuß so weit erhöht sein,daß die Faser eine Formstabilität aufweist, die der der Baumwolle gleichkom!mt,und Gewebeaus HOCHMODUL 333 mit- 2 . tels einer normalenSanfor@-Ausrüstung*) in den Sanfor- Standardgebracht werden können. konventionelle 2. Die Zugsteifheit bzw. der Zugkraft-/Längenänderungs- Viskosefaser , Verlauf der Faserim konditionierten wie im nassenZu- 1 . standsoll so sein,daß er sowohlmit demvon Baumwolle /’ als auchmit jenem von Polyesterfasernharmoniert. Die 8)’ 0.5 . ,j’ Zugsteifheitsoll sich dabeiin Grenzenbewegen, die der 8’ Faserund damit dem daraushergestellten Gewebe noch I’ e % eine genügendeStrapazierfähigkeit verleihen, die auch LLc2!cL., , 5 10 20 30 nach einer Kunstharzausrüstungnoch alsausreichend an- gesehenw ’erdenkann. Auch hier war die Baumwollewie- Den Zugspannungs-/Dehnungsverlaufvon HOCHMODUL der der M;&stab.Die Erftilung dieserForderung ist - wie 333 im Vergleichzu jenem von Baumwolle,Polyester und ich glaube- bei HOCHMODUL333 gut gelungen. einer konventionellenViskosefaser zeigt Abbildung 12 fti den konditionierten, Abbildung 13 für den nassenZustand. *) @ = eingetra,genes Warenzeichen In letzterem kann man die Erhöhungder Zugsteifreit von

18 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27

WASSERSTOFF- PEROXYD

für die alkalische und Peressigsäure- BLEICHE

Kundenberatung Eigenes Anwendungslaboratorium

fA v ALPINE CHEMISCHE AKTIENGESELLSCHAFT KUFSTEINfTIROl.

HOCHMODUL333 gegenüberder konventionellenViskose-. Zur Beurteilungder Zugsteifheitvon Modalfasernhat sich fasererkennen. der Begriff Naj3modul bzw. Trockenmodul eingebürgert Man sieht, wie gut der Zugspannungs-/Dehnungsverlaufvon (Abb. 15). HOCHMODUL333 mit jenem von Baumwollesowie dem Man greift aus dem Zugspannungs-/Dehnungsverlauf(u.zw. von Polyesterfasernübereinstimmt. Diese Übereinstimmung bei 5 % Zugdehnung)einen Punkt der Kurve herausund ist auch im konditionierten Zustand,also in Normalklima, mißt die Zugspannungfur dieseBezugsdehnung. Der Quo- vorhanden(Abb. 12). Der ähnlicheVerlauf der Zugspannungs-/Dehnungskurvevon Abb. 14

HOCHMODUL333 wie der von Baumwolleund jener der Abhängigkeit der Gornfestigkcit Polyesterfaserbringt es mit sich, da13HOCHMODUL 333 vom Mischungsverhättnis fur beide ein hervorragenderMischungspartner ist. Dies ist Gornfestigeit einer der entscheidendenVorzüge von HOCHMODUL333 - Ihm) Wden) einerseitsgegenüber den konventionellenViskosefasern, an- derseitsaber auch gegenüberden sogenanntenPolynosics, 271 3.0i die sich infolge ihrer hohen Zugsteifheit nur für eine Mi- HM 333/Pclyes ter schungmit Baumwolleeignen. 25 Abbildung 14 zeigt den Verlauf der Garnfestigkeitan Pro- #------nm-,

ben verschiedenerMischungen. Der Abfall der Garnfestig- lä- 2.0 “Y, H~~3,Ba”m.?+-J keit, wie man ihn ansonstennach Zugabevon Baumwolle P ‘.. ‘\ Viskatelaserhwmwdle zu den herkömmlichenViskosefasern findet, tritt wederbei konvent. 1.5 ’ y,, ,Ha einer Mischungaus Baumwolle/HOCHMODUL333 noch --4._ ___,_,*-./-- bei einersolchen aus Polyester/HOCHMODUL 333 auf. 9 1.0

1 1 WelcheVorteile die Beimischungeines geringen Polyester- ll I I 26 50 75 100% faseranteilszu HOCHMODUL333 bringt, soll spätergeson- 33 66 Anteil on Zellutose- dert aufgezeigtwerden. Regenerdfasern (%I

19 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 tient ausdieser Zugspannung (gemessen in p/den) und einer Abb. 16: Zugsteifheit (plden) = Bezugsdehnungvon 5 %, multipliziert mit 100, ergibt den Zugspannung in p/den bei Bezugsdehnung E . ,OO sogenanntenNaßmodul. Bezugsdehnung e

a) bei Normalklima: UE = 5 % naß b/denl . , o. 2% Naßmodul = BezugsdehnungE ,,Trockenmodul” 5% 5 Baumwolle 35 30 Polyester 40 25 Abb. 15 konventionelle Viskosefaser 40 21 Erfklärung von Trockcn- F 333 60 38 und Naßmodul Polynosic 70 50 Zugspannung . b) im nassen Zustand: in p/den 5% Bezugsdehnung E 2% ,,Naßmodul” Baumwolle 9 10 I Polyester 40 25 konventionelle Viskosefaser 4 5 F 333 10 12 Polynosic 20 27 *5@h Nun sollennoch einigeWerte zur Faserquer-sowie zur Ge- l/ / webescheuerungangegeben werden. Die Faserquerscheuerunguntersucht man mit Hilfe einer i% Dehnung in % Anordnung,wie sieAbbildung 17 zeigt. Naßmodul = u55 ’/. -100 = us ., .20 (p/denl . Abb.n

Trockenmodul = % . 100 = a2 ,, ,SO (p/den) Die Gewebescheuerungwird anhandsogenannter ,,Standard- 2 . gewebe”geprüft. Das sind leinwandbindigeGewebe mit be- stimmter Fadendichteund Garnnummer.Die Probenwer- Im konditionierten Zustandmißt man den Modul üblicher- den am Accelerotorgeprüft, wobei die Zeit bis zur Lochbil- weise bei 2 %. Somit ist also der sogenannte,,Trocken- dung festgestelltwird. DieseMethode hat sichgut bewahrt, modul” gleich dem Quotienten aus der Zugspannung(in und die Ergebnisseder Laborprüfungenhaben gute Uberein- p/den) bei die:serBezugsdehnung und jener von 2 % mal Stimmungmit umfangreichenTrageversuchen gezeigt. 100. Um einige Werte hiefur angebenzu können, sind die In Abbildung 18 findet man die Zahlenwerteder Faserquer- Zugsteifheiten,verschiedener Fasern in einerTabelle zusam- scheuerungjenen der Gewebescheuerunggegenübergestellt. mengefaßt(Abb. 16). Auf die Scheuerfestigkeitvon Mischgewebensoll im nach- folgendenArtikel nahereingegangen werden. Nun sind sicherlichnoch einigeAngaben über die Zugfestig- Trockenmodul = ‘E = 2 % kond. bjdenl . 100 2 keit von HOCHMODUL333 bzw. von daraushergestellten Garneninteressant (Abb. 19). HOCHMODUL333 hat die- Obwohl em aus der Zugspannungs-/Dehnungslinieheraus- selbenguten Spinneigenschaften wie die konventionelleVis- gegriffenerPunkt naturgemäßweniger aussagt als die ganze kosefaser:Auf Grund ihrer hohen Gleichmäßigkeiterhält Kurve, so kann man aus den Zahlen doch einen gewissen man daraus gleichmäßigeGarne mit bedeutendweniger Uberblick bekommen.Man sieht auch hier, daß HOCH- Schwachstellenals bei solchenaus Baumwollfasern, weshalb MODUL 333 sowohl der Baumwolleals auch der Polyester- auch die Fadenbruchzahlenbei der Verarbeitungviel gerin- fasernahekommt und daß sich die Zugsteifheit der Poly- gersind. nosicfaserim konditioniertenZustand nicht nur von der der Schliet3lichsoll noch auf em Argumenteingegangen werden, Polyesterfaser,sondern auch von jener der Baumwolleweit dasvon denHerstellern der Polynosictypengegen die HWM- entfernt. Fasernhäufig ins Treffen geführtwird, nämlichauf dieLau-

20 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

Abb. 18: Vergleichswerte für Faserquer- und Gewebescheue- Abbildung 20 zeigt die Veränderungvon Reißlängeund rung Retidehnungim konditioniertenund im nassenZustand bei Faserart Faserquerscheuerung Gewebescheuerung Garnenaus Baumwollesowie blei solchenaus Baumwolle/ Anzahl der Walzen- Minuten bis zur Umdrehungen bis zum Lochbildung HOCHMODUL333 im Verhältnis 70/30 bzw. 50/50. Die Faserbruch Veränderungbeim Laugierenist besondersdann minimal, wennman mit einergeringen Konzentration arbeitet. konventionelle 270 6 Dieser,kurzeüberblick überdie textiltechnologischenEigen- Viskosefaser, kond. heiten von HOCHMODUL333 zeigt auf, daß dieseFaser; HM 333, kond. 300 7 die in ihren Eigenschaftender Baumwolleund den Synthe- Polynosic, kond. 260 5 tics nahekommt,das heißt die wesentlichenNachteile der Baumwolle, kond. 700 12 konventionellen Viskosefasernicht mehr aufweist, und Polyester, kond. 1600 24 aufierdempreislich günstigliegt, gute Zukunftsaussichten besitzt.

Abb. 19: Faser HOCHMODUL 333

20 Zugfestigkeit: konditioniert ca. 4 p/den ReißiängQ l6 ca. 35 km kond 12 naß ca. 2.8 p/den ca. 25 km Reißdehnung: konditioniert 12-16% naß 14-18% 100% BW ?0/30 BW/HM333 SO/SOBWMU33 Schlingenfestigkeit: ca. 0.8 plden ca. 7 km

Garne aus 100 % HOCHMODUL 333 Nm34 (tex 29) ca. 2.3 plden ca. 21 km Nm 50 (tex 20) ca. 2.1 plden ca. 19.5 km IW%BW 7009 BW/HM333 5O/sOmv/HM333 Nm 65 hex 15) ca. 2,0 plden

ca. 18.5 km Rwßdehnung 6 kond 6 genlöslichkeit. In den Vorschriften für den Gebrauchdes Namens,,Polynosic ”ist festgelegt,daß solcheFasern nach einerBehandlung mit 5 %igerNatronlauge bei 20°C und un- ter einerZugspannung von 0,.5p/den, nur eineDehnung auf- weisendürfen, die unter 8 % liegt. Eine derartigeBehand- 10 lung wurdegewählt, weil bei der Behandlungmit Laugedie- Re#?dehnung 6 “0Z.S ser Konzentration, die den Bereichhöchster Quellung dar- 6 stellt, die Unterschiedeam stärkstenhervortreten. Die Frage 4 ist jedoch, ob dieseBehandlung bei der Verarbeitungund im 2 Einsatz der Modalfasernüberhaupt eine praktischeBedeu- tung hat.

Sowohl das Laugierenals auch das Mercerisierenwird bei Abb. 20: Auswirkung von Merc:erisierung und Laugierung anderen Konzentrationen durchgefiihrt, bei denen sich auf Reißlänge und Reigdehnung Hochmodulfasernwesentlich besser und mit Polynosicfasern unbehandelt laugiert 5,0° 86 NaOH vergleichbarverhalten. Weiters bringt dasMercerisieren einer Cl lsl Wareaus l,OO% HOCHMODUL333 bzw. einer Mischung mercerisiert laugiert 7,5O 8; NaOH mit einemüberwiegenden Anteil davonkeinen Vorteil und ist dahernicht notwendig. laugiert 10.0’ Be NaOH Die Farbaffinität von HOCHMODUL333 ist sehrgut. Man erhält auch ohne Laugierungbzw. Mercerisierungleuchten- de Farben.Jede gewünschte G lanzwirkungkann durchent- sprechendeZugabe einer Glanztypeerreicht werden. Sollte jedoch ausGründen einer Farbegalisierungdie Warelaugiert bzw. mercerisiertwerden müssen, so kann man dies auch bei HOCHMODUL333 ohneweiterstun.

22 Ma 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27

Einsatzmöglichkeiten von HOCHMODUL 333 im Labor vorgebracht wird, hier ist allein das Kapital, das für die Propagierung dieser Fasermarke oder dieses,speziel- len Artikels eingesetzt wird, von Bedeutung. Wie entscheidend diese Einflüsse :sind, erfahren wir Techni- ker oft erst dann, wenn unsere Rechnung, die wir auf Grund technischer Überlegungen und Kalkulationen aufgestellt ha- ben, in der Praxis nicht realisierbar ist. Prof. Dipl.Ing. Wilhelm H e r z o g , Wien In den folgenden Ausführungen wollen wir uns nur mit tech- nischen Gegebenheiten und Kostenvergleichen beschäftigen und uns nicht auf Überlegungen einlassen, wie sie’sich aus einer Planwirtschaft bzw. einer Markenpolitik u.ä. ergeben. Wenn wir trotzdem in der vorstehenden Betrachtung auf Aus wirtschaftlichen und technischen Überlegungen werden die be- diese Dinge eingingen, so nur deshalb, weil hier die Ursache vorzugten und aussichtsreichen Einsatzgebiete von HOCHMODUL für manche Entwicklungen zu suchen ist, ,für die sich keine 333 besprochen. ilber umfangreiche Labor- und Trageversuche an technische Erklärung finden läßt. Hemdenstoffen aus HOCHMODUL 333 in Mischung mit Baumwolle Bei der Besprechung der textiltechnologischen Eigenschaf- oder Polyesterfasern wird berichtet. ten von HOCHMODUL 333 haben wir immer wieder den Vergleich mit Baumwolle gesucht, und es war das Bestreben Preferred and promising uses for HIGH MODULUS 333 are discussed bei der Entwicklung dieser,Faser, deren Eigenschaften jenen on the basis of economic and technical considerations. A report is der Baumwolle anzunähern. Die Einsatzgebiete von HOCH- given on extensive laboratory experiments and wearing trials con- MODUL 333 liegen daher überall dort, wo auch Baumwolle ducted with shirting made of HIGH MODULUS 333 in blends with eingesetzt wird. cotton and Polyesters. Durch Abwandlung der Faserfeinheit und eventuell auch der Stapellänge läßt sich HOCHMODIJL 333 einer feinen Baum- wollsorte (wie z.B. den ägyptischen Sorten, der Peru prima oder den feinen Sudansorten) angleichen. Hier empfiehlt es sich - vor allem bei hoher Ausspirmung - einen Titer von 1,2 Im allgemeinen sind für die Einsatzmöglichkeiten einer Che- den zu wählen. Mit dem Normaltiter von 1,.5 den läßt sich miefaser neben den rein technischen Grundlagen vor allem ein sehr weiter Bereich bestreiten. Zur Nachahmung von die wirtschaftlichen Gegebenheiten ausschlaggebend. Diese Baumwallgrobsorten käme dann ein dementsprechend grö- resultieren aus den ökonomischen Voraussetzungen, wie berer Titer von HOCHMODUL 333 in Frage. zum Beispiel aus den Weltmarktpreisen der Naturfasern, den An sich eignet sich HOCHMODUL 333 auch für eine Mi- Herstellungskosten der betreffenden Chemiefasern sowie schung mit Flachs bzw. zur Verarbeitung in der Flachsspin- aus den Verarbleitungs- und Verteilungskosten. Diese Ko- nerei. In Lenzing wurde aber bisher noch keine derartige stenrechnungen werden in den Ländern mit Staatswirtschaft Type erzeugt und auch deren Einsatz in der Flachsspinnerei ebenso wie in jenen mit Marktwirtschaft in ähnlicher Weise noch nicht bearbeitet. Technische Schwierigkeiten sind je- aufgestellt. doch dabei kaum zu erwarten. Eventuelle Probleme beruhen Zu diesen Fakten, die sich aus einer nüchternen Kostenrech- weniger auf der eingesetzten Faser,alsvielmehr auf den wirt- nung ergeben, kommen jedoch noch weitere Argumente schaftlichen Sorgen der Flachsspinnerei im allgemeinen. hinzu, die aus völlig anderen wirtschaftlichen Beweggründen In der Zwei-, Drei- und Vierzylinderspinnerei läßt sich resultieren und die zum Beispiel in Ländern mit Staatswirt- HOCHMODUL 333 rein oder in Mischung mit Baumwolle schaft grundsätzlich anders sind als in Ländern mit mehr gut und rationell verarbeiten. Schon bei der Besprechung oder weniger freier Marktwirtschaft. In den Ländern mit der textiltechnologischen Eigenschaften von HOCHMODUL Staatswirtschaft werden es Überlegungen sein, die auf lang 333 haben wir darauf hingewiesen, daß sie,auch einen guten fristigen staatlichen Wirtschaftsplänen, auf der vorhandenen Mischungspartner für Polyesterfasern abgibt. Wir haben Produktionskapazität und vielleicht auch auf den Kapazitä- auch eingehende Versuche mit emer Mischung von HOCH- ten von Wirtschaftsgemeinschaften mit anderen Ländern ba- MODUL 333 mit der zugsteifen PolyamidfaserNylon 420 sieren. Nicht selten sind jene Grunde dann ausschlaggebend von DuPont gemacht, deren Auswertung durch Tragversuche und drängen sowohl die technischen Überlegungen als auch und Laborprüfungen derzeit noch läuft. Es läßt sich aber die Kostenrechnung in den Hintergrund. schon jetzt voraussagen, daß deren Ergebnisse jenen einer Mischung HOCHMODUL 333/Polyester sehr ähnlich sein Eine ähnliche Situation, wenn auch ganz anders geartet, exi- werden. stiert in Ländern mit freier Marktwirtschaft. Hier ist es die mächtige Kraft der Werbung, der Öffentlichkeitserziehung Ebenso prüfen wir gerade die Mischung HOCHMODUL 333/ und der Markenpolitik, die für den Absatz einer Faser sor- Acrylfaser: Die Resultate dieser, Arbeiten zeigen auch hier gen muß. Den Bekanntheitsgrad einer Marke kann kein tech- neue Einsatzmöglichkeiten für HOCHMODUL 333 auf. nisches oder wirtschaftliches Argument aufwiegen, das nur Bevor nun auf die Einsatzmöglichkeiten von HOCHMODUL

2:3 Folge 27 L E N Z I N G E R BERICHTE Mai 1969

333 im einzelnen eingegangen wird, erscheint es angebracht, Abb. 3 die Preissituation für diese Faser (in Reinverarbeitung wie in Mischung) mit jener von Baumwolle zu vergleichen. Gewebepreise gekämmt In Abbildung 1 sind die Preise von Baumwolle, HOCH- MODUL 333 und Polyester sowie die der Rohstoffe einzel- ner Mischungen angegeben. Abbildung 2 zeigt den Kosten- vergleich der Garne aus diesen Rohstoffen und Abbildung 3 jenen der daraus hergestellten Gewebe, dem ein 200 g/m”- schweres Material zugrundegelegt wurde.

Rohstdfpis* AbAl

2.0 100 % Balhnwdlc 50/50 % BaumwdWHM333 dyester pE/HM333 100 % Eaumwolle SO/SO%PE/HM333 IB 33/67% PE/HM333 q 50/50% Boumwo/le/Polycskr 100% HM333 --- 100% HM333 -.. . 67/33% HU333/Polyester - ‘. 50/50% ,, I( - . 33/67% 20 34 65 100 YO Nm -- . 100 % Poly& ‘* M 10 /ex 1 20 34 65 100 140 Nm 50 10 IM US# Abb. 2 ao- Webart. Die Anwendungsgebiete der konventionellen Vis- kosefaser können durch den Einsatz von HOCHMODUL 333 erweitert werden, weil deren hohe Formbeständigkeit ao- und bessere Naßfestigkeit eine wesentliche Qualitätssteige- 100 % Baumwolle rung bewirken. Weicher Griff und fließender Fall bei gutem SO/50 % BoumwdWHM333 Körper sowie leuchtende Farben, die auch nach mehreren -- -100 % HM333 Waschen ihre Leuchtkraft behalten, machen HOCHMODUL LO- -..’ 67/33% HM 333/Polyesler -.. SO/50 % HM333/Pdyester 333 in Reinverspinnung für Dekor- wie Kleiderstoffe gleich- - 33/67% HM 333/Polyesler gut geeignet. Die ausgezeichnete Reaktivität gegenüber den -- .loo % Pdyesfer für die Wash-and-wear-Ausrüstung üblichen Harzen bedingt, daß man bei gleichem Anteil von aufgenommenem Harz zu io 34 65 160 140 Nm 50 10 tex höheren Monsantowerten gelangt als bei konventionellen Viskosefasern. Man erhält sogar eine höhere Reiß- bzw. Wei- terreißfestigkeit als bei gleichartigen Baumwallartikeln. Ob Alle diese Gegenüberstellungen zeigen, daß HOCHMODUL mit oder ob ohne Wash-and-wear-Ausrüstung, aus HOCH- 333 in Reinverarbeitung bzw. deren Mischung mit Baum- MODUL 333 lassen sich vorzügliche Waschartikel herstellen. wolle oder mit einem geringen Polyesterfaserzusatz einen Preisvorteil im höheren Garnnummernbereich bringt. Ent- 2. In Mischung mit Baumwolle scheidend wird dieser vor allem in jenem Garnnummern- bereich, für den ausschließlich gekämmte%Baumwolle in Die wesentlichen Vorteile dieser Mischung bestehen darin, Frage kommt. Der Trend zum Einsatz von HOCHMODUL daß die Gewebe eine höhere Gleichmäßigkeit und Reinheit 333 wird daher immer in den feineren Garnnummernberei- als solche aus 100 % Baumwolle besitzen. Die Mischung mit chen liegen. Hiefür sprechen auch die etwas geringere Bau- kardierter Baumwolle bringt sogar ein Gewebebild, das dem schigkeit und Fülligkeit von HOCHMODUL 333 gegenüber von Stoffen aus gekämmter Baumwolle gleicht. Im feineren Baumwolle, was sich vor allem aus der makroskopischen .Garnnummernbereich läßt die Vergleichmäßigung durch Struktur dieserFaser ergibt. HOCHMODUL 333 einen geringeren Auskämmungsgrad zu. Und nun die Einsatzgebiete von HOCHMODUL 333 im Abgesehen von den wirtschaftlichen Vorteilen, wird durch einzelnen. den HOCHMODUL 333-Anteil der Griff verbessert, und die Gewebe verhärten beim Waschen in kalkreichem Wasser,we- 1. In Reinverspinnung niger. Hinsichtlich der Leuchtkraftbeständigkeit der Farben Die Reinverarbeitung von HOCHMODUL 333 empfiehlt und der Vorteile bei einer Wash-and-wear-Ausrüstung gilt sich für feinfädige, nicht zu leichte Gewebe engbindiger das gleiche wie für HOCHMODUL 333 in Reinverspinnung.

24 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27

Außer fiir typische Waschartikel, wie Hemden, Blusen, feine Damenwäsche und Freizeitbekleidung, eignet sich die Mi- schung auch für Dekorstoffe und darüberhinaus für Sport- bekleidung, Sommer-Oberbekleidung und für eine mittel- schwere Bettware.

3. In Mischung mit Polyester

HOCHMODUL 33,3/Polyester wurde bei uns seit einigen Jahren in verschiedenen Mischungsverhältnissen eingehend geprüft. Wir haben die Versuche auf diesem Gebiet deshalb mit so ,großem Aufwand betrieben, weil einerseits in der Mischbarkeit mit Polyester einer der wesentlichen Vorteile von HOCHMODUL 333 gegenüber anderen Modalfasern liegt und weil wir uns anderseits von diesen Mischungen be- sonders viel Erfolg ,versprechen.

Die Versuche wurden bei uns an Hemdenstoffen (Imitat- popeline, Batist), jeweils mit bzw. ohne Wash-and-wear- Ausrüstung, gemacht. Wir haben Herrenhemden fti die um- fangreichen Trageversuchenicht allein deshalb gewählt, weil wir hier die größten Absatzmöglichkeiten sehen, sondern weil eben das Herrenhemd der stärksten Strapazierung hin- sichtlich Scheuerung und Wäsche ausgesetzt ist. Ein Stoff, der sich hier bewährt, kann ruhig auch für alle anderen Ein- satzgebiete empfohlen werden. Die wichtigsten Kriterien, nach denen wir unsere Beurtei- lung vorgenommen haben, waren: - Strapazierfähigkeit, - Knittererholung, - Wasserrückhaltevermögen (fti die Beurteilung der be- LINDEMANN kleidungsphysiologischen Eigenschaften), Ballenpressen - Wasch- und Bügelverhalten, - Vergrauung durch Tragen und Waschen. für höchste Ansprüche In diese Prüfungen wurden auch Hemdenstoffe aus reiner Baumwolle und solche aus Mischungen HOCHMODUL 333/ zum Pressen von Kunstfasern wie Baumwolle 50/50 und 30/70 miteinbezogen. Als Leitbild Perlon diente folgende Fo.rderung: Dralon Der ideale Hemdenstoff soll sich hinsichtlich seines Trage- Trevira komforts, das hetit also in bezug auf seine physiologischen Diolen Eigenschaften, seine Vergrauung und seine Strapaziereigen- Courtelle schaften, so verhalten wie ein reines Baumwallgewebe ohne Terylene Wash-and-wear-Ausrüstung. Was die Knittererholung be- Polyacrylnitril trifft, so soll der IStoff einem wash-and-wear-ausgerüsteten Polyester usw. Baumwollgewebe in der Art von Cottonova@ *) oder Quiko LINDEMANN Ballenpressen tan@ entsprechen. bewähren sich seit J‘ahrzehnten Zur Beurteilung der Strapaziereigenschaften haben wir in der Praxis und zeichnen sich durch Zweckmäßigkeit und a) die Gewebefestigkeit, Zuverlässigkeit aus. b) die Scheuerung am Accelerotor und Haben Sie Fragen oder Probleme? c) die Punkteauswertung des Trageversuchs (wie sie sich Schreiben Sie uns heute noch. aus den Schäden der getragenen Hemden ergab) Wir werden Sie gern beraten. herangezogen. Abbildung 4 zeigt diese drei Kriterien, aufgetragen über den LINDEMANN KG. NYDR. PRESSEN. DÜSSELDORF Erkrather Str. 401, Postfach 5229, Tel. 78151 *) @ = eingetragene:;Warenzeichen Folge 27 LENZ1 NGIIR BERICHTE Mai 1969

Mischungen. Die vollausgezeichnete Linie gilt für Gewebe Abb. 7 mit normaler Hemdenstoffausrüstung; die strichlierte Linie % fti solche mit Wash-and-wear-Ausrüstung. Hinsichtlich der +‘ 1 gewählten Zielsetzung wäre jetzt eine waagrechte Linie von O- jenen Punkten, die für die Hemdenstoffe mit normaler Aus- Veränderung ’ - rüstung gelten, zu ziehen. Zieht man diese Linie, so findet des weingrades man dieselbe Strapazierfähigkeit wie bei reinen Baumwoll- in % artikeln bei Hemdenstoffen aus einer Mischung von 20 bis 40 % Polyester mit HOCHMODUL 333.

% Polyesfcr -67-3040-40 m-0 HM 333 -3340-50-60 -10 100 BmJmwolle %

Gmvebcrrkl- festigkek in Rkm In Abbildung 8 sind die vorhin aufgezeigten Kriterien noch- mals aufgetragen, nun aber in Prozenten des Maximalwertes, das heißt des höchsten Wertes jedes Prüfkriteriums inner- halb der Serie. Fragen wir uns anhand dieser Darstellung nach dem optima- len Kompromiß, also einem Kompromiß, bei dem keines der Kriterien einen ausgesprochen ungünstigen Wert auf- weist, so gelangen wir wieder in den Bereich einer Mischung von etwa 1/3 Polyester und 2/3 HOCHMODUL 333. Auf % PolpIer -67~0-40-0 % HM333 -U-m-SO- 100-50-30-0 HM33 % Grund rein technischer Überlegungen konnten wir somit o- 50-70100 l9wmwoüe ‘/. alle oben gestellten Anforderungen durch ein Gewebe mit Wash-and-wear-Ausrüstung erhillen, das aus einer Mischung Abbildung 5 zeigt die Knittererholung, aufgetragen über den von 2/3 HOCHMODUL 333 und 1/3 Polyesterfasern be- Mischungen. Auch hier können wir wieder eine waagrechte steht. Wir verwenden für derartige Mischungen den Arbeits- Linie ziehen und gelangen dadurch etwa in denselben Be- titel HOCHMODUL 333 SV - synthetikverstärkt, um damit reich einer Mischung aus etwa 1/3 Polyester und 2/3 HOCH- auszudrucken, daß der Polyesterfaseranteil zur Verstärkung MODUL 333. des Gewebes dient. Diese Verstärkung durch Synthesefasern ist übrigens nicht neu, denn sie wird von den Erzeugern der Quikoton@-Baum- wollhemden für Kragen- und Manschettenstoffe schon seit längerer Zeit angewandt. Die Gewebe, die man dadurch er- hält, gehören einer bisher noch nicht erreichten Qualitäts- klasse an, ohne preislich zu hoch zu liegen.

Wenn heute in den Ländern mit Marktwirtschaft vorwie- gend Mischungen mit hohem Synthesefaseranteil auf dem Abbildung 6 stellt das Wasserruckhaltevermögen der einzel- Markte sind, die Mischungen mit 50 % oder weniger an Syn- nen Mischungen dar. Auch hier gilt wieder, daß das gleiche thesefasern aber nur ganz langsam vordringen, so hat dies Wasserrückhaltevermögen wie ein nichtausgerüstetes Baum- nicht nur in technischen Belangen seine Ursache, sondern wollgewebe von einer Mischung erreicht wird, die etwa aus zum Teil auch in der derzeit geübten Markenpolitik der mei- 1/3 Polyester und 2/3 HOCHMODUL 333 besteht. sten Synthesefaserhersteller.

Abbildung 7 zeigt die Vergrauung der einzelnen Mischun- gen durch das Waschen.

26 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27

% lo(l Praxente dcs 90 ~xima/w*rtcs 60 Mximalwwl 70 van jedem Rüfkrituium 60 GmrbcGswde dtgdmcht u. phbichtphbkht innerhalb dw 50 oh Ausrüstung Gewcbcscrn ist 40 100 % gkichge - setzt. 3t1 Zl: 10 0 % 67-SO-@- Poly*stu 0 33- =-60-Hochmodul 333 -100 -Hochmodul 333 ~ 50 30 0 - f3cwmwoflc 5op70-- ,& %

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(Mehrkomponentenmischer) Folge 27 LENZINGER BERICHTE

HOCHMODUL 333 wähnt werden, was besonders in der Spinnerei bei der Ver- Verarbeitungshinweise für die Spinnerei arbeitung zu berücksichtigen ist, um Fehler zu vermeiden. Gerade bei einem so wertvollen Rohstoff, wie es die modi- fizierten Viskosespinnfasern schon von der Herstellung her sind und die auch in der Regel nur fir hochwertige Artikel eingesetzt werden, darf nichts außer acht gelassen werden, was den Rohstoff in irgend einer Weise schädigen und da- durch den Wert der Ware mindern könnte. Unachtsamkeit Ing. Ernst H o 1 z m a n n bei der Lagerung sowie Fehler bei der Verarbeitung können Chemiefaser Lenzing AG., Lenzing nicht mehr gutzurnachende Schäden anrichten, was umso kostspieliger werden kann, wenn für Fasermischungen noch teurere Mischungspartner, wie zum Beispiel gekämmte Baumwollen oder Synthetics zum Einsatz kommen. Daher soll das nachstehend Gesagte vor allem dem weniger erfah- renen Chemiefaserspinner als Information dienen. Dieser Artikel soll dem Interessenten und Verarbeiter der Faser Die heutzutage aus produktionstechnischen und wirtschaft- HOCHMODUL 333 Hinweise geben, wie diese rationell verarbeitet lichen Gründen von den Chemiefaserherstellern angewand- werden kann und welche Möglichkeiten sich bei der Mischung mit ten höheren Preßdichten im Ballen machen es erforderlich, Baumwolle bzw. mit Chemiefasern anbieten. Ferner wird aufgezeigt, was bei der Verarbeitung beachtet werden soll, um ein qualitativ diese vor der Verarbeitung zu öffnen und im geöffneten, hochwertiges Ger,pinst zu erhalten. von der Verpackung befreiten Zustand mehrere Stunden Weiters wurde im Zuge umfangreicher Ausspinnungen der für die (nach Möglichkeit über Nacht) in einem klimatisierten, Reinverspinnung von HOCHMODUL 333 sowie der fur verschiedene nicht zu kalten Raum stehen zu lassen. Bei dieser Gelegen- Mischungen mit Baumwolle günstigste Garndrehungsbcrcich ermit- heit können sich auch geringfügige Feuchtigkeitsschwankun- telt, um optimale Garnfestigkeitswerte zu erhalten. gen, wie sie innerhalb der Ballen oder von Ballen zu Ballen üblicherweise vorhanden sein können, weitestgehend aus- gleichen. The present papc:r is intended to inform prospective buyers and pro- cessors of “HIGH MODULUS 333” fibers on methods of economical Für eine gute Verarbeitbarkeit soll die Materialfeuchtigkeit processing and on the results to be obtained by blending with cotton bei Regeneratzellulosefasern durchschnittlich zwischen 9 or man-made fibers. It further Points out certain criteria to be ob- und 12 Prozent liegen, was bei einem Spinnklima von ca. served during processing with a view to obtaining high quality . 50 bis 60 Prozent relativer Luftfeuchtigkeit gute Verarbei- The Optimum range of twist for highest strength of yarns made tungsbedingungen garantiert. of HIGH MODULUS 333 alone and in various blends with cotton has been determined in the course of extensive spinning trials. Was das Anlegen einer Mischung betrifft (soweit dieser Aus- druck bei einer Reinverspinnung von HOCHMODUL 333 gerechtfertigt ist), bewahrt es sich auch bei HOCHMODUL 333 mit einer möglichst großen Ballenvorlage zu arbeiten, HOCHMODUL. 333 (oder HM 333, wie sie in der Praxis be- wobei das Minimum zehn Ballen darstellt. Wird noch über zeichnet wird) ist eine modifuierte Viskosespinnfaser der das Mischfach gearbeitet, so empfiehlt es sich, dieses hori- Chemiefaser Lenzing Aktiengesellschaft von hoher Qualität zontal aufzubauen und vertikal abzubauen. überlappender und mit speziellen physikalischen Eigenschaften. Diese Fa- Lagerabbau aus mehreren Waggons oder Lieferungen garan- ser hat eine hohe Trocken- und Naßfestigkeit sowie eine ge- tiert gleichmäßige Verarbeitungsbedingungen und homo- gene Anfarbung auch bei heikler Ware. ringere, der Baumwolle angenäherte Dehnung, und die dar- . aus hergestellten Artikel weisen hohe Festigkeit, gute Form- Was die maschinentechnischen Erfordernisse fur die Verar- stabilität und einen minimalen Warensehrumpf auf. beitung von HOCHMODUL 333 betrifft, so kann praktisch jede existierende Batteuranlage Verwendung finden. Es soll- Der vorliegende Bericht soll ganz allgemein dem Praktiker - ten nur nicht zu viele Schlagstellen bzw. faserschädigende insbesondere dem Spinner - einige Hinweise geben, wie diese Schlagorgane vorhanden sein. Als am besten geeignet und neue Faser rationell verarbeitet werden kann. Es sollen auch als vollkommen ausreichend hat sich eine Anordnung, be- jene Möglichkeiten aufgezeigt werden, die sich bei Reinver- stehend aus einem oder aus mehreren Blendern, einem Dop- spinnung von HOCHMODUL 333, aber auch in Mischung pelkastenspeiser mit Füllschacht und einer Einfachschlag- mit Baumwolle oder mit Synthetics (wie z.B. Polyester) an- maschine mit Kirschner-Flügel samt dem dazugehörigen bieten. Wickelapparat, bewahrt. Die Schlägertouren des Kirschner- Flügels wählt man zwischen 600 und 800 Umdrehungen per Reinverspinnung von HOCHMODUL 333 Minute und die Einstellung des Schlagkreises zum Einzug- Obwohl dem erfahrenen Spinner alle wesentlichen Faktoren, zylinderklemmpunkt mit ca. 14 mm (bei 40 mm-Stapel). die Verarbeitung von Viskosespinnfasern betreffend, hinrei- Was die Belastung der Kalanderwalzen betrifft, so hat die chend bekannt sein werden, soll eingangs verschiedenes er- Erfahrung gezeigt, daß diese bei der Verarbeitung von Vis-

28 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27 kosespinnfasern nicht höher als 1000 bis 1.500 kg (inklusive Für die Verspinnung von HOCHMODUL 333 wird empfoh- Eigengewicht der Kalanderwalzen) sein soll, um Glanzstel- len, sich an die nachstehenden, allgemein bekannten Einstel- len in der Wickelwatte und damit eine Schädigung der Fa- lungen zu halten: sern zu vermeiden. Mischt man HOCHMODUL 333 mit Vorreißer/Trommel 7/ 1000 Zoll Synthetics, so wird man in der Regel einen Kompromiß bei Vorreißer/Mulde 10 - 12/1000 Zoll der Kalanderwalzerbelastung eingehen müssen, da die Syn- Deckel (vom Einlauf) 12- 1O- 1 O- 1 O-7/ 1000 Zoll thetics üblicherweise höhere Belastungen verlangen. Abnehmer/Trommel 6 - 7/ 1000 Zoll Ein Schalen der Wickel kann man nicht immer allein durch Abnehmer/Hacker 12/ 1000 Zoll die Erhöhung der Kalanderwalzenbelastung beheben, son- Deckeleinlaufblech 10/1000 Zoll dern vielmehr durch eine Änderung des Saugstromes, sodaß Bei Mischungen von HOCHMODUL 333 mit Synthetics der Anflug der Flocken vorwiegend auf nur eine Siebtrom- wird man je nach Anteil und Feinheit der Synthesefasern mel erfolgt. Auch der Umbau alter Batteure auf eine ein- die Deckeleinstellung etwas weiter wählen müssen. zige Siebtrommel (in der Art, wie derzeit die Batteure kon- Die Verarbeitung von HOCHMODUL 333 an den Strecken struiert werden) bringt eine Lösung des Problems. kann sowohl auf normalen Maschinentypen als auch auf All das vorstehend Angeftirte bezieht sich aber nicht aus- Hochleistungs- bzw. Schnelläuferstrecken erfolgen. Zwei schließlich auf die Verarbeitung von HOCHMODUL 333, Streckenpassagen sind in der Regel ausreichend, wobei die diese Hinweise gelten vielmehr auch für jede andere Chemie- Doublierung je nach Konstruktion der Maschine sechs- oder faser. achtfach je Passage sein kann. Liefergeschwindigkeiten bis Für die Verarbeitung von HOCHMODUL 333 auf der Karde zu 250 m per Minute und auch darüber sind durchaus mög- können sowohl Karden mit flexiblen Garnituren als auch lich. Bei Verwendung von synthetischen Druckrollerbezügen Ganzstahlkarden Verwendung finden, ebenso Hochleistungs- hat sich eine Shore-Härte von 80 bis 84” gut bewahrt. Bei karden bzw. auf Hochleistung umgebaute Karden. Wichtig klimatisch ungünstigen Verhältnissen empfiehlt es sich, ist - und dies ist wohl auch für die Verarbeitung anderer einen geeigneten Zylinderlack zu verwenden. Die Faser Rohstoffe gleicher Type von Bedeutung -, da13die Karden- HOCHMODUL 333 hat aber von Haus aus eine so gute Prä- garnituren einen guten Schliff aufweisen, sich in einem erst- paration, daß selbst bei ungünstigem Klima und hoher Lie- klassigen Zustand bmefindenund genau eingestellt sind. Es ist ferleistung einwandfreie Laufbedingungen zu erwarten sind. unbedingt von Vorteil, wenn der Vorreiger bei der Verarbei- Bei der Einstellung des Streckwerkes richtet man sich nach tung von Chemiefasern einen Vorreißerdraht mit negativem den bei normalen Viskosespinnfasern üblichen Werten. Spe- Brustwinkel hat. zielle Einstellungen sind nicht erforderlich.

