3 Vorwort

Franz Tunder wurde 1614 oder 1615 wahrscheinlich in Lübeck geboren.1 Sein baute und beschaffte.8 Tunder dürfte von ihm einiges über die Technik des gleichnamiger Vater († 1635) betrieb seit 1599 einen Buchladen bei der Marien- Orgelbaus gelernt haben. Die Orgel der Schlosskapelle, deren Hauptwerks- kirche. Anscheinend bestanden verwandtschaftliche Beziehungen zu den Trägern gehäuse 1567 datiert ist, wurde 1625/26 von Hecklauer umgebaut und hatte des Familiennamens Tunder auf der Insel Fehmarn. Ein Dokument von 1632 aus danach 21 Register auf zwei Manualen, aber kein Pedal. den Akten des Pastorats Bannesdorf, das den jungen als ,Scholare 1634 wurde dem Hoforganisten Tunder ein Kapellknabe (Christian Wend[e]ler, musicus‘ in Kopenhagen bezeichnet,2 ist heute nicht mehr auffindbar. Daher lässt nachmals Organist in Apenrade) in die Lehre gegeben; später übernahm er sich die Glaubwürdigkeit dieser Aussage nicht beurteilen. Über Tunders Aus- auch die musikalische Erziehung der Prinzessinnen. Noch in Lübeck bildete er bildung ist im Übrigen nichts Sicheres bekannt. Johann Matthesons Behauptung, Schüler auf Kosten des Gottorfer Herzogs aus. 1640 heiratete er Elisabeth Voigt, er habe „in Italien bei dem weltberühmten Frescobaldi gelernet“,3 ist wohl die Tochter des ehemaligen Hofschneiders. unzutreffend. Näher liegt die Annahme, dass er bei dem Marienorganisten Peter Die Tätigkeit der Musiker im nordelbischen Gebiet war in ein komplexes Netz Hasse († 1640), der Kontakte zur Sweelinck-Schule hatte,4 ersten Orgelunterricht politischer und kultureller Beziehungen eingebunden; ihre Lebensläufe sind erhielt und danach seine Ausbildung bei einem auswärtigen Meister fortsetzte. von häufigen Wechseln zwischen höfischen und städtischen Anstellungen Wenn er mit 14 oder 15 Jahren nach Dänemark ging, so konnte er dort einige gekennzeichnet. Der Gottorfer Hof hatte sich schon seit langem durch seine bedeutende Organisten antreffen: einerseits den betagten Melchior Borchgre- hochstehende Musikpflege ausgezeichnet; in den 1620er Jahren blühte die vinck (um 1569–1632), Schüler Giovanni Gabrielis, lange Zeit als Organist und Violenmusik unter dem Kapellmeister William Brade (1560–1630, tätig u. a. in Kapellmeister im Dienst des dänischen Hofs; aber auch Vertreter der aktuellen Kopenhagen und in der Hamburger Ratsmusik). Zu höfischen Feierlichkeiten Stilrichtung in der Orgelkunst wie den Hannoveraner Melchior Schildt wurden oftmals Musiker aus den Hansestädten geholt; die Hamburger Heinrich (1592/93–1667), Schüler Sweelincks, 1626–1627 im Kloster Dalum bei Odense Scheidemann und Johann Schop (um 1590–1667) spielten mehrfach in Gottorf Musiklehrer der Kinder von Christian IV. und Kirsten Munk, danach bis 1629 auf. Als Tunder 1641 nach Lübeck wechselte, traf er dort bedeutende Musiker wahrscheinlich in Kopenhagen in königlichen Diensten,5 oder Johan Lorentz wieder, die mit ihm in Gottorf gewesen waren, u. a. den Lautenisten Paul Bruhns (um 1610–1689),6 Sohn des berühmten Orgelbauers gleichen Namens, Schüler (um 1612–1655), den Großvater von . (und später Schwiegersohn) des Hamburger Petri-Organisten In Lübeck hatte der Marienorganist Peter Hasse eine umfassende Renovierung (1586–1651), seit 1629 Organist der Vor Frue Kirke. der großen Orgel durch Friedrich Stellwagen (1603–1660) in Auftrag gegeben, Ob Tunder bei einem dieser Organisten für längere Zeit Unterricht nehmen konn- deren Vollendung er nicht mehr erleben sollte. Die Orgel wurde 1641 (vor te, ist allerdings unsicher: Schildt verließ Dänemark 1629, und Lorentz begab sich Tunders Amtsantritt) von abgenommen und bestand in 1631 auf eine Studienreise nach Italien. Auch die kriegerischen Zeitumstände dieser Gestalt noch zu Buxtehudes Zeit. Die kleine Orgel der Marienkirche waren für eine Ausbildung in Kopenhagen nicht günstig. Tunder könnte sich ließ Tunder in den Jahren 1653–55 ebenfalls durch Stellwagen reparieren, der in direkt nach gewandt haben, um dort bei zwei Sweelinck-Schülern, einer Eintragung auf der Windlade die anscheinend nicht immer konfliktfreie nämlich Jacob Praetorius und seinem Kollegen an St. Katharinen, Heinrich Zusammenarbeit dokumentierte („Der Organist und werckmeister his Frantz Scheidemann (um 1594–1663), seine Kenntnisse der Orgelkunst zu vertiefen. Im Tunder, ein Kluger man, fast allzu klug.“). Damit standen ihm zwei repräsen- Hinblick auf Stil und Überlieferungskontext seiner Orgelmusik gewinnt diese tative Instrumente des norddeutschen Orgelbarock zur Verfügung. Zu seinen Vermutung ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit. Ein über die eigentliche Organistenpflichten kam ab 1647 noch das Amt des „Werckmeisters“ (Kirchen- Ausbildungszeit hinausreichender Kontakt zur Hamburger Praetorius-Schule rechners) hinzu, der die Einnahmen und Ausgaben der Kirchengemeinde zu könnte nicht nur die spezielle Überlieferungslage der Choralfantasie Herr Gott, verwalten hatte. dich loben wir (siehe dazu weiter unten) erklären, sondern auch die andauernde Schon bald scheint Tunder mit den abendlichen Musikdarbietungen begonnen Freundschaft mit (um 1616–1674), der 1633 Schüler von zu haben, aus denen sich die weithin berühmten Lübecker Abendmusiken Jacob Praetorius wurde.7 entwickeln sollten. In einer Eingabe aus dem Jahr 1646 wird das „Abendspielen“ Im Dezember 1632 wurde Tunder als Organist am Hof des Herzogs Friedrich III. zum ersten Mal erwähnt und als eine wichtige, wenngleich unregelmäßige (1597–1659) in Gottorf angestellt. Diese Stellung hatte seit 1620 der Orgelbauer Einnahmequelle bezeichnet. Über die Anfänge dieser Konzertreihe berichtet Johann Hecklauer (1596–1652), ein Neffe von Esaias Compenius, innegehabt, der ein Jahrhundert später der Lübecker Kantor Caspar Ruetz9 nach mündlicher auch weiterhin am Hof tätig blieb und in herzoglichem Auftrag Instrumente Überlieferung, dass es sich zunächst um reine Orgelvorträge für die Bürgerschaft 4 vor dem Gang zur Börse gehandelt habe; durch den Beifall und die finanziellen Cantus firmus „auf 2 Clavier“ mit wechselnden Satz- und Spieltechniken dürfte Zuwendungen reicher Musikfreunde angespornt, habe der Organist „erstlich auf das Spiel zum Magnificat der Vesper zurückgehen; voll ausgeprägt erscheint einige Violinen, und ferner auch Sänger“ hinzugenommen, „biß endlich eine die Gattung zuerst bei Scheidemann. Tunders Fantasie Herr Gott, dich loben wir starcke Music daraus geworden“. Nach Ruetz fanden diese Konzerte jeweils (Nr. 8 der vorliegenden Ausgabe) entspricht in ihrem Aufbau weitgehend einer donnerstags statt. Tunders Nachfolger hat sie schließlich Scheidemannschen Choralfantasie: Die Melodiezeilen (oder vielmehr Halbverse zu großangelegten opernähnlichen Veranstaltungen ausgebaut, die auf fünf des Wechselgesangs) erscheinen zunächst nur wenig koloriert in der Oberstimme, Sonntage im Spätjahr (vorletzter Sonntag nach Trinitatis bis 4. Advent, ohne den die vierte wird von der linken Hand verziert auf dem Solomanual ausgeführt, die 1. Advent) verteilt wurden. Wiederholungen der dritten und vierten Halbzeile werden in paarigen Einsätzen Auch in Lübeck bildete Tunder Orgelschüler aus. Einer von ihnen, Peter Grecke von Bass und Sopran dargestellt. Auch der Abschnitt „Heilig ist unser Gott“ (Takt (1647–1678), wurde 1673 als Ratsmusikant angestellt. Der Rostocker Marien- 44–65) kennt den Wechsel der Solostimme von der Sopran- in die Tenorlage organist Nicolaus Hasse (um 1605–1670) bat 1661 die Kirchenvorsteher um einen und wieder zurück. Im Abschnitt „Dein göttlich Macht und Herrlichkeit“ (Takt Reisekostenzuschuss für seinen knapp zehnjährigen Sohn, damit dieser sich bei 66–101) kommen zwei Echotechniken zur Anwendung: Drei- bis vierstimmige Heinrich Scheidemann in Hamburg und Franz Tunder in Lübeck fortbilden Phrasen, die zunächst einen Halbvers, dann immer kürzere Abspaltungen davon könne.10 Es ist anzunehmen, dass Hasse schon zuvor in musikalischem Austausch umfassen, werden auf dem Rückpositiv vorgespielt und auf dem Hauptwerk mit Tunder gestanden hatte (er wirkte ab 1642 in Rostock).11 wiederholt; ab Takt 88 werden über dem im Bass liegenden Cantus firmus kurze, 1667 wurde Tunder von einem hitzigen Fieber befallen, von dem er sich langsam ineinander verzahnte Motive in einer Kombination von Kanon- und Echo- erholte; ein neuerlicher Anfall führte aber am 5. November zu seinem Tod im technik zwischen den beiden Manualen hin- und hergeworfen.15 Der Schluss- 53. Lebensjahr. Am 11. April 1668 wurde Dieterich Buxtehude zu seinem abschnitt kehrt zu herkömmlichen Durchführungsweisen zurück, wobei das Nachfolger gewählt; dieser heiratete im gleichen Jahr Tunders zweite Tochter schon von Sweelinck gepflegte Oberstimmenecho breiten Raum einnimmt. Anna Margaretha. Ihre ältere Schwester Auguste Sophie hatte schon 1663 den Innerhalb einer Zeilendurchführung wird oft der unverzierte Cantus firmus durch Kantor Samuel Franck (1633–1679) geheiratet. imitierende Gegenmotive kontrapunktisch begleitet. Diese Technik findet sich Im Kontext der norddeutschen Orgelkunst steht Tunder zwischen den Meistern bei Scheidemann eher in anderen Satztypen (wie den Eingangssätzen der der Sweelinck-Schule und den berühmten Organisten Dieterich Buxtehude Magnificat-Zyklen), sie gehörte aber zweifellos zum Lehrstoff der Sweelinck- (1637?