Jahrgang 27 31. Januar 1980 Nr.l Zur Baugeschichte der Ebinger Martinskirche

von Dr, Walter stettner (Schluß)

Um zu dem stattlichen, hohen Kirchengehäuse zu Dazu kamen diesmal auch die kleinen städtischen Die Käfig-Laternen wurden entfernt, dafür neue passen, wurde der Kirchturm von 1670/72 um 14 auf Glocken. G . F. Hummel nennt zwei vom unteren Kronleuchter eingesetzt, deren Enden trompeten­ 50 Meter erhöht und erhielt einen äußeren Umgang, Torkasten (Roter Kasten), zwei von der Hans­ förmig auslaufen. Der bisherige Altar wurde umge­ von dem die Stadtmusikanten bliesen. Eine neue Schemm-Schule (Kirchgrabenschule), zwei vom arbeitet und vorgerückt, damit stärker ins Blickfeld Turmuhr lieferte der Uhrmacher H. Perrot in Calw. Krankenhaus. Auch die beiden Glocken, die im und Leben der Gemeinde hineingestellt. Der Tauf­ In die neue Kirche sollte auch eine neue Orgel Heimatmuseum standen, wurden hinabgeschafft. stein, ebenfalls aus dem alten umgearbeitet, wurde eingebaut werden. Den Auftrag dazu erhielt nach aber das war voreilig, denn,sie waren aus Gußstahl gegenüber der Kanzel am anderen Pfeiler des Chor­ Billigung durch das Konsistorium die Ludwigsbur­ gegossen und durften (bis zur Bombadierung des bogens aufgestellt. Die Bänke im vorderen Teil des ger Orgelfabrik E.F. Walcker. Angestelle des Tritt­ Rathauses 1944) wieder oben aufgestellt werden. Schiffs und in den beiden Seitenschiffen unter den werks ließ der Kirchengemeinderat nachträglich auf Neben der Ablieferung der Glocken brachte der . Emporen sind in einem großen Halbbogen um Altar Anregung des Organisten, Musikdirektor Strecker, zweite Weltkrieg durch einen Bombenangriff am 11. und Kanzel ausgerichtet. elektrischen Orgelantrieb einrichten. Juli 1944 schwere Schäden für die Martinskirche. Die Wand über dem Chorbogen nimmt eine groß• Eine Bombe fiel zwischen Turm und Chor und angelegte Darstellung von Szenen aus der Offenba­ zerstörte den Konfirmandensaal, beschädigte die rung des Johannes ein. Oben der thronende Chri­ Glocken Chordecke und deckte das Dach der Kirche ab. Die stus, der Weltenrichter, inmitten der vier Tiere, zur Kirche konnte zunächst nicht benützt werden. Die Linken die Anbetung der 24 Altesten, auf der Wand Im Turm hingen (nach der Oberamtsbeschreibung katholische Kirchengemeinde stellte auch für evan­ gegenüber der Kanzel der Erzengel Michael mit dem von 1880) vier Glocken: eine kleine neue und drei gelische Gottesdienste ihre Josefskirche zur Verfü• Drachen und die Auferstehenden. Ein Engel mit größere alte. Die größte trug die J ahreszahl1465 und gung. Aber "schon während des Krieges ,griffen Posaune neben der Kanzel will der Gemeinde zuru­ die Namen der Evangelisten in Minuskeln (= klei­ viele willige Hände zu, um die wund geschlagene fen: Wachet! Der Entwurf zu diesen Zeichnungen nen Buchstaben); die mittlere die gleichen Namen Kirche zu retten und zu heilen, soweit dies bei der stammt von Prof. Velin, Stuttgart. Der Crucifixus in alten Majuskeln (= großen Buchstaben); die dritte Knappheit der Baumaterialien überhaupt möglich stammt aus der Kapellkriche; nach deren Zerstö• wieder in Minuskeln mit der Jahreszahl 1467. Jetzt war. So konnte die Ebinger Gemeinde am Sonntag rung 1944 gelangte er in den Chor der Martinskirche; nach dem'Neubau der Kirche und der Erhöhung des Cantate, dem 29. April 1945, die Martinskirche wie­ hier kam er bei der Erneuerung an das große Bal­ Kirchturms kam eine weitere große Glocke mit dem der in Benützung nehmen" (so Pfarrer Mack 1954). kenkreuz hinter dem Altar.:Er stammt wohl aus den Ton d hinzu. Im Februar 1954 wurde der Innenraum der Martins­ Jahren nach dem Dreißigjährigen Krieg. Der Chor Sie war von Fabrikant Friedrich Haux gestiftet und kirehe unter Leitung des Stuttgarter Baurats Heim erhielt drei farbige Fenster, Werke des Stuttgarters aus der Werkstatt der Fa. Bachert in Kochendorf umgestaltet. Anstatt der mit allerlei Stuckverzierun­ Adolf Saile. Damit hat das Gebäude, das vorher hervorgegangen. Sie trug die Innschrift: "Land, gen versehenen Decke wurde eine Holzdecke mit mehr einem Festsaal glich, den Charakter einer Land, Land, höre des Herrn Wort!", darüber ein Stabwerkmuster eingbaut, die dem Raum einen Kirche. "Man erkennt beim Hereintreten sofort, daß Kruzifix. Die alten Glocken hätten zwar nach einem 'wärmeren Charakter verleiht. Die Hartfaser- und dies ein Raum ist, wo eine Gemeinde sich sammelt Gutachten von Heinrich Kurtz in Stuttgart noch 50 Schaumgummiplatten, die hinter dem Stabwerk um Gottes Wort und Sakrament" (Oberkirchenrat bis 100 Jahre benützt werden können, da sie jedoch verlegt sind, geben eine gute Akustik. Demselben Pfeifle). .zusammen mit der neuen Glocke kein befriedigen- . Zweck dient die Holzverkleidung der Emporebrü• Quellen: Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Stadtarchiv des Geläut ergaben, mußte Meister Kurtz erst die stungen und das Holzwerk an den Decken unter den , Akten der Kirchenpflege Ebingen, Ober­ drei größeren Glocken und dann auch noch das Emporen. Die übergroßen Fenster auf der nördli• amtsbeschreibung 1880, G. Fr. Hummel, Schulglöckleinumgießen. Danach zeigte die zweite chen und südlichen Empore wurden auf zwei schö• Geschichte der Stadt Ebingen 1936, der Kirchenbe­ Glocke in f mit 788,5 kg Gewicht einen Lutherkopf ne Rundfenster reduziert. zirk Balingen 1954. und die Inschrift "Ein feste Burg ist unser Gott", die dritte Glocke in as mit 470 kg "Ehre sei Gott in der Höhe", die vierte in h mit 275,5 kg die Figur St. Martins und die Inschrift "Lasset uns Gutes tun und nicht müde werden." Auf der Schulglocke in d mit 161 kg war zu lesen, "Lasset die Kindlein zu mir kommen und wehret ihnen nicht".

Weltkriege und ihre Folgen Die größte und die vierte Glocke mußten im ersten Weltkrieg 1917 an die Heeresverwaltung ab­ geliefert werden. 1922 beschloß der Gemeinderat, sie durch neue zu ersetzen, die Glockengießer Kurtz im September gerade noch vor der schlimmsten Inflation lieferte. Die neue große Glocke hatte einen Durchmesser von 1,32 Meter und wog 1315 kg. Ihre Inschrift lautete: ,,1905 ursprünglich gestiftet von Friedrich Haux und Lydia geb. Kauffmann, zer­ schlagen 1917 zu Deutschlands Wehr, neu erstanden 1923. Ich läute Frieden nach Krieges Not. Kommt her, ihr Müden, kommt zu Gott!". Die vierte Glocke in b hate 0,83 Meter Durchmesser und wog 325 kg. Ihre Inschrift: "Zum Gedächtnis unserer gefallenen Krieger die dankbare Gemeinde". Noch viel härter griffen im zweiten Weltkrieg die nationalsozialistischen Machthaber in den Bestand der Ebinger Glocken ein: Im Januar 1942 (die Hoff­ nung auf ein rasches Ende des Rußlandfeldzuges war geschwunden) mußten fast alle Bronzeglocken abgeliefert werden. In der Martinskirche wurde am 18. Januar eine Art Abschiedsgottesdienst gehalten, bei dem zuerst jede der Glocken einzeln ertönte und dann alle zusammen zum letzten Mal läuteten. Schon am folgenden Tag wurden alle vier Glocken abgeseilt. Zahl (in Klammern) und Gewicht in kg der abge­ lieferten Glocken seien hier zusammengestellt: Mar­ tinskirehe (4) 1315, 788, 470, 325, Friedenskirche (3) 689, 405, 280, Kapellkirche (3) 304, 172, 94, J osefskir- ehe (4) 1215,690,474,362.. . Die Ebinger Martinskirche nach dem Umbau von 1954 " Fot o: Dr. Hell Seite 242 He imatkundliehe Blätter Balingen Januar 1980

gen gegenüber dem zehnfachen seines Bruders Jo­ se ph (J ose ph 255 fl., Marx nur 20 fl.) ist zu schließen, Die Balinger Malerfamilie Weiß daß J oseph der Werkstattinhaber und Leiter war und Marx in jenen J ahren die Stelle eines Gehilfen Von Fritz Seheerer inneha tte. Vor 400 Jahren, am 25. Februar 1580, "erstarb zu Wiederholt wurde Joseph Weiß von der F or- Wohl 1543 verließ Marx se inen Heimatort und die Uberlingen der Bahnger Maler Marx Weiß der J ün- schung mit dem sogenannten Meister von Meßkirch brüderliche Werk statt, um sic h in Rottweil als selb­ gere als Siebziger unter Hinterlassung der drei Ma- in Verbindung gebracht. "Mangels signierter oder ständiger Meister ni ederzul as sen. Gegenüber dem lersöhne Josef, Christoph und Jesaias. Er entstamm- eindeutig zuschreibbarer Bild er ist diese Verbin ­ Rathaus hatte dort Graf Werner von Zimmern ein te dem in Balingen ansäßigen Künstlergeschlecht dung als reine Spekulation zu bewerten" (Hann­ Haus erworben. Dieses Haus zierte Marx innen und der Weiß, das in der südwestdeutschen Kunstge- mann). Die kunstbegeisterte Abtissin des Klosters außen mi t schönen F resken (Zimmernsehe Chronik schichte des 15./1-6. Jahrhunderts eine Rolle spielte. Heiligkreuztal bei Riedlingen, Veronika von Riet- II 182). Aus dem Jahr 1543 datiert auch ein in Zürich Weitab von den Kunstzentren Konstanz und Ulm heim, ließ neben dem La nghausgewölbe und dem erhaltener Scheibenriß für den P robst von Bisch ofs­ gediehen auch kräftige Reiser am Baum der Kunst Lettner den Chor mit bedeutenden Wandmalereien zell , Hereules Gödlin, dem Konstanzer Domsänger in unserer Gegend angesichts der zahlreich erhalte- zieren, die heute wieder freigelegt sind. und Züricher Dom herren. nen Schnitzwerke im Umkreis von Balingen und An Tafelgemälden ist neben einer Bubenhofen­ Ob Marx Weiß die Werkstatt des Meisters von Rottweil (s. Heimatk. Blätter November 1979) - es Tafel in den zwanziger Jahren das treffliche Porträt Meßkirch (bekannt durch die Tafeln im Louvre, zu seien genannt die Altarfiguren von Weilen u. d. des 1525 verstorbenen Zollerngrafen Eitelfriedrich Meßkirch, Wildenstein u . a.), wie vermutet wurde, Rinnen, von Schömberg, von Geislingen, Neukireh, entstanden. In seiner Werkstatt dürfte sein jüngerer übernahm, ist'ungeklärt. Bald nach 1550 siedelte der Neufra und der heute im Freiburger Münster auf'ge- Bruder Marx mitgearbeitet haben. Meister nach Überlingen am Bodensee über. In den stellte Schrein von Heinstetten (ca. 1510-1525). Fast folgenden Jahren malte er die Chorwölbung auf der 100 Jahre hindurch blühte die Kunst bodenständig, Marx Weiß der Jüngere Reichenau zu Mittelzell aus und die Deckenfelder geknüpft an die heimische Malerfamilie der Weiß. Marx ist seit 1536 nachweisbar. Er war damals in des Langhauses im Überlinger Münster. 1560 schuf Ihr Stammvater ist Marx Weiß der Altere, der 1518 Diensten der württembergisc hen Herzöge. Wahr­ er für die Meersburger Liebfrauenkirche einen Kru­ oder wenige Jahre danach starb. Möglicherweise ist sc heinlich hat er zu jener Zeit im Tü binger Schloß zifixus, Von den F ürsten berg auf Heiligenberg er­ er aus Rottenburg oder T üb ingen zugezogen, da zu gearbeitet, das 1535 vo n Herzog U1rich begonnen hielt er Aufträge. 1562 bezog "maister Marxen, maler Rottenburg, der ehemaligen Residenz der kunstför• wurde zu bauen. Anfangs der 30er Jahre verheirate­ zu Überlingen von ain fenlin uff die neuen bru ck ze dernden Herzogin Mechtild (gest. 1482) im Jahre te er sic h mit einer uns Unbekannten , di e bald machen" 1 fl. 1503 mehrere Maler arbeiteten. Ein er seiner Söhne, darauf starb unter Hinterlassung eines Tö chterleins Einige Marx Weiß zugesc hriebene Werke befin ­ Samson, war um 1520 fürstenbergischer Land­ Anna. 1538 heiratete er dann Magdalena Dornvogel. den sich in den fürstlichen Sammlungen von Do­ schreiber und später Hofgerichtspro kurator in Rott­ sehr wahrscheinlich eine Nichte des aus Rottweil naueschingen: Da s Bild mit der Darstellung des hl. weil. Dieser errichtete dem verstorbenen Va ter, der stammenden Pfarrers zu Meßkirch, Adrian Do rn vo­ Wiborad für das Klost er Ruback er (1559) und zwei in Mutter wie den Gro ßeltern zu Donaueschin gen bzw. gel, die er wohl anläßlich seiner Arbeiten in Meß­ der Zeit von 1567 bis 1573 gemalte Flügelaltäre für Bräunlingen ein J ahrgedächtnis. kirch für Gottfried Werner vo n Zimmern kennen­ die Ablachkirche in Meßkirch. Stilistisch verwandt Im Annivers um (J ahrzeitbuch) is t unter 1518 u. a. lernte. In Balingen wurden ih m dann die zwei Söhne sind auch die auf der Burg Wild enst ein und in der verzeichnet: "Max Wey ßen, des m alers zuo Balingen Josef d. J . und Andreas geboren., Überlinger Ratskanzlei befindlichen orn amenta len und Magdalena Lo hbererin, seiner ehlichen hauß­ 1539 ist der junge Maler wieder in Balingen, wo er Malereien. frowen und Sampson Weyßen vo n Balingen, ir bay­ d ie Grabtafel des Grafen Christof von Tengen-Wehr­ Schade ist, daß von all diesen Balinger Malern der ehlicher sohn und ir beeder vater und muotter . . stein malte, die in der Begräbniskirche der Nellen­ überaus wenig in ihrem Heimatort vorhanden ist. . Deren aller jahrzeyt soll begangen werden um burger zu Empfingen über der Saktristeitür aufge­ Nur in Urkunden begegnen wir ihnen, wie dem Valentini von den hayligen pflegers S. Joannis mit hängt wurde. Bis 1858 war sie noch vorhanden, ist 34jährigen Joseph in der Kirchgasse, wo er zunächst zwayen pryestern und sundt geben ainem kilchher­ aber heute verschollen. "Uff Marie geburt marxen, der hochragenden Stadtkirche se ine Werkstatt führ­ re n III ß hl (3 Schilling Hell er) und ainem capion II ß malers von Balingen, vom epitaphium XIIgi". ' te und daselbst das Amt des Rechners der se it 1468 hl und dem meßmer I ß hl", Zwei andere Söhne, "Item denen so das epitaphi um von Balingen herge­ bestehenden Sebastiansbruderschaft versah. Aber J oseph und Marx d . J. , ergriffen den Beruf des tragen XXXII kr." (Kreuzer). Bei dieser Grabtafel auch die Bestände der Archive sind recht beschei­ Vaters. handelt es sich um den auf Wehrstein (bei Fischin­ den, da durch zahlreiche Stadtbrände vieles ver­ In Thalheim, Kreis Tübingen, stand noch in d er 1. gen) gestorbenen und in Empfingen beigesetzten nichtet wurde. Do ch aus dem wenig Erhaltenen Hälfte des vorigen J ahrhunderts in der dortigen Grafen, über dessen ungeheure Leibesfülle und kann geschlossen werden, daß im 15./16. 'J ahrh un­ Cyriak-Kirch e ein Flügelaltar, der sich heute in Körpergröße die Zimmernsehe Chronik sich in der­ dert .auch unsere Gegend fernab der Kunstzentren Stuttgart befindet, mit den trefflich geschnitzten ben Spässen ergeht. Aus seinem geringen Vermö- Ulm und Kon stanz am Kunstl eben Anteil hatten. Figuren der Muttergottes, des hl. Cyriak und des hl. Pankraz im Schrein , auf den Flügeln Verkündigung und He im su ch ung, Geburt und Anbetung der Wei­ sen, auf der S taffel Christus m it den 12 Aposteln. Dieses Altarwerk, gestiftet nach den Wappenschil­ Auszug aus der Geschichte der Kath. den durch Simons von Stetten und se iner Frau Ruffina von Adelheim sowie Ludwig von Stetten Kirchengemeinde St. Gertrud wurde zeitweise Marx Weiß d. A. zugeschrieben, doch dieser Zuschreibungsversuch wird heute "als von Pfarrer Jäger, Harthausen a, d. Seh. sehr hypotetisch beurteilt" (Hannmann). Die Patronin der vorreformatorisehen Kapelle Errichtung einer eigenen Kirchenpflege Winterlin­ Im .Jiber proclamationum et investitutarum" vom gen durch Schreiben des Bischöflichen Ordinariats Joseph Weiß .Jahr 1487 lesen wir: "Die 22. Oktobris data est vom 3. 7. 1928 zum Eintrag des erworbenen Grund­ Der 1487 geborene Joseph Weiß ist bis 1568 nach­ confirmatio ad missiam perpetuam altaris sanctae stücks. weisbar. Er übernahm in Balingen die Werkstatt des Gertrudis virginis in capella villae Winterlingen sub 1934 erste Besprechung mit seiner Excelenz Bi­ Vaters und bekleidete verschiedene Jahre das Amt parochia opidi Ebingen". Das heißt, nach dieser schof Sproll und H.H. Stadtpfarrer Schupp wegen des Bürgermeisters. Ab 1521 ist er als selbständiger Mitteilung war die heilige Jungfrau Gertrud die Bau einer Kapelle. Künstler in Balingen tätig: "Joseph mäler" und Patronin der alten Kapelle in Winterlingen bei Ebin­ 1935 zählt Winterlingen ca. 2500 Einwohner, da­ Klaus Scherer sind bei der Rechnungslegung am gen. von sind etwa 115 katholisch. Die Seelsorge haben Sebastianstag di e neuen Pfleger der Sebastiansbru­ Bis 1892 gehört Winterlingen kirchlich zu Lautlin­ Herr Stadtpfarrer Schupp und Vikar Uhl von Ebin­ derschaft. "J oseph mauler" (Maler) schuldet ihr 6 ß 8 gen. 1892 wird eine eigene Stadtpfarrei Ebingen gen, Für den Kirchbau wird gesammelt. Der Kassen­ hund 1 1/2 Pfund Wachs. 1522-1525 ist er Pfleger der errichtet, der nun Winterlingen zugeteilt wird (da ­ bestand beträgt 2000 RM. Bischof Sproll hat keine Bruderschaft. Sein Haus befand sich neben Dacht­ mals 14 Katholiken). 1900 zählt Winterlingen 30 Mittel zur Verfügung, auch nicht für eine Holzkir­ ler und Holtzhauer. Bei Musterungen 1534 und 1536 Katholiken, 1910 sind es 40. che. Der nun vierzehntägige Gottesdienst ist durch­ erscheint er mit Hellebarde und Spieß (Musterungs­ 1918 Errichtung einer eigenen Pfarrei Tailfingen, schnittlich von 45 bis 50 Personen besucht. rodel), 1541 vergoldete er den siebenstrahligen Stern der Winterlingen verwaltungsmäßig bis 1936 zuge­ 1936 Umzug aus dem Kindergartensaal in den auf dem Turm der Stadtkirche (Dekan Meißner 1914 teilt wird. Fabriksaal von Fräulein Marie Koch in der Bitzer im "Volksfreund"). Zur Türkensteuer hatte er 1542 I Seit 1912 gibt es in Winterlingen katholischen Straße. Die monatliche Miete beträgt 10 RM . Vor­ Gulden 3 Batzen zu entrichten. Im Balinger Urbar Religionsunterricht, der vom H.H. Kaplan Bogen­ übergehend war der Gottesdienst auch in der "Me hl­ (1543) heißt es bei der St. Afra-Kaplanei: "J oseph, schütz von Benzingen erteilt wird. Von 1912 bis 1927 kirche" gefeiert worden. Erstkommunionfeier: 2 m aler, zinst uff martini X ß , uß sinem wingarten in wird Winterlingen kirchlich von Benzingen betreut. Erstkommunikanten. Engelistalen an Gallenhalden . . . Mer zin st J oseph, Seit 1927 wird Winterlingen kirchlich wieder von 10.5. 1936: Neuer Vikar ist H.H. Hahnen, Spätbe­ maler, uff martini X ß uß sinem hus by dero pfarrk ir­ Ebingen und zwar vom dortigen Vikar betreut. rufener vorher Bergarbeiter. Seit Jahrhunderten chen, ist ain eckhus, lyt an Balthasar Zollingern". Bezüglich Benzingen ist folgendes interessant: in wieder 1. Maiandacht in Winterlingen (5. 5. 1935 1544 zog er m it drei anderen Balinger Bürgern di e vorreformatorischer Zeit bestand unmittelbar bei Einweihung der Muttergottesstatue - ein Geschenk Türkensteuern ein und unterzeichnete eigenhändig Winterlingen das Frauenkloster Weinstetten. Die von Kloster Untermarchtal). Der Kirchenchor von deren Bezahlung ("Wyr dys nach genannte Conra t Klosterfrauen blieben auch nach der Reformation Ebingen sang am Morgen die deutsche Schubert­ Bychter (Beuter), J oseph, maler, Conrat Mill er und katholisch und suchten nach dem Abfall von.Win­ messe. Fräulein Else Bosch, Ebingen, spielt am Hans Ko ch haben uff hut (heute) geantwurt acht terlingen um Aufnahme in den Pfarrbezirk Benzin­ Harmonium. hundert fünf gulde zwelf batzen " StaStg. K. 103 F gen nach. Ihrer Bitte wurde entsprochen. Zum Dank 1. 10. 1936: Der Chronist Max Grosser zieht mit 2). Nach dem Lagerbuch von 1560 zinst er 1565 aus dafür vermachten die beiden Schwestern Kathrina seiner Familie nach Riedlingen. Hermann Salzmann se inem Weingarten im Engelestäle 7 ß Heller. Er war und Gertrud ihre Klause ST. Wald, Wiesen und wird sein Nachfolger. Ab Oktober wird das Weih ­ also damals 78 Jahre alt. Güter der Kirchenpflege Benzingen. Aus den Ein­ nachtsfest vorbereitet. Für den Blumenschmuck Da Balingen nach der Rückkehr Herzog Ulrichs künften dieser Stiftung wird die Kaplanei Benzin­ werden 4.30 RM erbettelt. H.H. Pfarrer Henle, Ben­ 1534 evangelisch geworden war und bei den neuen gen unterhalten. zingen, stellt die Krippe zur Verfügung. Ein herrli­ kirchlichen Zuständen di e Aufträge zurückginge n, Genehmigung eines zunächst monatlichen Sonn­ ches Weihnachtsfest! war er gezwungen, bei den katholi sch gebliebenen tagsgottesdienstes für die 76 Katholiken in Winter­ 21. 2. 1937: Postmeister Stöhr zieht mit seiner Städten, Klöstern und Familien der Umgegend, wie lingen. 1. katholischer Gottesdienst im oberen Saal Familie nach Tübingen um. Herr Stöhr war bislang Rottweil , Heiligkreuztal, den Grafen vo n Zollern, des Kindergartens in der Gerhardstraße am 1. Ad­ die führende Persönlichkeit in der kath. Gemeinde. den Herren von Zimmern und Bubenhofen wie ventsonntag, dem 28. 11. 1926, durch H.H: Dekan 24. 1. 1940: Regierungsbaumeist er Franz Hepp, andern Adeligen sich Aufträge zu ve rs chaffen. Auch Flick. Ravensburg, übersendet die Gebührenrechnung für in Haigerlocher Rechnungen von 1535/36 bege gnen Von 1926 an Bemühungen um Bauplatz für eine die 1938 angefertigten, aber nicht zur Ausführung wi r ihm:"Item (ebenso) ain batzen dem maler gen katholische Kapelle. Am 16: bzw. 20. 6. 1928 wurde gelangten Kapellenbaupläne. Balingen", ferner "Item XlIII ß der mauler und die ein Grundstück von 34 Ar im Betteltal für 12 254,40 1. 7.1950: Schreiben des Stadtpfarramtes Ebingen furleit ve rzert über nacht in m in em hus", RM erworben, auf dem heute die Kirche steht. an die Diözesanverwaltung Rottenburg. "Bisher Januar 1980 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 243