Drehungsbereich für optimale Garnfestigkeit bei 100 % HWM 333 - 100 ‘1. B’wolle kard. und deren Mischungen

Abb. 1

39 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1S69

Als Flyer wird man heute wohl allgemein den Hochvenugs- zielung optimaler Gamwerte entscheidend. in umfangrei- @er wahien. AUe bewährten Streckwerksysteme eignen chen Spinnversuchen wurde jener Drehungsbereiih ermit- sich zur Verarbeitung von HOCHMODUL 333 $eich gut, telt, der eine optimale Garnfestigkeit ergibt. Wie sehr diese ebenso aber auch ältere Systeme. Auch am Flyer geiten fur von der richtigen Gamdrehung abhängt, ist aus den Kurven die Streckwerkeinstdung die bei den normalen Viskose- in Abbiidung 1 (bezogen auf Garn Ne 30 bzw. Nm SO) deut- fasern gleicher Type üblichen Einstellungs- und Maschinen- lich zu ersehen. daten. Was die Vorgamdrehung betrifft, so SOU diese nicht Um dem Verarbeitet von HOCHMODUL 333 von Anfang zu hoch gewählt werden, um Venugsschwierigkeiten auf an das Finden der richtigen Gamdrehung fiu die entspre- der Ringspinnmaschine zu vermeiden. Steht für die richtige chende Gmummer zu erleichtern, wurde auf Grund um Einstellung der Vorgamdrehung ein Resistiro-Rex zur Ver- rer Erfahrungen das in Abbiidung 2 gezeigte Diagramm er- figung, so soll die Diagrammiinie bei 6 liegen. stellt. Die obere und die untere Linie schüeßen jenen Be- An der Ringspinnmaschine hat sich das heute aügemein ub- reich ein, den man weder über- noch unterschreiten sd. liche Doppelriemchenstreckwerk bestens bewährt, aber in beiden Failen (db. bei wesentlicher Uber- oder Unter- auch Einriemchenstreckwerke und andere Systeme, wie sie schreitung dieser Grenzlinien) wurde die Reißfesti&eit des noch fallweise angewandt werden, eignen sich genauso gut Gams abnehmen, im unteren Drehungsbereich die Gefahr (insbesondere bei Reinversphung von HOCHMODUL 333) von Schleichfaden (Schleiffaden) entstehen und daher fur Die hohe Faserfestieit und die guten Spinneigenschaften den Spinner keinerlei Vorteile mehr bringen. von HOCHMODUL 333 ermogiichen eine nicht unbetrdcht- Eine Viskosespinnfaser, wie HOCHMODUL 333, mit der- . liche Leistungssteigerung an der Ringspinnmaschine, aber art hohen Quaiitabeigemhaften eignet sich natürlich nicht auch eine Anhebung der Ausspinngrenze der Type 1,7(1,S)/ bl& zur Reinverspinnung, sondern ganz besonders zur Her- /40bis zu Ne 60 bzw. Nm 100. stellung hochwertiger Mischgebpinste. Dabei ergeben sich Die richtige Wahl der Gamdrehung ist für eine vde Aus- naturgemäß einige Probleme, denn eine Mischung von Fa- nutzung der Leistung in der Spinnerei, aber auch für die Er- sern mit verschiedenen Eigenschaften muß sehr homogen

Abb. 2

30 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 . sein, um nicht speziell den Färber sowie den Ausrüster vor einer Chemiefaser zu einer Naturfaser entsteht. Sicherlich unlösbare Schwierigkeiten zu stellen. Hier muß der Spinner wird man mit jeder anderen Chemiefaser gleichen Stapels einige wichtige Richtlinien beachten, die nachstehend auf- zu einem ähnlichen Ergebnis kommen, doch wurden die gezeigt werden. Prinzipiell kann man sagen, daß sich in der Eigenschaften von HOCHMODUL 333 bewußt jenen der Praxis bisher sowohl Mischungen der Faser HOCHMODUL Baumwolle angenähert, um einen geeigneten Mischungspart- 333 mit Baumwolle als auch solche mit Polyester bestens ner für diesen Rohstoff zu erhalten. bewahrt haben. Die Aufwertung des Faserstapels bringt natürlich noch eine Vielzahl anderer Vorteile, die zur besseren Verständlichkeit Verspinnung von HOCHMODUL 333 mit Baumwolle ebenfalls in Diagrammen aufgezeigt werden. So verbessern Bei der Mischung von HOCHMODUL 333 mit Baumwolle sich mit zunehmendem Prozentsatz an HOCHMODUL 333 erzielt man ganz allgemein schon visuell ein besseres Garn- insbesondere die Garngleichmäßigkeit (Uster-Prozente - und Gewebebild als bei der Verwendung von reiner Baum- Abb. 4) die Reißfestigkeit des Garns (p/tex - Abb. l), aber wolle. Dabei ist es unwesentlich, ob man eine kardierte oder auch bereits der Uster-Wert des Vorgarns (Abb. S),und eben- eine gekämmte Baumwolle heranzieht. Die Ware bekommt so ändert sich die Höhe der erforderlichen Vorgarndrehung einen seidigen Lüster und einen weichen, ansprechenden (Abb. 6). Alle diese Faktoren bringen - außer einer besseren Griff. Da man außerdem noch zwischen glänzender oder Garnqualität - eine nicht unbedeutende Erhöhung der Pro- matter HOCHMODUL 333-Type wählen kann, bieten sich duktion durch eine Reduzierung der Drehungswerte (Vor- noch weitere Möglichkeiten, den Warenausfall zu beeinflus- garn, Garn). sen. Mit kardierter Baumwolle zum Beispiel wird man eine Die Kurven in Abbildung 1 sind das Ergebnis einer Ver- Qualität in der Art leicht gekämmter Baumwolle erhalten, suchsreihe, die mit besonderer Sorgfalt durchgeführt wurde. oder - bei Verwendung gekämmter Baumwolle - ein qualita- Es sollte dadurch in erster Linie die tatsachlich auftretende tiv noch hochwertigeres Produkt. Qualitätsverbesserung, die durch die Beimischung von Aus begreiflich.en Gründen wird man bei der Herstellung HOCHMODUL 333 zu Baumwolle entsteht, gegenüber eines Mischgespinstes aus HOCHMODUL 333 und Baum- 100 %iger Baumwolle (bezogen auf Garn Ne 30 bzw. Nm 50) wolle bis nach der Karde getrennt arbeiten und erst an der aufgezeigt werden. Strecke mischen. Obwohl es empfehlenswert wäre, zur Er- Je nach dem Spinnstapel der einzusetzenden Baumwolle zielung einer wirklich homogenen Mischung mehr als nur wird man auch die entsprechende Schnittlänge bei HOCH- die gewöhnlich zur Verfügung stehenden zwei Streckenpas- MODUL 333 wählen. Um eine Aufwertung des Gesamtfaser- sagen einzusetzen, wird dies nur in den seltensten Fallen re- stapels und damit bessere Verarbeitungsbedingungen zu er- alisierbar sein. Hier wird jeder Spinner selbst entscheiden halten, kann die Schnittlänge von HOCHMODUL 333 um müssen, wie weit er mit den gegebenen Möglichkeiten aus- 2 bis maximal 3 mm länger sein als der Spinnstapel der kommt, da dies nicht zuletzt auch noch eine Kostenfrage Baumwolle. Größere Differenzen bringen, je nach den spinn- ist. Dasselbe gilt auch für die Frage, ob man die Karden- technischen Gegebenheiten und je nach der auszuspinnen- bänder der einzelnen Faserkomponenten vorerst verstreckt den Garnnummer, keine Verbesserung mehr, sondern eher und erst danach mischt, oder ob man gleich auf die erste eine Verschlechterung der Garngleichmäßigkeit und somit Streckenpassage geht. Auf Grund der vorhandenen Erfah- der Garnwerte. Natürlich wird auch entscheidend sein, wel- rungen kann aber gesagt werden, daß zwei Streckenpassagen che Streckwerktypen im Vorwerk bzw. an der Ringspinn- für normale Ansprüche vollkommen ausreichen, wobei be- maschine zur Verfugung stehen. reits an der ersten Passage gemischt werden soll. Es emp Em Faktor, der bei der Herstellung von Mischgespinsten aus Behit sich auch,an der ersten Streckenpassage bzw. an jener, HOCHMODUL 333 mit Baumwolle nicht übersehen werden wo die Mischung erfolgt, die Einlaufstellen der jeweiligen darf, ist das Fadenvolumen eines solchen Mischgarns. Je Faserkomponenten zu markieren, damit man stets den glei- höher der HOCHMODUL 333-Anteil ist, desto weniger fül- chen Mischungiseffekt erzielt. Die prozentual kleinere Kom- lig, das heißt umso glatter wird das Garn ausfallen. Um die- ponente soll man dabei nach Möglichkeit in die Abliefe- sem Umstand Rechnung zu tragen, wird man bei der Wahl rungsmitte eimaufen lassen. Unachtsamkeiten auf diesem der Garnnummer bzw. der Gewebeeinstellung darauf Rück- Gebiet können - besonders bei der Mischung von Faserkom- sicht nehmen müssen, insbesondere dann, wenn man ein ponenten mit stärker differierender Anfarbbarkeit - zu un- Produkt erhalten will, das einem Baumwollgewebe gleich- liebsamen Überraschungen führen. Entsprechend der vor- wertig ist. In der Praxis sieht das so aus, daß die Garnnum- handenen Doublierungsmöglichkeit an der Strecke, bieten mer des Mischgespinstes je nach Höhe des HOCHMODUL sich die verschiedensten Mischungsvarianten an (z.B. 16/84, 333-Anteils um ca. 5 bis 10 Prozent gröber gehalten werden 33167, 50150 oder 12188, 24176 % usw.). Außerdem kann muß, um eine gleichwertige Fülligkeit im Gewebe zu erzie- die Kardenbandnummer verschieden gehalten sein, um eine len. noch größere Variationsspanne zu haben. Unter der Voraussetzung, daß man einen bereits eingeführ- Auf welche Weise sich der Spinnstapel der Baumwolle durch ten Artikel im Warenbild verbessern will, ohne seine Eigen- Mischung mit HOCHMODUL 333 verbessert, zeigen die Sta- schaften im wesentlichen zu verändern, sollte der Anteil der peldiagramme !in den Abbildungen 3a bis 3e. Aus ihnen wird jeweiligen Komponente nicht zu hoch gewählt werden. Will eindeutig der Vorteil ersichtlich, der durch die Beimischung man der Ware den speziellen Griff der Baumwolle belassen,

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mm 40 I Abb. 3 a: Kardenband, 100 % Baumwolle Peru Mittlere Faserlänge: 19,32 mm Hauptlänge: 23,00 mm Variationskoeff. : 39,40 %

IO 20 30 40 50 60 70 ao 90 100 '1.

Abb. 3 b: Streckenband, 2. Passage 67 % Baumwolle Peru, 33 % HOCHMODUL 333, 1,7 (1,5)/40 glänzend, gemischt auf 1. Streckenpassage. Mittlere Faserlange: 27,43 mm Hauptlänge: 37,00 mm Variationskoeff.: 12,63 %

10 20 30 40 50 60 70 ao 90 100 '1.

mm Abb. 3 c: Streckenband, 2. Passage 50 % Baumwolle Peru 50 % HOCHMODUL 333, 1,7 (1,5)/40 glänzend, 30 _ ------.-- gemischt auf der 1. Streckenpassage. 20 Mittlere Faserlänge: 27,43 mm Hauptlänge: 37,00 mm 10 Variationskoeff.: 12,63 %

40 L 10 20 30 40 50 60 70 ao 90 100 %

mm 40 k Abb. 3 d: Streckenband, 2. Passage 33 % Baumwolle Peru 30 67 % HOCHMODUL 333, 1,7 (lSY40 glänzend, gemischt auf der 1. Streckenpassage. 20 Mittlere Faserlänge: 27,69 mm Hauptlänge: 37,00 mm 10 Variationskoeff.: 40,80 %

10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%

mm Abb. 3 e: Kardenband, 100 % HOCHMODUL 333, 1,7 (1,5)/40 glzd. ------Mittlere Faserlänge: 34,11 mm 30 Hauptlänge: 35,OO mm Variationskoeff.: 16,30 mm 20

10

40 t 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100%

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diesen aber etwas weicher und fließender halten - auch nach mehreren Wäschen -, dann sollte man über eine 50 %ige Bei- . 1 100 %BW mischung von HOCHMODUL 333 nicht hinausgehen. ,./-.--.-” . * f *./-.- ./,>.c-’ . . . . Verspinnung von HOCHMODUL 333 in Mischung -a- 67133 %BW/HM 333 mit Synthesefasern . -B- 60/60%6W/HM333

“““““b”. 33/67-l.BW1H~333 Ähnliche Überlegungen wird man auch bei Mischgespinsten .- 100-,.HM333 aus HOCHMODUL 333 mit einer synthetischen Faser an- stellen. Hier empfiehlt es sich (vom spinntechnischen Stand- II - ’ ’ ’ ’ ’ * ’ “. 8 ’ punkt her und wegen der andersartigen Fasereigenschaften), 12 14 16 16 20 22 24 26 26 30 35 Garn TI” wenn möglich, bereits in der Flocke oder vor der Karde zu mischen. Da eine Mischung im Mischbett nicht immer die Abb. 4 Gewahr gibt, daß das Mischungsverhältnis auch über die gan- ze Spinnpartie konstant gehalten werden kann, wäre es gut, wenn man auf einem Doublierbatteur mit Wickelvorlage mischt. Am Doublierbatteur - durch die Zahl der vorgeleg- ten Wickel bedingt - erhält man ja nicht nur bestimmte Mi- schungsverhaltnisse, sondern es ergeben sich durch das Vari- ieren des Wickelwattegewichtes noch viele weitere Möglich- keiten. Man muß aber darauf achten, daß die Fasern, insbe- sondere solche aus HOCHMODUL 333, nicht durch die mindestens zweimalige Passageüber einen Kirschner-Flügel A geschädigt werden. Die Schlägertouren des Kirschner-Flügels

0 sind so weit wie möglich herabzusetzen. Auf keinen Fall sol- len Schienenschläger oder Nasentrommelschläger Verwen- dung finden. Wie schon eingangs erwähnt, verlangt die synthetische Faser in der Regel eine höhere Kalanderwalzenbelastung, um gut ablaufende und nicht zu voluminöse Wickel zu ergeben. Um dabei die beigemischte HOCHMODUL 333 nicht zu schädi- 100 % 67/33% 50/5OY. 33167% 100% gen, muß mit der Kalanderwalzenbelastung so weit wie mög- BW BW/HM333 BWlHM333 BWIHM333 HU 333 lich zurückgegangen werden. Was die Wahl der richtigen Faserlänge betrifft, so wird man 5 : Uster-Ungleichmäßigkeit im Vorgarn (Hochverzugflyer) bei einem Mischgespinst aus HOCHMODUL 333 und Poly- ester die gleiche Schnittlänge für beide Komponenten neh- men. Änderungen in den Maschineneinstellungen gegenüber einer Reinverspinnung von HOCHMODUL 333 sind in der Regel nicht erforderlich und nur je nach Maschinenkon- . struktion fallweise notwendig. Es ist vorteilhaft, je nachdem welche Faserkomponente überwiegt, die Empfehlungen des Rohstofflieferanten dieser Komponente zu beachten und durch kleine Vorversuche die richtigen Werte zu ermitteln. l _ Nachstehende Tabelle zeigt, welche Garnwerte bei solchen 9- . Mischgespinsten erzielt werden können. Auch bei diesen Er- 6- gebnissen handelt es sich um Richtwerte, die im Zuge um- i- fangreicher Versuchsausspinnungen ermittelt wurden. 2- 0 70 % Polyester 50 % Polyester 0 1.2140 matt 1.2/40 matt 30 % HM 333 50 % HM 333 . 1.5/40 glzd. 1,5/40 glzd. L- , Garn Nm/Ne 65/38,4 65/38,4 100 l /. 67133% 50150 % 33167% 100% Reißfestigkeit 26,l 24,5 BW BWIHM333 BW/HM333 BWI HM 333 HM 333 p/tex (Rh) Bruchdehnung in % 10,6 10,3 Variations- 12,6 ll,o Abb. 6. Vorgarn-Drehung-Hochverzugflyer koeffizient in %

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Was die klimatischen Bedingungen bei der Verarbeitung von HOCHMODUL 333 betrifft, so gelten hier dieselben Voraus- setzungen wie fü:r normale Viskosespinnfasern. Ein Klima von 50 bis 60 % :relativer Luftfeuchtigkeit und 22 bis 24°C ist auch bei Mischungen mit Synthetics ausreichend und fuhrt zu guten Verarbeitungsbedingungen. Eine relative Luftfeuchtigkeit von 50 % sollte nach Möglichkeit nicht wesentlich unterschritten werden. Dies gilt auch für eine Verspinnung mit IBaumwolle.

Zusammenfassungl Abschließend kann gesagt werden, daß die Faser HOCHMO- DUL 333 dem Spinner bei der Verarbeitung sowohl in Rein- verspinnung als auch in Mischung mit Baumwolle bzw. Syn- thetics (Polyester) keine Probleme bringen wird, wenn die angefuhrten Hinweise berücksichtigt werden. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, da13diese Hinweise keine speziel- len Erfordernisse ftir die Verarbeitung von HOCHMODUL 333 sind, sondern bei jeder Viskosespinnfaser im engeren Sinne und bei jedler Chemiefaser im weiteren Sinne berück- sichtigt werden sollten. Es bleibt zu hoffen, daß dieser Artikel dazu beiträgt, auch die noch Zögernden unter unseren Kunden davon zu über- zeugen, daß sie ihr Spinnprogramm mit dieser neuen Faser . ein Name, der aus Lenzing sehr wohl erweitern können. die Pflege traditloneller Erkenntnisse mit moderner Forschung und Entwicklung verblndet. . Wählen Sie als Ihren Berater: STOCKHAUSEN

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Veredlung von Artikeln aus 100 % HOCHMODUL 1. Veredlung von Artikeln aus 100 % HOCHMODUL 333 333, sowie solchen aus Mischungen mit Baumwolle bzw. Synthetics a) Entschlichten Das Entschlichten von HOCHMODUL 333 wird genauso wie bei normalen Viskosestapelfaserketten vorgenommen und richtet sich nach der eingesetzten Schlichterezeptur. Bei Schlichten, die auf Stärkebasis beruhen, ist eine restlose Entfernung dieser Präparate erforderlich, was manchmal speziell bei Verwendung billiger Produkte sehr zeitaufwen- Rudolf S e i d 1 e r , Textiltechniker, dig ist. Es empfiehlt sich deswegen eine genaue überwa- Chemiefaser Lenzing Aktiengesellschaft, Lenzing chung, ob diese Präparate auch völlig entfernt wurden, da sonst in Färberei, Druckerei und Ausrüstung Störungen und Fehler auftreten können, die darauf zurückzuführen sind. b) Abkochen Bei der heutzutage üblichen Verwendung von wasserlösli- In vorliegender Arbeit werden kurz die einzelnen Veredlungsvor- chen Schlichten genügt em normales Abkochen unter Zu- gänge beschrieben, die Artikel aus oder mit HOCHMODUL 333 satz eines Netz- und Waschmittels, sowie von 0,5 bis 1 g/l durchlaufen müssen, damit ein gefälliges und strapazfahiges Fertig- Soda bei 80°C während einer Einwirkungsdauer von 15 bis produkt anfällt und Fehlschläge während dieser Prozesse vermieden 20 Minuten. Die betreffenden Hilfsmittel können von der- werden. selben Art wie für normale Viskosestapelfasern bzw. für Baumwolle sein. Dieser Arbeitsprozeß kann auch mit für The present Paper briefly describes the various finishing operations andere Zellulosefasern geeigneten Maschinenaggregaten to which articles made of, or containing HIGH MODULUS 333- durchgeführt werden. fiber must be subjected to obtain attractive as well as hard-wearing finished products, and tells how to avoid disappointments during c) Mercerisieren und Laugieren these operations. Bei Artikeln aus reiner HOCHMODUL 333-Faser erübrigt sich ein Mercerisieren, da durch den Einsatz einer glänzen- den bzw. einer matten Type der Glanzeffekt nach Wunsch gesteuert werden kann. Der erzielte Ausfall ist jeder Merce- Bekanntlich haben die Modalfasern, die in den letzten Jah- risierung gleichwertig oder sogar besser. ren auf den Markt kamen, immer mehr an Bedeutung ge- Um eine bessere Farbaffinität bzw. Harzaufnahme zu errei- wonnen. Auch die Chemiefaser Lenzing Aktiengesellschaft chen, ist eine Laugierung mit Natronlauge bei 6 bis 8” Be hat eine derartige Fasertype entwickelt, die unter dem Mar- (kalt) zu empfehlen. Diese Behandlung, die keinen Nachteil kennamen ,,HOCHMODUL 333” seit längerer Zeit grob- der Modalfasern bedeutet, wird deswegen durchgeführt, weil technisch erzeugt und angeboten wird. Auf die speziellen dieser Zwischenprozeß in gut eingerichteten Betrieben keine Vorteile dieser Faserart gegenüber den herkömmlichen Vis- Mehrkosten verursacht und nur auf den unterschiedlichen kosespinnfasern soll hier nicht naher eingegangen werden. Quellwerten beruht, die bei normalen Viskosefasern zwi- In diesem Aufsatz wird lediglich versucht, dem Praktiker zu schen 90 und 120 %, bei den Modalfasern aber bei 60 bis zeigen, wie er Artikel aus oder mit HOCHMODUL 333- 80 % liegen. Fasern bei der Veredlung behandeln soll, damit er Fehl- d) Bleichen schläge vermeidet. Ausdrücklich sei darauf hingewiesen, daß die beschriebenen Arbeitsprozesse bereits mit bestem Er- Artikel aus 100 % HOCHMODUL 333 verfugen über einen folg seit längerer Zeit in Großbetrieben durchgeftirt wur- ausreichenden Weißgehalt, sodaß sich im allgemeinen eine den. Bleiche erübrigt. Für bestimmte Ausfalle, etwa bei Pastell- Um dieses umfangreiche Thema auf dem uns zur Verfugung tönen und Weißware, ist eine zusätzliche Bleiche jedoch stehenden Raum in verständlicher Form bringen zu können, manchmal nicht zu umgehen. Hiefür werden die gleichen kann nur auf das Wichtigste eingegangen werden. Wir wol- Maschinen und Apparate verwendet, wie sie bei einer nor- len aber nicht versäumen, den Farb- und Chemikalienwer- malen Viskosestapelfaser zum Einsatz kommen. Als Bleich- ken, die uns bei den hiefür erforderlichen Arbeiten unter- mittel empfehlen wir die schonende Chlorit- oder Hypo- stutzt haben und deren Produkte im Text namentlich ange- chloritbleiche, deren Anwendung gute Erfolge verspricht fuhrt sind, fir ihre Mitarbeit zu danken. und die als faserschonend bekannt ist. Durch die Zugabe eines optischen Aufhellers (wie dies hir normale Viskose- Der besseren Übersicht halber wird in Tabelle 1 auf den Ar- faserartikel empfohlen wird) zum Bleichbad oder in die beitsablauf bei der Behandlung der betreffenden Proben nachfolgenden Veredlungsbäder ist eine Aufhellung mög- (100 % HOCHMODUL 333 oder HOCHMODUL 333 in Mi- lich, die dem gewünschten späteren Warencharakter ent- schung mit Baumwolle bzw. mit Polyester) hingewiesen. spricht.

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Tabelle 1: Gegenüberstellung der verschiedenen Veredlungsprozesse bei Artikeln aus HOCHMODUL 333

HOCHMODUL 333Kynthetics IO0 % HOCHMODUL 333 HOCHMODUL 333/Baumwolle (Polyester)

entschlichten entschlichten entschlichten abkochen abkochen abkochen laugieren (bei Bedarf) mercerisieren (bei Bedarf) laugieren (bei Bedarf) bleichen (bei Bedarf) bleichen (bei Bedarf) bleichen (bei Bedarf) eGmgl?n (bei Bedarf) sengen (bei Bedarf) sengen (bei Bedarf) thermofixieren färben färben färben bedrucken bedrucken bedrucken ausrüsten ausrüsten ausrüsten e) Sengen zeigten gute Echtheiten, die in vielen Fällen brillantere Da die Modalfaser ‘der Chemiefaser Lenzing AG. hauptsäch- Farbausfälle als bei Baumwolle brachten. Durch die unter- lich als Baumwalltype erzeugt wird und hieraus zumeist Ar- schiedliche Molekiilgröße der eingesetzten Farbstoffe glei- tikel mit glattem Warenbild bzw. glatter Oberfläche herge- cher Klasse können leichte Differenzen in der Anfärbetiefe stellt werden, ist für diesen Ausfall manchmal ein Sengen er- eintreten. forderlich. Dieser Arbeitsgang wird auf den hiefür üblichen Im allgemeinen kann gesagt werden, daß die HOCHMODUL Sengmaschinen vorgenommen und richtet sich nach dem ge- 333-Faser etwas heller anfärbt als die normale Viskosestapel- wünschten Warencharakter. Wann das Sengen durchgeführt faser. Diese Eigenart ist jedoch bei allen Modalfasertypen zu werden soll, hängt davon ab, ob es sich um Weiß- oder Farb- finden und trifft nicht nur für die Hochmodulfaser allein ware handelt. Im allgemeinen genügt ein beidseitiges Sengen zu. Tabelle 2 gibt in einer Gegenüberstellung verschiedene mit mittlerer Flammhöhe bei einer Warengeschwindigkeit Farbstoffklassen wieder, wobei die Anfärbungen von HOCH- von 60 bis 80 m/min. MODUL 333 mit jenen der normalen Viskosefaser vergli- chen werden. f) Färben Die Beurteilung der einzelnen Ausfärbungen erfolgte visuell Durch das den Modalfasern eigene niedrige Quellvermögen nach Punkten durch einen erfahrenen Coloristen. Diese ist das Färben von Wickelkörpern - sei es von Garnen oder Punktebewertung gibt jenen Unterschied in der Farbtiefe Stücken - sehr vorteilhaft. Die Aufwickelspannung kann des- an, der von einem geübten Auge gerade noch Wahrgenom wegen bedeutend niedriger als bei normalen Viskosefasern men wird. Die helleren Ausfärbungen sind mit dem Vor- gehalten werden und liegt in ähnlicher Härte wie bei reinen zeichen -, die dunkleren (tieferen) Ausfärbungen mit t an- Baumwallartikeln. gegeben. Niedrige Quellung ist auch beim Einsatz von Farbstoffen Die hier angeführten Ergebnisse wurden an einem Material bei hohen Laugenkonzentrationen vorteilhaft und gibt die erzielt, das nicht laugiert war, obwohl durch eine solche Gewähr, daß die Farbflotte das Färbegut gleichmäßig durch- Behandlung noch eine Verbesserung der Anfärbetiefe zu er- dringt. reichen gewesen wäre. Wie man aus der Gegenüberstellung entnehmen kann, sind - je nach Farbstoffherkunft - geringe Für das Färben von Artikeln aus HOCHMODUL 333 werden Schwankungen innerhalb der einzelnen Farbstoffklassen dieselben Maschinen und Apparate sowie Farbstoffklassen vorhanden. wie für normale Viskosefasern eingesetzt. g) Bedrucken Umfangreiche vergldchende Ausfärbungen mit Substantivfarbstoffen, Für das Bedrucken von Geweben aus HOCHMODUL 333 Schwefelfarbstoffen, werden keine Sonderbehandlungen benötigt. Auch an dem Reaktivfarbstoffen, für Viskosefasern üblichen Arbeitsablauf und Maschinen- Naphtholfarbstoffen und park braucht keine Veränderung oder Umstellung vorge- Küpenfarbstoffen nommen werden. Ob der Druck im Maschinen- oder Film-

Tabelle 2: Gegenüberstellung der Farbtiefe bei Anfärbung von HOCHMODUL 333 im Vergleich zu einer Normal- viskosestapelfaser (Bewertung nach Punkten, zusammengefaßt in Mittelwerten)

Farbstoff- Farbstoffhersteller Handelsnamen Anzahl der VISCOLEN HOCHMODUL 333 wwen Ausfärbungen 1.5140 glzd. 1.5140 glzd. - 0 +

CIBA Chlorantinlicht- Substantiv- 4 +-0 - - 4 BAYER Siriuslicht- Substantiv- 78 +-0 38 31 9 HOECHST Remazol- Reaktiv- 4 +-0 1 - 3 BAYER Levafix-E- Reaktiv- 11 +-0 5 6 - CIBA Cibanon- Küpen- 4 +-0 - - 4 BAYER Indanthren- Küpen- 39 +-0 13 9 17 37 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 druckverfahren durchgeführt werden soll, richtet sich nach 2. Veredlung von Artikeln aus HOCHMODbL 333 den Ansprüch.en. Die bekannten Farbstoffhersteller liefern in Mischung mit Baumwolle hiezu folgende Farbstoffklassen: Direktfarbstoffe, a) Entschlich ten Reaktivfarbstoffe, Auch für solche Fasermischungen, die oftmals aus preisli- Küpenfarbstoffe und chen Gründen mit Stärkeschlichten verarbeitet werden, Leuk:oküpenester-Farbstoffe (Indigosole). empfiehlt sich ein gründlicher Abbau dieser Produkte. Der Zu beachten ;ist, daß nach dem Bedrucken und Fixieren ein Arbeitsgang wird auf den hiefur erforderlichen normalen gründliches Auswaschen und kochendes Seifen erfolgt, wo- Maschinen mit den bereits bekannten Hilfsmitteln bzw. ab- durch hervorragende Echtheit und Farbbrillanz zu erzielen bauenden Produkten durchgeführt, und zwar bis zu deren sind. restloser Beseitigung. h) Ausrüsten 6) Abkochen Bekanntlich h.at die Chemiefaser Lenzing Aktiengesellschaft Je nach eingesetzter Baumwollsorte ist ein stärkeres Abko- bei der Entwicklung der HOCHMODUL 333 größtes Augen- chen sehr vorteilhaft, da hiedurch die Faserverunreinigun- merk darauf gerichtet, daß die Faser nicht zu spröde ist, wie gen des Baumwollanteils gelöst und zum größten Teil besei- das bei anderen Modalfasertypen der Fall ist. Bei einer op- tigt werden. Auf den hiefur gebräuchlichen Maschinen wird timal ausgearbeiteten Ausrüstungsrezeptur, die dem Artikel mit folgender Rezeptur gearbeitet: voll entspricht, kommt diese Eigenschaft hinreichend zum 2 bis 3 g/l Soda, Tragen. 1 bis 2 g/l Netzmittel (z.B. Kieralon B) und Bei waschfesten Füllappreturen können die üblichen Kunst- stoffdispersionen in Kombination mit Füllern eingesetzt 1 bis 2 811Waschmittel (z.B. Laventin KB oder werden. Die Güte der Faser zeigt sich darin, daß auf der WR). Sanforisieranlage behandelte Gewebe dem Sanforstandard*) Die Gewebe werden 1 ,bis 2 Stunden in weichem Wasser bei entsprechen, wobei aber auf eine geeignete Gewebekon- 80°C auf Maschinen, deren Bäder nicht bewegt werden, be- struktion geachtet werden muß. handelt. Die Zugabe eines Waschmittels erfolgt meist nur Bei Verwendung einer Hochveredlungsrezeptur empfiehlt dann, wenn die Baumwolle stark verschmutzt ist. Dabei sich die Zugabe einer Polyvinylchlorid-, Polyacryl- oder empfiehlt es sich, das Bad wenigstens einmal während der Polyäthylen- Ibzw. einer Silicondispersion. Diese Mittel ver- Behandlung zu erneuern. Nach diesem Vorgang ist ein griind- bessern den Griff, heben den Knitterwinkel und vermindern liches Spulen in weichem, das heißt in enthärtetem Wasser den Scheuerfestigkeitsverlust, der auch hier begrenzt auf- unerläglich. treten kann. c) Mercerisieren und Laugieren Als Harze kann man verwenden: Wie schon erwähnt, lassen sich durch die Beimischung einer Harnstoff-Formaldehydharze, glänzenden Flocke mercerisierähnliche Effekte erzielen. Melaminharze (wobei auch eine Kombination von Sollte dieser Effekt (z.B. bei einer Mischung, die mehr als beiden möglich ist), 50 % Baumwolle enthält) nicht ausreichen, so kann die gründlich vorgereinigte und aufnahmefähige Ware einer nor- Reak.tantharze (wobei die Dimethyloläthylenharn- malen Mercerisierung unterzogen werden. Für diesen Ar- stoffharze gute Effekte bringen). beitsgang können dieselben Einrichtungen, Chemikalien- mengen, Temperaturen und Zeiten benützt werden wie bei Die betreffende Einsatzmenge richtet sich nach dem Ver- reiner Baumwallware. Der vorgesehene Arbeitsablauf dieser wendungszweck und nach den Ansprüchen, die man an die kontinuierlich arbeitenden Anlagen soll nicht verändert wer- Artikel stellt, wobei bei richtiger Auswahl hervorragende den. Ein extremes überdehnen der mit Lauge getränkten Gebrauchswerte zu erzielen sind. Durch geeignete Kombi- Ware ist zu vermeiden, und das Auswaschen der Lauge bis nation von Fiillern und Weichmachern sowie unter Verwen- zum Neutralpunkt soll möglichst rasch erfolgen. Falls eine dung bestimmter Maschinen bietet sich dem Ausrüster eine Laugierung aus produktionstechnischen oder anderen Grün- Vielzahl von Möglichkeiten, sodaß er jeden beliebigen Aus- den erforderlich ist, so kann diese unter den bereits ange- fall und Griff erreichen kann. Je nach Gewebekonstruktion führten Bedingungen vorgenommen werden. sind derartige Artikel nach einer Sanforbehandlung in den Sanforstandard zu bringen. d) Bleichen Für technische Zwecke lassen sich Gewebe aus 100 % HOCH- Da der Bleichgrad dieser Mischartikel von der Saugfähigkeit MODUL 333 auch mit Schaum- bzw. mit Kunststoffen be- der Ware abhängt, muß noch auf eine einwandfreie Vorbe- schichten. Durch eine derartige Spezialausrüstung erhält handlung hingewiesen werden. Für die Bleiche ist der Ein- man strapazfahige Erzeugnisse, die solchen aus reiner Baum- satz von Chlorit bzw. von Hypochlorit zu empfehlen. Die wolle in mancher Hinsicht überlegen sind. erforderliche Einsatzmenge, die von der Fasermischung, der Gewebekonstruktion und dem gewünschten Ausfall ab- *) Sanfor@=eingetragenes Warenzeichen hängt, wird meistens durch einen Laborversuch ermittelt.

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In diese BleichbIder kann - bei Verträglichkeit - während wähnt worden sind. Die Einsatzmenge der betreffenden der Behandlung ein optischer Aufheller zugegeben werden. Produkte richtet sich nach dem in der Mischung vorhande- e) Sengen nen Baumwollanteil, damit dieser eventuell durch eine zu hohe Harzmenge keine allzugroße Schädigung erleidet. Der Wenn man glatte Artikel wünscht, ist ein Sengen erforder- Arbeitsablauf erfolgt auf denselben Maschinen wie bei rei- lich. Bei Zellulosefasermischungen findet dieser Prozeß nen Baumwallartikeln. Gewebe aus einer HOCHMODUL hauptsächlich auf der Rohware statt. Es kommen dieselben 333lBaumwollmischung zeichnen sich durch schönen Griff, Maschinen, Maschineneinstellungen bzw. Warengeschwin- eleganten Fall und seidiges Aussehen besonders aus und sind digkeiten wie bei Baumwallmaterialien zum Einsatz. bei entsprechender Gewebekonstruktion selbstverständlich f) Färben sanforisierbar. Dadurch, daß der Quellwert der Hochmodulfaser dem der Baumwolle sehr nahe kommt (je nach Baumwallqualität 3. Veredlung von Artikeln aus HOCHMODUL 333 zwischen 40 und 60 %), bereitet das Färben von Wickel- in Mischung mit Polyester körpern keine Schwierigkeiten, und die Aufwickelspannung des Färbegutes kann fast wie bei reiner Baumwolle sein. a) En tschlich ten Mit den für Zellulosefasern üblichen Farbstoffklassen, wie Bekanntlich werden für HOCHMODUL 333/Polyester- Mischgewebe zumeist wasserlösliche Schlichten verwendet, Substantivfarbstoffe, die keine Schwierigkeiten bei der Entfernung bereiten und Reaktivfarbstoffe, oft schon im eigentlichen Abkochbad herausgelöst werden. Schwefelfarbstoffe, Naphthclfarbstoffe und Sollte jedoch eine Stärkeschlichte oder -kombination ver- Küpenfarbstoffe, wendet worden sein, so muß deren restlose Beseitigung mit den hiezu notwendigen Produkten erfolgen. Für diesen Ar- deren Einsatz sich1nach den gewünschten Echtheiten richtet, beitsprozeß verwendet man den normalen Maschinenpark. werden gute Ton-inTonFärbungen erzielt. b) Abkochen Je nach eingesetz,ter Baumwallqualität, Farbstoffklasse und -kombination kann es vorkommen, daß die Färbezeit oder Dieser Arbeitsgang erfolgt auf den bekannten hiezu erfor- die Temperatur geringfügig zu verlängern bzw. zu erhöhen derlichen Einrichtungen, wobei im leicht alkalischen Bad ist, obwohl man in den meisten Fällen ohne diese Regulie- unter Zusatz eines Netz- und Waschmittels 20 bis 40 Minu- rung auskommt. Für diese Arbeit können die üblichen Ma- ten bei 60 bis 80°C behandelt wird. Bei verschmutzter Ware schinen und Apparate verwendet werden. Die erreichbaren ist die Zugabe eines Fettlösers oder eines ähnlichen Produk- Echtheitseigensehtaften dieser Mischgewebe sind gleich, in tes vorteilhaft. einigen Fällen sogar besser als jene lOO%iger Baumwoll- c) Laugieren gewebe. Um die Farb- und Harzaufnahme zu erhöhen, können g) Bedrucken HOCHMODUL 333/Polyester-Mischgewebe einer Behand- Das Bedrucken diieser Mischgewebe kann auf den üblichen lung mit Natronlauge unterzogen werden. Dieser Vorgang Vor- und Nachbehandlungsaggregaten im Maschinen- (Rou- wird auf Kontinueanlagen bei einer Konzentration von 6 bis leaux-) oder im Filmdruck erfolgen und bereitet bei richti- 8 BE (kalt) durchgeführt. Nach der Laugeneinwirkung, die ger Arbeitsweise keinerlei Schwierigkeiten. ohne zusätzliche Spannung erfolgen soll, ist ein sofortiges Spülen bis zur restlosen Neutralisation erforderlich. An Farbstoffklassen stehen d) Bleichen Direktfarbstoffe, Reaktivfarbstoffe, Bei diesen Mischgeweben verfügen beide Faserkomponenten Küpenfarbstoffe und schon über einen hinreichenden Weißgrad. Wird allerdings Leukokiipenester-Farbstoffe (Indigosole) eine Weißware oder eine Pastellfärbung verlangt, so emp- fiehlt es sich, mit einer Natriumchloritbleiche zu arbeiten. zur Verfügung, die eine gute Auswahl je nach den geforder- Die betreffenden Chemikalienerzeuger geben in ihren Zirku- ten Echtheiten bieten. Ein gutes SpiiIen und kochendes Sei- laren bekannt, mit welchen Konzentrationen und Zusätzen fen verleiht diesen Mischungen sehr gute Echtheiten bei be- dieser Arbeitsprozeß durchgeführt werden soll; meistens ist ster Brillanz der verwendeten Farbstoffe. auch angegeben, wie groß die Zugaben an optischen Auf- h) Ausrüsten helIern sein dürfen. Durch eine Beimischung von HOCHMODUL 333 zu Baum- e) Sengen wolle treten die großen Festigkeitsverluste, wie sie bei der Je nach Einsatzzweck und Gewebekonstruktion kann ein Hochveredlung 1OO%iger Baumwollgewebe üblich ist, nicht Sengen der Ware erforderlich sein. Der Zeitpunkt hiefür auf. Für die Ausrüstung selber kann man - je nach Verwen- richtet sich nach der künftigen Verwendung des Artikels. dungszweck - eine waschfeste Füllappretur mit den bekann- Bei Weißware wird das Sengen vor der Bleiche, bei einer ten Chemikalien einsetzen. Für höhere Ansprüche (hinsicht- dunkleren Farbware nach der Färbung durchgeftirt. Bei lich Pflegeleicht- bzw. Wash-and-wear-Eigenschaften) kön- einer gefärbten Ware soll darauf geachtet werden, daß die nen jene Harze verwendet werden, die bereits vorhin er- Farbstoffe während dieser Behandlung nicht umschlagen.