–1707) und Johann Adam Reinken (1643?–1722). Neben dem etwas Schule, deren Unterricht eine gründliche theoretische Unterweisung auf der älteren Johan Lorentz wären aus dieser Generation zu nennen: der Danziger Grundlage von Gioseffo Zarlinos Istitutioni harmoniche (1558) beinhaltete. Ewald Hintz (1613–1668), der Kieler Nicolai-Organist Jacob Kortkamp (um Während die Anfänge der Choralfantasien Scheidemanns den Eindruck kolo- 1615–1665) und vor allem Matthias Weckmann, der 1655 Organist an St. Jakobi rierter Motetten machen, ist Tunders Schreibweise ausgesprochen instrumental – in Hamburg wurde; von den Tastenkünstlern aus anderen Gegenden des in diesem Punkt berührt sie sich mit dem Orgelstil von Jacob Praetorius, dessen deutschen Sprachgebiets ist Johann Jacob Froberger (1616–1667) zweifellos die vielgerühmte Tastenpolyphonie sich stärker am Klang des Violenconsorts zu markanteste Gestalt. orientieren scheint als an vokalen Vorbildern.16 Wie Scheidemann bevorzugt Wie Weckmann und später Buxtehude hat auch Tunder Vokalmusik komponiert. Tunder einen durchsichtigen vierstimmigen Kontrapunkt, doch kommt bei ihm Siebzehn dieser Werke sind erhalten geblieben,12 Vertonungen lateinischer (7) auch der in der Schule von Jacob Praetorius gepflegte klangvolle fünfstimmige und deutscher (10) Texte, Andachtsmusiken, Psalmkompositionen, geistliche Satz in ruhiger Bewegung als Episode innerhalb einer Choralfantasie (In dich hab Arien, Bearbeitungen deutscher Choräle. Der Einfluss der italienischen geist- ich gehoffet, Herr, Nr. 9, Takt 41–43) oder als Einzelvers eines Variationszyklus (Jesus lichen Concerti, die damals durch italienische Musiker an den deutschen Christus, unser Heiland, Nr. 10, 1. Versus) vor. Im letzteren Beispiel wird die Fürstenhöfen eingeführt wurden, ist überall zu spüren; Salve mi Jesu ist die Choralmelodie in Tenorlage als obere Pedalstimme geführt. Der Grund für diese Parodie eines Salve Regina von Giovanni Rovetta (1595/97–1668).13 Technik, die später in seiner großen Bearbeitung des Chorals Aus tiefer Not schrei ich zu dir aufgriff, war wohl schon in den fünf- Die Orgelwerke stimmigen Magnificatversen von Jacob Praetorius gelegt; aber erst bei Matthias Franz Tunders Orgelwerk umfasst neben vier Praeludien (und dem Fragment Weckmann ist sie ausdrücklich bezeugt.17 Tunders Variationssatz erreicht aller- eines fünften) und einer Canzon neun Choralbearbeitungen. Sechs von ihnen dings nicht die Monumentalität der Choralverse Weckmanns – oder strebt sie repräsentieren die „weitläufftige“14 Bearbeitungsweise, die von der Musik- vielmehr gar nicht an: Der Cantus firmus erscheint in normaler Halbenoten- forschung als „Choralfantasie“ bezeichnet wird. Die zeilenweise Darstellung des Mensur (gegenüber ganzen Noten bei Weckmann), und die thematische 5

Bindung der kontrapunktierenden Stimmen ist lockerer. Fritz Dietrichs chronologische Einordnung, da wir nicht genau wissen, wann della Portas Vermutung, dass Tunders Versfolge in Wirklichkeit Weckmann zuzuschreiben Canzon entstand und wann sie den Weg in den Norden Deutschlands gefunden sei,18 ist daher als unbegründet anzusehen. haben könnte.22 Aus den norddeutschen Tabulaturquellen wird die Rezeption der Häufig finden sich in Tunders Choralfantasien zweistimmige kanonische italienisch-süddeutschen Orgelkunst erst um die Jahrhundertmitte fassbar. Hein- Führungen in kurzem Abstand. Diesen durchaus nicht neuen Kunstgriff, der rich Baltzer Wedemann hat in seinen Tabulaturbüchern, den wichtigsten Über- schon bei Hieronymus Praetorius (1560–1629) anzutreffen ist, verwendet Tunder lieferungszeugen der Orgelmusik Scheidemanns, Tunders und Weckmanns, auch mit größerer Konsequenz oft über relativ lange Strecken, wenngleich er nicht so eine Canzon von Frescobaldi und ein Ricercar von Froberger23 aufgezeichnet, weit geht wie Weckmann, der ganze Choralverse in kanonischer Technik schreibt. sowie eine 1657 datierte Canzon in F von Scheidemann, die deutlich diesen Vor- Die einzelnen Zeilendurchführungen einer Choralfantasie wirken oft wie Lösun- bildern verpflichtet ist.24 Eine wichtige Rolle als Vermittler dieser Kunst dürfte gen unterschiedlicher Kompositionsaufgaben, etwa in Was kann uns kommen an für Matthias Weckmann gespielt haben, der mit Froberger befreundet war und von Not (Nr. 13), wo Teile der Melodie zu prägnanten ‚soggetti‘ umgeformt und in ihm umfassend über seine Spielmanieren informiert wurde. In seinen pedaliter- verschiedenen imitierenden Techniken (einschließlich des doppelten Kontra- Werken (Praeambulum, Fantasia und Fuga in d) überträgt er die mehrteilige Fres- punkts, Takt 41–50) durchgeführt werden. Dass das Stück letztendlich nicht als cobaldische Canzonenform auf die Orgel (unter Einbeziehung des Pedals) und eine Ansammlung von interessanten Einzelstudien, sondern als ein einheitliches legt damit den Grund für die aus Buxtehudes Orgelwerken wohlbekannte nord- Werk mit zwingendem Spannungsverlauf wahrgenommen wird, ist dem klugen deutsche Orgeltoccata. Tunder hat, soweit wir sehen, an diesen Neuerungen nur Einsatz der klanglichen Mittel der Orgel zu verdanken: Die unterschiedlichen begrenzt Anteil genommen. Seine Praeludien kennen die Frobergersche Technik Farben von Hauptwerk, Rückpositiv und Pedal treten in verschiedenen Kombi- der Variationsfuge nicht; sie folgen vielmehr einem Grundplan, der auch noch nationen, auch mit Lagentausch und Verzahnungen, auf, wobei besondere Echo- bei Buxtehude (BuxWV 147, 157) gelegentlich vorkommt: Einer freien Einleitung techniken wie die oben beschriebene Kanon-Echo-Kombination (Takt 187–198) schließt sich eine ausgedehnte Fuge über ein beibehaltenes Thema an, die in eine Kulminationspunkte der klanglichen Intensität darstellen, die einen Einschnitt kurze Coda mündet. Gegenüber den Praeambula der Altmeister Praetorius und markieren oder einen Schlussabschnitt vorbereiten. Letzteres geschieht in dieser Scheidemann sind die Rahmenteile stärker mit Diminutionen durchsetzt und Choralfantasie (Takt 237–244) durch eine doppelchörige Responsion mit Tenor- weisen einen freieren Gestus auf. Durch die Einführung der Themenverkleine- Cantus-firmus im Pedal, die sonst nur bei Melchior Schildt19 anzutreffen ist. rung am Schluss (Nr. 1, 3, 4) wird eine Belebung des Satzes erreicht – Vorbilder Tunders Orgelmusik erschöpft sich aber nicht in der Nachahmung des Stils der dafür lassen sich bei Jacob Praetorius finden.25 Sweelinck-Schule. Hochbarocke Züge zeigen sich in der ausgiebigen Fragmentie- Eine Chronologie der Orgelmusik Franz Tunders aufzustellen, ist ein fast aus- rung des Cantus firmus, im Einsatz sprechender Pausen und in der Führung der sichtsloses Unterfangen. Es ist bisher nicht gelungen, einzelne Stücke zweifelsfrei kolorierten Linien, die gegenüber der ausbalancierten und eleganten Schreib- den Gottorfer Jahren zuzuordnen. Die Canzon wäre zwar auf der Gottorfer Orgel weise Scheidemanns stärker gezackt ist, unruhiger und gespannter wirkt. Die Hin- spielbar gewesen, da sie keinen Pedalpart aufweist; nach den obigen Überlegun- führung zum Anfangsklang eines Praeludiums oder zum Anfangston der Choral- gen wäre sie aber nach 1650 zu datieren. Auf meinen lieben Gott (Nr. 6), eine melodie erfolgt meist in einer einstimmigen Passage. Derartige Initialfiguren, die Kombination aus Choralvariation und Choralfantasie, verzichtet ebenfalls auf bei Buxtehude die Regel sind, scheinen in der Generation Tunders aufgekommen das Pedal. Dies muss aber nicht dem Notstand einer pedallosen Orgel zuge- zu sein; sie finden sich auch in den Praeambula von Johan Lorentz. Triomäßige schrieben werden, sondern könnte sehr wohl auf eine bewusste künstlerische Gestaltungen in den Schlussabschnitten mehrerer Stücke, wo über einem ruhigen Entscheidung zurückgehen.26 Die Melodie von Jacob