wurde der katho lische Gottesdienst alle vierzehn 14. und 15. September 1958: Erste Gemeindewall­ im Schwarzwald da chte er noch bis ins hohe Alt er Tage im Schulsaal des Kindergartens abgehalten, fahrt mit 43 Personen nach Altötting. mit besonderer Liebe. Im Jahr 1906 wurde er nach der nun von der Gem einde ge kündigt wurde, um die 1. 1. 1959 Winterlingen zählt 449 Katholiken. Ebingen versetzt und unterrichtete an der Mädch en­ schon beschlossene Einführung der Mittelschule in 4. 1. 1959: "Traditionelle Weihnachtsfeier" im sc hule in de m damals ger ad e eingeweihten Mäd• diesem Lokal unterzubringe n. Ein anderes geeigne­ Gasthaus Kreuz (heute: Einrichtungshaus Wize­ chenschulhaus (he ute Kirchgrabenschule). In seiner tes L okal ist nicht vorhanden. Es best eht die Gefahr, mann). Hüneng estalt mit de m wa lle nde n schlohweißen daß die katholische Kirchengemeinde völlig ausein­ 3. 5. 1959: Marienstatue und neue Kanzel. Vollbart war er scho n äußerlic h eine markante Per­ anderfällt, wenn nicht durch Eigen bau ein entspre­ Ostern 59: 140 Gläubige empfangen di e Ostersa­ sönlic hkeit der Stadt. Se ine große Güt e, seine chender Raum geschaffen wird.Aus diesen Grün­ kramente. Menschlichkeit, sei ne Liebe zur Sc hule und zu sei­ den haben wir uns entschlossen, m it dem Neubau 23. 5. 59: Weihbischof Sedelmaier besucht die nen Schülerinnen wurden immer wieder gerühmt. des schon vor dem Kriege genehmigte n Kirc hen­ kath. Kirche Winterlingen. Seine Interessen waren wei t gespannt, sie reichten _baus zu beginnen. Ein Arbeiter verdiente damals ca. 12. und 13. 9. 1959: Gemeindewallfahrt nach Ei n­ vom indischen Rigveda bis zur Parapsychologie. 0,50 Mark pro Stunde. siedeln. wie aus seinem im Stadtarchiv verwahrten Nachlaß 4. Adventsonntag 1959: Der Kreuzweg wird von zu ersehen ist. 4. 8. 1950: Das Bischöfliche Ordinariat in Rotten­ J osef Prasper u. a. aufgehängt. Er war vo n den Die Geschichte Ebingens erschien 1923 in erste! burg genehmigt die Erstellung einer Kirche in Win­ Gläubigen gestiftet worden. und 1936, ergänzt durch die Darstellung der Zwi ­ terlingen nach den Plänen des Architekten Kurz in 31. 12. 59: Winterlingen zählt 45 katholisch e Schü• schenzeit, in zweiter Auflage. Hummels Verdienst Ebingen, Die voraussichtlichen Kosten betragen ler (insgesamt 472 Katho liken = 13,5 P rozent). 140 war es vor allem, das eigene Wissen und das seine! 48 000 Mark. Zunächst darf n ur der 1. Bauabschnitt Kirchenbesucher waren es 1959 im Durchschnitt. -Zeitgenossen, Berichte und Erzählungen seiner Ge mit einem' Aufwand von rund 30 000 Mark durchge­ 18. 4. 1965: St. Gert rud sta tue eingeweiht. neration und der ihr vorausgehenden gesammeh führt werden. Eine finanzielle Unterstützung wird 1968: Ne ue Holzdecke im Ch or eingezogen. Die und festgehalten zu haben. Darum ist sein Buch eine zugesagt. Kom m unionbank wird entfernt. angenehme, volkstümliche Lektüre. Als langjähri 20. und 21. November 1954: "Ein Haus aus ewigem Christkö nigs fest 1968: Weih e des neuen Altars ger Gemeinderat saß Herr Hummel an den Queller Stein erbaut". Weihe der katholischen Kirche. Eine durch P rälat Singer. zur Geschichte seiner Zeit. Er verfaßte auch eine große Schar von Gläubigen hatte sich zum Empfang NS: "Kriegschronik der Stadtgemeinde Ebingen" (1 des Bischofs Dr. Ka rl J oseph Leip recht eingefun­ Winterlingen gehö rte wie Ho ssingen und Hein­ Weltkrieg) mi t eine m Verzeichnis aller Ausmar den. Die für Winterlingen zus tä ndi ge n Seelsorger stetten bis zur Reformationszeit zur Pfarrei Ebin­ sc hierten der Gemeinde, vielen Fotos von Gefalle sind H.H. Stadtpfarrer Hans Gehr und Vikar Franz gen. bis 1830. Eine Kapelle zu Winterlingen war nen und eine r Darst ellung der Geschichte Ebingens Schmidt von Ebinge n.'Die Kirchweihe ist das bis­ sc hon um 1300 vorhanden. 1326 muß eine Altarstif­ im 1. Weltkrieg (bi s 1919). Den ehemaligen Ebingei lang bedeutendst e Ereignis in der Geschichte der tung gemacht worden sein, denn damals wird ein Pfarrer Mag. Au er machte er zum Mittelpunkt eines katholischen Kirc he Winterlingen na ch dem Kriege. Leutpriester erwähnt,"der jetzt zu Winterlingen Romans "Der Wetterbanner". Gedichte, Erzähl un singet". Die Kaplanei besaß 1422 Leibeigene. Aus ge n und Entwürfe zu Dramen sind Zeugnisse seine! 20. 1. , 1957: Der neu gegründete Pfarrausschuß einer Urkunde von 1456 ergibt sich, daß die Kapelle dichterischen Phantasi e. tritt zusammen. der Hl . Gertrud geweiht war. In diesem Jahr stifte­ Herr Hummel, vor 1933 Mitglied der Deutsch en Dezember 1957: Orgelweihe durch Domkapitular ten nämlich die gemeine Bauernschaft zu Winterlin­ Demokratischen Partei und in der ev. Kirche fest Hufnagel. Winterlingen zählt 405 Katholiken. Es gibt gen und der Menger Bürger Konrad Egenrich samt verwurzelt, begrüßte 1933 (we nn auch nicht unein­ Pläne, Bitz und Winterlingen zu einer Kuratie zu seiner Hausfrau Adelheid Mennin mit Hilfe sonsti­ geschränkt) die Machtergreifung Hitlers und die ve reinigen und einen Kirchenstiftungsrat zu wäh• ger Leute und mit Einwilligung Endris Töbris von ersten Jahre der nationalsozialistischen Herrschaft len. Bach, Kaplans und bestätigten Verwesers der Kir­ wie so viele seiner Zeitgenossen, eine Haltung, die . 23. 3. 1958: Wahl der Ortskirchensteuervertretung. che, einen Altar und eine Frühmesse allhier zu für junge Leute unserer Zeit unverständlich ist. Alois Stähle, J osef Hummel, Josef Hirt, Hans Walter Ehren Unser lb. Frauen, der Heiligen Konrad, Ka­ Damals nach den Demütigungen Deutschland s Rossa, Max Duelli und Leo Endriß sind die Mitglie­ tharina und Dorothea, wobei sie dem Gericht, dem durch den Versailler Vertrag und d ie folgenden der. Sie wählen am 1. 4. 1958 den Kirchenstiftungs­ Kaplan St. Gertruden sowie Engenrich und se inen Jahre und nach der deprimierenden Arbeitslosig­ rat: J osef Hirt und Alois Stehle. J osef Hirt wird Nachkommen das Recht der Verleihung der Pfrün­ keit unerhörten Ausmaßes zwischen 1929 und 1933, Kirchenpfleger und Josef Hummel an seiner Stelle de vorbehielten. Sodann stifteten den 17. Oktober zu deren Bekämpfung die damaligen Regierungen Stiftungsrat. In diesem Jahr wird auch die Garten­ 1487 (s. oben) Vogt, Richter und Gemeinde "in die zu wenig unternahmen, sahen nicht bloß die Deut­ anlage neu gestaltet. zur Parochie (Kirchensprengel) Ebingen gehörige schen, sondern auch viele eins tige Weltkriegsgegner Weihnachten 1958 Einweihung der Kreuzigungs­ Kirche und Kapelle" auf den St. Gertrudenaltar ein e voll Verständnis, teilweise Begeisterung auf die gruppe. we itere Frühmeßpfründe. Sch eerer Bemühungen Hitlers, die nationale Würde Deutsch­ lands wiederherzustellen, der Arbeitslosigkeit ener­ gisch zu Leibe zu rücken und die Volksve rhet zu ng zu überwinden. Seit dem Herbst 1938 mischte sich Zur Geschichte Ebingens unter die Begeisterung manches Bedenken. Aber von Vorgängen , wie sie der Film Holocaust zeigte, von Dr. Walter Stettner. hatte die Masse des Volkes auch in der Kriegszeit keine Ahnung. Erst als na ch dem Kri eg die Un­ Schriftliche Urkunden zur Geschichte Ebingens waren schon im 14. und 15. Jahrhundert in der menschliche Judenverfolgung bekannt wurde, da Registratur der Grafschaft und später des Herzogtums Württemberg gesammelt. Vieles daraus hat der Wurde auch Herrn Hummel klar, daß man nicht nur Geschichtsschreiber Dr. med. 0 s wald GabeIkov er (t 1616) inseinen Collectanea und anderen Werken den Krieg, sondern auch die deutsche Würd e und (handschriftlich teils im Hauptstaatsarchiv, teils in der Landesbibliothek) festgehalten, darunter nicht Ehre verloren hatte. "Mit mir mag es Tausende und wenige Nachrichten, die sonst nirgends mehr erhalten sind. Seit etwa 1600 erschienen zahlreiche Abertausende Parteigenossen geben, die einst aus Landbücher und Landesbeschreibungen des Herzogtums Württemberg, in denen auch Ebingen erwähnt Patriotismus in die Partei eingetreten sind, die aber wird, zumeist recht knapp und dürftig; dabei hat der eine Verfasser vom anderen abgeschrieben. das (immer mehr) Verwerfliche innerhalb der Partei, von der Vergewaltigung des freien Manneswortes Im Jahr 1696 arbeitete auf Befehl der Regierung stehung und Entwicklung der fünf Pflegen wertvol­ bis zu den Konzentrationslagern und Judenmorden. Dr. Johann Ulrich Pregizerdie Bestände des Stutt- le handschriftliche Notizen zusammengetragen. aufs tiefste bedäuern und sich mit Entsetzen da von garter Archivs durch mit 'der Fragestellung "wie Im Jahre 1878 wurde die Bahnlinie (T übingen-) abwenden", schrieb Hummel "in eigener Sache" am Ebingen an Württemberg gekommen, mit was für Balingen - Ebingen - in Betrieb ge­ 19. Dezember 1945. Conditionen und Freiheiten". Dazu prüfte er nicht nommen. Das war der Anlaß zu einer "Lokal-Gewer­ Für Herrn Hummel war Patriotismus nicht nur nur Urkunden und Akten der weltlichen, sondern be -Ausstellung". Für sie verfaßte der Redakteur des eine leere Phrase. Er, der 1933 mit Erreichen der auch der gei stlichen Verwaltung. Sein (handschrift- Albboten, Robert Göbel, eine kleine Festschrift, Altersgrenze in den Ruhestand getreten war, stellte licher) Bericht enthält die Grundzüge der Entwick- der er einen geschichtlichen Abriß der Stadt Ebin­ sich nach Kriegsausbruch noch einmal zur V erfü­ lung unserer Stadt bis zu se iner Zeit in großer gen voranschickte. Besonderen Wert legte er (m it gung und legte die Schularbeit erst im Spätherbst Präzision. Recht) auf die Erforschung und Darstellung von 1941 im 73. Lebensjahr endgültig nieder. In An er­ Rund hundert.Jahre später zeichnete der Bleicher Gewerbe und Handel. Von der Festschrift sind nur kennung seiner Tätigkeit als Chronist der Stadt und Johannes Jerg auf, was er erlebt, von ande re n noch ganz wenige Exemplare vorhanden. langjähriger Gemeinderat wurde Herr Hummel im gehört und in der Zeitung gelesen hatte. Das Wetter Zwei Jahre später schrieb Göbel auch den Ab­ Jahr 1934 zum Ehrenbürger Ebingens ernannt. nimmt darin einen breiten Raum ein. Jerg lebte vo n schnitt über Gewerbe und Handel Ebingens in der Paul Eith hat neben seiner Tätigkeit als Vorge­ 1767-1838. Seine. Aufzeichnungen sind we rtvoll als 1880 erschienenen Oberamtsbeschreibung Balin­ schichtsforscher und Betreuer des Heimatmuseums Zeugnisse für di e Zustände und Vorgänge in Ebin- gen. In di eser gab Archivrat Paul Stälin erstmals vieles gesammelt, was auch für die Geschichte der ge n um 1800. Das große Ges chehen in Europa im ei ne Gesamtdarstellung der Stadt, die bis 1960 Stadt wertvoll war. Ein besonderes Verdienst war Zeitalter der Französischen Revolution und Napole- grundlegend war. Si e gibt über die politische, wirt­ es, daß Herr Eith eine Sammlung der Ebinger Flur­ ons, auch di e verschiedenen Verwaltungsreformen schaftliehe und kirchliche Geschichte Ebingens namen anlegte. Sie wurde später von Fachleuten in Württemberg, von denen Ebingen stark be troffen Au skunft. Nicht unerw ähnt darf in diesem Zusam­ (Dr. Bizer, Dr. Springer) durch sprachliche Erläute­ wa r, haben leider nur geringe Spuren bei J erg menhang Carl Bec k bleiben. Er muß ein vielseitig rungen bereichert und vom Verfasser di eser Zeilen hinterlassen. Jergs Chronik ist 1952 von J osef Halm interessierter Mann gewesen sein. Von ihm sind im durch zusätzliche geschichtliche Belege erweitert. als ein Heimatbuch der Stadt Ebingen in Druck Stadtarchiv vorhanden: ein Adreßbuch der kgl. Heinrich Breeg hat die Urkunden des Stadtar­ gegeben worden. wü rt t. Stadt Ebingen 1. und 2. Teil sam t einem chivs geordnet und in Maschine geschrieben. Er hat Annähernd gleichzeitig mit J erg hat der Strumpf- erste n Adreßbuch (1889), "Die Strumpfwirkerei, ih­ auch viele Urkunden, die Ebingen betrafen, in einer weber J oh ann Georg F rank Aufzeichnungen ge- re Entstehung und Entwicklung" (1876), "Strum pf-, Übersicht zusammengestellt. Es ist erstaunlich, daß macht. Sie handelten von Lieferungen von Strümp- Strick- und Trikotwarenindustrie in Württemberg er neben se iner Schularbeit und der Tätigkeit als fen, deren P re isen und ihre r Bezahlung. Empfänger und Thüringen" (1901), "Was ist ein Ob stbaum wert" Vorgeschichtsforscher noch Zeit fü r geschichtlich e waren meistens die Herren Binder hier und das (ohne Jahr). Vor allem aber hat Beck sich mit Studien gefunden hat. Schaffhausener Handelshaus J oos. Dazwischen Familienforschung beschäftigt und zahlreiche Josef Halm ist zunächst m it seinem B üchle sind ohne jeder Or dnung andere Nachrichten ge- Stammbäume gemalt, von denen ein Teil noch im "Stumpeholz" an die Öffentlichkeit getreten, heitere streut, die etwa von 1784 bis 1822 reichen. Ihr Stadtarchiv vorhanden ist, je etwa hälftig von Ebin­ Geschichten aus Alt-Ehingen (1941), die vor allem Geg enstand ist in erste r Lin ie das Wetter und land- ger und von auswärtigen Familien. Dazu hat Beck für die ausgerückten Soldaten bestimmt waren. wirtschaftlich e Tätigkeit. eifrig di e Ebinger Kirchenbücher gewälzt, um di e Nach dem Krieg ließ er dem weitere Erzählung en Als im J ahr 1813 die seitherige n fünf Pflegen (St, Grundlagen für seine Arbeit zu schaffen. ­ unter dem Titel "Des Vaters Heimat" folgen.In Martins, des Spitals, der Frauenkape lle = Kapellkir- Auf der Ob eramtsb eschreibung von 1880 fußte beiden Bändchen ist viel von der Lebensart und ehe, St. Stefans zu Ehest etten und der Sondersi e- Gottlob Fr. Hummel für die älteren Partien in Denkweise der alten Ebinger festgehalten. Herr -che n) zu einer Stiftungspfleg e zus am mengefaßt se ine r "Gesc hichte Ebingens". Hummel, am 9. Juli Halm hatte inzwischen begonnen, alte Handschrif­ wurden und man dazu einen hauptamtlichen Stif- 1869 in Laiehingen geboren, kam, wie damals üb• ten zu lesen, und konnte dank diesen Bemühungen tungspfleger bestellte, Johann Da vid Rau (ge b. lieh, als unständiger Lehrer an zahlreichen Schulen im Jahr 1952, wie schon erwähnt, die Chronik des 1769, gestorbe n hier 1840), hat dies er über die Ent- des Landes herum. An se in geliebtes Gaugenwald Bleichers Jerg in Druck geben. Er, der von der Seite 244 Heimatkundliche Blätter Balingen Januar 1980

