Deutscher Drucksache 13/6534 13. Wahlperiode 11.12.96

Gesetzentwurf der Abgeordneten Gudrun Schaich-Walch, Johannes Singer, Karl Diller, Peter Enders, Iris Follak, Lothar Fischer (Homburg), Günter Graf (Friesoythe), Dieter Grasedieck, Karl-Hermann Haack (Extertal), Klaus Hagemann, Manfred Hampel, Frank Hofmann (Volkach), Renate Jäger, Susanne Kastner, Hans-Peter Kemper, Dr. Hans-Hinrich Knaape, Fritz Rudolf Körper, Volker Kröning, Thomas Krüger, Dr. Uwe Küster, , , Dr. Jürgen Meyer (Ulm), Günter Oesinghaus, Dr. Willfried Penner, Dr. Eckhart Pick, Regina Schmidt-Zadel, Dr. R. Werner Schuster, Erika Simm, Antje-Marie Steen, Dr. Peter Struck, (Pforzheim), Lydia Westrich, Dieter Wiefelspütz, und der Fraktion der SPD

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG)

A. Problem Die bisherige Drogenpolitik der Bundesregierung, die auf einer unausgewogenen Gesetzgebung zum Betäubungsmittelrecht be- ruht, ist gescheitert: Der Zufuhrdruck bei allen Rauschgiften hält unvermindert an. Der organisierte Drogenhandel breitet sich im- mer mehr aus. Die Regierungskoalition hat es zugelassen, daß Deutschland zum Paradies für die internationalen Drogenbarone geworden ist. Die Suchtproblematik nimmt besorgniserregend zu und führt zu schweren individuellen und gesamtgesellschaftli- chen Schäden. Die Zahl der erstmals auffälligen Konsumenten il- legaler Drogen steigt ungebrochen. Die unausgewogene Drogenpolitik der Bundesregierung hat die- ses Problem in keiner Weise vermindert. Im Gegenteil: Die bishe- rigen undifferenzie rten Maßnahmen haben sich als wirkungslos erwiesen. Erfolgversprechende Forschung und die Differenzie- rung der Hilfsangebote werden von der Bundesregierung blok- kiert. Die schlechten Erfahrungen mit der bisherigen Drogenpoli- tik der Bundesregierung erfordern nunmehr ein schlüssiges Ge- samtkonzept aus Prävention, Hilfe für Abhängige und Repression gegen Drogenhandel zur Eindämmung der Suchtgefahren. Drucksache 13/6534 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode

B. Lösung Der Gesetzentwurf reformiert die Gesetzgebung zum Verkehr mit Betäubungsmitteln, indem er - das Prinzip „Hilfe statt Strafe" erweitert und die Strafverfol gung bei abhängigkeitsbedingten Straftaten zurücknimmt, - die rechtliche Zulässigkeit von Substitution klarstellt und er- weitert, - wissenschaftlich begleitete fundie rte Erprobungsvorhaben er leichtert, - den Eigenverbrauch, soweit damit keine Fremdgefährdung verbunden ist, straflos stellt, - für Drogenhilfeeinrichtungen Rechtssicherheit schafft, - die Strafmilderungsregelung für Angehörige des organisierten Drogenverbrechens abschafft.

C. Alternativen Keine

D. Kosten Eine Quantifizierung der Kosten ist nicht möglich. Auf der einen Seite sind Einsparungen zu erwarten infolge von vermehrt und rationeller durchgeführten Einstellungen von Konsumenten- und Bagatellverfahren. Auf der anderen Seite können auf die Länder bzw. die Sozialversicherung Kosten infolge der Verbesserung und Erleichterung von Therapie zukommen, was wiederum zu Einspa- rungen bei gesamtgesellschaftlichen Kosten infolge der gesund- heitlichen Stabilisierung von Abhängigkeitskranken führt.