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Aus diesen Gründen ist ein Sengen mit kleiner Flammhöhe Echtheitsansprüche ist es allerdings vorteilhaft, wenn diese und eine Warengeschwindigkeit von 80 bis 100 m/min zu Färbungen auf einer Hochtemperaturanlage unter Hoch- wählen. Sollte der Effekt nicht ausreichen, so ist eine zweite temperaturbedingungen oder auf einer Thermosolieranlage Maschinenpassage in gleicher Einstellung ratsamer als eine im Thermosolverfahren durchgeführt werden. Veränderung auf eine andere Maschineneinstellung. h) Bedrucken f) Thermofixieren Für das Bedrucken von HOCHMODUL 333/Polyester- Dieser Vorgang, dessen Temperatur und Einwirkungszeit Mischgeweben bieten sich vom Farbstoff her folgende Mög sich nach dem eingesetzten Polyesteranteil und nach der lichkeiten: Polyestertype richtet, kann auf den hiezu gebräuchlichen Cottestren@-Farbstoffe, Anlagen vorgenommen werden. Die betreffenden Synthese- Remaron@-Farbstoffe, fasererzeuger ge;bendie Bedingungen hiefür stets an. Keines- wegs darf die Behandlung zu kurz wahren, da die Farbaffini- Polysynthren@-Farbstoffe, tät und gleichmäßigkeit des Polyesteranteils, sowie der Wa- Pigmentfarbstoffe (verschiedener Firmen), renausfall dadurch entscheidend beeinflußt werden. Wann Dispersions- und Reaktivfarbstoffe die Thermofixierung zu erfolgen hat, die vielfach noch zur (die der Drucker selbst verschneidet). Vorbehandlung zahlt, richtet sich danach, wie die Ware Alle diese Farbstoffe lassen sich im Maschinen- (Rouleaux-) künftig aussehen soll. Bei Thermosolfarbungen wird die Fi- und Filmdruck auf das Gewebe auftragen und ergeben - je xierung selbstverständlich gleichzeitig mit der Thermosolie- nach eingesetzter Farbstoffklasse - die geforderten Echt- rung durchgeführt, wodurch ein Arbeitsgang eingespart wer- heiten. Alle übrigen Vor- und Nachbehandlungsarbeiten den kann. sind mit jenen für Druckartikel identisch. g) Färben i) Ausrüsten Beim Färben von HOCHMODUL 333/Polyester-Mischgewe- ben muß man stets den Synthesefaseranteil berücksichtigen. Für die Ausrüstung von HOCHMODUL 333/Polyester- So verwendet man zum Beispiel für Mischungen mit 67 bis Mischgeweben verwendet man denselben Maschinenpark, wie er für reine Baumwollware eingesetzt wird. Durch die 50 % Synthetics ausgesuchte bzw. kombinierte Farbstoffe, hohe Strapazierfähigkeit dieser Artikel lassen sich gute Lauf- wie eigenschaften und beste Nutzeffekte erzielen. Polyestren@-Farbstoffe, Die Menge der Appreturauflage sowie die Auswahl der Pro- Cottestren@-Farbstoffe, dukte bzw. der Vernetzer richtet sich nach der Höhe des Remaron@Farbstoffe Zelluloseanteils in diesen Mischungen und nach dem Einsatz- (hauptsächlich für Druck) oder zweck. Die Erzeuger der betreffenden Textilhilfsmittel bie- ten diese in solcher Vielzahl an, da5 dem Ausrüster alle Mög- Drimafon-Z@Farbstoffe, lichkeiten offen stehen. Bei entsprechender Wahl lassen sich die alle eine schnelle und elegante Arbeitsweise ermöglichen. beste Gebrauchswerte mit hervorragenden textilen Eigen- Zusätzlich gibt es das Zweibad-Färbeverfahren. Hiebei wird schaften erzielen. der Polyesteranteil mit Dispersionsfarbstoffen vorgefärbt. Durch Sanforisierung sind gute Standardwerte zu erreichen, Nach einer reduktiven Behandlung wird der Hochmodul- wobei es aber auf die richtige Konstruktion und Einstellung anteil je nach der gewünschten Echtheit mit der Ware ankommt. Substantivfarbstoffen, Zusammenfassung Schwefelfarbstoffen, Reaktivfarbstoffen oder Diese Ausführungen sollen dazu dienen, dem Praktiker zu Küpenfarbstoffen zeigen, da5 eine Voreingenommenheit gegen neue Fasern angefarbt. Die reduktive Behandlung ist notwendig, weil der und deren Mischungen manchmal fehl am Platz ist. Mit dem angeschmutzte Zelluloseanteil gereinigt und der überschüssi- in jedem Veredlungsbetrieb vorhandenen Maschinenpark ge Farbstoff beseitigt werden muß. Nach dem Zweibadver- hat der Fachmann die Möglichkeit, unter Verwendung von fahren muß auch gearbeitet werden, wenn der Polyester- HOCHMODUL 333 neue Artikel auf den Markt zu bringen, anteil geringer als 50 % ist, da nicht alle Kombinationsfarb- die von diesem auf Grund des ständig steigenden Bedarfs stoffe beide Komponenten dieser Mischungen gleichstark leicht aufgenommen werden. anfarben. Ob diese Farbstoffe nun im Kontinue-, im Einbad- oder im Zweibadverfahren appliziert werden, richtet sich nach der Farbstoffklasse, dem Verfahren, den vorhandenen betrieb- lichen Einrichtungen und der zur Färbung vorliegenden Wa- renmenge. Mit vorgenannten Farbstoffen hat der Färber eine Vielzahl von Möglichkeiten, um gute Ton-in-Ton-, aber nach Wunsch auch Bicoloreffekte zu erzielen. Für hohe

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Maßnahmen zur Verhinderung von streifigen, blen- Alle diese Fehler stören die gleichmäßige Materialverteilung digen oder wolkigen Waren, insbesondere bei heik- und Struktur der Ware und damit zwangsläufig die Homo- len Artikeln genität des optischen Bildes bzw. des Farbeindrucks der Wa- renfläche. Neben den Fällen, bei denen ein unegaler Farb- eindruck durch Ungleichmäßigkeiten in der Warenstruktur entsteht, gibt es aber auch Fälle, bei denen die Gleichmäßig- keit des Warenaufbaues nicht gestört ist, die Ware aber den- noch streifig, blendig oder wolkig ist. Der ungleichmäßige Farbausfall entsteht hier durch echte Anfärbungsdifferen- Prof. Dipl.Ing. Wilhelm H e r z o g , Wien zen. Solche Fehler können zum Beispiel dadurch entstehen, daß Garnpartien verwechselt wurden und in den verschieden an- gefarbten Garnen verschiedenartige Faserstoffe oder gleich- artige Faserstoffe mit unterschiedlichen Daten (Feinheit, Länge, Glanz etc.) enthalten sind. Neben verschiedenen Ursachen, welche zu streifigen, blendigen oder In der vorliegenden Abhandlung soll über diese Fälle, die wolkigen Waren führen, treten solche Warenfehler durch ungleich- durch eine gründliche Untersuchung leicht aufzuklären sind, maßige Anfärbung auf. Bestimmte Waren sind hier als besonders hei- kel anzusehen. In der Spinnerei müssen Maßnahmen getroffen wer- nicht gesprochen werden. Es sollen vielmehr jene Fälle be- den, um eine möglichst gleichmäßige Kontinuität der Produktion zu handelt werden, wo weder Strukturunterschiede in der Ware erreichen. Der Weiterverarbeiter des Garns muß entsprechend dieser noch meßbare Unterschiede in den Faserdaten vorliegen, die Kontinuität die Garne ftir heikle Waren geplant und gezielt verarbei- Ware aber dennoch streifig, blendig oder wolkig ist. Solche ten. Fälle treten fast ausschließlich an einfärbigen, glatten Waren auf, wobei hier die helleren Farbtöne besonders empfind- lich sind. Wollen wir mögliche Fehler von der Färberei und Irregularity of dyeings is among the various causes giving rise to Ausrüstung ausschließen, so ist die Ursache des unegalen Wa- barry, glary, or cloudy fabrics. Ccrtain goods are particularly critical renausfalles in einem ungleichmäßigen Farbton der Garne in this respect. Suitable measurcs must be takcn at thc spinning mill to ensure continous production with thc highcst possible degrce of zu suchen. Das gleiche Garnmaterial, in einer anderen Ware uniformity. Yarn processors must process yarns for critical goods in verarbeitet, die angefärbt, bedruckt oder gemustert ist, führt a welt-planned and systematic uay, in accordancc with such con- zu einem einwandfreien Warenausfall. tinuity. Ebenso kann es vorkommen, daß die Ungleichmäßigkeiten bei der gleichen Ware nur bei bestimmten Farben zum Vor- schein kommen. Es gibt also offensichtlich gewisse Waren in gewissen Farben, die besonders heikel gegen unegalen Farb- ausfall sind. Um sicher zu gehen, ist es vorteilhaft, alle ein- Ein altes, immer wiederkehrendes Problem in der Textil- farbigen, glatten Waren zu den ,,heiklen” Waren zu zählen. industrie sind Waren mit ungleichmäßigem Farbausfall. Je- Feststellung: der Textilfachmann kennt die Sorgen, wenn eine Ware strei- fig, blendig oder wolkig ist. Kundenanstände, Reklamatio- Es gibt eine gewisse Gruppe von Waren, welche gegen un- nen, gegenseitige Beschuldigungen und schließlich Verluste egalen Farbausfall besonders heikel ist. sind die unangenehmen Begleiterscheinungen solcher Fälle. Oft ist es schwierig oder nicht möglich, die Ursachen des Ob derart heikle Waren von einem Betrieb häufig oder nur Fehlers eindeutig festzustellen. Ein großer Teil der Tätigkeit vereinzelt oder selten hergestellt werden, hängt von der Art von Materialprüfanstalten besteht darin, die Ursache der Un- des Betriebes und seinem Produktionsprogramm ab. Inter- gleichmäßigkeiten von Waren zu ergründen. essanterweise zeigt die Erfahrung, daß Betriebe, welche sehr Ein optisch gleichmäßiger Eindruck von einem Warenbild viele solcher heikler Waren in ihrem Programm haben, die setzt voraus, daß die Beschaffenheit der Garnkomponenten wenigsten Schwierigkeiten mit unegalem Farbausfall haben. dieser Ware über das ganze Stück einheitlich ist und daß die Dies läßt sich nur so erklären, daß diese Betriebe mehr Er- Garne, entsprechend ihrer Dichte und Bindung, über die fahrung mit derartigen Waren haben und anscheinend durch gesamte Warenfläche gleichmäßig verteilt sind. Häufig ist es besondere Maßnahmen Ungleichmäßigkeiten im Ausfall zu diese gleichmäßige Verteilung, welche durch Fehler gestört verhindern wissen. Das beste Beispiel hiefiir sind Futterstoff- ist. Unegale Garne, Garnnummerndifferenzen, Drehungs- webereien, die zwar meist kein Spinnfasergarn verarbeiten, unterschiede, Bindungsfehler, Kammfehler, Regulatorfehler die aber trotz des Endlosgarns sehr rigorose Maßnahmen stören die gleichmäßige Materialverteilung und führen zu treffen müssen, um eine gleichmäßige Ware zu erhalten. einem unegalen Warenausfall. Spannungsdifferenzen beim Diese Maßnahmen bestehen vor allem darin, das angelieferte Verarbeiten stören die gleichmäßige Lage des Garns in der Garn nach einem genau ausgearbeiteten Schema geplant und Ware und verursachen Ungleichmäßigkeiten im Warenaus- gezielt einzusetzen. fall. Es wäre nun unrealistisch, einen Betrieb, der nur ausnahms-

41 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 weise oder selten heikle Waren hersteht, aufzufordern, für Unterschiede innerhalb der gesteckten Toleranzgrenzenvon seinen gesamtenGarneinsatz nach einem rigorosen Plan vor- Ballen zu Ballen umso kleiner sind, je naher die Ballen im zugehen. Ab dem Zeitpunkt jedoch, in dem eine solche heik- Produktionsablauf beisammenliegen. le Ware im Erzeugungsprogramm steht, müssen besondere Nicht jede Ungleichmäßigkeit in dem Chemiefaserballen Maßnahmen und alle Vorkehrungen getroffen werden, um stammt aus dem Einflußbereich des Chemiefasererzeugers. zu einer zufriedenstellenden Ware zu gelangen. So fuhrt zum Beispiel bei Regeneratzellulosefasern jeder Quell- und Entquellvorgang, wie er durch Feuchtigkeitsauf- Feststellung: nahme oder Trocknung beim Transport oder während der Waren, welche gegen unegalen Farbausfall besondershei- Lagerungvor sich gehen kann, zu geringfügigenEigenschafts- kel sind, erfordern besondereMaj3nahmen. veränderungen der Faser. Auch hier ist es wieder so, daß die entstandene Ungleichmäßigkeit innerhalb einer Lieferung Der Chemiefasererzeugerweiß in den seltensten Fällen, für bedeutend geringer sein wird als zwischen den Lieferungen. welche Ware seine Fasern eingesetzt werden. Sein Bestreben ist es daher, seine gesamte Faserproduktion so gleichmäßig Feststellung: wie möglich herzustellen. In dem industriellen Prozeß der Die GleichmäJigkeit der Beschaffenheit von Chemie- Chemiefasererzeugung werden aus bestimmten Ausgangs- spinnfasern zwischen den Ballen einer Lieferung ist im stoffen nach speziellen Verfahren Chemiefasern hergestellt. allgemeinen wahrscheinlich höher als die Gleichmäfiig- Es liegt in der Natur der industriellen Fertigung, daß den keit zwischen den Ballen verschiedenerLieferungen. Eigenschaften der Ausgangsstoffe und den Betriebsdaten In der Spinnerei ergibt sich hinsichtlich der Gleichmäßigkeit des Verfahrens gewisseToleranzen zugeordnet werden müs- etwa die gleiche Problemstellung wie bei der Chemiefaser- sen. Es ist eine zwangsläufige Folge, daß ein industriell her- produktion. Auch die Spinnerei kann nur in wenigen Fällen gestelltes Produkt keine hundertprozentige Gleichmäßigkeit mit Sicherheit wissen, für welche Waren ihre Garne einge- aufweisen kann. Die Verfahren in der Chemiefaserindustrie setzt werden. Sie muß daher immer alle Maßnahmen tref- sind jedoch so weit entwickelt, daß der Toleranzbereich für fen, um eine möglichst hohe Gleichmäßigkeit im Ausfall der die Eigenschaften der Faser äußerst gering ist. Verglichen mit den Naturfasern könnte man die Chemiefasern beinahe Garnproduktion zu erhalten. Auch in der Spinnerei muß als vollkommen gleichmäßig bezeichnen. mit gewissen Toleranzen in der Beschaffenheit der Aus- gangsprodukte gerechnet werden. Der Spinner trachtet nun, Aber gerade in der hohen Gleichmäßigkeit der Chemiefasern durch eine entsprechende Mischung der Ausgangsprodukte, liegt wieder eine Gefahr für Fehler. In einer vom Charakter durch große Einsatzpartien und durch eine entsprechende her ungleichmäßigen Ware fallt eine zusätzliche Unegalität Prozeßführungjede Ungleichmäßigkeit in den Eigenschaften (z.B. im Farbton) nicht besonders ins Auge. Jede aus Che- des erzeugten Garnes zu dampfen und eine möglichst glerch- miefasern erzeugte Ware ist jedoch in ihrem Charakter mäßige Kontinuität im Ausfall der Produktion zu erreichen. gleichmäfiig, und jede zusätzliche Unegalität wirkt sich be- sondersauffällig aus. In der Spinnerei wird heute ebenso wie in der Chemiespinn- faserproduktion nach einem Kontinueverfahren gearbeitet. Eine der Eigenschaften, für die der Chemiefaserproduzent Das Spinnen abgeschlossenerSpinnpartien ist unwirtschaft- eine sehr enge Toleranzgrenze gesteckt hat, ist die Anfar- lich und wird daher nur mehr in besonderen Fällen ange- bung der erzeugten Flocke. Die Überprüfung der Anfarbe- wandt. In den Spinnereien laufen für die einzelnen Garn- eigenschaften gehört bevorzugt zum Programm der Produk- qualitäten bestimmte Sortimente, und man trachtet danach, tionskontrolle jedes Chemiefasererzeugers.Die festgelegten möglichst gar nicht oder nur selten auf andere Garnquah- Toleranzgrenzen sind hiebei so eng, daß nur mehr ausge- täten umzustellen. suchte Leute mit besondersempfindlichen Augen in der La- Die Mischung in der Spinnerei stellt eine der wichtigsten ge sind, an der gefärbten Testflocke die geringen Unter- Maßnahmen zur Vergleichmäßigung in der Spinnerei dar. schiede im Toleranzbereich festzustellen. Der erreichte Effekt wird umso größer sein, je größer die Dies bedeutet, daß die Chemiefaserindustrie in dieser Eigen- Mischbreite, das heißt die Vorlage ist. Eine gleichzeitige Vor- schaft ein Optimum an Gleichmäßigkeit erreicht hat. Es be- lage von zwölf Ballen stellt hiebei das Minimum dar. Die deutet aber deshalb nicht, daß eine hundertprozentige obere Grenze für die Größe der Vorlage ist durch die prak- Gleichmäßigkeit gegeben ist. Eine solche vollkommene tischen Möglichkeiten im Betrieb gegeben. Gleichmäßigkeit über eine lange Produktionszeit ist eine Damit eine Mischung die gewünschteWirkung hat, muß sie technische Unmöglichkeit, und es gibt keinen Chemiefaser- geplant und gezielt vorgenommen werden. Unter ,geplant’ produzenten, der eine solche vollkommene Gleichmäßigkeit ist zu verstehen, daß - unter Berücksichtigung der Lagerbe- schriftlich garantieren würde. stande und der gegebenenMöglichkeiten - von der Betriebs- Durch enge Toleranzen in der Beschaffenheit der Ausgangs- leitung ein schriftlicher Mischungsplan als Auftrag gegeben stoffe, durch große Einsatzpartien und durch geeignetePro- wird, dessenEinhaltung kontrolliert wird. Unter ,gezielt’ ist zeßführung trachtet der Chemiefasererzeuger,jede Ungleich- zu verstehen, daß bei der Mischung einzelne Lieferungen als mäßigkeit in den Eigenschaften der erzeugten Faser zu Komponenten der Mischung gezielt eingesetzt werden. Als dämpfen und eine möglichst gleichmäßige Kontinuität im Regel kann hiebei gelten, daß die Vorlage aus mindestens Ausfall der Produktion zu erreichen. Dies bedeutet, daf3die drei Lieferungen bestehen muß. Als Maß für die Güte der

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Mischung kann derjenige auf‘die gesamteMenge der Vorlage Die Lieferungen müssen bei diesem Beispiel gleichviel oder bezogene Anteil der Vorlage angesehen werden, welcher ein Vielfaches an Ballen umfassen wie die Vorlage. sich von Vorlage zu Vorlage ändert. Eine Voraussetzung für In Abbildung 2 ist das Prinzip des diagonalen Abbaues bei die planmäßige Mischung ist, daß ständig ein gewissermini- einer Vorlage von zwölf Ballen aus je vier Lieferungen auf- maler Lagerbestand zur Verfugung steht, der mehrere Liefe- gezeigt. Der Umfang jeder Lieferung beträgt zwölf Ballen. rungen umfaßt. Die Änderungsgrößevon Vorlage zu Vorlage besteht hier aus drei Ballen von zwölf Ballen, das sind 25 Prozent. Umfassen Die günstigste Form einer planmäßigen Mischung ist der so- die Lieferpartien bei gleicher Vorlage 24 Ballen, so läßt sich genannte überlappende oder diagonale Abbau der einzelnen die Änderungsgrößewechselweise auf einen oder zwei Ballen Lieferungen. Diese Art des Abbaues wird von allen Chemie- verringern, wie dies Abbildung 3 zeigt. fasererzeugernempfohlen. In der Art der aufgezeigtenBeispiele läßt sich für jede Liefer- In Abbildung 1 ist das Prinzip des diagonalen Abbaues bei partiegröße und für jede Mischbreite ein Mischplan aufstel- einer Vorlage (Mischbreite) von zwanzig Ballen aus je fünf len. Auch bei ungleich großen Lieferpartien läßt sich das Lieferungen dargestellt. Die Änderungsgröße von Vorlage Schema anwenden. Die Anteile der einzelnen Lieferungen zu Vorlage beträgt hier vier Ballen von zwanzig Ballen, das an der Vorlage sind dann auf die jeweilige Lieferpartiegröße sind 20 Prozent. abzustimmen.

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Abb. 1 R555 t - 33 3 74 4 4 Abb. 2

Abb. 3

43 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

Feststellung: schung bei der Doublierung an den Streckpassagen.Diese Eine Voraussetzungftir einen gleichmä@igenAusfall der Möglichkeit fur eine weitere Homogenisierung der Produk- . Garnproduktion ist eine Planmäßig gezielte Mischung in tion ist unbedingt auszunutzen. Hier geht es vor allem da- der Spinnerei. Eine solche Mischung kann nur dann als rum, Unterschiede zwischen den einzelnen Karden und ausreichend angesehen werden, wenn die Vorlage aus Strecken auszugleichen. Die planmäßige Quermischung an mindestens zwölf Ballen besteht, die sich aus mindestens den Streckpassagenhat so zu erfolgen, daß Bänder verschie- vier Lieferungen zusammensetzen.(Eine gröJ3ereVorlage dener Ablieferungen bei der Vorlage zur nächsten Passage ist günstig.) Die Mischung soll nach dem Prinzip des dia- doubliert werden. gonalen Abbaues vorgenommen werden, die Änderungs- In Abbildung 4 ist das Schema einer solchen Quermischung grö$e von Vorlage zu Vorlage darf nicht gröf3er als 25 bei sechsfacherBanddoublierung dargestellt. Für die prakti- Prozent sein. sche Durchftirung dieser Quermischung wird man die Kan- .. nen entsprechend kennzeichnen und eine genaue Anweisung Muß aus irgend einem Grund der planmäßige kontinuierli- für das Bedienungspersonalherausgeben. che Lagerabbau unterbrochen werden (z.B. deshalb, weil die Lieferungen ausgegangensind), so muß eine neue Spinn- Feststellung: partienummer eingeführt werden, die Hülsenkennfarbe ge- Eine Vergleichmäf3igungim Ausfall der Garnproduktion ändert werden, und es müssen die Abnehmer auf diese Un- erfolgt durch eine planmä$ige Quermischung an den terbrechung der Kontinuität aufmerksam gemacht werden. Streckpassagen. Um die Durchführung der planmäßigen Mischung im Be- trieb zu erleich.tern, ist der erforderliche Lagerbestand zu Eine Quelle häufiger Fehler sind Zwirnerei und Spulerei. erhalten. ein übersichtliches Lagerbuch zu fuhren und die Beim Zwirnen und beim Spulen sollen die Garne in der glei- Ballenlagerung so vorzunehmen, daß jede Lieferung gleich chen zeitlichen Folge verarbeitet werden, wie sie im konti- gut zugängig ist. nuierlichen Fluß aus der Spinnerei kommen. Wird nur ein Teil der gesponnenenGarne gezwirnt und/oder gespult, was Beim Spinnen von abgeschlossenenSpinnpartien hat die Mi- meist der Fall ist, so entsteht eine Unterbrechung der Kon- schung über alle Ballen zu erfolgen, welche die Partie um- tinuität. In diesem Fall müssenZwirnpartie- bzw. Spulpartie- faßt. Die einzelnen Spinnpartien sind zu kennzeichnen und nummern eingeführt werden. Die einzelnen Partien sind streng getrennt beim Abspinnen, beim Zwirnen, beim Spu- deutlich zu kennzeichnen, und der Abnehmer muß auf die len und in der weiteren Verarbeitung zu halten. Verschiedenheit der Partien aufmerksam gemacht werden. Für die gute Durchmischung innerhalb der Vorlage ist es Es ist selten, daß eine Spinnerei mit Sicherheit voraussagen notwendig, die einzelnen Ballen in kleinen Schichten abzu- kann, für welche Ware ihr Garn eingesetzt wird. Insbesonde- arbeiten. Alle Ballen müssen gleichmäßig abgearbeitet wer- re eine Verkaufsspinnerei weiß letztlich nie mit Sicherheit, den und zu gleicher Zeit abgearbeitet sein. für welchen Artikel ihr Kunde das Garn tatsächlich verwen- Neben der Mischung der Vorlage besteht im Prozeß des det. In der Spinnerei wird man daher trachten, alle Maßnah- Dreizylinderspinnverfahrens noch die Möglichkeit einer Mi- men zu treffen, um eine möglichst gleichmäßige Kontinuität

1 2 3 4 5 6 0 0 0 0 0 0

5 6 00

4 5 6 0 3 0 Abb. 4

44 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27 in der Beschaffenheit der produzierten Garne zu erhalten. für die Schußvorlage auszuarbeiten. Es ist Vorsorge zu tra- In der Spinnerei kommen zu den Ungleichmäßigkeiten, die gen, da# die Einhaltung dieser Pläne sowohl in der Kett- im Faserstoff enthalten sein können, Ungleichmäßigkeiten und Schußvorbereitung als auch in der Weberei laufend kon- hinzu, wie sie bei jeder industriellen Produktion zwangsläu- trolliert wird und daß Partieverwechslungenweitgehend aus- fig durch die unvermeidbaren Toleranzen im Verarbeitungs- geschlossensind. Die von der Betriebsleitung angeordneten prozeß entstehen. Die behandelten Mai3nahmenin der Spin- Maßnahmen sollen organisatorisch gut durchdacht werden. nerei verfolgen alle den Zweck, Ungleichmäßigkeiten zu Bei einer rigorosen Einführung und Kontrolle der Maßnah- dampfen und eine möglichst gleichmäßige Kontinuität im men gewöhnt sich das Personal sehr bald daran. Ausfall der Produktion zu erreichen. Eine vollkommene Gleichmäßigkeit ist auch in der Spinne- Feststellung: rei nicht zu erreichen. Jeder Garneigenschaft müssen daher Bei Waren,welche besondersheikel hinsichtlich eines un- Toleranzen zugestanden werden, die im allgemeinen wahr- egalen Warenausfallssind, muß der Weiterverarbeiter die scheinlich größer sind, je weiter die zu vergleichenden Pro- Garne nach einem Plan gezielt so einsetzen, da@die von duktionen zeitlich voneinander entfernt liegen. der Spinnerei her gegebene Kontinuität gewahrt bleibt. Feststellung: So wie im Garnlager der Spinnerei ist auch im Garnlager der Weberei darauf zu achten, daß das Garn bei der Lagerung Die Schwankungen in den Eigenschaften, insbesondere keine zusätzlichen Ungleichmäßigkeiten durch äußere Ein- in der Anfärbbarkeit der Garnproduktion eines Sorti- flüsse erhält. Die gemeinsam zur Verarbeitung kommenden ments einer Spinnerei können umso gröj3er sein, je wei- Garne sind gemeinsamin einem Lagerraum zu lagern. Unter- ter die Produktion zeitlich voneinander entfernt liegt. schiede in der Luftfeuchtigkeit oder in der Temperatur von Die zeitliche Folge der Produktion einer bestimmten Garn- Lagerräumen können das Garn bereits beeinflussen. Direkte qualität sollte die Spinnerei für den Weiterverarbeiter unbe- Sonnenlichteinstrahlung, Verstaubung, Kondensation der dingt ersichtlich machen. üblicherweise geschieht dies Luftfeuchtigkeit, tropfende Befeuchtungsanlagen und der- durch die Numerierung der Garnkisten bzw. der Garnkar- gleichen sind alles Fehlerquellen für Ungleichmäßigkeiten tons. Hiebei ist es unbedingt notwendig, daß für jede Garn- der Ware. qualität eine eigene fortlaufende Nummernserie eingeführt Die Einführung und die Einhaltung der beschriebenenMaß- wird. Der Abnehmer weiß dann sofort, daß eine Nummern- nahmen in der Spinnerei und bei besondersheiklen Waren unterbrechung eine Unterbrechung in der Kontinuität be- in der Weberei oder Wirkerei sind nicht sehr aufwendig und deutet. Er kann sogar aus der Anzahl der fehlenden Num- kostspielig. Es sind Planungs-und Kontrollarbeiten des mitt- mern auf die Größe der Unterbrechung schließen. leren Führungspersonalsund nur wenig Arbeitsaufwand im Jede Spinnerei wird sich bemühen, dem Abnehmer inner- Betrieb notwendig. Der Aufwand steht arbeits- und kosten- halb einer Lieferung Garne aus einer kontinuierlichen Pro- mäßig in keinem Vergleich zu dem Aufwand und den Ko- duktion zu geben. Aus Dispositionsgründen ist dies, insbe- sten, die eine fehlerhafte Ware gibt. Die Austragung einer sondere bei größeren Lieferungen, nicht immer möglich. Reklamation, die Klärung der Schuldfrage, die verzögerte Der Weiterverarbeiter des Garns weiß - zum Unterschied Lieferung, der unzufriedene Kunde und der Verdienstent- vom Chemiefaserproduzenten und vom Spinner - sehr ge- gang - all das läßt sich durch eine rigorose Einhaltung der nau, für welchen Artikel er das gelieferte Garn einzusetzen Maßnahmen vermeiden. gedenkt. Er allein kann entscheiden, ob der Artikel hinsicht- lich eines unegalen Warenausfallsheikel ist und ob daher be- sondere Maßnahmen erforderlich sind. Es empfiehlt sich da- her, auch den Spinner auf die Verwendung des Garns für heikle Artikel hinzuweisen. Für jeden heiklen Artikel muß der Garneinsatz planmäßig und gezielt erfolgen. Jede Spinn-, Zwirn- und Spulpartie ist streng getrennt zu verarbeiten. Innerhalb einer Partie ist der Plan für den Garneinsatz unter Beachtung der letzten Fest- stellung, daß die Schwankungen in den Eigenschaften, ins- besondere in der Anfarbbarkeit, umso größer sein können, je weiter die Produktion zeitlich voneinander entfernt liegt, zu erstellen. Zu den Planungsmaßnahmen gehört ferner, da.8 die Kette nur aus Garnen der gleichen Partie in möglichst fortlaufen- der Reihenfolge hergestellt wird. Ein entsprechender Plan für die Zulieferung des Garns aus dem Garnlager in die Kett- Vorbereitung muß aufgestellt werden. Eine analoge Vorschrift ist für die Schufivorbereitung und

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Die Herstellung von Chemiezellstoff Es handelt sich hiebei in erster Linie um Getreidestroh, aus Einjahrespflanzen Bambus, Schilf, Pfahlrohr und Bagasse. G ö t z e l) be- schreibt in seinem Buch ‘Chemiefasern nach dem Viskose- verfahren’ die Chemie, Anatomie und Morphologie dieser Pflanzen. Das Hauptproblem beim Aufschluß dieser Roh- stoffe liegt im hohen Kieselsäuregehalt der Zellwände. Die Kieselsäure dient der Epidermis als Schutz, daher ist ihr Ge- halt in den Blättern größer als in den Stengeln. Sie verur- sacht die gröbstenProbleme beim Aufschluß, bei der Bleiche Dr. Ingrid S e e b a u e r und bei der chemischen Weiterverarbeitung. Ein hoher Chemiefaser Lenzing AG., Lenzing Aschegehalt im Zellstoff kann beim Viskoseverfahren zu ernsten Spinnschwierigkeiten führen. Es gibt noch eine Reihe anderer schnell wachsender Pflan- zen, aus denen schon Zellstoff für die Papiererzeugung zu gewinnen versucht wurde: Mais-, Reis- und Rapsstroh, Es- parto etc. über ihre Verwendbarkeit als Chemiezellstoffe Außer aus Holz kann man Zellstoff auch aus Bagasse,Bambus, Schilt ist jedoch noch nicht viel bekannt. Stroh, Eukalyptus u.a. erzeugen. Das Hauptproblem beim Aufschluß liegt im hohen Kieselsäuregehalt der Zellwände. Am besten bewähr- Die Einjahrespflanzen unterscheiden sich in folgenden Merk- te sich eine Kombination von saurer Vorhydrolyse mit nachfolgen- malen von den Nadel- und Laubhölzern: der Sulfatkochung. 1. Durch die Vielzahl der am Aufbau der Pflanzen beteilig Im folgenden werden die einzelnen Rohstoffe und die speziellen Aufschlußverfahren besprochen. Je nach Ausgangsmaterial ergeben ten Zelltypen, sich beim Visk,oseprozeB Schwierigkeiten, insbesondere bei der Fil- 2. durch einen sehr hohen Gehalt an Pentosan und tration. In mehreren Tabellen werden die textilen Daten von Vis- kosefasern, die aus Einjahrespflanzen hergestellt wurden, angeftihrt. 3. durch einen extrem hohen Gehalt an anorganischen Be- Sie liegen meisl: ein wenig unter jenen, die aus Holzzellstoff erspon- standteilen, vor allem in Form von Siliziumverbindun- nen wurden. gen in unterschiedlicher Zusammensetzung.

AUS diesen Gründen wurden die bekannten Aufschlußver- Pulp tan be produced not only of wood, but also of bagasse,bam- fahren auf diese Gegebenheiten hin überprüft. Am besten boo, recd, straw, etc. The main Problem opposing disintegration is bewährte sich eine Kombination von saurer Vorhydrolyse constituted by the high silica content of the cell walls. Best results mit nachfolgender Sulfatkochung. Die Vorhydrolyse wird have been obtained with a combination of acid pre-hydrolysis and mit 0,2 bis li % Schwefelsäure bei 120 bis 140°C zwei bis subsequent sulphate digestion. vier Stunden lang vorgenommen. Individual raw materials and specific solubilizing processesarc then discussed. Depending on type of starting material, difficulties are Die Phrix-Werke AG., Hamburg, haben schon einige Groß- encountered during the viscose process, particularly during filtration. anlagen errichtet, in denen Stroh nach dem Vorhydrolyse- Tbc textile data of viscose fibers produced of one-year-old plants Sulfatverfahren zu Chemiefaserzellstoff verarbeitet wird. are presented in several tables. They are generally somewhat below Die dabei gesammelten Erfahrungen sollten sich auch als those obtained in fibers spun from woodpulp. Grundlage fiir die Verarbeitung anderer Rohstoffe, wie Ba- gasse, Schilf, Bambus, Gummibaum etc., verwenden lassen. In einem speziellen Kapite12) beschreibt Götze die techni- sche Herstellung solcher Zellstoffe. Im einzelnen werden die Der Gedanke, Zellstoff aus anderen Rohstoffen als aus Holz Verarbeitung des Rohstoffes für den Aufschluß, die Vor- zu erzeugen, wurde im Zweiten Weltkrieg in die Praxis um- hydrolyse, die alkalische Kochung und Wäsche, die Sortie- gesetzt. Da Holz allgemein knapp war, sollte -besonders in rung und Aufbereitung, die Bleiche und Entwässerung näher den von vornherein holzarmen Ländern - dafür ein Ersatz erläutert. Ein derart hergestellter Rayonzellstoff3) weist un- gefunden werden. So wurden als Ausgangsmaterial Einjahres- gefähr folgende Analysenwerte auf (Tabelle 1). pflanzen oder andere schnell wachsende Pflanzen gewählt. Unter der Vielzahl der vorkommenden Arten eignen sich Tabelle 1 aber nur wenige in technischem M&stab für die Erzeugung von Chemiefiaserzellstoff. Dies ist durch den morphologi- Alpha-Zellulose % 90- 93*1 schen und chemischen Aufbau bedingt, vor allem aber durch Hemi-Zellulose % 6- 9 die Art ihre:3 Vorkommens und der damit verbundenen Holzgummi % 3- 5 schwierigen und unwirtschaftlichen Einbringung. Vorwie- Pentosane % 3- 5 gend werden nur solche Pflanzen zur Erzeugung von Che- Di-Extrakt % 0.05 - 0.07 Asche % 0,12 - 0,26 miefaserzellstoff herangezogen, die auch schon für die Pa- Si02 mg1100 g 15- 40 pierzellstoffherstellung ,verwendet werden und bei denen Ca0 mg/1 00 g 20 - 30 daher bereits gewisse Erfahrungen über die Aufschluß- methoden vorliegen. “) bei Bambus bis zu 95 %

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Man kann solche Zellstoffe natürlich nicht nach den übli- 1. BAGASSE chen Verfahren zu Viskose verarbeiten, sondern muß opti- Bagasseist ein zellulosehaltiges Abfallprodukt, das nach dem male Alkalisier- und Sulfidierbedingungen finden, um eine Auspressen und IExtrahieren der Zuckerrohrstengel in be- Viskose zufriedenstellender Qualität zu erhalten. Bei Be- trächtlichen Mengen anfällt. Die Bagasseliegt meist in stark mcksichtigung aller Voraussetzungen ist es aber möglich, verschmutztem Zustand vor. Sie enthält durchschnittlich Fasern zu spinnen. In Tabelle 2 werden die textilen Kenn- 60 % Langfasern, 25 % Mark und 15 % lösliche Anteile werte von zwei aus vorhydrolysiertem Strohzellstoff herge- (Staub und Schmutz). stellten Zellwolletypen angegeben4). J a y m e 5) hat schon seit langem das Vorhydrolyse-Sulfat- Tabelle 2 verfahren zur Herstellung chemisch weiterverarbeitbarer

B-Type T-Type Zellstoffe aus asche- und pentosanreichem Material be- 40 mm matt 60 mm matt schrieben. Dieses Verfahren bietet einen Weg, auch aus Ba- hochgekräuselt gasseZellstoff höchster Reinheit zu erzeugen. Eine aus Peru Titer Denier 1.8 43 stammende Bagassewurde zu einem Zellstoff (u-Zellulose = Rkm, trocken 22 20 91,95 %, Asche = 0,09 %) verarbeitete). Dieser Zellstoff lie- Rkm, naß 12 13 fert bei der Xanthogenierung eine sehr klare Viskose ohne rel. Naßfestigkeit % 55 66 Dehnung, trocken % 22.8 22.2 Faserruckstände. Diese Publikation enthält auch eine aus- Dehnung, naß % 28,9 30 fbhrliche Zusammenstellung sämtlicher bisher angewandter Schlingenfestigkeit Rkm 7.5 7.8 Methoden, um aus BagassePapier oder Chemiefaserzellstoff Schlingenfestigkeit, rel. % 40,5 40.4 zu erzeugen. Eine allgemeine Erkenntnis aller dieser Arbei- ten ist, dd das Mark, unabhängig vom angewandten Auf- In den folgenden Kapiteln soll eine Zusammenstellung der schlußverfahren, ‘wenn es nicht vor der Kochung entfernt Erfahrungen über die Verarbeitung von Bagasse, Bambus, wurde, eine qualitätsvermindernde Wirkung ausübt. Schilf, Stroh und Eukalyptus zu Chemiefaserzellstoff gege- Fahmy und El Ashmawy7) fandeneineneueMe- ben werden. thode, um Bagassefdie aus Florida oder von den Philippinen

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stammte) aufzuarbeiten. Nach der Vorhydrolyse läßt sich und seine Mitarbeiter von der American Viscose Corporation die Bagasseleicht entmarken. Nur 3 % des vorhydrolysier- verarbeiteten diesen Zellstoff im Labormaßstab zu Viskose ten Materials müssen entfernt werden, um den Aschegehalt und spannen daraus Fäden mit befriedigenden Eigenschaf- genügend zu reduzieren. Die Aufschlußvorgänge wurden un- ten. ter Atmosphärendruck durchgeführt und ergeben dabei bes- Der Bambuszellstoff läßt sich normal zu Viskose verarbei- ser filtrierbare Viskosen als bei Kochung unter Druck. ten, nur die Filtrierbarkeit läßt zu wünschen übrig. Mit Auch L o c u s 8, verwendet den Vorhydrolyseprozeß. Er einem Teilchenzahler wurde festgestellt, daß diese Viskose untersuchte im speziellen die Hydrolysebedingungen und wesentlich mehr Partikel als eine Viskose aus Holzzellstoff deren Einfluß auf die Entfernung von Pentosan. Der resul- enthält. Beim Vergleich der Festigkeitseigenschaften der er- tierende Zellstoff enthält 9.5 % u-Zellulose und 0,05 % sponnenen Fäden ergab sich, daß nur die Dehnung unter Asche. Daraus wurden Rayonfaden gesponnen, deren Eigen- der von kommerziellem Rayon liegt, was entweder auf die schaften in Tabelle 3 zusammengestellt sind. Spinnbedingungen oder auf einen zu hohen Gehalt an Mate- rial mit niedrigem DP zurückzuführen ist. Tabelle 3: Reißfestigkeit und Dehnung von Versuchsgarnen (100 den, Eine Zeitungsnotiz teilte im Februar 1968 mit, daß in Paki- 40 Fäden) aus Bagassezellstoff stan die erste Fabrik der Welt, die Viskosefasem auf der Nummer Ausbeute Reißfestigkeit (g) Dehnung in % Grundlage von Bambus herstellt, den Betrieb aufgenommen in % trocken naß trocken naß hat. Fünf japanische Firmen haben ihren Bau finanziert. 175 33.6 2.17 1 ,Ol 15 21 176 29.3 2.12 1,Ol 19 26 Beim Zerhacken von Bambus für die Zellstoffgewinnung kommerzielle fallen etwa 5 % Abfälle an. G u p t a und J a i n 12) ver- - 1.90 0.94 Tvw suchten 1966 daraus Rayonzellstoff zu machen. Die grobe Fraktion mit Spänen über 2 mm wurde nach dem üblichen 2. BAMBUS Verfahren sauer vorhydrolysiert und mit Sulfat gekocht. Nach einer 7-Stufen-Bleiche betrug der a-Zellulosegehalt Indien ist eines der Länder, das die Nachfrage nach dem 93 bis 96 %. Die Eigenschaften der daraus erzeugten Visko- Rohstoff Zellulose fur die Papier- und Zellwolleerzeugung se waren zufriedenstellend. Im zweiten Teil dieser Arbeit nicht mit Holz in ausreichendem Maße befriedigen kann. ging Gupta13) auf die alkalische Vorhydrolyse naher ein, Daher setzt man für diesen Zweck auch Bambus ein. Das die zur Verminderung des Pentosangehalts vorgeschaltet Problem liegt aber darin, die Qualität des Bambuszellstoffes wird. Die Filtrierbarkeit der daraus hergestellten Viskose soweit zu verbessern, daß er auch die Anforderungen der erwies sich durch diese Behandlung als verbessert. Rayonindustrie erfdlen kann. Bambus kommt in Indien in großen Mengen vor, und zwar in dreierlei Arten. Dem üblichen fraktionierten Aufschluß 3. SCHILF wird eine milde Hydrolyse vorgeschaltet. T h o r i a 9, Bei der Verarbeitung von Gramineen auf Zellstoff spielt die konnte 1951 in Laborversuchen die optimalen AufschluR- Aschenfrage eine entscheidende Rolle. Es ist aber nicht der bedingungen ermitteln. Der Gehalt an unlöslichen Bestand- gesamte Gehalt an Kieselsaure ausschlaggebend,sondern nur teilen in der Viskose liegt über dem von Holzzellstoff. Die der alkaliunlösliche Anteil. Der Aschegehalt ist in den Sten- schlechtere Filtrierbarkeit der Viskose ist auf die ungleich- geln (2,7 %) und in den Blättern (17,9 %) stark verschieden. mäßige Struktur der Zellstoffplatten zurückzuführen. Tho- ria gibt zwei Beispiele für Rayonfaden an (Tab. 4). Jayme u.a.14) geben zuerst eine eingehende Literaturüber- sicht über die bis 1953 vorliegenden Kenntnisse zum Auf- Tabelle 4 schluß von Schilf. Sie selbst untersuchten Schilf aus dem Festigkeit in g/den Bruchdehnung Rayongarne aus: Donaudelta. Auf Grund mikroskopischer und chemischer trocken naß in % Analysen betrachten sie die Entfernung der Aschebildner Bambuszellstoff 1.82 - 1.89 0.76 - 0.77 12.6 - 12.9 als ein kombiniert chemisch-mechanisches Problem. Wieder Normalzellstoff 2,07 - 2.09 0.83 12.4 - 13.9 liefert der Vorhydrolyse-Sulfataufschlufi optimale Ergeb- nisse. Kocevar und JavornikIS) konnten1956 Auch Joglekar und Donofriol”l konnteneben- aus mazedonischem Pfahlrohr Zellstoff für die Chemiefaser- falls 1951 durch saure Vorhydrolyse und Sulfatkochung erzeugung herstellen (a-Zellulose = 96,25 %, Asche = einen Bambuszellstoff mit sehr hohem a-Gehalt (98,5 %) 0,112 %). herstellen. Abgesehen vom Aschegehalt (0,4 %) soll dieser Zellstoff für die Viskoseproduktion geeignet sein. 1963 be- Von 1959 bis 1961 beschäftigte sich eine ägyptische For- schäftigten sich K a r n i k , M o r a k und W a r d 11) schergruppe um Fahmy16) intensiv mit der Nutzung der rei- wieder mit dem Problem der Erzeugung von Rayonzellstoff chen Schilfvorkommen am Nil als Rohstoff für die Rayon- aus Bambus. Sie schlossen die indische Bambusart Dendru- erzeugung. Im 25 kg-Maßstab wurde das Schilf nach dem calamus strictus mittels einer modifizierten alkalischen Ko- oben erwähnten Verfahren zu Zellstoff verarbeitet. chung auf. Silikat- und Aschegehalt lagen über dem von Besonderes Augenmerk wurde auf die Herstellung der Vis- Holz, doch unter dem von anderen Grasarten. S i s s o n kose und auf den Einfluß der Alkalisier- und Reifebedingun-

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gen gelegt. In einer Reihe weiterer Arbeiten untersuchten Fahmy und Mitarbeiter17) den Einfluß der morphologischen und chemischen Eigenschaften des Zellstoffs auf die Vis- kosefdtrierbarkeit (Tab. 5).

