© Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;

34 Arachnol. Mitt. 33(2007) Buchbesprechungen

Sven Almquist (2007): Swedish Araneae, part 2 - families Dictynidae to Salticidae.

Insect Systemtics & Evolution Supplement No.

63. S. 285-603. Flexibler Einband (Paperback). In

Englisch. Preis: 450 SEK& Porto = ca.63 Euro (inkl. Porto), Bestellung: Scandinavian Entomology,

Paronvagen 19, S-224 56 Lund, Sweden. Inter- net: http://www.scanentom.se/ess_61_70.html, http://www.scanentom.se/nyheter.html. E-mail: [email protected]

Der zweite Band von S. Almquist ist, auch wenn im Buch 2006 steht, im Februar 2007 publiziert worden. Entgegen den Angaben im ersten Band (ALMQUIST 2005) sollen nun nur diese zwei Bände erscheinen - nach Angaben des Herausgebers muss auf den dritten wegen gesundheitlicher Probleme des Autors leider Svkn Almqi ist verzichtet werden.

Grundsätzlich ist der zweite Band ebenso Swedish Araneae, part 2 — families Dictynidae to Salticidae wie der erste strukturiert. Zu Beginn (Seiten

287-296) ist die Checkliste aller in Schweden Insect Systematics & Evolution Supplement No. 63 nachgewiesenen Spinnen abgedruckt: insge- samt sind es 715 Arten. Die Springspinne

Talavera esyunini ist gegenüber der Liste von

Band 1 neu dazugekommen (auch die Abbildungen (2005), in der Agroeca dentigera für Schweden sind bei dieser Art nicht im selben Stil wie alle an- gemeldet wurde, nicht zitiert, obwohl die Abbil- deren). Alle Arten, die in Band 1 oder 2 behandelt dungen in der erwähnten Arbeit von S. Almquist werden, sind mit der entsprechenden Seitenzahl gezeichnet wurden. Ebenso wird die Untersuchung versehen. Dem Hauptteil vorangestellt sind eine von DONDALE et al. (2006) von Xysticus chippewa Beschreibung der abgebildeten Verbreitungskarten nicht erwähnt. Darauf folgt eine detaillierte mor- und das Abkürzungsverzeichnis. Danach stehen phologische Beschreibung mit Abbildungen beider die taxonomischen und faunistischen Angaben zu Geschlechter. Es folgen Auflistung und Karte der den 220 Arten aus den 12 behandelten Familien Schwedischen Landschafts-Einheiten, in welchen

(S. 299-576). Anschließend finden sich das Li- die Art bis heute gefunden wurde. Abschließend teraturverzeichnis der zwei erschienenen Bände macht der Autor Angaben zum Habitat, zur Bio- (S. 577-549). Nach einer kurzen Danksagung logie und zur Phänologie der behandelten Art. ist eine alphabetische Liste aller besprochenen Taxa beider Bände mit Seitenzahlen angegeben. Dieser zweite Band über die schwedische Spinnen-

Die Gliederung im taxonomischen Teil der Bu- fauna ist, wie der erste Band, von guter Qualität und ches entspricht dem ersten Band: ein „Diagnosis“- für die Spinnenbestimmung von sehr großem Wert. Abschnitt mit den wichtigsten morphologischen Die 219 Abbildungen zeigen zumeist Zeichnungen Merkmalen steht zu Beginn jeder vertretenen Fa- vom Habitus und der Augenstellung, dem Taster milie und Gattung. Falls in einer Familie mehrere von verschiedenen Perspektiven, der Epigyne und Gattungen, oder in einer Gattung mehrere Arten der Vulva. Durch die Beschriftung der wichtigsten in Schweden nachgewiesen sind, ist ein entspre- morphologischen Strukturen in den Abbildungen chender Schlüssel abgedruckt. Für jede Art werden wird die Übersichtlichkeit klar erhöht. Dadurch einige taxonomisch relevante Arbeiten aufgeführt, dass die Nomenklatur MERRETT & MURPHY wobei diese Zitatlisten keineswegs vollständig (2000) folgt, wird Cryphoeca zu den Dictynidae sind. Beispielsweise wird die Arbeit von JONSSON (PLATNICK 2007: Hahniidae), Phrurolithus zu © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;