Schule her keinerlei Hilfe und Anleitung hatte, Dr. Jänichen) im Jahr 1951 die Bearbeitung der Eberstein trotz bestehender Verwandtschaft gestat­ wagte sich dann an das Studium von Akten und Geschichte Ebingens für die geplante Beschreibung tet sei. (Reg. Imp. Nr. 6/7489). Da diese Grafen die Urkunden des Stuttgarter und des Ludwigsburger des Landkreises Balingen übernommen. Er hat Rose in ihrem Wappen führten wird der Name Staatsarchivs. In der Ebinger Zeitung und im dann im Stadtarchiv, in den Staatsarchiven Stutt­ Rosenfeld mit der Rose in Verbindung gebracht Schwarzwälder Boten veröffentlichte er Berichte, gart und Ludwigsburg, in den beiden Sigmaringer (1255 und 1301 Rosinvelt, 1275 Rosvelt). Städte Erzählungen und Forschungsergebnisse. Er sam­ Archiven und im Landeskirchlichen Archiv Lud­ schossen gerade in dieser Gegend wie Pilze aus dem melte Geschichten, Fotos und andere Erinnerungs­ wigsburg, später Stuttgart, die Grundlagen für eine Boden (Oberndorf, Sulz, Binsdorf, Schömberg, Ba­ stücke an das alte Ebingen und erzählte bei Alten­ auf die Quellen gegründete Darstellung der Ge­ lingen). Die zollerischen Gründungen Schömberg nachmittagen oder bei Zusammenkünften und Aus­ schichte Ebingens gesammelt und die Ergebnisse und Binsdorf liegen kaum eine Stunde von Rosen­ flügen seiner Altersgenossen vom Jahrgang 1904 dieser Forschungen in knapper Form im 2. Band der feld entfernt. Daß die Herzöge von Teck in ihrer gerne von vergangeneu Zeiten. Besonders ver­ Kreisbeschreibung Balingen (1961) veröffentlicht. großen Herrschaft Rosenfeld nicht nachhinken dienstvoll war es, daß Josef Halm in jahrelanger Der Abschnitt Ebingen ist auch als Sonderdruck wollten und sich einen militärischen und wirtschaft­ entsagungsvoller Arbeit zu den Stadtrechnungen erschienen. lichen Mittelpunkt schafften, dürfte verständlich von 1600 bis 1700, soweit sie noch vorhanden sind, . sein. Der Bergsporn zwischen Stunzach und Wein­ Inhaltsverzeichnisse und Register gefertigt hat. Der Verfasser ist dann nach seiner Pensionierung als (nebenamtlicher) Stadtarchivar in den Dienst der gartenbach bot sich geradezu an und ein Hinterland In seinen letzten Lebensjahren wurde es still um Stadt getreten, hat die durcheinanderliegenden Be­ war gegeben. J osef Halm. Er trug seine Krankheit mit Gelassen­ stände unter Mithilfe des Herrn Hipfel geordnet und Die neue Stadt mußte aber auch eine Markung heit. Weniger gelassen nahm er es hin, daß der sie dann durch ein allgemeines Register und zahlrei­ haben. Diese wurde geschaffen, indem aus der Mar­ Namen der Stadt Ebingen als selbständige politi­ che Spezialregister erschlossen. Inzwischen ist auch kung Isingen Teile ausgeschnitten wurden und all­ sche Einheit durch die Verwaltungsreform ver­ eine Sammlung von Inhaltsangaben (Regesten) aller' mählich Markungsteile abgegangener Siedlungen schwand. In Anerkennung seiner Verbundenheit Urkunden und Akten zur Geschichte Ebingens von hinzukamen (Steinbrunnen, Berkheim, Bubenho­ mit der Heimat und seiner Forschertätigkeit um 793 bis 1600 in vier Leizordnern im wesentlichen fen) . So kam die Markung auf 651 ha. Bald nach der Ebingen erhielt er unter den Ersten die Verdienst­ abgeschlossen und daraus ein Verzeichnis aller in Gründung wanderten Bauern und Bürger der Um­ medaille des Landes Baden-Württemberg. Mitte Ju­ diesen Urkunden genannten Ebinger fertiggestellt. gebung zu. Nach der Reformation wurde auch der ni 1978 hat Josef Halm seine Augen für immef Dazu wurden auch die ältesten Kirchenbücher der Sitz des Pfarrers offiziell von Isingen in die Stadt geschlossen. ev. Kirche von 1565 bis 1640 zu Familienregistern verlegt. Doch schon 1255 hatte die Vicepleban Sifrid Die Bestände des Stadtarchivs Ebingen waren verarbeitet (eine Fortsetzung dieser Arbeit ist vorge- seinen Sitz nicht mehr in Isingen, sondern bereits in gegen Ende des zweiten Weltkriegs in den Stollen . sehen). Die Familienregister können im Stadtarchiv Rosenfeld. . beim Hohen Steg verlagert worden. Als sie nach eingesehen werden. Zahlreiche Aufsätze in der Zeit­ Kriegsende wieder ins Rathaus zurückkamen, wa­ schrift für Württ. Landesgeschichte, der Zeitschrift Schömberg. Nach einer Urkunde von 1255 verlieh ren sie zum großen Teil völlig ungeordnet. Ein Teil für Geschichte Hohenzollerns und vor allem in den Graf Friedrich.von Zollern seinem Freund Konrad kam in die ehemaligen Arrestzellen der Polizei; bei Heimatkundlichen Blättern für den Kreis Balingen von Tierberg die Balinger Kirche in "campus aput einem Wassereinbruch wurden diejenigen Akten, -waren Nebenfrüchte dieser Tätigkeit. Shonberg" (im Felde bei Schömberg), Die Deutung die auf dem Boden lagen, Rechnungen der Sonder­ Mehrere Studenten haben in den letzten Jahren dieses cumpus ist umstritten. Es wird sich aber um siechenpflege - so schwer geschädigt, daß sie teil­ einzelne kleine Abschnitte aus der Geschichte Ebin­ einen Gerichtsplatz oder das für die Gründung der weise unbrauchbar wurden. gens als Seminar- oder Prüfungsarbeiten beackert. Stadt abgesteckte Feld handeln, denn bereits 1269 Der Verfasser dieser Zeilen hat auf Bitten des Doch bleibt gerade für die neuere Zeit noch viel wird die civitas (Stadt) Schönberg und ihr Schult­ Statistischen Landesamts des damaligen Landes Gelegenheit zu forschen. Möge es an Arbeitern nicht heiß mehrmals erwähnt. Die um '1255 wahrschein­ Südwürttemberg-Hohenzollern (Dr. Schroeder und fehlen.! lich von den Zollern erfolgte Stadtgründung auf dem breiten Sporn über der Schlichem erfolgte vermutlich im Anschluß an eine Burg, die dort stand und wohl Schönenberg hieß. Die eigentliche Vor­ gängersiedlung lag etwa 300 m westlich der Stadt, Volt unseren Städten im Mittelalter wo als Überrest des abgegangenen Dorfes "Alt­ heim" die Peterskirche stand, die bis ins 17./18.. Von Fritz Scheerer Jahrhundert Pfarrkirche der Stadt war. Nach deren Abbruch, anfangs des 19. Jahrhunderts, wurde die Die Stadtsanierungen, wie sie u.a. in Balingen, Ebingen, Rosenfeld, Schömberg durchgeführt werden, Stadtkirche in der Südwestecke offiziell zur Pfarr­ sollen Anlaß sein, in der Geschichte dieser alten Städte zu blättern. Sie alle sind künstliche Gründungen, kirche erhoben. in der Hauptsache aus der Zeit von der 2. Hälfte des 12. bis in die 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie sind Die Markung der Stadt besteht aus verschiedenen gegründet von den damaligen Trägern und Inhabern der Staatsgewalt, dem Adel, zum größten Teil vom Teilen, die im Spätmittelalter zusammengefügt wor­ hohen Adel. Von den rund 150 Städten, die wir bis vor wenigen Jahren in Württemberg hatten, sind etwa den sind. Den Grundstock bildete die Markung des 125 in dieser Zeit gegründet worden: Dorfes .Altheim" (Altschömberg). Nach der Stadt­ In unserer engeren Heimat sind dies Balingen, Zollern und die Grafen von Hohenberg. Die Zollern . gründung,.kam der größte Teil der Siedlung Nord­ Binsdorf, Ebingen, , , Hohen­ sind die Gründer von Hechingen, Balingen, Bins­ heim hinzu. Gegen Ende des 14. Jahrhunderts kam berg, Nusplingen, Rosenfeld und Schömberg. dorf und Schömberg (s. unten), die Grafen von noch fast die ganze Markung des schon 785 genann­ Geislingen mit seinem Wasserschloß wird in einer Hohenberg sind die Gründer der Städte Ebingen, ten "Hoo1zaim" (Holzheim) dazu, das ungefähr bei Urkunde von 1470 auch "Stadt" genannt (eine Ka­ Haigerloch und Hohenberg (auch von Rottenburg, der oberen Schlichemmüh1e lag. Daß sich die Be­ pelle liege außerhalb der "Stadt". Neubulach, Altensteig, Haiterbach und Wildberg). wohner der Stadt zum größten Teil aus den abge­ Um den residenzartigen Charakter der Siedlung Die Zähringer und die zähringischen Herzöge von gangenen Siedlungen rekrutierten, zeigen die Fami­ mit Schloß zu steigern, scheinen die Bubenhofer Teck gründeten bei uns Oberndorf, Rosenfeld, liennamen. 1394 waren vier aus Holzheim stammen­ den Ausbau des Ortes zur Stadt betrieben zu haben. Dornhan (aber auch Backnang, Besigheim, Kirch­ de Bürger in der Stadt ansässig, wo z. B. Prun von Im 14. und 15. Jahrhundert versuchten die nieder­ heim u.T., LiebenzeH und Kleingartach). Die Grün• "Holtzhain" mit 300 lb, (Pund Heller) veranschlagt adeligen Herrschaftsinhaber (Herren von Rei­ der des einstigen Städtchens Nusplingen sind ur­ wurde. schach) von Straßberg, ihren Ort als Mittelpunkt kundlich nicht überliefert. Stadtgründer können die Die regelmäßige, als Rechteck geplante und mit ihrer Herrschaft.(Straßberg, Kaiseringen. Frohnstet­ Grafen von Werdenberg gewesen sein, die 1287 im zwei Haupttoren versehene Stadt kam schon vor ten) zur Stadt zu machen. Besitz der Herrschaft Kallenberg und ihrers Zube­ 1268 an die Grafen von Hohenberg (Kämpfe zwi­ Auf engem Raum finden sich so eine Vielzahl von hörs waren, von dem Nusplingen der Mittelpunkt schen Hohenbergern und Zollern) und gelangte mit 'Städten. Der eigentliche Nährboden einer Stadt in war (s. unten). dem Verkauf der Grafschaft Hohenberg 1381 an unserem Gebiet·war die Umgebung, soweit sie zur Widmen wir nun den einzelnen Städten eine eige­ Österreich. gleichen Herrschaft gehörte. Das reichte aber ne Betrachtung. Ihre Grenzen sind zwar nirgends in Binsdorf. Das Dorf Binsdorf gehörte wohl schon manchmal nicht aus. um eine Stadt in Blüte zu der Landschaft begründet. im 9. Jahrhundert, sicher aber im 11. Jahrhundert bringen. Die neue Stadt, die mit großen Hoffnungen Rosenfeld. Nach der im 11. und 12. Jahrhundert dem Kloster Reichenau. Es lag längs des Heerwegs. angefangen war, ist dann zum Teil rasch verküm• allgemeinen Gepflogenheit erbauten die Herren von der in späterer Zeit Turmgasse genannt wurde. Die mert. So hat es auch manche mißglückte Gründung Isingen (Isingen 786 erstmals urkundlich erwähnt) Markuskirche erhielt ihren Platz nicht im Dorf, und manche getäuschte Hoffnung gegeben (s.oben). auf dem Bergsporn, auf dem die heutige Rosenfel­ sondern etwas entfernt am Talhang. Dort hatten (Nusplingen 1723: "Is hievor ein stättl gewesen"). der Kirche steht, eine Höhenburg mit einer Burgka­ auch die Grafen von Zollern eine 1406 erwähnte, Die mittelalterliche Stadt unterscheidet sich von pelle. Für diese gab es auf der damaligen Isinger aber dann abgegangene Burg erbaut. Sie waren es dem Dorf in ihrer rechtlichen Stellung, in der Zu­ Markung, die auch einen großen Teil der heutigen auch, die in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts eine sammensetzung der Bevölkerung und in ihrer Bau­ Rosenfelder Markung umfaßte, keine günstigere stadtähnliche Anlage hinzufügten, die sich an das weise. Die Rechtsverhältnisse gründeten sich auf Stelle als den Bergsporn. Die Höhenburg wird wie Dorf anschloß. Die Stadt übernahm den Namen des Marktrecht (Wochenmarkt), Befestigungsrecht und bei Horb oder Tübingen zur Stadt erweitert worden Dorfes, kam jedoch nicht über einen erweiterten Gerichtsbarkeit. Der geschlossene Befestigungsgür• sein. 1255 wird erstmals der Name Rosenfeld er­ Burgweiler hinaus (Bild: 1517 von Gadner). Auch tel bedingte, daß die Häuser dicht gedrängt und eng wähnt. Der Vicepleban (Leutpriester) Sifrid und der durch die 1280 erwähnte Klause ist das Vorhanden­ zusammengeschachtelt den vorhandenen Platz "scultetus (Schultheiß) Berchthold von Rosinvelt" sein des Städtchens erwiesen, denn damals waren möglichst ausnützten. Hohe, schmale Wohnhäuser treten neben Ritter Cun von Bubenhofen als Zeugen solche Sammlungen nur in Städten zu finden. Sehr sind darum bezeichnend für unsere alten Städte. für das Kloster St. Blasien auf. Die Stadt wird kurz wahrscheinlich hat Binsdorf während den zolle­ Die Stadt sollte sich vor allem durch ihre Bevölke• zuvor, etwa um 1250, gegründet worden sein auf risch-hohenbergischen Kämpfen den Besitzer ge­ rung unterscheiden. Gewerbe und Handel sollten in einem neuen, jungfräulichen Boden, "aus wilder wechselt und wurde 1315 durch die Übertragung der ihr blühen. Dafür sollte ein Mittelpunkt, ein dauern­ Wurzel", kein Kloster oder Dorf ging voraus. Als Oberndorfer Stadtrechte zu einer vollgültgen ho­ der Markt, geschaffen werden. Die Werte, die hier Gründer der Stadt gelten die Herzöge von Teck, die henbergischen Stadt. zusammenliefen, sollten durch Befestigung ge­ um diese Zeit von ihren Ahnen, den Herzögen von schützt werden. Die Stadtgründung ist so zugleich Zähringen. wahrscheinlich auch den Kleinen Heu­ (Fortsetzung folgt) ein Zeugnis für das Streben des einzelnen Stadt­ berg geerbt haben. Da nun aber für Rosenfeld weder gründers, am Fortschritt teilzunehmen und Nutzen das Freiburger Stadtrecht noch ein Rechtszug nach daraus zu ziehen. Es ist daher nicht verwunderlich, Freiburg bezeugt ist, und das Rosenfelder Stadt­ 'Herausgegeben von der Heimatkundlichen Ver­ daß um den Besitz der einzelnen Orte öfter harte wappen nicht die Teckischen "Wecken" -

