März 2012 Ausgabe 9 17. Legislatur

Rundbrief der baden-württembergischen Südwest Grün Grünen im Seite 1

Liebe Freundinnen und Freunde, Inhalt Seite das Neueste aus eurer Landesgruppe: ein neuer MdB, eine neue stellvertretende Fraktionsvorsitzende, ein Stutt- 2 garter OB-Kandidat und ein Landesgruppen-Büro in Konstanz: Biggi Bender 4 Für Till Seiler ist Ulrich Schneider in den Bundestag nachgerückt. Er stellt sich in diesem Südwestgrün erstmals vor. Um nicht wieder große themati- sche Verschiebungen in der Fraktion auszulösen, hat er freundlicherweise 6 zumindest für diese Legislatur Tills Themen übernommen und ist unser neuer jugendpolitischer Sprecher. wurde in Stuttgart zum Grü- Harald Ebner 8 nen OB-Kandidaten nominiert. Die Landesgruppe wird Fritz nach Kräften unterstützen und wünscht ihm einen klaren Sieg! Da die Aussichten gut sind und Fritz sich mit vollen Kräften dem Wahlkampf widmen will, hat er Ingrid Hönlinger 10 die Leitung des AK1 und damit den stellvertretenden Fraktionsvorsitz ab- gegeben. An seine Stelle ist Kerstin Andreae getreten. Da bleibt nur zu Memet Kilic 12 sagen: Drei mal hoch! Kerstin, Fritz und Ulrich – viel Erfolg in eurer jeweils neuen Aufgabe. Sylvia Kotting-Uhl 14 Das Bundestagsbüro in Till Seilers Wahlkreis Konstanz bleibt vorerst er- halten. Unter der Leitung von Ulrich Schneider, der den Großteil der Fi- Fritz Kuhn 16 nanzierung übernimmt, werden 9 MdBs der Landesgruppe das Büro für das Jahr 2012 weiterführen. So wollen wir zur grünen Präsenz im Süden Beate Müller- 18 Baden-Württembergs trotz größerer Abgeordneten-Dichte im Norden bei- Gemmeke tragen. 20 Eure

Ulrich Schneider 22

KV-Betreuungs- 24 Liste Impressum 25 Kerstin Andreae Sprecherin für Wirtschaftspolitik

Solarstrom: Das falsche Spiel mit den Preisen Seite 2

den letzten Jahren haben sich die Stromkosten in der Photovoltaik mehr als halbiert und sie werden Am 06. März 2012 protestierten 11.000 Menschen auch weiter sinken. Schwarz-Gelb sollte also end- in Berlin gegen die Solarkürzungspläne der Bundes- lich aufhören mit ihrer Lüge vom teuren Solarstrom. regierung. Der Entwurf von Rößler und Röttgen sieht vor, die Vergütungssätze für Solaranlagen um bis zu 30 Prozent zu senken. Die Senkung soll zum Bei dem falschen Spiel mit den Preisen geht es 1. April erfolgen, der zunächst genannte, frühere darum, Kohle und Atom billig zu rechnen und die Termin zum 09. März ist nach massiven Protesten Erneuerbaren teuer. Warum finden wir im Subventi- vom Tisch. onsbericht der Bundesregierung nicht alle Vergüns- tigungen für die fossilen Energien wieder? So fehlen z.B. die kostenlose Zuteilung von CO²-Zertifikaten, Viele betroffenen Unternehmen befürchten den- die Absatzhilfen für heimische Steinkohle, die For- noch tiefe Einschnitte in ihre Auftragsbücher und schungsförderung von Kraftwerkstechnik oder die Umsatzeinbußen. In der Folge wären Arbeitsplätze Steuervergünstigungen bei der Energiesteuer. Wir bedroht und Insolvenzen nicht auszuschließen. brauchen Transparenz im Energiemarkt als Grund- Nicht nur die Zukunft einer erfolgreichen Wirt- voraussetzung für einen fairen Wettbewerb. Der schaftsbranche steht auf dem Spiel, sondern auch Chef der Monopolkommission, Justus Haucap, sag- das Gelingen der Energiewende, die von Schwarz- te unlängst in einem Zeitungsinterview: „Es gibt kei- Gelb im vergangen Jahr beschlossen wurde und nen funktionsfähigen Wettbewerb bei der Energieer- seither von den gleichen Leuten blockiert und aus- zeugung in Deutschland“. Deshalb muss der Strom- gebremst wird. markt kontrolliert und Manipulationen durch Unter- nehmen der Stromwirtschaft unterbunden werden. Aber die Bundesregierung blockiert immer noch die Es geht der Koalition nicht wirklich darum, eine ver- Einrichtung einer dafür notwendigen Markttranspa- meintliche Überförderung der Solarindustrie abzu- renzstelle. stellen und damit für sinkende Verbraucherpreise zu sorgen. Denn das läuft ins Leere: Nicht die deut- schen oder chinesischen Modulhersteller und auch Die deutsche Solarwirtschaft steht doppelt unter nicht das EEG sind die Stromtreiber, sondern die Druck. Neben einer verfehlten Energiepolitik seitens schwarz-gelbe Klientelpolitik. Bundeswirtschaftsmi- Schwarz-Gelb müssen sie auch noch mit einer star- nister Rößler hat ausgerechnet der energieintensi- ken Konkurrenz aus Asien, insbesondere aus China ven Industrie 3 Mrd. Euro an neuen Stromsubventi- kämpfen, die den Markt mit Modulen überschwem- onen verschafft. So sind diese von Netznutzungs- men, die sie dank staatlicher Subventionen unter entgelten befreit und zudem hat er die Zahl der Be- den Produktionskosten anbieten können. China ist triebe, die gänzlich von der EEG-Umlage befreit aber nicht unser Feind und wenn sich ein so großes sind, mal eben verzehnfacht. Diese Kosten müssen nun von uns allen mit bezahlt werden. Dank EEG und Innovationssprüngen bei den Erneuerbaren in Südwest Grün März 2012

Kerstin Andreae Wahlkreisbüro Freiburg Sprecherin für Wirtschaftspolitik Haslacher Str. 61 Mitglied Ausschuss für Wirtschaft und Technologie 79115 Freiburg Platz der Republik 1 Tel. 0761 / 8886713 11011 Berlin Fax 0761 / 8886714 Tel. 030 / 227–71480 [email protected] Fax 030 / 227- 76481 www.kerstin-andreae.de [email protected]

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Wachstumsland für Solarenergie interessiert, dann tovoltaik unter die Arme greifen. Diese Gelder wä- ist das zunächst ein gutes Zeichen. Selbst wenn alle ren gut eingesetzt, weil Sie künftig für mehr Ener- Solarmodule ab sofort in China gebaut werden wür- giesicherheit und stabile Energiepreise führen kön- den, käme 50% der Wertschöpfung von deutschen nen. Unternehmen. Solar, das sind eben auch Wechsel- richter, Montagemanagement, Planung und Vertrieb und hier spielen deutsche Unternehmen ganz vorne Noch ist der Stromkahlschlag nicht beschlossen, mit. Unfairer Wettbewerb muss juristisch bekämpft wir werden im weiteren parlamentarischen Verfah- werden und nicht ohne Grund beschäftigen sich ja ren für eine Kürzung der Solarvergütung mit Au- auch internationale Gerichte in Sachen Antidumping genmaß und ohne Abwürgen der deutschen Solar- damit. Dennoch bleibt die berechtigte Forderung wirtschaft kämpfen. Auch der Bundesrat wird sich nach einer offensiven Industriepolitik für die deut- mit der Novelle befassen. Voraussichtlich am 11. sche Solarwirtschaft durch die Bundesregierung. Mai wird er darüber entscheiden, den Vermitt- Wir Grüne werden Vorschläge dazu erarbeiten, die lungsausschuss anzurufen. Der Widerstand der ohne protektionistische Maßnahmen auskommen. grün- roten Länder gegen die schwarz-gelbe EEG- Unser Fachgespräch am 2. März in Berlin und wei- Novelle ist gewiss. Ob es noch zu substanziellen tere, die wir intern bereits durchgeführt haben, bil- Veränderungen kommt, hängt ganz wesentlich von den die Grundlage dazu. den unionsgeführten Ländern ab. Seehofer in Bay- ern und Haseloff in Sachsen-Anhalt haben ja be-

reits lautstark protestiert. Jetzt müssen sie ihrer Ein Weg aus der Krise lautet Innovation. Deutsche verbalen Kritik auch Taten folgen lassen. Unternehmen müssen auch künftig besser sein als ihre Konkurrenz. Gerade die Photovoltaik bietet im- mer noch enormes Entwicklungspotential. Forscher erwarten, dass sich der Wirkungsgrad für Solarzel- len von heute durchschnittlich 15 Prozent auf mehr als 20 Prozent steigern lässt. Zudem können die Kosten für Wechselrichter, Trägersysteme und Ver- kabelung durch technische Fortschritte und den Ausbau der Massenfertigung bis 2013 um 20 Pro- zent fallen. Dazu müssen allerdings die politischen Rahmenbedingungen stimmen. Und der Zickzack- Kurs der Bundesregierung trägt sicher nicht dazu bei, dass unsere Wirtschaft mehr Investitions- und Planungssicherheit bekommt. Wir brauchen viel- mehr eine bessere und zielgerichtete Förderpolitik. Dazu müssen wir die mittelständische Wirtschaft mit zinsgünstigen Krediten z.B. aus einem KfW- Sonderprogramm oder der Innovationsallianz Pho- Südwest Grün März 2012 Biggi Bender Sprecherin für Gesundheitspolitik