Buchbesprechungen Arachnol. Mitt. 33(2007) 35 den Liocranidae (PLATNICK 2007: Corinnidae) Dank: Für zahlreiche wichtige Hinweise und die Über- und Cheiracanthium zu den Clubionidae (PLAT- arbeitung des Textes sei Theo Blick herzlich gedankt. NICK 2007: Miturgidae) gezählt. Leider wurden nicht nur die guten Aspekte des Literatur ersten Bandes weitergefiihrt, sondern auch einige ALMQUIST S. (2005): Swedish Araneae, part I: fami- taxonomische Schwachstellen: Bei drei Arten ist lies Atypidae to Hahniidae (Linyphiidae excluded). - 1-284 nur das in Schweden nachgewiesene Männchen Insect Syst. Evol. Suppl. 62: BOLZERN A. & A. HÄNGGI (2006): Drassodes lapidosus beschrieben und abgebildet (Arctobius agelenoides , und Drassodes cupreus (Araneae: Gnaphosidae) - eine westringi und Pellenes lapponicus) . Auf unendliche Geschichte. - Arachnol. Mitt. 31: 16-22 taxonomisch problematische Artkomplexe wird BOSMANS R. &T. BLICK (2000): Contribution to the nicht eingegangen und die nötigen Zitate fehlen: knowledge ofthe genus Micaria Westring in the West- Emblyna annulipes/mitis (siehe WUNDERLICH palaearctic region, with description of the new genus 1975); Drassodes cupreus/lapidosus (siehe BOL- Arboricaria and three new species (Araneae Gnaphosi- ZERN Sc HÄNGGI 2006); Philodromus rufus (das dae). - Mem. Soc. entomol. Ital. 78: 443-476 abgebildete Männchen könnte P albidus sein); Dondale C.D., T. Kronestedt & D.J. Buckle Heliophanus camtschadalicus/dampfi (nicht offiziell (2006): Confirmation of the presence of Xysticus synonymisiert, nach WESOLOWSKA Sc MARUSIK chippewa in Europe (Araneae, ). - Bull.

1990 wären alle schwedischen Tiere H. dampfi). Br. arachnol. Soc. 13: 361-364

Die aufgeführte Zelotes "non exiguus " hätte viel- JONSSON L. (2005): Agroeca dentigera and Entelecara leicht besser als eine neue Art beschrieben werden omissa (Araneae: Liocranidae, Linyhiidae), found in sollen. Eine mögliche Synonymisierung der Arten Sweden. - Arachnol. Mitt. 29: 49-52

Micaria lenzt und M. palmgreni wird nur angedeutet MERRETT P. &J.A. Murphy (2000): A revised check (vergleiche BOSMANS ScBLICK2000). Die Chance list of British . - Bull. Br. arachnol. Soc. 11: zur Klärung der taxonomischen Stellung von zwei 345-358 weiteren Arten und zwei Unterarten {Agroeca gau- PLATNICK N.I. (2007): The world catalog, version 7.5. American of Natural History. - Inter- nitzi Tullgren, 1952, Echemus angustifrons balticus Museum net: http ://research, amnh.org/entomology/spiders/ (Lohmander, 1942), Haplodrassus umbratilis gothi- catalog/index.html cus Lohmander, 1942, Zelotes tristis (Thoreil, 1871) WESOLOWSKA W. &Y.M. MARUSIK (1990): Notes on - alle sind nicht im Buch erwähnt), die nur aus Heliophanus camtschadalicus Kulczynski, 1885 (Aranei, Schweden bekannt sind, wurde bei dieser Veröf- Salticidae) and the related species. - Korean Arachnol. fentlichung leider verpasst. 6:91-100