Jahrgang 27 29. Februar 1980 Nr.2 Wass~rversorgungder Stadt Balingen vor 1900

Von Fritz Scheerer

Die Bedeutung der Wasserversorgung für menschliche Siedlungen hat im Laufe der Geschichte sind 322 Kühe, 42 Geißen, 64 Ochsen neben vielen dauernd gewechselt. Für den Sammler und Jäger der vorgeschichtlichen Zeit war die Wasserversorgung Schafen und Pferden (allein 81 Zugpferde) aufge­ kein Problem. Beim Umherstreifen konnte er seinen Durst an Quellen und Wasserläufen löschen. In den führt. Während in den Sommermonaten die meisten Höhlen gab es Tropfwasser. Das Bild änderte sich aber, als feste Wohnplätze entstanden und auch das Tiere auf den verschiedenen Weiden waren, mußten Vieh mit Wasser versorgt werden mußte. Mit dem Wachsen der Siedlungen, mit den zunehmenden sie vor allem im Winter an die Tränken der Brunnen menschlichen Ansprüchen, mit dem starken Wasserverbrauch gewerblicher Betriebe und ähnlichem getrieben werden. Nachdem man um 1800 zur Stall­ stieg der Wasserbedarf stark an. Rechnete man noch vor rund 100 Jahren mit li/sec für 1 000 Einwohner, fütterung überging, war man ganz auf die Brunnen so braucht man heute ein Vielfaches. Im ausgehenden Mittelalter,und vor allem in der Neuzeit bestand angewiesen. Noch bis in die 20er Jahre unseres für die Siedlungen eine starke Abhängigkeit von der Wasserversorgung, die sogar zu einer scharfen Jahrhunderts wurden z. B. Pferde und Rinder am Auslese ("Wüstung") führen konnte. Ochsenbrunnen (Seemann) oder am Schwefelbrun-' nen der Vorstadt mit dem köstlichen Naß versorgt. Die um 1255 gegründete Stadt Balingen zwischen Johann Wolfgang von Goethe schilderte 1797, als Von den Quellen der Markung im Etzelbach, an Eyach und Steinach (heutige Wilhelmstraße) wurde er auf seiner Schweizerreise in Balingen Halt mach­ der Neige, am Heuberg. im Engelestale usw. wurde durch den Stadtbach und durch eine Anzahl Brun­ te, die Stadt mit dem Bach: "Der Ort selber wäre das Wasser in hölzernen Deichein zu den Brunnen nen mit Wasser versorgt. nicht übel, er ist fast nur eine lange und breite geleitet. Deichein sind Stämme von etwa 3-4 m Straße. Das Wasser läuft durch und stehen hin und Länge, rund 30 cm stark mit einer Durchbohrung Der Stadtbach wieder gute Brunnen, aber die Nachbarn haben ihre von 10 bis 12 cm,also Wasserleitungsröhren. Mittels Die Geburtsstunde des Stadtbachs ist der Mitt­ Misthaufen in der Mitte der Straße am Bach, woraus eines über 2 m langen Bohrers wurden die Stämme woch nach St. Georgen im Jahr 1428, als Graf doch gewaschen und zu manchen Bedürfnissen durchbohrt. Die Verbindung der Deichein erfolgte Ludwig zu Württemberg 0426-1450) "seinen lieben unmittelbar geschöpft wird. An den breiten Seiten durch Verbindungsmuffen aus Eisenblech oder war Getreuen, den Schulheißen. Richtern und Bürgern an den Häusern bleibt ein notdürftiger Platz zum ein Ende der Deichel konisch abgedreht und in ein der Stadt Bahngen und ihren Nachkommen gönnt Fahren und Gehen. Beim Regenwetter muß es ab­ Gegenstück eingepaßt. An Ort und Stelle wurden und erlaubt, daß sie das Wass er der Steinlachen, das scheulich sein. überdies legen die Leute, wegen dann die Deichein in eine Sand- oder Lehmbettung neben Balingen ablauft (s. oben), auffangen und Mangel an Raum hinter den Häusern, ihren Vorrat gelegt. Doch Dauerreparaturen an den Leitungen Stadtgraben machen m ögen neben der Stadt zu an Brennholz gleichfalls auf die Straße, und das waren an der Tagesordnung. ihrem besten Nutz und Willen" . Im "Ränkle", beim schlimmste ist, daß nach Beschaffenheit der Um­ Bei den Brunnen waren in früheren Zeiten "Stell­ Wasserfall der Steinach hinter der StädtischenTurn­ stände fast durch,keine Anstalt dem übel zu helfen dichein"-Plätze, "Nachrichten-Zentralen", für die halle, nahm er an einem Stauwehr seinen Anfang wäre". Mägde, die das Wasser holen mußten. Mittels Was­ und wurde über die "Insel" (Lage zwischen Stein­ Als Bahngen 1894 aus der Lauterbach- und aus sergelten und -Kübeln (teils auf den Köpfen) wurde ach und Stadtbach) beim Obertor in einer überdach• der Stollenquelle bei Lautlingen Wasser bekam, war das Wasser ins Haus getragen, denn es gab in den ten Leitung, in einem "Esel", der erst 1955 bei der das Schicksal des Stadtbaches besiegelt. Er wurde wenigsten Fällen einen "Hausanschluß" . Ein Verbreiterung der Torbrücke abgebaut wurde, über zugeschüttet. Nur ein Stück einer hölzernen Deichel "Bäuschle" auf dem Kopf verminderte den Druck die Steinach, den einstigen Stadtgraben. geschau­ (s, u.), das bei der Steinachkorrektion vor einigen der Last. kelt. Von dort flossen seine Wasser durch die dama­ Jahren hinter der Turnhalle sichergestellt werden lige Hauptstraße (heute Friedrichstraße), zunächst , konnte, hält im Heimatmuseum die Erinnerung an Die Schwefelbrunnen in einer Holzrinne eingefaßt, zu der man einst im ihn wach. Bei Straßenbauarbeiten in der Friedrich­ Bis vor wenigen Jahren bestanden für die Balin­ Stadtwald 200 Fichten und 12 Eichen fällte, zu der straße ist man schon öfter auf sein Bett gestoßen. ger drei Möglichkeiten, ins "Schwefelbad" zu ge ­ heutigen Freihofstraße, später nur noch durch Ka­ hen: einmal in das Gasthaus "Schwefelbad", dann in meralamtstraße und unter der inneren Stadtmauer Die Brunnen die Lichtspiele "Schwefelbad" und in die eigentli­ durch in den Mühlkanal. 466 Jahre floß er durch die Nach der Oberamtsbeschreibung von 1880 gab es che Badeanlage. Alle drei Möglichkeiten bestehen Stadt, bis Balingen im Jahr 1894 eine Wasserleitung in Balingen 13 laufende Brunnen, 13 Pumpbrunnen nicht mehr. Das Lichtspielhaus ist nur etwa 40 erhielt. und einen Ziehbrunnen, denen in hölzernen Dei­ Jahre, das Gasthaus etwas mehr als 125 Jahre alt Auf zahlreichen kleinen Brücken aus Holz konnte cheln, später in gußeisernen Röhren das Wasser der geworden, während es das Bad auf rund 240 Jahre der Stadtbach überquert werden. Nach alter Sitte auf Balinger Markung entspringenden Quellen zu­ brachte. gingen so die Balinger bis vor wenigen Jahren an geleitet wurde. Die Quellen waren gefaßt. Das Was­ Die Hauptquelle des Bades wurde im Jahr 1724 an Silvester nicht auf den Marktplatz, sondern "aufs ser wurde in die sogenannten Brunnenstuben gelei­ der Steinach. im "Zapfen" (Name) entdeckt, wenige Brückle", um allen Bekannten beim Läuten der tet. Solche Brunnenstuben waren u. a. im Engelestä• Jahre später gefaßt und ein Bad eingerichtet. Zu­ Kirchenglocken für das neue Jahr Glück zu wün• le ("Kindiesbrunnen") oder an der Heselwanger­ nächst lohnte sich aber das Bad trotz aller Lobprei­ schen. Straße bei Burgenwand noch bis in die 30er Jahre sungen des Schwefelwassers durch Tübinger Pro­ Der Stadtbach war für die Bürgerschaft'ein Klein­ vorhanden. Der Obere Brunnen bei der "Torbrücke" fessoren kaum. 1801 bat daher Johann Friedrich od, gesucht und begehrt; denn zu allen Zeiten war erhielt sein Wasser vom "Täle", der Schiffbrunnen Hofseß den Herzog,' sein unwirtschaftliches Bad­ die Wasserfrage für Mensch und Tier eine Lebens­ (bei der Wirtschaft "Zum Schiff", heute Wienerwald) haus durch eine Lotterie verkaufen zu dürfen, da frage. Bei gefährlichen Stadtbränden. so bei den vom Heuberg. Ders Marktbrunnen zierte ein Ritter­ ihm der freie Verkauf nicht gelungen sei . großen von 1546,1607,1672,1724 und 1809 wurde er standbild aus der Zeit von 1540/50 (s. Heimatk. Die Heilwirkung des Wassers wurde zwar stets gestaut und die Saugspritzen in ihn eingelegt, das Blätter 1979, S. 209). Der Ochsenbrunnen stand beim gelobt, aber der Besuch ging immer mehr zurück. Wasser in Feuereimern geschöpft und von Hand zu "Weißen Ochsen" (heute Bekleidungshaus Hengste­ Da griff Oberamtsarzt Dr. Bronner ein. Er schrieb u. Hand gereicht. ' Ier). Vielbegehrt war das Wasser des Jakobsbrunnen a.: "Dieses Wasser, welches an innerem Gehalt kei­ Das Wasser des Stadtbaches diente aber bis in das an der Ecke Neue Straße/F ärberstraße. das auch zu nem der übrigen Schwefelwasser in Württemberg letzte Jahrhundert hinein nicht nur zu Feuerlösch• Kindstaufen geholt wurde. Der Freihofbrunnen nachsteht, hätte es schon längst verdient, mehr zwecken, sondern auch den Bierbrauern. die einst wurde von der Brunnenstube an Burgenwand ver­ bekannt und von Heilungsbedürftigen besucht zu sehr zahlreich waren, und anderen Gewerbetreiben­ sorgt. Dem Schloßbrunnen lieferte die Brunnenstu­ werden". Der Oberamtsarzt ging in seiner Begeiste­ den, sowie als Nutzwasser für die Anlieger. über die be im Engelestale das Wasser. Dabei hatte die Stadt rung sogar so weit, daß er die ganze Anlage aufkauf­ Qualität des Wassers, in das manche Bürger ihre die Pflicht (Lagerbuch 1560), den herrschaftlichen te. An der nötigen Propaganda ließ er es auch nicht Abwässer und Abfälle schütteten, wurde bereits im Brunnen mit Wasser zu versorgen. Bei Wasserman­ fehlen. 17. Jahrhundert geklagt. Zur Überwachung der Sau­ gel war aber die Stadt bevorrechtigt zur Wasserent­ Mit der Wiedereröffnung 1821 setzte tatsächlich berkeit wurden' 1699 zehn Aufseher bestellt. über• nahrne. Die Herrschaft verschaffte sich daher in der. ein erfreulicher Besuch ein, 80 bis 100 Heilung­ tretungen der Vorschriften sollten mit 1 lb. h1r. 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts eine eigene Brunnen­ suchende kamen. Sein Nachfolger, Oberamtsarzt (Pfund Heller) bestraft werden. '• stube auf Endinger Markung und richtete eine eige­ Dr. Arnold, lobte die Heilwirkungen des Wassers ne Leitung ein. Doch die Unterhaltung der Leitung über alles, besonders bei Hautkrankheiten. Doch die Nach in der Registratur liegenden Akten vom wurde zu teuer. Die herrschaftlichen Quellen und Bedeutung des Bades ließ nach seinem Weggang Beginn des 19. Jahrhunderts "käm pften" die Wirte Leitungen gingen dann 1836 in Privatbesitz über. sehr stark nach. Auch Anzeigen des Stadtrates in um den Besitz des Baches (sie hatten fast alle Ein weiterer Brunnen stand vor dem Amtsgericht. der "Schwäbischen Chronik" brachten keinen gr ö• Brauereien). Sie wollten ihn nämlich "allein haben". Die Aufsicht über die Brunnen übte ein städtischer ßeren Erfolg. 1839 kamen nur noch 24 auswärtige 1818 bestimmte die Obrigkeit, daß künftig d ie Wirte Brunnenmeister aus. ' Besucher, und seitdem kam das Bad nicht mehr das Wasser mittels Trichtern in aufrecht st eh ende In der Stadt war für die allermeisten Bürger, auch über den örtlichen Rang hinaus. Mit dazu beigetra­ Deichein schöpfen dürfen. Aber trotz allem wollten wenn sie Handwerker waren, bis in das 19. Jahrhun­ gen hat vor allem die Eröffnung des Schwefelbades di e Klagen nicht verstummen. Böse Zungen be­ dert herein die Landwirtschaft die Haupternäh• in Sebastiansweiler, das im Dreißigjährigen Krieg haupteten sogar, das Bier in der Unterstadt sei rungsquelle. Viele übten das Handwerk nur aus, zerstört wurde. Auf Anregung des Tübinger Prof. deshalb so gut, weil die Frauen auf der "Inse l" d ie wenn die Feldarbeit vorbei oder wenn Markttag war. Autenrieth wurde es wieder aufgebaut. Kinderwindeln hineinwaschen. wodurch das Bier Es gab deshalb kaum ein Haus, in dem nicht irgend Die Balinger ließen aber das "Schwefelbad" und einen besonderen "gout" bekommen habe. ein Stück Vieh stand. In einem Verzeichnis von 1715 die "Schwefelbrunnen", die bei der Suche nach Seite 246 Heimatkundliehe Blätter Bahngen Februar 1980

Trinkwasser beim "Rad" und beim Amtsgericht Als schließlich alle Versuche, Trinkwasser zu er­ am Neckar und d ie Grafschaft Hohenberg verfaßt erbohrt worden ware n, nicht links liegen. Si e gründen, mißlangen, holte man 1863 einen wissen­ hat, und zwar aus dem 4. Band in dem Teil über d ie sc hlürften das heilsame Naß al s Lebenselex ier. sc haftl ich gebildeten Fachmann, Dr. Bruckmann. . ausgestorbenen Adel sgeschlechte r" (das ist das ein­ Viel e Hausf rauen ho lten S chwefel wasser zum Ko­ Der Volksmund legte ihm den Überna men "Wasser­ zig e mir bekannte Ad el sbuch, in dem ein He ring­ chen vo n H ül senfrüchten , denn "d'Leise, 's Kraut sc hmecker" bei . Doch seine Sucharb eit war eben­ stein genannt wird). Es sc heint m ir bemerkenswe rt , und Baune went/im Schwefel wasser guot und lent" fall s erfolglos. daß Lutz im merhin 1609, nachdem d ie Heringste in (Karl H ötzer). Mütter badeten ihre S äuglinge mit . Da es aussichts los war, a uf der eigenen Markung längst ausgestorben waren, noch vo n der Zugehörig­ Vorliebe im S chwefelwasser, weil es die Haut nicht aus reichend Quell waser zu finden, kaufte Stadt­ keit d er Familie zum Adel wußte. Ein Herin gste in in angreife. Doch innerhalb des Stadtge bietes, beim schulthe iß Eisei e im September 1887 vo n der Ge­ Rottenburg, das liegt gena u auf der L in ie der "Rad" und in d er Wilhelmstraße hinter der ei nstigen meinde Lautfingen die Lauterbachquell en. Dazu Schwestern von Kirchberg, beides hohe n bergi scher Metzgere i Bames (s päter V ölkle, heute S iedler) sind wurd e noch 1892/93 d ie sogenannte Stollenquelle im Bereich. die B runnen schon vor 15 J ahren stillgelegt worden, Bahneinschnitt oberhalb Lauttingen gekauft. Doch Die nun folgenden Tübinger Bel ege zeigen, da ß da bei bakteriologischen Untersuchungen Verunrei­ d ie. Fassung der Quellen war schw ierig und ze itra u­ d ie Familie inzwischen bürgerlich geworden war, nigungen durch Oberflächenwasserzufluß aus deren bend. Aus der Vereinigung der Qu ell en (oberhalb aber zur führenden S ch icht in der Stadt ge hö rte. In Nachbarschaften festgestellt w u rden. Das "S chwe­ Laufen) wurde mit natürlichem Gefälle nach den einem Bebenhäuser Lagerbuch"), das noch 1390 fel bad" an der Steinach blieb noch ei ni ge Ze it Plänen vo n Baurat Ehmann eine Hauptleitung aus geschrieben ist, wird der Tübinger Cunz Heringste in bestehen , ist aber heute nach über 240 J ahren Bade­ Gußröhren entlang der Staatsstraße und durch die genannt, der (nach R. Rau) inder späte re n Hirsch­ gel egenhe it auch stillgelegt, nur sein Name lebt Ortschaften Laufen, Dürrwangen und Frommern gasse 8 wohnte. 1410 ist der T übinger Bürger Heinz weite r. zum H ochbehälter auf dem Heuberg (570 m NN) Häringstein tot, seine Witwe Mätzlin kauft gemein­ gebaut. Die gesamten Kosten, die durch Anteilschei­ sam mit dem Kirchherrn von Pfäffingen und ei nem Die Wasserversorgung inder 2. Hälfte ne der Bürgerschaft aufgebracht wurden, betrugen Tübinger Kaplan eine Gült zu einer Jahrzeit.'''' Im des vorigen Jahrhunderts 340000 Mark. Am 25. Juli 1894 konnte Balingen sein Jahr 1423 starb der Priester Heinrich Hainugstein Die Wasserversorgung d er Stadt war in trockenen Wass erfest feiern. (vermutlich verlesen oder verschrieben statt H ä­ Sommern und- bei großen Brandfällen vö llig unge­ ringstein), Inhaber der Pfarrei Burg ( = Straßberg) '", nügend. Di e wachsende Bevölkerung und die zu­ Die Wasserleitung von 1894 hat die an sie geknüpf• Als seinen Nachfolger präsentierte der Abt von St. nehmenden Gewerbe hatten einen ste igenden Was­ ten Erwartungen jahrzehntelang erfüllt, aber der Georg zu Stein a. Rh. einen Priester aus Ebingen. Da serverbrauch. Im heißen Sommer 1834 versuchte schnell wachsende Verbrauch in Gewerbe und der Priester den selben Vornamen hat wi e der 1410 deshalb di e Stadt artesische Brunnen (Brunnen, Haushalt erforderte weitere größere Wassermengen. tote Tübinger Bürger und dessen Witwe enge Bez ie­ dessen Wasser selbsttätig ausfließt) zu erbohren. Bei Hinzu kam, daß seit 1911 die Schüttung der Lautlin­ hungen zu Geistlichen unterhält, ist es wohl m ög ­ d er Stadtkirche wurde gebohrt, aber in 254 Fuß ger Quellen zurückging und die Wasserqualität zu lich, daß es sich um Vater und Sohn handelt. 1424 (etwa 80 m ) Tiefe, brach der "Löffel" ab. In der wünschen ließ, war die Stadt gezwungen, nach zimst die Häringstainin (wohl di e e ben genannte damaligen Sch örnberger Straße (heute Wilhelm­ neuen Was serquellen zu suchen, die zunächst (1929 / Mätzlin) 26 Tübinger Pfennige aus ihre m Baumgar­ Kraut-Straße) wurde schon in geringer Tiefe eine 30) beim Kreiswasserwerk Hechingen gefunden ten in T üb ingen ." 1433 verkaufte der Schenk von Schwefelquelle entdeckt und zum "S chwefelb rünn­ wurden. Seit 1953 wird Wasser von der Gallusquelle Andegg seinen Teil am Schloß Andegg (bei Than­ le" geleitet. Es waren nun zwar neue Schwefelquel­ in Hermentingen bezogen. 1964 erfolgte noch ein heim Krs. Tübingen) an Wilhelm Truchseß von len vorhanden, man hatte Wasser zum Kochen von Anschluß an d ie Bodenseewasserversorgung. Damit Stetten den Jungen. Dieser übernimmt d ie Bezah­ Hülsenfrüchten und für Badezwecke. aber kein wird ein jahrhundertelanger Kampf um das tägliche lung u. a. von 84 fl. Kapital und 15 Cl. Zinsen an di e Trinkwasser. . , Naß vorläufig abgeschlossen sein. Erben des Pfaffen Häringstein (wohl der Burger oder Straßberger Kirchherr), der also dem Schen­ ken von Andegg Geld geliehen hatte ; vermutlich waren beide verwandt.": Heringstein Im seiben Jahr (1433 ) verkaufte Werntraud H ä­ ringstainin mit ihre m Ehemann Konrad Probse r Von Dr, Walter Stettner, Ebingen dem Schultheißen und den Richtern der Stadt T ü­ bingen ihr Haus zu Tübingen a m Markt bei der Der Name Heringstein haftet in Ebingen heutzu­ Freie, teils Dienstmannen großer Herren. Sollte es ei~em Steig, das die Käufer zu einem _Ra tha us ausbauen tage an Wirtshaus am Fuße des Schloßbergs auch Herren von Heringstein gegeben haben? Bei wollten." Daß d ie Vorbesitzer des T übinger Rathau­ der Suche danach lassen einen fast all e Ad els- und und an semer Umgebung. Die Erklärung des Na­ ses zur ersten Garnitur der Stadt gehörten, ste ht mens bereitete Schwierigkeiten, denn Heringe Wappenbücher im Stich. Immerhin war ich auf außer Zweifel. Schließlich leistete nach einem Tü ­ 'sind bei uns große spitze Steine, und die sind im einen .Ulrich von Haeringstein gestoßen, .e inen Eß• linger Bürger, der 1292 in einer Zeugenreihe ge­ binger Schatzungsregister von 1470 Yrmelin He­ Gehängeschutt am Fuß des Schloßfelsens kaum zu ringsteinin aus einem Vermögen von 150 fl. 7'12 fl.. finden. Zusammensetzungen mit -stein bezeichnen nannt wird.": Der Herausgeber des Urkundenbuchs bemühte s ich vergebens darum, di e Herkunft d ieses Abgabe '", Das ist na ch meinen bi sherigen Kenntnis­ häufig Berge, die von Burgen gekrönt waren aber sen das letzte Zeugnis fü r di e Familie Häringstein. beim jetzigen Gasthaus zum Heringstein ;tand Herrn zu kl ären. Ich selbst stellte nur zaghaft Bezie ­ gewiß keine Burg. Aus den T übinger Belegen ist zu ersehen, daß di e hungen zu unserer Burg her, da Eßlingen doch ein jüngeren Namensträg er zwar ihren Adelstitel abge­ gutes Stück von Ebingen entfernt liegt und meine Ist denn der Name Herin gste in alt? Di e Suche anderen Belege erst 100 Jahre später in Tübingen legt oder verloren haben, aber no ch anges ehen und ve rm öglic h waren. Die Burg Heringst e in lag siehe r na ch Belegen bringt ei ne Überraschung: In Akte n ei nsetzen . über J agdstreitigke iten zwische n Wü rttemberg ei­ Da führte eine Veröffentlichung von Hans P eter um 1400, viell eicht schon um 1300 ve rlassen und so sehr verges sen, daß im Jahr 1535 der Ebinge r nerseits, Os terreich und Zoll ern andere rseits, heißt Müller über ein Schwesternbuch vom Kloster es im Jahr 1485 "an den Ecken auf dem Bitzer Hart Kirchberg weiter." In d iesem Schwesternbuch, das Schultheiß auf eine Rundfrage na eh Namen, He r­ kommen und Lage aller Schlös ser und Burgst äll e nebe n Ebingen hin über vo n dem Härin gstain ge n wahrscheinlic h um 1305 verfaßt ist, werden u. a. melden konnte, in Ebingen gebe es weder S chl össe r Odenstetten" (= Ehestetten)." Wenn der Herin gstein Guta vo n Herin gste in und ih re Schwester Benigna no ch Burgställe. . an ei ner Ecke auf de m Bitze r Hart liegt, so ist das von Heringstein a ufgezählt, di e gegen Ende des 13. weitab von der heutigen Gaststätte. J ahrhunderts gelebt haben müss en. Si e ge hö re n Anmerkungen Im Jahr 1553 wi rd zweimal der Heringste in ge­ al so wohl in d ie glei che Generation wie der Eßlin ger Ü HStASt (= Hauptst aatsarchiv Stuttgartl A 602 nannt: ei nmal ist vom J agen "auf dem Roß berg, auf Bürger Ul rich von Haeringstein, vielle icht waren sie WR 4826 a Häringstein, in dem Hölzli n gen. H onloch (= Hain­ sei ne Schwestern. J edenfalls ste ht d ieser jetzt nicht 2) HStASt A 315 Bü. 2,20 und 21 loch)" die Rede, an der anderen Stell e vom seiben mehr so isoli ert da. Daß 'F rauen vo m Ebinge r He­ 3) Stadtarchiv Albst adt Lagerbuch S t. Ma rt inus v. 'J a hr he ißt es, d ie Ebinger glau bten berechtigt zu rin gstein sich ins Kl oster Kirchbe rg (zwische n Hai­ 1474 sei n , "am Häringstein,'der an die Stadt heranstößt, gerloch und Sulz) aufneh men ließen, liegt nicht nur 4) HStASt A 261 Bü. 956 am Roß berg. am Honloch" zu jagen." Diese Belege räumlich nahe, hinzu kommt, daß K irchberg unter 5) Stadtarchiv Albstadt Kaufbuch 1609·14 ; HStASI lassen kaum ei ne andere S chlußfolgerung zu als den hohenbergischem Einfluß sta nd, und di e Hohenber­ H 101 369 Heringstein m it dem 'S chloßfelsen gleichzusetzen, ger waren ja um 1300 auch d ie Stadtherren Ebin­ 5 a) Heimatkundl. BI. Balingen 1974 S. 1012 der an di e Stadt heranstößt. gens, viell eicht auch der Burg Heringste in . Die 6) Württ. Urkundenbuch 10, S . 37 nr. 4245 Denselben S chluß zog sc hon vor 50 J ahren Paul Herren von Heringstein werden D ienstl eute der 7) "S ülc hgau" 1977/78 S. 42 ff. Eith in sei ner Sammlung der Ebin ger Flu rn ame n G rafen vo n Hohenberg, ihre Vertrete r in der Stadt 8) vdl. Mitt. H . P. Müller mit Verweis a uf ..S ülch­ aufgru nd ei nes weiteren Belegs von 1474: "ein ac ker ge wesen sein .wäh re nd di e adligen Herren vo n Ebin­ gau" 1977/78 S . 25 Amn. 6 im sießen grund zücht an der vychwaid gen Hering- ge n mehr im G efolge der Herren vo n Wart enberg 9) HStASt H 102 nr. 298 . stei n in her".' Er schrieb dazu: es könne sich "bei und vo n Nell enburg vorkommen. 10) HStASt A 602 WR 13308 dem Beleg vo n 1474 nur um d ie Fel sen des Schloß­ In di esen Rahmen paßt nun trefflich eine andere 11) Reg. Episc. Const. III nr. 9005 felsen handel n" . 1719 wird stä dtischer Wald "im Nachricht, di e ich wieder dem eben genannten Hans 12) Reuttinger Ges ch.-Blätter 15 (1904) S . 92 Meinspoch, Heringste in und Le itzenthäl in " er­ P eter Müller verdanke : .Benz Herin gstein lebt anno 13) HStASt A 602 WR 13139 wähnt." 1359 laut Briefs" , näm lich in Rottenburg . Diese 14) Stadtarchiv Tübingen Urkunde v. 1433 Allmählich wandert der Name an den Abhang des Notiz sta m m t von dem Rottenburge r Ch ronisten 15) Veröffentlichungen der Stadt T übingen Bel 4: di« Berges: 1612 "den garten die halden underm He­ Christoph Lutz von Lutzenhartt, welc her 1608 /09 ei n ältesten Tübinger Steue rlist en. hgg. v. Reinhold Rau ringste in " , 1739: ,,1 J auchert acker unterm Herin g­ handschriftliche Chronik über d ie Stadt Rottenburg . 1970, darin S chatzurigliste von 1470. - stein in Zelg S iechenkappel"" und noch deutl icher im P rim ärkataster: "am He rin gstein (die Kellen burg ge nannt)", und "Weg am Heringstein" . Dam it ist wohl zu Genüge dargetan, daß di e Gegend des heutigen Schl oßfel sens (d iese r Name sc heint um Kloster Lorseh 1800 aufgekommen zu se in , mein ältester Bel eg ist vo n 1811) einstens den Namen Heringstein getragen Eine der bedeutendsten Abteien Süddeutschlands hat. Daß es dort oben große spitze Steine genug und Von Kurt Wedler übergenug hat, weiß jeder Ortskundige. Auf diesem steinigen Gelände stand ehedem eine m ittelalterli­ F ünfzehn Kilometer ostwärts von Worms liegt Der "Codex Laureshamensis" (Lorscher Codex) che Bu rg, wohl aus der späteren Stauferzeit ; bei der das Kloster Lorsch (n ich t zu verwechseln mit Klo­ enthält über 3000 so lc her Schenkungen, die von Au sgrabung für ei nen hölz ernen Aussichtsturm im ster Lorch im Remstal), das, wie St. Gallen und Chur in der Schwe iz b is Arnheim in den Niederla n­ Jahr 1881 fanden sich noch Mauern mit Buckelqua­ Reichenau und einige andere Abteien, schon im 8. ­ den reichen (siehe Bild 1 "Streuung des Lorsche r dern.': ' Jahrhundert gegründet wurde. Demjenigen, der Besitzes). S o besaß Lorsch z.B . Güter in Mü hlheim De r Be rg- und Burgname Heringstein steht nebe n sich mit Heimatgeschichte befaßt, tritt der Name und V öhringen bei Sulz (772), in Mössin gen (774) vielen gleichartigen Burgnamen unserer Gegend , "Lorsch", auch im Südwestraum, immer wieder und Ergenzingen (782), in Bildechingen (767), Eutin­ ich erinnere nur an Wild enstein, Falkenstein, H orn ­ vor Augen. Das rührt daher, daß das Kloster vom 8. gen und Glatten (767), Rohrdorf (770), Wiesenstette n stein, Hert enstein . Auf all diesen Burgen saßen bis 10. Jahrhundert viele und z. T. ausgedehnte (776), Grünmettstetten (782) und Gündringen (839), Adlige, die sich nac h den Burgen nannten; teils Schenkungen erhielt. . im Raum Kirchheim in vier Gemarkungen und den Februar 1980 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 247