Regnart gehörte ursprüng- Bass zwei Oberstimmen in Terz- und Sextparallelen oder im freien Kanon geführt lich zu einem weltlichen Tanzlied. Das ist wohl auch der Grund dafür, dass sie in werden (z. B. in Komm, Heiliger Geist, Herre Gott, Nr. 12, Takt 134–140), lassen sich einem Kantionalbuch der Lübecker Marienkirche27 in schnellerer Mensur (mit mit ähnlichen Schlussbildungen bei Buxtehude vergleichen. Viertelnoten als Grundwert) aufgezeichnet ist als die meisten übrigen Choral- Italienischer Einfluss wird in einer zweiteiligen Canzon spürbar, die in Thomas melodien. Tunders Bearbeitung entspricht dieser Notation genau (auch die Ihres Tabulaturbuch überliefert ist. Wahrscheinlich kam Tunder auf indirektem Melodiefassung ist identisch). Viertelnoten-Mensur ist bei Samuel Scheidt ein Weg mit der italienischen Orgelkunst in Berührung (dass er 1628–30 Hecklauer wichtiges Erkennungsmerkmal der weltlichen Liedvariationen gegenüber den auf dessen Italienreise begleitet haben könnte,20 bleibt pure Spekulation). Ob die Kirchenliedbearbeitungen, in denen die halbe (oder ganze) Note den Grund- von Klaus Beckmann festgestellte Ähnlichkeit des Themas von Tunders Canzon wert bildet. Monumentale Cantus-firmus-Durchführungen im Pedal, sonst ein mit dem einer Canzon von Francesco della Porta (um 1605–1666)21 mehr ist als Standardelement der Tunderschen Choralfantasien, wären dem Charakter der bloßer Zufall, sei dahingestellt; jedenfalls liefert sie keinen Anhaltspunkt für die Melodie nicht angemessen gewesen. 6

Damit verbleibt kein Stück mehr, das sich eindeutig mit dem Gottorfer Instru- Heinrich Scheidemanns überlieferter Choralfantasien und Magnificat-Bearbei- ment in Verbindung bringen ließe. Tunders Orgelmusik scheint der Lübecker Zeit tungen an Tunder.31 Ein zusammen mit Tunders Praeludien in der Lüneburger anzugehören. Es könnte allenfalls gefragt werden, ob das eine oder andere Werk Tabulatur KN 207/16 anonym überliefertes Praeludium a 5 in F 32 wurde ebenfalls während seiner Ausbildungszeit, sozusagen als Gesellenstück, entstanden sein nicht aufgenommen, weil es – trotz des fehlenden ‚tripla‘-Teils – eher Weck- könnte. Nach der Quellenlage wäre das am ehesten für Herr Gott, dich loben wir mannsche Stilmerkmale aufweist. anzunehmen. Diese Choralfantasie ist in der Lüneburger Tabulatur KN 207/17,1 Der Notentext der vorliegenden Ausgabe wurde aufgrund der erhaltenen Quellen zusammen mit Bearbeitungen des deutschen Te Deum von Jacob Praetorius neu erstellt. Korrekturen von Schreibfehlern erfolgten nach sorgfältiger Abwä- und dessen Schüler Jacob Kortkamp überliefert.28 Praetorius’ Versfolge trägt das gung, unter Berücksichtigung des musikalischen Kontexts und der stilistischen Kompositionsdatum 1636; Kortkamps Stück könnte zum Abschluss seiner Eigenheiten der norddeutschen Orgelmusik. Vom Herausgeber ergänzte Noten Ausbildung geschrieben sein (1637 trat er seine Stelle als Nikolaiorganist in Kiel und Pausen erscheinen in Kleinstich. Verbesserungsvorschläge früherer Heraus- an). Angesichts der oben beschriebenen, noch eher konventionellen Gestaltung geber wurden geprüft, in vielen Fällen ergaben sich aber auch neue Lösungen, in Tunders Fantasie erscheint es durchaus möglich, dass es sich auch dabei um oder der Quellentext erwies sich als allen Verbesserungsversuchen überlegen. Eine ein Werk der 1630er Jahre handelt. gründliche Analyse des Quellenbefunds führte an einigen Stellen (z. B. Nr. 6, Wedemanns Tabulaturen, die frühestens in den 1660er Jahren begonnen wurden Takt 67–99) zu einer veränderten spielpraktischen Einrichtung. Besondere und Tastenmusik aus mehreren Jahrzehnten enthalten, und Ihres Klavierbuch Vorsicht schien bei der Ergänzung von Haltebögen und Akzidentien angezeigt. von 1679 können zur chronologischen Einordnung der Kompositionen Tunders Gestrichelte Bögen stellen Vorschläge des Herausgebers dar, deren Befolgung wenig beitragen. Bei der Pelpliner Tabulatur wurde überlegt, ob ihre Nieder- dem Spieler freigestellt ist. Zum Grundton aufsteigende Figuren (wie etwa Nr. 8, schriften norddeutscher Orgelkompositionen mit der Reise von Nicolaus Hasses Takt 85, 115, 130) erscheinen in der älteren norddeutschen Orgelmusik – und Sohn nach Hamburg und Lübeck im Jahr 1661 in Verbindung gebracht werden noch bei Buxtehude – vielfach ohne Leitton (vgl. die Auftaktfiguren in mehreren können.29 Aber auch wenn das zuträfe, ließe sich daraus allein eine Spätdatierung Variationen der Courante simple BuxWV 245). Gewisse Alterationen waren stim- der betreffenden Stücke nicht begründen; es müssen zusätzlich stilistische mungstechnisch problematisch, da die Orgeln zu Tunders Zeit im Allgemeinen Kriterien herangezogen werden. Dann wäre zumindest Christ lag in Todes Banden mitteltönig mit allenfalls leichten Modifikationen gestimmt waren. Die Tonstufe (Nr. 7) als ein relativ spätes Werk anzusehen; mit seiner exzessiven Anwendung as tritt nur im Schlussabschnitt von Nr. 6 viermal als Durchgangsnote auf. Die der Kanon-Echo-Technik und der ohne Rücksicht auf den Affekt des Texts Töne dis (Nr. 7, Takt 95, 98; Nr. 12, Takt 88) und ais (Nr. 12, Takt 90) waren im eingesetzten Chromatik kann es geradezu als Beispiel für musikalischen Kontext einer chromatischen Zeilendurchführung zu tolerieren. Nur in Nr. 8 Manierismus gelten. kommt dis häufiger vor, meist in verzierten Kadenzformeln; ein kompletter H-dur-Akkord war aber, wie Takt 61 zeigt, offenbar nicht gewünscht. Wo in der Zu dieser Ausgabe großen Oktave erwartete chromatische Töne ausbleiben (Nr. 3, Takt 42), könnte Die erste Gesamtausgabe der Orgelmusik Franz Tunders wurde von Klaus dies mit der kurzen Oktave zusammenhängen, die bis 1733 an den Orgeln von Beckmann 1974 vorgelegt (Edition Breitkopf 6718), nachdem zuvor Max Seiffert St. Marien sowohl in den Manualklaviaturen wie im Pedal bestand. Doch ist die Praeludien, Rudolf Walter die Choralbearbeitungen aus den Lüneburger der Verzicht auf diese Töne nicht konsequent durchgeführt.33 Tabulaturen und Jerzy Golos und Adam Sutkowski die Pelpliner Choralfantasien Die Verwendung verschiedener Manualwerke (Rückpositiv oder ‚Organum‘ = gesammelt und herausgegeben hatten.30 Beckmanns Edition kommt das un- Hauptwerk) und des Pedals ist in den Quellen entweder ausdrücklich angegeben, bestreitbare Verdienst zu, Tunders Orgelkompositionen erstmals in kritisch oder sie ergibt sich aus der Anordnung der Stimmzüge. Zweifelhafte Stellen nachprüfbarer und spielpraktisch verwendbarer Form vorgelegt zu haben. In werden im Kritischen Bericht erörtert. Bei doppelchörig angelegten Abschnitten den vergangenen Jahrzehnten sind allerdings so viele neue Erkenntnisse zu den treten an die Stelle der Manualangaben oft dynamische Angaben: „forte“ und Quellen, zum stilistischen Umfeld und zur Aufführungspraxis gewonnen „piano“ oder in den Pelpliner Tabulaturen gelegentlich „scharf“ und „sanft“, was worden, dass es sinnvoll erscheint, das gesamte Orgelwerk aufgrund kritischer als Hinweis auf den Charakter der Registrierung aufgefasst werden kann. Auf Sichtung des Quellenmaterials neu für die Praxis herauszugeben. Der Werk- mehrmanualigen Orgeln kann natürlich der Einsatz eines dritten Manuals in bestand ist gegenüber der Ausgabe von 1974 unverändert geblieben. Wie aus Betracht gezogen werden, etwa (nach der Art von Jacob Praetorius) für Diskant- dem oben Gesagten deutlich geworden sein dürfte, hält der Herausgeber nicht Echos. nur die Echtheitszweifel an der Variationenreihe Jesus Christus, unser Heiland für Abschließend sei allen gedankt, die zum Entstehen dieser Ausgabe beigetragen unbegründet, sondern auch die Neuzuschreibungen einiger unter dem Namen haben: den Bibliotheken in Lüneburg, Pelplin und Uppsala, die Editionsgeneh- 7 migungen erteilten und Quellenreproduktionen zur Verfügung stellten; den Scherliess, Arndt Schnoor, „Theater-Music in der Kirche“. Zur Geschichte der Lübecker Freunden und Kollegen Pieter Dirksen, Armin Schoof, Roland Börger, die Abendmusiken. Katalog der Ausstellung in der Musikhochschule Lübeck 24.–27. September wertvolle Hinweise und Anregungen gaben; nicht zuletzt Eva-Maria Hodel für 2003, Lübeck 2003 (= Schriften der Stadtbibliothek, 3. Reihe, 37), S. 36–38. die umsichtige redaktionelle Betreuung, und Martin Steinebrunner für seine 10 Imme Tempke, Neue Erkenntnisse über das Leben und Wirken von Nicolaus Hasse und technisch und musikalisch hervorragende Umsetzung der Stichvorlage. anderen Organisten aus seiner Familie, in: Karl Heller (Hrsg.), Musik in Mecklenburg. Beiträge eines Kolloquiums zur Mecklenburgischen Musikgeschichte, veranstaltet vom Institut für Musikwissenschaft der Universität Rostock, 24.