EIN SOLITÄR NAMENS HERMANN LEVI ERLÖSUNG DURCH DIE TAUFE? ZUM DIRIGENTEN HERMANN LEVI

Wagners wurde bei den 2. Bay- Stelle in : darunter die Arbeit mit reuther Festspielen 1882 uraufgeführt. dem dortigen, hochgeschätzten Theaterdi- Trotz des verregneten Wetters war die At- rektor Eduard Devrient sowie die Nähe zu mosphäre feierlich, nicht zuletzt wegen so Baden-Baden, einer Stadt, die jedes Jahr renommierter Besucher wie Camille Saint- viele Künstler anzog. Auch die religiöse Saëns und Léo Delibes. Vor allem war es Toleranz am Hof Juden gegenüber spielte aber die Mitwirkung des Uraufführungsdi- eine große Rolle bei Levis Entscheidung, rigenten Hermann Levi (1839–1900), einer die Stelle anzunehmen. Während seiner der wichtigsten Figuren des damaligen achtjährigen Amtszeit machte er sich deutschen Musiklebens, die dem Werk einen Namen als gewissenhafter Diri- zum Erfolg verhalf. gent, hob das künstlerische Niveau und realisierte ehrgeizige Projekte wie die Levi, Sohn eines liberalen Rabbiners, galt Aufführungen des Deutschen Requiems als musikalisches Wunderkind. Nach sei- von Brahms und Der Meistersinger von nem Studium am Leipziger Konservatorium Nürnberg von Wagner kurz nach ihren wirkte er ab 1859 als Musikdirektor und Uraufführungen. Kapellmeister in Saarbrücken, und Rotterdam. Auf Empfehlung seines Sein Abschied von Karlsruhe erfolgte im Kompositionslehrers Vincenz Lachner Juni 1872 mit einem feierlichen Konzert. wechselte er dann 1864 an das Karlsruher Die Karlsruher Zeitung berichtet von „Blu- Hoftheater. In einem Brief an Levi betonte menregen und endlosen Akklamationen“ Lachner die Vorteile der Hofkapellmeister- an einem Abend, der „noch mal nahe legte, was wir an dem Manne verlieren, der in Der Höhepunkt des Dramas ereignete sich dessen Mittelpunkt stand.“ Seine neue im Juni 1881: Levi war in Villa zu Position als Hofkapellmeister in München Gast, als Wagner ihn auf einen anonymen ERLÖSUNG DURCH DIE lockte aber mit einem größeren Orchester Brief aus München in seinem Zimmer hin- und der Möglichkeit, auf das Musikleben in wies. Der Brief enthielt die Forderung an ganz Süddeutschland Einfluss zu nehmen. Wagner, sein Werk „rein“ zu halten, und es nicht von einem Juden dirigieren zu lassen. In München beschäftigte sich Levi erfolg- Levi war von dem Brief und von Wagners reich mit weiteren Werken von Wagner. Vorgehen zutiefst gekränkt: Er verstand Dirigent und Komponist verband eine nicht, warum der Komponist den Brief freundschaftliche Beziehung. Im Sommer nicht sofort vernichtet hatte. Er flüchtete 1875 fuhr Levi nach Bayreuth, um die nach Bamberg und bat Wagner um seine Proben für Siegfried und Die Götterdäm- Entlassung aus der Leitung der Urauffüh- merung zu besuchen, die ein Jahr später rung. Wagner lehnte dies ab, weil es die bei den 1. Bayreuther Festspielen uraufge- Realisierung des Parsifal-Projekts gefähr- führt wurden. Levi zeigte großes Engage- dete: Levis Erlass kam von Ludwig II. und ment für Wagners Festspiel-Idee und war eine Entlassung des Dirigenten, die nicht als Korrepetitor bei den Proben. Als er vom vom König stammte, konnte einen Skandal finanziellen Misserfolg der 1. Festspiele auslösen. Außerdem erkannte Wagner erfuhr, organisierte er umgehend am 17. Levis Vorteile: Professionalität und Erge- März 1877 ein Benefizkonzert in München benheit. Es gelang ihm, Levi mit schönen mit Ausschnitten aus Der Ring des Nibe- Worten für das Dirigat zurückzugewinnen, lungen. Trotzdem konnten die Festspiele ohne dass dieser sich einer Taufe unter- erst 1882 wieder stattfinden. ziehen musste. An der judenfeindlichen Haltung in Bayreuth änderte sich jedoch Für die 2. Bayreuther Festspiele plante nichts. Dies hinderte Levi nicht daran, bis Wagner die Uraufführung seines neuen 1894 – mit Ausnahme der Jahre 1885 und Werkes, des Bühnenweihfestspiels Parsi- 1888 – weitere Aufführungen des Parsifal fal, das Bayreuth vorbehalten sein sollte. in Bayreuth zu dirigieren und Cosima in der König Ludwig II., sein Gönner, sicherte ihm Leitung der Festspiele zu unterstützen. das Orchester des Münchner Hoftheaters samt seines Dirigenten Levi zu. Wagner Seine letzten Lebensjahre verbrachte Levi empfand das Dirigat eines Juden trotz der gemeinsam mit seiner Frau Mary in Par- Qualitäten Levis als Problem: Nach seiner tenkirchen. Nach seinem Tod ließ sie ihm antisemitischen Auffassung durfte kein ein prachtvolles Mausoleum errichten, das Ungetaufter diese christliche Oper diri- die Nazis Anfang der 30er Jahre verwüste- gieren, denn dieser könne die „Tiefe“ des ten. Eine Wiedererrichtung des Mausole- Bühnenweihfestspiels nicht begreifen. Die ums ist bis heute nicht erfolgt. einzige Lösung für Wagner war die Taufe Levis: So konnte Levi seine Rasse durch von Avi Liberman das Geistige „überwinden“. Levi wider- setzte sich hartnäckig. EIN SOLITÄR NAMENS HERMANN LEVI Ausstellung Acht Jahre lang war der jüdische Dirigent Hermann Levi als gefeierter Hofkapell- EIN meister in Karlsruhe tätig. Heute fast in Vergessenheit geraten, steht der Parsifal- Uraufführungsdirigent im Mittelpunkt dieser Ausstellung, die von Filmmacherin und Historikerin Angelika Weber gestaltet ist. Ein kurzer Film komplettiert die Ausstellung mit weiteren Informationen über diesen außergewöhnlichen Künstler.