In dieser Zeit (768-774) entstand 500 Meter west­ lich der ersten Anlage auf einer Düne eine neue Klosterkirche, der in den folgenden Jahrzehnten auch Klostergebäude in Stein im Süden folgten. Die Kirche war eine dreischiffige Kreuzbasilika mit ge­ rade geschlossenem Chor und ursprünglich drei Westtürmen (s. Bild 2, Rekonstruktion von 774). Dem Westwerk wurde noch ein Vorhof vorgelegt, dem ein langgestrecktes Atrium mit der karolingi­ schen Torhalle folgte. So war das ganze Bauwerk etwa 170 Meter lang. Tassilio III., der rebellische Herzog von Bayern, der von einem Reichsgericht / zum Tode verurteilt und dann vom Kaiser begnadigt wurde, lebte als Verbannter im Kloster Lorsch und starb dort 788. - Im Jahr 876 baute man an den Chor im Osten eine einschiffige gewölbte Gruftkirche an mit einer halbrunden Apsis. Sie lag am Dünenrand etwas tiefer und stellte eine Art Außenkrypta dar. In dieser Gruft ruhten: Ludwig der Deutsche, sein Sohn Ludwig III., der das Bauwerk errichten ließ (gest, 882), Arnulf von Kärnten (gest, 899), sein Sohn Ludwig das Kind (gest, 911), Kunigunde, die Ge­ mahlin Konrads 1. u. a. Eine bedeutende Klosterschule bestand in Lorsch. Handschriften gingen aus der Schreibschu­ le hervor, Buchmalerei und Elfenbeinschnitzerei wurden gepflegt. Auch soll die Nibelungenhand­ Karolingische Torhalle schrift C, die in Hohenems von Laßberg aufgefun­ den "Wurde und jetzt in der Fürstenbergischen Bi­ Die drei rundbogigen Durchgänge gaben erst den bliothek in Donaueschingen aufbewahrt wird, von Blick auf die Kirche frei. Das Obergeschoß. das über einem Lorscher Abt geschrieben worden sein. Die dieTre ppen in den beiden seitlichen Rundtürmen sehr reiche Klosterbibliothek kam bei der Reformie­ zu erreichen ist, war Empfangs- und Gerichtssaal. Die Streuung des Lorscher Besitzes rung des Klosters im Jahr 1555 durch Ottheinrich Ei n n iederes Satteldach bedeckte ursprünglich den nach Heidelberg und wurde im 30jährigen Krieg Bau, das in gotischer Zeit erhöht wurde, als der Ort Gingen an der Fils als Schenkung der Gemahlin 1623 von Maximilian von Bayern mit ",P alat ina" Raum in eine Michaelskapelle umgestaltet worden Kaiser Konrads 1., Kunigunde (915). Nach einer (Pfalzbibliothek) dem Papst geschenkt als Dank für ist. Auffalle nd an dem Bau ist der Mosaikgrund der Urkunde vom 17. September 772 machte ein Bleon die Unterstützung im 30jährigen Krieg. Die Hand­ Wan dfläche, die durch Halbsäulen mit Kompositka­ und sein Sohn Otto Schenkungen in "Burehinger schriften, Wiegendrucke u. a. sind zum größten Teil pitellen, Ornamentbändern, Pilaster mit jonisieren­ marca" (größerer Bezirk), so in , Mayin­ im Vatikan erhalten. • den Kapitellen, Rundbogenfenster und Spitzgiebel gen (abg. bei Burladingen), Mertingen (abg. bei Welche Bedeutung das Kloster im frühen Mittelal­ gegliedert ist. Das Mosaik besteht' aus roten und Stetten u. Holstein), Melchingen, Willmandingen, ter hatte, zeigte auch der Besuch des Abtes Udalrich weißen Steinen, die in verschiedenen geometri­ Genkingen. Gauselfingen. 775 schenkte ein Kleriker auf dem Reichstag von Trebur im Jahr 1066, wo er schen Formen auf die Fläche verteilt sind. Irminsbert die Maria geweihte "basilika" und 13 mit 1200 reichsfreien Herren und ihren Lehensleu­ Man spürt an dieser Torhalle sehr deutlich die drei Leibeigene in "Herpfinger marca" (Erpfingen). Die ten erschien. Die bedeutendsten deutschen Adelsge­ wirksamen Impulse,deutscher Kultur, die von der Kirche in Erpfingen ist Maria und Nabor geweiht. schlechter waren damals Lehensleute von Lorsch. Antike, dem Germanenturn und dem Christentum 777 und 778 sind weitere Schenkungen in Erpf lngen; Am 21. März 1090 blieb beim Benediktus- und her erfolgt sind: Antike (römischer Triumphbogen, Mertingen und anderen Orten. Bei Münsingen wur­ Frühlingsfest ein hochgeschleudertes Feuerrad am Mosaik, Kapitelle), Germanenturn (K önigshalle, Ge­ den während der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts 12 Giebel der Kirche hängen und verursachte eine richtssaal, Rundtürrne), Christentum (Ornament­ Mansen (Wohnstätten), 13 Huben (Bauernhöfe mit verheerende Feuersbrunst. Die ganze Kirche brann­ bänder, Rundbogenfenster, Ausmalung). Im Innern Grundstücken) und ' 122 Mancipien (Unfreie) ge­ te bis zur Gruftkirche hin ab. Beim Neubau, der sich der Michaelskapelle sind noch Reste der karolingi­ schenkt. Das Kloster Lorsch war am nordwestlichen bis etwa 1150 hinzog, wurde das kleine Atrium als schen Wandmalerei zu sehen und, viel besser erhal­ Albrand, auf der M ünsinger Alb undim Neckarknie Vorkirche mit einbezogen und erhielt zwei West­ ten, Malereien vom Ende des 14. Jahrhunderts, bei Horb überaus 'reich begütert (s, Zeichnung). In türme. darunter sehr lebendig gestaltete musizierende En- Nordwürttemberg und Nordbaden, den näherlie• In diesem 12. Jahrhundert begann aber bereits der gel (Bild 4). . genden Gebieten, sind es noch wesentlich mehr. (s. Niedergang des Klosters. Untaugliche Abte, die Hier in Lorsch mit seiner Königshalle ist das auch Heimatk. Blätter Dez. 1970). . Lockerung der mönchischen Sitten und die Aufsäs• Zusammenwirken von Staat und Kirche, das auf ein 1m Jahr 763 schenkten der Gaugraf Cancor und sigkeit der Vögte wirkten zusammen, um den Ver­ gemeinsames Ziel ausgerichtete Handeln beider seine Mutter Williswinda ihr Landgut Laurissa (Lau­ -fall zu beschleunigen. Auch der Versuch einer Re­ Mächte deutlich zu erkennen. In der Torhalle wird risham-Lorsch) dem Erzbischof Chrodegang von Iormierung durch Zisterzienser im Jahr 1226 blieb der König empfangen, und er sitzt auch hier zu Metz. Den Wunsch der Stifter, dort ein Kloster zu ohne Erfolg. 1232 wurde die Abtei dem Erzbistum Gericht, indem 'er seine weltliche Macht ausübt, errichten, erfüllte der Erzbischof, indem er von Mainz unterstellt, das 1248 Prämonstratensermön- ' dann schreitet er die ,,;via sacra" entlang zur Kirche seinem Kloster Gorze bei Metz Benediktiner nach ehe aus Allerheiligen im Schwarzwald heranholte und erhält dort seinen besonderen Platz, aber hier Lorsch entsandte, die den Bau in Angriff nahmen. und nur noch eine bescheidene Propstei unterhielt. waltet der Abt seines geistlichen Amtes und segnet Die erste Anlage entstand auf dem fränkischen 1463 wurde der ganze Besitz an die Pfalz verpfändet, den König in seinem Tun. Erst wenn seine Tage Gutshof Cancors, der aus der Familie der Rupertiner die das Kloster 1555 aufhob. Es wurde eine Gutsver­ vollendet sind, darf er in die Gruft im Osten hinter stammte, die als Grafen vom Lahn- bis zum Thurgau waltung eingesetzt und die Kirche als Speicher dem Altar in den Schutz der Kirche eingehen. in der Schweiz eine Rolle spielten. Auf diesem Platz verwendet. Schließlich wurde fast die ganze Anlage wird eine römische Tempel- und Siedlungsanlage im 30jährigen Krieg (1612) durch spanische Truppen angenommen, die bei den Alemanneneinfällen zer­ zerstört und dann im 18. Jahrhundert der Rest zum stört wurde. Abbruch freigegeben. Durch _das Eingreifen des Im Jahr 764 ließ Chrodegang Gebeine des Hl. Großherzoges Ludwig 1. blieben wenigstens drei Nazarius (der Putzpatron des Klosters wurde), Gor­ Pfeilerbogen der Vorkirche, die sog. Königshalle gonius und Nabor durch Vermittlung von Papst und der gr-ößte Teil der Klostermauer erhalten. Vom Paul 1. nach Lorsch überführen und trat als erster Kloster selbst sind nur die Grundmauern bzw. die Abt ins Koster ein. Acht Jahre später (772) übergab Linienführung dieser Mauern zu sehen. Gundeland, der, Bruder Chrodegangs, als zweiter Abt das Kloster in das Eigentum Karls des Großen. Die karolingische Torhalle Er wollte damit Zugriffe aus der Gründerfamilie ist auf dem Plan als Michaelskapelle bezeichnet verhindern. Nun erhielt dieses Reichskloster vom (Bild 3). Sie steht in der Nähe des ehemaligen Kaiser das freie Wahlrecht des Abtes, die Immunität Westtores am Anfang des großenAtriums, Entstan­ und als Schenkung die Großmark Heppenheim, die den ist sie in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhunderts, weit in den Odenwald hineinreichte. und sie ist ein einzigartiges Baudenkmal aus karo­ lingischer Zeit. Bei der Weihe der Klosterkirche im Jahr 774 in Anwesenheit Karls des Großen . und seiner Familie ",:ar auch diese Halle fertiggestellt. Musizierender Engel in der Michaelskapelle Von unseren Städten im Mittelalter Von Fritz Scheerer (Schluß)

Haigerloch. Gegen Ende des 11. Jahrhunderts von den Forschern (Hodler, Hornberger, Blessing, s. errichteten , die Grafen von Haigerloch auf dem auch Heimatkundliehe Blätter, Jan. 1979) verschie­ . Bergsporn links der Eyach eine Burg (1095 "ca­ den angenommen. 1354 werden sogar eine Burg und strum"), von der noch der Bergfried, der sogenannte zwei Städte genannt. Doch der Grund der Trennung Römerturm, der aber nichts mit den Römern zu tun wird in der Besitzteilung zu suchen sein, denn hat, erhalten ist. Etwas später erbauten die' Grafen Haigerloch geriet 1354 durch Heirat in den Pfandbe­ von Hohenberg auf dem Bergsporn rechts der sitz der Grafen von Monfort-Bregenz (Hodler), Da Eyach eine neue Burg. Bereits 1237 muß eine Stadt diese 1367 nur die niedere (untere) Stadt und Burg Haigerloch bestanden haben, da ein "scultetus de besaßen, werden Graf Albrecht der V. von Hohen­ Haigerloch" erwähnt wird. Ob nun diese Stadt oben berg und seine Erben "vonihrem Recht Gebrauch bei der alten Burg oder unten an der Eyach lag, wird gemacht haben, ihren Teil der oberen Stadt aus der Seite 248 Heimatkundliche Blätter Balingen Februar 1980