Grüne Pflegebürgerversicherung und Neufassung der Organspende-Regelung Seite 4

Schwarz-Gelb streitet um Überschüsse gen, z. B. bei den Leistungen für Demenzkranke. Vor einer Strukturreform müsste zunächst die Neuorientie- Die Überschüsse von aktuell 10 Milliarden Euro bei rung des Leistungsrechts stehen (Reform des Pflege- den Krankenkassen und 9,5 Milliarden Euro im Ge- bedüftigkeitsbegriffs). Doch die Regierung schiebt dies sundheitsfonds wecken große politische Begehrlich- seit Amtsantritt 2009 auf die lange Bank, ein Trauer- keiten. Doch in der Diskussion wird unterschlagen, spiel. Zur Krönung will die Regierung nun mit der dass die Regierung selbst für die Überschüsse verant- staatlichen Förderung privater Pflege- wortlich ist. Der von ihr gewollte Preiswettbewerb der Zusatzversicherungen die private Versicherungsbran- Kassen mit Hilfe eines allein von den Versicherten zu che beschenken. Das ist Klientelpolitik, wie die Sub- zahlenden Zusatzbeitrags ist vorerst gescheitert. Denn ventionierung der Hoteliers. Statt Privatisierung wollen die Kassen vermeiden sowohl das Ausschütten von wir verbesserte Leistungen im Solidarsystem. aktuellen Beitragsüberschüssen als auch Investitionen in die gesundheitliche Versorgung, um massenhafte Grüne Pflegebürgerversicherung behebt Kündigungen wegen später erforderlichen Zusatzbei- Gerechtigkeits- und Finanzierungslücken trägen zu vermeiden. Der nun geplante Zugriff der Ko- alition auf einen Teil der Überschüsse wird die Wahr- Mehr statt weniger Solidarität muss das Ziel heißen, scheinlichkeit von Zusatzbeiträgen nach der Bundes- so wie es unser Modell einer grünen Pflegebürgerver- tagswahl erhöhen. Mit der grünen Bürgerversicherung sicherung vorsieht. Gutachterlich bestätigt führt sie zu möchten wir stattdessen die verkorkste Finanzierungs- einer langfristig sicheren und höchst wirtschaftlichen systematik grundlegend ändern: Den sozial ungerech- Finanzierung der Pflege. Selbst nach Ausweitung der ten Zusatzbeitrag werden wir wieder abschaffen und Leistungen durch Reform des Pflegebedürftigkeitsbeg- die Kassen wieder selbst über die (paritätischen) Bei- riffs wäre der Beitragssatz konstant niedriger als in der träge entscheiden lassen – unnötig hohe Beitragssät- Sozialen Pflegeversicherung nach heutigem Muster. ze wären dann kein Thema mehr. Die Praxisgebühr Im Zentrum stehen folgende Punkte: kann angesichts der aktuellen Überschüsse bereits - Sie versichert die gesamte Bevölkerung. Einbezogen kurzfristig abgeschafft werden. Das ist auch sozialpoli- werden auch die bisher in der privaten Pflegeversiche- tisch geboten, da sie keine positiven Steuerungswir- rung versicherten BürgerInnen. kungen entfaltet und sozial Benachteiligte von medizi- nisch notwendigen Arztbesuchen abhält. Die Gegenfi- - Die Beiträge sind auf alle Einkommensarten zu zah- nanzierung der Mindereinnahmen von knapp zwei Mil- len, also z. B. auch auf Mieteinnahmen, Zins- und Akti- liarden Euro pro Jahr erfolgt mittelfristig problemlos engewinne. Auch höhere Einkommen werden belastet über die Bürgerversicherung. (Einkommen bis zu 5.500 Euro monatlich). Schwarz-Gelb verteilt Trostpflaster - Kinder bleiben beitragsfrei. Ehegatten/Lebenspartner sind nur dann beitragsfrei, wenn sie Kinder erziehen Auch bei der Pflegereform erweist sich die Regierung oder Pflegeleistungen erbringen. Unterschiedlich hohe als planlos, wie der Referentenentwurf für ein „Pflege- Beiträge werden vor der Verbeitragung rechnerisch Neuausrichtungsgesetz“ zeigt. Sie scheut sich vor den gleichmäßig verteilt. Mehrausgaben für notwendige Leistungsverbesserun- gen und verteilt nur einzelne marginale Verbesserun- Südwest Grün März 2012

Biggi Bender Wahlkreisbüro Stuttgart Sprecherin für Gesundheitspolitik Hauptstätter Str. 57 Mitglied Ausschuss für Gesundheit 70178 Stuttgart Platz der Republik 1 Tel. 0711 / 26346177 11011 Berlin Fax 0711 / 6151725 Tel. 030 / 227–71667 [email protected] Fax 030 / 227–76667 www.biggi-bender.de [email protected]

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Von der zunächst geplanten Demografiereserve neh- bleibt als Alternative bestehen. men wir wieder Abstand, denn es müsste ein Kapital- Der Gruppenantrag ist in weiten Teilen unterstützens- stock von 230 Milliarden Euro aufgebaut werden, der wert, weshalb er von vielen Grünen auch mitgezeich- hohen Kapitalmarktrisiken sowie politischen Begehr- net wird. In den Verhandlungen konnten wir wichtige lichkeiten ausgesetzt wäre. Aspekte durchsetzen, das betrifft vor allem die Bewah- Die grüne Pflegebürgerversicherung beendet die Un- rung der absoluten Freiwilligkeit der Abgabe einer Or- gleichbehandlung verschiedener und verschieden ver- ganspendeerklärung sowie die Pflicht, ergebnisoffen teilter Einkommen. Einkommensschwächere Haushal- über die Organspende aufzuklären. Wir haben verhin- te werden zu Lasten der einkommensstärkeren Haus- dert, dass es ein zentrales Register gibt und dass halte entlastet. Das sind starke Argumente. Menschen, die sich nicht entscheiden, medizinische oder andere Nachteile erleiden. Das ist ein Erfolg. Organspende Große Bauchschmerzen bereitet uns allerdings ein Die Vorsitzenden der fünf Bundestagsfraktionen einig- Schreibrecht der Krankenkassen auf der elektroni- ten sich Anfang März auf die Kerninhalte für einen schen Gesundheitskarte (eCard). Wenn die Kassen Gruppenantrag zur Verankerung der sog. die Organspendeerklärungen dort ablegen und lö- „Entscheidungslösung“ im Transplantationsgesetz. Wir schen können, weicht dies die bisher sehr strengen Grüne hoffen, dass sich so möglichst viele Menschen und vorbildlichen Datenschutzstandards der Karte mit der Thematik der Organspende auseinandersetzen spürbar auf, was kontraproduktiv ist für das Vertrauen und zu einer informierten und selbstbestimmten Ent- in die Organspende wie in die eCard. Weil wir die an- scheidung kommen. deren Fraktionen hiervon jedoch nicht überzeugen Zentrale Regelungsinhalte des Gesetzentwurfes sind: konnten, haben wir einen Änderungsantrag formuliert, mit der wir das Zugriffsrecht der Kassen wieder her- - Die erweiterte Zustimmungslösung wird in eine Ent- ausboxen möchten. Wir müssen uns darüber klar sein, scheidungslösung umgewandelt: Alle BürgerInnen ab dass auch bei einer vermehrten Zahl von Organspen- 16 Jahren werden künftig regelmäßig schriftlich von derausweisen der „Bedarf“ an Organen für PatientIn- ihrer Krankenkasse bzw. privaten Krankenversiche- nen nicht zu befriedigen ist, denn es sterben jährlich rung aufgefordert, eine Entscheidung zur Organspen- nur wenige Tausend Menschen auf dem Umweg über de abzugeben, die auch lauten kann, sich (noch) nicht den sog. „Hirntod“, und die Entscheidung für eine palli- entscheiden zu können. ative Behandlung am Lebensende macht eine Organ- - Die Krankenkasse/das private Krankenversiche- spende technisch unmöglich. Umso wichtiger sind Ver- rungsunternehmen stellt den Versicherten Informati- änderungen in der Klinikorganisation, u.a. die Einrich- onsmaterial zur Organ- und Gewebespende ein- tung von Transplantationsbeauftragten, damit die tat- schließlich eines Organspendeausweises zur Verfü- sächlich möglichen Organspenden in der Praxis auch gung. Später, wenn die technischen und datenschutz- realisiert werden können. rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, sollen die Er- klärungen zur Organ- und Gewebespende mit „Unterstützung der Krankenkassen“ freiwillig auf der elektronischen Gesundheitskarte (eCard) dokumentiert Südwest Grün März 2012 werden. Die Möglichkeit einer Erklärung auf Papier Agnieszka Brugger

Sprecherin für Abrüstungspolitik

Kein Militärschlag gegen Iran – den Dialog suchen Seite 6

Das iranische Atomprogramm und insbesondere die Zer-schlagung des iranischen Atomprogramms, be- aktuelle Diskussion darü-ber beschäftigen mich als vor essentielle Bereiche durch eine Verlegung unter abrüstungspolitische Sprecherin der grünen Bundes die Erde geschützt seien. Das republikanische La- -tagsfraktion seit meinem Einzug in den Bundestag. ger be-drängt im US-Wahlkampf Präsident Obama und dessen Regierung, die bisher noch mit Bedacht Zuerst und ohne Zweifel gilt es festzuhalten: Das auf die zunehmende Kriegsrhetorik reagiert. Ein Mi- iranische Atomprogramm gibt allen Grund zur Sor- litärschlag gegen den Iran könnte eine unüber- ge. Das Regime in Teheran verfügt inzwischen über schaubare Gewalt- und Destabilisierungsspi-rale in Vorräte an angereichertem Uran, zwei große Anrei- der gesamten Region ankurbeln und steht damit cherungsanlagen und mehr als 6000 Zentrifugen. eigentlich auch den Si-cherheitsinteresse Israels Dabei hat Iran inzwischen die Anreicherung auf diametral entgegen. Außerdem könnten solche Dro- 20% vorangetrie-ben und Brennstäbe aus eigener hungen gerade die Stimmen im Iran stärken, die Produktion medienwirksam inszeniert. Der Iran darf sich für eine Atombombe ein-setzen. Deutschland weder in den Besitz noch zur Fähigkeit zum Bau und Europa müssen sich daher dringender denn je von Atomwaffen ge-langen. Für uns Grüne ist be- vermit-telnd dafür einsetzen, dass sich der Iran und reits die zivile Nutzung der Atomenergie nicht ver- die E3+3 (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, antwortbar. Atomwaffen aber sind eine unmenschli- USA, China und Russland) wieder an den Verhand- che Waffe und nach dem Völkerrecht zu verbieten. lungstisch setzen. Dies wird nicht mit weiteren Schon die Frage nach der Existenz eines iranischen Sanktionsdrohungen funktionieren. Mit dem Ölem- Atomwaffenprogramms gefährdet die Stabilität und bargo ist dieses Instrument weitestgehend ausge- fördert die Aufrüstung in der Region. Zweifel über schöpft. Die Wir-kung dieser Sanktionen kann mit den zivilen Charakter des iranischen Atompro- Blick auf die damit beabsichtigte Verhaltens- gramms müssen daher von iranischer Seite drin- änderung seitens des Irans zumindest in Frage ge- gend und zweifelsfrei widerlegt werden. Zur Lösung stellt werden. Bisher konnten sie eine Weiterent- des Atomkonflikts muss ein Weg des echten Dia- wicklung des Atomprogramms nicht verhindern und logs eingeschlagen werden. treffen immer stärker die Zivilbevölkerung. Diese nüchterne Feststellung darf aller-dings kein Plädoy- er dafür sein, das iranische Regime für sein brutales Die Lage ist sehr angespannt – kluge Vorgehen nach innen und aggressives Auftreten und feinfühlige Politik ist gefragt nach außen aus der Verantwortung und Kritik zu nehmen. Sowohl die problematische Menschen- Die Strategie, der letzten Monate, die den Verhand- rechtslage im Land, die zahlreichen Hinrichtungen lungspfad immer mehr ver-lassen und immer einsei- und Repressionen gegen die Bevölkerung, als auch tiger auf Sanktionen gesetzt hat, führt in eine Sack- die inakzeptablen Drohungen gegen Israel und gasse. In den letzten Wochen hat sich die Situation massive Unterstützung von nichtstaatlichen Gewalt- gefährlich zugespitzt. Ein Teil der aktuellen israeli- akteuren wie Hisbollah und Hamas sind auf das schen Regierung droht dem Iran offen mit einem Schärf-ste zu verurteilen. In bestimmten Fällen kann Mili-tärschlag. Befürworter eines Militärangriffs erhö- hen den Druck und zeichnen ein kleines, nur wenige Monate reichendes Zeitfenster für eine militärische

Agnieszka Malczak Wahlkreisbüro Ravensburg Sprecherin für Abrüstungspolitik Kornhausgasse 3 Mitglied Verteidigungsausschuss 88212 Ravensburg Platz der Republik 1 Tel. 0751-3593966 11011 Berlin [email protected] Tel. 030 / 227- 71570 www.agnieszka-brugger.de Fax 030 / 227- 76195 [email protected]