WUNDERLICH J. (1975): Dritter Beitrag zur Spinnenfau- Insgesamt vermindern diese Kritikpunkte den Wert na Berlins (Arachnida: Araneae). - Sb. Ges. Naturf. der Arbeit nur geringfügig. Die ausdauernde und Freunde Berlin (N.F.) 15: 39-57 sorgfältige Arbeit des Autors und seiner Helfer hat sich wirklich gelohnt. Eine große Anzahl an neuen Angelo Boizern Abbildungen und Informationen zur Biologie der behandelten Arten sind ein Gewinn für alle taxo- nomisch arbeitenden Arachnologen und Laien. Es wäre wahrlich wünschenswert, dass der Linyphii- den-Band vielleicht doch noch erscheint! © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;

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Aiain Canard (2005): Catalogue of spider species from Europe and the Mediterranean basin.

Parts I & IS.

Revue Arachnologique 15 (3): 1-255. ISSN 0398- 4346. Englisch. Format 20 x 29 cm. Flexibler Einband (Paperback). Bestellung beim Herausgeber: J.-C. Ledoux, rue du Ruisseau, 43370 Solignac-sur-Loire, REVUE Frankreich. Preis: 30,50 € für den gesamten Band 1 5. ARACHNOLOGIQUE

Tome 15, fa.se. 3 paru ie 20 acut 2005 Die Revue Arachnologique hat in einem geson- dert paginierten und umfangreichen Heft diesen Alain Canard — Caialogo« of Spiders Species fron» Burope und the Mediterranean basin. Parts I & II. Katalog und damit einen wichtigen Beitrag zur Zoogeographie der europäischen und nordafrika- nischen Spinnenfauna herausgebracht. Der erste

Teil des Werks (8 Seiten) umfasst eine Einleitung und das Schrifttum, der zweite Teil (247 Seiten) ist der eigentliche Katalog. Der Autor hat neben Europa auch das gesamte mediterrane Gebiet und den Kaukasus katalogisiert. Die Verbreitung wird relativ grob in sechs zoogeographische Provinzen eingeteilt (Abb. 1): (1) Nord- und Osteuropa mit Island, Dänemark, Skandinavien, den baltischen J.-C tSÖOUX iMMUMEUR-E&tTEUR 43370 SoUöMAC-SUR~l.O*{ (FRANCS) Staaten und dem europäischen Teil der russischen

Föderation, (2) Zentraleuropa von Deutschland und der Schweiz ostwärts bis Weißrussland (Belarus) und zur Ukraine, südöstlich bis Serbi- en-Montenegro, Mazedonien und Bulgarien, (3) Griechenland inklusive Kreta, (5) Ost-Mediterran- Atlantisches Europa mit den Britischen Inseln, den eis mit der Türkei, Zypern, den Ländern des Kau-

Benelux- Staaten und Frankreich, (4) Mediterranes kasus und der Levante (Israel, Jordanien, Libanon,

Europa mit der Iberischen Halbinsel, den Balearen, Syrien), und schließlich (6) Nordafrika inklusive Korsika, Italien inklusive Sardinien und Sizilien, der Kanarischen Inseln, Madeira und der Azoren. den Ländern entlang der adriatischen Küste und Länderspezische Angaben zu den vorkommenden Spinnenarten werden allerdings nicht gemacht.

Für jede Familie werden alle Arten alphabe- tisch aufgelistet. Am Ende jeder Familie werden die nomina dubia erwähnt. Für jede Art werden die Welt-Kataloge zitiert (Bonnet, Roewer, Bri- gnoli, Platnick) sowie gelegentlich Checklisten oder Kataloge einzelner Länder. Die Auswahl

der Literaturzitate ist nicht nachvollziehbar, weil von einigen Ländern Checklisten oder Kataloge genannt werden, von anderen hingegen nicht. Die Familien stehen in klassischer Reihenfolge (wie bei Platnick). Eine alphabetische Reihenfol- ge der Familien wäre praktischer und angenehmer gewesen, zumal in diesem Katalog Kopfzeilen mit den Familiennamen fehlen, um ein schnelles Finden von Arten und Familie möglich zu machen. Leider 1 Abb./Fig. 1 : 'Figure 1 - study area (Canard 2005: p. 2) fehlt auch ein Index. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;