–27. September 1997, Hildesheim 2000, Freiburg, Sommer 2012 Michael Belotti S. 259–272, bes. S. 265f. 11 Dafür spricht der Stil seiner Orgelkompositionen, besonders der Choralfantasie Komm, Heiliger Geist, Herre Gott (Edition siehe Anm. 4). 12 Franz Tunder, Gesangswerke, hrsg. von Max Seiffert, Leipzig 1900 (= Denkmäler deutscher 1 Zur Biographie: Wilhelm Stahl, Franz Tunder und Dietrich Buxtehude. Ein biographischer Tonkunst 3). Versuch, in: Archiv für Musikwissenschaft 8 (1926), S. 1–77; Bernhard Engelke, Musik und 13 Eine Dissertation zu Leben und Werk Franz Tunders mit Schwerpunkt auf den Musiker am Gottorfer Hof, Bd. II: 1630–1702, Typoskript im Musikwissenschaftlichen Vokalkompositionen wird von Almut Jedicke (Kiel) vorbereitet. Institut der Universität Kiel; Kurt Gudewill, Franz Tunder und die nordelbingische Musik- 14 So der Ausdruck des Nekrologs über Bachs Improvisation in Hamburg 1720, die kultur seiner Zeit, Lübeck 1967; G. K. Birkner, Woher stammte Franz Tunder? Aus Lübeck offenbar in der Art einer norddeutschen Choralfantasie erfolgte. Zur Gattung Choral- und nicht von Fehmarn!, in: Lübeckische Blätter 1996, S. 248; Ulrich Althöfer, Die Gottor- fantasie und den dabei verwendeten Techniken siehe Fritz Dietrich, Geschichte des fer Hoforganisten, in: Heinz Spielmann, Jan Drees (Hrsg.), Gottorf im Glanz des Barock. deutschen Orgelchorals im 17. Jahrhundert Kassel 1932, (= Heidelberger Studien zur Kunst und Kultur am Schleswiger Hof. Kataloge der Ausstellung […], Bd. I: Die Herzöge und Musikwissenschaft 1), S. 41–56; Werner Breig, Die Orgelwerke von Heinrich Scheidemann ihre Sammlungen, Schleswig 1997, S. 299–305; Kerala J. Snyder, Art. „Tunder, Franz“, in: Wiesbaden 1967, (= Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft 3), S. 37–45; Pieter New Grove, Bd. 25, London 2001, S. 880–882; Almut Jedicke, Art. „Tunder, Franz“, in: Dirksen, Heinrich Scheidemann’s Keyboard Music: Transmission, Style and Chronology, Neue Lübecker Lebensläufe, hrsg. von Alken Bruns, Neumünster 2009, S. 584–588. Aldershot 2007, S. 97–99. 2 Siehe Arnfried Edler, Der nordelbische Organist, Kassel 1982, S. 49. 15 Vgl. Scheidemanns Choralfantasie Jesus Christus, unser Heiland, Takt 205–213. Edition: 3 , Grundlage einer Ehren-Pforte, Hamburg 1740, Neudruck, hrsg. von H. Scheidemann, Choralbearbeitungen, hrsg. von Gustav Fock, Kassel 1967, S. 72. Max Schneider, Berlin 1910, S. 227. 16 Dass sich Jacob Praetorius mit Violenmusik befasste, zeigen seine Beiträge (zwei 4 Seine Orgelkompositionen sind enthalten in: Orgelmusik der Familie Hasse, hrsg. von Galliarden) zur Sammlung Außerlesener Paduanen und Galliarden erster Theil von Michael Belotti, Stuttgart 2009, S. 15–19; zur Frage einer möglichen Schülerschaft Zacharias Füllsack und Christian Hildebrand, Hamburg 1607. bei Sweelinck siehe ebenda, S. 3. 17 Für den Eröffnungsvers des Choralzyklus O Lux beata Trinitas in der Lüneburger 5 Werner Breig, Melchior Schildt. Zu seinem dreihundertsten Todestag, in: Musik und Kirche Tabulatur KN 209, wiedergegeben in: Matthias Weckmann, Choralbearbeitungen für 37 (1967), S. 152–160; Christian Vestergaard-Pedersen, Melchior Schildt i Danmark. En Orgel, hrsg. von Werner Breig, Kassel 1979, S. V. oversigt over tid og sted for hans ophold i årene 1626–1629, in: Dansk årbog for musikforskning 18 Dietrich (wie Anm. 14), S. 57. 7 (1973–1976), S. 237–245. 19 Magnificat I. modi, 2. Versus, Takt 151–162. Edition: Melchior Schildt, Choralbearbei- 6 Die Orgelkonzerte von Johan Lorentz in der Nikolaikirche, in denen man ein mög- tungen, hrsg. von Werner Breig, Köln 1968 (= Organum, II. Reihe, 24), S. 40f. liches Vorbild für Tunders „Abendspielen“ sehen könnte, sind erst ab 1634 bezeugt. 20 Engelke, wie Anm. 1, S. 46; Gudewill, wie Anm. 1, S. 11. Siehe Bo Lundgren, Johan Lorentz in Kopenhagen – organista nulli in Europa secundus, in: 21 Klaus Beckmann, Echtheitsprobleme im Repertoire des hanseatischen Orgelbarock, in: Ars Bericht über den 7. Internationalen Musikwissenschaftlichen Kongress Köln 1958, Kassel 1959, Organi 37 (1989), S. 150–162, bes. S. 158f. Der Identifizierung liegt die Ausgabe S. 183–185. von Bernhard Billeter (Francesco Bianciardi, Costanzo Porta, Keyboard Compositions, 7 Nicht erst 1637, wie die ältere Forschung annahm; siehe Ibo Ortgies, Neue Erkenntnis- Stuttgart 1977 [= Corpus of Early Keyboard Music 41]) zugrunde, der die in der Turiner se zur Biographie Matthias Weckmans, in: Sverker Jullander (Hrsg.), Proceedings of the Tabulatur unter dem Namen „Francesco Porta“ überlieferten Ricercari und Canzonen Weckmann Symposium Göteborg 30 August–3 September 1991, Göteborg 1993 (= Skrifter fälschlich Costanzo Porta († 1601) zuschreibt. Überdies sind in seiner Übertragung die från Musikvetenskapliga avdelnigen 31), S. 1–24, bes. S. 4. 1648 fungierte Tunder als Notenwerte verkürzt, was die Beweiskraft der Gegenüberstellung bei Beckmann (S. 159) Trauzeuge bei Weckmanns Vermählung. relativiert. 8 Über Hecklauer: Ludwig Andresen, Walther Stephan, Beiträge zur Geschichte der Gottor- 22 Die Niederschrift in der Turiner Tabulatur (Bd. X, fol. 52v–54r), die vermutlich auf fer Hof- und Staatsverwaltung von 1544–1659, Bd. I, Kiel 1928 (= Quellen und Forschun- einen verschollenen Druck zurückgeht, ist etwa 1639 zu datieren. Das Stück dürfte gen zur Geschichte Schleswig-Holsteins 14), S. 56–58; Althöfer, wie Anm. 1, S. 302. nicht sehr viel älter sein (della Portas op. 2 wurde 1645 gedruckt). 9 Caspar Ruetz, Widerlegte Vorurtheile von der Beschaffenheit der heutigen Kirchenmusic und 23 In den Lüneburger Tabulaturen (siehe die Quellenbeschreibungen am Ende des von der Lebens-Art einiger musicorum, Lübeck 1752, S. 44–49. Wiedergegeben in: Volker vorliegenden Bands) KN 207/15, Nr. 31; KN 209, Nr. 58. 8

24 KN 209, Nr. 59; Heinrich Scheidemann, Orgelwerke, Bd. III: Praeambeln, Fugen, 29 Klaus Beckmann, Scheidemann oder Tunder? Echtheitsprobleme bei sechs Choralfantasien Fantasien, Canzonen und Toccaten, hrsg. von Werner Breig, Kassel 1971, S. 35–37. in den Pelpliner und Zellerfelder Orgeltabulaturen, in: Schütz-Jahrbuch 1999, S. 77–97, bes. 25 Praeambulum in d: Das Thema der in Takt 18 beginnenden Fuge tritt ab Takt 82 in S. 79. Verkleinerung auf; Magnificat II. et VIII. toni, 2. Versus (Endung für den VIII. Ton), 30 Franz Tunder, 4 Praeludien, hrsg. von Max Seiffert, Leipzig o. J. (= Organum, IV. Reihe, Takt 123a–140a. Edition: Jacob Praetorius, 3 Praeambula — Magnificat-Bearbeitungen, 6); Sämtliche Choralbearbeitungen, hrsg. von Rudolf Walter, Mainz 1958; J. Golos, hrsg. von Michael Belotti, Stuttgart 2000, S. 3 und 36. A. Sutkowski (Hrsg.), Keyboard Music from Polish Manuscripts, Vol. II: Organ Chorales 26 Mads Kjersgaard („Die Orgel der Gottorfer Schloßkapelle“, in Jahrbuch des Schleswig- by Heinrich Scheidemann and Franz Tunder, American Institute of Musicology 1967 Holsteinischen Landesmuseum Schloß Gottorf, NF 6 [1996–1998], S. 97–120, bes. S. 118) (= Corpus of Early Keyboard Music 10/II). macht darauf aufmerksam, dass Auf meinen lieben Gott auf der Gottorfer Orgel wegen 31 Siehe Anm. 29 und die Diskussionsbeiträge des Herausgebers: Die Choralfantasien des Klaviaturumfangs nicht ausführbar war. Heinrich Scheidemanns in den Pelpliner Orgeltabulaturen, in: Schütz-Jahrbuch 1992, S. 90– 27 Archiv der Hansestadt Lübeck, Archiv der Marienkirche, I, III 13 (Sopranstimme eines 107; und Scheidemann oder Tunder? Zu Klaus Beckmanns Aufsatz im Schütz-Jahrbuch 1999, Kantionals wahrscheinlich aus der Zeit Samuel Francks). Siehe Kerala Snyder, Returned in: Schütz-Jahrbuch 2000, S. 135–139. War Booty: A ‘New’ Manuscript Chorale Book from Lübeck, Referat auf der Tagung der 32 Edition von Max Seiffert (Anonymi der norddeutschen Schule. 6 Praeludien und Fugen, Internationalen Arbeitsgemeinschaft für theologische Bachforschung, Løgumkloster, Lippstadt o. J. [= Organum, IV. Reihe, 10], S. 16–22), der im Vorwort (S. 2) Tunders 2. Oktober 1999. Autorschaft für möglich hält. 28 Jacob Praetorius, Choralbearbeitungen für Orgel, hrsg. von Werner Breig, Kassel 1974, 33 Nr. 9, 10, 12 fordern Fis, Nr. 8 Gis, Nr. 11 hat in Takt 97 Fis, in Takt 120 F. S. 12–16; Kortkamps Stück ist ediert bei Arnfried Edler, wie Anm. 2, S. 402–411.

Preface