Seite 7 der Einsatz gezielter Sanktionen den richtigen politi- Höchste Zeit für glaubwürdige schen Druck erzeugen. Als Instrument zur Lösung Gespräche des Atom-konfliktes im Iran hilft der Ruf nach ver- schärften Sanktionen gerade jedoch nicht. Auch die Kriegsdrohungen und Maximalforderungen führen Verknüpfung von Gesprächen mit Maximalforderun- nicht weiter. Alle Seiten müssen jetzt glaubwürdig gen ist kont-raproduktiv. Dagegen bedarf es von Gesprächsbereitschaft signalisieren und wo immer beiden Seiten einer glaubwürdigen Ver- möglich Kommunikationsforen erschließen und in handlungsbereitschaft über vertrauensbildende einen Dialog treten. Der Iran muss seine Drohungen Maßnahmen. Dabei ist eine kluge Politik mit viel gegen Israel und regionale Nachbarn beenden und Fingerspitzengefühl gefragt. Denn gegenseitiges sich ebenso zum Frieden in der Region bekennen. Miss-trauen und Unsicherheit über die jeweiligen In der Nuklearfrage müssen beide Seiten glaubwür- Absichten sind derzeit die größten Hürden für eine dig Bereitschaft zeigen, Zugeständnisse zu machen. konstruktive Lösung des Atomkonfliktes. Dies bein-haltet die Anerkennung des iranischen Rechts auf Anreicherung für zivile Zwe-cke im Ge- genzug zu einer vollständigen Überwachung aller Unsicherheit und Misstrauen behindern nuklearen Aktivitä-ten im Land durch die IAEA und eine konstruktive Lösung Ratifizierung des Zusatzprotokolls zum Atom- waffensperrvertrag durch den Iran. Bestehende Ver- In westlichen Medien spielt seit langem die Spekula- dachtsmomente über ein militärisches Atomwaffen- tion darüber, wann der Iran in der Lage sein wird, programm müssen aufgeklärt werden. Hierfür muss die Bombe zu bauen eine zentrale Rolle. Die Ein- der Westen die Erfüllung der Verpflichtungen aus schätzun-gen darüber variieren seit Jahren enorm dem Atomwaffensperrver-trag entsprechend aner- und widersprechen sich auch teil-weise. Der Iran kennen und Iran Sicherheitsgarantien geben. Die spricht dagegen von doppelten Standards, beteuert mit dem Atomprogramm begründeten Sanktionen die zivile Ausrichtung des Programms und verweist müssen bei zunehmender Koo-peration schrittweise auf sein im Atomwaffensperrvertrag verbrieftes gelockert werden. Auch außerhalb des virulenten Recht auf die zivile Nutzung der Nukleartechnolo- Atom-konflikts müssen alle Dialogforen zur Ent- gie. Der Westen aber ist davon überzeugt, dass der spannung des Konflikts genutzt wer-den. Eine Teil- Iran der Option zum Bau von Atomwaffen immer nahme Irans und Israels an der für 2012 geplanten näher kommt und fürchtet nicht zu Unrecht um den Konferenz zum Aufbau einer Massenvernichtungs- Frieden und die Si-cherheit Israels. Ein hohes Maß waffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten an Misstrauen auf beiden Seiten fördert die ge- wäre hierzu ein wichtiges Zeichen zur Vertrauensbil- genseitige Wahrnehmung feindlicher Absichten. dung. Auch wenn eine baldige Verwirklichung einer Dies ist berechtigt und muss auch unbedingt ernst solchen Zone derzeit leider nicht in Aussicht steht, genommen werden. Genau deshalb aber führt der könnten solche Gespräche zum friedlichen Konflikt- Aus-weg aus der Eskalation nur über vertrauensbil- management und zur Entschärfung des Atomkon- dende Maßnahmen und mehr Transparenz. flikts beitragen und den Grundstein für eine neue Sicherheitsarchitektur in der Region legen.

Harald Ebner Sprecher für Agrogentechnik

Ökolandbau statt Gentechnik für die Welternährung Seite 8

Im Bereich Agro-Gentechnik hat sich einiges getan Pflanzen gibt. Und auch der sechstgrößte Saatgut- in letzter Zeit. Das Bundesverwaltungsgericht hat im Konzern der Welt, die KWS Saat AG, will keine Februar in einem wichtigen Urteil das Prinzip der Gentech-Freisetzungsversuche mehr in Deutsch- Nulltoleranz gegenüber gentechnischen Verunreini- land durchführen. Für den regulären Anbau sind gungen im Saatgut bekräftigt. Auf EU-Ebene ist ein hierzulande derzeit ohnehin keine Gentech- Vorschlag Dänemarks zu nationalen Gentech- Pflanzen zugelassen, so dass Deutschland zur Zeit Anbauverboten vorerst gescheitert. Durch diesen weitestgehend frei ist von gentechnisch veränderten wäre faktisch die Zulassung von Gentech-Pflanzen Gewächsen. Das bedeutet aber leider nicht, dass beschleunigt worden, ohne echte Verbesserungen wir uns entspannt zurücklehnen können - im Gegen- bei der Rechtssicherheit nationaler Anbauverbote teil. Konzerne, Teile der Politik und Lobbyisten be- oder für die Risikobewertung im Rahmen der EU- klagen ihre „Vertreibung“ lautstark und betonen ein- Zulassungsverfahren zu bekommen. Außerdem wä- mal mehr die Bedeutung der Gentechnik für die ren damit die Gentech-Konzerne zu gleichrangigen Welternährung. Doch dafür gibt es nach wie vor kei- Verhandlungspartnern der einzelnen Staaten aufge- nerlei Belege: die Auswirkungen etwa des GVO- wertet worden. Röttgen und Aigner haben zwar rich- Soja-Anbaus in Südamerika gehen zu Lasten der tigerweise gegen diesen Vorschlag gestimmt, aller- Selbstversorgung der einheimischen Kleinbauern. dings mit der falschen Begründung. Wir wollen Ihnen wird das Land genommen, außerdem leiden rechtssichere nationale Anbauverbote für Gen- ihre Ernten und sie selbst unter der Abdrift der beim Pflanzen, aber nicht gegen einen schmutzigen GVO-Soja-Anbau massiv eingesetzten Pestizide. „Deal“ bei den Zulassungen. Beeindruckend illustriert wird das im neuen Doku- mentarfilm „Raising Resistance“ (Kinostart im Mai).

Gentech auf dem Rückzug? Bundesregierung macht den Guttenberg Überhaupt fährt die Bundesregierung bei der Agro- Gentechnik weiter einen widersprüchlichen Zick- Wir haben die Bundesregierung in einer Kleinen An- zack-Kurs, indem sie etwa das deutsche MON810- frage nach wissenschaftlichen Belegen für die Be- Anbauverbot hochhält, aber auf EU-Ebene nichts hauptung gefragt, dass Gentechnik einen Beitrag gegen die Neu-Zulassung dieses Gen-Maises unter- zur Lösung des Welternährungsproblems leisten nimmt, genauso wenig wie gegen Importzulassun- könne. Die Antwort (Drs.-Nr. 17/8819) ist entlar- gen für immer neue Gensoja- und Maissorten als vend: Die Bundesregierung zitiert darin eine Reihe Futtermittel. Besonders dreist ist die CSU, wenn ihr „wissenschaftlicher“ Studien, die diese These stüt- bayerischer Landwirtschaftsminister Brunner auf die zen sollen. Die Mehrzahl dieser Studien stammt al- Suche nach gentechnikfreiem Soja geht, während lerdings entweder aus Lobbyistenkreisen – oder ist seine Bundestagskollegen die Gentechnik weiterhin sogar komplett falsch interpretiert. So spricht die fördern wollen. Bundesregierung etwa von einem erfolgreichen Pro- jekt mit Gentech-Pflanzen in Mali – die Studie dazu Die BASF hat Anfang des Jahres angekündigt, ihre gesamte Agro-Gentechnik-Abteilung in die USA zu verlegen, weil es in Europa keinen Markt für Gen- Südwest Grün März 2012

Harald Ebner Wahlkreisbüro Sprecher für Agrogentechnik, Mitglied Ausschuss Gelbinger Gasse 87 Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz 74523 Schwäbisch Hall Platz der Republik 1 Tel. 0791 / 97 82 37 31 11011 Berlin Fax 0791 / 97 82 37 33 Tel. 030 / 227- 73025 [email protected] Fax 030 / 227- 76025 www.harald-ebner.de [email protected]

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ist aber bloß eine Modellrechnung, ein Anbau hat dern soll. Hauptverbraucher landwirtschaftlicher Flä- nie stattgefunden. Diese unhaltbare Antwort liegt chen sind aber die Eingriffe und eben nicht die ver- wissenschaftlich noch weit unter Guttenberg-Niveau gleichsweise kleinen Ausgleichsflächen, die trotz und zeigt auch, wie wenig ernst die Bundesregie- Flächenverbrauch und Zerschneidung die Ökosys- rung das zentrale Thema Welternährung nimmt. teme funktionsfähig halten sollen. Diese wichtige „Eingriffsregelung“ im Naturschutzgesetz macht Ein aktueller Bericht (Drs.-Nr. 17/6026) des Büros bundesweit weniger als ein Prozent des Verbrauchs für Technikfolgeabschätzung im Deutschen Bundes- von Ackerfläche aus, ist dringend notwendig und tag (TAB) zum Thema Welternährung kommt dage- kann nicht zur Disposition gestellt werden. Trotz sei- gen zu dem Ergebnis, dass kleinbäuerliche biologi- ner sonstigen Vorteile ist auch der Ökolandbau nicht sche Landwirtschaft die entscheidenden Antworten als Ausgleich für Eingriffe in die Natur geeignet. Das auf die Welternährungsprobleme geben kann – und sollten wir auch den Bäuerinnen und Bauern vor Ort eben nicht die weitere Industrialisierung der Land- klarmachen. So können wir uns gemeinsam mit der wirtschaft oder gar die Agro-Gentechnik. Union und Landwirtschaft für das dringend notwendige Augen- FDP ignorieren die Erkenntnisse dieses unabhängi- maß bei überdimensionierten flächenfressenden gen wissenschaftlichen Berichts ganz offensichtlich Projekten einsetzen. vorsätzlich, wie in den Ausschussberatungen deut- lich wurde. Dabei bestätigt der TAB-Bericht ein wei- Ein Thema, bei dem wir mit dem Bauernverband teres Mal wesentliche Ergebnisse des Weltagrarbe- grundsätzlich an einem Strang ziehen, sind unsere richts, der ebenfalls auf integrierte agroökologische Aktivitäten gegen Biopatente. Hier haben wir es im und kleinbäuerliche Anbauformen zur Lösung des Februar nach jahrelangem Hin und Her endlich ge- Welternährungsproblems setzt – genauso wie Oli- schafft, einen fraktionsübergreifenden Antrag gegen vier de Schutter, UN-Sonderberichterstatter für das Biopatente ohne Gegenstimmen im Bundestag zu Recht auf Nahrung. verabschieden. Dabei geht es darum, das traditio- nelle „Open-Source-System der Landwirtschaft“ zu

erhalten und Patente auf Leben auch in Zukunft zu Mit Bauern gegen Flächenverbrauch und verhindern. Jetzt ist die Bunderegierung am Zug, Biopatente die nötigen Regelungen auf nationaler und auf EU- Ebene voranzubringen. Auch hier werden wir weiter Flächenverbrauch und Flächenkonkurrenz spielen am Ball bleiben, damit die Rechte von Züchtern und beim Thema Welternährung eine wichtige Rolle – Landwirten gewahrt bleiben und die Lebensmittel- aber nicht nur dort. Auch die Bauern in Deutschland produktion nicht eines Tages abhängig von wenigen merken, dass ungebremstes Wachstum um jeden Konzernen wird. Preis auf ihre Kosten geht. Der Deutsche Bauern- verband (DBV) hat jetzt eine Kampagne gegen den „Flächenfraß“ gestartet. Das klingt zunächst gut, jedoch lohnt ein zweiter Blick: denn statt die flä- chenfressenden Eingriffe durch Siedlung, Gewerbe und Verkehr anzuprangern, greift er vor allem den Naturschutzausgleich an, der diese Eingriffe abmil- Südwest Grün März 2012 Ingrid Hönlinger Sprecherin für Demokratiepolitik