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Man darf sich fragen, welche ergänzenden In- in den Bücherschrank stellen und in die Hand formationen dieser Katalog, mit seiner groben nehmen. Aber jedes Mal wenn man es konsultiert, Verbreitungseinteilung und seiner oberflächlichen sollte man sich bewusst sein, dass es schon überholt

Referenzenauswahl, zu den schon zur Verfügung ist. Gedruckte Kataloge sind nicht mehr zeitgemäß. stehenden Systemen (dem Online- Katalog Plat- Kataloge und Datenbanken im Internet können nicks oder der Fauna Europaea Database auf der regelmäßig aktualisiert werden. Die Zukunft wird ESA website - www.european-arachnology.org) zeigen, wie oft dieser Katalog verwendet und zitiert bietet. Bei Platnick findet man Angaben zur welt- wird. weiten Verbreitung, während die Fauna Europaea Peter van Helsdingen

die Verbreitung pro Land zur Verfügung stellt. (überarbeitete Übersetzung aus dem NieuwsbriefSpined Zwar kann man dieses gedruckte Werk Canards 20: S. 18,2005)

Paul D. Hillyard (2005): Harvestmen. Keys and notes for the identification of British species.

Synopsis of the British Fauna (New Series). No. 4

(third edition). 167 S. Edited by J.H. Crothers & P.J. Synopses of the British Fauna (New Series) Edited by J. H. Crothers and P. J. Hayward Hayward. Published forThe Linnean Society of London No. 4 (Third Edition) and The Estuarine and Coastal Sciences Association by

Field Studies Council. ISBN 1 851 53 267 6. Flexibler Ein-

band (Paperback), Format: 21 ,5 x 1 3,7 cm. Preis: 44,- €, Harvestmen Bestellung: Buchhandel oder www.backhuys.com P. D. Hillyard

16 Jahre nach der zweiten Auflage (HlLLYARD 5c SANKEY 1989) und 31 Jahre nach erstmaliger Herausgabe (SANKEY 5c SAVORY 1974) erschien im Jahr 2005 die dritte Auflage des britischen ,Weberknechthandbuches‘. Seit der letzten Auflage hat sich die Artenzahl von 23 auf 25 erhöht: zum

einen ist dies - wenig überraschend - der expansive Opilio canestrinii (Thorell, 1876) und zum anderen der südwesteuropäische Fadenkanker Centetostoma bacilliferum (Simon, 1879) [nach PRIETO 2004: Ne-

mastomella bacillifera — die Arbeit wird von Hillyard nicht genannt]. Das Buch beginnt mit einer ausführlichen Published for The Linnean Society of London Einleitung (S. 1-36) über Weberknechte (general and The Estuarine and Coastal Sciences Association structure, biology, distribution, ecology, practical by Field Studies Council methods, fossil records of Opiliones, identification). Auf drei kurze Kapitel (systematics, checklist of

the British Isles, key to families and subfamilies) folgt der Hauptteil des Buches, die ausführlichen

»systematic descriptions’ für (fast) alle 25 Arten

(S. 42-151). Dieser Abschnitt enthält neben Art- durch Texte zu Lebensraum, Phänologie, histo- schlüsseln ausführliche Beschreibungen, Zeich- rischen Erstnachweisen, Typuslokalität und der nungen (Habitus, Penis, usw.) und Karten für die Verbreitung außerhalb der Britischen Inseln. Der

Britischen Inseln (10x10 km-Raster - das Buch jüngste Einwanderer, Opilio canestrinii (vgl. HlL- bindet damit SANKEY 1988 vollständig ein) für LYARD 2000), wird leider nur in wenigen Zeilen jede Art. Die Informationen werden abgerundet und ohne Abbildungen und Karte abgehandelt. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;

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Besonders hinweisfen möchte ich noch auf For- Literatur men, für die eine Revision (auch mit modernen HlLLYARD P. (2000): Opilio canestrinii (Thoreil, 1876)