Tabelle 5: Einfluß der chemischen Bestandteile des Zellstoffs auf den Filterwert (KW-Wert)

Rohstoff Phragmites communis Arundo donax

Alpha-Zellulose % 95.92 96.63 92.14 97.68 92.61

Pentosan % 2.31 2.18 4.86 2.43 3.92

DP - 810 830 820 845 860 Methanol- % 0.51 0.39 0.42 0.38 0.36 Benzol-Auszug

Asche % 0,190 0,048 0,047 0,041 0,048

Kieselsäure % 0,143 0,021 0,023 0,018 Wasserrückhalte- % 78,1 76,3 82.9 80,7 85.7 vermögen Ganzstahl- und Deckelgarnituren für KW (Filterwert) - 520 194 200 212 196 Hochleistungskarden herstellt, hat einen Aeistungsbeweisu erbracht. Wer es noch nicht wissen sollte: Vor allem Asche- und Kieselsäuregehalt beeinflussen die Vis- Wir stellen sie her. kosefitrierbarkeit. Wenn man zwei verschiedene Schilfarten mit gleicher chemischer Zusammensetzung und gleichem DP Von Kratzen und Ganzstahlgarnituren auf Zellstoff verarbeitet, so zeigt dieser bei der Filtration der verstehen wir etwas. Viskose doch große Unterschiede. Diese sind auf die mor- phologische Struktur des Zellstoffs zurückzuführen. Das H. F. E3aumann GmbH Wasser- und Laugerückhaltevermögen des Zellstoffs läuft 926 Calw Postfach 160 den Filterwerten parallel und kann als Beurteilungsmerkmal Telefon (07051) 2241 Telex 0726132 I herangezogen werden. Im zweiten Teil dieser Arbeitl*) wur- de über den Einfluß des Durchschnittspolymerisations- grades und der Nullfaserfraktion des Schilfzellstoffs auf die Viskosefiltrierbarkeit berichtet. Ein niedriger DP fördert die Besonderen Nachdruck legten sie auf die Bemühungen, den Filtrierbarkeit. Der Anteil an Epidermiszellen in der Null- Asche- und Kieselsäuregehalt chemisch und mechanisch auf faserfraktion beeinträchtigt sie dagegen durch den hohen wirtschaftlich durchführbare Weise zu vermindern. Eine Vis- Kieselsäuregehalt. Im dritten Teil19) ergab sich schliefilich, kose aus Zellstoffen, die bei 160°C eine halbe Stunde aufge- daß Schilf, das mit Natrium-, Ammonium- oder Magnesium- schlossen worden waren, zeigte bei der Filtrierung die gering bisulfat aufgeschlossen wurde, den besten Zellstoff liefert. ste Verstopfung. Daraus hergestellte Viskose läßt sich am leichtesten filtrie- ren. Es zeigte sich aber, daß aus Schilfzellstoff ersponnene S.EUKALYPTUS Viskosefasern in ihren Festigkeitseigenschaften doch nicht ganz an Fasern aus konventionellen Holzzellstoffen heran- Der Eukalyptus ist ein schnellwachsender Baum der Mittel- reichen. meergebiete. Seine jährliche Zuwachsrate beträgt im Durch- schnitt 17 m3 pro Hektar. Eukalyptusbäume können be- reits acht bis zehn Jahre nach der Anpflanzung geschlagen 4.STROH werden. Auf Grund seines Zellulosegehalts können Zell- stoffe mit hohem u-Zelluloseanteil in guter Ausbeute herge- Der Asche- und Kieselsäuregehalt von Getreidestroh hängt stellt werden. sehr stark sowohl vom Standort als auch von den klimati- schenBedingungenab. Jayme und Scheuring20) 1948 schrieb B r u n e t t i 22), daß er nach 13stündiger schlossenWeizen- und Roggenstroh nach dem Vorhydrolyse- Kochung mit Bisulfit einen Zellstoff mit 89,s % a-Zellulose sulfatverfahren auf. Die erhaltenen Zellstoffe sollten für die erhielt und daraus gut Mtrierbare Lösungen zur Kieselsäure- Erzeugung von Azetatfasem verwendet werden. Diese Aus- gewinnung herstellen konnte. Fahmy und El Ashmawy un- führungen gelten sinngemäß auch für Viskosezellstoff, an tersuchten 1959 23) die Eignung ägyptischer Eukalyptus- dessen Reinheit geringere Anforderungen als an Azetatzell- arten ftir die Viskosezellstoffproduktion. Dabei erwies sich Stoff gestellt werden. Die Verfasser untersuchten die Ein- eine milde Vorhydrolyse, gefolgt von einer kalten Vered- flüsse der Vorhydrolyse, der Bleiche, der Veredlung sowie lung, als vorteilhaft. des Kieselsäuregehalts. F a h m y und F a d 1 21) stellten Aus diesem Grunde wurde im Juli 1967 in Leirosa (Portu- ebenfalls Edelzellstoff aus ägyptischem Weizenstroh her. gal) eine neue Zellstoffabrik auf der Basis von Eukalyptus

4Y Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 tir eine Produktion von 80 000 jato Kunstfaserzellstoff in se Weise das Sojabohnenstroh. Die Süddeutsche Zellwolle Betrieb genommen. Diese Firma gehört zu 71 % der schwe- AG. arbeitete ein Verfahren aus, die Alkalisierung dieser dischen Billeruds Aktiebolag und zu 24 % der portugiesi- Zellstoffe mit einer NaOH-Konzentration vorzunehmen, die schen Companhia Uniao Fabril. Das Werk kostete 170 Mil- bei derjenigen der Viskose selbst liegt. Dadurch fallen jegli- lionen Schwedenkronen. Es werden jährlich 330 000 m3 ge- che Konzentrationsänderungen während des Prozessesfort. schältes Eukalyptusholz verarbeitet. Die Herstellerfirmen Auch D ö r r 27) geht auf die Probleme der Aufarbeitung der zur Holzaufbereitung und Kochung installierten Ma- von Stroh und Schilf zu Viskosezellstoffen ein (1943). schinen werden detailliert angegeben24). 1959 untersuchten N a f f z i g e r u.a.281 in Illinois land- Die Vorversuche für diese Anlage wurden in Schweden von wirtschaftliche Abfallprodukte, um sie in Rohstoffe für die der Billeruds Aktiebolag durchgeführt. Nach eingehenden Viskosefaserherstellung umzuwandeln. Als Ausgangsproduk- Studien im Labor wurden dort zuerst 600 t Zellstoff für te wurden Weizen-, Mais- und Leinsamenstroh, Bagasse, Versuche im halbtechnischen Maßstab hergestellt. Die Reife- Sojabohnenstengel und Maiskolben verwendet. Sie wurden geschwindigkeit des Zellstoffs entspricht der von Sulfitzell- wieder nach dem Vorhydrolyse-Sulfatverfahren aufgeschlos- Stoffen. Man muß der Viskose kein oberflächenaktives Mit- sen und einer mehrstufigen Bleiche unterworfen. Weizen- tel zusetzen, wenn man noch eine kleine Menge des Euka- und Maisstroh sowie Bagasseerwiesen sich als einigermaßen lyptusharzes im Zellstoff beläßt. Auch Zellstoffe mit erhöh- zur Viskoseherstellung geeignet. ter Viskosität konnten hergestellt werden, fur die sich bei G u h a und M a d a n 29) beschrieben die Ergebnisse ihrer der Verarbeitung zu polynosischen Fasern bzw. zu Reifen- Versuche, aus Papiermaulheerbaum Zellstoff mit hohem a- seide günstige Resultate ergaben25). Zellulosegehalt herzustellen. Auch dieser Zellstoff erwies sich als fur die Rayonerzeugung geeignet. Diese Forschun- 6. ANDERE PFLANZEN ALS ROHSTOFFE gen wurden 1964 in Indien durchgeführt. Im Verlauf des Zweiten Weltkrieges bemuhten sich viele Im Rahmen der ägyptischen Forschungsarbeiten wurden Länder, in der Zellstoffproduktion für Papier und Rayon 1965 nicht nur Weizen- und Reisstroh, Schilf und Bagasse autark zu werden. Aus diesem Grunde wurde die Verwen- untersucht, sondern auch Palmblätter, Maiskolben und dung aller möglichen zellulosehaltigen Abfallprodukte er- Baumwollabfälle30). Ein starker vorhydrolytischer Abbau wogen. In Deutschland wurde 1942 26) zum Beispiel vorge- und dementsprechende Abkürzung der Vorreife der Alkali- schlagen, nicht nur Stroh, sondern auch Kartoffelkraut so- zellulose sowie die Beibehaltung der kieselsäurearmen Null- wie die Abfalle des Flachses und des Hanfes dafür zu ver- faserfraktion begünstigen die Aufarbeitung der Einjahres- wenden. Die Firma Phrix sammelte Erfahrungen bei der pflanzen zu Viskose. Es besteht ein Zusammenhang zwi- Herstellung von Strohzellstoff. Die Süddeutsche Zellwolle schen den analytischen Daten der Zellstoffe und den Fil- AG. in Kelheim konnte in ihrem Forschungsinstitut Flachs- terwerten der Viskose in 50 bis 70 % der untersuchten Falle schäben und Schilf zu Zellstoff bzw. Zellwolle verarbeiten. (Tab. 6). Auch die Eigenschaften einiger daraus ersponnener In Italien richtete die Snia Viscosa eine Zellstoffabrik neben Rayonfaden werden angegeben(Tab. 7). einer Pfahlrohrplantage em. Die italienische Bemberg-Gesell- Schaft verarbeitete lybisches Alfagras zu Zellstoff. Weiters Zusammenfassend kann man sagen, dal3 sich trotz zahlrei- wird vom Bau kombinierter Zellstoff- und Zellwollefabriken cher Versuche, Einjahrespflanzen als Rohstoffe für die Er- in Spanien berichtet, die als Rohstoff Reisstroh oder Euka- zeugung von Chemiefaserzellstoffen heranzuziehen, noch lyptus verwendeten. In fast allen Ländern Europas waren kein Verfahren überzeugend durchgesetzt hat. Die Ausarbei- Bestrebungen im Gange, derartige kombinierte Fabriken zu tung technisch ausgereifter Prozesse wäre’vor allem für die schaffen, die als Rohstoff u.a. Schilf, Maisstengel, Weinreben Entwicklungsländer im Hinblick auf eine leistungsfähige und Kartoffelkraut einsetzten. In Japan nützte man aufdie- Chemiefaserindustrie interessant.

Tabelle 6 Baumwoll- Nadelholz- Rohstoff Maiskolben Palmblätter Reisstroh Reisstroh stengel zellstoff

Zellstoffnummer 1 2 3 4 5 6 7

Alpha-Zellulose Gew:% 95.0 93.4 94.0 93.5 94.1 92,1 92.5 Asche Gew:% 0,096 0,108 0,117 0,115 0,126 0,163 0,058

Kieselsäure GWV-% - - 0,051 0,051 0,064 - 0,006

Durchschnittspolymerisationsgrad 625 600 660 580 660 750 650

Kristallinitätsindex 74.3 75.2 79.8 - 84.7

Viskose-Viskosität sec. 45 55 56 44 47 56 50

Filterwert der Viskose 120 200 316 240 460 384 235

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Tabelle 7

Rohstoff Holz Weizenstroh Phragmites-Schilf

Spinnviskosität sec. 2o”c 60 50 49

Spinnreife OH 10.1 82 5.5 Zugfestigkeit, g/den 1.96 1.73 1.77

Bruchdehnung in % 25 19 17

Literatur: 16) Y. Fahmy, A. Abu-State: Tappi 42,492495 (1959) 1) K. Götze: Chemiefasern nach dem Viskoseverfahren, Bd. 1, 17) Y. Fahmy, A. Abu-State: Das Papier 16,44-51 (1961) 3. Auflage 1967, S. 75-81 und 101-108 18) Y. Fahmy, A. Abu-State: Das Papier 15, 188-190 (1961) 2) K. Götze: ibidem S. 179-188 19) Y. Fahmy, A. Abu-State, E. Roffael: Das Papier 15, 666-671 3) K. Götze: ibidem S. 187 (1961) 4) K. Götze: ibidem S. 188 20) G. Jayme, L. Scheuring: Das Papier 7, 223-230, 298-305, 347-351(1953) 5) G. Jayme:,,Zellstoff’ 1939-1946, Verein ZeIIcheming, Bd. 24 6) G. Jayme, K.H. Rosenstock: Das Papier 11, 7-14 (1957) 21) Y. Fahmy, M. Fadl: Text.-Rdsch. 13, 709-719 (1958) 7) Y. Fahmy, E. El Ashmawy: Tappi 41,439-442 (1958) 22) A. Brunetti: Ind. della Carta 12, 129 (1948); aus Das Papier 8) A.H. Locus; Tappi 43, 11-15 (1960) 1950, L 65 Y. Fahmy, E. El Ashmawy: Appita-J. 12, 210-215 (1959); 9) L. Thoria: MeIliand Textilher. 32, 282 (1951) 23) aus Papier 1959, L 120 10) M.H. Joglekar, C.P. Donofrio: Tappi 34, 254-261 (1951) 11) M.G. Karr&, A.J. Morak u. K. Ward: Tappi 46, 130-134 24) Cellulose BillerudsAB.: Das Papier 21(9), 566-568 (1967) (1963) 25) L. Ahlen: Das Papier 22(1);18 (1968) 12) M.K. Gupta, S.C. Jain: Indian Pulp Paper 20(7), 433439 26) H. Jentgen: Kunstseide und ZeIlwoIle 1942, 350-364 (1965/66); aus Papier 1966, L 75 27) R.E. Dörr: Cellulosechemie 21,49-57 (1943) 13) M.K. Gupta: Indian Pulp Paper 20(9), 555-556; aus Papier 28) T.R. Naffziger, R.S. Matuszewski, G.H. Nelson, T.F. Clark: 1966, L 101 Tappi 4.2, 609-612 (1959) 14) G. Jayme, F. Branscheid, M. Harders-Steinhäuser: Das Papier 29) S.R.D. Guha, R.N. Madan: Ind. Pulp Paper 18, 675-676 7,459-466 (1953) (1964); aus Papier 1965, L 15 15) F. Kocevar, S. Javornik-Koster: Das Papier 10, 14 (1956) 30) Y. Fahmy, A. Nagati: Das Papier 19,570-572 (1965) Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

über Temperaturunterschiede in der Alkalizellulose starrt halten; trotz eines erheblichen technischen Aufwandes bei der Faserxanthogenierung ist es uns beispielsweise nicht geglückt, in einer Versuchs- baratte die Temperatur im Inneren des Reaktionsgutes wirk- lich konstant zu haltens). Der Wunsch nach Temperatur- konstanz ergibt sich aus der Tatsache, da8 die Güte des Xan- thogenats temperaturabhängig ist526). Sowohl zu niedrige als auch zu hohe Temperaturen fuhren zu einem Zellulose- xanthat, welches schlechter filtrierbare Viskosen ergibt. Auch bei kontinuierlichen Anlagen ist es wichtig, die gebil- Ing.Dag Ehretngard und dete Wärmemenge abführen und die Temperatur über die ge- Dozent Dr. Erich T r e i b e r Samte Reaktionsmasse hinweg konstanthalten zu können. SchwedischesHolzforschungsinstitut, Stockholm, Schweden Reaktionswärme Da es sich bei vorliegender Fragestellung um eine heterogene Reaktion zwischen einem porösen Festkörper und einem Da die Alkalizellulose ein schlechter Wärmeleiter ist, muß bei der Gas handelt, ist die Messung der Reaktionswärme keines- Verarbeitung zerfaserter Alkalizellulose mit erheblichen Temperatur- wegs einfach. Von G r o t j a h n 7, wird für die gesamte unterschieden gerechnet werden. Für die Faserxanthogenierung wer- den diese Temperaturunterschiede in Abhängigkeit von verschiede- Reaktion 12 kcal/Mol CS2 angegeben. Von C z a j 1 i k *) nen Prozeßparametern experimentell bestimmt. wurden neulich kalorimetrische Messungen vorgenommen, die gleichfalls einen Wert von 12 kcal/Mol CSz wahrschein- Since alkali cellulose has low thermal conductivity, during the pro- lieh machen. cessing of shredded alkali cellulose, temperature tan vary appreciab- ly within a given Sample. For a dry xanthation process, these tem- perature differentes, which depend upon several Parameters, have Versucheund Ergebnisse been studied experimentally. Apparatur

Die Versuche wurden in einer kippbaren Reaktionstrommel durchgefuhrt, die evakuiert und mit gasförmigem Schwefel- Bekanntlich ist die locker zerfaserte Alkalizellulose ein sehr kohlenstoff versetzt werden konnte (Abb. 1). Die zerfaserte schlechter Wärmeleiter - E n d r e s s l) nennt einen Wert Alkalizellulose befand sich auf einer thermostatierbaren me- von 0,04 kcal/h:m*“C 2j -, etwa vergleichbar mit guten Wär- tallischen Buhne b, umgeben von einem Plexiglasrahmen. meisolatoren. (.Einen ähnlichen Wert, nämlich 0,058 kcal/ Die Schichthöhe h0 konnte variabel bis zu einem Wert von mh.“C, nennt B e e k 3), der mit steigender Packungsdich- 12 cm gewählt werden. Im zentralen Teil der Alkalizellulose te natürlich zunimmt.) Es ist daher verständlich, daß sowohl befanden sich sechs Thermistoren in verschiedenen, einstell- eine rasche und effektive Thermostatierung als auch die Ab- baren Höhen, die auf einem Schreiber direkt die Tempera- leitung der Reaktionswärme erhebliche Schwierigkeiten be- turen aufzeichneten. Der Schwefelkohlenstoff wurde in die reitet. Derartige Probleme treten bei Zerfaserung, Vorreife thermostatierte Verdampfungskammer in der evakuierten und Xanthogenierung auf. Die Unmöglichkeit, die Tempera- Trommel gegeben (32 %, bezogen auf Zellulose in der Al- tur bei den genannten Prozefistufen konstant zu halten, kalizellulose), und die Schwefelkohlenstoffdämpfe konnten fuhrt zu einer Vergrößerung der Heterogenität der Zwischen- homogen das Reaktionsgut penetrieren. produkte und :zu Streuungen in der Spinnviskosität. Man rechnet, daß befispielsweise eine Abweichung um 1°C in der Reifetemperatur die Viskoseviskosität um etwa 1.5bis 20 % verändert41. Da es technisch in einer Baratte nicht möglich ist, die Tem- peratur während der exothermen Sulfidierungsreaktion hin- reichend konstant zu halten, arbeitet man entweder bei stei- gender oder bei fallender Temperatur& 5). Wie hoch in Wirklichkeit die Temperatur in einzelnen Bezirken des Re- aktionsgutes sein kann, ist im allgemeinen unbekannt; höch- stens die unterschiedliche Färbung des Xanthats kann dar- auf hindeuten, daß beachtliche Temperaturunterschiede vorkommen können. Bei Abschluß unserer Arbeit ist eine Abb. 1: Prinzipskizze der Versuchsanordnung (b = thermostatierte Untersuchung von Beek u.a.3) erschienen, aus der hervor- Auflagefläche [Bühne], v = Verdampfungskammer für Schwefelkohlenstoff, h = Schichthöhe der zerfaserten Al- geht, daß an einer Industriebaratte ein maximaler Tempera- kalizellulose, t = Thermistor). turunterschied von 8°C im Reaktionsgut gemessen wurde. In technisch-w:issenschaftIichen Untersuchungen will man Die Versuche konnten bei Stillstand der Trommel od:i bei natürlich gerne die Temperatur so weit wie möglich kon- Sturzumwälzung der Alkalizellulose in bestimmten Zeit-

52 Mai 1969 LENZ NGER BERICHTE Folge 27 intervahen durchgehihrt werden. Die Reproduzierbarkeit der Meßwerte war voll befriedigend.

Resultate

Wie zu erwarten, erhielten wir die geringsten Temperatur- differenzen bei geringen Schichtdicken und häufiger Um- wälzung (Abb. 2). Das Temperaturmaximum wird zeitlich kurz nach der eingetretenen Druckabnahme erreicht. Die Größe der Temperaturdifferenz ist natürlich auch von der Reaktionsgeschwindigkeit und somit von der gewählten Temperatur abhängig. Je höher die Reaktionstemperatur ist, desto größer ist im Prinzip die Temperaturdifferenz. Da bei vorliegender Versuchsanordnung der über der Alkali- zellulose befindliche Raum und der Metallmantel bei stei- gender Temperatur der Auflagefläche (Buhne b) als Kuhl- element aufgefaßt werden darf, ist es nicht verwunderlich, daß bei niedriger Arbeitstemperatur (ca. 23°C) und mitt- leren Schichtdicken ein relativ größerer Temperaturgradient gefunden wird als bei mittlerer Arbeitstemperatur (ca. 28°C) und mittlerer Schichtdicke.

- ohfw lJmwu12ung --.- Umwäbung jedn 10. Minutr __--- Umwälzung jadr 5. Minutr Abb. 3a: Während der Sulfidierung in Abhängigkeit von Schicht- höhe und Reaktionszeit gemessene Temperatur; darge- stellt in einem dreidimensionalen Diagramm.

Thermostat tcmprrotur 0 .,....r.* 0 l- 25 t 3OT 0 2 L 6 6 10 cm

Abb. 2: Maximal beobachtete Temperaturdifferenz in Abhängig- keit von der Arbeitstemperatur und der Schichthöhe.

Da in Laborversuchen bei annähernd konstant gehaltener 0 IW + +K3!2- r Temperatur bei vielen Zellstoffen die günstigsten Xantho- 0 10 20 30 40 50 60 70 -80 90 100 lln.._ 1x7.-mm genierungsbedingungen etwa zwischen 27 und höchstens 32°C gefunden wurden@, wurde ein Versuch bei 28°C mit Abb. 3b: Während der Sulfidierung in Abhängigkeit von Schicht- einer Schichthöhe h0 von 8 cm und einer Umwälzung der höhe und Reaktionszeit gemessene Temperatur (Isother- Alkalizellulose jede zehnte Minute detailliert ausgewertet. mendarstellung). Das erhaltene dreidimensionale Diagramm und die zugehöri- ge Darstellung der Meßwerte in Form von Temperatur- niveaulinien (Isothermen) ist in Abbildung 3a und 3b wie- Literatur: dergegeben. 1) F. Endress: Chem.Ing.Techn. 23(1959), 265 2) Zum Vergleich: Kunststoffe 0,l bis 0,3; Glas 0,5 bis 0,9; Aus Abbildung 3b ist deutlich ersichtlich, daß die größte Asbest 0,13; Glaswolle 0,04 bis 0,06 kcal/h.m!C Abweichung von der Thermostattemperatur 5°C beträgt 3) W.J. Beek, G. Marrucci und SH. Davis: Chem.Engng.Sci. 23 und daß diese nach 70 Minuten Reaktionszeit und im ersten (1968),1347 Drittel der ursprünglichen Schichtdicke h,, (s, d.i. etwa 4) Vgl. K. Götze:,,Chemiefasern nach dem Viskoseverfahren”, 3 cm über der Buhne) auftritt. Da jedoch durch c?ie Reaktion 3. Auflage, Springer Verlag, Berlin 1967, S. 384 die Schichtdicke der Alkalizellulose langsam abnimmt, liegt 5) L. Wängberg und E. Treiber: Svensk Papperstidn. 71(1968), 621 die wärmste Stelle etwa in der Höhe 3 . hTO über der ther- 6) E. Treiber und L. Wangberg: Tappi (1969, in Druck) mostatierten Buhne. Die Temperatur & Raum oberhalb der 7) H. Grotjahn: Z. Elektrochem. 57(1953), 305 Alkalizellulose betrug zu diesem Zeitpunkt 26,8”C. 8) 1. Cxdilik und E. Treiber (Holzforschune. in Druck)

53 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

Flammfestausrüstung von Polyester-, Vinyl- und spiel die Trialkylphosphate. Der Phosphoranteil, der durch Baumwollfasern mit Phosphorwxbindungen die Verwendung von weichmachenden Verbindungen inkor- poriert werden kann, ist begrenzt, weil er sonst die Eigen- schaften des resultierenden Polymeren ungünstig beeinflußt. Beim Einsatz dieser Verbindungen enthält der daraus gebil- dete Polyester im allgemeinen 5 % Phosphor und weist da- durch reduzierte Brennbarkeit und verbesserte Flammfestig- keit auf. Derartige Produkte sind aber nicht selbstlöschend.

Professor Dr. Hermann M a r k und Reaktive Organophosphorverbindungen können mit einer Rudolf Z e 1 e n k a , Research Associate, Reihe von Monomeren copolymerisiert werden, damit sich Polytechnisches Institut, Brooklyn, New York polymere Strukturen bilden, ohne daß die physikalischen Eigenschaften des ersteren angegriffen werden. Mittels die- ser Methode können größere Mengen an Phosphor einge- führt werden. Mit Diäthylphosphit2) hergestellte Polyester sind hitzebeständig, wenn sie ca. 6,5 % Phosphor enthalten. Um selbstverlöschende Eigenschaften zu erzielen, muß der Es werden eine Reihe von anorganischen und organischen Phosphor- Phosphorgehalt aber bis auf 11 % gesteigert werden. verbindungen beschrieben. Je nach Phosphorgehalt wird die Faser schwerentflammbar oder sogar selbstverlöschend ausgerüstet. Vinylfasern Flammfeste Vinylfasern können durch Phosphorylierung A description is given of some inorganic and organic phosphorus von Polyvinylalkohol mit Phosphoroxychlorid bzw. Phos- compounds. Fibers tan be finished so as to render them difficultly inflammable or even self-extinguishing, depending on phosphoms phorsäure hergestellt werden394). Selbstverlöschende Vinyl- content. polymere kann man auch durch Copolymerisation von Vi- nylmonomeren mit Vinylphosphorsäure oder deren Estern erhalten. Im letzteren Fall ergab sich em Phosphorgehalt von ca. 15 % als zufriedenstellend. Man verwendet Phosphorsäureester, wie zum Beispiel Tri- Das Problem der leichten Brennbarkeit textiler Fasern ist butyl- oder Triphenylphosphat sowie polymere Phospho- nicht neu und hat schon in der Vergangenheit beträchtliche nate, als Weichmacher für Polyvinylchlorid. Diese Verbin- Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Trotzdem wurden nur dungen fungieren auch flammhemmend. Der Phosphor selten zufriedenstellende Lösungen gefunden. Das neuer- wirkt synergistisch mit dem molekularen Chlor in diesen wachte Interesse richtet sich derzeit in der Hauptsache dar- Polymeren, und daher erzielt man selbstverlöschende Eigen- auf, durch chemische Modifikation des Systems Brandun- schaften schon bei ziemlich niedrigen Phosphorgehalten. falle zu vermeiden und das Ausmaß der Entflammbarkeit innerhalb erträglicher Grenzen zu halten. Baumwolle Um die Flammbeständigkeit zu verbessern, wurden viele Praktisch alle Phosphorverbindungen haben sich bei der Verbindungen untersucht. Unter den hiefür geeignetsten be- Flammfestausrüstung von Baumwolle als wirksam erwiesen. findet sich eine Anzahl von Phosphorverbindungen. Die Ebensowie für Papier haben die nichtreaktiven anorgani- Wirksamkeit des Phosphorsl) beruht auf einer Änderung schen Phosphate und die organischen Phosphorverbindun- des Zersetzungsvorgangs während der Verbrennung in der gen auch für Baumwolle bisher das größte Interesse gefun- Weise, daß das Verhältnis der nichtbrennbaren, kohleartigen den. In neuerer Zeit hat sich die Aufmerksamkeit auf die Rückstände zu den leichtentflammbaren Teeren und Gasen Entwicklung reaktiver Systeme verschoben, die auch schar- stark zunimmt. Phosphor wird in vielen Formen eingesetzt, fen Waschbedingungen widerstehen. Die wichtigste flamm- wie zum Beispiel als lösliche oder unlösliche, reaktive oder hemmende Verbindung unter diesen ist Tetrakishydroxy- inerte sowie als anorganische oder organische Verbindung. methyl-phosphoniumchlorid und Tris-l-aziridinylphosphin- Er kann auch in Kombination mit anderen flammhemmen- Oxid53@ . den, insbesondere mit halogenhaltigen Verbindungen ver- Kombinationen dieser beiden Verbindungen haben sich als wendet werden. Man fand, daß der fur eine Selbstverlö- sehr effektiv, bzw. auch als sehr widerstandsfahig gegen ihre schung notwendige Phosphoranteil weitgehend von der Art Entfernung aus den behandelten Geweben erwiesen. Tiber der Substrate abhängt. die Wirksamkeit von Trishydroxymethylamin und N-methy- lolphosphonat7) wurde erst vor kurzem berichtet. Alle diese Polyesterfasem Ausrüstungen beeinflussen leider Festigkeit und Griff des Reaktive ebenso wie nichtreaktive Organophosphorverbin- Gewebes in ungünstiger Weise und lassen somit noch gro- dungen verleihen den Polyesterfasern die Eigenschaft der 13en Raum für Verbesserungen offen. Zur Erzielung eines Schwerentflammbarkeit. Die nichtreaktiven Typen dienen Selbstverlöscheffektes ist nur ein Anteil von 2,5 % Phosphor in den meisten Fallen auch als Weichmacher, wie zum Bei- erforderlich.

54 Mal 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27

Man nimmt an, daß der für eine Flammfestausrüstung poly- Literatur: merer Materialien notwendige Phosphoranteil von folgenden 1. R.W. Little:“Flan eproofing Textile Fabrics”, S. 76-80, Reinhold Faktoren abhängt: Publishing Corp., N.Y. (1947) 2. Franz. Pat. 1,35’7.952 (Chemische Werke Hüls AG.) a) von der thermischen Stabilität der Polymerstruktur, 3. US.Pat. 3,210.145 vom Oktober 1965 (Monsanto Co.) b) von der Zahl der an einem Kohlenstoffatom hängenden 4. USPat. 2,990.42 L vom Juni 1961 (Virginia Caroline Chemical Substituenten, und Corp.) 5. U.S. Dept. of Ag., New Orleans; Am. Dyestuff Rep. 50(4), 27- c) von der chemischen Reaktivität dieser Substituenten mit 32 (1961) Phosphor. 6. Am. Dyestuff Rep. 49(17), 596-599 (1960) 7. G.C. Tesoro: Chs:m. & Eng. Newsvom 2.10.1967, S. 15 Phosphorverbindungen haben sich auch als sehr nützlich zur Verminderung der Brennbarkeit anderer Kunststoffe, wie Polystyrol, Polyurethan oder Polyolefin, erwiesen. (Übersetzung aus dem Englischen von Dr. I. Seebauer)

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55 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

Verbesserung der Gebrauchswerte von Zellwolle- Die Verwendung von Zellwolle in der Textilindustrie ist textilien durch Kunstharzhochveredlung und/oder durch die charakteristischen Eigenschaften dieses Rohstoffs durch Zusatz kleiner Mengen an Synthesefasern vorbestimmt. Diese sind auch maggebend für den Gebrauchs- wert des fertigen Produkts. In den letzten Jahren ist es ge- lungen, durch Kunstharzhochveredlung grundsätzlich eine Verbesserung der Trage- und Pflegeeigenschaften von Vis- kosefasererzeugnissen zu erreichen, wobei man vor allem die Knitterneigung im trockenen wie im nassen Zustand ver- ringern und die Pflegeleichtigkeit erhöhen konnte. Diese Re- sultate sind sowohl das Ergebnis neuer Textilhilfsprodukte Dipl.Ing. Tibor R o b i n s o n , Birsfelden bei Basel als auch neuer Verfahren, die durch die Zusammenarbeit der chemischen mit der textilverarbeitenden Industrie entstan- den. Trotzdem bedeuten die Synthesefasern stets eine unange- nehme Konkurrenz, und es sind Bestrebungen im Gange, Der Autor untersuchte den Einfluß, den der Zusatz von geringen Viskosefasergewebe in Reinverspinnung vollkommen aus Mengen an Synthesefasern (10 bis 30 %) zur Hauptmenge an Vis- der Oberbekleidungssparte auszuschalten. Die von uns vor- kosefasern auf Gebrauchswerte und Qualität der daraus hergestellten genommenen Versuche mit optimal hochveredelten Zell- Gewebe ausübt. Die Versuche wurden mit Polyamid-, Polyester- und wollegeweben zeigten, daß diese trotz Kunstharzveredlung Polypropylenstapelfasern vorgenommen, die in einer kleinen Ver- noch immer gewisse Nachteile aufweisen: suchsspinnerei verarbeitet wurden. Die Garne wurden dann auf Rüti- Webautomaten verwebt und normal ausgerüstet. Eine Hälfte der so Um einen optimalen Knittereffekt zu erhalten, müssen erhaltenen Gewebe wurde jedoch mit einer kombinierten Harzhoch- verhältnismäßig große Harzmengen in der Faser fmiert Veredlung behandelt. werden. Diese Steigerung des Kunstharzgehaltes von ca. Die Reihenversuche und der Vergleich mit den ohne Harzausrüstung 10 auf 20 % bedeutet aber eine unerwünschte Erhöhung fertiggestellten Gewebe zeigten, des Quadratmetergewichtes des ohnehin schweren Zell- da.t3 man durch den bloi3en Zusatz von geringen Synthesefaser- wollegewebes. mengen die charakteristischen Eigenschaften regenerierter Zellu- losefasern nicht überdecken kann; Die hohen Harzgehalte vermindern auch wesentlich die daß eine optimale Harzveredlung von Geweben, die unter Zusatz Scheuerfestigkeit der Gewebe. von 10 bis 30 % Synthesefasern hergestellt wurden, eine ganz Auch bei gut pflegeleicht ausgerüsteten Geweben aus bedeutende Verbesserung fast aller Eigenschaften mit sich bringt; 100 % Zellwolle zeigt es sich, daß sie im Vergleich zu Ge- da& die besten Resultate Mischungen von Viskose- mit Polyester- weben aus Synthesefasern durch mehrmaliges Waschen fasern ergeben, gefolgt von solchen mit einem Anteil von 20 % ungünstig beeinflußt werden. Die Trockenknitterechtheit Polyamidfasern. wird herabgesetzt, sodaß der gewaschene Stoff lappig Die Harzhochveredlung von Geweben, die überwiegend aus Zell- wird und auch visuell rascher seinen Repräsentations- wolle und nur zu einem kleinen Teil aus Synthesefasern bestehen, bietet somit dem Textilveredler neue Möglichkeiten, qualitativ wie wert verliert. preislich interessante Erzeugnisse auf den Markt zu bringen. Ein weiterer Nachteil der harzausgerüsteten Zellwolle- gewebe ist die Tatsache, daß - ohne Rücksicht darauf, welche Harzausrüstung appliziert wurde - die Knitterecht- The author has investigated the influence exerted on the Utility value heit nach feuchtem Bügeln radikal absinkt und manch- and quality of resultant fabrics by small additions of Synthetics (10 mal sogar unter die Werte von unausgerüstetem Gewebe to 30 %) to the bulk of viscose fibers. Polyamide, Polyester, and fallt. Dieser Wertverlust ist zwar nur vorübergehend, denn polypropylene staple fibers were used in the experiments and pro- cessed in a small Pilot spinning mill. Yams were woven on Rüti auto- die ursprünglichen Eigenschaften kehren nach zwei bis matic looms and finished in the customary way, except that 50 % drei Tagen zur Gänze wieder zurück, doch haben Gewebe of the fabrics obtained was treated with a combined high-grade resin aus - beispielsweise - Polyester/Wolle diese negativen finish. Eigenschaften nicht, und die Knitterechtheit bleibt nach Series of experiments and comparison with the fabrics produced in dem Bügeln völlig erhalten. the absence of the resin finish have revealed that Auf Grund dieser negativen Eigenschaften und um das the mere addition of small quantities of Synthetics is unable to mask the characteristic properties of regenerated cellulose fibers; Trage- und Pflegeverhalten der Erzeugnisse aus regenerierten Optimum resin finishing of fabrics containing 10 to 30 % syn- Zellulosefasern zu verbessern, wurden folgende Faktoren thetics results in substantial improvement of almost all proper- überprüft: ties; a) der Zusatz von kleineren Mengen der wichtigsten Syn- Optimum results are obtained with viscose-Polyester blends, with thesefasern zum Hauptanteil Zellwolle und dessen Ein- fabrics containing 20 % polyamides ranking next. fluß auf die physikalisch-mechanischen, sowie auf die Hence high-grade resin finishing of fabrics made of viscose staple chemischen Eigenschaften des fertigen Gewebes; tiber with small synthetic additions will put the textile processor in a Position to bring out new articles which arc of interest as regards b) der Einfluß einer Harzhochveredlung auf solcherart fer- both quality and price. tiggestellte Gewebe.