Schutz von Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern stärken Seite 10

Missstände in Unternehmen oder Institutionen wer- Situation in anderen Staaten und den in vielen Fällen erst durch Hinweise einzelner internationale Verpflichtungen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bekannt. Oft be- steht ein großes öffentliches Interesse an der Auf- In anderen Staaten, z.B. in Großbritannien oder den klärung dieser Missstände. Skandale, z.B. im Pfle- USA , gibt es bereits Schutzvorschriften für Perso- gebereich oder in der Produktion von Lebensmitteln, nen, die Missstände öffentlich machen. Auch auf können von Personen aufgedeckt werden, die aus internationaler Ebene wird der Schutz von dem internen Kreis von Mitarbeiterinnen und Mitar- Whistleblowern gefordert: In dem Antikorruptions- beitern kommen. Aber gerade diesen Personen Aktionsplan der G 20-Staaten von November 2010 (sogenannte Whistleblower) drohen häufig arbeits- hat sich auch die Bundesregierung zum Schutz von und dienstrechtliche Konsequenzen: Hinweisgeberinnen und Hinweisgebern bekannt. Sie Ein LKW-Fahrer informierte die Polizei über den hat angekündigt, sie werde „bis Ende 2012 Regeln Transport von verdorbenen Fleischabfällen und zum Whistleblower-Schutz erlassen und umsetzen“. brachte damit den Gammelfleisch-Skandal an die Im Sommer 2011 hat auch der Europäische Ge- Öffentlichkeit. Er wurde mit der „Goldenen Plakette“ richtshofs für Menschenrechte in Straßburg in sei- des damaligen Bundesverbraucherministers ausge- nem Urteil im Fall Brigitte Heinisch klar aufgezeigt, zeichnet. Bei der Arbeit wurde er allerdings ge- dass dringender Handlungsbedarf besteht: Die Ber- mobbt und schließlich wurde ihm gekündigt. Als Me- liner Altenpflegerin Brigitte Heinisch wurde von ih- dien ab 2000 und vermehrt 2005/2006 Hinweise auf rem Arbeitgeber gekündigt, nachdem sie wesentli- geplante Massenentlassungen bei der Deutschen che Missstände in der pflegerischen Versorgung Telekom AG und deren Tochter T-Mobile infolge angeprangert hatte. Erfolglos hatte sie versucht, in deren finanzieller Misere erhielten, ließen die Unter- Deutschland gerichtlich gegen die Kündigung vorzu- nehmen auf der Suche nach den Hinweisgebern gehen. Erst beim Europäischen Gerichtshof für Aufsichtsräte, ein Vorstandsmitglied, Betriebsrats- Menschenrechte bekam sie Recht. Deutschland mitglieder und deren Angehörige, Verdi-Funktionäre wurde wegen der Verletzung der Meinungsfreiheit und Journalisten durch mehrere private Sicherheits- verurteilt. unternehmen ausspähen und hundertausende ille- gal beschaffte TK-Verbindungsdaten auswerten (vgl. Spiegel 26.5.2008; Tagesschau 1.6.2008). Untätigkeit der Bundesregierung Diese Beispielsfälle zeigen: Hier besteht für Mitar- Mit unserer kleinen Anfrage am 2.9.2011 (17/6902 beiterinnen und Mitarbeiter ein Gewissenskonflikt. vom 2.9.2011) wollten wir wissen, was die Regie- Einerseits möchten sie erreichen, dass Probleme, rung in dieser wichtigen Arbeitnehmerfrage plant. die an ihrer Arbeitsstelle bestehen, abgestellt wer- Die Antwort der Bundesregierung war völlig unbe- den; andererseits befürchten sie arbeitsrechtliche friedigend. Sie verwies pauschal auf eine internatio- Konsequenzen, im schlimmsten Fall die Beendi- nale Arbeitsgruppe der G-20 Staaten. Hierbei bleibt gung ihres Beschäftigtenverhältnisses. Diesen Kon- flikt wollen wir durch eine gesetzliche Regelung des Whistleblower-Schutzes auflösen. Südwest Grün März 2012

Ingrid Hönlinger Wahlkreisbüro Ludwigsburg Sprecherin für Demokratiepolitik Marktplatz 2 Mitglied Rechtsausschuss 71634 Ludwigsburg Platz der Republik 1 Tel. 07141 / 6887885 11011 Berlin Fax 07141 / 6887881 Tel. 030 / 227- 73064 [email protected] Fax 030 / 227- 76064 [email protected] www.ingrid-hoenlinger.de

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völlig offen, wie diese Arbeitsgruppe konkret dazu ter www.gruener-gesetzentwurf.de und außerdem beitragen könnte, den Schutz von Hinweisgeberin- auf den Seiten des juristischen Fachverlags C.H. nen und Hinweisgebern in das deutsche Recht zu Beck, der Beck Community, unter integrieren. Die Regierung wollte sich nicht einmal www.community.beck.de. auf einen Zeitplan festlegen.

Fachgespräch im Bundestag Grüne stellen ersten Gesetzentwurf vor Großes Interesse fand auch unser Fachgespräch Als erste Bundestagsfraktion haben wir Grünen be- Ende November 2011. Hier haben Fachleute aus reits im vergangenen Jahr konkret auf das beste- Wissenschaft, Verbänden und Praxis, aber auch hende Schutzbedürfnis reagiert und eine Gesetzes- Betroffene unseren Gesetzentwurf kritisch überprüft: vorlage zur Verbesserung des Schutzes von Hin- Zum Link: Fachgespräch_Whistleblowing weisgeberinnen und Hinweisgebern der Öffentlich- Der überwiegende Teil der Sachverständigen hat keit zur Diskussion vorgelegt. In unserem Grünen betont, dass ein solches Gesetz aus Gründen der Gesetzentwurf sollen neben den Arbeitnehmern und Transparenz und Rechtssicherheit notwendig sei. Arbeitnehmerinnen auch Beamtinnen und Beamte Nur die Arbeitgeberverbände lehnten eine Geset- geschützt werden. Wir wollen einen umfassenderen zesinitiative ab. Rechtsgüterschutz ermöglichen, das heißt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen erlaubt ist, be- triebsinterne Informationen nach außen zu geben, wenn die Lebensqualität, die Gesundheit von Men- Die nächsten Schritte schen, Persönlichkeitsrechte, die Umwelt oder die Zur Zeit überarbeiten wir den Gesetzentwurf. Dabei Stabilität des Finanzsystems gefährdet sind. greifen wir vor allem auch Anregungen aus der öf- Nach unserem Gesetzentwurf können sich Hinweis- fentlichen Diskussion auf. Wir wollen diese neuen geber und Hinweisgeberinnen zuerst an den Arbeit- Regelungen möglichst schnell in das Bürgerliche geber bzw. die Arbeitgeberin oder eine vertrauliche Gesetzbuch, in das Bundesbeamtengesetz und das interne Stelle wenden. In bestimmten schwerwie- Beamtenstatusgesetz und bei Bedarf auch in weite- genden Fällen soll es auch zulässig sein, sich direkt re Gesetze einfügen. an eine zuständige externe Stelle zu wenden. In ganz besonders extremen Fällen können Whistleblower direkt an die Öffentlichkeit gehen. Mit diesem gestuften Verfahren wollen wir Missstände zum Schutz der Beschäftigten und der Öffentlichkeit aufdecken, aber auch die Interessen von Arbeitneh- merinnen und Arbeitnehmern sowie Arbeitgeberin- nen und Arbeitgebern ausgewogen berücksichtigen. Von November 2011 bis März 2012 wurde der Ent- wurf mit reger Beteiligung im Internet diskutiert, un- Südwest Grün März 2012 Memet Kilic Sprecher für Migrations- und Integrationspolitik Sprecher für Bürgeranliegen

Interessantes aus dem Innenausschuss Seite 12

Liebe Leserinnen und Leser, nisters. Er sei mit der Bekämpfung des Rechtsex- tremismus überfordert. Ich habe nicht seinen Rück- in dieser Ausgabe möchte ich Euch zunächst über tritt gefordert, allerdings besteht kein Zweifel daran, die ersten 365 Tage des größten Flops in Merkels dass es sich bei Herrn Friedrich nicht unbedingt um Kabinett berichten. einen „besonders fähigen“ Bundesinnenminister Mein zweites Thema ist das Anti-Produktpiraterie- handelt. Deutschland braucht jedoch gerade bei der Handelsabkommen ACTA. Das steht vor der Ratifi- Aufklärung der rechtsextremistischen Machenschaf- zierung, soll aber vorher noch durch den Europäi- ten und den dubiosen Geschäften der Verfassungs- schen Gerichtshof überprüft werden. Die gewonne- schutzämter so einen Bundesinnenminister. Denn ne Zeit müssen wir dafür nutzen ein sinnvolles Ur- die bisherigen „besonders fähigen“ Bundesinnenmi- heberrecht zu entwickeln, dass den Bedürfnissen nister – allen voran – haben ihre Fähig- der Bevölkerung tatsächlich Rechnung trägt. keiten insbesondere dafür eingesetzt, die Kriminal- statistik hinsichtlich des Rechtsextremismus zu be-

schönigen. Die „intelligente Buchhaltung“ der Si- 1 Jahr Bundesinnenminister Friedrich: cherheitsbehörden wurde von diesen Innenminis- Keine Ahnung, keine Meinung, kein tern nicht nur toleriert, sondern gewünscht. Ich habe die Rücktrittsforderung aus den Reihen der SPD als Konzept! Versuch betrachtet, von den Vorwürfen gegen ihren ehemaligen Bundesinnenminister Otto Schily abzu- Ein Jahr ist seit seinem Fehlstart vergangen. Da- lenken. mals hat er Christian Wulff widersprochen, als er sagte, der Islam gehöre nicht zu Deutschland. Ich finde es immer wieder witzig und zugleich er- Damit hat der Bundesinnenminister zum Amtseintritt bärmlich, wie Herr Friedrich auf Fragen antwortet, viel Kritik einstecken müssen. Etwa ein Jahr später wenn er keine Ahnung hat. Ein Video, in dem er hat das Bundesinnenministerium die in Auftrag ge- meiner Frage ausweicht, möchte ich Euch nicht vor- gebene Studie zu den Lebenswelten junger Mus- enthalten: http :// youtu .be /WDZ _p7qbIsU lime vor Veröffentlichung einem Boulevard-Blatt zur Verfügung gestellt. Dieses Boulevard-Blatt hat aus Herr Friedrich beharrt auf der Vorratsdatenspei- der über 700 Seiten nur ein einziges Detail heraus- cherung . In den Neonazi-Morden sieht er einen Be- gegriffen und das mit populistischen Sprüchen von leg für ihre Notwendigkeit. Damit widerspricht er der Herrn Friedrich geschmückt. Das Ergebnis war eine Studie des Max-Planck-Institutes für ausländisches zunächst falsch wiedergegebene Studie. Abgese- und internationales Strafrecht zur Vorratsdatenspei- hen davon wurde die Studie später auch wegen ih- cherung. Das Fazit dieser Studie lautet: Es gibt kei- rer Methodik und den hohen Kosten (400.000 Euro) ne Anhaltspunkte dafür, dass eine Vorratsdaten- kritisiert. Mit solch populistischen Darstellungen und speicherung Terroranschläge verhindert. mit Scheuklappen versehenen Kommentaren spal- Oft genug hat der Bundesinnenminister auch bewie- tet Herr Friedrich die Gesellschaft. Als im November das Zwickauer Terror-Trio öffent- lich bekannt wurde, hörte man aus der SPD Forde- rungen nach einem Rücktritt des Bundesinnenmi- Südwest Grün März 2012