Methoden) sicher interessant wäre: Sabacon visca- - new species record for Britain. - Ocularium 3: yanurn ramblaianum Martens, 1983 (im UK nur 1-2 - Internet: http://www.britishspiders.org.uk/srs/ - aus S -Wales bekannt), Mitopus morio var. ericaeus ors03.html Gedruckt 2004 in: Newsl. Br arachnol. Soc. 99: 18-19 Jennings, 1982 (von JENNINGS 1982 als gesonderte Art beschrieben), und dies gilt ebenso für den oben HlLLYARD P.D. &.J.H.P SANKEY (1989): Harvestmen. Keys and notes for the identification of British species. erwähnten C. bacilliferum . Das informative Werk wird beschlossen von Synopsis of the British Fauna. New Series 4. Second Erläuterungen zur Herkunft der wissenschaftli- edition. Brill, Leiden. 120 S. chen Weberknechtnamen, sowie einem Glossar, JENNINGS A.L. (1982): A new species of harvestmen of the genus Mitopus in Britain. - Zool. Literaturverzeichnis und Index. J. Lond. 198: 1-14 Zusammenfassend ist die Neuauflage sehr ge- PRIETO C. El genero Nemastomella Mello-Leitäo lungen, informativ, lehrreich und hilfreich bei der (2004): (Opiliones: Dyspnoi: Nemastomatidae) la Bestimmung und Erkennung von Weberknechten 1936 en Peninsula Iberica, con descripciön de la primera espe- - auch Druck und Bindung sind in bester Qua- cie de Andalucla. - Rev. Iber. Aracnol. 9: 107-121 lität. Als Mitteleuropäer muss man sich bei der SANKEY (1988): Provisional atlas of the harvest- Verwendung natürlich des kontinental größeren J.H.P spiders (Arachnida: Opiliones) of the British Isles. Artenreichtums immer bewusst sein. Einziger Biological Records Centre, Huntingdon. 42 S. Wermutstropfen ist der stolze Preis, der wohl für eine begrenzte Verbreitung des an sich interessanten SANKEY J.H.P. &T.H. SAVORY (1974): British harvest- men - Arachnida: Opiliones. Linnean Soc., Acad. Pr., und lobenswerten Werkes sorgen wird. London. 76 S. Theo Blick

Rudy Jocque & Ansie S. Dippenaar-Schoeman (2006): Spider families of the world.

Royal Museum for Central Africa, Tervuren. 336 S. ISBN 90-75894-85-6. Preis: 55,- € & Porto. Bestellung: http://www.africamuseum.be/news/ pubSpiderfamilies. E-mail: [email protected]

Hand aufs Herz: Welcher Arachnologe erkennt alle 108 gegenwärtig bekannten Spinnen-,,Familien“? Wer hat ein Habitusbild oder gar die Morphologie der männlichen und weiblichen Kopulationsorgane vor Augen, wenn von Homalonychidae, Phyxelidi- dae, Amphinectidae oder Plectreuridae die Rede ist? Bisher musste einen unverhältnismässig hohen Arbeitsaufwand leisten, wer sich einen Überblick über sämtliche Spinnen-„Familien“ verschaffen wollte; und ich kenne offen gestanden niemanden, der diesen Aufwand auf sich genommen hätte.

Viele von uns haben sicher schon gedacht „ ... da müsste mal einer ran und alle bekannten Familien aufschlüsseln und beschreiben“. © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;

Buchbesprechungen Arachnol. Mitt. 33 (2007) 39

Genau diese Lücke füllt das Buch „Spider families einem späteren Zeitpunkt zu einem kompletteren of the world“, verfasst von Rudy Jocque und Ansie Schlüssel führen möge. Dippenaar-Schoeman, zwei führenden Fachleuten Es folgt ein Abschnitt über die Phylogenie der in dem weiten Gebiet der Systematik und Diver- Spinnen, basierend auf dem klassischen Klado- sität von Webspinnen. Das Buch behandelt 107 gramm von CODDINGTON & LEVI (1991), Für Familien (im Vergleich zur aktuellen Version 7.5 insgesamt 82 „nodes“ im Kladogramm werden die von Platnicks Internet-Katalog fehlen die Zorocra- unterstützenden Synapomorphien offengelegt.