56 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

Ziel dieser Arbeit war es daher, festzustellen, ob der Zusatz Schrumpfen nach wiederholtem Waschen: Feinwäsche von 10 bis 30 % Synthesefasern eine Harzhochveredlung Buntwäsche von Viskosefasergeweben überflüssig machen kann, bzw. wie Einfluß des Bügelns auf die Knitterechtheit sich dieser auf die Gebrauchseigenschaften veredelter Stoffe auswirkt. Wir haben daher in einer kleinen Versuchsspinnerei Chemische Eigenschaften folgende Mischungen zu Streichgarnen verarbeitet:

1. 100 % Zellwolle (VS) Harzgehalt und Harzstabilität nach wiederholtem Waschen: 2. 90 % Zellwolle + 10 % Polyamid (90/10 VS/PA) bei Feinwäsche 3. 80 % Zellwolle + 20 % Polyamid (80/20 VS/PA) bei Buntwäsche 4. 70 % Zellwolle + 30 % Polyamid (70/30 VSIPA) Quellvermögen: in Wasser 5. 90 % Zellwolle + 10 % Polyester (90/10 VS/PES) 6. 80 % Zellwolle + 20 % Polyester (80/20 VSIPES) in 10 %iger Natronlauge 7. 70 % Zellwolle + 30 % Polyester (70130 VS/PES) Alkalilöslichkeit in 10 %iger Natronlauge 8. 90 % Zellwolle + 10 % Polypropylen (90/10 VS/PP) Hydrophobierung nach der Ausrüstung 9. 80 % Zellwolle + 20 % Polypropylen (80/20 VSIPP) nach wiederholtem Waschen 10. 70 % Zellwolle + 30 % Polypropylen (70130 VS/PP) Dabei wurden folgende Fasertypen verwendet: Zusammenfassung der Versuchsreihen - Zellwolle: Wolltyp; 3.5 den, 60 mm, mattiert; - Polyamid in Flocke: Typ PA-6; 3.5 den, 60 mm, mattiert; - Polyester in Flocke: Wolltyp; 4.0 den, 65 mm, mattiert; Verarbeitung der Fasermischungen . Polypropylen in Flocke: 4.0 den, 60 mm, mattiert. Die eigentliche Verarbeitung der Fasergemischemachte kei- Das Weben erfolgte auf Rüti-Webautomaten, das Appretie- ne Schwierigkeiten. Durch den Zusatz kleiner Mengen an ren im normalen Fabrikationsgang. Alle Versuche wurden Synthesefasern verbesserten sich die Spinneigenschaften, unter gleichen Bedingungen beim Spinnen, Weben und Aus und es kam zu weniger Fadenbrüchen, was sich beim Weben rüsten ausgeführt. Bei der Auswertung wurden die Ergeb- angenehm bemerkbar machte. nisse stets mit den Werten von Geweben aus 100 % Zellwolle verglichen. Auswertung der Gebrauchseigenschaften Das Versuchsprogramm selbst lief folgendermaßen ab: 1. Trockenfestigkeit Zuerst wurden aus den oben angehihrten zehn Partien Garne und Gewebe (aus Streichgarn Nm lO/l) hergestellt. An- Die Beigabe von 10 bis 30 % Synthesefasern zur Zellwolle schliefiend wurden die Gewebe gewaschen und getrocknet. verminderte in einigen Fallen die Festigkeit der Mischgarne Danach wurde jede Gruppe in zwei Hälften geteilt und die (im Vergleich zu Garnen und Geweben aus 100 % Zehwolle). eine davon normal fertiggestellt. Die andere wurde dann Dies ist auf die ungleichen Dehnungseigenschaften der Faser- nach dem derzeit optimalen Harzverfahren (bzw. mit der komponenten zurückzuführen, wie schon H a m b u r - Kombination einer Knitter- und Pflegeleichtausrüstung) aus- g e r *) über das Mischen verschiedenartiger Fasern berich- gerüstet. [Die erwähnte Methode besteht in der Kombina- tete. Wir kamen ebenfalls zu den gleichen Ergebnissen und tion eines Harnstoff-Formaldehyd-Vorkondensates (wie z.B. können unsere Erfahrungen wie folgt zusammenfassen: Finish EN, Ureol AC, Depremol M, Kaurit W etc.) mit einem Der Zusatz von 10 bis 30 % Synthesefasern ergibt eine Chromkomplex-Hydrophobiermittel (wie z.B. Ombrophob etwas verminderte Garnfestigkeit, im Gegensatz zu Poly- C, Quintolan W, Phobotex CR u.a.), einem Katalysator, so- propylenfasem, bei denen sich bereits Beimischungen ab wie mit Dispersionen polymerer Kunstharze. Es ist dies eine 10 % auf die Garnfestigkeit günstig auswirken. Bei einer für Zellwolle viel verwendete Pflegeleichtausrüstung mit im Zugabe von Polyamid- bzw. von Polyesterfasern erhöht allgemeinen guten Eigenschaften.] Die so erhaltenen zwei- sich die Garnfestigkeit erst bei einem Anteil von 30 %. mal zehn Gewebemuster wurden dann eingehend auf nach- folgende Eigenschaften geprüft: 2. Napfes tigkeit Hier zeigen alle synthetischen Fasern einen günstigen Ein- Physikalisch-mechanische Eigenschaften fluß und erhöhen die Garnfestigkeit im Vergleich mit Gar- nen und Geweben aus 100 % Zellwolle. Auch hier erhielten wir die besten Resultate mit Polypropylenfasern. Trocken- und Ndfestigkeit Eine Harzveredlung wirkt sich auch auf die Naßfestigkeit Trocken- und Naßdehnung günstig aus. Synthetische Fasern können daher in Kombina- Knitterechtheit: trocken (Methoden nach DIN und VUZ) tion mit einer Harzhochveredlung die bekannte Empfrnd- naß (Methode nach TOOTAL) lichkeit der Zellwolle gegenüber Beanspruchungen im nassen Einfluß von wiederholtem Waschen auf die Änderung der Zustand merklich herabsetzen. Trocken- und Naßknitterechtheit Scheuerfestigkeit (mit Schopper-Gerät und Accelerotor) *) J.Text.Inst. 1949,S.700-720

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3. Trocken- und Naj3dehnung Der Zusatz von Synthesefasern erhöht die Dehnbarkeit der Gewebe, was sich speziell bei einer nachfolgenden Harzver- netzung als günstig erweist, da letztere bekanntlich die Dehnbarkeit der Fasern wesentlich herabsetzt. Die besten Resultate ergaben sich bei Mischgeweben aus Viskosefasern mit einem 30 %igen Polyamid- oder mit einem 20 bis 30 % igen Polypropylenfaseranteil. Zur Illustration sind in Tabelle 1 Festigkeit und Dehnung der Kett- und Schußgarne verschiedener Mischgewebe im trockenen Zustand angeführt. (Aus Platzmangel wurden die Messungen im nassen Zustand nicht mitangegeben, ebenso wurde auch in den beiden folgenden Abbildungen darauf verzichtet.) Abb. 1: Beeinflussung der Trockenknitterechtheit durch den Zu- satz synthetischer Fasern sowie durch Harzhochveredlung 4. Knitterechtheit Material: Gewebe in Leinenbindung bzw. Streichgarn Nm 1O/ 1 Es wurde konstatiert, daß man durch eine Harzhochvered- lung eine wesentliche Verbesserung der Trockenknitterecht- heit der Gewebe erzielen kann. Ohne Harzveredlung, das heißt allein durch Zusatz von Synthesefasern, erreicht man zwar auch eine Verbesserung der Knitterechtheit, doch sind diese Werte viel zu klein, um eine Harzveredlung zu ersetzen. Durch eine Kombination mit Synthesefasern (wobei der Zellwolleanteil im Gewebe stets überwiegt), nebst einer Harzveredlung, erhält man optimale Stoffe, die sich bereits mit solchen, die einen hohen Prozentsatz an teuren Syn- thesefasern, allerdings ohne Harzausrüstung, aufweisen, ver- gleichen lassen. Dieselben Erfahrungen machten wir auch bei der Prüfung der Naßknitterechtheit.

5. Der Einjluj3 von wiederholtem Waschenauf die Trocken- Abb. 2: Beeinflussung des Trockenknitterwinkels durch Synthese- knitterechtheit faserzusätze, durch wiederholtes Waschen sowie durch eine Harzveredlung Der Zusatz von Synthesefasern setzt die Empfindlichkeit der Gewebe für wiederholtes Waschen herab. Es ist stets vor- P = harzausgerüstetes Gewebe, ungewaschen teilhafter, eine schonende Feinwäsche statt der drastischen 1’ > 3’ = harzausgerüstetes Gewebe nach einer Feinwäsche Baumwallwäsche anzuwenden. l”, 3” = harzausgerüstetes Gewebe nach einer Buntwäsche

Tabelle 1 : Trockenfestigkeit und Dehnung

Gewebe Festigkeit in Gramm auf 1 Faden umgerechnet Dehnung in %

Kette Schuß Kette Schuß normal veredelt normal veredelt normal veredelt normal veredelt lOO%VS 882.35 909.75 860.95 835.39 16.7 10.1 18.6 14.9 10 % PANS 860.66 708,19 740,95 450.49 16.3 9.3 19.7 14.0 20 % 788.24 721.67 760.75 638,09 18.0 11.0 19.1 16.0 30 % 960,OO 780,OO 805.17 640.00 19.4 13.6 22.3 16.8

,o y 0 PES/ 842.98 725.20 792.52 537.56 16.0 7.4 20.4 13.7 VS 20 % 904.27 741.66 693.33 666.08 16.4 9.2 18.2 14,4 30 % 898.36 731.09 940.95 535.92 16.9 9.3 22.9 13.5 10 % PP/VS 1022.40 868.29 934.62 784.76 17.7 13.4 22.0 16.8 20 % 1151,26 908.80 962,16 880,OO 22.6 17,o 22,5 20.8 30 % 1173.37 915.62 1036.55 1018.18 23.8 17.4 23.3 18.5

normal = ausgerüstet ohne Harzhochveredlung veredelt = kombinierte Harzhochveredlung

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Tabelle 2: Einfluß des wiederholten Waschens auf die Knitterechtheit von hochveredelten Geweben

ungewaschen nach drei Feinwäschen nach drei Buntwäschen Gewebe vuz DIN TOOTAL vuz DIN TOOTAL vuz DIN TOOTAL 5 min 60 min 5 min 60 min 5 min 60 min lOO%VS 136.4 145,6 161.2 102.0 103.4 127.4 139.2 117.5 99.3 104.4 123.7 118.5 90/10 VWPA 136,9 144,6 156.3 108.0 112.4 117.0 139.0 122.5 104.9 106.4 125.6 121.6 80/20 130.2 143.3 160,3 103.6 117.4 120.3 142.7 130.0 102.9 99.8 118.7 123.0 ?0/30 129.3 142.8 156.0 113.0 109.4 128.6 148,0 125.0 104.2 110.4 130.4 128.0 90/10 VWPES 129.3 149.0 160.5 122.0 113.5 126.2 143.3 122.5 114.0 108.1 128.5 135.5 80120 139.6 147.2 157.7 128.0 119.7 121.8 142.2 138.0 112.1 104,2 124.1 134.5 70130 131.5 151.2 159.6 137.0 125.3 128.4 146.7 142.5 117.4 133.6 145.1 140.0 90/10 VWPP 133.6 137.4 152.9 120.0 109.6 106.7 129.4 123.0 108.6 90.3 110.8 127.5 80/20 141.2 127.7 144.3 121.5 115.7 120.3 143.7 124,5 113.1 101.3 124.3 121.0 ?0/30 125.2 116.7 139.3 123.0 109.1 110,6 131.6 127.0 107.4 110.0 134.5 129,o Die Methoden VUZ und DIN bestimmen den Trockenknitterwinkel, die Methode TOOTAL bestimmt die Naßknitterechtheit.

Feinwäsche = Lösung von 5 g/l Feinseifenpulver. Waschen bewirkt strukturelle Veränderungen der Fasern. Es wird 20 Minuten bei 40°C gewaschen, Der Einfluß der alkalischen Nachbehandlung von Zellwolle- dann dreimal in fließendem Wasser ge- geweben auf die Knitterechtheit wurde bereits in einer an- spult. Handwäsche. deren Arbeit*) nachgewiesen. Buntwäsche = 2 g/l Soda kalz., Die besten Resultate zeigten auch hier Viskosefasermisch- 3 g/l Kernseife. gewebe mit einem 20 bis 30 %igen Polyesteranteil, wobei Es wird 40 Minuten bei 60°C gewaschen, aber auch solche mit Polyamid- oder Polypropylenfaser- dann dreimal in fließendem Wasser ge- zusatz noch hohe Werte des Naßknitterwinkels (121-128”) spult. nach dreimaligem Waschen ergaben. Die besten Resultate erhielten wir bei Geweben aus Zell- 7. Scheuerechtheiten wolle mit Polyesterfasern; an zweiter Stelle stehen solche Die Scheuerechtheit wurde auf dem Schopper-Prüfgerät mit Polyamidfasern. Dieser Einflut3 macht sich erst bei Zu- bzw. auf dem Accelerotor getestet. Die Resultate auf diesen sätzen von über 20 % bemerkbar, da die Gewebe dadurch beiden Apparaten wichen sehr voneinander ab und waren gegen mehrmaliges Waschen beständiger werden. daher nur schwer auswertbar. Unabhängig vom Prüfverfal- Im Vergleich mit Geweben aus 100 % Viskosefasern zeigten ren ist jedoch in beiden Fallen der günstige Einfluß des Syn- solche mit Beimengungen von Synthetics eine verbesserte thesefaserzusatzes erkennbar. Innerhalb der mit dem Acce- Knitterechtheit, und dieser Effekt widerstand auch eher lerotor getesteten Serien erweisen sich immer die Gewebe einer wiederholten alkalischen Wäsche. Die optimalen Mi- mit dem größeren Synthesefasergehalt als widerstandsfähi- schungen von Zellwolle mit 20 bis 30 % Polyester- oder ger. Nach Maßgabe der Prüfungen auf dem Schopper-Gerät Polyamidfasern behielten auch nach der dritten Baumwoll- Wäsche, also nach insgesamt 120 Minuten alkalischer Wä- Tabelle 3: Scheuerechtheitsprüfungen sche, ihr tadelloses Aussehen und wurden im Gegensatz zu Schopper (in Ulmin) Accelerotor (Gew.-Verl. in %) Gewebe reinen Zellwollegeweben nicht lappig. normal veredelt normal veredelt Alle Prüfungen zeigten, daß die Klingen-Meßmethode (VuZ) lOO%VS 128 60 -27.7 zerfetzt in ca. 2 min. im Vergleich mit der DIN-Methode niedrigere Knitterwerte 90/10 76 61 -23.5 -?4,3 liefert, die sich besser mit der Praxis bzw. mit Trageversu- 80/20 93 101 -19.5 -65.3 ?0/30 193 115 -18,2 -58.2 chen vergleichen lassen. Die Werte nach DIN liegen daher 90/10 VWPES 80 75 -20.9 -68.0 immer etwas höher. Gemäß dem VuZ-Verfahren wurden 80/20 114 87 -17.3 -58.4 die Gewebemuster (40 x 10 mm) auf 20 x 10 mm gefaltet. ?0/30 135 92 -17.6 -53.5 Dann belastete man sie 15 Minuten lang mit 500 g zwischen 90/10 VS/PP 231 119 -25.0 -73.0 zwei Glasplatten. Nach der Entlastung wurden die Stoff- 80/20 184 260 -23.7 -67.3 proben über eine Rasierklinge gehängt, und nach 5 Minuten JOf30 286 222 -20.3 -55.2 stellten wir dann den Knitterwinkel fest. Schopper: Mittelwert aus drei Messungen, Belastung 200 g Schmirgelpapier Nr. 150. Bestimmt wurde die Um- 6. Der Einfluj.3 von wiederholtem Waschen auf die Na& drehungszahl bis zum ersten Anzeichen einer Zer- knitterechtheit fetzung. Die Naßknitterechtheit von Geweben ohne Harzausrüstung Accelerotor: Schmirgelpapier Nr. 400, 3000 U/min. Gemessen ist in allen geprüften Fallen ungenügend, selbst dann, wenn wurde der Gewichtsverlust in % nach 5 min. man 30 % Synthesefasern zumischt. Durch eine Harzvered- lung wurde sie daher wesentlich verbessert. Wiederholtes *) T. Robinson:bisher nicht veröffentlicht.

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Tabelle 4: Sehrumpfechtheit nach dem Waschen

nach der dritten Feinwäsche nach der dritten Buntwäsche normal veredelt normal veredelt Gewebe Kette Schuß Kette Schuß Kette Schuß Kette Schuß lOO%VS -IO,0 -8,6 -2.6 -1.6 -10.2 -9,2 -4.8 -3.8 90/10 VS/PA -10.0 -4.8 -1.8 -0.6 -9.0 -4,0 -6.0 -3.6 80/20 -7.2 -3.8 -2.0 -0.8 -8,4 -4.2 -5.0 -3,6 70/30 -7.8 -4,0 -1,8 -1,6 -6.6 -4.6 -4.4 -3,8 90/10 VS/PES -5.0 -1.8 -0.8 -1.0 -5.6 -2.0 -2.8 -1.8 80/20 -3.8 -3,0 -1.0 -0.8 -4,4 -2.4 -2,z -1.4 70/30 -2.8 -2.0 -1.0 -0.6 -4.2 -2.0 -1.6 -1.8 90/10 VWPP -8.8 -3.6 -2,0 -1.4 -8.4 -3.6 -3.8 -2.0 80/20 -6.0 -4.6 -1.2 -0.8 -8.0 -5.6 -3.6 -2.4 70130 -5.4 -2.8 -1.2 -1.0 -6.2 -3.0 -2.4 -2,4

sind allerdings Mischungen mit einem 30 %igen Polyamid- Tabelle 5: Im Gewebe fixierte Haumengen und deren Sta- faseranteil vorteilhafter. Die Beigabe von Polyesterfasern bilität nach wiederholtem Waschen (bestimmt wirkt sich hier weniger aus, was aus der nachfolgenden Ta- durch Herauslösen des Harzes mit 0.1 N HCI) belle ersichtlich ist. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen Harzmenge in % sollte man aber die Scheuerprüfungen immer nur als Hin- ursprüngliche Harzmenge in % Gewebe Harzmenge in % nach der dritten nach der dritten weis werten und die tatsächliche Gewebeabnützung stets Feinwäsche Buntwäsche auch durch praktische Trageversuche testen. lOO%VS 9,25 8.45 7.15 90110 VWPA 9.75 8.50 8.30 8. Schrumpfung der Gewebe nach dem Waschen 80/20 8.65 7.80 7,55 Zusätze von Synthesefasern verringern das Schrumpfen der 70130 8,65 8.00 7.45 Zellwollegewebe beträchtlich, wobei man die besten Resul- 90/10 VWPES 9,50 8,45 8.10 tate durch eine Beimischung von Polyesterfasern erzielt. Die ao/20 8.75 8,30 7.40 70130 8.55 7.70 7.05 Schrumpfung sinkt proportional dem Polyestergehalt ab. 90/10 VS/PP 9.25 8.20 7.30 Gewebe mit einem Polyamid- bzw. einem Polypropylen- 80/20 8.85 7.65 7.40 faseranteil folgen erst in zweiter Linie. Durch eine zusätz- 70/30 8,95 7.05 7.10 liche Harzveredlung erreicht man eine radikale Verminde- rung der Schrumpfung. Zellwollegewebe mit einem bestimmten Prozentsatz an Poly- IO. Quellung in Wasserbzw. in Alkali amidfasern reagieren empfindlich auf eine alkalische Wä- Diese Prüfungen werden vorgenommen, um die Festigkeit sche, wobei man unter den Bedingungen einer Baumwoll- bzw. die Stabilität der Zellulosevernetzung zu testen. Die Wäsche (Buntwäsche) schlechtere Resultate findet als unter Ergebnisse sind in Tabelle 6 zusammengefaßt. Als Schluß- denen einer Feinwäsche. Auch hier weisen Gewebe mit einer folgerung kann angeführt werden: Polyesterbeimischung die größte Beständigkeit auf. Misch- gewebe mit 30 % Polyesterfasern zeigen nach einer dreima- Proportional dem Anteil an synthetischen Fasern nimmt ligen Feinwäsche einen Sehrumpf von nur -l/-0,6 % in Kette auch das Quellvermögen der Gewebe in Wasserbzw. in bzw. Schuß, und nach einer dreimaligen Baumwallwäsche 10 %iger Natronlauge ab. Die mit Kunstharzen hochver- einen solchen von -1,6/-1,8 %, was man als sehr gering be- edelten Gewebe haben sogar ein radikal herabgesetztes zeichnen kann. Quellvermögen. Auch die Alkalilöslichkeit sinkt - bei- spielsweise bei einem 100 %igen Zellwollegewebe - nach Wir können auf Grund dieser Resultate konstatieren, daß der Ausrüstung von 11,7 auf 0,84 % ab. eine Kombination von Zellwolle mit synthetischen Fasern (hauptsachlich mit Polyesterfasern), gefolgt von einer nach- träglichen Hochveredlung, zu Ergebnissen führt, die im Ver- 11. Hydrophobierung gleich mit Geweben aus 100 % Zehwolle eine wesentliche Gewebe ohne Harzhochveredlung zeichnen sich durch ein Verminderung der Schrumpfung und eine Verbesserung der für Zellwolle normales Saugvermögen aus. Man kann daher Dimensionsstabilität der fertigen Erzeugnisse bedeuten - keines der geprüften Gewebe als hydrophob bezeichnen. und dies nach wiederholtem Waschen. Nach einer kombinierten Harzausrüstung, zum Beispiel mit dem Hydrophobiermittel Ombrophob C, erhalten alle Ge- 9. Fixierter Harzgehalt webe eine waschechte Hydrophobierung. Die besten Resul- Die Gewebe enthalten nach der Hochveredlung etwa 8 bis tate zeigen wieder Zellulosestoffe mit einem 30 %igen Poly- 10 % fiiiertes Harz, welches genügend stabil gebunden ist, amidgehalt. Durch eine alkalische Seifenwäsche steigt der um auch wiederholten alkalischen Wäschen zu widerstehen. wasserabstoßende Effekt noch weiter an.

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Tabelle 6: Einfluß der Hochveredlung auf Quellung und Löslichkeit in Wasser bzw. in 10 % NaOH normal veredelt Gewebe Quellung in % Löslichkeit in % Quellung in % Löslichkeit in % in Wasser in 10 % NaOH in 10% NaOH in Wasser in 10 % NaOH in 10 % NaOH

lOO%VS 72,52 298.22 11.70 30.22 100.45 0.84

90/lOVS/PA 61.86 288.36 11.32 25.54 64.26 0.66 ao/20 53.41 253.40 11.49 22.89 65.70 1.42 70/30 46.90 237.57 10.44 22.41 52.50 0.73

90/10 VWPES 64.46 274.64 11,81 26.86 81,74 1.75 80/20 55.67 248.36 11.70 23,70 60.50 1.69 70/30 49.74 235.47 IO,50 19.62 41,78 0,41

90/10 VS/PP 65.45 273.11 11.35 26.79 67.23 0.76 80/20 58.65 227.93 8,70 21.69 64.56 0.72 70/30 49.20 206.85 8.86 20,74 74.99 1.18

Tabelle 7: Hydrophobierung (Penetrometer) niger vorteilhaft; die Polypropylenfasern verursachen im n.d. dritten nd. dritten Gegenteil eine Versteifung und Verhärtung, da sie ja wärme- Gewebe normal veredelt Feinwäsche Buntwäsche empfindlich sind. lOO%VS 0 41.6 84.3 86.3

90110 VWPA 0 40.6 85.6 82.0 Bestimmung der optimalen Fasermischungen 80/20 0 47.0 84.3 82.6 70/30 0 88.3 87.3 85.6 Auf Grund der vorhin beschriebenen Ergebnisse gelang es 90/10 VS/PES 0 85,6 86,6 80.0 uns, die für eine praktische Verwertung am besten geeigne- 80120 0 88.0 87,3 84.0 ten Fasermischungen herauszufinden. Dabei konnten wir 70/30 0 89.3 90.6 77.2 folgende Tatsachen deutlich feststellen: 9O/lOVS/PP 0 97,0 91.0 84.0 80120 0 107.3 88.0 90.0 Der Zusatz synthetischer Fasern zur Hauptmenge an Vis- 70/30 0 104.0 99.6 92.6 kosefasern reicht allein nicht aus. Um wirklich optimale Resultate zu erhalten, rm@ man auch noch eine entspre- chende Harzhochveredlung durchführen. 12. Das Bügeln Die weitere Auswertung haben wir im Hinblick auf jene Fak- Das Beimischen von Synthesefasern vermindert den bekann- toren vorgenommen, die für den praktischen Gebrauch maß- ten Nebeneffekt einer Harzhochveredlung, daß nämlich gebend sind, wie nach feuchtem Bügeln die Knitterechtheit radikal abfallt. _ Knitterechtheit und Beständigkeit des erreichten Effek- Außerdem verringert sich dadurch auch die notwendige Re- tes gegen wiederholtes Waschen; generationszeit zur Rückkehr des vollen Knitterwinkels, wie - Dimensionsstabilität auch nach vielen Wäschen; er vor dem Bügeln vorhanden war. verminderte Schrumpfung; Die besten Resultate erhielten wir, wie aus Tabelle 8 er- - sichtlich ist, bei Geweben mit Polyesterfaserzusatz. Gewebe - verbesserte Scheuerechtheit; mit einer Beimischung von Polypropylenfasern sind hier we- - Erreichung eines permanenten Hydrophobiereffektes.

Tabelle 6: Einfluß des Bügelns auf die Knitterechtheit Knitterechtheit in % nach dem Gewebe ursprünglich nach 1 Tag nach 2 Tagen nach 5 Tagen Bügeln

lOO%VS 136.4 79.7 118.4 119.4 130.1 90/10 VS/PA 136.9 84.7 120.8 120,3 126.8 80/20 130.2 107.1 111.6 124.7 127.7 7Of30 129.3 90.0 111.4 118.8 129.7

90/10 VS/PES 129.3 99.6 115.8 122.9 126.8 so/20 130.6 107.0 119.3 126,5 133,l 70/30 131.6 105.8 117.9 126.2 133.7

90/10 VS/PP 133,6 81.8 117.5 121.6 126.7 80/20 141.2 76.8 109.4 123.4 131,5 70/30 125.2 83.1 115.3 118,9 126.4

100 % Wolle 141.8 99.9 113.0 128.0 136.2

55/46 PES/Woll Ie 148.4 130.4 136,O 138,O 145,o

Gebügelt wurde durch ein feuchtes Baumwollgewebe hindurch (100 % Feuchtigkeitsaufnah- me) mittels Auflegen eines Bügeleisens bis zum Trocknen. Gewebe aus VS/PP wurden nach dem Bügeln hart und brüchig.

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Kleinere Festigkeitsschwankungen spielen bei Zellwolle kei- 4. Hydrophobierung ne wesentliche Rolle, wenn sie sich im Rahmen von 220 % Mit dem Penetrometer wird die Zeit gemessen,nach der die bewegen, wobei aber immer die verbesserte Naßfestigkeit ersten drei Tropfen bei einem Wasserdruck von 80 mm von Bedeutung ist. durch das Gewebe dringen (vgl. DIN 53.886). Nach der drit- Auf Grund ausgedehnter Trageversuche in der Wollindustrie ten Feinwäsche soll der Hydrophobiereffekt unverändert haben wir nachfolgende, verhältnismäßig strenge Kriterien erhalten bleiben. als Gütemaßstab eingeftirt. Diese sollen eine progressive Verbesserung der Gebrauchswerte im Vergleich zu den bis- herigen Geweben aus 100 % Zellwolle sichern. Wir haben Auf Grund dieser Kriterien haben wir aus unseren Versuchs- unsere Prüfreihen dahingehend ausgerichtet, daß die Gewebe materialien diejenigen Gewebe ausgeschlossen, die die ver- folgende Eigenschaften aufweisen sollen: langten Werte nicht erreichten. Alle Mischungen mit Poly- ester- sowie mit 20 bis 30 % Polyamidfasern entsprachen je- 1. Knitterechtheit doch den Anforderungen. Gewebe aus Viskose- und Poly trocken - VUZ (Klingenmethode): minimaler Knitterwinkel 130° propylenfasern waren nicht genügend knitterecht und zeig- DIN : minimaler Knitterwinkel 140 bis ten sich außerdem als sehr wärmeempfindlich. 160’ Wenn wir nun die verlangten mit den erreichten Werten ver- Nach der dritten Feinwäsche müssen folgende Minimalwerte gleichen (Tab. 9), so sehen wir, daß die besten Eigenschaf- erhalten bleiben: ten in bezug auf Knitterechtheit und Stabilität Gewebe mit trocken - VUZ (Klingenmethode): minimaler Knitterwinkel 110’ einem 20 bis 30 %igen Polyesterfaseranteil aufweisen. Was DIN : minimaler Knitterwinkel 120 bis 140° die beste Sehrumpfechtheit anlangt, so findet man diese bei naß - TOOTAL : minimaler Knitterwinkel 110’ Geweben mit einer Beimischung von 20 bis 30 % Polyamid- nach der dritten Feinwäsche : minimaler Knitterwinkel 120’ fasern.

2. Sehrumpfechtheit Als optimal haben sich folgende Fasergemische erwiesen: 30/70 Polyester/Zellwolle, Schrumpfung nach dem dritten Auswaschen: 20/80 Polyester/Zellwolle und Feinwäsche (Wallwäsche) : max. -2,0 % Kette/-2,O % SchuB 20/80 Polyamid/Zellwolle. Buntwäsche(Baumwollwäsche): max. -3,0 % Kette/-3,O % Schuß 3. Scheuerechtheit Diese Gewebe, versehen mit einer optimalen Kunstharz- Schopper-Gerät : Es wurde jede Verbesserung im Vergleich mit hochveredlung, übertreffen bei weitem Gewebe aus 100 % Geweben aus 100 % Zellwolle bewertet. Zellwolle, wobei sie aber auch preislich noch mit jenen kon- Accelerotor : maximaler Gewichtsverlust = 60 %. kurrieren können.

Tabelle 9: Überprüfung hochveredelter Gewebe im Hinblick auf die Güteanforderungen

Qualitätsanforderungen 100% 90110 ao/20 70130 901 I 0 80120 70130 90110 ao/20 70130 + = geeignet Zellwolle Polyamid Polyester Polypropylen - = ungeeignet

Knitterechtheit - trocken vuz 130° t - + + + + t t t + DIN 140 bis 160’ + - + - + t + - - - Knitterechtheit - trocken nach der 3. Feinwäkhe vuz 115O - - + + + + + - + - DIN 120 bis 140’ + - + + t t + - + - Knitterechtheit - na& ungewaschen llo” - - - t t + + + + + n.d. 3. Feinwäsche 120’ - + t + + + + t t t Sehrumpfechtheit n.d. 3. Wäsche Feinwäsche = -2.01.2.0 - + + t + + t t t t Buntwäsche = -3,o/-3.0 - - - - + t t - - - Scheuerechtheit Schopper - Verb. geg. 100 % Zw. - - + t t + t t t t Accelerotor max. Verl. 60 % - - - t - t t - - - Hydrophobierung ungewaschen - - - t + t t t t t nach der 3. Wäsche + + + + t t + t t t

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Neubelebung der textilen Künste durch Chemiefasern rungen und Zeichnungen zu verleihen, die zur kunstvollen Ausgestaltung dieses Materials anregte. Aus dem Wesen der einzelnen Faserarten - es kamen im Altertum und im Mittel- alter nur Leinen, Wolle und Seide zur Verarbeitung - ergaben sich spezifische Erzeugnisse, die wegen ihrer Struktur und ihres Glanzes hochgeschätzt waren. Glatte Gewebe erschei- nen neben Wirk- und Knüpfteppichen, neben Velourserzeug- Dr. Joseph N ü s s 1 e i n , Frankfurt am Main nissen und Stickereien.

Erkenntnisse aus der Geschichte der textilen Künste

Wenn wir wissen wollen, welchen Weg diese drei Gruppen genommen haben, ob unsere Zeit trotz technischer Fort- schritte reicher oder ärmer geworden ist und wo neue Kräfte Bei der Entwicklung der Chemiefasern sind so starke Kräfte in der ansetzenkönnten, müssen wir einen überblick über ihre Ent- Auffindung neuer Typen und Variationen, in der Gestaltung neuer wicklung zu gewinnen versuchen. Wenn im Grabe von Thut- Textilien sowie im Wettbewerb um Märkte und Verbraucher wirk- mosis IV. (1420 bis 1412 v. Chr.) mit Herrscherinsignien sam, daß darüber manchmal Werte in Bedrängnis geraten, auf die wir und Lotosblüten durch Einwirken blauer und roter Leinen- nicht verzichten sollten. Man rechnet dazu die Schönheit der Klei- fäden reich gemusterte Leinenstoffe gefunden wurden, so dung, die nicht allein von der Mode des Tages bestimmt wird, und darum soll vor allem der Versorgung mit geschmackvoller Kleidung beweist das, daß solche Künste schon eine lange Entwick- nach den persönlichen Neigungen ein Wort eingelegt werden. Kaum lungszeit hinter sich hatten. Auch bemalte Mumientücher, ein Land hat so zahlreiche und schöne Beiträge zu Trachten und tex- die vielleicht an die Stelle kostbarer Edelmetallapplikatio- tiler Volkskunst geliefert wie Österreich. nen traten, verraten uns, daß Textilien durch Musterung ver- Ganz besonders liegt dem Verfasser die Pflege der textilen Künste schönt und bei aller Nähe zur praktischen Kleidung doch am Henen, deren Niedergang leider in sehr vielen Bereichen zu be- einem anderen Ziele dienten: kultischen Ideen. klagen ist. Auf diese Situation hinzuweisen, aber auch eine Brücke zu schlagen zwischen den alten Zeiten mit ihrem Werkstoff Natur- Es ist erstaunlich, wie fest das textile Können in Ägypten fasern und der Gegenwart mit ihrem großen Sortiment an Chemie- verankert gewesen sein muß, denn aus der Ptolemäerzeit fasern und deren ungewohnten und ungewöhnlichen Eigenschaften, und noch mehr aus dem 3. bis 6. Jahrhundert stammende hat er sich im nachfolgenden Aufsatz zum Ziel gesetzt. Grabfunde lassen uns nicht nur erahnen, sondern nacherle- ben, welcher Reichtum an künstlerischen Ideen und textiler Fertigkeit jenen Menschen zur Verfügung stand. Zwar bleibt The forces active in the development of man-made fibers with a das Grundgewebe Leinen, aber zur Ausmusterung dienen view to discovering new types and variations, devising new types of textiles, and competing for markets and consumers are so powerful farbige Wollfäden. Gemusterte Streifen, Bänder und Ab- that they sometimes tend to jeopardize values which should not be schlufistücke, die ihre Motive der Pflanzen- und Tierwelt, foregone. These include the pleasing appearance of resultant gar- dem Sagenkreis und dem menschlichen Leben entnehmen, ments which is not determined solely by daily fashions. With this in werden in reichem Maße Bestandteil der Kleidung. Diese view, it will be weil to put in a word for supplying the market with koptischen Textilien, von denen wir herrliche Fragmente in attractive clothing designed to meet individual tastes. There is hard- ly a country which has contributed more to traditional styles and to Krefeld, Berlin und Trier besitzen, zeigen einen Stil eigener the popular textile art than has Austria. Art. Wie der Schnitzer mit der Struktur und der Maserung Cultivation of the which, it is regretted to say, tend to des Holzes arbeitet, SO übersetzt der Wirker mit der Eigen- decline in many fields is what the author has at heart. The following art seines Fadens, der Bindung und seiner spezifischen Farb- Paper is aimed at drawing attention to this Situation and to bridge stoffe das Thema, das ihm der Zeichner vorgelegt, in eine the gap between olden times with natura1 fibers as the only raw andere Sprache. material and the present age with its wide range of man-made pro- ducts featuring a wealth of new and unusual properties. Daß uns gerade aus &ypten so viele textile Reste, in denen Leinen und Wolle verarbeitet sind, erhalten geblieben sind, bedarf der Erklärung. Unter warmen und erst recht bei feuchten Klimaverhältnissen sind tierische und pflanzliche Fasern sehr anfällig fiir Mikroorganismen, Stock- und Schim- melpilze. Wollerzeugnisse sind bedroht von Motten- und Zu allen Zeiten haben Künstler neben Holz, Stein und Me- Käferfraß. In der trockenen Luft des Fayums aber, abge- tall auch Faserstoffe benutzt. Die aus ihnen gefertigten Ge- schlossen von der Kommunikation mit der Umwelt durch webe verschiedener Art zeichnen sich gegenüber den starren gewaltige Sandmassen, entging vieles dem Verfall. Werkstoffen durch ihre Biegsamkeit und Fügsamkeit aus, und da sie sich leicht den Körperformen anpassen, wurden Seide im Handel und Wandel der Zeiten sie von der Menschheit seit undenklichen Zeiten als Ergän- zung zu Fell und Leder ftir die Bekleidung wie zum Schmük- Schon die ersten Gewebe, die nach Europa gelangten, zeig- ken der Wohnung benutzt. Es ist vor allem die Möglichkeit, ten ein hohes technisches Können und einen vollendeten die Fasern in allen Farben des Spektrums zu färben und tex- künstlerischen Ausdruck. ES waren Kostbarkeiten ersten tilen Gebilden einen unerschöpflichen Schatz von Muste- Ranges, die auf langen und gefährlichen Wegen aus dem