Memet Kilic Wahlkreisbüro Pforzheim/Enzkreis Sprecher für Migrations- und Integrationspolitik und Hohenstaufenstr. 11 Sprecher für Bürgeranliegen 75177 Pforzheim Mitglied Innenausschuss und Petitionsausschuss Tel. 07231/ 7769507 Platz der Republik 1, 11011 Berlin Fax 07231/ 7769508 Tel. 030 / 227- 73277 [email protected] Fax 030 / 227- 76277 [email protected] www.memet-kilic-gruene.de

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sen, dass er bei der Orientierung von links und hen waren. Auch wenn diese im verabschiedeten rechts gravierende Probleme hat. In einer Plenarde- Vertragstext nicht mehr enthalten sind ist unklar, batte hat er beispielsweise die Beobachtung von inwieweit sich die Vertragsländer trotzdem verstän- Abgeordneten der Linkspartei verteidigt und diese digt haben weiterhin darauf hinzuarbeiten. Die Ver- dabei indirekt mit der NPD verglichen. unsicherung ist groß, in Anbetracht der Entwick- lungsrichtung ist die wachsende Angst in der Bevöl- Ich hoffe, dass Herr Friedrich aus seinen Fehlern kerung um die Informationsfreiheit im Internet mehr lernt und bis zum Ende der Legislaturperiode weni- als verständlich. ger Schaden anrichtet als bisher. Die Grünen haben auch einen Verdienst daran,

dass zumindest einiges aus den Entwürfen ent- ACTA muss endgültig beerdigt werden schärft wurde, wie z. B. die Netzsperren, der Zwang die Daten von InternetnutzerInnen offenzulegen und Die Petition „Urheberrecht - Aussetzen der Ratifizie- die weitreichende Haftung von Internetserviceprovi- rung von ACTA“ wurde am 14. März 2012 zum dern wurde auf allgemeine Grundsätze reduziert. 50.000. Mal unterzeichnet. Das ist ein klarer Aus- Patentverletzungen sind ebenfalls heraus genom- druck dessen, was die Demonstrationen der letzten men worden. Der Schutz von Markenrechten kann Monate gezeigt haben: Ein großer Teil der Bevölke- aber Auswirkungen auf die Versorgung von Ent- rung ist gegen das Anti-Counterfeiting Trade Agree- wicklungsländern mit Generika haben, wenn diese ment (ACTA). Gerade in Zeiten der Unzufriedenheit unter geschützten Marken vertrieben werden. mit der Regierungsarbeit sind Petitionen ein wir- kungsvolles Mittel für Bürgerinnen und Bürger Poli- Nach dem großen Widerstand in Politik und der Be- tik aktiv mitzubestimmen. völkerung hat die europäische Kommission ACTA nun dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorge- Dieses Abkommen gegen Produktpiraterie wurde legt, um es auf seine Vereinbarkeit mit dem EU- hinter verschlossenen Türen , in geheimen Ver- Recht überprüfen zu lassen. Diese Überprüfung ha- handlungen beraten. Selbst die Parlamente wurden ben wir Grünen seit langem gefordert. Deshalb be- in den Entwicklungsprozess nicht eingebunden. Die grüßen wir die Entscheidung. Die durch das lange Bundesregierung drückte sich vor der Beantwortung Verfahren gewonnene Zeit muss jetzt für die unserer Anfragen und begründete dies mit der ver- weitere politische Bewertung genutzt werden. einbarten Vertraulichkeit gegenüber den Verhand- lungspartnern. Dem Bundestag wurden die Entwür- Wir fordern eine Weiterentwicklung des Urheber- fe erst gar nicht und später nur in englischer Spra- rechts und eine Anpassung an die neue Medien- che als vertrauliche Dokumente zugestellt. Erst landschaft. Dies darf durch ACTA nicht ausge- nachdem die Verhandlungen abgeschlossen waren, schlossen werden. Politische Entscheidungen müs- erhielten wir die Unterlagen auf Deutsch. Das ge- sen transparent sein, die bisher nicht veröffentlich- samte Verfahren war äußerst intransparent . Die ten Verhandlungsprotokolle müssen offengelegt Öffentlichkeit wurde unzureichend informiert, wohl werden. um großen Protesten aus dem Weg zu gehen. Be- kannt wurde, dass in vorherigen Versionen etwa umfangreiche Internetsperren und Strafen vorgese- Südwest Grün März 2012 Sylvia Kotting-Uhl Sprecherin für Atompolitik

Endlagersuchgesetz Seite 14

Mit der Regierungsübernahme durch grün-rot in Ba- beauftragen und sie von daher auch nicht im Endla- den-Württemberg wurde erstmals in Deutschland gersuchgesetz beschließen lassen. Das ist in unse- die Möglichkeit einer vergleichenden ergebnisoffe- ren Augen unsinnig und fahrlässig. Die Ergebnisse nen Endlagersuche eröffnet. Das Novum: die Bereit- des AK End genießen bis heute eine allgemein ho- schaft das eigene Land für die Suche nach einem he Akzeptanz, die Kriterien sind in einem breiten Endlager für hochradioaktiven Müll zur Verfügung Konsens gefasst und öffentlich diskutiert worden, zu stellen, steht im baden-württembergischen Koali- sie müssen die Grundlage eines Endlagersuchpro- tionsvertrag. „Der Wechsel beginnt“ auch in der ver- zesses sein und sollten von daher auch zu seinem korksten festgefahrenen Endlager-Situation in Beginn beschlossen werden. Deutschland. 2. Die Behördenstruktur Im Herbst 2011 wurde Bundesumweltminister Rött- gen von und Franz Unterstel- Ausgehend von der auch von Baden-Württemberg ler gezwungen die Initiative aufzugreifen. Seitdem geforderten Entkoppelung von Operator und Regu- wird in einer Bund-Länder-Kommission verhandelt, lator, die verlangt, dass die bisher im Bundesamt für Entwürfe geschrieben und verbessert, auf vielen Strahlenschutz (BfS) befindliche Abteilung verschiedenen Ebenen ausgelotet was im Sinne der „Eigenüberwachung“ ausgegliedert wird, hat das Sache notwendig und was der Gesamtgesellschaft BMU für Endlagersuche und späteren –betrieb eine und den einzelnen Ländern zumutbar ist. völlig neue Behördenstruktur vorgeschlagen: Ein neu zu gründendes „Bundesinstitut“, das für die Ent- Für die Bundestagsfraktion habe ich nach dem Po- wicklung der Kriterien, die Auswahl der Standorte sitionspapier zur Rückholbarkeit Eckpunkte zur End- und Erkundungsprogramme zuständig ist und die lagersuche geschrieben, die ihr unter http:// Aufsicht über den gesamten Suchprozess hat. Kei- www.gruene-bundestag.de//cms/beschluesse/ nerlei Fachaufsicht unterstellt, wäre die politische dokbin/401/401104.endlagersuche.pdf findet. Der Verantwortung damit von der Regierung an ein nicht Entwurf aus dem BMU hat sich unserer Position in- kontrollierbares mit ungeheurer Macht innerhalb des zwischen immer mehr angenähert. Drei große Dis- Suchprozesses ausgerüstetes Institut abgegeben. senspunkte sind für uns Grüne jedoch bisher nicht Ein nicht näher definierter „Vorhabenträger“, der das zustimmungsfähig aufgelöst. BfS, aber auch die bisher mit dem Bau von Endla- 1. Die Kriterien gern betraute private DBE sein könnte, wäre dem „Bundesinstitut“ zugeordnet. Nachdem klar ist, dass In Jürgen Trittins Zeit wurde ein heterogenes es hierfür von Grüner Seite keine Zustimmung gibt, (Atomkraft-/Gorleben-Befürworter und –Gegner) liegt ein neuer Vorschlag auf dem Tisch. Dieser ver- Gremium zusammengesetzt das sich über Jahre mit ringert die Kompetenzen des „Bundesinstituts“ deut- der Entwicklung von Sicherheits-, Mindestanforde- lich, weist dem BfS die Aufgabe einer Genehmi- rungs- und Ausschlusskriterien für eine Endlagersu- gungs- und Aufsichtsbehörde zu und gibt dem che auseinandersetzte: der sogenannte AK End. Das BMU will diese Kriterien zwar „berücksichtigen“, ein erst noch zu gründendes neues Bundesinstitut aber mit Entwicklung und Festlegung von Kriterien Südwest Grün März 2012 Sylvia Kotting-Uhl Sprecherin für Atompolitik Wahlkreisbüro Karlsruhe Mitglied Ausschuss für Bildung, Forschung und Sophienstraße 58, 76133 Karlsruhe Technikfolgenabschätzung Tel. 0721-15186-87 Fax 0721-15186-90 Platz der Republik 1, 11011 Berlin [email protected] Tel. 030 / 227- 74740 Fax 030 / 227- 76742 Weiterer Kontakt für Baden-Württemberg [email protected] [email protected] www.kotting-uhl.de (ehemals wk2)

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„Vorhabenträger“ Gewicht: Träger der Endlagersu- werden, damit ein annähernd gleichwertiger Ver- che und Betreiber von Endlagern soll eine ebenfalls gleich mit anderen Standorten überhaupt stattfinden neu zu gründende bundeseigene GmbH werden - kann. die Endlagerfrage wird also privatisiert. Für uns völ- lig untragbar! Die einzige Konstante in den beiden Neuwahl in NRW und ein Umweltminis- sehr unterschiedlichen Vorschlägen aus dem BMU ter der Erfolge braucht ist die geringe Rolle, die das BfS dabei spielt. Ziel der Neuorganisation ist offensichtlich nicht, eine Der ungewollt zum Spitzenkandidaten in NRW ge- möglichst sinnvolle und kompetente Behördenstruk- wordene Bundesumweltminister gerät unter Zeit- tur für die verantwortungsvolle und langwierige Auf- druck. Er braucht Erfolgsprojekte – die Energiewen- gabe einer Endlagersuche zu benennen, sondern de fährt er gerade zusammen mit Philipp Rösler an das Bundesamt für Strahlenschutz mit seinem un- die Wand, um anderes hat er sich erkennbar wenig bequemen, weil unbeirrbaren grünen Präsidenten gekümmert. Ein im Konsens beschlossenes Endla- so weit wie möglich zu entmachten. Kleinlich und gersuchgesetz, das er sich – die Initiative aus Ba- peinlich! den-Württemberg elegant ignorierend – an den Hut stecken könnte, käme ihm recht. Es ist die Zeit der 3. Gorleben entgegenkommenden Angebote. Wir Grüne haben ein großes Interesse daran das Für uns Grüne ist klar: Für einen „Neubeginn“, der Endlagersuchgesetz in dieser Legislatur auf den nicht mit dem Stopp jeglicher Tätigkeit im Bergwerk Weg zu bringen. Die Initiative von Winfried Kretsch- Gorleben und einem Stopp der vorläufigen Sicher- mann lässt sich nicht wiederholen. Unter einem in heitsanalyse für den Standort Gorleben einhergeht, der nächsten Legislatur vermutlich ;-) nicht mehr heben wir nicht die Hand. Diese Mindestforderung schwarzen Umweltminister wird es schwer sein die zum Umgang mit Gorleben ist für uns nicht verhan- CDU-geführten Länder zu dieser Thematik noch delbar. Darüber hinaus kann Gorleben nicht Refe- einmal an den Tisch zu bringen. Durch die vorgezo- renzstandort für das gesamte Verfahren sein. Min- gene Wahl in NRW beginnt sich das Zeitfenster zu destens zwei Standorte müssen am Ende untertägig schließen. Bleibt die jetzige Chance ungenutzt, ist erkundet werden, sodass die Macht des Faktischen sie höchstwahrscheinlich für lange Zeit vertan. Das Gorleben nicht automatisch zum Standort machen Gesetz, dem Bundestag und Bundesrat zustimmen kann, falls es vor dem untertägigen Vergleich noch müssen, wird es nur als Kompromiss zwischen den nicht aus dem Verfahren ist. Die Forderung des diversen Interessen geben. Das ist uns bewusst. BMU, Gorleben dürfe keine Sonderbehandlung er- Allerdings muss ein Gesetz mit einer solch prospek- fahren, sondern sei „ein Standort wie jeder andere“, tiven Verantwortungsübernahme zu Ende gedacht verlangt im Gegenzug auch, dass Gorleben auf je- und ausdiskutiert sein, bevor es beschlossen wer- der Stufe des Verfahrens ausscheiden kann. Gorle- den kann. Gründlichkeit geht vor Schnelligkeit. Die ben ist kein Standort wie jeder andere, sondern ei- genannten Dissenspunkte müssen für eine grüne ner mit einer ganz besonders üblen Geschichte von Zustimmung aufgelöst werden. Manipulation, Intransparenz und Kampf von Behör- den gegen die eigenen BürgerInnen. Gorleben muss glaubwürdig von der Vorfestlegung befreit Südwest Grün März 2012 Fritz Kuhn