Franz Tunder was born in 1614 or 1615, most likely in Lübeck.1 His father the famous organ builder of the same name, pupil (and later son-in-law) of († 1635), who also bore the same name, opened a bookshop near the Marien- Jacob Praetorius (1586–1651), the organist at Hamburg’s Petrikirche, and organist kirche in 1599. The Lübeck Tunders were apparently related to the Tunders of the Vor Frue Kirke since 1629. residing on the island of Fehmarn. A document of 1632 from the archives of the It is uncertain whether Tunder was able to take lessons from one of these pastorate of Bannesdorf, which designates the young Franz Tunder as ,Scholare organists for a longer period of time: Schildt left in 1629 and Lorentz musicus‘ in Copenhagen,2 is no longer extant today. The credibility of this asser- departed on a study trip to Italy in 1631. The bellicose conditions prevailing at tion can thus no longer be judged. As to Tunder’s education, no ascertainable that time were also not favorable for learning in Copenhagen. Perhaps Tunder facts are known. Johann Mattheson’s claim that he studied “in Italy with the applied directly to Hamburg in order to perfect his knowledge of organ playing world-famous Frescobaldi,”3 is quite certainly unfounded. It is likelier that he and composition there with two Sweelinck pupils, Jacob Praetorius and Heinrich obtained his first organ lessons from the organist of the Marienkirche, Peter Hasse Scheidemann (ca. 1594–1663), his colleague at the Katharinenkirche. Consider- († 1640), who had contacts to the Sweelinck school,4 and then continued his ing the style and transmission context of his organ music, this assumption takes training with a non-resident master. In the event that he traveled to Denmark at on a high degree of probability. Contacts with the Praetorius school in Hamburg the age of 14 or 15, he was able to meet several important organists there: e.g. the that extended beyond the actual duration of his training might explain not only elderly Melchior Borchgrevinck (ca. 1569–1632), a pupil of , the special transmission circumstances of the chorale fantasia Herr Gott, dich who served for many years as organist and Kapellmeister at the Danish court. But loben wir (see further below), but also Tunder’s long-lasting friendship with Tunder may also have met representatives of the modern stylistic trends such as Matthias Weckmann (ca. 1616–1674), who became a pupil of Jacob Praetorius in Melchior Schildt (1592/93–1667) of Hanover, a pupil of Sweelinck’s, who taught 1633.7 music to the children of King Christian IV and Kirsten Munk at the monastery In December 1632 Tunder was hired as organist at the court of Duke Frederick of Dalum near Odense in 1626–1627, and then was in royal service most proba- III (1597–1659) in Gottorf. This position had been held since 1620 by the organ bly in Copenhagen until 1629;5 or Johan Lorentz (ca. 1610–1689),6 the son of builder Johann Hecklauer (1596–1652), a nephew of Esaias Compenius, who 9 remained active at court, building and procuring instruments on behalf of music lovers, the organist then included “several violins at first, and, later, the Ducal court.8 Tunder must have learned quite a bit from him about the singers,” until “this ultimately led to a full-bodied music.” According to Ruetz, technique of organ building. The organ in the palace chapel, whose great-organ these concerts took place on Thursdays. Tunder’s successor Dieterich Buxte- case is dated 1567, was remodeled in 1625/26 by Hecklauer and featured, after the hude later expanded them into large-scale, opera-like events that were spread work was completed, 21 stops on two manuals, but no pedal. over five Sundays in the latter part of the year (penultimate Sunday after Trinity In 1634 the court organist Tunder was entrusted with the care of a chapel youth Sunday up to the fourth Sunday of Advent, but without the first Sunday of (Christian Wend[e]ler, later organist in Apenrade) as an apprentice; he was later Advent). also responsible for the musical education of the Princesses. Even later in Lübeck, Also in Lübeck Tunder trained organ students. One of them, Peter Grecke (1647– Tunder trained pupils at the costs of the Duke in Gottorf. In 1640 he married 1678), was appointed “Ratsmusikant” in 1673. In 1661 the organist of Rostock’s Elisabeth Voigt, the daughter of the former court tailor. Marienkirche Nicolaus Hasse (ca. 1605–1670) applied to the church warden for a The activities of the musicians in the North-Elbe region were incorporated travel allowance for his nearly ten-year-old son so that he could continue his into a complex network of political and cultural relations, with the musicians’ training with Heinrich Scheidemann in Hamburg and Franz Tunder in Lübeck.10 careers characterized by frequent shifts from courtly to municipal posts. The It is plausible that Hasse had already been conducting musical exchanges with Gottorf court had long since gained a sterling reputation for its superior musical Tunder (Hasse had been working in Rostock since 1642).11 culture, and in the 1620s there was a blossoming of viol music under In 1667 Tunder fell ill with a very high fever from which he recovered only Kapellmeister William Brade (1560–1630; he worked in Copenhagen, at the slowly; a relapse led to his death on 5 November, when he was in his 53rd year. Hamburg “Ratsmusik” and elsewhere). Musicians were often borrowed from the On 11 April 1668 Dieterich Buxtehude was appointed as his successor. That Hansa cities for court ceremonies; the Hamburg musicians Heinrich Scheide- same year Buxtehude married Tunder’s second daughter Anna Margaretha. Her mann and Johann Schop (ca. 1590–1667) repeatedly performed in Gottorf. elder sister Auguste Sophie had already married the Kantor Samuel Franck When Tunder transferred to Lübeck in 1641, he met up again with important (1633–1679) in 1663. musicians who had been with him in Gottorf, including the lutenist Paul Bruhns Within the context of North-German organ music, Tunder takes his place (ca. 1612–1655), the grandfather of Nicolaus Bruhns. between the masters of the Sweelinck school and the celebrated organists In Lübeck Peter Hasse, the organist of the Marienkirche, had commissioned Dieterich Buxtehude (1637?–1707) and Johann Adam Reinken (1643?–1722). from Friedrich Stellwagen (1603–1660) a comprehensive renovation of the Apart from the somewhat older Johan Lorentz, one would also have to mention great organ; Hasse did not live to see the organ renovated. The instrument was his coevals Ewald Hintz (1613–1668) of Danzig, Jacob Kortkamp (ca. 1615–1665), approved by Heinrich Scheidemann in 1641 (before Tunder assumed the post) the organist of Kiel’s Nicolaikirche, and, above all, Matthias Weckmann, who and retained this form even up into Buxtehude’s day. Tunder also had the assumed the post of organist at the Jakobikirche in Hamburg in 1655; the most small organ of the Marienkirche repaired by Stellwagen between 1653 and 1655. influential personality among the keyboard artists from the other regions of the Stellwagen documented the apparently not always conflict-free collaboration German linguistic sphere was no doubt Johann Jacob Froberger (1616–1667). with Tunder in an entry on the wind chest: “The Organist and Werckmeister Just like Weckmann and, later, Buxtehude, Tunder also wrote vocal music. Seven- was called Frantz Tunder, a clever man, almost all too clever.” Tunder thus had teen of these works have survived,12 settings of Latin (7) and German (10) texts, two prestigious North-German Baroque organs at his disposal. In addition to his devotional music, psalms, sacred arias and settings of German chorales. The duties as organist, in 1647 he also assumed the post of “Werckmeister,” or influence of the Italian sacred concerto, which had been introduced to the church accountant, who was in charge of managing the revenues and costs of princely German courts by Italian musicians, can be felt everywhere; Salve mi Jesu the church community. is the parody of a Salve Regina by Giovanni Rovetta (1595/97–1668).13 Tunder seems to have begun quite soon with his evening musical events, which gave rise to the widely reputed Lübeck “Evening Concerts.” In a petition of the The Organ Works year 1646, the “Abendspielen,” or Evening Concerts, are mentioned for the first Next to four “Praeludia” (plus the fragment of a fifth) and a Canzon, Tunder’s time and listed as an important, albeit irregular, source of income. A hundred organ œuvre comprises nine chorale settings. Six of them reflect the “protract- years later, the Lübeck Kantor Caspar Ruetz9 reported about the beginnings of ed”14 style of setting, which is called “chorale fantasia” in musical