Pfandschaft zu lösen, und sie werden dann dieser Umgebung kam. Der Platz um St. Lutzen wurde der Mauer eine Kapelle erbaut (St, Katharina), die Siedlung eine eigene Verwaltung gegeben haben" leer. Bereits im 14. Jahrhundert entstand dort ein im Spätmittelalter Hauptkirche wurde. Vor. einigen (Gönner). Für 1381 ist wieder eine gemeinsame Aussätzigenheim (Gutleuthaus). Jahren wurde sie abgebrochen. St. P eter diente als Stadt festzustellen, denn mit dem Verkauf der "ve­ Die Anlage der Stadt hat zunächst die pfarrlichen Friedhofkirche. Im Innern der Stadt war ein über• ste Haigerloch" und anderer hohenbergischen Städ• Verhältnisse nicht geändert. Die Städter gingen aus großer Marktplatz geschaffen. te an Österreich hörte wohl das Sonderdasein auf. noch wie bisher in gewohnter Weise in ihre Dorfkir­ 1334 treten erstmals die Grafen von Hohenberg als Wie manche andern Städte (Balingen, Sigmarin­ ehe, besuchten dort die heilige Messe, schlossen Besitzer von Burg, Stadt Nusplingen und Herrschaft gen, Veringenstadt usw.) ursprünglich keine eigene dort Ehen, ließen ihre Kinder dort taufen. Auf dem Kallenberg auf. Zur Herrschaft Kallenberg gehörten Pfarrkirche besaßen, so mußten in Haigerloch die Friedhof der Dorfkirche wurden die Toten beerdigt Bronnhaupten, Erlaheim, und Obern­ Bewohner der unteren Stadt in die drei Kilometer (s. Balingen). Die Pfarrechte blieben also unge­ heim. 1381 ging die mehrfach verpfändete Herr­ entfernte Kirche nach Trillfingen und die der Ober­ schmälert bei der bisher zuständigen Kirche, wie in schaft Hohenberg an Österreich über (s. oben). Im stadt in die zwei Kilometer entfernte Kirche nach Oberndorf, Ebingen, Reutlingen usw. Nur der Name Dreißigjährigen Krieg und in der 2. Hälfte des 14. Weildorf. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts hatte der alten Siedlung wurde auf die Neugründung Jahrhunderts wurden große Teile der Stadt in Asche die Oberstadt in der Nähe des Römerturms ihre übernommen (anders bei Schömberg, Rosenfeld, gelegt. 1401 war die Herrschaft Kallenberg an die eigene Pfarrkirche (Ulrichskirche), während die Un­ Sulz a. N., Rottenburg, dessen alte Pfarrkirche Sül• Truchsessen von Waldburg verpfändet, die alle terstadt eine Nikolauskirche hatte, deren Ursprung chen heute die Grablege der Bischöfe des Bistums Herrschaftsrechte ausübten, im 17. Jahrhundert der unbekannt ist. Rottenburg ist). Stadt das Stadtrecht nahmen und sie zum Dorf Die Siegel der Stadt zeigen im Mittelalter stets den Erst Jost Niklas begann in der Stadt eine Pfarrkir­ machten. Nach den vielen Bränden konnte die ver­ geteilten Schild der Grafen von Hohenberg (in Sil­ che zu bauen und zwar, weil nirgends mehr Platz armte Bevölkerung den Verlust des Stadtrechts ber und Rot geteilt). war, in Mauerlage am oberen Tor. Doch Jos Niklas nicht abwenden. Ebingen. Das 793 in einer Schenkungsurkunde starb 1488. Sein Sohn Eitelfriedrich II. vollendete Hohenberg. Am 26. Oktober 1381 verkaufte Ru­ des Klosters St. Gallen genannte Dorf Ebingen lag den Kirchenbau. Diese Kirche sollte die Grablege dolf III. von Hohenberg seine Herrschaft Hohenberg im Bereich der Martinskirche, zu der imHochmittel­ des Geschlechts werden (bisher Dominikanerin­ um 66 000 "schwere" Goldgulden an Herzog Leo­ alter ein großes Gebiet zählte. Außerdem besaß die nenkloster Stetten bei Hechingen), Eitelfriedrich I!. pold II1. von Österreich. In dem Kaufbrief sind u. a. Stadt noch 1561 einen großen Marktbereich (s. und seine Gemahlin Magdalene von Brandenburg neben den Städten Schömberg und Nusplingen Kreisbeschreibung Balingen S. 226). Vermutlich bil­ wurden in - der Stiftskirche begraben (bronzene namentlich aufgeführt Hohenberg- die Feste und dete Ebingen den Mittelpunkt der Grafschaft Scher­ Grabplatten). Eine Übertragung der Pfarrechte er­ Hohenberg das Städtlein. Von der Feste sind heute ra. Der Nordteil der späteren Stadt, "Im Hof", dürfte folgte aber 'form ell nicht. Praktisch saß aber der Grundmauern freigelegt, während das Städtlein am schon im Frühmittelalter bestanden haben. Der Pfarrer seit 1498 in der Stadt. Im 18. Jahrhundert Nordfuß des Berges samt dem Maierhof verschwun­ dritte vorstädtische Siedlungskern war eine Nieder­ wurde das Marienpatrozinium der Stiftskirche über• den ist. Auf der Flurkarte von 1839 ist hier noch in adelsburg - wahrscheinlich der Herren von Ebingen gangen. Die Kirche wurde dem Apostel Jakobus 920 m Höhe die unbewaldete Terrasse des einstigen - die nach der Stadtgründung die Südwestecke der geweiht. Die 1452 neuerbaute Burg Hohenzollern Städtchens als Wiese eingezeichnet, wo man bei Stadt bildete. Zwischen diesen drei Siedlungen wur­ wurde zunächst nicht vernachlässigt, erst im 18. Grabungen auf dessen Grundmauern stieß. Das de um 1250 die Stadt angelegt, deren Kernbezirk aus Jahrhundert ließ man die Burg zerfallen, während Städtchen umfaßte nur eine Fläche von 70 auf 80 der Marktstraße und zwei parallel verlaufenden man jetzt in Hechingen dem Stadtschloß alle Sorg­ Meter, der Burgweg war die einzige Straße. Straßen, der Mittelgasse, heute Kapellstraße, und falt zuwandte. Bei den Bewohnern handelte es sich vornehmlich der Hinteren Gasse, heute Pfarrstraße, bestand. Die Balingen. Die erste Erwähnung Balingens ist in um Handwerker für die Burg. In der Steuerliste von beiden Stadttore lagen an den Enden der Marktstra­ dem Testament des Grafen Eberhards von Friaul 1394 werden für "Hohemberg das Stättlin" für die ße. Die anfangs quadratische Anlage wurde durch und seiner Gemahlin.Gisela. Diese vermachten u . a. . Handwerker insgesamt 750 lb . (Pfund Heller) Ver­ den spätestens 1383 einbezogenen Nordteil zur Huf­ 863 "Balginga" (Balingen) ihrer Tochter Judith. Das mögen angegeben und zwar für "Hainrich der Metz­ eisenform erweitert. Der Bereich der Burg lag wohl Erbe lag im Dorf Balingen, das um die Balinger ler 30. Cuntzli der Huser 30 (stammt vermutlich von von Anfang an innerhalb der Stadt, während die Pfarrkirche (heute Friedhofkirche) auf dem rechten Hausen a.T.). Mützli Huser 20. Peter Hergot 60. Der Pfarrkirche mit dem Friedhof außerhalb blieb. Eyachufer lag. Östlich des Dorfes am Hang von Lacher 120 Uetzlin 20. Der Haintzmann 4. Henny Die Stadt führte den hohenbergischen Schild in "Burgenwand" (1565: Burckhenwang") wird die von Ah 16. Cuntzli Essling 30. Stainmar Mösch 100. ihrem Siegel. Die Grafen von Hohenberg gelten als Burg des Ortsadels vermutet. Der Hergöttin sin swester 180. Hans Gilt 30. Bentz die Gründer der Stadt. 1285 wird Ebingen erstmals "Anno MCCLV Balingen in penthecostas civitas . Essling 80. Aelli Wolfs 20. Stöb 10." Dies dürften di e urkundlich als Stadt erwähnt, dabei ist auch der facta est" - An Pfingsten 1255 ist Balingen Stadt. damaligen Inhaber der Häuser des Städtchens ge­ Schultheiß genannt. 1334 verschrieb Graf Rudolf u . Die von den Zollern gegründete Stadt wurde etwa wesen sein, das 1394 etwa 60 Einwohner zählte. Zu a. die Städte Ebingen und Nusplingen seiner 200 m flußabwärts auf dem linken Eyachufer als ­ welchem Zeitpunkt der Burgflecken zur Stadt erho­ Schwiegertochter Ursula von Pfirt als Heiratsgut, rechteckige Anlage (400 auf 220 m) mit zwei Toren ben wurde, ist nicht mehr feststellbar. Unterhalb lag und 1354 gelangte die Stadt als Pfand an die mit nach Norden und Süden erbaut (s. Merianbild). Der der Maierhof, der vor rund 90 Jahren abgebrannt ist. einem Grafen von Monfort verheiratete Gräfin Ursu­ Ortsadel wich in die Städte Rottweil und Reutlingen Seine Nikolauskapelle (s. Heimatk. Blätter 1959) la von Hohenberg. Die Pfandschaft.konnte 1367 von aus, wo er zu führenden Patrizierfamilien wurde wurde 1815 wegen Baufälligkeit abgebrochen. Graf Eberhard dem Greiner von Württemberg er­ und eine große Zahl der leitenden städtischen Be­ Nachdem die Grafen von Hohenberg nach Rotten­ worben werden. Trotz mehrerer Weiterverpfändun• amten stellte. Die Stadt zwischen Eyach und Stei­ burg (Weilerburg) verzogen waren, und die Burg gen, bei denen sich die Bürger von Ebingen mit nach war sicher schon in zollerischer Zeit befestigt, durch die Rottweiler zerstört war und nicht mehr Hilfe der Balinger aus der letzten selbst einlösten, wie aus der Friedenserklärung des Grafen Friedrich aufgebaut wurde, war der eigentliche Nährboden blieb die Stadt beim Haus Württemberg. 1386 konn­ d. A. von Zollern, Herr zu Schalksburg, gegen die für die Handwerker entzogen, so daß das Städtchen te die Stadt das Dorf Bitz und 1453 den Weiler Reichsstadt Rottweil von 1377 hervorgeht, in der in dieser ungünstigen Lage verkümmern und abge­ Ehestetten erwerben. über beide Orte übte das Balingen und Mühlheim (Donau) als Festungen be­ hen mußte. Von der einst beherrschenden Burg auf Stadtgericht. ähnlich wie die Reichsstädte, Hoheits- zeichnet werden. 1384 verkaufte Benz Betz, Bürger• dem zweithöchsten Berg unserer Schwäbischen Alb rechte aus. . meister zu Balingen, u. a. an das Kloster Stetten bei (1011 m) und ihrem Städtlein sind nur noch geringe Hechingen. Das Dorf Hechingen wird im 4. oder 5. Hechingen einen Garten, der liegt "zwischen dem Reste vorhanden. Jahrhundert entstanden sein, da sich der Namen als Stadtgraben und dem Hüsinger, den Burkart Hesla­ Zusammenfaßung. Im 10. und 11. Jahrhundert ,,-ingen-Ort" ausweist, deren Entstehung man um wang um 1 ß (Schilling) innehat. schied der Ortsadel ausjdem Dorfverband aus und diese Zeit ansetzt. In Urkunden wird das Dorf 786 1288 kam Balingen an die Linie Zollern-Schalks­ baute sich in der Nähe auf gesichertem und beherr­ (Hahhingurn) und 789 (Hachinga) genannt (St, Galler burg und wurde Mittelpunkt der Herrschaft schendem Platz eine Burg. Der entscheidende Urkundenbuach Nr. 108 und 123). Die Siedlung lag Schalksburg, seit"1403 württembergische Amtsstadt Schritt aber erfolgte von der Mitte des 12. bis Ende im Starzeltal und hat sich in Ober- und Niederhe­ für die damals mitverkauften und später hinzuer­ des 14. Jashrhunderts, als jeder kleine Landesherr chingen gegliedert. Niederhechingen lag bei dem worbenen Ortschaften. Herrschaftlicher Beamter in dem Beispiel der Staufer folgend in seinem Gebiet heutigen Stadtteil Friedrichstraße. Eine Pfarrei bei der Stadt war der Schultheiß. Der erste bekannte eine oder mehrere Städte gründete. Die Stadt war in Hechingen wird erstmals 1275 erwähnt (Liber deci: Träger dieses Amtes war "Tragbotho miles, dictus der Hand des Grundherrn ein Machtmittel, zumal in mationis). Zu den zwei Siedlungen gehörten zwei de Niwenegge, scultetus in Balingen" im Jahr 1268. der Zeit, in der Unsicherheit stark überhand nahm Kirchen: St. Martin ("Martinsberg") und St. Lutzen. Für den Amtsbezirk war der Vogt zuständig. Seit und die Zentralgewalt zusehends schwand. Der Friedhof um St. Martin ist noch auf dem Merian­ dem Ende des 15. Jahrhunderts wurden Obervögte Die neue Stadt erhielt den Namen von dem Dorf bild zu erkennen. Der Kirchenpatron St. Martin eingsetzt, deren Aufsicht die Amter Balingen, Ebin­ oder von einer ganzen Neuanlage (Rosenfeld). Bei wird zwar erst 1361 genannt; doch er spricht für ein gen, Rosenfeld und zeitenweise auch der Anlage wurden Bergsporne bevorzugt. Haiger­ hohes Alter, denn die Verehrung des fränkischen unterstanden. loch ist an einen schmalen Sporn gebunden, wäh­ Heiligen in unserer Gegend kann auf das 7. oder 8. Die alte Pfarrkirche (Friedhofkirche) wird 1255 rend Hechingen, Balingen usw. in die Breite und Jahrhundert fixiert werden. St. Martin in Hechingen erstmals erwähnt (s. Schömberg). Sie blieb auch Länge gehen konnten. Die Hufeisenform von Ebin­ ist heute ganz verschwunden, während vom alten nach dem Bau der Stadtkirche (1443 begonnenen) gen wird teilweise durch das Gelände bestimmt. Die St. Lutzen in den Mauern des Vorraums der Sakri­ Pfarrkirche, obwohl sie etwa 200 m außerhalb des Marktstraße war bei allen unterstrichen durch breite stei der heute in neuem Glanze erstrahlenden Kir­ unteren Tores lag. Wohl schon bald nach der Stadt­ Anlage, denn dem Markt wurde große Bedeutung che Überreste vermutet werden. gründung wurde innerhalb der Mauern, vermutlich zugemessen. Die Burg lehnte sich an die Stadtbefe­ Im 12.-13 . Jahrhundert gingen die Dorfherren am Platz der heutigen Stadtkirche, eine Filialkapelle stigung an, bildete meist eine Eckbastion. Den ge- • zum Burgenbau über. Die Herren von Hechingen, errichtet, die 1342 erstmals erwähnt wird und St. ringsten Einfluß auf die Grundrißgestaltung hatte die Grafen von Zollern, errichteten direkt über dem Nikolaus geweiht war. die Kirche, da sie meist erst später in das Stadtinne­ Dorf "Oberhechingen" zu Füßen des Zollern auf Nusplingen:Derin der Flur "Hanfgarten" 1934 re hereinkam. Häufig war sie aus einer Kapelle breitem Sporn, wo heute das Schloß über der Süd• aufgefundene Reihengräberfriedhof mitseinen über hervorgegangen. Durch Brände wurde häufig das ostecke des Berges steht, und neben ihr eine plan­ 300 Gräbern beweist, daß das Dorf Nusplingen, das Bild verändert. Den stärksten Eingriff erlitt aber das mäßig angelegte Stadt Hechingen. Die Gründung links der Bära bei der Peterskirche lag, schon im 7. alte Stadtbild durch das Einreißen der Tore und dürfte noch in der Zeit des Grafen Friedrich um die Jahrhundert bestand. Links des Flüßchens lag auch Niederlegen der Mauern, die vielfach dem Verkehr, Mitte des 13. Jahrhunderts erfolgt sein. In der Mitte der Fronhof und vermutlich der Sitz der im 12. aber auch teils dem Unverstand der Bevölkerung bot eine breite Hauptstraße die für den Handel Jahrhundert genannten edelfreien Herren von zum Opfer fielen. erwünschte Möglichkeit. Die Stadt wurde mit Mau­ Nusplingen, Die Gründung der Stadt erfolgte um ern umgeben und durch zwei Tore verschlossen, 1285 rechts der Bära, wahrscheinlich durch Graf von denen man durch das untere Tor (noch heute) Hugo von Werdenberg, dem damaligen Besitzer der Herausgegeben von der Heimatkundlichen Ver­ über die Steige (vom Dorf her) die Stadt erreichte. Herrschaft Kallenberg, in deren Mittelpunkt Nusp­ einigung Bahngen. Das obere Tor wurde abgetragen. lingen lag. Das hochwasserfreie Gelände auf einem Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ Für die neugegründete Stadt war der Zuzug von kleinen Schwemmkegel am Ausgang des Autales, berg 14, Telefon 77 82. auswärts von großer Bedeutung. Namen wie Wern­ dem Dorf gegenüber, und die gute Straßenlage Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg herr von Totternhusen (), Wernher verhießen ein Aufblühen des städtischen Marktes. 42, Telefon 76 76. von Bollen (Boll), Conrad von Tüwingen, Albrecht Ursrpünglich war eine quadratische Anlage (Seiten­ Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils von Fulgenstadt (bei Saulgau), zeigen, daß die Be­ länge 200 m) geplant. Einige Zeit nach der Stadt­ am Monatsende als ständige Beilage des "Zollern­ v ölkerurig der Stadt aus der näheren und weiteren gründung wurde am Nordtor in einer Auswinkelung Alb-Kuriers". Jahrgang 27 31. März 1980 Nr.3