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Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (Betäubungsmittelgesetz - BtMG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlos- wäre, kein öffentliches Interesse an der Strafver- sen: folgung besteht und der Täter die Betäubungs- mittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Artikel 1 Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durch- Das Betäubungsmittelgesetz in der Fassung der führt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft, Bekanntmachung vom 1. März 1994 (BGBl. I S. 358), besitzt oder zum Zwecke der Finanzierung des un- zuletzt geändert . . ., wird wie folgt geändert: mittelbaren Eigenverbrauchs mit ihnen Handel treibt. Die Schuld des Täters ist ebenfalls als ge- 1. § 3 Abs. 2 wird wie folgt geändert: ring anzusehen in Fällen, in denen länger zurück- a) Das Wort „ausnahmsweise" wird gestrichen. liegende Verstöße gegen das Betäubungsmittel- gesetz eine angestrebte Therapie gefährden." b) An Satz 1 wird folgender Satz 2 angefügt: „Dem Antrag einer obersten Gesundheitsbe- 7. § 35 Abs. 1 Satz 2 erhält folgende Fassung: hörde eines Landes ist zu entsprechen, wenn „Als Behandlung gilt auch die Teilnahme an ei- diese geltend macht, die Erlaubnis liege im öf- ner teilstationären oder ambulanten Therapie fentlichen Interesse des Landes." oder an einer Substitutionsbehandlung gemäß § 13 Betäubungsmittelgesetz in einer staatlich 2. In § 5 Abs. 1 Nr. 6 werden die Wörter „oder Erhal- anerkannten Einrichtung. " ten" gestrichen. 3. In § 13 Abs. 1 wird Satz 2 gestrichen. 8. § 37 Abs. 1 wird wie folgt geändert: 4. § 29 wird wie folgt geändert: a) Die Sätze 1, 2 und 3 bis einschließlich Num- mer 1 lauten wie folgt: a) In Absatz 1 Satz 1 Nr. 12 wird das Wo rt „auffor- dert" durch das Wort „aufstachelt" ersetzt. „Steht ein Beschuldigter in Verdacht, eine Straftat auf Grund einer Betäubungsmittelab- b) In Absatz 1 wird nach Satz 2 folgender Satz 3 hängigkeit begangen zu haben, und ist keine angefügt: höhere Strafe als eine Freiheitsstrafe bis zu „Gleiches gilt, wenn mit Erlaubnis der zustän- zwei Jahren zu erwarten, so kann die Staatsan- digen obersten Landesbehörde in bestimmten waltschaft vorläufig von der Erhebung der öf- Räumen einer staatlich anerkannten Drogenhil- fentlichen Klage absehen, wenn der Beschul- festelle der Verbrauch von Betäubungsmitteln digte nachweist, daß er sich wegen seiner Ab- geduldet wird. " hängigkeit der in § 35 Abs. 1 bezeichneten Be- handlung unterzieht oder begründete Aussicht c) Absatz 5 erhält folgende Fassung: auf eine Behandlung hat. Die Staatsanwalt- „Straflos bleibt, wer die Betäubungsmittel aus- schaft setzt Zeitpunkte fest, zu denen der Be- schließlich zum Eigenverbrauch in geringer schuldigte den Beginn oder die Fortdauer der Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, Behandlung nachzuweisen hat. Das Verfahren durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise ver- wird fortgesetzt, wenn schafft oder besitzt. Als eine geringe Menge im Sinne des Satzes 1 ist die Menge anzusehen, 1. die Behandlung nicht bis zu ihrem vorgese- die den gewöhnlichen Wochenverbrauch des henen Abschluß fortgeführt wird oder nicht einzelnen nicht überschreitet." zu dem vorgesehenen Zeitpunkt begonnen wird, 5. § 31 wird gestrichen. b) In Absatz 1 Satz 4 ist das Wo rt „kann" durch 6. § 31 a Abs. 1 erhält folgende Fassung: das Wort „soll" zu ersetzen. (1) „Hat das Verfahren ein Vergehen nach § 29 Abs. 1, 2 oder 4 zum Gegenstand, so kann die Artikel 2 Staatsanwaltschaft von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen Dieses Gesetz tritt am ... in Kraft.

Bonn, den 11. Dezember 1996

Gudrun Schaich-Walch Peter Enders Günter Graf (Friesoythe) Johannes Singer Iris Follak Dieter Grasedieck Karl Diller Lothar Fischer (Homburg) Karl-Hermann Haack (Extertal) Drucksache 13/6534 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode

Klaus Hagemann Thomas Krüger Dr. R. Werner Schuster Manfred Hampel Dr. Uwe Küster Erika Simm Frank Hofmann (Volkach) Christoph Matschie Antje-Marie Steen Renate Jäger Angelika Mertens Dr. Peter Struck Susanne Kastner Dr. Jürgen Meyer (Ulm) Ute Vogt (Pforzheim) Hans-Peter Kemper Günter Oesinghaus Lydia Westrich Dr. Hans-Hinrich Knaape Dr. Willfried Penner Dieter Wiefelspütz Fritz Rudolf Körper Dr. Eckhart Pick Rudolf Scharping und Fraktion Volker Kröning Regina Schmidt-Zadel Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode Drucksache 13/6534