Kandidatur zum Oberbürgermeister von Stuttgart Seite 16

Liebe Freundinnen und Freunde,

wie viele von euch sicherlich schon erfahren haben, möchte ich für den Oberbürgermeister von Stuttgart kandidieren. Wir Grüne regieren im Land und in vie- len Städten in Baden-Württemberg. Nun wird es Zeit, auch in der Landeshauptstadt die Verantwor- tung im Rathaus zu übernehmen. Für mich wäre es eine Heimkehr, denn ich habe lange in Stuttgart ge- lebt, meine Frau Waltraud dort kennengelernt und auch unsere Söhne sind hier geboren. Die Kandida- tur stellt für mich eine neue Herausforderung dar, auf die ich mich sehr freue und der ich mich mit viel Engagement widmen werde. Um mich auf den Wahlkampf in Stuttgart konzentrie- ren zu können, habe ich den stellvertretenden Vor- sitz der Bundestagsfraktion Ende Februar niederge- legt. Ich bleibe jedoch Mitglied des Arbeitskreises 1 der Fraktion und Mitglied im Wirtschaftsausschuss. Dort bleibe ich weiterhin meinen Themen verpflich- tet: der ökologischen Modernisierung unserer Wirt- schaft und der nachhaltigen Gestaltung unserer So- zialsysteme. In den vergangenen zweieinhalb Jahren habe ich den Arbeitskreis 1 (Wirtschaft & Soziales) geleitet und seine Interessen im Fraktionsvorstand vertre- ten. Zudem habe ich unter anderem die Fraktion im Vermittlungsausschussverfahren zu den „Hartz IV- Reformen“ vertreten, mich an der Weiterentwicklung unseres Konzepts für die Grüne Bürgerversicherung beteiligt und drei Projektgruppen der Fraktion gelei- tet: In der Projektgruppe Green New Deal haben wir unsere Vorstellung davon, wie wir unsere Gesell-

Südwest Grün März 2012

Fritz Kuhn Wahlkreisbüro Heidelberg Mitglied Ausschuss für Wirtschaft und Technologie Poststraße 18-20 Platz der Republik 1 69115 Heidelberg 11011 Berlin Tel. 06221 / 91 466 20 Tel. 030 / 227- 71896 Fax 06221 / 91 466 22 Fax 030 / 227- 76896 [email protected] [email protected] www.fritz-kuhn.de

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schaft nach der Krise gerechter machen wollen, konkretisiert. Die Projektgruppe Rohstoffpolitik hat eine Grüne Rohstoffstrategie entwickelt, die im Ge- gensatz zur Rohstoffstrategie der Bundesregierung von Nachhaltigkeit geprägt ist. In der Projektgruppe Prioritäten haben wir die zentralen grünen Projekte für 2013 identifiziert und in ihren Wirkungen analy- siert. Diese Aufgaben haben mir viel Freude bereitet. Nun habe ich mir ein neues Ziel gesetzt. Die Stadt Stutt- gart steht vor vielen Herausforderungen: die ökolo- gische Modernisierung der Wirtschaft muss vor Ort umgesetzt werden, Stuttgart muss Innovationszent- rum sein und bleiben, die Potentiale für die Stadt- entwicklung müssen richtig genutzt werden, intelli- gente Verkehrskonzepte müssen umgesetzt wer- den, bezahlbarer Wohnraum und die Qualität der Versorgungsinfrastruktur müssen sichergestellt wer- den. Die größte Herausforderung aber, der ich mich als Oberbürgermeister zu stellen habe ist, die Men- schen in der Stadt nach dem Bahnhofs-Konflikt wie- der zusammenzuführen und das Projekt Stuttgart21 konstruktiv und kritisch zu begleiten. Zudem müs- sen wir die richtigen Lehren ziehen und bei größe- ren Projekten die Bürgerinnen und Bürger befragen und beteiligen, bevor Beschlüsse gefasst werden. Mit grünen Grüßen Euer Fritz

Südwest Grün März 2012 Beate Müller-Gemmeke Sprecherin für Arbeitnehmerrechte

Frauen verdienen mehr – Entgeltdiskriminierung verhindern Seite 18

Die 50er Jahre hatten es in sich. Damals gab es se verdeutlicht, was bei uns traurige Realität ist. ganz offiziell so genannte Leichtlohngruppen – Heute beträgt die Lohndifferenz zwar nicht mehr 40 Lohngruppen speziell für Frauen. Denn Frauen, so Prozent. Doch immer noch verdienen Frauen durch- die Annahme, leisteten ja allein aufgrund ihres Ge- schnittlich 23 Prozent pro Stunde weniger als ihre schlechts im Beruf weniger. Daher brauchten sie männlichen Kollegen. Gerecht ist das nicht. Zumal auch nur einen "Leichtlohn". Lohnabschlagsklauseln bereits das Grundgesetz, das Allgemeine Gleichbe- und Frauenlohngruppen führten nach 1945 dazu, handlungsgesetz und das Europarecht die Entgelt- dass Frauen bis zu 40 Prozent weniger Lohn als diskriminierung von Frauen verbieten. ihre männlichen Kollegen erhielten. Erst im Jahr 1955 entschied das Bundesarbeitsgericht, dass die Entgeltdiskriminierung funktioniert noch immer häu- sog. „Minderbezahlung“ von Frauen dem Gleich- fig unmittelbar, offensichtlich und direkt: So bei- heitsgrundsatz des Grundgesetzes widerspricht. spielsweise, wenn eine Abteilungsleiterin, als Nach- Seither sind die so genannten Leichtlohngruppen folgerin von einem Mann mit gleicher Qualifikation rechtswidrig. Gleichzeitig bot das Gericht aber vor- und derselben Berufserfahrung, 300 Euro weniger weg schon eine Lösung für weitere Lohndiskriminie- verdient als ihr Vorgänger. Hier wird der Grundsatz rung an. Denn auch weiterhin sollten Arbeiten bei – gleicher Lohn für gleiche Arbeit – missachtet. der Lohnfindung in leichte und schwere Tätigkeiten Schwieriger aufzudecken ist die mittelbare, indirekte unterschieden werden können. Das Fazit der Rich- Entgeltdiskriminierung, wenn es also um den ter: Sollte eine solche Methode der Lohnfindung „gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit“ geht. Sie „dazu führen, dass die Frauen alsdann geringer ent- verbirgt sich in Regelungen, in Bestimmungen von lohnt werden, weil gerade sie es sind, die leichtere Tarifverträgen oder betrieblichen Vereinbarungen, Arbeit oder die überwiegend leichtere Arbeit leisten, die nicht zwischen Männern und Frauen unterschei- so bestehen dagegen keine rechtlichen Bedenken.“ den, und dennoch unterschiedlich auf Frauen und Entgeltdiskriminierung in Deutschland hat also Tra- Männer wirken. Besonders diskriminierungsanfällig dition. sind dabei die Kriterien, mit denen Anforderungen an einen Arbeitsplatz bewertet werden. Hier kom- Mit der Entgeltdiskriminierung muss men häufig immer noch die gleichen Kriterien zum endlich Schluss sein - im 21. Tragen wie in den 50er Jahren: Denn oft es geht es Jahrhundert darum, was gilt als leichte, was als schwere Arbeit. So wird selbstverständlich die Muskelkraft bei Män- Man/frau stelle sich vor, eine Frau geht einkaufen nerberufen vergütet, bei den sogenannten Frauen- und beim Bezahlen nimmt die Kassiererin die Zeit- berufen hingegen nicht und auch die soziale Kom- schrift und reißt erst einmal Seiten heraus. Dann petenz wird häufig bei Frauen nicht bewertet – und behält sie eine von vier Bananen. Und vom Kuchen somit auch nicht bezahlt. Frauen verdienen aber bekommt die Frau auch nur drei Viertel. Der Mann mehr als nur Dreiviertel vom Kuchen! 90 Prozent hinter ihr an der Kasse bekommt hingegen den gan- der Bevölkerung sehen das ebenso, fand das Si- zen Kuchen – und natürlich auch alles andere. Es nus-Institut heraus, Männer übrigens ebenso wie klingt absurd, doch dieses Bild ist nicht meiner Fan- Frauen. Aber wie ist es zu lösen? tasie entsprungen. Es ist aus einem kurzen Video der EU-Kommission, das auf unkonventionelle Wei- Südwest Grün März 2012

Beate Müller-Gemmeke Wahlkreisbüro Reutlingen Sprecherin für Arbeitnehmerrechte Wilhelmstr. 89 Mitglied Ausschuss Arbeit und Soziales 72764 Reutlingen Platz der Republik 1 Tel. 07121 / 9092411 11011 Berlin Fax 07121 / 9943186 Tel. 030 / 227- 73041 [email protected] Fax 030 / 227- 76041 [email protected] www.mueller-gemmeke.de