tidae, die im vorliegenden Buch als Unterfamilie der Dabei ergeben sich einige diskussionswürdige Zoropsidae behandelt werden). Durch dieses Buch Punkte. Das Auftreten von Cribellum oder Co-

wurde auch die Anzahl gegenwärtig anerkannter lulus als Synapomorphie der ist Spinnenfamilien reduziert - in Version 7.0 des irreführend, da es sich dabei um zwei Merkmale Platnick-Kataloges fanden sich noch 111 (Blick handelt, wobei der Colulus wohl das Cribellum pers. Mitt.). ersetzt hat. Für die Araneoidea (node 47) werden Nach den Vorworten und der Einleitung folgen wenig aussagekräftige Apomorphien angegeben, Kapitel über „significance and fascination with spi- wie „cribellum lost“ (dieses Ereignis fand offenbar ders“ (im Inhaltsverzeichnis unter einem anderem vielfach konvergent innerhalb der Araneomorphae

Titel angegeben), eine Erläuterung der Morpho- statt), „clypeus high“ (würde angesichts des sehr logie und der benutzten Termini sowie ein Glossar. niedrigen Clypeus zahlreicher Araneidae eher zum Der Bestimmungsteil beginnt mit einer Auflistung folgenden node 48 passen) oder „labium short“. Das von besonderen Merkmalen, anhand derer Vertre- „gute“ Merkmal der Glandulae aggregatae, verbun-

ter verschiedener Familien - z. T. sogar auf Gat- den mit der Produktion von Klebstoff und einer tungsniveau - sofort und ohne langes Bestimmen Triade von Spinnspulen zweier G. aggregatae und ansprechbar sind. Beispiele wären das segmentierte einer G. flagelliformis zur Herstellung des Klebfa-

Opisthosoma der Liphistiidae (hier hätte ich mir dens, das exklusiv bei den Araneoidea auftritt, wird einen Hinweis auf das Männchen von Hypochilus hingegen nicht erwähnt. Auch verstehe ich nicht,

gewünscht), die extrem verlängerten hinteren was „spermathecae without receptacula“ (node 3)

seitlichen Spinnwarzen der Hersiliidae und Di- heissen soll. Doch sind dies nur Details, die hier

pluridae (fälschlich als „anterior pair of spinnerets“ keineswegs überbewertet werden sollen.

bezeichnet) oder die grossen vorderen Mittelaugen Der Hauptteil (S. 58-275) umfasst die Beschrei- der Salticidae resp. hinteren Mittelaugen der Dein- bungen der Familien - meist auf je einer Doppel-

opidae. Es folgt ein Schlüssel auf die „main sections“ seite - in alphabetischer Reihenfolge. Dafür kann Mesothelae, Mygalomorphae und Araneomorphae man den Autoren nur Bewunderung zollen. Nach - letztere noch feiner unterteilt - sowie nachfolgend Nennung der Typusgattung werden alle weiteren Familienschlüssel für jede dieser Sektionen, wobei Gattungen einer Familie aufgeführt, sofern nicht

einige schlecht abgegrenzte Familien (z.B. Stiphi- mehr als zehn bekannt sind. Es folgen die diag- diidae, Desidae) bewusst ausgeklammert bleiben. nostischen Merkmale; dabei mussten manchmal

Die Autoren betonen, dass diese Schlüssel „nur“ Plesiomorphien herangezogen werden, weil - als eine Einordnung derjenigen Arten zulassen, die das Ausdruck des unbefriedigenden Kenntnisstandes