Begründung

I. Allgemeines ben die Fraktion der SPD dazu veranlaßt, Maßnah- men im Bereich der Drogenpolitik und zur Eindäm- Die bisherige Drogenpolitik der Bundesregierung ist mung der Suchtgefahren zu erarbeiten und eine Ge- gescheitert. Auch wenn in den letzten beiden Jahren samtkonzeption vorzulegen. die Anzahl der Drogentoten leicht zurückging, ist sie im Jahre 1996 wieder besorgniserregend angestie- Sozialdemokratische Drogenpolitik stützt sich auf gen. Nach Angaben des Bundeskriminalamtes haben drei Säulen aus Prävention, Hilfe für Abhängige und im ersten Halbjahr 1996 bereits 753 Menschen infol- Repression gegen Handel. ge ihrer Drogenabhängigkeit ihr Leben lassen müs- sen, während es im gleichen Zeitraum 1995 erst Prävention muß in der Bundesrepublik Deutschland 682 Menschen waren. Nach wie vor werden jährlich Lebensbedingungen schaffen, die dem Konsum und Tonnen von Rauschgift in die Bundesrepublik Mißbrauch von Drogen begegnen und den Einstieg Deutschland geschmuggelt. Designerdrogen, Ko- in Abhängigkeit verhindern. kain, Heroin, Cannabisprodukte und andere Betäu- Hilfen dienen zur Sicherung des Lebens bei Abhän- bungsmittel überschwemmen den Markt. Die Dro- gigkeit, zur Umorientierung wie auch zum Ausstieg genpreise sinken und vereinfachen die Zugänglich- aus der Sucht. Der Grundsatz „Hilfe statt Strafe" keit. Dabei hält der Zufuhrdruck bei allen Rauschgif- muß gestärkt und erweitert werden, denn Drogenab- ten unverminde rt an. Der organisierte Drogenhandel hängigkeit ist Krankheit. Das muß auch im Rahmen breitet sich immer mehr aus. Die Regierungskoalition der Sozialgesetzgebung Berücksichtigung finden. hat es zugelassen, daß Deutschland zum Paradies für Wer den Krankheitscharakter der Sucht anerkennt, die internationalen Drogenbarone geworden ist. kann sich auch nicht der Erkenntnis verschließen, Die Zahl der Drogenabhängigen steigt. Die Zahl der daß neue Möglichkeiten der Hilfe gesucht und Erfah- erstmals auffälligen Konsumenten illegaler Drogen rungen anderer Länder, wie z. B. der Schweiz mit nimmt weiter zu. Ein besonders starker Zuwachs der Heroinvergabe, auch in der Bundesrepublik zeigt sich bei Kokain, Amphetaminen einschließlich Deutschland unvoreingenommen geprüft werden seiner verschiedenen Derivate und bei LSD. Dies be- müssen. deutet unter anderem, daß die sogenannten Lei- Repression hat sich vorrangig gegen die organisierte stungsdrogen, die „euphorisierenden Stimmungsma- Rauschgiftkriminalität zu richten. Der Rauschgifthan- cher", von einer offenbar auch jungen Konsumenten- del muß massiv bekämpft werden. Eine Entlastung schicht vermehrt nachgefragt werden. Gleichzeitig der Strafverfolgungsbehörden von der Verfolgung ist der Verbreitungsgrad von Heroin bei den Erstkon- kleiner Konsumentendelikte erleichtert die Konzen- sumenten unverände rt hoch. Neueinsteiger bevorzu- tration der Kräfte auf den Kampf gegen den Rausch- gen in letzter Zeit statt der intravenösen Injektion das gifthandel. Rauchen des Heroins. Der hier vorgelegte Gesetzentwurf zur Änderung des Der Konsum illegaler Drogen führt bei vielen Men- Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln schen zu Abhängigkeit und Verelendung. Insbeson- (Betäubungsmittelgesetz - BtMG) setzt die rechtli- dere junge Menschen erfahren dabei eine nachhalti- chen Voraussetzungen für eine solchermaßen diffe- ge Störung ihrer Persönlichkeitsentwicklung. Statt renzierte Drogenpolitik. Der Gesetzentwurf schafft differenzierte Überlebenshilfen rechtlich zu ermögli- damit Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. chen, das gesundheitliche Risiko der Betroffenen zu lindern und die Risiken beim Konsum möglichst ge- ring zu halten, orientiert sich die Bundesregierung II. Zu den Einzelbestimmungen einseitig am Abstinenzparadigma und an der Straf- verfolgung. Erfahrungen aus den letzten 20 Jahren belegen jedoch eindeutig, daß das jetzige Strafrecht Zu Artikel 1 für die Bekämpfung der Drogensucht kein geeigne- tes Mittel ist. Zu Nummer 1 (§ 3 Abs. 2) Die einseitig repressive Drogenpolitik der Bundesre- Die wissenschaftliche Erforschung von medizini- gierung hat dieses Problem in keiner Weise vermin- schen Behandlungsprogrammen bei Betäubungsmit- dert. Im Gegenteil: Die bedrückenden Sicherstel- telabhängigen mit Präparaten der Anlage 1 (z. B. He- - lungszahlen zeigen letztlich die Wirkungslosigkeit roin) ist dringend notwendig. der bisherigen Maßnahmen. Denn die Sicherstellun- gen haben in keiner Weise zu einer Angebotsver- Es müssen Möglichkeiten eröffnet werden, Erfahrun- knappung geführt. gen, die mit der Vergabe von Heroin für Schwerstab- hängige im Vereinigten Königreich Großbritannien Die besorgniserregende Zunahme der Suchtproble und in der Schweiz gemacht werden, auch in der matik, die schnellen und schweren individuellen und Bundesrepublik Deutschland zu erforschen und sich gesamtgesellschaftlichen Schäden durch Drogen ha gegebenenfalls zunutze zu machen. Drucksache 13/6534 Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode

Zu Nummer 2 (§ 5 Abs. 1) Zu Buchstabe c

Die Aufzählung in der derzeit gültigen Gesetzesfor- Bestrafung von Handlungen, die mit dem ausschließ- mulierung erschwert Substitutionsprogramme. Sie ist lichen Eigenverbrauch unmittelbar in Verbindung auch überflüssig wegen des vorerwähnten Miß- stehen und weder mit einer Fremdgefährdung noch brauchs von Betäubungsmitteln. Die Änderung mit der Abgabe von Drogen einhergehen, kann mit schafft Rechtsklarheit in bezug auf die Zulässigkeit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht verein- von Substitution. bart werden. Darum ist es notwendig, die Straflosig- keit dieser Handlungen im Gesetz klarzustellen. Das Zu Nummer 3 (§ 13 Abs. 1) Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluß vom 9. März 1994 deutlich gemacht, daß bei Konsu- Absatz 1 Satz 2 schränkt die Therapiefreiheit des ver- mentendelikten ohne Fremdgefährdung die unter- schreibungsberechtigten Personenkreises unverhält- schiedliche Einstellungspraxis der Staatsanwalt- nismäßig und in nicht begründeter Weise ein. schaften in den Bundesländern bedenklich sei. Die Länder treffe die Pflicht, für eine im wesentlichen Zu Nummer 4 (§ 29) einheitliche Einstellungspraxis der Staatsanwalt- schaften zu sorgen. Die Länder haben seither jedoch Zu Buchstabe a keine einheitlichen Verwaltungsvorschriften für die Die Änderung dient der Klarstellung und Rechtssi- Staatsanwaltschaften zur Anwendung des § 31 a ge- cherheit. schaffen. Darum ist eine gesetzliche Regelung durch den Bundesgesetzgeber geboten.