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Wirksame gesetzliche Regelungen sind terium ausgewogen gewichtet wird. Entscheidend unerlässlich ist, dass Entgeltregelungen und ihre Umsetzungs- praxis transparent und nachvollziehbar sind, die Wir fordern in einem Antrag, den wir am Frauentag Tätigkeiten „ihrem Wesen nach“ bewertet werden in den Bundestag eingebracht haben, ein wirksa- und somit endlich für Frauen und Männer gleicher- mes Gesetz gegen Entgeltdiskriminierung. Denn maßen gelten. Bei Überprüfungen alleine wollen wir Freiwilligkeit und Selbstverpflichtungen haben in es aber nicht belassen - selbstverständlich müssen den vergangenen Jahren zu nichts geführt. Entgelt- entdeckte Diskriminierungen auch beseitigt werden. systeme müssen deshalb daraufhin überprüft wer- Wir brauchen daher auch eine effiziente Kontrolle. den, ob mittelbare oder unmittelbare Diskriminierun- Deshalb soll die Antidiskriminierungsstelle des Bun- gen vorliegen. Nur wenn bei der Bewertung von Ar- des eine Kontrollbefugnis erhalten, damit sie stich- beit geschlechtsneutrale Kriterien eingeführt wer- probenartig Tarifverträge auf Entgeltdiskriminierung den, kann der Grundsatz „gleicher Lohn für gleiche kontrollieren kann. und gleichwertige Arbeit“ durchgesetzt werden. Eine staatliche Kontrolle aller Betriebe ist nicht In einem ersten Schritt wollen wir daher, dass die möglich und auch nicht gewollt. Deshalb müssen Tarifpartner und nicht tarifgebundene Betriebe mit die Beschäftigten, die Betriebs- oder Personalräte, einem Arbeitsbewertungsverfahren prüfen und Mitarbeitervertretungen und die zuständigen Ge- nachweisen, dass ihre tariflichen und nichttariflichen werkschaften in die Lage versetzt werden, rechtlich Entgeltregelungen diskriminierungsfrei sind. Das gegen Diskriminierungen vorgehen zu können. Wir reicht aber nicht aus. In einem zweiten Schritt müs- wollen daher innerhalb des Allgemeinen Gleichbe- sen die Betriebe und der Öffentliche Dienst auch die handlungsgesetzes die Möglichkeit der Verbands- Umsetzungspraxis überprüfen, denn die Anwen- klage etablieren, so dass Verbände Frauen bei ei- dung der diskriminierungsfreien Entgeltregelungen ner Klage gegen die Entgeltdiskriminierung unter- dürfen nicht wieder zu neuen Diskriminierungen füh- stützen können. Und wir wollen es Beschäftigten ren. Dabei geht es beispielsweise darum, dass Be- ermöglichen, dass sie miteinander offen über ihre schäftigte gemäß ihrer Qualifikation und Tätigkeit Löhne sprechen dürfen. Denn es kann nicht ange- eingruppiert werden, eine korrekte Beurteilung von hen, dass Verschwiegenheitsklauseln in Arbeitsver- Erschwerniszuschlägen vorliegt oder Betriebsver- trägen weiterhin verbieten, über die Höhe des eige- einbarungen diskriminierungsfrei genutzt werden. nen Entgelts zu sprechen. Zunächst soll die Überprüfung für Betriebe ab 10 Verstöße gegen ein solches Gesetz, das die Ent- Beschäftigten verpflichtend sein. Ziel ist aber, nach geltdiskriminierung verbietet, müssen künftig mit einer Evaluierung die Überprüfung auf alle Betriebe Sanktionen belegt werden, damit der Grundsatz auszuweiten. „gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit“ Bei der Überprüfung der Entgeltsysteme setzen wir verbindlich durchgesetzt werden kann. Denn – wie – anders als Bundesministerin Schröder – auf ana- gesagt – Frauen verdienen mehr! lytische Arbeitsbewertungsverfahren. Uns geht es darum, dass die Anforderungskriterien nicht pau- schal bewertet werden, sondern jedes einzelne Kri- Südwest Grün März 2012 Gerhard Schick Sprecher für Finanzpolitik

EZB: Bankenrettung ohne Auflagen und Gegen- leistung und ohne Transparenz und Kontrolle! Seite 20

Man stelle sich vor: Die EU-Staats- und Regie- ler Institute mit einem Schlag gelöst. Doch nicht nur rungschefs beschließen bei einem Euro-Krisengipfel das: Die Banken erhielten eine neue Quelle für Ge- ein gigantisches Rettungsprogramm für angeschla- winne in Milliardenhöhe. Zum Beispiel, um das billi- gene Banken – und zwar ohne die Parlamente in ge 1%-EZB-Geld in höher verzinste Anleihen ihrer Europa dazu abstimmen zu lassen. Und ohne den Staaten zu 4-7% zu investieren. Nach Berechnun- Banken Auflagen zu machen, zum Beispiel um zu gen der Citi-Bank können europäische Banken al- verhindern, dass die Hilfen zur Zahlung üppiger Bo- lein auf diese Weise Gewinne zwischen 7 und 12 ni missbraucht werden. Der empörte Aufschrei von Mrd. Euro generieren. Eine andere gewinnbringen- Rom über Paris bis Berlin wäre wohl zu Recht ge- de Verwendung besteht im Ersatz bisheriger teure- waltig. rer Markt-Refinanzierungen durch günstige EZB- Mittel. Allein für italienische Banken rechnet die Genau das geschieht aber derzeit in Europa, und Deutsche Bank für 2012 hier mit Einsparungen in zwar über ein neues Liquiditätsprogramm der Euro- Höhe von rund einer Milliarde Euro. päischen Zentralbank (EZB): 1,1 Billion Euro hat sie seit Dezember 2011 den Banken bereitgestellt. Da- Die neue EZB-Liquiditätsschwemme ab Dezember bei konnten die Institute bereits zwei Mal unbe- 2011 wirkt also wie ein neues gigantisches Ret- grenzt viel Geld für die Laufzeit von drei Jahren zum tungs- und Subventionsprogramm für europäische extrem günstigen Zins von 1% abrufen. Außerdem Banken. Doch dort, wo nun die Gewinne für Banken wurden die Anforderungen an die Sicherheiten, die steigen, erhöhen sich die Risiken für die Steuerzah- Banken für diese Mittel bereitstellen mussten, deut- ler. Zum Beispiel ist infolge der geringeren Anforde- lich gelockert. Ohne diese Geldflut wären heute rungen an die zu stellenden Sicherheiten für EZB- wohl viele Banken in Europa bereits insolvent. Kredite das Risiko für Ausfälle gestiegen, die den an die Regierungen ausschüttbaren Zentralbankgewinn Milliardengewinne für die Banken – zu mindern. Der zuletzt eingebrochene Bundesbankge- Lasten der Steuerzahler winn ist bereits Ausdruck dieser erhöhten Risiken und schlägt direkt auf den Bundeshaushalt durch. Wir erinnern uns: Am Ende des Jahres 2011 be- stand die ernste Gefahr einer neuen Welle an Ban- Intransparenz und Mitnahmeeffekte statt kenpleiten, insbesondere in Ländern wie Italien und Auflagen und Kontrolle Spanien. Viele Institute standen dort vor existenziel- len Refinanzierungsschwierigkeiten. Einleger und Anders als bei früheren Bankenrettungen findet al- Geldmarktfonds zogen im großen Stil ihre Mittel ab. lerdings dieses gigantische EZB- Sogar Institute in Frankreich und Belgien gerieten in Stützungsprogamm ohne Auflagen und Gegenleis- diesen Sog. Der Anleihemarkt für Fremdkapital war tung statt. So ist nicht sichergestellt, dass die steu- für viele Institute bereits verschlossen. Kurz: am Fi- erzahlersubventionierten Zinsgewinne nicht gleich nanzmarkt herrschte Misstrauen wie zuletzt nach wieder als Dividenden an Aktionäre oder als Luxus- der Insolvenz von Lehman-Brothers im September Renten und überhöhte Boni an Mitarbeiter ausge- 2008. schüttet werden. Beim Bankenrettungsfonds SoFFin Mit der Billion Euro an neuen und günstigen EZB- Mitteln war das existenzielle Liquiditätsproblem vie- Südwest Grün März 2012

Gerhard Schick Wahlkreisbüro Mannheim Sprecher für Finanzpolitik Waldhofstraße 4 Mitglied Finanzausschuss 68169 Mannheim Platz der Republik 1 Tel. 0621 / 4017252 11011 Berlin Fax 0621 / 4018469 Tel. 030 / 227- 74535 [email protected] Fax 030 / 227- 76656 [email protected] www.gerhardschick.net

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ab 2008 hingegen gab es zu Recht Gehalts- und Erforderlich wäre im Spätsommer 2011 die Einrich- Dividendendeckelungen. Außerdem bekam der tung eines europäischen Banken- Steuerzahler in der Regel Beteiligungen an den Restrukturierungsfonds gewesen, der Banken auch Banken im Gegenzug für seine Hilfe. Jetzt erfolgen zwangsweise rekapitalisieren kann – so wie in den die Hilfen ohne Gegenleistung – ein Geschenk für USA. Dort konnte mit dem TARP-Programm im Jahr die Bank-Aktionäre! 2008 Vertrauen und Stabilität an den Finanzmärkten schnell wiederhergestellt werden. Und die US- Transparenz und parlamentarische Kontrolle? Steuerzahler haben mit ihren Zwangshilfen sogar Ebenfalls Fehlanzeige. Kein Parlament in Europa Gewinn gemacht. hat über den Geldregen der EZB abgestimmt. Und Informationen zum Beispiel dazu, welche Banken in Doch stattdessen sind die Euro-Regierungen se- welchem Umfang die Mittel in Anspruch nehmen, henden Auges auf eine neue gefährliche Welle an welche Sicherheiten sie dafür zu welchen Abschlä- Bankenpleiten zugesteuert. Die EZB hat mit ihrem gen bereitstellten, und was genau mit den Mitteln Einlenken ab Dezember einen Crash verhindert – unternommen und welche Gewinne erzielt werden doch zu einem sehr hohen Preis, der in der umfas- können, sind nicht oder nur schwer und meist nur senden Verlagerung von Bankenrisiken auf die als Gerücht verfügbar. Eine ehrliche öffentliche De- Steuerzahler besteht; ohne Gegenleistung oder Auf- batte auf Basis von Fakten über den neuen EZB- lagen und abseits demokratischer Legitimation und Kurs und seine Risiken ist so nahezu unmöglich. Kontrolle. Weil das Programm prinzipiell allen Instituten offen Für Transparenz und Auflagen steht, kommen die EZB-Stützung auch jenen zu Gu- te, die eigentlich gar keine Hilfe benötigen. In diese Die EZB ihrerseits muss nun eine Transparenzof- Kategorie „Mitnahmeeffekte“ dürfte auch die Deut- fensive starten und offenlegen, welche Banken in schen Bank fallen, die sich zehn Mrd. Euro an EZB- welchem Umfang die Mittel in Anspruch genommen Mitteln sicherte. Unterstellt man auch nur eine Net- haben, was sie mit den Mitteln unternehmen, und to-Rendite von 1%, kann Deutschlands größte Bank welche Gewinne resultieren. Die Steuerzahler ha- mit diesen Mittel 100 Millionen Euro Gewinn erzie- ben ein Anrecht darauf zu erfahren, was mit ihren len – pro Jahr! Mitteln geschieht, und welche Risiken bestehen. Politische Verantwortung trägt Schwarz- Außerdem bedarf es Auflagen, die sicherstellen, dass schwach kapitalisierte Banken die Gewinne, Gelb die sie mit den EZB-Hilfen generieren, nicht als Ge- Für diese hochproblematische Umverteilung von winne als Dividenden oder üppige Boni gleich wie- Risiken zu Lasten der europäischen Steuerzahler der ausschütten. Die Mindestanforderung an eine trägt vor allem die Bundesregierung die Verantwor- Bankenrettung ist ein nachhaltig stabileres System. tung. Denn mit ihrem fehlgeleiteten Krisenmanage- Dieser Anforderung muss sich auch die EZB stellen. ment haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone und allen voran Schwarz-Gelb die EZB in die Rolle des Krisenmanagers und Bankenretters gezwungen. Südwest Grün März 2012 Ulrich Schneider Sprecher für Jugendpolitik und Bürgerschaftliches Engagement