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Osten kamen. Sie dienten in erster Linie dem Kult und der staatlichen Repräsentation. Am stärksten entfaltete sich die- se am Hofe von Byzanz. Auch Alexandria - hier begegnen sich die koptische Wirk- und Webkunst von Leinen und Wol- Technische Großhandlung le und die Seide - ist wohl eines der bedeutendsten Zentren gewesen. Stilelemente aus China, Persien und Mesopotamien und Gummihaus bereichern die westliche Welt in unvorstellbarem Umfang. Die Sassaniden- 220 bis 640 n. Chr. - beherrschten nicht nur den Seidenhandel, ihre Epoche bestimmte auch die Motiv- welt dieser Prunkstoffe. Mit der Aufnahme der Seidenzucht im vorderen Orient, in Sizilien und Spanien, besonders aber auch mit dem Vordrin- gen des Islams, weiteten sich Verarbeitung und Verbrauch von Seidenstoffen. Neben die Erzeugnisse aus Byzanz mit ihren lebendigen Darstellungen von Mensch, Tier und Pflan- ze trat die in Ornamente und Arabesken aufgelöste Fläche, die zu einer für uns schwer vorstellbaren Prunkentfaltung LINZ/DONAU an den reichen Höfen der Kalifen und Abbasiden führte. Spanische und sizilianische Seidenstoffe sind die Vorläufer SPITTELWIESE 11 der italienischen Erzeugnisse, die etwa vom 13. Jahrhundert an erscheinen und einen soliden Unterbau durch die in der Po-Ebene betriebene Seidenzucht erhalten. Eine Strukturwandlung wird in der Gesellschaft wie in den textilen Formen fühlbar. Außer dem höfischen und kirchli- chen Bedarf, für den die Feierlichkeit des alten Stils ein we- sensgemäßesAusdrucksmittel war, erscheinen breitere Ober- Telefon: 2-36-51, 2-36-52 schichten als Abnehmer, sodaß der Verbrauch rasch zu- nimmt. Samte und Brokate erfreuen sich grofier Beliebtheit. Malerei und Buchkunst jener Zeit vermitteln uns ein leben- diges Bild von ihren Kleidersitten. War Deutschland mit sei- nen Höfen und Kirchen auch in allererster Linie Käufer einer höheren Leistung. Die großzügigen Muster, die von fremder Erzeugnisse, so darf doch die Rolle deutscher Werk- vornherein auf die Wirkung des Gewandes als Einzelkompo- stätten, zum Beispiel in Regensburg, nicht übersehen wer- sition angelegt waren, weichen allmählich kleineren Muste- den, wo in der Weberei eigene Wegegegangen wurden: Seide rungen, die eine ungestörte Verarbeitung auf Kleider jeden und Leinen werden zu charakteristisch kräftigen Geweben Zuschnitts ermöglichen. kombiniert, in die zur Musterbildung oft mit Goldfäden um- Größte Bedeutung gewinnt der einfarbige Damast, dessen schlungene Darmhaut eingearbeitet wird. Man kann anneh- Wirkung in der Auslösung von Glanzlichtern auf mattem men, daß auch hier das Kloster St. Emmeran, das uns auch Untergrund besteht. Mit einer durch den Wettbewerb der in der Gobelintechnik begegnet, geistiges Zentrum war. verschiedenen Herstellerzentren ausgelösten Spezialisierung bereitet sich auch schon ein modischer Wettbewerb mit allen Licht- und Schattenseiten vor. Die Renaissance- Höhepunkt der Seidenstoffe Wenn Florenz in der zweiten Hälfte des Quattrocento eine Eine modisch-künstlerische Linie besonderer Art entfaltete führende Rolle im Kunst- und Geistesleben innehatte, SO ist sich nochmals in der spanischen Tracht: im Stil, in der Mu- leicht verständlich, da5 auch die dort erzeugten Seidenstoffe, sterung, in den Farben. Noch ist Seide wichtigster Rohstoff. insbesondere die Goldbrokate, eine ungewöhnliche künstle- Aber durch Kombination verschiedener Materialien, durch rische und technische Höhe erreichten. Auch andere italieni- Einbeziehung von gefältelten und gebauschten Stoffen ne- sche Städte, wie Venedig, Mailand und Bologna, waren in ben glatten, ungemusterten Flächen, ergeben sich ganz neue der Herstellung schöner, ja luxuriöser gemusterter Samt- Bilder. Krepp- und Moir&Effekte kündigen die Entwicklung und Seidenstoffe zu weltweitem Ansehen gekommen. Grund- eines neuen Zweiges textiler Kunst an: der Ausrüstung. In lage des wirtschaftlichen Erfolgs war eine riesige Nachfrage der niederländischen Malerei des 17. Jahrhunderts finden durch reichgewordenes Kaufmanns- und Handwerkerturn. wir grofiartige Darstellungen der Vorliebe des wohlhabenden Es wird eine aufwendige Repräsentation mit Kleidung be- Bürgertums für solche Effekte. In dieser Zeit wird die Sei- trieben, die schließlich im 16. Jahrhundert zu einer regel- denweberei allmählich zur reinen Gebrauchsgüterproduk- rechten Massenerzeugungfuhrt. tion. Sie verliert den früher dominierenden künstlerischen In den Skizzenbüchern von Leonardo da Vinci finden sich Rang. viele Vorschläge für Textilmaschinen, alles mit dem Ziel In Frankreich hatte in dieser Zeit Ludwig XI. immer wieder

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Versuche zur Belebung der heimischen Seidengewinnung brauch und so triumphale Erfolge aufzuweisen, aber auch und Verarbeitung gemacht. Er wollte den großen Anteil des kaum eine andere hat einen so katastrophalen Niedergang Goldabflusses, den der Konsum luxuriöser Seidenstoffe erfahren wie die Kunst der Wirkerei von Wandteppichen. durch den Hof auslöste, abfangen. Aber erst im 17. Jahr- Im Mittelalter tritt sie als eigene Kunstgattung neben die hundert erntet das Land die Fruchte dieser Bemühungen, als Malerei. Besonders der Freskenmalerei erwächst in ihr ein Lyon sich zu einem Seidenzentrum - auf industrieller Basis - scharfer Konkurrent. In vielen Ländern, auch in Deutsch- entwickelt. Ein schwerer Schlag ist die Aufhebung des land, erlebt die Bildwirkerei eine starke Förderung durch Edikts von Nantes (1689, wodurch die in der Seidenwebe- Kirche, Adel und wohlhabendes Bürgertum. Der Bestand an rei tätigen Protestanten ihres Glaubens wegen ins Ausland großen Stücken muß im Laufe der Zeit ungeheuer ange- vertrieben wurden. Diese Flüchtlinge verhalfen dem Seiden- wachsen sein; an Schönheit konnten es viele von ihnen mit gewerbe in der Schweiz, in Holland, England und Deutsch- den großartigen Werken der Malerei aufnehmen. Künstler land zu starkem Aufschwung. wie Raffael, Rubens, Boucher u.a. lieferten Vorlagen für Wandteppiche. Die Auflösung einer Gesellschaftsschicht - Rokoko und Wendung zur bürgerlichen Mode der wichtigste Mäzen für kostbare Stucke - durch die franzö- Der übergang zum Rokoko bringt für die Kunst der Seiden- sische Revolution brachte neben der gesellschaftlichen Ver- stoffe gerade in Frankreich einen neuen Impuls. In den ,,Chi- schiebung auch eine Entwertung des bis dahin gepflegten noiserien”, den türkischen und persischen Szenen und Mu- gedanklichen Inhalts der Darstellungen mit sich. Dazu kam stern, kann man vielleicht den Ausdruck der Sehnsucht die- wohl auch die Übersättigung mit mythologischen und ritter- ser Zeit nach fernen Welten erkennen. Architektur, Raum- lich-romantischen Bildern. Für die Verwendung im bürger- ausstattung, Malerei und textile Künste vereinigen sich noch lichen Hause eigneten sich ja nur kleinere Stucke, an denen einmal zu einem vollendeten Zusammenspiel von Kunst, Ge- das Angebot gering war. schmack und Luxus, das eine Wiederholung nicht mehr er- Von der Schönheit, die Wandteppichen eigen war, geben fahren sollte. uns die zahlreichen, in Museen aufbewahrten Stucke heute Die gewaltig gestiegene Nachfrage nach Seidenstoffen hat nur selten einen richtigen Eindruck. Da auf Wolle im allge- in den wirtschaftlich und technisch bestimmenden Kreisen meinen nur die blaue Indigofärbung und der Rotton des natürlich eine permanente Anstrengung zur Verbesserung Krapps lichtecht sind, haben alle Mischtöne im Laufe der der Maschinenleistungen herbeigeführt. Am beruhmtesten Zeit ganz unnatürliche Veränderungen erlitten. Im Kampf wurde der Jacquard-Webstuhl. Schon lange vor der Revoluti- mit der Motte blieb diese meist siegreich. Schutzmittel gab on wurden die Tendenzen zur Schaffung eines breiteren Ver- es ja damals nicht. brauchsschichten zuganglichen Textilmarktes wirksam. Auch So ist es verständlich, daß die glatte Wand, die Holztäfelung die zunächst als Luxusgut behandelte Baumwolle, deren ori- und vor allem die billige Papiertapete die Herrschaft im entalische Vertreter - die ,,Indiennes” - teurer als Seide wa- Wohnraum übernahmen. Die Entwicklung der Reproduk- ren, wurde mit der Ausweitung der Gewinnung breiten Krei- tionstechnik, die Buntdrucke, Stiche u.a. preiswert zugäng- sen zuganglich. lich machte, ist ebenfalls mit daran schuld, daß das Wissen Die technischen Fortschritte des Druckes wurden dann bei um die künstlerischen Kräfte der Bildwirkerei und der Wille Seide wie bei Baumwolle die Grundlage für einen ganz neu- zum Aufwand für diese großartige, allerdings auch kostspie- en Bekleidungsstil: Massenware neben bzw. anstelle von ex- lige Technik weithin verloren gingen. klusiver Produktion. Die gesunde wirtschaftliche Basis fuhrt Erst in jüngerer Zeit werden in modernem Empfinden fur anderseits zu einem Aufleben der Nachfrage und des Ange- Farbe und Form Versuche zu ihrer Neubelebung an verschie- botes in schönen Stoffen, in einer sich immer wieder voll- denen Stellen in Europa unternommen. Mögen sie noch ziehenden Umgestaltung der Mode mit neuen Anregungen dünn gestreut sein, ihre ornamentale und künstlerische Aus- und Reizen. sageist kraftvoll und berechtigt zur Hoffnung für einen neu- Allerdings sollte nicht übersehen werden, daß für die indivi- en Aufstieg. Die Chancen, die hier von den neuen Chemie- duelle Betätigung von gutem Geschmack, Farbensinn und fasern geboten werden, sind noch kaum erfaßt. modischer Begabung immer weniger Raum bleibt. Auch die Der Knüpfteppich bestbegabte Frau hat nur die Chance der Auswahl aus dem Er dient in erster Linie dem Schmuck des Fußbodens und Angebot von Mode und Handel. Mit Schnitt, Stoffkombina- dem Wohnkomfort. Während sich im Mittelmeerraum, be- tion und vielerlei Zutaten kann sie einen gewissen Ausgleich sonders bei den Römern, die großartige Technik des Mosaik- schaffen. Die Fertigung der Grundware, die Musterung und bodens entwickelte, hat der Osten den geknüpften Teppich Farbgebung erfolgen in weiter Entfernung von ihr. Nur der zu einem Kultur- und Handelsgut von ungeheurer Bedeu- Maler ist wirklich Herr seiner Farben und Meister seiner tung werden lassen. Bis auf den heutigen Tag. Versuche, künstlerischen Ideen. diese textile Kunst auch in Europa in großem Maßstab zu betreiben, blieben erfolglos. Der ,,echte” Teppich war und Der Bildteppich (Kelim, Gobelin) ist für weite Kreise nicht nur Liebhaberei, sondern auch Kaum eine textile Kunstgattung kann auf eine so lange Ge- Wohlstands- und Statusbeweis, oft sogar Spar- und Spekula- schichte zurückblicken, kaum eine hat einen so weiten Ge- tionsobjekt. Erst die maschinelle Herstellung brachte mit

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LANDESFREMDENVERKEHRS- VERBAND OBEROSTERREICH OBERöSTERREICHISCHk LANDESREISEBÜRO

LANDESSTELLE DES ÖSTERREICHISCHEN VERKEHRSBÜROS

OBERÖSTERREICHS FÜHRENDES BAHNFAHRKARTEN- UND FLUGREISEBÜRO

Linz, Hauptplatz 9 (Kurzparkzone) Fahrkarten im Vorverkauf Bahnabteilung Telefon 23 344 Schlaf- und Liegewagenkarten Flug und Schiff Telefon 28 810 Platzkarten Touristik Telefon 28 863 Visabesorgu ng Schiffs- und Flugpassagen Vermittlung von Pauschalaufenthalten ZWEIGSTELLEN: und Hotelzimmern Veranstaltung von Gesellschaftsreisen in In- und Ausland Linz, Passage-Kaufhaus Landstraße 17-25, Telefon 20 250 AVIS-Autovermietung Wels, Kaiser Josefs-Platz 46, Telefon 7028 und 6167 B r a u n a u , Stadtplatz 33, Telefon 2718

billigeren Preisen die Erschließung neuer Märkte. Und doch ,,Nadelmalerei” spricht. Wie beim Bildteppich haben auch blieb zunächst auch hier das orientalische Muster beherr- hier grofie Meister der Malkunst, selbst Raffael und Rubens, schend. Moderne Wohnart, neue Geschmacksrichtungen und Vorlagen geliefert. Zu allen Zeiten ist auch Deutschland an vor allem neue Fasern mit neuen Arbeitstechniken haben diesem Blühen beteiligt. Unzählige großartige Stücke bezeu- jedoch dem Teppich in jüngerer Zeit zu einem völlig neuen gen das. Im Barock vollzieht sich aber der Niedergang dieser Stil verholfen. grollen alten Kunst. Alles wird bestickt: Möbelstoffe, Dek- ken und Kissen, Männer- und Frauenkleidung. So entartet Aber er ist fast ausschliefilich industrielles Fertigungsgut. sie zu rein dekorativem Dasein, wird Dienerin des gewebten Selten wagt sich eine Frau an die Herstellung eines kleinen Untergrunds. Mit dem Wechsel der Mode wird sie zeitweilig geknüpften Teppichs. Im 17. und 18. Jahrhundert spielte der Teppich besonders in Holland als Tischbelag eine große überflüssig. Rolle. Heute sind an seine Stelle bunt gewebte, bedruckte Die maschinelle Perfektion bemächtigt sich eines Teils des oder bestickte Stoffe getreten. Hier haben in jüngerer Zeit Textilmarktes, wo Stickereieffekte erwünscht sind, vom gro- synthetische Fasern große Erfolge zu verzeichnen. Die Grün- ßen Abendkleid aus Atlas bis zum Dirndlstoff. Liebhaber de hiefür sind bekannt: reichere Musterungen in modernem hübscher Tischdecken, Handtaschen usw. bilden noch im- Stil, einfache Pflege. mer einen treuen Stamm. Auch die Herstellung von Para- menten für den kirchlichen Dienst kann auf ihre Verwen- Stickerei dung nicht verzichten.

Künstlerisches Empfinden und handwerkliche Geschicklich- Eine Bilanz keit haben selten eine so ideale Verbindung gefunden wie in den Leistungen der Stickerei. Sie zeigen sich schon in der Es ist wohl nicht zu bezweifeln, daß mit der Industrialisie- Romanik, werden fortgesetzt in der Gotik und erleben noch- rung der textilen Techniken, mit dem Umbau der sozialen mals eine märchenhafte Blüte in Barock und Rokoko. Stik- Verhaltnisse und angesichts eines gewaltig gesteigerten Be- kereien auf Textilien für kirchlichen und weltlichen Bedarf darfs einige Sparten der handwerklich betriebenen textilen treten als selbständige Kunstrichtung auf, werden mit Sei- Künste in schwere Bedrängnis gerieten. Für das künstleri- den-, Woll- oder Leinenfaden - oft auch mit Goldfaden - aus- sche Empfinden bedeutet diese Entwicklung unzweifelhaft gefuhrt und in solcher Vollendung geboten, dd man von einen Verlust.

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Anderseits darf nicht übersehen werden, daß mit den neu- Die Mitwirkung des Verbrauchers zeitlichen technischen Mitteln Erzeugnisse geschaffen wer- den, die zwar maschinellen Charakters, aber doch so hübsch, Kaum in einem anderen Land der Welt wurde die Jugend gut und preiswert sind, daß sie zur Verschönerung des Le- schon in der Schule mit textilen Fragen so vertraut gemacht bens auch jener breiten Kreise dienen, denen das handwerk- wie in Japan. Ein halbwegs gebildeter Mensch konnte unter- lich gefertigte Gut unzugänglich wäre. Denken wir an kost- scheiden zwischen einfachen und komplizierten Techniken. bare Brokate aus Seide, oft mit Goldfaden durchwirkt, an Dazu kam, daß das textile Handwerk in vielerlei Formen Spitzen für Kleider und Besatze, an Stickereien und hoch- über das ganze Land verstreut war und der alltägliche Um- modische Druckartikel! Fast möchte man sagen, daß die gang mit Seide einen engeren Kontakt auch zu komplizier- Einbußen auf der einen Seite durch die Gewinne auf der an- teren Themen vermittelte. Neben dem Wissen wurde der Ge- deren aufgewogen werden. Die glücklichste Lösung wäre es, schmack geschult, auch in Nebengebieten, wie beispielsweise wenn beide Richtungen nebeneinander florieren wurden, im Blumenbinden, in der Keramik usw. wobei der handwerklichen künstlerische Aufgaben, Entwick- Leider müssen wir schon an unseren Grundschulen das Feh- lung neuer Ideen und erzieherische Einflüsse auf die Abneh- len der nötigsten Erziehungsarbeit Fairdas Verständnis der merkreise zufallen wurden, während die technisch produk- textilen Welt beklagen, obwohl ihre wirtschaftliche Bedeu- tive die Versorgung mit handelsüblicher Ware zu leisten tung auch für den einzelnen sehr erheblich ist und im Leben hätte. Textilien aus vielerlei Gründen eine wichtige Rolle spielen. Ein Lehrfall: Druck Manches schwierige Problem wurde leichter gelöst, wenn der Käufer durch besseresWissen in ein intimeres Verhältnis zur Altertum und Mittelalter waren in der figürlichen Ausstat- Ware käme. Und er hätte mehr Freude an seinem Erwerb. tung ihrer Textilien in Weberei und Wirkerei, wo vorgefarbte Fäden verwendet werden, erfahren; die Aufbringung bunter Die Überwindung eines uralten Hindernisses Muster oder gar komplizierter Bilder auf ungefärbte Grund- gewebe war noch wenig bekannt. Die Erklärung liegt im Es ist eine beachtenswerte Tatsache, da6 bei allen textilen Fehlen geeigneter Farbstoffe und Fixiermethoden. Mit dem Künsten die Ausfuhrenden in einem wichtigen Punkte ab- Wachsen des chemischen Wissens änderte sich diese Situa- hängig sind: in der Entwicklung der Farbtöne. Sicher erfah- tion. Die Erfindung einer großen Zahl echter und brillanter ren sie durch das Angebot ganzer Sortimente gefärbter Web-, künstlicher Farbstoffe hat dann die überwältigenden Erfolge Strick- und Stickgarne dafür einen gewissen Ausgleich. Für der neueren Zeit ermöglicht. Zweifellos ist der Druck zu Webstoffe, geknüpfte und gewirkte Teppiche und Sticke- einer echten textilen Kunstgattung geworden. Er vermag reien schafft die Kooperation mit dem Färber die gewiinsch- den Massenbedarf an einfach gemusterter billiger Ware - in ten Nuancen, aber der Zwang zur Wirtschaftlichkeit bringt allen Faserarten - zu decken, er bietet aber auch in Material, auch Einengungen der Wünsche. Die Färbetechniken schlie- Zeichnung und Farbgebung meisterhaft ausgeführte und Ben eine freie Betätigung im kleineren Maßstab praktisch kostbare Artikel. Und doch sollte nicht übersehen werden: aus. auch der vollkommensten Druckkollektion gehen die Merk- Ganz anders ist die Situation im Malbereich. Wohl bedient male des handwerklichen Schaffens ab, und - was noch weit- sich der Künstler der Leinwand als Träger seiner Farben, aus wichtiger ist - der Käuferin wird wohl eine Auswahl ge- aber er deckt sie völlig zu. Sie interessiert nicht als Textil- boten, aber eigene Intentionen kann sie nicht verwirklichen. gut. Die Übertragung einer künstlerischen Idee als Bild auf Sie bleibt rezeptiv, statt aktiv und initiativ mitzuspielen. Stoff unter Wahrung und künstlerischer Nutzung der texti- Die Frage ist, ob solche Wünsche überhaupt zu verwirklichen len Struktur ist zwar oft versucht worden, aber selten gelun- sind. Immerhin können wir auf ein sehr interessantes Bei- gen. Die Anwendung der vielerlei Farbstoffe auf die sich spiel in der japanischen Textilwelt verweisen. Die vollkom- ganz verschieden verhaltenden Faserarten ist so schwierig, mensten Drucke liefert das sogenannte Yuzen-Verfahren. sie erfordert so komplizierte Einrichtungen, daß nur der Die Wahl der Muster und Farben erfolgte schon an gezeich- Fachmann mit guten Ergebnissen rechnen kann. neten Vorlagen. Danach wurden Papierschablonen geschnit- Seit einiger Zeit ist diese alte Regel durchbrochen: Gewebe ten und mit ihnen ein Stuck Seide, Baumwolle oder Wolle aus Polyesterfasern (z.B. Trevira) lassen sich mit speziell fir einen Kimono mit speziellen Farbansätzen bedruckt. dafür entwickelten Farbstoffen unter den einfachen Bedin- Die Kundin konnte also auf den Entwurf Einflut3 nehmen, gungen des Haushalts bemalen. Mit heißem Bügeleisen lassen sie konnte verhindern, da.8 das Muster em zweites Mal er- sich die Farbstoffe furieren, und es werden Farbtöne von schien. Es wurde nicht auf Kilometerware gearbeitet, son- einer Schönheit und Echtheit erzielt, die den Ergebnissen dern auf einem in sich geschlossenenKimono. Es ist keine der Druckereiindustrie nicht nachstehen. Damit ist der Aus- Übertreibung, wenn gesagt wird, daß dem Yuzendruck ein bruch aus den Fesseln der alten Faserarten und ihren colori- wesentlicher Anteil an der Schönheit der klassischen japani- stischen Methoden in das Reich des freien künstlerischen schen Kleidung zukommt. Es ist bedauerlich, daß angesichts Schaffens gelungen. Zum ersten Mal ist es für einen künstle- des Umschwungs in den japanischen Lebensgewohnheiten risch oder handwerklich interessierten Menschen möglich, diese Art von textiler Kunst rasch zurückgeht. Bemerkt sei, auf textilen Grundgeweben mit all ihrem Reichtum an Struk- daß der heute bei uns so wichtige Filmdruck auf diesem ja- turen, Glanzeffekten und Beweglichkeit im Einsatz sich ak- panischen Vorbild beruht. tiv an Musterung, Zeichnung und farblicher Gestaltung zu

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.” beteiligen. Es ist ein Glücksfall ohnegleichen, da5 diese Tech- nik am vollkommensten bei Polyesterfasern anzuwenden ist, da dieser Typ in der Textilwirtwhaft breiteste Verwendung findet: für seidig glänzende modische Artikel, für Kamm- gam- und Streichgamwaren, für Unterkleidung und Fein- wäsche, für Dekorationsartikel, für Wirkwaren vielfdtigster Art. Für junge, lernende Menschen bietet zur Fördemng des Far- bensinns sowie des textilen Verständnisses die Beschäftigung mit geeigneten Farbsätzen eine grde Hilfe zur Weiterbil- dung. Die Firma Heintze & Blankertz KG., Frankfurt am Main, hat dieses Thema aufgegriffen und liefert an Schulen, an das Kunstgewerbe, aber auch an Einzelpersonen zunächst Sätze mit sechs Farbstiften unter der Bezeichnung ,,Red$’, die &e Kreidestifte zu benutzen sind. Für Fälle, bei denen nicht der Strich, sondern breites, flächiges Arbeiten nach Art von 01, Tempera oder Wasserfarben gewünscht ist, ste- hen naß zu vermalende Pasten zur Verfügung. Man kann mit fqeiem Strich arbeiten, aber auch Schablonen, Model oder Stempel benutzen. Vor der Fixierung mit dem Bügeleisen läßt sich jeder Auftrag restlos auswaschen, nach dem Fixie- ren ist die volle Echtheit erreicht. Es sind umfassende Experimente gemacht worden. Die tex- tile Struktur, der GI%€ des Materials und seine Glanzeffekte bleiben vollkommen erhalten. Anwendung fanden diese Far- ben für Landschafts und Blumenstücke, individuell gemu- sterte Damen- und Kinderkieider, Blusen, Bänder, Bordüren, Kissen, Tücher jeglicher Art, Tischwäsche, TeeSets U.& (Kombination von Sticken und Malen), Kinderlätzchen, transparente Wandbehänge, Lampenschirme, Beschriftun- gen, liturgische Gewänder. Kombinationen von Oltechnik, also deckenden Farben, mit den transparenten Effekten der Trevira-Stoffe lassen bei Beleuchtung von der Rückseite Licht- und Farbwirkung von der Schönheit und Fülle von Kirchenfenstern zu. (Auf der Spielwarenmesse in Nümberg und auf der Didacta in Hannover hat diese Maitechnik in Lehrerkreisen und für Freizeitgestaltung gröiites Interesse gefunden.) Waren bisher MUSteNng und Farbgebung der industriellen und mechanisierten Technik vorbehalten, so ist jetzt ein Weg zur freien künstlerischen Betätigung, zu Spiel und ern- ster Beschäftigung mit textilen Effebn gefunden. Für M* deateliers bieten die Stifte eine willkommene Gelegenheit zum Studium der Wirkung von Entwürfen auf Textümate- rial. Für kunstgewerbliche Betätigung, sei sie benifsmäßig, sei as für den Hausgebrauch oder für Geschenlaweeke, zei- gen sich ganz neue Möglichkeiten. Die Abbildungen zeigen Beispiele individueller Mustwqgen fur Tee- Sets, Litzchen und Wandbehange fur das Kindeaimrner nach derbe Es ist wohl kaum eine FehlSpekulation, wenn man annllnmt, schrizbenen REDISMethode, hier ausgefiihrt auf Stojien aus Trevira. daß auch das permanente modisch-künstlerische Interesse weiter Kreise an Heimtextdien für die Gestaltung ihrer Klei- dung und damit für die Formung ihrer Persönlichkeit und Wünsche eine Rolle spielt. Das Gefuhl, etwas Schönes nach eigenen Ideen und eigenem Geschmack schaffen zu können, ist für viele beglückend. Solche Tätigkeit ist Hilfe zum besse- ren Verständnis und zur ErRänzung unserer technisierten Welt.

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Von der Handstickerei zur Vorarlberger Die Stickerei hat eine lange Geschichte. Bei den Chinesen Stickereiindustrie wurde sie von alters her gepflegt, und im Alten Testament wird sie gleichfalls schon erwähnt; sie war den Indern eben- so bekannt wie den Assyrern. Von den Agyptern sind Sticke- reien aus verschiedenen Dynastien erhalten. Nach Plinius sollen besonders die Phrygier Künstler auf diesem Gebiet gewesen sein. Die Griechen haben die Stickereitechnik dann entweder von den Assyrern oder von den Phrygiern über- nommen und in ihrem Land bekannt gemacht. (Bei den Lucie H a m p e 1 Hellenen hieß aus diesem Grunde ein besticktes Gewand Modesammlungen im Schloß Hetzendorf, Wien auch ,,phrygisches Gewand”.) Durch König Attalus 111.von Pergamon (gestorben 133 v. Chr.) wurden die Römer mit der Goldstickerei bekannt. Die byzantinischen Kaiser bevor- zugten dagegen mehr die Silberstickerei. In der Schatzkam- Nach einem kurzen Streifzug in die Geschichte der Stickerei im all- mer zu Wien kann man noch Reichskleinodien mit romani- gemeinen - ausgehend vom Altertum über Gotik, Renaissance, Ba- schen Stickereien bewundern. Im Mittelalter wurde in den rock und Rokoko - befaßt sich die Autorin mit dieser Kunstgattung insbesondere im Hinblick auf Vorarlberg und schildert den Werde- Klöstern sehr viel gestickt. Vor allem in Burgund erreichte gang dieses Gewerbes von der Handstickerei, wie sie noch gegen die Stickerei im 14. Jahrhundert einen Höhepunkt. Johann Stücklohn in Heimarbeit ausgeftihrt wurde, bis zu deren Industriali- Sibmacher, ein Zeichner aus Nürnberg, gab 1597 als erster sierung durch das Aufkommen diverser Stickmaschinen. Ebenso wer- em Stick- und Spitzenmusterbuch heraus. Dieses wurde spä- den die verschiedenen Stichtechniken beschrieben und an Hand an- ter oftmals noch als Grundlage für Entwürfe verwendet. schaulicher Bilder die Anwendungsbereiche von Stickereien aller Art von der Vergangenheit bis herauf in die Gegenwart gezeigt. Diese wenigen Hinweise zeigen, daß das Handsticken schon seit dem Altertum geübt wurde und daß in denverschiede- nen Kulturepochen jeweils besondere Stickmuster und -tech- A brief excursion through the history of fancy needle work - depart- niken angewandt wurden. ing from Antiquity and including the Gothic, Renaissance, Baroque and Rococo periods - is followed by a discussion of the art par- Für die Kaiserin Maria Theresia bedeutete die Handarbeit die ticularly with a view to developments in Vorarlberg in which the Erfüllung ihrer Liebe zur Kunst. Im Verein mit den Damen author describes the advancement of the trade from the days when were made by hand in the home and paid by the piece ihres Hofstaates bestickte sie viele Meßgewänder und statte- to its industrialization following the advent of diversified te damit Klöster und Kirchen aus. Es wurden hiefür häufig machines. The most varied embroidery techniques are described, die Stoffe von Staatsroben verwendet. (Im Kölner Schnütt- and past and present fields of application for embroideries of all gen-Museum zum Beispiel sind eine Reihe derartiger Meß- types demonstrated on the basis of vivid ilhrstrations. gewänder ausgestellt, denn einer ihrer Söhne, Maximilian, war ja Kurfürst von Köln und Fürstbischof von Münster ge- wesen.) Während ihrer Regierungszeit wurde das Handarbei- Im Jahre 1968 wurde das Jubiläum ,,Hundert Jahre Sticke- ten sehr beliebt und errang schließlich sogar große wirt- reiindustrie in Vorarlberg” gefeiert. Diesem Anlaß ist diese schaftliche Bedeutung. Zur Erinnerung an diese Lieblings- Veröffentlichung gewidmet. beschäftigung der Kaiserin und an die Förderung, die sie Vorarlberg gewahrte, wurde im Jahre 1900 der wichtigste Für Vorarlberg ist die Stickerei schon seit langer Zeit von Verkehrsweg von Lustenau ,,Kaiserin Maria Theresia-Straße” Bedeutung. Von der Beschäftigungslage in dieser Sparte der benannt. Mode waren und sind zum Teil auch heute noch seine mate- riellen, soziologischen und kulturellen Verhaltnisse abhän- Damals beschäftigten sich in Österreich aber nicht nur die gig. Denn, wenn man an Vorarlberg denkt, denkt man auch adeligen Damen, sondern auch die bürgerliche und die bäu- gleichzeitig an feine Stickereiarbeiten. Dies ist nicht weiter erliche Bevölkerung mit der Handarbeit, insbesondere mit verwunderlich, wurde doch diese Kunstfertigkeit hier seit der Stickerei. Im 18. Jahrhundert war das Sticken sogar zu der Mitte des 18. Jahrhunderts bis in die Gegenwart stets einem ausgesprochenen Männerberuf geworden und weibli- geübt und gepflegt. Erst im Jahre 1868 begann die Maschine che Mithilfe dabei bloß ,,geduldet”. Nur hir den Haushalt die Handarbeit abzulösen. wurde die weibliche Stickerei anerkannt. Männer bestickten In den benachbarten Kantonen St. Gallen und Thurgau la- dagegen die Herrenkleidung (Westen, Rocke, Hosen), Pferde- gen die Verhaltnisse ähnlich, aber - obwohl es viele Gemein- und Wagendecken und vieles mehr. samkeiten zwischen der Schweiz und Vorarlberg gibt -, so Um die Mitte des 18. Jahrhunderts ließen St. Gallener Kauf- hat doch jedes Land seinen besonderen Anteil an der Ge- leute ihre Stoffe zum Besticken nach Vorarlberg bringen, schichte der Stickerei. sodaß dort bald Tausende in Heimarbeit mit Sticken be- Bevor nun der Werdegang der Vorarlberger Stickereiindu- schäftigt waren. In dem Buch ,,Industrie und Handel des strie geschildert wird, soll ein kurzer überblick über die Kantons St. Gallen” aus dem Jahre 1875l) steht u.a. fol- Handstickerei, insbesondere über deren vorindustrielle Epo- gendes:,,Anno 1751 kamen nach Lyon zwei türkische Frau- che, gegeben werden. enzimmer, die auf der Trommel mit der Sticknadel Blumen

72 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 auf Seidenzeug von verschiedenen Farben wie auch von Sil- volle Kunstwerke gelten können. Alle Manieren der Sticke- ber- und Goldfäden stickten. St. Gallische Kaufleute, die in rey stehen ihr zu Gebote, ” Lyon etabliert waren und den Handel mit Leinwand und Die von Hand aus bestickten, farbig ,,geblümelten” Lein- Mousseline trieben, liej3en ein Frauenzimmer diese Arbeit wandgewebe und Mousseline fanden guten Absatz. Vor al- lernen und sandten darauf solche nach St. Gallen, um da- lem Frankreich bevorzugte diese Erzeugnisse. So steht in selbst andere zu unterrichten.” Im Jahre 1763 war dann der bereits erwähnten Veröffentlichungl) folgendes zu le- eine dieser St. Gallener Sticklehrerinnen auch nach Schwar- sen:,, Vor Beginn der Napoleonischen Kriege war der weit- zenberg im Bregenzerwald (Vorarlberg) gekommen, wo sie aus grögte Teil unserer Stickereien ftir französische Abneh- einige Schmelgen” (Mädchen) in ihrer Kunst unterwies. mer berechnet. Heute noch ist das Andenken nicht ganz er- loschen an jene Zeiten, wo die jranzosischen Käufer alljähr- Im gesamten Bodenseeraum wurde - bevor die Baumwolle lich, jeden Frühling und Herbst, scharenweise in St. Gallen in den europäischen Textilfasermarkt Eingang fand - viel erschienen, die feinen, in Kettenstich ausgeführten Mousse- Flachs gebaut. Fünf Jahrhunderte hindurch waren dort Lei- line auf der Bleiche musterten und ihre Käufe so rasch und nenerzeugnisse hergestellt und gehandelt worden. Aus die- gründlich abschlossen, daß nach wenigen Wochen den späte- sem Grund waren seine Bewohner mit allen textilen Arbei- ren Ankömmlingen oft nichts mehr zu erwerben übrig blieb. ” ten von vornherein gut vertraut und erlernten daher auch Eng mit diesem Erfolg ist auch die Arbeit der Vorarlberger rasch die Technik des Stickens. Sticker und Stickerinnen verbunden. Während der Regierungszeit Ludwigs XVI. kamen indische Im ,,Journal des Luxus und der Moden”3) wird 1788 fol- Stickereien in Mode. Die fremdartigen PaImetten gefielen gendes berichtet:,,Eben dies Bunte ist auch in der Sticke- allgemein, ebenso die bunt verteilten Blümchen. Diese Mu- rey herrschend; eine Veste mit einer Arabeskenkante: statt ster wurden zuerst farbig, später weiß gestickt. 1785 er- der Tasche links eine Landschaft mit einer Windmühle oder schien in Wertheim als Werk eines unbekannten Verfassers einem Wasserfalle,rechts eine Baumschule mit allen europä- das Buch ,,Bildende Künste für Frauenzimmer”. Mit Hilfe ischen und indianischen Holzarten, ist nichts Ungewöhnli- großer Kupferstiche wurde darin in die Technik des Muster- ches. ” Diese Buntstickerei - als Nadelmalerei bekannt - war zeichnens eingeführt. Die Stichführung wurde erläutert, die in Barock und Rokoko - wie bereits erwähnt - Männerarbeit, Verwendung von Mustern zum Besticken von Westen, Kra- wenn es sich um Kleidungsstucke für Herren handelte Erst gen und allerlei modischen Kleinigkeiten angeregt. In vorge- mit dem Aufkommen der Modejournale bürgerte es sich em, nanntem Buch gab es Schäferembleme und Kreuzstichvor- daß sich auch Frauen mit dem Besticken der Männerklei- lagen, vom einfachen Mäanderfond bis zur Blumenranke. dung befaßten. Auch Vorlagen für das Alphabet schienen auf. In rascher Folge erschienen nun reizende, bunte Stickbücher, von de- nen als schönstes das ,,Zeichen-Maler- und Stickerbuch zur Selbstbelehrung für Danlen”2) gilt. Dieses wollte vor allem dem Buntsticken und den zierlichen weißen ,,Naharbeiten auf der Hand in gesellschaftlichen Zirkeln” mit einer Fülle schöner Vorlagen und trefflichen Arbeitsanweisungen Ge- nüge tun. Es gab eine Reihe berühmter Vertreterinnen dieser Handfer- tigkeit, so zum Beispiel Miss Morrit, die kunstreichste Sticke- rin Englands. Auch in Wien gab es viele Damen des Hofes, die man schon als Künstlerinnen in diesem Fach bezeichnen durfte. Ebenso wird aus Frankfurt von einer wahren Meiste- rin dieses Genres berichtet, denn im ,,Journal des Luxus und der Moden” aus dem Jahre 1789 ist u.a. folgendes zu lesen:,,Ich habe hier in Frankfurt eine höchst geschickte Künstlerin in dieser schönen Kunst gefunden, die in allem Betracht ein seltenes Phänomen ist und verdient, da@ ich Ihnen ein paar Worte von ihr sage.Es ist Mademoiselle Chri- stina Barbara Metzler, eine Tante der Herren Banquiers Bethmann-Metzler und Benjamin Metzler, eine würdige Ma- trone von 85 Jahren (denn sie ist 1703 geboren), die noch jetzt, in ihrem 85sten Jahre, die schönsten und geschmack- vollsten Stickereyen in farbiger Seide zu ihrem täglichen Zeitvertreibe fertigt. Ich habe von ihren früheren Arbeiten Stickereyen mit Perlenstich gesehen, z.E. ein historisches Ta- bleau, Herkules Altesten zurückbringend, und ein Ameuble- ment von Kanapee und Sliihlen, die sowohl in Rücksicht der Zeichnung als guter Ausführung als wahre geschmack- Abb. 1

74 Mal 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27

Damals herrschte m der Stickerei die Liebe zu Arabesken vor, und man stickte in dieser Technik Gilets, Gürtel, Fichus und Hüte (Abb. 1). Im ,,Journal des Luxus und der Mode”, Jahrgang 1791, steht u.a. zu diesem Bild:,,Der Rock ist wei- ßer Flor, mit bunten gestreuten Blumen gestickt, und unten HÖLLER - EISEN mit einem breiten rosa Band eingefast. ” INH. MAX LÖBERBAUER Und 1792 konnte man darin lesen:,, . . . alle Stickereyen so- wohl ftir Damen- als für Herren-Kleider haben gro$es Dessin; in Damen-Kleidern ist sonderlich die zweyfarbige Stickerey in goldfarbiger Seide auf Linon der neueste Geschmack; . . . AUSZUG AUS UNSEREM ftir Herren ist zu Gala-Kleidern gleichfalls gro$e Stickerey, VERKAUFSPROGRAMM: reich, mit Steinen, oder auch schmal gestreifter Samt ri fond fa$onn&, zum Theil auch reich, die neueste Mode. ” . . . Eisen- und Walzwerkerzeugnisse Die Französische Revolution und die Napoleonischen Krie- Baustoffe - Werkzeuge - Beschläge ge brachten Europa nicht nur einen wirtschaftlichen Tief- Sanitäre Einrichtungen stand, auch das Kunstgewerbe lag darnieder. ,Einfachheit’ Haus- und Küchengeräte war daher das Losungswort zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Kühlschränke - Nähmaschinen Dies wurde auch im Jahre 1801 im ,,Journal des Luxus und Waschmaschinen - Wäscheschleudern der Mode” registriert. Da heißt es zum Beispiel:,,Die mit Moderne Haushaltsmaschinen der jetzt herrschenden griechischen Kleidertracht so genau Radio- und Fernsehgeräte verbundene Mode der Bordiiren und Einfassungen (Mäander Waffen - Wintersportartikel nannten es die Griechen), so wie überhaupt das Tragen von Herde - Öfen - Kamine Schals, und der Vorzug, den man Linonkleidern, vor allem seidenen, zu geben fortfährt, hatte auch auf den Geschmack in der Stickerey den entscheidendsten Einjlufl. . . . Denn we- Gmunden, Kammerhof - Tel. 3301 Serie gen des Spitzengnmdes und der durchscheinenden Unter- Salzburg, Kaiserschützenstraße 6 - Tel. 76 441 Salzburg, Kleßheimer Allee 43 - Tel. 33 111 lagen von RÖsa, Gelb, Blau usw. hebt sich die Stickerey ohn- Linz, Sandgasse 15 - Tel. 21 5 43 streitig auf keinem Zeuge so gut hervor als auf Linon. Auch der griechische Kopfputz der Damen forderte Kopftücher und wurde vorzüglich von England her sehr in Mode ge- bracht. Diese Tücher, in deren Aufstecken eine sehr erfinde- rische Schtine täglich wechseln und sich immer einen neuen fast den natürlichen Blumen gleichkommen, so fällt sie weit Reiz verleihen kann, sind meist entweder im Grunde ge- besser ins Auge als die Seidenstickerei. Zum Carr&Sticken stickt oder doch mit Kanten versehen. Dies alles, sowie die wird Gaze, eine grobfädige Leinwand, genommen, welche Gilets und die jetzt - eine neue englische Mode - a la Cairo wie die gewöhnlichen Sachen mit der zu stickenden Zeich- gestickten Kanten an den Hemdkragen der Herren, mu$te nung versehen wird.” Als beliebte Objekte dienten hiefür die Stickerey in den neuesten Zeiten zu einem willkomme- Ofenschirme, Sofa- und Fufidecken, Fensterpolster und nen Artikel des Kunstgewerbes machen, und manche Dame, Stuhlbezüge. die nicht immer die unbedingten Forderungen des Mode- Zur selben Zeit wird auch über die Knötchenstickerei be- händlers zu beftiedigen Vermögen und Lust hatte, antrei- richtet:,,Die Knötchenstickerei ist ein ganz neuer Artikel ben, sich ihre Linonanzüge selbst zu sticken. ” Das heißt dieses Kunstzweiges, die sich leicht fassen und schnell ver- also, daß - obwohl in jedem Haushalte gestickt wurde - der fertigen lä$‘t, zu deren Schönheit aber wohl passende, zu Bedarf so groß war, daß die Modehändler nie genug bestick- dieser Absicht besonders verfertigte Dessins unumgänglich te Stoffe und Tücher in ihren Läden fuhren konnten. erforderlich sind. ” . . . Muster für Tücher, Schals und Hem- Später war man von der Buntheit wieder etwas abgekom- den wurden darin angegeben. Die Knötchenstickerei wurde men, und in einem farbigen Dessin wurden höchstens drei- auf sehr durchsichtigem ostindischen Mousseline verfertigt. erlei Farben verwendet. Die Muster mußten jetzt zart und Es wurde auch dazu geraten, diese Technik zusammen mit einfach sein, und schließlich wurde die farbige Stickerei dem Plattstich zu arbeiten. gänzlich von der Weißstickerei abgelöst. Bevorzugte Stoffe Neu war auch die Moule-Techni k, die den Vorzug hatte, auf hiefür waren Mull, Batist, Linon und Tüll. beiden Seiten gleich zu sein. Man wählte dazu ein durchsich- Auch das ,,Erste Toiletten-Geschenk für Damen”4) schreibt tiges Gewebe (Linon, Mousseline, Cambric usw.) und be- über die ,,Künstliche Stickerei”. (Das Sticken wurde damals stickte es für Halskragen, Frisurstreifen Kopfschleier und nämlich effektiv als Kunst betrachtet, geradeso wie die Ma- ähnliches. Die kurzen Stiche, wie sie für die Moule-Stickerei lerei, die Bildhauerei usw., die jedoch vor allem von Frauen notwendig sind, ließen sich nicht verschieben, SO daß diese ausgeübt wurde.) So hört man zum Beispiel folgendes über Verzierung als recht dauerhaft galt; man durfte das Garn die Carrb-Stickerei :,,Da sie hauptsächlich f@ Wolle geeignet nur nicht zu sehr anziehen, weil sich beispielsweise Mousse- ist und die damit gestickten Blumen, Btitter und Zierrathen line sonst ausdehnte.