Grundmuster der jeweiligen Familie zeigen - alles über die Phylogenie - bei manchen Gruppen keine andere wäre natürlich auch undurchführbar gewe- klaren Apomorphien bekannt sind. Die „descrip- sen. Der Bestimmungsteil endet mit einem inter- tive characters“ erlauben eine Charakterisierung essanten Schlüssel für Spinnennetze - ein absolutes (oft sogar von Gattungen) anhand der wichtigsten Novum in der arachnologischen Literatur. Dieser äusseren Merkmale, insbesondere auch anhand der

ausdrücklich als „first trial“ bezeichnete Schlüssel Genitalorgane. Besonders wertvoll sind in diesem

darf als gelungen bezeichnet werden. Auch wenn Zusammenhang die klaren und treffenden Zeich-

sich manches bei genauerem Hinsehen als etwas nungen. Deren Qualität ist als mindestens gut, sehr

ungenau herausstellen sollte, wird dieser Teil seinen oft sogar als exzellent einzustufen. Angaben zum Hauptzweck sicherlich erfüllen: neben einer Zuord- taxonomischen Status der jeweiligen Familie, zur nung der wichtigsten Netztypen zu den jeweiligen Verbreitung und Lebensweise sowie einige relevante Spinnentaxa vor allem die Aufmerksamkeit stärker Publikationen runden jedes Familienkapitel ab. auf die Vielfalt der Netzstrukturen zu lenken, was zu © Biodiversity Heritage Library, http://www.biodiversitylibrary.org/;

40 Arachnol. Mitt. 33 (2007) Buchbesprechungen

Nach der ausführlichen Bibliographie folgen 32 dass die Mygalomorphae vier besitzen, dass dies Tafeln mit schönen Farbfotos von „typischen“ jedoch auch bei Liphistius und Hypochilus der Fall

Familienvertretern - ein optischer Genuss. Mit ist, wird nicht erwähnt. Bei den Anapidae wird einem Index der Familien und Unterfamilien angegeben, sie hätten haplogyne Genitalien - dies endet das Buch. stimmt nur bei einem Teil der Arten (auch unter Zu „meckern“ gibt es bei diesem Buch nur sehr Berücksichtigung der in der Literatur unterschied- wenig. Die Anordnung der Farbfotos ist für mich lichen Definitionen des Begriffes „haplogyn“).Te- nicht nachvollziehbar - einmal scheint sie nach trablemmidae bleiben nicht, wie angegeben unter 2 phylogenetischen Kriterien erfolgt zu sein (Beginn mm Körperlänge, sondern können über 1 cm gross mit Liphistiidae und „basalen“ Mygalomorphae), werden (z.B. Gattung Perania). dann wieder nach alphabetischen (Agelenidae, Der Wert des Buches wird durch Obengesagtes Anapidae und Argyronetidae auf einer Tafel). in keiner Weise geschmälert. Wie lange haben wir Einige Begriffe werden in ungewöhnlicher Weise auf eine Übersicht der Spinnenfamilien weltweit gebraucht: Eine Scopula findet sich gewöhnlich gewartet und wie kompetent und benutzerfreund- auf den Laufbeinen, nicht auf den Gnathocoxen lich liegt sie nun vor uns! Dieses Buch wird weit (auch die Funktionen der beiden „Scopulae“ sind über die Grenzen der Arachnologie hinaus wirken. völlig verschieden) - dies wird allerdings im Glossar Es wendet sich nicht nur an professionelle Arach- genauer erklärt. Als Endosternit wird üblicherweise nologen, sondern auch an jeden allgemein an der ein mesodermales Skelettelement (kein „sclerite“) biologischen Vielfalt interessierten Zoologen. Wie im Prosoma bezeichnet, nicht die kleinen, eben- schön wäre es, hätten wir derartige Familienüber- falls mesodermalen Entosterna im „Abdomen“. sichten auch für andere Invertebraten-Taxa!

Wenn „chitinous“ verwendet wird, ist meist „scle- rotised“ gemeint. Als Scapus wird (zumindest im Literatur deutschsprachigen Raum) eine Vergrösserung des CODDINGTON J.A. & H.W. LEVI (1991): Systematics Vorderrandes der Epigyne verstanden, nicht, wie and evolution of spiders (Araneae). - Ann. Rev. Evol. im Glossar angegeben, jeder längliche Epigynen- Syst. 22: 565-592 Anhang. Bei den Buchlungen wird hervorgehoben, Christian Kropf