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Anfang Dezember letzen Jahres bin ich von Lan- PARTIZIPATION an politischen Entscheidungen deslistenplatz 18 (!) in den Deutschen Bundestag ermöglichen. nachgerückt. Das zeigt – ein Jahr nach der Land- tagswahl und der Grün-Roten Regierungsbildung in Baden-Württemberg – was bei uns Grünen möglich Jugendpolitik ist für mich sowohl ein Querschnitts- ist. Unser nächstes Ziel ist die traurige Koalition in thema als auch ein eigener Politikbereich, deshalb Berlin abzulösen. In meiner neuen Funktion als müssen wir Grünen uns in die Debatte um eine Ei- Sprecher für Jugendpolitik und Bürgerschaftliches genständige Jugendpolitik einbringen. Grundlagen Engagement will ich mich besonders für die Interes- dieser Jugendpolitik sind für mich Werte wie Eman- sen und Belange von jungen Menschen einsetzen – zipation, Gerechtigkeit, Freiheit und Demokratie. in Berlin und in Baden-Württemberg! Die Landes- Darauf muss Grüne Jugendpolitik aufbauen. Wir gruppe vertrete ich im Arbeitskreis dürfen die Freiräume von Jugendlichen nicht durch „Wissensgesellschaft und Generationen“ der grünen zunehmende Kommerzialisierung der Gesellschaf- Bundestagsfraktion. Hier werden die zentralen ge- ten und Verordnungen (beispielsweise Alkoholver- sellschaftpolitischen Themen wie Forschung, Bil- bote in Innenstädten) immer weiter einschränken. dung, Kultur und auch die Jugend-, Kinder-, Frauen- Vielmehr müssen wir Strukturen für junge Men- und Familienpolitik diskutiert und entscheidend be- schen schaffen, die sie selbst gestalten und in de- einflusst. Für unsere Fraktion sitze ich im Aus- nen sie Verantwortung übernehmen können. Junge schuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Menschen müssen selbst Entscheidungen über ihre und im Unterausschuss Bürgerschaftliches Engage- Lebensgestaltung treffen können und dürfen nicht in ment. vorgefertigte Strukturen hineingedrängt werden. Nur dann können sie sich als eigenständige Bürgerinnen Vor meinem Wechsel in den Bundestag war ich als und Bürger an unseren demokratischen Strukturen Geschäftsführer für den Deutschen Evangelischen beteiligen. Kirchentag (zuletzt in Dresden) tätig. Daneben habe ich Grüne Politik vor Ort im Kreis Heilbronn als Ge- Wir Grüne stehen dabei auch für mehr echte Betei- meinderat und im Kreisverband mitgestaltet. ligung junger Menschen – durch eine Senkung des Wahlalters und eine stärkere Unterstützung von Ju- Als Bundestagsabgeordneter ist mir wichtig, der gendarbeit und Jugendorganisationen. Feigenblatt- Jugend und ihren Anliegen Gehör zu verschaffen Beteiligungsangebote werden von Jugendlichen und ehrenamtliches Engagement in unserer Gesell- entlarvt – echte Partizipationsmöglichkeiten motivie- schaft zu ermöglichen und weiter zu fördern. ren, die eigene Lebenswelt aktiv zu gestalten. Mit Jugendlichen sprechen und sie ernst Engagement ermöglichen – nehmen! Anerkennung verbessern Als jugendpolitischer Sprecher ist es mir ein wichti- Bürgerschaftliches Engagement und Beteiligung ges Anliegen, mit Jugendlichen zu sprechen und sind Ausdruck einer lebendigen Zivilgesellschaft ihren Bedürfnissen Gehör zu verschaffen. Ohne ihre und Grundlage der Anerkennung und Wertschät- Beteiligung ist Jugendpolitik nur ein Feigenblatt. Im Bundestag wird ÜBER Politik FÜR Jugendliche de- Südwest Grün März 2012 battiert. Wir müssen aber jungen Menschen echte

Ulrich Schneider Wahlkreisbüro Heilbronn Sprecher Jugendpolitik und Bürgerschaftliches Kaiserstr. 17 Engagement 74072 Heilbronn Mitgl. Ausschuss Familie,Senioren,Frauen,Jugend Tel. 07131 / 1201148-0 Platz der Republik 1 11011 Berlin Fax 07131 / 1201148-9 Tel. 030 / 227- 72161 [email protected] Fax 030 / 227- 76161 [email protected] www.ulrich-schneider.de

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zung unseres demokratischen Systems. Eine offe- Als eine besondere Form bürgerschaftlichen Enga- ne, facettenreiche Gesellschaft gibt es nicht einfach gements und sozialen Lernens tragen Freiwilligen- so - dafür braucht es Transparenz, kritische Öffent- dienste zur Persönlichkeitsentwicklung und gesell- lichkeit und Möglichkeiten der Teilhabe. Lebendige schaftlichen Verantwortung bei. Damit das Interesse Zivilgesellschaft beginnt im Kleinen - beispielsweise an Freiwilligendiensten ungebrochen bleibt, möch- mit dem freiwilligen Einsatz im örtlichen Verein. ten wir die Regelungen für Freiwillige einfacher und übersichtlicher gestalten, deren Anerkennung stär- Egal ob nun organisiertes oder individuelles, kriti- ken und die Finanzierung auf eine solide Grundlage sches oder angepasstes Engagement, jeder und stellen. jede die ihren Teil zum demokratischen Gemeinwe- sen beitragen, verlangen und verdienen politische Vor Ort in Heilbronn und Baden- Unterstützung und gesellschaftliche Anerkennung. Württemberg Mir ist es wichtig, den vielfältigen Engagementfor- men gebührende Anerkennung und passgenaue Am 14. März habe ich mein Wahlkreisbüro in Heil- Förderung zuteilwerden zu lassen. Wichtige Bau- bronn eröffnet. Ich bin der erste überregionale Ab- steine angemessener Engagementförderung sind geordnete des Kreisverbands Heilbronn; das stärkt die Schaffung nachhaltiger Strukturen für Engagier- unsere Strukturen vor Ort. Neben Heilbronn bin ich te, die Forderung und Förderung eines offenen und für die Kreisverbände Konstanz, Schwarzwald-Baar transparenten Dritten Sektor und die Sensibilisie- und Tuttlingen zuständig. In Konstanz wird es vor- rung der breiteren Öffentlichkeit für die Leistungen erst weiterhin ein Bundestagsbüro geben und damit der Engagierten. auch ganz im Süden eine Grüne Bundestags- Anlaufstelle. Meine Vision ist es zivilgesellschaftliches Engage- ment soweit zu etablieren, dass es nicht nur selbst- Von besonderer Bedeutung ist für mich der Einsatz verständlich ist, sondern zum „Statussymbol“ für gegen Rechtsextremismus und die Entwicklung uns alle wird! von Strategien gegen Neonazis. Nicht erst das Bekanntwerden der Nazi-Terrorbande im vergange- Freiwilligendienste als freiwillige Dienste nen Herbst macht deutlich, dass wir gemeinsam stärken Zeichen gegen Rechtsextremismus setzen müssen. Auch in Baden-Württemberg kommen die Nazis im Seit acht Monaten gibt es ENDLICH keine Pflicht- Frühjahr wieder aus ihren Löchern und auf die Stra- dienste mehr in Deutschland. Eine urgrüne Forde- ßen – stellen wir uns ihnen gemeinsam und überall rung ist endlich umgesetzt! Und unsere sozialen in den Weg! Ein wichtiger Schritt in diese Richtung Systeme sind – allen Unkenrufen zum Trotz – nicht wäre für mich ein solides und erfolgreiches NPD- zusammengebrochen. Der Erfolg der Freiwilligen- Verbotsverfahren. Damit entziehen wir den Nazis in dienste in den letzten Monaten ist beeindruckend den Landtagen und Kommunalparlamenten die fi- und hat gezeigt: Viele Menschen sind aktiv, enga- nanzielle Grundlage. Außerdem nimmt der Staat giert und bereit sich einzumischen! Wir brauchen das Heft des Handelns endlich wieder in die Hand. keinen Zwang und keine Pflichtdienste!

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Betreuung der grünen Kreisverbände in Baden-Württemberg Seite 24

Zuständige grüne Abgeordnete des Schwarzwald-Baar Ulrich Schneider 17. Deutschen Bundestages Schwäbisch Gmünd Harald Ebner Schwäbisch Hall Harald Ebner Sigmaringen Agnieszka Brugger Stuttgart Biggi Bender Aalen Harald Ebner Tuttlingen Ulrich Schneider Alb-Donau Beate Müller-Gemmeke Tübingen Beate Müller-Gemmeke Biberach Agnieszka Brugger Ulm Beate Müller-Gemmeke Bodenseekreis Agnieszka Brugger Waldshut Kerstin Andreae Breisgau.-Hochschw. Kerstin Andreae Wangen Agnieszka Brugger Böblingen Ingrid Hönlinger Zollernalb Beate Müller-Gemmeke Calw Memet Kilic Emmendingen Kerstin Andreae Esslingen Biggi Bender Bundestagsbüro in Konstanz Ettlingen Sylvia Kotting-Uhl Freiburg Kerstin Andreae Ulrich Schneider betreibt das Bundestagsbüro Freudenstadt Memet Kilic in Konstanz weiter - zusätzlich zu seinem Göppingen Biggi Bender eigenen Wahlkreis. An den Personal- und Hardt Gerhard Schick Bürokosten dieser “Südwest-Begrünung” Heidelberg Fritz Kuhn beteiligen sich weitere 8 Abgeordnete der Heidenheim Biggi Bender Landesgruppe: Heilbronn Ulrich Schneider Hohenlohe Harald Ebner Harald Ebner Karlsruhe Sylvia Kotting-Uhl Sylvia Kotting-Uhl Karlsruhe/Land Sylvia Kotting-Uhl Beate Müller-Gemmeke Konstanz Ulrich Schneider Gerhard Schick Ludwigsburg Ingrid Hönlinger Kerstin Andreae Lörrach Kerstin Andreae Ingrid Hönlinger Main-Tauber Fritz Kuhn Agnieszka Brugger Mannheim Gerhard Schick Memet Kilic Neckar-Odenwald Fritz Kuhn Bundestagsbüro Konstanz Neckar-Bergstraße Fritz Kuhn Conrad-Gröber-Str. 6 Odenwald-Kraichgau Gerhard Schick 78464 Konstanz Ortenau Fritz Kuhn Tel.: 07531 / 3690355 Pforzheim-Enzkreis Memet Kilic Rastatt/Baden-Baden Sylvia Kotting-Uhl Vorläufige E-Mail: [email protected] Ravensburg Agnieszka Brugger Rems-Murr Ingrid Hönlinger Reutlingen Beate Müller-Gemmeke Rottweil Memet Kilic Südwest Grün März 2012

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SÜDWEST GRÜN erscheint ca. 4 x mal im Jahr. in den Wahlkreisen unterwegs sein, wie wir es Darin berichten wir als Landesgruppe Baden- gerne möchten. Württemberg der grünen Bundestagsabgeordneten von unserer Arbeit. Es wird als pdf-Datei versandt . Daher seid ihr, die Grünen in Baden- Wer den Rundbrief regelmäßig beziehen will: bitte E- Württemberg, unser stärkstes Bindeglied „ins Mail an [email protected] Ländle“ und für uns ist es wichtig zu erfahren, Betreff: Abo Südwest-Grün was euch konkret „auf den Nägeln brennt“.

Ältere Ausgaben der 17. Wahlperiode unter: Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den www.kotting-uhl.de/cms/default/ Wahlkreisbüros sind vor Ort für euch und eure rubrik/18/18048.suedwestgruen.html Anliegen da und stehen in engem Kontakt mit

uns Abgeordneten in Berlin. Eure Ideen und eu- Aufgrund der großen Distanz zwischen Baden- er Engagement sind eine wichtige Ergänzung zu Württemberg und Berlin können wir selbst nicht so oft unserer parlamentarischen Arbeit.

Rundbrief der baden-württembergischen Grünen im Bundestag

V. i. S. d. P. Sylvia Kotting-Uhl MdB (Landesgruppensprecherin) Mehr aus der Bundestagsfraktion unter Platz der Republik 1, 11011 Berlin Tel. 030/227-74740 www.gruene-fraktion.de Fax 030/227-76742 E-Mail: [email protected] Redaktion: Ingrid Behner Südwest Grün März 2012