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Durch die Beschreibung einiger neuer Arten von Hohlnäh- ten, die sowohl ftir das Verzieren von Tüchern als auch bei der Knötchen- wie der Moule-Stickerei unentbehrlich waren, wollte man die Aufmerksamkeit der Damen erregen. Auch über das Durchbrechen und Ausnähen von englischem Marly (einer Art Baumwallgaze) wird berichtet, sowie mancher Rat für das Tambourin-Steppen gegeben. ,Schnupftüche? wurden ebenfalls mit einem hohl gezogenen Steppsaum ver- ziert, oder man versah sie mit einer sogenannten ,,KnOtchen- Gimpe” (d.h. ein starker Faden wurde mit feinem Zwirn umsponnen, wodurch sich Knötchen bildeten, sodaß er wie eine ganz feine Perlenschnur aussah). Die Applikationstechnik für Brüsseler Spitzen wurde eben- falls angewandt. Da aber bei dieser Technik mehr auf der Hand als im Rahmen gearbeitet wurde, zählte man sie zur Näherei. Gestickt wurde ausschließlich im Rahmen, auch ,,Trommel” genannt, genäht wurde dagegen stets ,,auf der Hand”. Das Muster zeichnete man hiezu vorerst auf starkes Papier und befestigte dieses mit Stecknadeln unter dem Pe- tinetgewebe. Die Batistblumen wurden dann separat ausge- schnitten und anhand der Zeichnung auf dem Petinet aufge- Abb. 2 heftet. Rund um die Blumen legte man anschließend eine starke Gimpe und umstickte diese. ehern, Schleierbordüren, Einfassungen von Kleidern, Strei- 1806 erschien ein ,,Zweites Toiletten-Geschenk” als Jahr- fen, Kragen von Herren- und Knabenhemden wurden auf buch für Damen. Darin wird erklärt, daß man von der Schat- diese Weise verziert. tierstickerei nunmehr abgekommen sei. Dafür sticke man Die Mode bot so viele Möglichkeiten, Stickmuster schmük- jetzt reich in Gold und Silber, aber auch einfarbig in Orange, kend anzuwenden (Abb. 2, aus der Zeitschrift ,,Charis, ein Grau und Goldgelb, oder nur in Weil& mit durchbrochener Magazin ftir das Neueste in Kunst. Geschmack und Mode, Hohlnaht oder mit Spitzenstich. Besonders beliebt waren Lebensgenuß und Lebensglück”, Leipzig), denn es konnte das Besticken von Mousseline mit durchbrochenen Knöt- ja nicht bloß der Stoff eines Kleides bestickt werden, son- chen, das Zugsticken und das Besticken von Marly- bzw. dern ebenso der Schal, der Kopfputz, die Haube und noch von Gazegeweben. vieles mehr. Diese kunstreichen Handarbeiten bereiteten einige Mühe, Man achtete auch schon damals auf eine gute Körperhaltung denn das locker gewebte Material ließ sich nicht so einfach der Näherin, was folgende Zeilen aus dem ,,Dritten Toilet- besticken, denn ,, wegen des lautun, feinen Gewebes ten-Geschenk” beweisen sollen, die im Jahre 1807 geschrie- zieht sich aller Mousseline in der Stickerey. Vor kurzer Zeit ben worden sind:,,Nimmt sie den Faden zu lang in die Nah- erfand man in den franzbsischen Stickerey-Fabriken das nadel, so erhalten ihre Bewegungen durch das weituusgrei- Zugsticken. ” Die Zugstickerei ähnelte dem Stopfen, denn ,jende Hin- und Herfahren des Arms das Ansehen einer ganz die lose durchgezogenen Fäden verschoben bzw. zerrissen gemeinen Anstrengung. Ebenso, wenn die Ntihterin das Zeug das Gewebe nicht. Freilich nahm sich diese Stichart nur in auf ihrem Knie befestigt und sich zu ihm hinabbeugt. Denn großen Flächen gut aus, und man riet daher, beispielsweise wenn eine Arbeit noch so mühselig seyn sollte, so erfordert nur die großen Blätter in einem Muster so zu arbeiten, die doch der Adel und die Würde der Gestalt, allem, was vorge- kleineren Blätter dagegen besser mit gewöhnlichen Stichen 11ornrnenwird, das Ansehen des Spieles zu geben. ” auszusticken. Ebenfalls 1807 wird im ,,Journal des Luxus und der Mode” Der Mousseline wurde entweder durchbrochen, oder man tiber neue Stickmusterblätter aus Nürnberg berichtet, und nähte ihn auf Gaze auf, um ihn haltbarer als Petinet zu ma- zwar:,,Auch der beste Maler kann etwas hinzeichnen, was chen. Er wurde auch in Streifen oder quadratisch zuge- als Zeichnung an und ftir sich recht gut und doch ganz gegen schnitten appliziert, wobei die Mitte der Felder außerdem allen Mechanismus der Stickerei ist. . ..Sie (Mad. Oettelt) noch mit Stickerei verziert werden konnte. - ,,Da$ derglei- will nämlich Zeichnungen zum Sticken herausgeben, du sie chen durchbrochener, dem Marly ähnlich gemachter Mousse- selbst diesen Theil der weiblichen Künste schon lange treibt line viel dauerhafter ist als aller eingesetzter Spitzengrund, und daher nichts liefern wird, was sich nicht ausführen l@ t. ” Petinet oder Filoche, ist bekannt. Denn sollen eingesetzte Man sieht daraus, daß man sich bereits bemühte, nur solche Sachen halten, so müssen enhveder plumpe Verzierungen Stickmuster zu verbreiten, die sich auch wirklich sticken lie- angebracht, oder es muJ3 eingesäumt werden, wodurch die i.ien. Stickerey geniert wird und ein schweres Aussehen erhält. ” - 1814 schreibt das oben erwähnte Blatt u.a.:,, Vorzüglich in Damals waren unter den ,,künstlichen Näharbeiten” auch dem Gebiet der Blumen liefern unsere Kimstler vortrejy die durchbrochenen Hohlnahte sehr beliebt. Kanten von Tü- liehe Sachen. Sey es als Guirlande, als StrauJ, als leicht hin-

76 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27 geworfener Zweig, als Kranz, als hingestreute einzelne Blu- Im Jahre 1807 hatte der aus Kufstein in Tirol stammende me, immer ist es geschmackvoll und natürlich. Nächst dem Wiener Schneidermeister Josef Madersperger seine erste verfertigt man allerlei recht hübsche kleine Spielereien, Nahmaschine erfunden. Als er 1814 sein Bittgesuch um die i’hierchen jeder Gattung, Medusenhäupter, Löwen- und Erteilung eines Privilegiums für diese bei der damals da& Schlangenköpfe usw., und in den jetzigen kriegerischen Zei- zuständigen niederösterreichischen Landesregierung einreich- ten Krieger von verschiedenen Nationen und in verschiede- te, hatte er damit gleich zweierlei Dinge ins Rollen gebracht: nen Stellungen Die wei$e Stickerey benutzt man zu Hals- die Entwicklung des Prinzips der Nähmaschine und die Ob- tüchern und Hauben. Im ersteren Falle gibt es noch immer jektivierung des Erfinderschutzes in Österreich. Madersper- nichts Neues, und die faltigen, an einem schmalen Streif ge- ger erwähnte auch bereits - als er den Mechanismus seiner reiheten, die den Hals zur Hälfte bedecken, sind immer noch Maschine erklärte -, daß es - wenn man einmal auch maschi- die beliebtesten. ” nell sticken wollte - notwendig wäre, sich solcher Nadeln zu bedienen, die in der Mitte einfadelbar und an beiden Enden In der Zeit nach dem Wiener Kongreß war Wien schon für zugespitzt sind. seine Stickereien berühmt, es reichte darin bereits an Paris oder an Lyon heran. Besonders die Batiststickerei - weiß 1817 meldete die ,,Wiener Zeitung”, daß Madersperger seine genauso wie farbig - wurde gepflegt. (Allerdings stickte man Nahmaschine öffentlich zur Schau gestellt habe. Dazu.hieß jetzt nur noch zu Hause und mehr zum Zeitvertreib, ohne es:,, . . . daj3 nun, da fast ieder. der sonst barfufi ging, seine die Absicht, etwas effektiv Künstlerisches schaffen zu wol- Strümpfe trägt, der StrumpJwirkerstuhl weit mehr Menschen len, wie dies noch vor einem Jahrzehnt stets angestrebt wor- als sonst die Handstrickerey ernähre& . . . wenn man aus die- den war.) Abbildung 3 zeigt ein schönes Modell aus der sem Gesichtspunkte Maderspergers Erfindung beurteilt, ,,Wiener Moden-Zeitung” des Jahres 1816. Dazu konnte wird man ihr gewiß, wenn sie leistet, was sie verspricht, alle man lesen:,,Dieses Kleid ist ftir einen sehr ausgezeichneten mögliche Aufmunterung wünschen. ” Neglige-Anzug bestimmt, dessen sich die vornehmsten Da- In der , Wiener Moden-Zeitung” des gleichen Jahres konnte men zum Besuch glänzender Abendgesellschaften bedienen. man lesen:,,Hew Joseph Madersperger, Bürger von Wien, hat Das Kleid von Vapeur, ohne Ärmeln, hat einen runden seine vor einigen Jahren erfundene Nähmaschine bereits in- Brust- und dergleichen Rücken-Ausschnitt, zum Schnüren soweit vervollkommnet, daj3 selbige nunmehr auch zur Aus- gerichtet. Die untere breite Falbe, dann die von ihr aus ver- führung der schwereren Näharten, namentlich des Aus- jüngend hinanreichende Stickerey ist mit Garnierungen so schlingens, verwendet werden kann. Der Mechanismus ist eingefafit, da@sie eine Tunica bildet. Alle Stickereyen sind einfach und erfordert, um in Bewegung gesetzt zu werden, mit kleinen Abweichungen nach derselben reich mit Spitzen- nur einen unbedeutenden Kraftaufwand. Vermittelst eines gittern verzierten Stickform.” Es ist verständlich, daß sol- Schwungrades liej3en sich leicht mehrere Maschinen solcher che Kleider den Stickerinnen viel Arbeit gaben. Art in Tätigkeit setzen. ” Damit war der Gedanke ausgespro- chen, da5 man mit Hilfe eines Schwungrades sogar mehrere Maschinen gleichzeitig betätigen könnte. Dieses Prinzip wurde viele Jahre später bei den Stickmaschinen verwirk- licht. Schon nach 1800 hatte im Osten des damaligen, von Frei- burg im Breisgau verwalteten Vorderösterreich der Stickerei- veredlungsverkehr begonnen. Gewebe und Stickzwirne konn- ten ohne jede Zoll- und Steuerbelastung (nur gegen zollamt- liche Vormerkung der Gewichte) von der Schweiz nach Vor- arlberg eingeführt werden. Die fertigen Stickereien wurden dann wieder in die Schweiz zurückgeliefert. Als Vorarlberg später in den streng prohibitionistisch ausgerichteten Zoll- verband aufgenommen wurde, gab Kaiser Franz 1. im Jahre 1818 folgende Verfügung heraus:,,Seine k.k. Apostolische Majestät geruhten, unbeschadet des allgemeinen Einfuhrver- botes der Baumwollwaren, die Einfuhr der schweizerischen Cottone nach Tyrol und Vorarlberg zur Stickerei, jedoch gegen Wiederausfuhr derselben, huldreichst zu gestatten “5) Es war dies ein wirtschaftlich wie staatspolitisch wichtiges Abkommen, nur verlor es mit der Zeit an Bedeutung, da sich in Vorarlberg ein eigener Export entwickelt hatte, was den Beruf des sogenannten ,,Ferggers” schließlich zum Ver- schwinden brachte. Dieser hatte nämlich seinerzeit Stoffe und Zwirne von schweizerischen Auftraggebern gegen Provi- sion übernommen, erledigte dafür die zollamtlichen Ver- Abb.3 handluugen und vergab dann die Arbeit an die Sticker. Nach

77 Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 einer gewissen Zeit sammelte er die fertigen Stickereien wie- stung einer Handstickerin erbringen. Im Abstand von je der ein, bezahlte den Lohn in Schweizer Franken und rech- einem französischem Zoll stickten 312 Nadeln jeweils das nete schließlich mit seinen Auftraggebern ab. Die Chronisten gleiche Muster in Handarbeitstechnik. Diese Maschine ver- meinen, daß 6000 bis 10 000 Personen, Kinder miteinge- langte aber die Kräfte eines Mannes. Mit dem rechten Arm schlossen, an den Sticktrommeln saßen, und daß bei guter bewegte der Sticker die Nadelreihe zum Stoff, von diesem Marktlage jährlich etwa eine halbe Million Gulden an Stick- weg auf die Rückseite und wieder zurück; mit dem linken löhnen über den Rhein kam. Diese Summe war im April Arm bewegte er, den Pantographen führend, auf Grund des 1818 anläfilich der Zollverhandlungen dem Kaiser genannt vor seinen Augen befestigten Musters die in einem Rahmen worden. Trotzdem stand man in Wien dem Veredlungsver- eingespannte Stoffbahn - und mit den Beinen öffnete und kehr im allgemeinen mißtrauisch gegenüber. Aber jeder Plan, schlofi er eiserne Fingerpaare, welche die Nadeln einander den Sticklohnverkehr zwischen der Schweiz und Vorarlberg tibergaben. einzuschränken oder gar zu unterbinden, wäre an den sich In Wien hatte der Augsburger Bankier Süßkind um 1835 daraus ergebenden wirtschaftlichen Folgen gescheitert. erstmals Handstickmaschinen aufgestellt, die freilich noch In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren in Vorarl- recht unvollkommen waren, und die fertige Ware unter der berg kaiserliche Kreishauptleute eingesetzt worden, die das Bezeichnung ,,Schweizer Stickerei” verkauft. Land zu bereisen und die dabei gemachten Beobachtungen Die Handstickerei wurde aber trotzdem weiter betrieben, der Wiener Staatskanzlei zu melden hatten. So berichtete denn man konnte damals beispielsweise mit dem Besticken beispielsweise der Kreishauptmann Franz Anton Daubrava, eines einzigen kleinen Taschentuches 25 bis 30 Gulden ver- Ritter von Daubraweik, einmal in seinem Protokoll:,,Der dienen. Drei Bilder im ,,Journal des Dames et des Mode? Hauptverdienst der Bregenzerwäldler besteht in der Sticke- aus dem Jahre 1833 zeigen nach damaliger Mode reichbe- rei nach der Schweiz, die in erwünschtem Fortgange ist. Ein stickte Kleider (Abb. 4, 5 und 6). In Österreichs Museen besserer Verdienst lä$t sich in der Tat nicht denken. Die sind aus der Biedermeierzeit noch die verschiedensten ge- Leute haben hierbei gar keine Vorauslagen und nicht ein- stickten Objekte erhalten, so Kinderhemdchen und kleider, mal Arbeit zu suchen Man bringt ihnen die Sticktücher in Taufgarnituren, Batisttaschentücher, Monogramme, Eck- das Haus und holt sie, sobald sie fertig sind, durch eigene motive, ja ganze Damenkleider, Accessoires und vieles an- Stuckträger wieder ab, die den Stickerlohn sogleich bar be- dere mehr. zahlen. Auch können die Leute diese Arbeit, für die keine Ende der Dreißigerjahre des vorigen Jahrhunderts war das bestimmte Zeit festgesetzt wird, nach Belieben und daher Unternehmen für Feinstickerei der Firma Schneider & Ben- dann verrichten, wenn sie sonst nichts zu tun haben. Es wer- zinger in Höchst (Vorarlberg) entstanden, das monatlich den nicht nur Weiber und Kinder, sondern zur Winterszeit Tausende von Chemisetten, Hauben, Kragen, Manschetten auch Männer damit beschäftigt. Ich traf in und vor vielen und dergleichen herstellte. So berichtet zum Beispiel aus dem Häusern ganze Familien, mit Ausnahme jener Individuen, Jahre 1839 em Chronist:,,Die Stickerinnen von Vorarlberg die auf der Alpe sich befanden, in vollem Fleij3e bei dieser sind durch ihre Gewandtheit und Geschicklichkeit so sehr Arbeit an. ” 6, Um 1820 gab es zwar auch schon einige ausgezeichnet, daj3 jährlich auf Bestellung der Schweizer ,,Stickfabriken”, die bis zu zweihundert handwerklich ar- Fabrikanten aus dem Kanton St. Gallen und Appenzell- beitende Rahmenstickerinnen beschäftigten, die häusliche Aufsperrhoden viele tausend Stücke feines schweizerisches Stickerei - für den eigenen Bedarf ebenso wie die Heimar- Baumwallzeug zu Frauenkleidern, Schleiern, Chemisetten, beit - blieb aber noch lange die Regel. Tüchern usw. in Vorarlberg sehr hübsch gestickt und dann Der Erfinder der Plattiermaschine war Josua Heilmann aus von jenen nach Italien, Frankreich, England, vorzüglich aber Mühlhausen im Elsaß. Seine 1828 entwickelte Handstick- nach Nordamerika versendet werden. ” 7) maschine hatte 312 Nadeln, deren jede einzelne den gleichen Als mit der Zeit vor allem die Seide als unifarbene oder ge- Arbeitseffekt besaß wie eine einnadelige Kettenstichmaschi- musterte Ware das Modebild beherrschte, wurde die Sticke- ne. Diese 312 eisernen Nadeln wirkten wie ,,Daumen- rei vor allem an der Wasche angebracht. Einem Brief, den Zeigefingerpaare” beiderseits des Gewebes und übergaben der Dichter Hermann von Gilm im Februar des Jahres 1848 einander (sich gleichzeitig auf Exzenter- bzw. Federdruck an seine Schwester Cathon schickte, entnimmt man, welch öffnend oder schließend) die Nadeln. Da diese aber von der großer Wert damals auf bestickte Wäsche gelegt wurde. Er Maschine nicht umgedreht werden konnten (wie dies die schrieb unter anderem:,,Der Luxus an Männerhemden über- Menschenhand tut), hatten die Nadeln eben aufjeder Seite steigt alle Begriffe; man wei$’ erst, was weibliche Arbeit ist, eine Spitze. Aber wie seinerzeit Madersperger erfuhr auch wenn man diese Stickereien der Bruststreifen sieht. Jüngst Josua Heilmann ein typisches Erfinderschicksal: seine Stick- hatte ich ein Batisttuch in der Hand, das 110 Gulden ko- maschine wurde erst durch den Fabrikanten Franz Ritt- stete. ” mayer tir den praktischen Einsatz nutzbar gemacht. Nach und nach wurde bei vornehmen Damen und Herren Wenige Jahre danach, 1834, wurde bereits eine neue, uni- die Wäsche zum kostbarsten und elegantesten Teil ihrer Gar- versell verwendbare Stickmaschine anläßlich einer Industrie- derobe. Die Damen trugen eine Fülle weißer Unterröcke, ausstellung in Paris gezeigt. Sie hatte - verglichen mit dem und diese forderten zum Besetzen mit Spitzen, zu Sticke- Handwebstuhl - beachtliche Dimensionen (6 x 3 x 25 m); reien geradezu heraus. Selbstverständlich versah man auch dafür konnte sie aber auch die dreißig- bis fünfzigfache Lei- die Kinderwäsche mit Stickereien.

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Abb. 4 Abb. 6

Abb. S

Die Zeit von 1840 bis 1860 gilt heute noch als die Bliitmit der Feinstickerei. In österreich wurde I849 zum wie1 die Zeirsohrift für Damen ,W herausgegeben,’in der wir eine ,,Kunstschule für weibliche Arbeiten” finden können,

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Taufkken waren reich bestickt und außerdem noch mit der Zeit so manche Verbesserung und sind zum Teil sogar vielen Taftschleifen garniert. heute noch in Gebrauch. Der Lustenauer Kirchenchronist Fine Negii&acke Pur eine Dame war beispielsweise mit rei- berichtete 1883 fdgendes:,Jm Jahre 1868 hatten Sales Ho- cher Stickerei in ,,Point russe” verziert. Das ist eine aus lan- fer und Josef Wegen die ersten Plattstich- oder Handstick- gen, lose aufliegenden Stichen bestehende Sticktedinik. Je- maschinen angeschafft und versagten vorerst jedermann den der Vorderteil dieser Jacke hat unmittelbar unter dem Saum Zutiitt zu denselben Sie konnten daher eine geraume Zeit eine breite, gestickte Bordüre, die nach außen mit Languet- lang die sich so sehr lohnende Stickerei allein betreiben Als ten abschließt. Der Adiselteil ist ganz mit Stickerei bedeckt, man dann erfuhr, dap sie damit viel Geld verdienen. wollte ebenso das Halsbiuidchen, die Manschetten und die Ärmel- auf einmal aües solche Maschinen haben Aüerdiw kostete mitte. Abbildung 7 zeigt Stickvorschlage zum Nacharbeiten eine solche, bis sie in Benieb kam, 2000 Gulden (uber (aus ,,Petit Courier des Dames”, 1861). 4000 FE)Ein Siicker verdienre damab am Tag 20 Franken Von diesem Taglohn ging allerdings der Fadiedohn, das Nachsticken sowie Garn und Wachs noch ab. Immerhin wav es ein Verdienst, wie man ihn nie hdtte ahnen konnen Viele kauften auf Burgsehnfr eine Maschine und hatten diese in zwei Jahren abgezahlt. So kamen manche. besonders solche, die eigenes Personal hatten, zu bedeutendem Wohlstand, rm- dem wieder gereichte das Leicht verdiente Geld nicht zum Besten, denn es gab auch solche, die sich in den wirtschaften an einen eigenen Platz setzten und prahlerisch Stickerwein’ (den besten) verlangten Mehren Jahre spater kam dann allerdings schon die erste Stickereikrise. Der Arbeitslohn wurde gerinx, und es war schwer, genigend Arbeit zu be- kommen, so dap die Sticker wieder zahm wurden Die Krise dauerte ein paar Jahre..“ 9) In der Schweiz waren schon gegen 1853 die ersten Platt- stichstickmaschinen aufgestellt worden. Bis 1868 liefen dort bereits über 3000 dieser Art, in Manchester, Petersburg und Wien dagegen jeweils bloß einige. Josef Hofer hatte sei- ne Handstickmaschine jedenfalls erst zu einem Zeitpunkt übernommen, als er gewiß sein konnte, daß eine Fehlinvesti- tion ausgeschlossen war. Man hatte an der Zahl der Nadein und ihrer Länge, am Rapport wie m Vergößerungsvemält- nis lange herumprobiert, und 1862 wurde diese Masche dann durch den Festonapparat und 1868 durch den Bohr- apparat komplettiert. Diese beiden Einrichtungen waren fur die Maschinstickerei unentbehrlich. Fniher hatten nämlich die zur klassischen Weißstickerei gehörenden Gewebedurch- Abb. 7 bdiche (2.B. bei der Loch- und Spachtelstickerei) von Rap Im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts hatte die ,,Altdeut- port zu Rapport stets von Hand aus erfolgen müssen. sche Renaissance” den Sinn Air alte Stickmuster wieder ge- Abbildung 8 zeigt eine Handstickmaschine aus der Zeit zwi- weckt. In Wien wurde 1866 Hans Sibmachers Stick- und schen 1870 und 1880. Luiks sieht man den Sticker mit Spikenmusterbuch nach der Ausgabe des Jahres 1759 neu Stickmuster und Pantographen, rechts die Einfädlerin.10) verlegt. Außerdem erschienen noch eine Reihe weiterer Mu- stemndungens). Im Jahre 1863 kam die erste Kettenstichmaschine nach Vor- arlberg. Sie fand in den folgenden Jahrzehnten große Ver- breitung und stand bis ungefahr 1930 kn Einsatz. (Fiir den Kettenstich - le Point au - war nkmlich eine spezielle Maschine notwendig gewesen; aüe ubrigen Sticharten konn- ten bereits von einer einzigen anderen Maschine ausgefuhrt werden.) Die eigenüiche industrialisierung der vormals haus- lichen Betriebe begann aber erst mit der Esindung der platt- stichstickmaschine, auch Handstickmaschine genannt. p.. In einem Lustenauer Haus nahmen 1868 die Bnider Hofer die beiden ersten Handstickmaschinen in Betrieb. Diese noch von Hand betriebenen Maschinen erfuhren irn Laufe Abb. 8

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Diese Handstickmaschine wurde nach und nach von der Ein Jahr später veröffentlichte der ,,Bazar” einen Bericht Schiffchemnaschine abgelöst. Eine solche war allerdings über eine Münchner Jubiläumsausstellung, bei der auch Ar- nicht nur sehr teuer, sie brauchte auch einen separaten beiten der österreichischen kunstgewerblichen Fachschulen Raum, wo sie aufgestellt werden konnte. So kamen zu den in zwei Ausstellungsräumen gezeigt worden waren.,,Frau Anschaffungskosten auch noch die Kosten fir die Umbau- Emilie Bach, die verdiente Directrice, hat selbst Auskunft ten hinzu. Durch diesen gro5en finanziellen Aufwand geriet gegeben über die vielfachen, neuen und neu angewandten so mancher Sticker in Schulden und konnte in Krisenzeiten Techniken, sowie über die Beeinflussung der Dessins durch nur schwer einer Zwangsversteigerung entgehen. Treffend die Vorbilder und Kräfte des Österreichischen Museums, schildern die Situation der Vorarlberger Sticker folgende über die Wiederbelebung der russischen Rotstickerei, der Zeilen im ,,Jahresbericht der Stickereifachschule 1891/92? altdeutschen Muster in der Art Sibmacher’s und über andere ,,Die Löhne waren hoch, Arbeit in Hülle und Fülle - und so Erfolge der höheren Kunststickereischule des k.k. Handels- war es kein Wunder, wenn ein wahrer Stickertaumel das ministeriums in Wien. ” Zu dieser Zeit waren auch Muster Land ergriff Viele Hunderte verliegen ihre gewohnte Be- beliebt, die nach Vorlagen aus dem 15., 16. oder 17. Jahr- schäftigung, um sich mit ihren Ersparnissen oder, wenn sie hundert gestickt wurden. solche nicht hatten, auf Raten eine Maschine anzuschaffen, Im Jahre 1878 konnte man im ,,Bazar” lesen:,,Die Mode be- mit welcher, so schien es, rasch und viel zu verdienen war. vorzugt gestickte Tischtücher und Servietten ohne Web- Allein bald machte Vorarlberg die Erfahrung, daß einem muster, welche man in den Farben des Services mit Sticke- solch sprunghaften Emporschnellen eines Industn’ezweiges rei von waschbarem Garn verziert. Unsere Vorlagen sind zu nicht zu trauen sei ” einem Service von Meifiner Porzellan bestimmt. Das Tisch- Trotz aller Masthinstickerei wurde die Handarbeit, wie bei- tuch aus weiflem Drell wird mit Stickerei versehen, welche spielsweise die Weißstickerei, die venezianische oder die man mit blauem Garn ausfuhrt. Das nach altdeutschem Ge- Point--Stickerei, daneben nicht vernachlässigt. Im ,,Ba- schmack in vier Felder eingeteilte Dessin wird in der Mitte zar” des Jahres 1870 wird eine Anleitung zum Erlernen die- durch ein Carreau vervollständigt. Die Stickerei ist im Stil-, ser zuletzt genannten Technik gegeben. Auch ein Stepp- Fischgräten- und Knötchenstich auszuführen ” deckenüberzug wird darin folgendermaßen beschrieben: Neben der Buntstickerei wurde auch die Weißstickerei fol- ,,Der Überschlag, welcher auf der Steppdecke aufliegt, ist in gendermaßen erwähnt:,,Dessins ftir Altardecken, Alben etc., Zacken ausgeschnitten und mit einer Stickerei auf schmaler Bordüren für Decken und Kissen, fur Kinder- und Damen- leinener Litze und Spitzenstich verziert. Ist die erforderli- wäsche, ftir Monogramme, Hemdpassen und Zwischensatze che Anzahl von Zacken hergestellt, so verbindet man sie jiir die Negligekleidung ” Obstservietten, zum Beispiel, wur- mittels Languettenstich mit der Enveloppe. ” den ringsherum ausgefranst und in den Ecken mit Stilstich- Man verzierte damals sogar die Knopflöcher und konnte da- stickerei verziert. Äpfel, Birnen, Brombeeren und Pflaumen bei unter folgenden Sticharten wählen: Schurz- und Wickel- dienten als Vorbilder für diese Muster. stich, einfacher und doppelter Languettenstich, Frivolitäten- In den Jahren 1879 bis 1884 hatte sich durch die Erfindung und Zackenlanguettenstich, Fischgrät- und Knötchenstich. der Ätzspitze das Erzeugungsprogramm der Stickereiindu- Schon daraus kann man sehen, wieviel Muhe und Fleiß die strie wesentlich erweitert. Dadurch war jetzt auch die Nach- Mädchen und Frauen dieser Zeit für das Sticken aufwende- ahmung der klassischen Spitze möglich geworden. Karl Wet- ten. So liest man:,,Die beliebteste Garnitur von Wäsche- ter aus St. Gallen hatte seit 1879 unter Einsatz seiner Ge- gegenständen sind neuerdings Wei@tickereien, welche als sundheit und seines Vermögens an dieser Erfindung gearbei- Plein, Bordüre, Zwischensatz, Knopflochumrahmung etc. tet. Sein Verdienst ist es, diese Neuerung eingeführt zu ha- angebracht werden ” In der vorhin genannten Zeitschrift ben. Seit dem Jahre 1884 stellen Schweizer Fabrikanten werden auch Bordüren zur Verzierung von Beinkleidern, Ätz- oder Luftspitzen auf der Handstickmaschine her. In Untertaillen, Unterröcken, Hemden und Jacken beschrie- Vorarlberg wandte man sich erst später dieser neuen Sticke- ben, die nach französischer Stickart oder im Languetten-, reitechnik zu. Platt- oder Stilstich (letztere für Muscheln und Rosetten) Auch die Erfindung des ,,Tüchli”- und darauf basierend - ausgeführt waren des ,,Monogrammtüchli”-Apparates brachte noch eine Er- Es gab aber noch viele andere Sticharten, wie den Ketten-, weiterung des Stickereiprogramms. Durch diese beiden Ge- den Spitzen- und den Steppstich, die von den Stickerinnen räte war nämlich das maschinelle Besticken von Zier- und beherrscht wurden, und es werden Eckbordüren für Kissen- Taschentüchern möglich geworden. Ersterer - eine Art Rah- bezüge sowie Kinderwäsche in Filetguipure beschrieben, bei menapparat - verdankt seine Konstruktion dem Schweizer denen der Fond mit Zwirn in geradem Filet gearbeitet und Hürzeler (1884), und der danach entwickelte Monogramm- dann mit verschiedenen Sticharten verziert war. tüchli-Apparat, eine Erfindung der Firma Weber, Sehäffer & Co., ist als dessen Verbesserung zu werten, weil man damit Bei der Weltausstellung 1873 in Wien konnte man unter an- sowohl ganze Tücher, als auch bloß einzelne Ecken davon derem sehr schöne, wenn auch nicht gerade zeitgemä5e Stik- kereien aus Österreich bewundern. Daraufhin entschloß sich besticken konnte. Die Fabrikation lohnte sich anfänglich das k.k. Handelsministerium, eine höhere Kunststickerei- sehr, denn diese hübsch bestickten Tüchlein waren sehr be- schule zu eröffnen, die in sehr kurzer Zeit großen Erfolg gehrt und fanden reißenden Absatz. aufwies. Alles, was Mode, Tracht und Volkstum der verschiedenen

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europäischen Länder benötigte, wurde jetzt maschinell ge- stickt: Blumen auf Fichus und Vorhänge, Verzierungen fur Kragen und Bänder, Einsätze für Leib-, Tisch- und Bett- wäsche, Broderie angiaise für Sommerkleider, Ornamente auf Seide, Batist und Leinen, Gold- und Sfberstickereien I NG. auf Paramente usw. Durch aerprcduktion und Qualitäts- Verschlechterung kam es zwar Anfang der Achtzigerjahre zu einer Absatzlcrise der Stickereierzeugnisse, doch im gro- GOTTFRIED ßen und ganzen hat die noch von Hand betriebene Stick- mmhine mitgeholfen, in Vorarlberg einen breitgestreuten bescheidenen Wohlstand zu gründen. TSCHAMLER Die von dem Franzosen Comely erfundene Kettenstich- oder Pariser-Maschine war einnadelig, mit dem Fuß zu betreiben und erreichte die vierfache Leistung einer Handstickerin. Sie POSTFACH 134 kostete Ca. 350 Franken, also etwa zwei Jahresnettolöhne, D~BLINGERGÜRTEL 3 und im Jahre 1880 hatten sich in Vorarlberg bereits 1232 Sticker darauf umgestellt. Heute ist die Kettenstichmaschine A-1191 WIEN nur noch ein Inventar der Bauemstuben. überhaupt war da- zumal das Sticken, vor allem abends beim Schein der Petrcr TELEFON 34 66 65 leumiampe, recht anstrengend. Es wurde aber dabei gesun- gen, und so ging es schneller vonstatten. Bezahlt wurde nach TELEX 07-5364 Leistung, und hundert Stiche bildeten jeweils die Berech- nungswndlage. Eine ,,F’raktiihe Mitteilung über Ausstattungen” bringt der 0 TEXTILTECHNISCHES BÜRO ,,Bazar” des Jahres 1882. Darin heißt es:„Selbstangefertigte Handstickereien und Häkelarbeiten, momentan sehr en 0 SCHWEIZER TEXTILMASCHINEN Vogue flr den Auspuu der Wäsche, fuhren, ebenso wie das Einsticken der Namen in dieselbe, eine nkht zu unterschät- zende Kostenvennindmng herbei ’’ interessant ist auch ‘ein Hinweis über das Ausmaß einer Brautausstattung von anno dazumal:..Zu einer Ausstatiung, auskömmlich flr mittlere und gute VerhäImisse, rechnen wir: 3 DU.Taghemden, 1 Dtz. Nachthemden, 1 Dtz. Nacht- Seit der Einfühnng der Stickmaschine .und noch Jahrzehn- jacken, 2 Dtz. Beinkleider, 3 FLmellröcke, 6 Piqueröcke, te später - bildeten Bänder und Einsätze das Hauptkontin- 6 Promenaderöcke, 3 Schleppröcke, 4 Frisienn3nte1, 6 Un- gent der Stickereiindustrie. Beide dienten sowohl zur Ver- tertaiilen, I2 weipe Taschentücher. 6 Batistrücher, 3 elegan- zierung der Leib- als auch der Bettwäsche. Als .Bänder’ wur- te Tücher. Kragen, Manschetten. Morgentücher efc. sind so den Besatzstreifen bereichnet, deren unterer Rand festoniert sehr dem eigenen Belieben unterworfen, da8 wir sie nur er- war. Unter .Einsätzen’ verstand man Muster, die auf beiden wähnen ” Rändern gleich waren - zumeist mit beidseitigem Hohlsaum- abschluß, ,Stäffel‘ genannt. Die Reform der Frauenkleidung begann ~ von Amerika aus-

gehend ~ schon in den Siebzigejahren des vorigen Jahrhun- Wer immer eine Stickmmhine besaß, mußte sich auch ein derts und drängte vor allem auf eine Verminderung der Klei- Warenlager an verschieden starken und verschiedenfarbigen dungsstücke, insbesondere der vielen Unterröcke. Die Wä- Zwimen halten. AuDerdem war noch eine Hilfskraft not- sche blieb selbstverständlich weiterhin mit Stickerei verziert, wendig, die als Einfadlerin etliche hundert Nadeln zu bedie doch achtete man jetzt auf bequemere Schnitte. nen hatte. Freilich war dies meist ein Familienmitglied. Ais 1884 gar eine Fädelmaschine aufkam, die in einem Arbeits- gang Nadeln einfädeln, knüpfen, den .Nädling’ auf die vom Muster bestimmte Länge abschneiden und in Reih’ und Glied auf das Nadelkissen stecken konnte, wurde dies von den Schulkindern besonders begnißt, denn für das Einfä- deln waren hauptsächlich sie herangezogen worden. im seiben Jahr wurde der Jentralverband der Stickerei- industrie der Ostschweiz und Vorarlbergs” gegiündet. Im Oktober 1887 wurde in einer StickerVersammlung in Dom- bim beschlossen, die Untemchtsverwaltung in Wien zu er- suchen, eine Fachschule für Stickerei emchten zu dürfen. Abb. 9: Taghemd, Untmock, Nachtjacke (Es war niunlich notwendig geworden, den Stickern sowohl Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969

eine theoretkhe als auch eine praktische Ausbildung zu ge- .,sticken”, als dies fur das Muster notwendig war. Diese Ma- ben. Dadurch sollte eine bessere Qualität der Etzeugnisse schine sollte zentral anzutreiben sein und die Stoffbahn dem und damit auch ein hoherer Lohn im Veredlungwerkehr er- Muster gemhß vom Sticker bewegt werden konnen. Gröbli reicht werden) das k.k. Ministerium replizierte am 27. Mai hatte bereits 1867 seine Erfiidung auf der Weltausstellung 1889 foigendes:,,in Anbetracht der großen wirtschaftlichen in Paris gezeigt, 1873 präsentierte er sie dann auch auf der Bedeutung der Maschinenstickerei in Voradberg, und den in Wien. Die ersten Stickmaschinen dieser Art wurden im Umstand nicht verkennend, da$ nur durch eine grö$ere Per Jahre 1892 von E.W. Zuppinger in Woifurth erstmals in Be fection der vomrlbergschen EReUgniSSe das bestehende trieb gesetzt, doch leider entsprachen sie noch keineswegs commercielle Abhdngigkeitsverhaltnis von der Schweiz be- den Anfordemgen der Praxis. Erst jene Maschinen, die seiiigt bzw. vermindert werden kann, hat sich die Unter- 1896 und 1897 von Hofer, Eösch &Co. in Lustenau instal- richtsverwaltung veraniast gesehen. die Em?htung einer liert wurden, erfullten diese zur Zufriedenheit und verhalfen derartigen Anstalt mogiichst zu fordern“ Am 26. August dem Stickereigewerbezu neuem Aufschwung. dieses Jahres kam es dann zur Griindung der „Kk. Fach- Anfangs wurden 34@, dann 510, später 680 und zuletzt schule fur Stickerei” in Dornbirn. Aus dieser Schule ging 102Onadelige ,,Schiffli”-Maschuien,auch ,,Schnellaufer“ ge- die heutige Bundestextilschule hervor, die den Nach- nannt, von den Stickern in Betrieb genommen. (Heute er- wuchs fur die Stickerei, Weberei, Strickerei, Wirkerei, Kon- bringen diese immer weiter vervollkommneten Maschinen fektion, Maßschneiderei sowie für den Texülhandel heranbii bereits die siebenundzwanzigfache Leistung des einstigen det. Um der Stickerei genugend kaufmannisch geschultes ,Handstickers’). Im Jahre 1908 traten dann an ihre Steile Personal zu sichern, grundete die benachbarte Marktgemein- ’ Automaten, die ohne Sticker arbeiteten. Isaac Gröblis Sohn, de Lustenau im Jahre 1903 auch noch eine Handelsschule. Arndd, war der erste, der das Jacquardsche Prinzip auf die Ei paar Jahre vorher waren in österreich bereits einige Stickmaschine Ubertrug. Der Pantograph wurde dabei durch wichtige Veroffentiichungen uber die Stickerei erschienen, die sogenannte Jacquardkarte ersetzt. zum Beispiel das ,,Album der Monogramme für Kreuzstich” im Laufe der Zeit hatte sich die Vorarlberger Industrie auf oder „Die Kunst der Goldstickerei in Verbindung mit Appli- weiße Artikel spezialisiert und die farbigen Stickereien den cation” oder „Die Kunst der WekStickerei” 11). Schweizern überlassen, während die sächsischen Fabrikanten Eine Frau, die in ihrer Jugend in Wien das Sticken erlernt sich vornehmlich mit der Erzeugung von Tüu- und Xtzspit- hatte, wurde später durch ihr Buch ,,Die Enzyklopadie der Zen befaßten. Die Herstellung bestickter Taschentücher hat- weiblichen Handarbeiten”, das in 17 Sprachen übersetzt in te nur mehr wenig Bedeutung. Bestickte Wasche, Blusen aüe Welt ging, berühmt: ‘Ihkise de Diimont. Auch das ,,Al- und Accessoires dagegen wurden oft bis nach Nordamerika bum de broderies au point de croix” (1885-1890), die Bü- exportiert. cher über ,,Die Stickerei auf Netz-Canavas” (1892) und In Vorarlberg gab es im Jahre 1910 immer noch 3456 Hand- „Vorlagen für die Plattstich-Arbeit’’ sowie über ,,Muster alt- Stickerinnen (bei einer Gesamtbewohnerzahl von 140 OOO), christlicher Kunst in Egypten . Koptische Stickereien” (1894), die im Verlag Dornach, EI&, erschienen sind, stam- men m ihrer Feder. Sie war in der bekannten Firma D.M.C., einer Stickgamfabrik im Elsaß, titig. im Jahre 1890 gab es in Vorarlberg 3141 Sticker, von denen sich 2806 bereits auf die Kettenstich- oder Pariser-Maschine umgestellt hatten. Der Einmaschinenbetrieb blieb in Vorarl- berg ebenso wie in der Ostschweiz die Regel, obwohl dane- ben auch schon größere Fabriken bestanden. Ein Jahr spater erOffnete die Firma J.J. Hofer & Bösch die erste Vorarlber- ger Stickereiniederlassung in Wien und begann damit einen von der Schweiz unabhängigen Export von Stickereierzeug- nissen in die ganze Welt. Diese Firma .und manche ihrer