scholarship. this concert series; according to oral transmission, they were initially recitals The line-by-line presentation of the cantus firmus “on two keyboards” with al- given solely on the organ for the town’s citizens before they set off for the stock ternating writing and playing techniques most likely originated with the pieces exchange. Stimulated by the encouragement and financial support of wealthy played for the Magnificat at Vespers; the genre seems to have reached its first full 10 flowering with Scheidemann. In its structure, Tunder’s fantasia Herr Gott, dich In Tunder’s chorale fantasias one often finds two-voice canonic expositions at loben wir (No. 8 of the present edition) broadly corresponds to a Scheidemann- short intervals. Tunder applies this technique, which is by no means new and can style chorale fantasia: the melodic lines (or rather halve-verses of the ‘chant be found already in the works of Hieronymus Praetorius (1560–1629), with great melody’) initially appear, only slightly colored in the upper voice; the fourth line consistency, often over relatively long stretches, even if he does not go so far as is performed on the solo manual with ornamentation by the left hand, and Weckmann, who writes entire chorale verses in canonic technique. The various the repeats of the third and fourth half-line are effected in pairwise entries of line developments of a chorale fantasia often seem like solutions to various com- bass and soprano. The section “Heilig ist unser Gott” (measures 44–65) also positional tasks, for example in Was kann uns kommen an für Not (No. 13), where features a shift of the solo voice from the soprano to the tenor range and back parts of the melody are refashioned into striking ‘soggetti’ and developed in again. In the section “Dein göttlich Macht und Herrlichkeit” (measures 66–101), different imitative techniques (including double , measures 41–50). two echo techniques are used: three- to four-voice phrases which encompass If the piece is ultimately perceived not as a collection of interesting individual first a half-verse, then increasingly smaller fragments of it, are played on the studies but as a uniform work with a compelling tensional structure, then it is Rückpositiv and repeated on the Hauptwerk; starting at measure 88, short because of the clever use of the sonorities available on the organ: the distinct interwoven motifs above the cantus firmus in the bass are tossed back and forth colors of Hauptwerk, Rückpositiv and pedal are used in varying combinations, between the two manuals in a combination of canon and echo technique.15 The including the exchange of voices and interconnections, whereby special echo closing segment returns to traditional development patterns, whereby the upper- techniques such as the above-described canon-echo combination (measures 187– voice echo cultivated by Sweelinck is given pride of place. Within the devel- 198) represent culminations in the intensity of the sound, which demarcate a opment of a single line, the unadorned cantus firmus is often contrapuntally section or introduce a closing segment. The latter occurs in this chorale fantasia accompanied by imitative countermotifs. Although Scheidemann tended to use (measures 237–244) through the use of a double-choral Responsion with tenor this technique in other types of music (such as the opening phrases of the cantus-firmus in the pedal, which is otherwise only encountered in the music of Magnificat cycles), it clearly belonged to the curriculum of the Sweelinck Melchior Schildt.19 school, which also comprised comprehensive theoretical instruction on the However, Tunder’s organ music is not content to merely imitate the style of the basis of Gioseffo Zarlino’s Istitutioni harmoniche (1558). Sweelinck school. High-Baroque traits can be seen in the extensive fragmentation Whereas the opening sections of Scheidemann’s chorale fantasias give the im- of the cantus firmus, in the use of eloquent rests, and in the voice-leading of the pression of colored motets, Tunder’s writing style is pronouncedly instrumental; colored lines, which is more jagged and seems more tense and restless than the this it shares with the organ writing of Jacob Praetorius, whose widely admired more well-balanced and elegant style practiced by Scheidemann. The prepara- keyboard polyphony seems to orient itself more strongly on the sound of the viol tion of the opening sound of a prelude or the opening tone of a chorale consort than on vocal models.16 Like Scheidemann, Tunder prefers a transparent, melody is generally effected in a monophonic passage. Such initial figures, which four-part counterpoint, yet he also employs the full-bodied five-voice writing in are the norm with Buxtehude, appear to have emerged in Tunder’s generation calmly flowing motion cultivated by the school of Jacob Praetorius, as an (they are also found, for example, in Johan Lorentz’s Praeambula). The trio-like episode within a chorale fantasy (In dich hab ich gehoffet, Herr, No. 9, measures design of the closing sections of certain pieces, where two upper voices are led 41–43) or as a single verse of a variation cycle (Jesus Christus, unser Heiland, in parallel thirds and sixths or in a free canon over a measured bass (e.g. in No. 10, 1st verse). In the latter example, the chorale melody is entrusted to Komm, Heiliger Geist, Herre Gott, No. 12, measures 134–140), certainly justify a the upper pedal voice in the tenor range. The basis for this technique, which comparison with similar closing constructions in Buxtehude’s works. Johann Sebastian Bach later took up in his large-scale setting of the chorale Italian influence permeates a two-part Canzon transmitted in Thomas Ihre’s Aus tiefer Not schrei ich zu dir, may have been already laid down in the five-part tablature book. Tunder possibly became familiar with the art of Italian organists Magnificat verses of Jacob Praetorius; however, it is not expressly confirmed in an indirect manner (the theory that he accompanied Hecklauer on his journey until Matthias Weckmann.17 Tunder’s style of variation writing does not accede to Italy in 1628–30 remains purely speculative.20). Whether the similarity between to the monumentality of Weckmann’s chorale verses, or rather: it does not the theme of Tunder’s Canzon and that of a canzon by Francesco della Porta even strive for it. The cantus firmus appears in normal half-note mensuration (as (ca. 1605–1666)21 noted by Klaus Beckmann is more than a mere coincidence opposed to whole notes with Weckmann), and the thematic relationship among remains open for discussion; in any event, it provides no help for a chronologi- the contrapuntally developed voices is looser. Fritz Dietrich’s hypothesis that cal attribution, since we do not know exactly when della Porta wrote his Canzon Tunder’s verse sequence should actually be attributed to Weckmann18 must thus and when it found its way to northern Germany.22 The reception of Italian and qualify as unfounded. South-German organ composition in North-German tablature sources can only 11 be documented from about the middle of the century. In his tablature books, tablature KN 207/17,1 together with arrangements of the German Te Deum by the most important transmission witnesses of the organ music of Scheidemann, Jacob Praetorius and his pupil Jacob Kortkamp.28 Praetorius’s verse sequence Tunder and Weckmann, Heinrich Baltzer Wedemann also recorded a canzon by bears the date 1636 as its year of composition; Kortkamp’s piece might have been Frescobaldi and a ricercar by Froberger23 along with a Canzon in F by Scheide- written at the conclusion of his training (he assumed the post of organist at the mann, dated 1657, which is clearly inspired by these models.24 Matthias Weck- Nikolaikirche in Kiel in 1637). In view of the above-described, rather convention- mann presumably played an important role as a communicator of this artistic al style of Tunder’s Fantasia, it seems perfectly plausible that this work also goes style; he was friends with Froberger, who informed him at length about his back to the 1630s. performance manner. In his pedaliter works (Praeambulum, Fantasia and Fuga Wedemann’s tablatures – the first of which date back to the 1660s at the earliest in d) he transposes the multipartite Frescobaldian canzon form to the organ (with and contain keyboard music from several decades – and Ihre’s keyboard book of use of the pedal), thus laying the groundwork for the North-German organ 