sehen Geländeformen zu tun. Anders verhält es sich mit den Bühlen oder Böllen. wie die vielen Bühle Der "BobI" in unserer Gegend um beweisen (Scheibenb ühl, Markbühl, Burgbühl, Schafbühl, Hessenbühl). Ähnlich liegen Von Fritz Seheerer die Verhältnisse bei Onstmettingen (Schöllerander• bühl, Brunnenbühl und die vielen Bühle im Zollern­ Auf der Markung Balingen findet sich zweimal der Flurnamen "Bol" und zwar in heutigen Stadtteilen graben) sowie bei Meßstetten (K ählesbühl, Schieß• im Osten: "Auf dem Bol" und im "Binsenbol" mit anschließendem Wald zur Markungsgrenze Frommern. büzl usw.). Die sprachliche Verwandtschaft von Diese Namen wurden auch für Straßenbenennungen übernommen. Im einstigen Kreis Balingen konnten Bohl und Bühl muß abgelehnt werden, denn die vor rund 20 Jahren zusammen ~it dem allzu früh verstorbenen Prof. Dr. Hans Jänichen, der durch seine Bohle müssen schon nach dem bisher Angeführten Forschungen die geschlchtlichen Gegebenheiten unseres Raumes in dem zweibändigen Werk "Der als vorwiegend ebenes oder flach geneigtes Gelände Landkreis Balingen" neu beleuchtete, 20 einfache Bo(h)1 und 22 Bohl mit einem Bestimmungswort betrachtet werden oder sind auf ganz gewöhnlichen festgestellt werden. . . Berghängen ohne buckelförmige Bildungen. Es be­ Die Balinger Flur "Bol" liegt auf dem flach aus­ stehen hierin verhältnismäßig wenige Ausnahmen. der ..Kälberbohl" und der ..Mittelbohl" bei Weil­ Im Donautal liegen sie sogar in einem Ried (Ertin­ streichenden Hang der "Neige" (Namel), in der Nähe stetten. des einstigen um die Friedhofkirche liegenden Dor­ gen). Auch eine Verwandtschaft mit den bei uns vorhandenen Böllat auf den Markungen Burgfelden fes Balingen. Östlich vom Dorf liegt auch am Hang Nutzung der Bohle die Flur .Burgenwand'' (1565 .Burckenwang'' und (920 m NN), Engstlatt, (..Böllatmühle"), Nach den von Jänichen eingehend untersuchten Pfeffingen, . Truchtelfingen besteht nicht, 1565 .Burckenwtes"). wo vielleicht der seit 1140 Belegen (über 300) östlich des Schwarzwaldes. im bzw. 1225 auftauchende Ortsadel seine Burg hatte denn für sie heißt der älteste Beleg von 1496 "ufdem Hegau, der Baar, auf der Scher usw. sind waldbe­ bellat, am bellat". (1140 Arnoldus de Baldingen, 1;!25 Cuonradus de deckte Bohle in älteren Zeiten selten, erst nach den Balgirrgen. WUB 3,176). 1336 konnte Walther von Aufforstungen des 19. Jahrhunderts treten holzbe­ Zusammengesetzte Bohl-Namen Neuneck das Holz (Wald) "Bünzenbolt" (Binsenbol) standene Bohle häufiger auf. So wurden 1340 Acker um 30 lb , hlr. (Pfund Heller) erwerben. In beiden und Wiesen ..uff abrechtbol" bei Margrethausen Viele Bohle sind durch ein Bestimmungswort Flurnamen wird heute langes 0 gesprochen. erwähnt. Viele Bohle gehörten zum Allmandland. näher gekennzeichnet. Am Nordteil der Geislinger Ein weiters Bohl finden wir in dem Namen Beb­ Im Hohenbergischen Lagerbuch von 1582/84 wird Markung stoßen .Dattenbol" und ..Bubentenn" zu­ belt, der 1502 "Betbol" hieß und auf dem nach der bei Schörzingen der ..Katzenboll" als Allmandland sammen. Dies sind zwei Flurnamen, die nicht ein­ Zimmerischen Chronik eine Kapelle St. Ulrich ge­ erwähnt. Im benachbarten Delkhofen bei Deilingen deutig geklärt werden können. Am flach ausstrei­ weiht war, die um 1550 abgebrochen wurde und von ..baut der gemein fleck ain jauchart aggers vor Poil chenden Hang auf Markung Endingen gegen die der sich im 19. Jahrhundert noch Mauerreste fan­ und zinst der fleck Delckhofen auß 21/ 2 jaucharten Markung Erzirrgen findet sich der Flurnamen ..Un­ den. Auch dieser Bohl, der sich jedoch auf einem aggers an heslin Poil". Der bereits im 14. Jahrhun­ ter Kreuzbol". An der Markungsgrenze / Buckel, Bühl, befindet, lag in der Nähe einer ala­ dert genannte ..Tattenbol" bei Erlaheim wird 1624 Schömberg haben wir einen ..Hätzenbohl", bei Rats­ mannischen Vorgängersiedlung des Dorfes Balin­ als Allmandwald "Tatenpol" bezeichnet und außer• hausen einen ..Netzenbohl". Auf der eisenreichen gen, von der 1872 beim Bahnbau 59 Reihengräber dem auf der gleichen Markung die ..Allmende Ern­ Kalksandsteinplatte an der Grenze zum oberen mit teils wertvollen Grabbeigaben freigelegt werden bol" erwähnt. Der ..Haimbol" bei Pfeffingen könnte Braunen Jura bildete sich über Zillhausen eine konnten. Gemeindebesitz gewesen sein oder könnte sein Na­ schmale Leiste, die zur Felderflur benützt wird und Auf der früheren Markung Heselwangen, wo heu­ me mit Heim = Farren zusammenhängen. Die hier den Namen "Zielenbol" trägt. Östlich des Bäratales te noch die Flurnamen "Breite" (erwähnt 1560) für ansteigende Halde gegen Burgfelden heißt ..Heim­ bei Unterdigisheim, schon auf den zuckerkörnigen umfangreiches ebenes Ackerland und "Brühl" für bohlhalde". Für den interessanten Namen "Königs• Massenkalken haben wir einen ..Rauhen Bol" (934 m die feuchten Wiesen in einer Niederung vorhanden bohl" an der Markungsgrenze Nusplingen/Unterdi­ NN) . Bei Meßstetten findet sich ein ..Steinigbohl" (s. sind, hat einen ..Bol", der seine Erhaltung im Braun­ gisheim konnte auch Jänichen keinen älteren Beleg oben) und ein ..Reitbol" (Name von roden). Bei jura einem kleinen Weißjuraschuttrest verdankt. .finden. Margrethausen treffen wir bereits 1340 und 1356 einen ..abrechtbol", der im 18. Jahrhundert ..Au­ Sehr häufig ist das Vorkommen der Bezeichnung Lage und Geländeformen der Bohle bertsbohl" heißt und dessen Namen danach abge­ .Bohl" auf den Markungen Tailfingen und Truchtel­ Die Bohle liegen meist ortsnah (s. oben Balingen, gangen ist (HStA. Stuttgart NK 486 und 487). Andere fingen. Am West- bzw. Nordrand der beiden alten Tailfingen usw.), stoßen vielfach an den ehemaligen zusammengesetzte Bohl-Namen siehe oben. Die Be­ Siedlungen sind kleinere Ortsteile namens "Bohl", Ortsetter an, während die mit einem Bestimmungs­ stimmungswörter können Personennamen enthal­ die Ende des 18. Jahrhunderts von Häuslern (ärme• wort fast durchweg ortsfern liegen, oft in der Nähe ten wie in ..Abrechtsbol", das den Namen Albrecht ren Leuten) bewohnt waren. Beide Bohle liegen auf der Markungsgrenze (s. ..Binsenbohl", "Niemands­ enthält. vielleicht gehört auch ..Binsenbol" (mund­ den weniger steilen unteren Talkanten des Schmie­ bohl" u. a.). Sehr oft lassen sie sich auch in der Nähe artlich ..Benzenbol") zu dieser Gruppe. Andere sind chatales, sind aber durchaus nicht bühlartig. Bei abgegangener Siedlungen nachweisen. So liegen die mit ..Stein" zusammengesetzt ("Steinigbohl"), oder Truchtelfingen wird 1496 ein ..Caspar am Bol" er­ Bohle der beiden um 1250 entstandenen Städte enthalten Beiwörter, die auf rauhes, unwirtliches wähnt (Tailf'inger Heimatbuch). 1437 heißt es hier: Schömberg und Rosenfeld bei den abgegangenen Gelände abheben (..Rauher Bol"). Der ..Niemands­ ..hinter dem bol". Erst die anschließenden Fluren Siedlungen ..Altschömberg" bzw. bei dem zu An­ boI" weist keinen Besitzer auf. Häufig sind Tierbei­ und Wälder sind ansteigend. Sie sind dann mit dem fang des 15. Jahrhunderts abgegangenen Weiler wörter (..Katzenbol", ..Hätzenbohl", ..Kälberbol", Bestimmungswort Bohl als Bohlwald - 1716 "Com­ Steinbrunnen. Erzirrgen. das durch Verschmelzung ..Haimbohl"), Auf Form und Lage weisen der mittel­ mun Bohlwald" - Bohlweg, Bohlwaldsweg, Bolls­ von zwei Siedlungen entstanden sein dürfte, hatte bohl, Lichtenbohl, Zielenbol = an der Grenze gele­ halde (..Eine .. . Wayd, gen . .. Boltzhalden", 1716). zwei Zelgverbände, der eine im Norden, der andere gen). Fast durchweg sind diese Bohle auf ortsfernen 1777 wollte man einem Balthes Merz ein Stück Holz im Süden/Südwesten der Markung. Dementspre­ Fluren. Auffallend ist auch, daß fast alle Bohle im (Wald) geben, von der Allmend in Bollshalden, weil chend finden sich auch zwei "Brühle": am BrühI• Altsiedelland liegen. der ohnehin dem flecken (Dorf) keinen nutzen bach und südlich des Ortes, heute ..brühlen". Es bringt". Bei der ..Stiege!" steigt der Weg an und wurde die Zubehör der bestehenden Orte vereinigt, führt über die flache Kuppe auf ..Lichtenbohl" da Erzirrgen 1452 zerstört ("combusta") war. Erhal­ Der Ortsnamen Boll (1429: ..uf liechtenbol"), 1502 wird auch ein ..Rö• ten blieb der Flurname ..Bohl". In Zimmern bei schenbohl" erwähnt (Bizer), Der ..Niemandsbohl" Hechingen lagen 1402 ..Wiesen am Boll neben dem Zunächst scheint, daß der Ortsnamen Boll mit an der Ostgrenze der Truchtelfinger Markung, der Kornbrügel" (Brühl). Bei Engstlatt liegt die Flur seinem kurzen 0 nichts mit dem Flurnamen Bohl zu wohl lange keinen Herrn hatte, sondern selbst die ..Bol" am Fuße der oberen Liasstufe. tun hat, da bei letzterem heute fast durchweg langes Grenze, also niemands Bohl war, wird 1470 nye­ Frommern dürfte spätestens im 7. Jahrhundert o gesprochen wird. im Mittelalter bestand aber mantz boll, 1496 nementz bol, 1555 niemands bol hierin kein Unterschied in Aussprache und Schrei­ genannt (Bizer), Auch er hat keine hügelige Form, gegründet worden sein. 793 kam ein Teil des Ortes an das Kloster St. Gallen, das rechts der Eyach einen bung zwischen dem Ortsnamen Boll und den Flur­ während die "Böllen" bei Truchtelfingen buckelige namen Bohl. Weidehügel zwischen Acker und Wiesen einge­ Fronhof errichtete und eine Kirche zu Ehren des Hl. sprengt sind (..Kühböllen", ..Roßböllen", abgegan­ Gallus und eine Mühle erbauen ließ. Der St. Galler Es gibt mehrere Dörfer namens Boll. Bei Göppin• gen, 1717 erwähnt). Diese Namen dürften nichts mit Ansiedlung gegenüber auf dem linken Eyachufer gen findet sich das heutige Bad Boll, das in einer Bohl zu tun haben, vielmehr werden sie auf das liegt auf der Ölschieferplatte der ..Bol". Zwischen Barbarossa-Urkunde als praepositum Bollo er­ schwäbische "Bollen" (runde Gegenstände oder Nagelfluhlehmen und Meeres-Grobkalken und San­ scheint (J änichen) und eine Propstei war, die bereits Klumpen) zurückgehen wie in Erdbollen, Roßbol• en auf der Flächenalb bei Winterlingen zwischen 1228, 1276 und 1371 Bolle, später Boll genannt wird. len. Auch in Meßstetten ist ein ..Bohl", der keine den Gewannen ..Bol" und ..Stock" kamen Reste von Boll über dem Neckartal bei Oberndorf, das kirchli­ bühlartige Form hat und der bereits 1808 in den Plattenkalken zutage. Also ein "Bol" auf der sehr che Filiale der Remigiusgemeinde Oberndorf war, Ortsetter einbezogen war. (..Häuser mitten im Ort flachen alten eingeebneten Landoberfläche. Am heißt 1101 Bollo, 1325 Bol. Boll bei Hechingen war in beim Bohl"). Die Bohlgasse ist nach ihm benannt. ..Bohl" auf Allmendboden bei Dotternhausen ließ die einstige Galluskirche des Dorfes Zell (Mariazell) Im benachbarten Hossingen ist der ..Bohl" ebenfalls sich im 18. Jahrhundert eine besitzarme Schicht in zwischen Hohenzoller und Zellerhorn eingepfarrt. überbaut. Auf dem Hessinger ..Vorderen Metten­ fast durchweg einstöckigen Seldnerhäuschen Boll über dem Wutachtal (heute Kreis Hochschwarz­ bol" fanden sich um 1330 Acker. Der Lerchenbühl nieder. wald) ist im 14. Jahrhundert Sitz der Edlen von Boll, bei Hessingen hieß im 14. Jahrhundert ..Lerchun­ Diese Belege beweisen, daß fast überall bei allen deren Burg über der Wutach stand, kam nach dem bol", 1780 hat er den heutigen Namen. Er muß also hier aufgeführten Bohlen keine bühl- oder buckelar­ Aussterben des Geschlechts an die Herren von umbenannt worden sein. Der Meßstetter "Steinig­ tigen Erhebungen festgestellt werden können. Der Tannegg (Burg unterhalb des späteren Bades Boll). bohl" war um 1715 Allmand. Allmende waren auch Name Bohl hat also hier nichts mit morphologi- Eine weitere Siedlung Boll liegt bei Stockach. Alle Seite 250 Heimatkundliche Blätter Balingen März 1980

sind den mittelalterlichen Belegen zufolge gleicher markurigen aufgenommenen Bohle werden durch ben worden sei. Wenn aber die Klägerinnen keine Herkunft. Beiwörter unterschieden" (J änichen) (s. Bahngen glaubwürdige Urkunde auflegen könnten und die usw.). Den Flurnamen Bohl gibt es im Altsiedelland Zelgfrucht auch nicht im Inventar eingeschrieben Zusammenfassung (s, Schömberg). Wie Brühl (Wiesen), Breite (Äcker) sei, hoffe er, ihnen nichts schuldig zu sein. bezeichnet auch Bohl einen nutzungsberechtigten Auf diese Verantwortung hin brachten die Kläge• Vom Sprachlichen her ist festzustellen, daß bei Sonderbezirk. der älter als die Dreifelderwirtschaft rinnen durch ihren Fürsprech vor, ihre Klage ließen allen aufgeführten Belegen für Bohl und für Boll ist. sie in ihren Kräften bleiben, als ob sie von neuem eine einheitliche Wurzel zugrunde liegt, die schon Hypothetisch deutet Jänichen den Namen Bol als vorgebracht sei. Wenn er sich hören lasse, als ob im 9. Jahrhundert ..bol" und noch im Hoch- und das ursprünglich zu einer frühmittelalterlichen diese Zelgfrucht für seines Vaters Schwester und Spätmittelalter so lautete (J änichen), Im Laufe des Kleinsiedlung gehöriges Wirtschaftsland. Außer• zwar nur für deren Leben lang gestiftet worden sei Mittelalters wurde der eigentliche Sinn des Appella­ halb Etters bildeten die Brühle, Breiten und Bohle und nach ihrem Tod aufgehört habe, so könnten sie tivs (Sachnamens) vergessen, und die Sicherheit im als Wiesen-, Äcker- und Weideland einen Ring um auf des Antworters Reden selbst verweisen. Die volkstümlichen Gebrauch hörte auf. die Siedlung. Dabei trägt der Bohl den ältesten Haug Ursul habe aus seinem eigenen Mund gehört, Von der Geländeform her haben Bühle und Bohle Namen und war zunächst ..ungenütztes, in Reserve daß diese Zelgfrucht von einem Priester herrühre nichts miteinander zu tun. "In den frühmittelalterli• gehaltenes Land". Nach K. S. Bader haben die und vor Jahren in die Klause gestiftet worden sei; da chen kleinen Wirtschaftsmarkungen gab es nur ei­ Alemannen den Namen aus Norddeutschland bzw. sei seines Vaters Schwester nie genannt worden. nen Bohl. Die zusätzlich in den entstehenden Groß- Skandinavien mitgebracht. Wenn Rieber sage, sie sollten glaubwürdige Briefe auflegen, so geben sie kurz diese Antwort: sie hätten kein Briefe aufzulegen, denn man habe vor vielen Jahren um dergleichen Sachen nicht allweg Briefe aufgerichtet, sondern einander vertraut; sie und ihre Zwei Gerichtsverhandlungen in Ebingen Voreltern hätten das auch nicht begehrt, besonders weil ihnen diese Frucht ohne alles Sperren richtig vor 400 und 500 Jahren geliefert worden sei. Der Beklagte aber sperre sich jetzt zum dritten Mal. Er solle eine Urkunde aufle­ Von Dr. Walter Stettner - Ebingen gen, warum er nicht schuldig sei, diese Zelgfrucht Verhandlungen vor Gericht hatten stets und haben noch heute bestimmte Formen, die sich nur zu reichen. Ins Inventar sei die Zelgfrucht nicht langsam ändern. An zwei BeisPlelen aus der Geschichte Ebingens von 1483 und 1581 soll das Verfahren aufgenommen, weil das Inventieren geschwind ge­ vorgeführt werden. Beide zei~n, daß rechtsstaatliches Vorgehen nicht erst eine Erfindung des 20. gangen sei, da sei es in der Eile von ihnen vergessen ko~en worden. Der Beklagte sei wenige Tage nach dem Jahrhunderts ist: in beiden Kläger und Beklagte zu Wort und findet hinterher eine Art Revision Inventieren in ihren Webgaden gekommen und ha­ statt, diese allerdings in verschiedener Weise. be gefragt, ob sie diese Zelgfrucht auch ins Inventar Beide Verhandlungen laufen vor dem Ebinger Kirchengrabens (ietzt Schreibmaschinengeschäft hätten setzen lassen; sie hätten ihm geantwortet, sie Stadtgericht ab, bei dem der Schultheiß den Vorsitz Hofeie). Die Schwestern wurden auch nach der hätten es übersehen und vergessen. Darauf habe er führt. Das Gericht setzt sich jedoch nicht aus stu­ Reformation geduldet und von der Bevölkerung sich erboten, sie sollten schweigen, er werde ihnen dierten Richtern zusammen, sondern aus Bürgern nicht ungern gesehen. 1608 ist die letzte von ihnen Geld geben, damit sein Acker ledig sei und er die der Stadt, zwölf an der Zahl, die einem bürgerlichen hochbetagt und kränklich im Spital gestorben. Hö• Zelgfrucht nicht mehr geben brauche. Da hätten sie Beruf nachgehen. Für die nicht allzu häufigen ren wir nun das Protokoll: aber abgelehnt. Rechtshändel hätte man nicht gleich zwölf Richter Wir, Schultheiß, Bürgermeister und Gericht zu Eine Zeit hernach sei die Haug Ursul mit einem benötigt, aber sie waren zusammen mit dem Schult­ Ebingen, bekennen, daß auf Montag, 13. Februar Sack in des Beklagten Haus gegangen, um die heißen zugleich die eigentlichen Lenker der Stadt­ dieses 81. Jahres vor uns, als wir gerichtlicherweise Zelgfrucht wie alle Jahre zu empfangen. Er sei nicht geschicke, Vorläufer des heutigen Gemeinderats. beieinander gesessen, ordentlich vertagt zu Recht daheim gewesen, seine Hausfrau und das Gesinde Sie besetzten die wichtigeren Ämter der Stadt, sie erschienen sind die ehrsamen Frauen Catharina wollten ihr aber die Frucht nicht geben. Als sie stellten den Bürgermeister (vergleichbar dem heuti­ Leippin und Ursula Haugin. Schwestern der Klause · hinwegging und ihr der Beklagte unterm Tor begeg­ gen Stadtkämmerer), die Pfleger des Spitals, St. hier zu Ebingen, Klägerinnen und Jakob Rieber, nete, hat sie ihm das angezeigt, da hat er gelacht und Martins, der Frauenkapelle, Waisenpfleger und In­ Bürger zu Ebingen, Antworter. Als sich beide Teile sie geheißen mit dem Sack hineinzugehen, er wolle ventierer, den Schultheißen von Bitz und noch viele nach Ordnung des Rechts und unserer Stadt Ge­ ihr die Frucht geben. Das sei auch geschehen. Die andere Posten. brauch verfürsprecht. ließen die Klausnerinnen Schwestern erwarten, es solle geurteilt werden, wie Die Mitglieder des Gerichts wurden im 17. und 18. auch im Namen ihrer Mitschwestern durch Jerg in der Klage begehrt und gebeten worden. Jahrhundert, wahrscheinlich auch schon vorher, auf Conzelmann, ihren zu Recht erlaubten Fürsprech Jakob Rieber ließ weiter reden, es sei, wie er es Lebenszeit gewählt. Beim Ausscheiden eines Mit­ wider Jakob Rieber klagsweise fürbringen ungefähr habe vorbringen lassen. Was er wegen des Priesters glieds wählte das Gremium einen Nachfolger, er­ folgende Meinung: geredet haben solle, so habe die Klägerin in ihrer gänzte sich also selbst. Aussicht, gewählt zu werden, Obwohl des Beklagten Voreltern und auch er Rede vor den Richtern nicht anzeigen können, als er hatten nur die wohlhabenderen Bürger. Ob für selber viele Jahre aus 2 Jauchert Acker beim Bilder­ fragte, wer der Priester gewesen und wie er gehei­ Gerichtsverhandlungen die Anwesenheit einer Min­ stock ihnen nach der Zelg zwei Simri Frucht ge­ ßen. Deshalb sei er wegen dieser Reden nicht ge­ destzahl von Richtern vorgeschrieben war, entzieht reicht, hat er ihnen diese Zelgfrucht zum drittenmal ständig. Er könne auch nicht gestehen, daß er die sich unserer Kenntnis; bei manchen Verwaltungs­ vorenthalten und wollte nicht schuldig sein, sie zu Haug Ursul mit dem Sack habe in sein Haus gehen akten waren nur ein oder zwei Richter zugegen, und reichen. Jüngst, am 5. Dezember 1580, als sie des­ heißen, die Zelgfrucht zu holen, die ihrvom Gesinde doch waren sie rechtskräftig. halb vor uns auch rechtlich zu prozedieren vorge­ versagt worden; er habe sich derlei Reden nie ge­ Im Jahr 1581 schickte der Schultheiß und Geistli­ kommen, hat er sich vor dem Gericht erboten, er dacht, wie sie vorgebracht worden. Er habe ihnen che Verwalter Carlin Ziegler in Abschrift das Proto­ wolle sich mit ihnen gütlich einlassen und ihnen auch nicht für die Zelgfrucht Geld geben und den koll über eine Klage der Frauen in der hiesigen etliches Geld für die Zelgfrucht geben. Aber es stehe Acker ledig haben wollen, sondern die Klägerirr Klause gegen Jakob Rieber, dessen ..Verantwor­ nicht zu ihrem Gewalt (=sie seien nicht ermächtigt), habe ihn gebeten, die Frucht nur ihr Leben lang zu tung" und das Urteil des Stadtgerichts nach Stutt­ Geld dafür zu nehmen. Ihr rechtliches Begehren sei, geben, nach ihrem Absterben solle ihm sein Acker gart an den Kirchenrat, weil Rieber an das Tübinger Rieber solle ihnen die Zelgfrucht wie vor alters in frei und ledig sein und er nicht mehr schuldig sein, Hofgericht appeliert hatte (Hauptstadtarchiv Stutt­ der Güte liefern; wo nicht, hofften sie, es solle vom die Zelgfrucht zu geben. Das habe er ihnen abge­ gart A 284, 25 Bü. 15). Beide Parteien waren ..ver­ Gericht mit Recht erkannt werden neben Abtrag schlagen. Hans Matz im Spital habe den Acker tagt" worden, d. h. sie wurden auf einen bestimmten Kosten und Schaden; sie wollten sich alle Notdurft länger als er innegehabt, aber nie etwas daraus (Rechts-)Tag geladen. Beide nahmen einen ..Für• des Rechts vorbehalten. gegeben. Wenn die Frauen das nicht geständen, sprech", einen (nicht studierten) Anwalt aus der Darauf ließ Jakob Rieber durch Mathis Grotzen, solle man den Hans Matz verhören. Bürgerschaft, sie ..fürsprechen" sich. Beide Für• Bürgermeister, als seinen zugelassenen Fürspre• Die Frauen sagten, sie wollten bei ihrem Vorge­ sprecher gehören dem Gericht an. Der Anwalt Rie­ chen zu seiner Verantwortung vorbringen, es sei brachten bleiben und der Kürze halb nicht alles bers, Matheis Grotz, ist der Stammvater der hiesigen ihm, dem Antworter, unbewußt, er habe auch nie wiederholen. Wenn sich der Antworter auf Kund­ Familien Groz und Grotz. Er war um 1555 (wohl aus gehört, daß sein Vater selig diese Zelgfrucht aus den schaft berufe, so sei Hans Matz ihm zu nahe ver­ Blaubeuren) zugezogen und galt als angesehener 2 Jauchert Acker beim Bildenstock. jetzt sein Eigen­ wandt, sein Schwestermann und hierin parteiisch. Mann, der es bis zum zeitweiligen Bürgermeister tum, den Klägerinnen gereicht habe. Das möge aber Des Antworters Vater habe die Frucht alle Jahre brachte. Auch der Anwalt der Klausnerinnen, Jerg wohl sein. Er halte dafür, sein Vater habe eine freundlich gereicht. Conzelmann, war eine zeitlang Bürgermeister. Seine Schwester in dieser Klause gehabt, die vor etlichen Auf Wunsch des Antworters wird weiter verhört Familie war seit etwa 1520 in Ebingen ansässig. Jahren nach göttlichem Willen Tods verschieden. Es Hans Matz, Bürger und Pfründner im Spital zu möge sein, daß sein Vater seiner Schwester und gar Ebingen: Er habe denAckerlänger als Jakob Rieber Die Sache, um die gestritten wurde, war unbedeu­ nicht den Klägerinnen die Zelgfrucht länger nicht bebaut, aber nie nichts daraus gegeben, habe auch tend, es handelte sich um eine jährliche Abgabe von als deren Leben lang vermacht und daß nach ihrem nie gehört, daß sein Schwäher (= Schwiegervater) zwei Simri Frucht nach der Zelg (kurzweg auch tödlichen Abgang auch die Zelgfrucht tot und ab diese Zelgfrucht daraus gegeben habe; wäre der die Zelgfrucht genannt), das heißt, die Art der Frucht sein und nachher nicht mehr gegeben werden sollte. Frucht schuldig gewesen, so hätte er ohne Zweifel richtete sich nach der Fruchtfolge der Dreifelder­ Daher hoffe er, nicht mehr schuldig zu sein, die ihm angezeigt, daß er die Frucht geben müsse. wirtschaft, die jeweils auf der Zelg (= Osch) ange­ Zelgfrucht zu geben. Soviel dann anbelange, daß er Die Frauen erklärten noch, es sei möglich, daß der baut wurde, also einmal Sommerfrucht oder Haber, den Klägerinnen für diese Zelgfrucht beim Rechts­ Zeuge die Frucht nicht gegeben habe, aber des einmal Winterfrucht oder Dinkel und im dritten tag Geld angeboten, so sei das mit Unterschied Zeugen Schwäher und dessen Diener hätten sie Jahr wegen der Brache gar nichts. Der beklagte gesagt worden und nicht dergestalt, als ob er sich ihnen ohne Sperren gereicht. Der Zeuge sei also Jakob Rieber ist manchen Ebingern bekannt als ihr daran schuldig gebe; der Richter wisse sich ohne nicht wider sie. Wenn der Antworter nichts Neues Stammvater. Als solcher erscheint er auf den drei Zweifel zu erinnern, als der Schultheiß und etliche mehr vorbringe, wollten sie die Sache zu Recht und Stammbäumen Rieber, die der Stammbaummaler des Gerichts ihm zugemutet, es solle sich mit den richterlichem Erkennen gesetzt haben. Der Antwor­ J ohannes Beck einstens aufgestellt und gemalt hat. Klägerinnen gütlich vergleichen, das um des besse­ tel' ist damit einverstanden. Als nun die Parteien zu Er war der Sohn des Caspar Rieber, der 1534-49 der ren wegen und gar nicht aus Gerechtigkeit, damit er Recht gesetzt, haben wir auf Klage, Antwort, verhör• erste evangelische Schultheiß Ebingens war; das nicht länger rechten dürfe, er sich erboten, ihnen te Kundschaft und alles gerichtliche Vorbringen zu gleiche Amt bekleidete auch Jakobs Großvater Diet­ etliches Geld zu geben, auch auf des Schultheißen Recht erkannt und gesprochen, daß der beklagte rich Rieber von 1483 bis etwa 1500. Jakob Rieber gleich darauf geschehene Einrede, anders nicht als Jakob Rieber den Klausnerinnen die Zelgfrucht aus hatte im Juli 1539 in Heidelberg zu studieren begon­ seinen Rechten unschädlich. den zwei Jauchert Acker beim Bildenstock mitsamt nen und dort kurz vor Weihnachten 1540 seinen Weil die Sache jetzt zu Recht erwachsen sei, wolle dem Ausstand zu geben schuldig sei; jede Partei Baccalaureus gemacht. In seinem Dienst standen solle ihre Kosten selbst tragen. schon 1545 ein Knecht und eine Magd, er lebte also er sich nichts begeben noch bewilligen, es hätten anscheinend auf großem Fuß, Vielleicht hat ihn das denn die Klägerinnen einen glaubwürdig versiegel­ Die Kläger haben das Urteil mit Dank angenom­ in späteren Jahren in Schwierigkeiten gebracht, von ten Brief, der vor Gericht genüge, aufgelegt, oder men, der Beklagte will Appellation tun an das denen nachher noch kurz die Rede sein wird. Die daß diese Zelgfrucht im Inventar, als ihnen vor fürstliche Hofgericht gen Tübingen, er bittet, ihm Klause war angeblich 1344 gestiftet worden. Ihr etlichen Jahren ordentlich auf fürstl, Befehl inven­ das gesprochene Urteil und die Acta der ganzen Haus befand sich im obersten Haus des heutigen tiert worden, von ihnen zum Einschreiben angege- Verhandlung mitzuteilen für die Appellation. Die März 1980 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 251