Nachher ~ konnte ihr Unternehmen sehr ausbauen. Lei- der setzte der Erste Weltkrieg diesem Aufstieg ein Ende. Die Erfindung des Elektromotors iührte nach und nach zu einer Abschaffimg des Handantriebs. Da aber der elektrische Strom für die Handstickmaschine nicht zu verwenden war, verfolgte der ehemalige Jacquardweber und Handmaschinen- sticker Isaac Gröbli aus &sau - auf die Erfiidung Made* pergers zurückgreifend - den Gedanken, die Technik der Nähmaschine (die ja mit einem losen Faden arbeitet) auch für die Stickerei auszunutzen. Es sollten dabei so viele Na- deln und Langschiffchen (im Abstand von einem französi- schen Zoll oder einem Vielfachen davon) nebeneinander Abb. 10 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27 die auch spezielle Stickereiaufträge entgegennahmen. Die Schweizer Besteller verlangten jetzt .der Moderichtung fol- gend - statt der bisherigen feinen Stickereien für Damen-. Herren- und Kinderwäsche bzw. für Accessoires gröbere Stickereien. Abbildung 10 zeigt ein besticktes Damenkleid aus dem Jahre 1908. Die althergebrachten Muster, die man früher stets mit der Hand gestickt hatte, wurden nunmehr maschinell hergestellt. Sie zierten Vorhänge, Decken aller Art, Bettüberviiirfe (sehr oft auf Tüllgrund), aber auch Vereins und Kirchenfahnen und sogar Mückennetze für die Tropen. AUe diese Artikel waren sehr stark der Mode unterworfen. Der Veredlungs- verkehr zwischen der Schweiz und Österreich wurde schließ- lich dahingehend abgeändert, daß die Gewinne im Inland (also in Österreich) blieben, wodurch zusätzliche Arbeits- plätze geschaffen werden konnten. Auf diese Weise wurde Vorarlberg zum Stickereiland Österreichs. Auch die früher stets Mittwoch und Samstag abgehaltene St. Gdener „Stickereibörse” verlor an Bedeutung. Dennoch blieb diese Stadt bis heute ein Handelszentrum für Stickerei- Stoffe und Zwirne sowie für die verschiedensten Nähhilfs- mittel. Um das Jahr 1914 war die technische Entwicklung der Stickmaschinen an sich abgeschlossen, allerdmgs unter der Voraussetzung, da0 nicht wesentlich neue Sticktechniken verlangt würden. Jetzt war die Zeit gekommen, auch die Stickrnuster weiter zu entwickeln. In Wien gab es seit dem Abb. I1 Jahr 1903 die sogenannten ,,Wiener Werkstätten”, und viele namhafte Künstlerinnen befaßten sich dort mit der Sticke- die Ausweitung des Exports. Glücklicherweise zeigten sich rei, probierten neue Techniken aus und schufen wahre Kost- die Schweizer Auftraggeber sehr interessiert daran, die tradi- barkeiten. Die ,,K.k. Anstalt für Frauen-Hausindustne” ent- tionelle Zusammenarbeit mit den Vorarlberger Lohnsticke- stand 1904 aus dem „Zentral-Spitzenkurs”, einer Wiener reien wieder aufzunehmen, und - 1928 - wurden von dort Zentralstelle fur die Spitzenkurse der verschiedenen Länder auch schon wieder Stickereien im Werte von 78 Millionen Österreichs. Diese Hausindustrie verfertigte anerkannt schö- Schilling exportiert. ne Stickereien. Ein Jahr später war es auch schon wieder modern geworden, Der Erste Weltkrieg legte die Stickereiindustrie für einige die Wasche zu yerzieren. Man verwendete hiefur entweder Zeit lahm - 1918 gab es nur noch wenige Sticker. Als aber schmale oder breite bestickte Bänder, aber auch ganze Ge- die ärgsk wirtschaftliche Krise überwunden war, erreichte webebahnen (90 cm breit!), sowie angepaßte Einsätze, also der Export an Vorarlberger Stickereien (einschließlich Ver- Passen, Motive, Sättel und dergleichen mehr. edlungsverkehr) 1920 bereits wieder eine Höhe von 10 926 Nach und nach wurden auch die Wiener Mieder- und Wä- Meterzentnern; Hauptabnehmer (u.zw. von 9884 Meterzent- scheerzeuger zu Großabnehmern der Vorarlberger Stickerei- nem) war allerdings wie bisher die Schweiz. Produktion, deren Fertigungsprogramm im Jahre 1933 noch Nach diesem Krieg vollzog sich in der Damenbekleidung ein durch Seidenmotive, wie zum Beispiel mit feiner Kunstseide grundlegender Wandel. Man stellte sich auf Kunstseiden- bestickte Sättel aus Crepe de chine - lachsfarben, hellblau, wäsche um, und die Stickerei, die bisherige Wäscheverzie- licht@ oder weiß -,ergänzt wurde. Die Handstickerei wur- rung, kam dadurch fast ganz aus der Mode. Auch der Bunt- de nur noch nebenbei betrieben. druck machte ihr Konkurrenz. Aber - schon 1921 - kam die Anläßlich der Gründung eines Modeförderungsausschusses Rettung: mit Kunstseide bestickte leichte Stoffe. Selbstver- beschloß man im Jahre 1928 auch die Mode hinsichtlich ständlich mußten hiefür neue Techniken gefunden und er- der Verwendung von Stickereien N beeinflussen, indem probt werden, und die Sticker brauchten einige Zeit, um man einerseits die Verbindung mit den modeschaffenden sich an das neue Material zu gewöhnen. Häusern Wiens aufnahm und anderseits auch auf die Käufer Das Jahr 1926 bedeutete für Voradberg das Ende seine1 in diesem Sinne einzuwirken versuchte. In den diversen Zeit- Weißstickerei, denn es hatte nach dem Friedensschluß den schriften wurde die Werbung intensiviert und außerdem be- großen Inlandmarkt der ehemaligen österreichisch-ungan- teiligte man sich an Ausstellungen und Messen. Den Mittel- schen Monarchie bis dahin zu Gänze verloren. Der einzige punkt dieser großangelegten Werbeaktion bildete stets die Ausweg aus dieser Situation war vorerst nur die Wiederbele- Stickereifachschule in Dornbim. Eine für die Stickerei gÜn- bung des Veredlungwerkehrs und daüberhinaus - später - stigere Modeströmung begann zwar im Jahre 1936, währte Folge 27 LENZINGER BERICHTE Mai 1969 jedoch nur kun. und wurde mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wieder für lange Zeit unterbrochen. Trotzdem war es im Mai 1941 noch einmal zu einer Leistungsschau gekommen, die den Titel ,,Vorarlberger Stickerei und Spit- zen” getragen hatte. Diese Ausstellung wurde damals ge meinsam mit einer Schau des „Hauses der Mode” in Wien abgehalten. Abbildung 11 zeigt ein Abendkleid dieser Kol- lektion aus blauem Leinen mit einer breiten, weabestickten Bordüre. Das Jahr 1945 stellte die Voradberger Stickereiindustrie erneut vor große Probleme: Der Wiederaufbau muDte mit eigener Kraft in Ang& genommen und ein selbständiger Export in die Wege geleitet werden -und diesmal war die Mode der Stickerei @stig gesinnt. Kleinsticker, Fabrikan- ten, Exporteure - sie alle waren an den Erfahrungen zwi- schen den beiden Kriegen gereift und fanden es vorteilhaft, sich zu einer „Stickergemeiosch&” zusammeozuischliesen, wodurch sie sich allgemein und weithin Anerkennung erwar- ben. Um 1954 wurden in der Hauptsache Spitzen und Einsatze ihr Konfektionswasche, AUovers für Blusen und Kleider, Stickereien auf TUund Organdy sowie auf Spitzentaschen- tüchern erzeugt. Die Ätzstickerei, auch als Luftstickerei be- kannt, entwickelte sich zu einer der schönsten Stickerei- techniken. Bett- und Tischwäsche wurde ebenfaiis mit Ma-

schinstickerei verziert. Abbildung 12 zeietI VorariberaerI Spitzen und Stickereien dieser Ar< Abb. 13

Abb. 12

Die Dombimer Textilmesse hat wesentlich zur Werbuqg für die Stickereiindustrie beigetragen. 1959 waren dort bei- spielsweise neben Wäschebesätzen aus Baumwolle, Trevira, Dralon, Meryl und anderen Fasern in aktuellen Farbtönen und Dessins, auch bestickte Blusen aus Stmkturgeweben, aus Baumwollstoffen sowie aus vollsynthetischen Geweben ausgestellt (Abb. 13). Bei einer ,,Österreichwoche” in Berlin im Jahre 1960 wurde von der Wiener Bundeskammer ein reichhaltiges Programm abgewickelt. Bei einem Empfang trat auch das Wiener Staatsopemballett auf, ausgestattet mit Kmtümen aus Vor- Abb. 14

86 Mai 1969 LENZINGER BERICHTE Folge 27 arlberger Stickereistoffen. Die Muster der Spitzen und Stik- che Frau diese schone Kunst wieder ausuben konnen. Der kereien waren eigens für diesen Anlaß entworfen worden. Vorarlberger Stickereiindustrie sei ein weiterer Ausbau ge- Nunmehr eroberte sich die Stickerei viele neue Anwendungs- wunscht, gehen doch ihre Erzeugnisse als Jiebenswrdige bereiche: Tageskleider, Cocktail-, Abend- und Hochzeits- Botschafter” österreichs in alle Welt hinaus. kleider, Sport- und Freizeitanziuge, Tracht, Konfektion und Haute Couture. Wo immer es mögiich ist, werden derzeit Stickereien angebracht. Die alte Tradition des handwerkli- chen Könnens war lebendig geblieben, und Fleiß wie Auf- geschiossenheit allem Neuen gegenüber lassen die Vorarlber- ger Stickereiindustrie heute wie einst ihre Stellung in der Modewirtschaft behaupten. Die Abbildungen 14 und 15 zeigen die modische Spannweite der Stickereientwürfe vom Ferienkleid bis zum Abendensemble. Literatur:

H. Wartmann:„lndustrie und Handel des Kantons St. Gallen”, 1875*) J.F. Netto:„Zeichen-Maler- und Stickerbuch zur Selbstbeleh- Nng für Damen”, Verlag Voß & Cie., Leipzig 1795 Journal des Luxus und der Maden, Herausgeber: F.J. Bertuch & G.M. Kraus, Frankfurt 1788 Erstes ToilettenGeschenk für Damen, Herausgeber: Georg V04, Leipeig 1805 H. Wartmann:„lndustrie und Handel des Kantons St. Gallen”, 1875*) M. Tiefentbaler:,,Die Berichte der Kreishauptleute”, 1950.) J.J. Staffler:,,Tirol und Vorarlberg”, 1846*) Mustersammlungen: a) E. Draham - Wien 1873 b) K.k. österr. Museum (Onginai- Stickmuster der Renaissance in ge- treuen Copien veiuieüältii) er- schienen 1866 im Selbstverlag, DN&: R. v. Waldheim, Wien c) E. Bach:„Die Reform des Unter- .Abb. 15 richtes in weiblichen Handarbei- ten”, Wien 1876 H. Grabher:„Unser Brauchtum“, 1956*) 1961 exportierten die Vorarlberger Stickereibetriebe Er- F6(10), 924 (1968) zeugnisse Werte von 650 Millionen ScNling in 105 Staa- Spinner-Weber-Textilveredlung im A. Saint-George:„Die Kunst der Goldstickerei in Verbindung ten der Welt, das sind 95 Prozent ihrer Gesamtproduktion. mit Application” und das „Album der Monogramme fur Kreuzstich” Anläßlicb der Jubiläumsfeiern während des Jahres 1968 L. Sdiinnerer:,,Die Kunst der Weis-Stickerei“, Verlag „Wie- wurde auch eine Sondennarke „100 Jahre Vorarlberger ner Mode”, Wien - Lei& 1894 Stickereiindustrie” herausgegeben, die so manchen in- bzw. E. Fiemming:„Textüe Ktinste in der Stickerei“, Berh 1923 ausländischen Philatelisten auf diese österreichiscbe Spezia- 13) E. Güer:„Die sachsische Spitzem und Stickereundustne Selt lität aufmerksam machte (Abb. 16). 1914”, Plauen 1932 R. Hagen:,,Stickereien und Spitzen als Lustenauer Speziali- tätenvan 1884 - 1947”, Lusienau 1947 k Jaumann:„Textiiunde“, Leipzig 1938 A. Koch:„Handabeiten aller Art”, Stuttgart 1940 H. Nägele:,,Die Vorarlberger Textüindustrie”, Bindenschild- verlag, Wien 1947 M. v. Boebn:,,Bekleidungskunst und Mode”, München 1918 W. Donner:,,Handbuch der Sticker, Stricker, Wid

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Wirtschaftspolitische Probleme strie ist es wichtig, diesen gesamtwirtschaftlichen konjunk- der deutschen Textilindustrie turellen Hintergrund zu berücksichtigen. Es gehört nämlich zur Eigenart der textilindustriellen Strukturmerkmale, da5 sie von den allgemeinen konjunkturellen Schwankungen überdurchschnittlich erfaßt werden. Daraus entstehen An- passungsprobleme, die nur mit beträchtlicher technischer und betriebswirtschaftlicher Flexibilität gelöst werden kön- nen. Innerhalb von nur zwei Jahren (1967 und 1968) mußte Dr.Hans-Werner Staratzke die deutsche Textilindustrie ihre Produktion zunächst um 7 Prozent einschränken und sie sodann wieder um 18 Pro- Geschäftsführendes Präsidialmitglied des Gesamtverbandes zent ausdehnen. Im gesamtindustriellen Durchschnitt wirkte der Textilindustrie in der Bundesrepublik Deutschland - dieser Anpassungszwang über den gesamten Zyklus nur halb Gesamttextil - e.V., Mitglied des Deutschen Bundestages so intensiv wie in der Textilindustrie. Konjunkturelle Schwankungen treffen in der Textilindustrie zudem auf strukturelle Wandlungen, die vom technischen Fortschritt, von der Dynamik der Märkte und von den inter- nationalen Wettbewerbsbedingungen ausgehen. Damit wer- Zwei Faktoren beeinflussen vor allem das Wachstum der deutschen den einige Probleme akzentuiert, die zunehmend auf eine Textilindustrie: wirtschaftspolitische Lösung drängen. Das in diesem Zusam- - die steigende Produktivität durch rege Investitionstätigkeit und menhang entscheidende Problem ist die Sicherung der lang- - die Handelspolitik gegenüber Importen und Exporten der ande- fristig ansteigenden Investitionstätigkeit. Obwohl die Unter- ren Länder. nehmen der Textilindustrie in den letzten Jahren erhebliche Beträge (seit 1960 fast 10 Milliarden DM) für die Moderni- sierung und Rationalisierung ihrer Produktionsanlagen auf- The expansion of the German textile industry is influenced by two gewandt haben, besteht immer noch ein beträchtliches Ge- principal factors, i.e. falle zwischen der heute möglichen und der tatsachlich an- - rising productivity due to lively investment activities; gewandten Technik. Dieses Gefalle zeigt zugleich die volks- - the commercial policy observed in regard to the imports and ex- wirtschaftlich bedeutsamen Produktivitätsreserven, die bei ports made by other countries. ausreichenden Investitionsmitteln in relativ kurzer Zeit frei- gesetzt werden können. Auf diese Weise wurde ein volks- wirtschaftlich überaus bedeutsamer Prozeß weiter beschleu- nigt werden: das bemerkenswerte Produktivitätswachstum In den letzten Jahren konzentrierte sich die bundesdeutsche der Textilindustrie. Innerhalb eines Jahrzehnts hat die Tex- Wirtschaftspolitik vor allem auf die Konjunkturbeeinflus- tilindustrie der Bundesrepublik ihre Produktivität mehr als sung. Zunächst war es der mehr oder weniger mißglückte verdoppelt. Sie ist damit in die Spitzengruppe der produk- Versuch, den übersteigerten Konjunkturaufschwung von tiven Industrien vorgenickt. Diese Entwicklung wird auf ab- 1964/66 ohne anhaltenden Preisanstieg abzubremsen und sehbare Zeit anhalten und durch den technischen Fortschritt gleichzeitig einen konjunkturellen Rückschlag zu vermeiden. nicht begrenzt, möglicherweise aber durch die verfügbaren Es erwies sich, da5 der ,,Bremsweg” der kreditpolitischen Investitionsmittel. Im Gegensatz zu ihrer Produktivität blieb Matinahmen, die von der Bundesbank ergriffen worden wa- nämlich die Entwicklung der Erträge infolge eines immer ren, viel zu lang war, sodaß zunächst die Preise kräftig wei- intensiver gewordenen Wettbewerbs hinter der gesamtindu- ter stiegen und die Wirtschaft zudem - erstmals in der Nach- striellen Entwicklung zurück. Die Betriebsgrößenstruktur kriegsgeschichte - schließlich in eine generelle Stagnation ge- der Textilindustrie, die durch das Vorherrschen der mittle- riet. Auf der Basis des vom Bundestag verabschiedeten ,,Sta- ren Betriebsgröße gekennzeichnet ist, bewirkt eine starke bilitätsgesetzes” und auf Grund der gemeinsamen Bemü- und unmittelbare Abhängigkeit der Investitionstätigkeit von hungen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern, Bundesbank der Entwicklung der Ertrage. Das hat in den letzten Jahren und Bundesregierung gelang es, einen neuen Aufschwung dazu geftirt, da5 die Unternehmen zur Finanzierung ihrer einzuleiten. Dieser Aufschwung halt bis heute an, aber er Investitionen bis an die Verschuldungsgrenzen gegangen sind läßt bereits einige beunruhigende Anzeichen fir eine neue und ihren Kreditspielraum voll ausgenutzt haben. Die weiter Übersteigerung erkennen, sodaß wiederum mit einer Gefähr- wachsenden Investitionserfordernisse setzen daher noch dung der Preisstabilität gerechnet werden muß. mehr als in den früheren Jahren eine wesentliche Verbesse- Für die Beurteilung der gegenwärtigen wirtschaftlichen und rung der Ertragslage voraus. wirtschaftspolitischen Situation der deutschen Textilindu- Zu einem nicht unerheblichen Teil könnte diese Rentabili- tätssteigerung durch eine Handelspolitik erreicht werden, die, statt auf dogmatischen Prinzipien zu beruhen, von den un- Dieser Artikel behandelt zwar die wirtschaftspolitischen Verhältnisse in der Bundesrepublik Deutschland, doch dürften eine Reihe von Ge- terschiedlichen Wettbewerbsbedingungen in der wirtschaft- sichtspunkten auch für den österreichischen Markt von Interesse sein. lichen Wirklichkeit ausgeht. Zumindest muß die Handels- (Anmerkung der Redaktion) politik sicherstellen, da5 gegen offenkundige Verstöße gegen

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den Grundsatz der Fairneß und der Gleichartigkeit der vom Staat gesetzten Wettbewerbsbedingungen wirksam vorge- gangen wird. Das gilt insbesondere gegenüber den sogenann- ten anomalen Einfuhren und gegenüber den Importen aus Staatshandelsländern. Aber auch im sonstigen internationa- len Textilhandel und selbst in den Außenhandelsbeziehun- gen unter den EWG-Ländern bleiben vielfache Wettbewerbs- verzerrungen weiter wirksam. In letzter Zeit ist es zwar in der Frage der gemeinsamen EWG-Handelspolitik zu einer gewissen Annäherung der Standpunkte unter den nationalen Regierungen der EWG- Länder gekommen, aber ein einheitliches Konzept fehlt im- mer noch. Auch die künftige Außenhandelspolitik der neu- en US-Regierung läßt noch keine eindeutig sichtbaren Kon- turen im Textilbereich erkennen. Unklar ist zur Zeit auch, inwieweit die Entwicklungsländer ihre erneut vorgetragenen Forderungen durchsetzen werden können, noch weitere Sonderzugestandnisseund Zollpräferenzen zu erhalten. Aus all dem folgt, da5 die Handelspolitik heute von den internationalen Realitäten auf der Basis des Grundsatzes chen und wohl auch realistischeren Einschätzung gewichen möglichster Gleichheit der Wettbewerbsbedingungen betrie- sind. ben werden muß. Die moderne, hoch produktive, an ihren stark modebeein- Ein anderer Weg, die Wettbewerbsposition der Textilindu- flußten Märkten orientierte Textilindustrie hat in den letz- strie zu festigen und die Ertragslage zu verbessern, ist die ten Jahren bewiesen, da5 sie ihren Standort in den Indu- Förderung des produktiven Strukturwandels. Die zuneh- strieländern nicht nur verteidigen kann, sondern ausbauen mende internationale Verflechtung und die räumliche Aus- wird. Sie hat aber auch gezeigt, wie beachtlich ihre produk- weitung der Märkte fordern eine Betriebsgrößenstruktur, tiven Beiträge zur Stabilität des Preisniveaus und zum die diesen Entwicklungstendenzen folgt. Es kommt daher Wachstum des Sozialprodukts der Volkswirtschaft sind. in der Textilindustrie heute verstärkt darauf an, die Zusam- Diese Leistungen kann sie mit überzeugenden Argumenten menarbeit der Unternehmen von der losen Form der Koope- bei allen gegenwärtigen und künftigen Auseinandersetzun- ration bis hin zur Fusion zu fördern. Die Unternehmen ha- gen über ihre volkswirtschaftliche Bedeutung anfuhren und ben diese Notwendigkeit im allgemeinen erkannt, und sie für sich in Anspruch nehmen. sind bereit, sich den daraus folgenden Konsequenzen zu stellen. Leider läßt sich das von der Wirtschaftspolitik nicht in glei- cher Weise sagen. Im Gegenteil: Die konsequenteste Form der Zusammenarbeit, die eigentumsmäßige Zusammenfas- sung von Unternehmen, wird durch antiquierte steuerliche Hemmnisse wesentlich behindert. Die hoffnungsvollen An- sätze für ein sogenanntes ,,Umwandlungsgesetz” haben sich aus sachfremden politischen Erwägungen bisher nicht fort- entwickeln können. Auch die steuerlichen Hindernisse auf dem Wege einer Strukturbereinigung durch Kapazitätsabbau sind beträchtlich. Dies alles zusammen hindert die deutsche Textilindustrie zur Zeit daran, die produktiven Effekte, die der strukturelle Wandel gerade für sie verspricht, voll auszu- nutzen und damit durch eine verstärkte Investitionstätigkeit die Voraussetzungen für den weiteren technischen Fort- schritt zu schaffen.

Es ist sehr zu hoffen, da5 diese Zusammenhänge auch von den Vertretern der staatlichen Wirtschaftspolitik stärker er- kannt werden und da5 sie als Grundlage einer in die Zukunft weisenden Wirtschafts-, Handels- und Strukturpolitik im Textilbereich werden. Das ist umso notwendiger, als die frü- her sehr düsteren Prognosen der langfristigen Entwicklung des Textilverbrauchs inzwischen längst einer zuversichtli-

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Sind Belegmuster und Produktionsprotokolle sinn- mit sehr lückenhaftem Erfolg - rekonstruiert. Man kann es voll und wirtschaftlich vertretbar? oft nicht fassen, daß von einer einige tausend Meter umfas- senden Warenpartie nicht ein halber Meter Rohware vorhan- den ist, und daß von einer einige tausend Kilogramm um- fassenden Garnpartie lediglich zwei Restkopse vorhanden sind, von denen man auch nicht genau weiß, ob sie iiber- haupt aus dieser Partie stammen. Der Grund ftir das Fehlen entsprechender Unterlagen ist Prof. DiplJng. Wilhelm H e r z o g , Wien weniger im Wertverlust durch die Bemusterung zu suchen, er liegt vielmehr in dem Arbeitsaufwand, den die Ent- nahme und die Registratur der Belegmuster sowie die Füh- rung eines Produktionsprotokolls machen. Manchmal wird auch der Mangel an Platz ftir die Ablage der Muster als Grund angegeben.

Die Führung einer Belegmusterregistratur und die Führung von Pro- In jedem Betrieb ist heute das Personal ausgelastet, die Ar- duktionsprotokollen erfordern Arbeit. Ihre Vorteile im Falle einer Reklamation und als Unterlage für rückblickende Betrachtungen beitszeit teuer, und oft fehlt es an geeignetem Personal. rechtfertigen jedoch den Aufwand. Der Umfang der Belegmuster Trotzdem erscheint die Frage berechtigt, ob sich der Auf- wird einen Kompromiß aus technischen und wirtschaftlichen über- wand, eine Belegmusterregistratur und ein genauesProduk- legungen darstellen. tionsprotokoll zu führen, nicht doch lohnt. Der weit überwiegende Teil aller Reklamationen wird übli- Keeping Sample records and production records is toilsome, but the cherweise ohne viele technische Untersuchungen auf dem advantages they offer in case of incoming complaints and as a basis Kulanzweg nach kommerziellen Gesichtspunkten erledigt. for retrospective calculations arc rewarding. The extent to which Allerdings ist festzustellen, daß seit einiger Zeit die Rekla- Sample records should be kept will represent a compromise between technical and economical considerations. mationen härter ausgetragen werden und daß der Kulanz- weg, wie er unter langiährigen Geschäftspartnern üblich war, seltener wird. Der Grund für diese Tendenz liegt in der Aus- weitung der Geschäftsbeziehungen, vor allem der Geschäfts- beziehungen mit dem Ausland. Durch den verschärften Fehler in der Produktion, Kundenanstände und Reklama- Wettbewerb ist jeder Betrieb heute gezwungen, sich nach tionen gibt es, seit Waren produziert werden. In Zeiten mit dem günstigsten Angebot weltweit umzusehen. Wenn seine gutem Geschäftsgang werden sie seltener, in Zeiten mit langjährigen Geschäftspartner bei einem Angebot nicht mit- schlechterem Geschäftsgang steigen die Ansprüche und die halten können, so muß der Betrieb eine neue Verbindung Reklamationen werden häufiger. aufnehmen. Durch die fortschreitende Spezialisierung der Produktionsprogramme ist die Textilindustrie gezwungen, Fehler in einer Ware verlangen immer nach einer Klärung: ihre Absatzmärkte - vor allem im Export - immer weiter zu - Wo ist der Fehler entstanden? streuen, sodaß auch auf der Absatzseite immer neue Ge- - Wodurch ist der Fehler entstanden? schäftsbeziehungen eingegangen werden. Für diese neuen - Wie kann man den Fehler in Zukunft vermeiden? Beziehungen gelten jedoch die eingefahrenen Gewohnheiten bei Reklamationserledigungen nicht. Die Sprache wird här- Und schließlich auch: ter, und nicht selten fuhrt der Weg zu einer handelsgericht- - Wer trägt die Schuld an dem Fehler? lichen Austragung der Reklamation.

Um diese Fragen beantworten zu können, sind Untersu- In diesem Bereich wird dann oft weniger über die techni- chungen notwendig. Manchmal gelingt es, am fertigen Pro- schen Mängel in der Ware selbst verhandelt, als mehr über dukt, an dem der Fehler entdeckt wurde, die Ursache zu die nach dem Gesetz vorgeschriebene ordnungsgemäße finden und die gestellten Fragen zu beantworten. Meist er- Überprüfung der Lieferung, über verborgene oder offene fordert eine solche Untersuchung, für die nur das fertige Mängel oder darüber, ob die Mängelrüge dem Gesetzestext Produkt zur Verfügung steht, sehr viel Aufwand, und nicht entsprechend und fristgerecht eingebracht wurde. Wird in selten lassen sich die gestellten Fragen nur sehr unsicher solchen Fällen einer Partei die Beweislast auferlegt, SO feh- oder nur zum Teil beantworten. len ihr häufig die technischen Unterlagen und Belegmuster. Die Ursachen für die Schwierigkeiten, welche bei den Unter- Man soll jedoch bei der Frage, ob sich eine Belegmusterregi- suchungen auftreten, liegen darin, daß von der fehlerhaften stratur lohnt, nicht immer nur die Reklamationsfälle oder fertigen Ware keine Belegmuster aus ihrer Entstehungsge- gar eine gerichtliche Austragung sehen. Solche Fälle sind im schichte vorhanden sind. Der Ausrüster hat keine Rohware allgemeinen - bezogen auf das Gesamtproduktionsvolumen - mehr, der Weber keine Garnproben und der Spinner keine nur seltene Ausnahmefälle. Die Führung von Produktions- Faserproben. Ein Protokoll für den Gang der Produktion protokollen sowie die Registratur von Belegmustern dienen fehlt fast in allen Fällen. Es wird schließlich mühsam - meist dem Betrieb auch dazu, den Weg seiner Fertigung und die

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Qualität der Ausgangs-und Zwischenprodukte in einem spä- gewisseDaten der Arbeitsvorbereitung, des Labors, der Ma- teren Zeitpunkt zu überprüfen. Sie dienen auch als Unter- schinenkarten oder der Laufkarten in Durchschrift anzufer- lage, um eine Ware in späterer Zeit leicht nachstellen zu tigen und diese Kopien im Protokoll gemeinsam abzulegen. können. Nicht zuletzt stellen sie eine wertvolle Unterlage Die angelegten Produktionsprotokolle lassen sich auch für bei ko!legialen Gesprächen mit Geschäftspartnern über Ver- andere Zwecke, wie zum Beispiel zur Erfassung von Be- besserungenan einer Ware und über gemeinsame Lösungen triebsdaten, für die Produktionsstatistik u.ä. zusätzlich ver- von Problemen dar. werten. Der Umfang solcher Belegmuster muß ein Kompromiis Lwi- Ein Betrieb, der bei Besprechungenund Verhandlungen mit sehen wirtschaftlichen und technischen Überlegungen sein. seinen Lieferanten oder seinen Abnehmern mit Beleg- Von der wirtschaftlichen Überlegung her sollen die Beleg- mustern und Produktionsprotokollen auftritt, wird von muster einen möglichst kleinen Umfang haben, da sie einen vornherein besonders geachtet werden und daher eine ent- nicht mehr effektuierbaren Wert haben und ihre Ablage sprechend starke Position einnehmen. Jeder Geschäftspart- Raum kostet. Von der technischen Überlegung her sollen ner wird sich bei der Zusammenarbeit mit diesem Betrieb die Belegmuster emen möglichst großen Umfang haben, da besondere Mühe geben, und die Atmosphäre der Ausspra- sie ftir die gesamte Ware (Lieferung, Partie etc.) repräsenta- chen wird sachlicher. Jede Anfrage läßt sich sofort mit Da- tiv sein sollen. Belegmuster in einem so großen Umfang, daß ten, Mustern und allen notwendigen Angaben stellen bzw. sie nach statistischen Grundsätzen für die gesamte Waren- beantworten. menge repräsentativ sind, sind in den meisten Fällen wirt- Eventuell nach außen zu vergebende Untersuchungen sind schaftlich nicht vertretbar. Umgekehrt sind Belegmuster, zielführender und werden mit einem geringeren Aufwand die aus einer Handvoll Flocke, aus zwei Restkopsen oder eindeutig klare Ergebnisse bringen. Auch die innerbetriebli- aus einem 30 cm langen Rohwarenabschnitt bestehen, tech- chen Auswirkungen, die sich allein schon aus der Kontroll- nisch wertlos. möglichkeit ergeben, sind nicht zu unterschätzen. All diesen Man rnul$ unter Berücksichtigung aller Aspekte einen Kom- Überlegungen steht der Aufwand für die Entnahme und die promiß finden. Beim Suchen diesesKompromisses soll aber Registratur der Belegmuster sowie ftir die Führung der Pro- nicht nur der Kaufmann, sondern auch der Techniker Ein- duktionsprotokolle gegenüber. Bei guter Organisation sollte fluß nehmen. esjedoch gelingen, diesen Aufwand klein zu halten. Eine allgemein gültige Regel für den Umfang von Beleg- Wägt man die Vorteile gegen den Aufwand ab, so wird man proben läßt sich nicht angeben; lediglich einige Hinweise in jedem Betrieb zur Erkenntnis kommen, daß eine Registra- können gegeben werden. Jede Lieferung, jede Verpackungs- tur von Belegmustern und die Führung von Produktions- einheit (Ballen, Kiste, Karton), jede Kettpartie, jede Aus- protokollen eine wertvolle, wirtschaftlich vertretbare Sache nistungs- und Färbepartie sollte als geschlosseneEinheit be- ist. trachtet und als solche bemustert werden. Die Muster sind aus verschiedenen Stellen der Verpackungseinheit und aus verschiedenenStticken einer Partie zu entnehmen. Der Stück- anfang und das Sttickende gelten in den meisten Fällen nicht als reprasentativ. Der ,,Schlag” oder der ,,Diebstreifen” ist daher kein Belegmuster. KORROSIONSSCHUTZ Auf den Belegmustern ist ihre Herkunft und alle anderen W. HÖHNEL KG. wichtigen Daten zu vermerken. Man sollte pro Ballen min- destens 300 g Flocke, pro Garnverpackungseinheit minde- Sandstrahl-, Flammstrahl-, mechanische Entrostung, staubfreies Sandstrahlen mit Vacu-Blast, stens ein bis zwei Kopse und pro Roh- oder Fertigwaren- Naßstrah!en, Schutz- und Industrieanstriche ailer Art, partie mindestens 0,3 70 der Metrage als Belegmuster ent- Behälterauskleidungen mit lösungsmittelfreiem nehmen. Wie lange solche Belegmuster in der Registratur Kunststoff, aufbewahrt werden sollen, ist eine Erfahrungssache jedes Holzschutz, Isolierungen und Streichgummierungen, Metallspritzen von Zink, Aluminium und Aluminium- Betriebes. legierungen, kathodischer Korrosionsschutz, Ein Produktionsprotokoll stellt, so wie die Belegmuster, Klimatisierung zur Trockenlegung von nicht nur eine wertvolle Unterlage bei Reklamationsaustra- sehwitzwasserfeuchten Anlageteilen. gungen dar, sondern auch eine wesentliche Stütze beim 4021 LINZ/DONAU, BISCNOFSTRASSE 5 Nacharbeiten einer Produktion und bei Beratungen und Be- TELEFON 22 1 01, 22 1 02, 28 1 74, FS 02 1469 sprechungen über Verbesserungen in der Fertigung. In dem Produktionsprotokoll sollen alle Daten der eingesetzten Rohstoffe, alle Angaben über die Fertigung (wie Arbeits- ablauf, Maschineneinstellungen, Rezepturen etc.) und die Daten der Zwischenprodukte sowie der Fertigware einge- tragen werden. Wie ein solches Protokoll auf die rationellste Art geführt wird, ist eine Frage der Organisation. Meist wird es genügen,

91 INSERENTENVERZEICHNIS

Seite Seite Badische Anilin- & Soda-Fabrik AG. W. Höhne1 - Korrosionsschutz KG. D-6700 Ludwigshafe.n am Rhein . . . . . 15 4021 Linz/Donau ...... 91

H.F. Baumann GmbH., Mech. Kratzen-Fabrik Höller-Eisen, Inh. Max Löberbauer D-7260 Calw/Württemberg ...... 49 4810 Gmunden ...... 75 Lindemann KG., D-4 Düsseldorf ...... 25 Biochemie Gesellschaft m.b.H., 1081 Wien ...... 19 Loher & Söhne GmbH., Elektromotorenwerke D-8399 Ruhstorf/Rott ...... I 51 Gebr. Böhler & Co., ,4G., Edelstahlwerke W. Neuber KG., Chemische Fabrik 1010 Wien ...... 55 1061 Wien ...... 79 Bühring & Bruckner, 1040 Wien . . . . . 89 Oberösterreichisches Landesreisebüro 4020 Linz/Donau ...... Chemiefaser Lenzing AG., 4860 Lenzing . . . 21 69 Deutscher Spinnereimaschinenbau Ingolstadt österreichische Chemische Werke Ges.m.b.H. D-8040 Ingolstadt/Dsonau ...... 57 1150 Wien ...... 79 Rheinhütte, vorm. Ludwig Beck & Co. Deutsche Steinzeug- ,und Kunststoffwarenfabrik D-6202 Wiesbaden-Biebrich ...... 27 D-6800 Mannheim 7 1 ...... 73 Konrad Rosenbauer KG., 4020 Linz/Donau . . 67 Ebenseer Solvay-Werke, Solvay & Cie., KG. W. Schlafhorst & Co., Maschinenfabrik 1015 Wien ...... 65 D-4050 Mönchengladbach ...... 7 Farbenfabriken Bayer AG. Stockhausen & Cie., Chemische Fabrik D-509 Leverkusen-Bayerwerk ...... 31 D-415 Krefeld ...... 35 Farbwerke Hoechst AG. Textiltechnisches Büro Ing. G. Tschamler D-623 Frankfurt (M.) - Hoechst ...... 61 1191 Wien ...... 83 Glas-Triebel, D-6800 Mannheim-Käfertal . . 11 Unithema Ges.m.b.H., 1110 Wien ...... 47

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