1679 are of little help in the chronological attribution of Tunder’s works. As to toccata that we know from Buxtehude’s organ works. As far as we can judge, the Pelplin Tablature, it has been speculated that its transcriptions of North- Tunder played only a minor role in these innovations. His preludes lack the German organ works are connected to the journey of Nicolaus Hasse’s son to technique of variation fugue favored by Froberger; instead, they follow a ground Hamburg and Lübeck in 1661.29 But even if this were true, a late dating of the plan that is still occasionally found in Buxtehude’s works (BuxWV 147, 157): a pieces in question could still not be justified solely on these grounds; one must free introduction followed by an extensive fugue on a constant subject, which take stylistic criteria into account as well. At least Christ lag in Todes Banden leads to a short coda. In contrast to the Praeambula of the earlier masters (No. 7) could then qualify as a relatively late work; with its proliferation of the Praetorius and Scheidemann, the outer sections are more strongly permeated with canon-echo technique and use of chromaticism without regard for the “affect” of diminutions, and evince a freer gesture. The introduction of the diminution of the text, it can be held up as a genuine example of musical mannerism. the subject at the close (Nos. 1, 3, 4) enlivens the writing; models for this can be found in the works of Jacob Praetorius.25 About this Edition Establishing a chronology of Franz Tunder’s organ music is a nearly hopeless The first complete edition of the organ music of Franz Tunder was edited by enterprise. It has not yet been possible to ascribe individual pieces to the Klaus Beckmann in 1974 (Edition Breitkopf 6718); prior to this edition, Max Gottorf years with absolute certainty. The Canzon would have been playable on Seiffert had collected and edited the Preludes, Rudolf Walter the Chorale Settings the Gottorf organ, since it has no pedal part; but according to the above- from the Lüneburg Tablatures, and Jerzy Golos and Adam Sutkowski the Pelplin mentioned considerations, it would have to be dated after 1650. Auf meinen lieben Chorale Fantasias.30 Beckmann’s edition deserves incontestable praise for having Gott (No. 6), a combination of chorale variation and chorale fantasia, also presented Tunder’s organ works for the first time in a critically verifiable form eschews the pedal. But it did not necessarily have to be written for an instrument that was also suited for performance. However, so many new findings concerning without pedal; the omission of the pedal was perhaps a deliberate artistic deci- sources, stylistic aspects and performance practice have been made in the past sion.26 The melody by Jacob Regnart was originally connected to a secular dance decades that, based on the new critical examination of the source material, it song. This is most likely the reason why it is notated in a cantional book of seemed reasonable to provide a new practice-oriented edition of the entire organ Lübeck’s Marienkirche27 in a faster mensuration than most of the other chorale œuvre. The amount of works has remained unchanged since the edition of melodies, with quarter notes as fundamental values. Tunder’s arrangement 1974. As it should have become clear from the introduction, the editor considers corresponds exactly to this notation (the melodic version is also identical). the doubts on the authenticity of the variation cycle Jesus Christus, unser Heiland Quarter-note mensuration is an important characteristic of Samuel Scheidt’s as unfounded, along with the new attributions to Tunder of various chorale secular song variations as opposed to the church hymn settings in which the half fantasias and Magnificat settings transmitted under the name of Heinrich (or whole) note constitutes the fundamental value. Monumental cantus-firmus Scheidemann.31 A Praeludium a 5 in F,32 transmitted anonymously with Tunder’s elaborations in the pedal, otherwise a standard element of Tunder’s chorale Preludes in the Lüneburg Tablature KN 207/16, was also excluded from this fantasias, would not have suited the character of the melody. volume since – in spite of the missing ‘tripla’ part – its traits are reminiscent There is thus no piece that can unequivocally be linked to the Gottorf instrument. rather of Weckmann’s style. Tunder seems to have written his organ music during his Lübeck years. Some odd The musical text of the present edition was made on the basis of the transmitted work, at the most, might have arisen during his period of training, as a kind of sources. Corrections of writing errors were made only after careful deliberation journeyman’s piece. Judging from the sources, the likeliest candidate would be and due consideration to the musical context and stylistic idiosyncrasies of Herr Gott, dich loben wir. This chorale fantasy is transmitted in the Lüneburg North-German organ music. Notes and rests added by the editor are in small 12 print. Suggestions of improvements by earlier editors were duly examined; in 1 Biographical information: Wilhelm Stahl, Franz Tunder und Dietrich Buxtehude. Ein many cases, this resulted in new solutions, but sometimes the source text proved biographischer Versuch, in: Archiv für Musikwissenschaft 8 (1926), pp. 1–77; Bernhard to be superior to all attempts at improvement. At a few passages (e.g. No. 6, Engelke, Musik und Musiker am Gottorfer Hof, vol. II: 1630–1702. Typescript in the measures 67–99), a thorough analysis of the notation of the sources gave rise to Musikwissenschaftliches Institut der Universität Kiel; Kurt Gudewill, Franz Tunder a modified performance-practical arrangement. Particular caution seemed neces- und die nordelbingische Musikkultur seiner Zeit, Lübeck, 1967; G. K. Birkner, Woher stammte Franz Tunder? Aus Lübeck und nicht von Fehmarn!, in: Lübeckische Blätter 1996, sary when it came to supplementing slurs and accidentals. Broken-line slurs are p. 248; Ulrich Althöfer, Die Gottorfer Hoforganisten, in: Heinz Spielmann, Jan Drees editorial suggestions which the player should feel free to follow at his or her (edd.), Gottorf im Glanz des Barock. Kunst und Kultur am Schleswiger Hof. Catalogues of discretion. Figures ascending towards the keynote (such as in No. 8, measures 85, the exhibition […], vol. I: Die Herzöge und ihre Sammlungen, Schleswig, 1997, pp. 299– 115, 130) without the leading tone are often found in early North-German organ 305; Kerala J. Snyder, art. “Tunder, Franz”, New Grove, vol. 25, London, 2001, pp. 880– music up to and including Buxtehude (see the upbeat figures in several variations 882; Almut Jedicke, art. “Tunder, Franz”, in: Neue Lübecker Lebensläufe, ed. by Alken of the Courante simple BuxWV 245). Certain alterations were problematic from Bruns, Neumünster, 2009, pp. 584–588. the viewpoint of tuning, as the organs of Tunder’s time were generally tuned in 2 See Arnfried Edler, Der nordelbische Organist, Kassel, 1982, p. 49. meantone with, at the most, only slight modifications. The degree a flat 3 Johann Mattheson, Grundlage einer Ehren-Pforte, Hamburg, 1740. New impression, ed. appears four times as a passing note, but only in the closing section of No. 6. The by Max Schneider, Berlin, 1910, p. 227. notes d sharp (No. 7, measures 95, 98; No. 12, measure 88) and a sharp (No. 12, 4 His organ works are contained in: Orgelmusik der Familie Hasse, ed. by Michael Belotti, measure 90) were to be tolerated in the context of a chromatic linear develop- Stuttgart, 2009, pp. 15–19; concerning a possible study period with Sweelinck, see ibid., p. 3. ment. Only in No. 8 does d sharp appear more frequently, generally in ornament- 5 Werner Breig, Melchior Schildt. Zu seinem dreihundertsten Todestag, in: Musik und Kirche ed cadential formulae; as can be seen in measure 61, a complete B major chord 37 (1967), pp. 152–160; Christian Vestergaard-Pedersen, Melchior Schildt i Danmark. En was apparently not desired. Wherever expected chromatic notes were omitted in oversigt over tid og sted for hans ophold i årene 1626–1629, in: Dansk årbog for musikforskning the great octave (No. 3, measure 42), this may have something to do with the 7 (1973–1976), pp. 237–245. short octave, which was found in the organs of the Marienkirche – both the 6 Johan Lorentz’ organ concerts in the Nikolaikirche, in which one might see a possible manuals and the pedal – until 1733. The exclusion of these notes was not carried model for Tunder’s “Evening Concerts,” can be ascertainably dated back to 1634. out systematically, however.33 See Bo Lundgren, Johan Lorentz in Kopenhagen – organista nulli in Europa secundus, in: The use of various divisions (Rückpositiv or ‘Organum’ = Hauptwerk) and of the Bericht über den 7. Internationalen Musikwissenschaftlichen Kongress Köln 1958, Kassel, 1959, pedal is either expressly indicated in the sources, or it results from the organi- pp. 183–185. zation of the voices. Dubious passages are explained in the Critical Notes. At 7 Not in 1637, as earlier scholarship assumed; see Ibo Ortgies, Neue Erkenntnisse zur Biographie Matthias Weckmans, in: Sverker Jullander (ed.), Proceedings of the Weckmann sections laid out in double-chorus texture, one often finds instead of references Symposium Göteborg 30 August–3 September 1991, Göteborg, 1993 (= Skrifter från Musik- to the manuals, dynamic markings such as “forte” and “piano,” or, as in the vetenskapliga avdelnigen 31), pp. 1–24, in particular p. 4. In 1648 Tunder served as Pelpliner Tablatures, sometimes “scharf” (sharp) and “sanft” (gentle), which can witness at Weckmann’s wedding. be regarded as a hint on the style of the registration. On organs with several 8 On Hecklauer: Ludwig Andresen, Walther Stephan, Beiträge zur Geschichte der Gottorfer manuals, one can certainly consider using a third manual, for example for discant Hof- und Staatsverwaltung von 1544–1659, vol. I, Kiel, 1928 (= Quellen und Forschungen echoes (in the style of Jacob Praetorius). zur Geschichte Schleswig-Holsteins 14), pp. 56–58; Althöfer, as in note 1, p. 302. In closing, I would like to thank everyone who has contributed to the making 9 Caspar Ruetz, Widerlegte Vorurtheile von der Beschaffenheit der heutigen Kirchenmusic und of this edition: the libraries in Lüneburg, Pelplin and Uppsala, who gave von der Lebens-Art einiger musicorum, Lübeck, 1752, pp. 44–49. Reproduced in: Volker their permission to publish the works and placed reproductions of the sources Scherliess, Arndt Schnoor, “Theater-Music in der Kirche”. Zur Geschichte der Lübecker at our disposal; my friends and colleagues Pieter Dirksen, Armin Schoof and Abendmusiken. Katalog der Ausstellung in der Musikhochschule Lübeck 24.–27. September 2003, Lübeck, 2003 (= Schriften der Stadtbibliothek, 3rd series, 37), pp. 36–38. Roland Börger, who offered valuable tips and suggestions; and, not least, 10 Imme Tempke, Neue Erkenntnisse über das Leben und Wirken von Nicolaus Hasse und an- Eva-Maria Hodel for her painstaking editorial support, and Martin Steinebrunner deren Organisten aus seiner Familie, in: Karl Heller (ed.), Musik in Mecklenburg. Beiträge for his technically and musically outstanding transformation of the engraver’s eines Kolloquiums zur Mecklenburgischen Musikgeschichte, veranstaltet vom Institut für model. Musikwissenschaft der Universität Rostock, 24.–27. September 1997, Hildesheim, 2000, pp. 259–272, in particular pp. 265f. 11 Lending credence to this is the style of his organ works, especially of the chorale fan- Freiburg, Summer 2012 Michael Belotti tasia Komm, Heiliger Geist, Herre Gott (edition see note 4). 13

12 Franz Tunder, Gesangswerke, ed. by Max Seiffert, Leipzig, 1900 (= Denkmäler deutscher 24 KN 209, No. 59; Heinrich Scheidemann, Orgelwerke, vol. III: Praeambeln, Fugen, Tonkunst 3). Fantasien, Canzonen und Toccaten, ed. by Werner Breig, Kassel, 1971, pp. 35–37. 13 A dissertation on the life and works of Franz Tunder with emphasis on the vocal works 25 Praeambulum in d: The subject of the fugue which begins in measure 18 returns in di- is being prepared by Almut Jedicke (Kiel). minution at measure 82; Magnificat II. et VIII. toni, 2nd verse (ending for tone VIII), 14 Thus the term used in the obituary pertaining to Bach’s improvisation in Hamburg measures 123a–140a. Edition: Jacob Praetorius, 3 Praeambula — Magnificat-Bearbeitun- in 1720, which was apparently elaborated in the style of a North-German chorale gen, ed. by Michael Belotti, Stuttgart, 2000, pp. 3 and 36. fantasia. On the genre of the chorale fantasia and its techniques, see Fritz Dietrich, 26 Mads Kjersgaard, “Die Orgel der Gottorfer Schloßkapelle”, in: Jahrbuch des Schleswig- Geschichte des deutschen Orgelchorals im 17. Jahrhundert Kassel, 1932, (= Heidelberger Holsteinischen Landesmuseums Schloß Gottorf, NF 6 (1996–1998), pp. 97–120, in parti- Studien zur Musikwissenschaft 1), pp. 41–56; Werner Breig, Die Orgelwerke von Heinrich cular p. 118, points out that the manual compass of the Gottorf organ did not allow Scheidemann Wiesbaden, 1967, (= Beihefte zum Archiv für Musikwissenschaft 3), pp. 37– for performing Auf meinen lieben Gott. 45; Pieter Dirksen, Heinrich Scheidemann’s Keyboard Music: Transmission, Style and 27 Archiv der Hansestadt Lübeck, Archiv der Marienkirche, I, III 13 (soprano part of a Chronology, Aldershot, 2007, pp. 97–99. cantional most likely from the time of Samuel Franck). See Kerala Snyder, Returned 15 See Scheidemann’s chorale fantasia Jesus Christus, unser Heiland, measures 205–213. War Booty: A ‘New’ Manuscript Chorale Book from Lübeck, Paper given at the convention Edition: H. Scheidemann, Choralbearbeitungen, ed. by Gustav Fock, Kassel, 1967, p. 72. of the Internationale Arbeitsgemeinschaft für theologische Bachforschung, Løgum- 16 The fact that Jacob Praetorius occupied himself with viol music can be seen in his kloster, 2 October 1999. contributions (two Galliards) to the collection Außerlesener Paduanen und Galliarden 28 Jacob Praetorius, Choralbearbeitungen für Orgel, ed. by Werner Breig, Kassel, 1974, pp. erster Theil by Zacharias Füllsack and Christian Hildebrand, Hamburg, 1607. 12–16; Kortkamp’s piece is edited by Arnfried Edler, as in note 2, pp. 402–411. 17 For the opening verse of the chorale cycle O Lux beata Trinitas in the Lüneburg 29 Klaus Beckmann, Scheidemann oder Tunder? Echtheitsprobleme bei sechs Choralfantasien in Tablature KN 209, reproduced in: Matthias Weckmann, Choralbearbeitungen für Orgel, den Pelpliner und Zellerfelder Orgeltabulaturen, in: Schütz-Jahrbuch 1999, pp. 77–97, in ed. by Werner Breig, Kassel, 1979, p. V. particular p. 79. 18 Dietrich (as in note 14), p. 57. 30 Franz Tunder, 4 Praeludien, ed. by Max Seiffert, Leipzig, undated (= Organum, IV. 19 Magnificat I. modi, 2nd verse, measures 151–162. Edition: Melchior Schildt, Choral- series, 6); Sämtliche Choralbearbeitungen, ed. by Rudolf Walter, Mainz, 1958; J. Golos, bearbeitungen, ed. by Werner Breig, Cologne, 1968 (Organum, II. Series, 24), pp. 40f. A. Sutkowski (edd.), Keyboard Music from Polish Manuscripts, vol. II: Organ Chorales by 20 Engelke, as in note 1, p. 46; Gudewill, as in note 1, p. 11. Heinrich Scheidemann and Franz Tunder, American Institute of Musicology, 1967 21 Klaus Beckmann, Echtheitsprobleme im Repertoire des hanseatischen Orgelbarock, in: Ars (= Corpus of Early Keyboard Music 10/ II). Organi 37 (1989), pp. 150–162, in particular pp. 158f. The identification is based on the 31 See note 29 and the editor’s contributions to the discussion: Die Choralfantasien edition by Bernhard Billeter (Francesco Bianciardi, Costanzo Porta, Keyboard Compo- Heinrich Scheidemanns in den Pelpliner Orgeltabulaturen, in: Schütz-Jahrbuch 1992, pp. 90– sitions, Stuttgart, 1977 [= Corpus of Early Keyboard Music 41]) which falsely attributes 107; Scheidemann oder Tunder? Zu Klaus Beckmanns Aufsatz im Schütz-Jahrbuch 1999, in: the Ricercari and Canzonas transmitted in the Turin Tablature under the name “Fran- Schütz-Jahrbuch 2000, pp. 135–139. cesco Porta” to Costanzo Porta († 1601). Moreover, in his transcription the note values 32 Edition by Max Seiffert (Anonymi der norddeutschen Schule. 6 Praeludien und Fugen, are halved, which relativizes the conclusiveness of the comparison in Beckmann Lippstadt, undated [= Organum, IV. series, 10], pp. 16–22), who, in the Preface (p. 2), (p. 159). considers Tunder’s authorship as possible. 22 The transcription in the Turin Tablature (vol. X, fols. 52v–54r), which was probably 33 Nos. 9, 10, 12 call for F sharp, No. 8 G sharp, No. 11 has F sharp in measure 97 and F made from a print that is no longer extant, can be dated ca. 1639. The piece was most in measure 120. likely written only shortly before (della Porta’s op. 2 was printed in 1645). 23 In the Lüneburg Tablatures (see the source descriptions at the end of the present volume) KN 207/15, No. 31; KN 209, No. 58.

The English translation of the “Kritischer Bericht” (pp. 111ff.) can be downloaded under www.breitkopf.com.