BIS ZUM 26.7. FOYER DES STAATSTHEATERS Eingang C und D HERMANN LEVI

BENEFIZREIHE ZUR WIEDERERRICHTUNG DES LEVI-MAUSOLEUMS

LIEBEVOLLES WEGWEISEN? – DER DIRIGENT HERMANN LEVI UND WAGNERS PARSIFAL Benefizvortrag von Prof. Dr. Stephan Mösch, Hochschule für Musik Karlsruhe

Die Beziehung zwischen dem jüdischen Dirigenten Hermann Levi und dem anti- semitischen Komponisten war höchst kompliziert, insbesondere was das Dirigat des Bühnenweihfestspiels Parsifal betraf. Nach der Auffassung Wagners durfte Levi dieses christliche Werk nicht ungetauft dirigieren, da er dessen „Tiefe“ nicht „erfühlen“ könne. Als Eröffnung unserer Benefizreihe zur Wiedererrichtung seines von den Nationalsozialisten zerstörten Mausoleums in Garmisch-Partenkirchen wird Prof. Dr. Mösch das Beziehungsgeflecht der beiden wichtigen Musiker anhand neuer Forschungen erläutern.

14.5.15 11.00 FOYER DES STAATSTHEATERS

Wir freuen uns auf Spenden zugunsten der Wiedererrichtung des Levi-Mausoleums!

WIR DANKEN DER GESELLSCHAFT DER FREUNDE DES BADISCHEN STAATS- THEATERS KARLSRUHE e. V., DEM RICHARD-WAGNER-VERBAND KARLSRUHE e. V., DEM RICHARD-WAGNER-VERBAND INTERNATIONAL UND DER STADT KARLSRUHE FÜR IHRE UNTERSTÜTZUNG.