Zu Buchstabe b Der Gesetzentwurf setzt somit den Auftrag des Bun- Aufgrund von Äußerungen der Bundesregierung desverfassungsgerichts vom 9. März 1994 aus einem wird vielfach die Auffassung vertreten, der Betrieb Verfahren über Cannabisprodukte um. Der Ände- von Kontaktstellen und Krisenzentren, in denen Dro- rungsvorschlag wendet den Geist dieses Auftrages genkonsum zugelassen ist, sei mit dem geltenden auch auf die übrigen Betäubungsmittel an, die nicht Recht nicht zu vereinbaren. Dem steht die Gegen- Gegenstand des Verfahrens vor dem Bundesverfas- meinung aus teleologischer Sicht gegenüber (vgl. sungsgericht waren. Die Änderung entlastet gleich- Körner, BtMG, Rn. 1037 zu § 29 BtMG). Höchstrich- zeitig die Strafverfolgungsbehörden. terlich ist diese Frage bislang nicht entschieden. Durch die vorgesehene Anfügung des Satzes 3 in § 29 Zu Nummer 5 (§ 31) Abs. 1 BtMG wird die gebotene Klarstellung hin- sichtlich „staatlich anerkannter" Drogenhilfestellen Gegen § 31 bestehen verfassungsrechtliche Beden- vorgenommen. Gleichzeitig erhalten diese Einrich- ken. tungen eine strafrechtliche Privilegierung im Hin- Alle vorliegenden Erfahrungen deuten außerdem blick auf die Duldung des Verbrauchs von Betäu- darauf hin, daß die mit der Vorschrift verfolgte Inten- bungsmitteln nur für den Fall, daß die zuständige tion nicht erfüllt wurde. Die Vorschrift ist zudem aus- oberste Landesbehörde hierzu der betreffenden Dro- ufernd angewandt worden. Im Einzelfall kann durch genhilfestelle eine Erlaubnis erteilt. Diese Erlaubnis die reguläre richterliche Strafzumessung der Ge- hat sich auf bestimmte Räume zu beziehen. Damit ständnisbereitschaft der Angeklagten ausreichend soll das gesundheits- und auch kriminalpolitische Rechnung getragen werden. Auch mit § 154 c StPO Ziel erreicht werden, daß nur solche Einrichtungen steht ein geeignetes Instrument zur Berücksichti- einen Drogenkonsum in ihren Räumen dulden dür- gung der Kooperation eines Angeklagten zur Verfü- fen, die eine medizinische Notfallversorgung, ernst- gung, welches nicht solch weitgehende, den Rechts- hafte Anstrengungen für Therapiebemühungen so- staat tangierende Folgen hat. wie eine effektive staatliche Aufsicht gewährleisten. Der Konsum von Drogen steht in diesen Einrichtun- gen nicht im Vordergrund, sondern wird lediglich - Zu Nummer 6 (§ 31a Abs. 1) ohne daß eine Gefährdung der sonstigen Tätigkeit der Einrichtung eintritt - nicht unterbunden, d. h. Die Anwendung des § 31 a muß erhöht und verein- faktisch zugelassen, um die Basis für eine vertrauens- heitlicht werden. Darum soll durch Erweiterung des volle soziale und gesundheitliche Hilfe und Betreu- Satzes 1 die Möglichkeit geschaffen werden, daß bei ung nicht zu gefährden. Die Änderung stellt gleich- kleineren Beschaffungsdeals, die nicht mit dem orga- zeitig klar, daß das faktische Dulden des Drogenkon- nisierten illegalen Betäubungsmittelhandel in Ver- sums in diesen Drogenhilfestellen auch nicht als Ge- bindung stehen, das Ermittlungsverfahren eingestellt währen einer Gelegenheit zum unbefugten Ver- wird. brauch strafbar ist. Durch Satz 2 soll das gleiche für solche Ermittlungs- Mit der Gesetzesänderung ist ferner die Straflosig- verfahren ermöglicht werden, die sich gegen länger keit öffentlicher -Mitteilungen über eine Gelegenheit zurückliegende abhängigkeitsbedingte Verstöße ge- zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln gen das Betäubungsmittelgesetz richten, wenn durch in den Fällen veranlaßt, in denen darüber öffentlich die Strafverfolgung eine Therapie gefährdet wird. informiert wird, daß in bestimmten staatlich aner- kannten Drogenhilfestellen der Konsum von Betäu- Die Neuregelung entlastet gleichzeitig die Strafver- bungsmitteln zugelassen ist. folgungsbehörden. Deutscher Bundestag - 13. Wahlperiode Drucksache 13/6534

Zu Nummer 7 (§ 35 Abs. 1) Zu Nummer 8 (§ 37 Abs. 1) Durch die Neuregelung soll dem Prinzip „Hilfe statt Die Neuregelungen sind hinsichtlich allgemeiner Strafe" in verstärktem Maße Rechnung getragen Änderungen der zulässigen Therapieformen und der werden. bundeseinheitlichen Regelung von Substitutionspro- grammen notwendig. Die Klarstellung regelt, daß Zu Artikel 2 auch ambulante Therapien in Frage kommen und daß auch eine Substitutionsbehandlung die Zurück- Regelung des Inkrafttretens; das Datum wird wäh- stellung der Strafvollstreckung gemäß § 35 BtMG rend des parlamentarischen Beratungsverfahrens er- rechtfertigen kann. gänzt.