Kirchenräte und der Fürst sind damit einverstan­ de zu Balingen durch ihre Botschafter und Gewalt­ fung der herrschaftlichen Rechtsansprüche erhebli­ den, daß die Sache beim Hofgericht verhandelt haber an einem Teil und Amtmann und gemeine che Mitschuld am Ausbruch des sog. Bauernkriegs wird; dazu sollen die Parteien Advocaten in Tübin• Maier des Dorfs Laufen durch ihre Gewalthaber von 1525 hatte). gen bestellen. andernteils. Die von Balingen lassen durch ihren Bei gespaltenem Urteil der Richter hat man in Die Akten dieses Streites gingen also, da eine Fürsprech und Ratgeben nach Form des Rechts älterer Zeit nicht ohne weiteres der Mehrheit recht geistliche Institution, die Klause, beteiligt war, zu­ reden, die von Laufen unterstünden sich, von ihnen gegeben, auch nicht eine herrschaftliche Oberin­ nächst an den Kirchenrat. Bei den Advokaten, die einen Zoll zu fordern, wenn sie zu Holz oder Wald stanz angerufen, sondern die Sache an einen Ober­ die Parteien vor dem Hofgericht vertreten sollten, fahren, während sie bisher diese Wege ohne Zoll hof gezogen. Das war für Ebingen das Stadtgericht handelt es sich nunmehr um studierte Herren. Lei­ gebraucht hätten länger, denn jemand denken kön• Villingen, weil einmal von dort das Ebinger Stadt­ der sind die Akten des Hofgerichts nicht mehr ne. Dagegen sagen die von Laufen auch durch ihren recht gekommen war. In unserem Fall zieht nicht erhalten. Da aber in einem späteren Inventar (von Ratgeber und Fürsprecher, ihnen sei der Zoll von die Ebinger Minderheit, sondern Balingen, das an 1593) über Vermögen und Einkünfte der Klause die unserem gnädigen Herrn von Württemberg gege­ einem günstigen Entscheid natürlich interessiert ist, zwei Simri Zelgfrucht als Einnahme registriert sind, ben; niemand sei davon befreit. So hätten auch den Fall vor das Villinger Stadtgericht und hat ergibt sich, daß das Hofgericht den Spruch des etliche von Balingen und besonders der Stengel, so damit Erfolg; die Villinger Richter bestätigen das Ebinger Stadtgerichts im wesentlichen bestätigt oft er den Weg gebraucht habe, den Zoll widerlegt. Urteil der Ebinger Minderheit als richtig. In Villin­ hat, wie nicht anders zu erwarten war. Sie hofften, wenn die von Balingen vom Zoll frei gen haben sich anscheinend über diesen Fall keine Es ist hervorzuheben, daß vor dem hiesigen Stadt­ sein wollten, sollten sie ihnen das rechtlich abset­ Akten erhalten, wie mir vor etlichen Jahren der gericht zwei Verhandlungen stattgefunden haben, zen. Nach dem Verhör des Vortrags beider Parteien damalige Stadtarchivar Prof. Revellio mitteilte, ja, zunächst eine Art Sühnetermin, bei dem versucht "haben wir zu der merer urteil erkennt und gespro­ dort war überhaupt nicht bekannt, daß Villingen für wurde, ein gütliches übereinkommen herbeizufüh­ chen, wöllen die von Balingen zols fry sin, so söllen das Ebinger Stadtgericht Oberhof war. Da die Balin­ ren. Als das gescheitert war, setzten die Schwestern sy daz den von Louffen absetzen. So hond wir zu der ger den Fall vor das Villinger Gericht brachten, ist "zu Recht" und erging etwa zehn Wochen später mynder urteil erkennt und gesprochen, dieweil die nicht ganz sicher, jedoch anzunehmen, daß man nach einer neuen Verhandlung ein Urteil. von Balingen so lanng in der besitzung gesin sind, dort das Protokoll der Ebinger Verhandlung voll­ Bei diesem Verfahren in Ebingen stießen zwei das denn die von Louffen den(en) von Balingen das ständig zur Hand hatte. Arten der Rechtsfindung aufeinander: die Klägerin• absetzen sollen. Söllich minder urtail haben die von Die Laufener beruhigten sich übrigens nicht bei nen handelten und verhandelten nach Treu und Balingen nach unser stattrecht herkommen und dem Urteil der Ebinger und Villinger Richter, son­ Glauben, sie legten keinen Wert auf schriftliche gewonhait gen Vilingen für bürgermeister und rät dern appellierten noch an das Stuttgarter Hofge­ Fixierung von Rechten und Schenkungen. Das war gezogen. Dieselben zu Vilingen haben in irem rat richt. Dieses befand aber, zu Ebingen und zu Villin­ althergebrachte Art. Der Beklagte, der in seiner der yetz gemelten minder urtail mit irem rechtlichen gen sei wohl geurteilt worden, die von Laufen hätten Jugend studiert hatte, versuchte die schriftliche spruch volg tan (= Folge getan) und uff vorderung übel appelliert. Sie wurden zur Ruhe gewiesen. Die Überlieferung zum alleinigen Maßstab des Rechts der(er) von Balingen ward inen dir (= dieser) urtails­ Institution der Oberhöfe endete in Württemberg um zu machen, wobei er die Beweislast den Schwestern brieff mit unserm der gemain stat Ebingen anhan­ 1500. Damals beschwerten sich die Ebinger (in einer zuschob und das in hinterlistiger Weise, denn er genden Insigel besigelt". undatierten Urkunde), daß man ihnen den Zug nach hatte einst bei einem Besuch im Webgaden (dem An diesem Verfahren wird deutlich, wie wenig Villingen verwehre, er sei billiger gewesen als der Webraum) der Schwestern erfahren, daß man bei gefestigt bei uns noch am Ende des 15. Jahrhunderts Weg zu den herrschaftlichen Obergerichten; aber der Invertierung der Klause in der Eile vergessen die Rechtsverhältnisse waren. Daß man sich inner­ der Protest blieb wirkungslos. hatte, die zwei Simri Frucht bei den Einkünften halb des württembergischen Territoriums darüber eintragen zu lassen, er wußte also ganz genau, daß streiten konnte, ob in Laufen ein Zoll erhoben Im Vergleich mit dieser Gerichtsverhandlung von die Schwestern diesen von ihm verlangten Beweis werden dürfe, scheint uns eine unmögliche Vorstel­ 1483 wird deutlich, wie verhältnismäßig modern der nicht antreten konnten. Auf solche windigen Aus­ lung zu sein. Aber um 1480 waren hierzulande viele erst dargestellte Rechtsstreit von 1581, also nur flüchte fielen die Richter nicht herein, sie bestätig• rechtlichen Dinge nicht schriftlich niedergelegt. hundert Jahre später, gewesen ist. Im Jahr 1483 sind ten vielmehr den Anspruch der Schwestern auf die Hätten die Laufener eine Urkunde der Grafen von viele Rechtsverhältnisse noch nicht schriftlich fi­ Fruchtlieferung. Dieses ganze Verfahren unterschei­ Württemberg vorlegen können, so wäre der Streit xiert, kann ein Streit zwischen zwei Gemeinden vor det sich nicht allzu weit von einem heutigen Zivil­ rasch beendet gewesen, ja, er wäre gar nicht entstan­ das Stadtgericht einer Nachbarstadt gebracht wer­ prozeß. den. Umgekehrt war auch die angebliche Zollfrei­ den (hundert Jahre später wäre ein herrschaftlicher Jakob Rieber war in seinen älteren Jahren ein heit der Balinger noch in keinem Lagerbuch oder Beamter, wohl der Obervogt, beauftragt worden, händelsüchtiger Mann. Zwei Jahre nach diesem anderen Dokument verbrieft. Die Schaffung klarer genaue Informationen einzuholen und der Regie. Verfahren begann er einen langwierigen Streit mit Rechtsverhältnisse, meistens unter Straffung der rung zu berichten, und sie hätte dann entschieden) dem Kloster Beuron, dessen Schaffner er (wie vor herrschaftlichen Ansprüche, wurde um 1500 nicht und wird bei einem zwiespältigen Urteil eines Stadt­ ihm schon sein Vater) war; das bedeutete, daß er die bloß in Württemberg energisch vorangetrieben. Für gerichts das Gericht einer anderen (in diesem Fall Geld- und Naturaleinkünfte des Klosters im Ebinger das Amt Balingen ist 1496 das erste Lagerbuch nicht einmal württembergischen) Stadt als Oberhof und Balinger Raum und im Killertal einzuziehen verfaßt worden, in dem die Rechte des Herzogs in angerufen (bekanntlich gibt es heutzutage gelegent­ und mit dem Klosterhofmeister zu verrechnen hatte. Balingen und den Amtsorten verzeichnet wurden. lich bei den höchsten deutschen Gerichten zwie­ Er frevelte gegen den Hofmeister "mit gewehrter Die in der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts gegründe• spältige Urteile, bloß fehlt dann ein Oberhof), Der Hand" und legte keine Abrechnung vor, weswegen ten Universitäten unseres Raumes (Freiburg 1457, Staat wirkt 1483 noch sehr im Hintergrund; das er als Schaffner abgesetzt wurde. Dann zeigten sich Tübingen 1477), ihre Lehrer und Schüler haben viel Leben, auch das Rechtsleben, ist weitestgehend von erhebliche Abmängel, um deren Abdeckung erviele zur Festigung des Rechts (und zwar eines römisch den örtlichen Gewalten bestimmt. 1581 bestimmt Jahre mit dem Kloster stritt, das nicht bloß den und damit absolutistisch verstandenen Rechts) bei­ der Staat das Rechtsleben, der Übergang zum mo­ Ebinger Schultheißen und den Balinger Obervogt, getragen, (In Klammer sei bemerkt, daß die Straf- dernen Territorialstaat ist vollzogen. sondern auch den Herzog von Württemberg zu Hilfe rief. Erst 1593 wurde wenigstens eine Vereinbarung über die Art und Weise, wie er seine Schulden zahlen wollte, mit dem Beuroner Probst getroffen. Vom Heufeld der Zollernalb Zudem hatte Rieber in den 80er Jahren Streit mit dem hiesigen Pfarrer, weil er nicht zu Beichte und Von Fritz Scheerer Abendmahl ging; er behauptete, er kommuniziere allemal, wenn er auf die Messe nach Frankfurt reise. Das Heufeld auf der Hochfläche der Hohenzollemalb bei Ringingen und Salmendingen hat wohl seinen Das ist wenig glaubhaft, jedoch deshalb interessant, Namen daher, daß auf ihm früher nur Heu, aber kein Ohmd geschnitten wurde. Ähnlich wie auf den weil es etwas über seine wirtschaftliche Tätigkeit vielen "Heuberg" im Albvorland diente das "Heufeld" nach dem Heuet als Weide. Unser Heufeld war ahnen läßt. Im Jahr 1601 ist Jakob Rieber 78jährig Weide für die Orte Salmendingen, Ringingen, und Talheim. gestorben. Mit seiner Frau, die ihm wenige Monate Schaut man auf dem Kleinen Heuberg vom Britt­ Salmendiger Kapelle), der .Bühlberg" (865 m) und im Tod vorausgegangen war, hatte er 56 Jahre im heimer Wasserturm nach Südosten, Osten oder über Ringingen der "Nehberg" (878 m) aufragen. Ehestand gelebt. Nordosten, so steigt zur Sommerzeit über den Ak­ Dieser Beta-Stufe vorgelagert liegt in einer Schicht­ kerfluren mit ihrem lichten Gelb der Kornfelder und mulde als Zeugenberg der Farrenberg, während die 11. den üppigen Obstwäldern über dem Albvorland der nach Nordosten anschließende mittlere Alb durch Die andere Gerichtsverhandlung, die ich vorlege, beherrschende Stufenrand der Alb von der oberen starke Zertalung und durch die bis zum Steilrand lief etwa hundert Jahre früher ab. Sie ist viel knap­ Donau bis Mössingen auf, der der vorgelagerten vorreichende Delta-Fläche gekennzeichnet ist. per überliefert als die vorige, enthält aber eine für Landschaft Größe und Glanz verleiht. über einem All diese Schichtflächen, so auch das Heufeld, die Geschichte Ebingens bedeutsame Aussage Sockel im Braunjura. wo bis zum Dreifürstenstein sind in hohem Maße von dem widerständigen Ge­ (Hauptstaatsarchiv Stuttgart WR 6709). Es ging um dunkle Nadelwälder Heimatrecht haben, krönt eine stein abhängig, die des Heufeldes von den 50-60 m einen Streit zwischen den Gemeinden Balingen und Steilwand die in der Abendsonne leuchtenden Fel­ mächtigen, klüftigen Wolilgeschichteten Kalken (ß), Laufen, den die Parteien vor das Ebinger Stadtge­ sen der wohlgeschichteten Weißjurakalke (ß), Der die sich im Heufeld nach Südosten abdachen 0,4 %) richt brachten. Die Laufener verlangten, die Balin­ noch nicht ganz vernarbte Bergschlipf zu Füßen der ("Schluchten" 838 m, bei Ringingen 785 m), Sehr ger sollten, wenn sie Holz fahren, ihnen einen Holz­ gleißenden Sonnenfelsen verrät, daß auch Berge schön sehen wir die Landschaft vom Raichberg zoll erlegen, den ihnen die Grafen von Württemberg und Felsen nicht für die Ewigkeit geschaffen sind. nach Südosten fallen. verliehen hätten. Die Balinger bestritten die Recht­ Hat man auf einem der gepflegten Albvereinswe­ Wie kommt es nun, daß wir hier in der Südwestalb mäßigkeit dieser Forderung (wirtschaftsgeschicht­ ge von oder von Beuren aus die Höhe solch große Beta-Flächen haben? Seit dem Rückzug lieh ist es bemerkenswert, daß die Balinger ihren erreicht, so zeigt sich nach Südosten die Schaubüh• des Jurameeres wurde der alte Meeresboden geho­ Holzbedarf nicht aus den eigenen Wäldern decken ne mit einem Schlag verändert. Das Waldgebirge ist ben und wurde Landoberfläche (Feldberg mit konnten). Die Verhandlung fand vor "offen verban­ verschwunden. Mit Überraschung sehen wir auf der Grundgebirge 1500 rn, bei Winterlingen Küstenlinie nen gericht" statt. Das ist in älteren Urkunden eine Höhe eine breite Schichtfläche sich ausdehnen, des Tertiärmeeres 770-780 m). In den letzten 20 häufig vorkommende Formel, die besagt, daß die meist Ackerfeld, dazwischen steinige Weiden, wenig Millionen Jahren muß die Südwestalb durch den Verhandlung offen = öffentlich war, es markiert Wald, kein fließendes Wasser, wenig Ortschaften. sogenannten Schwarzwaldschild stark angehoben zugleich einen Gegensatz zum heimlichen Gericht Dieser breite Streifen, der den Rand des Traufes worden sein. Die der Donau zuströmenden Flüsse der Feme; "verbannt" meint, das Gericht ist mit säumt, wird von den Beta-Kalken gebildet und (B ära, Schmiecha, Lauchert usw.) konnten auf den dem Bann ausgestattet, kann gebieten und verbie­ dehnt sich beiderseits des Starzeltales aus. Im Onst­ nach Südosten einfallenden Schichten des Schicht­ ten. Die beiden Parteien lassen sich durch "Bot­ mettinger "Heufeld" (890 m), in "Schnait" (= Durch­ gebäudes stark abtragen, so daß diese einst großen schafter" und "Gewalthaber" d. h. Bevollmächtigte hieb durch den Wald, 850 rn) und im "Ehresfeld" hat Gewässer die Bankkalke abtragen und eine Terrasse vertreten, für die dann wieder Fürsprecher und er eine Breite von 2-3 km. Jenseits des Starzel- oder ausbilden konnten. Das Heufeld ist also eine Fläche. Ratgeber auftreten. Lassen wir nun die Urkunde Killertales (Name von Killer = Kilwilar = Kirchwei­ die durch die Ur-Fehla und Ur-Lauchert herausprä• sprechen: ler) folgt das bekannteste Beispiel der Beta-Schicht­ pariert wurde. So mag hier die Abtragung 300-400 m Schultheiß, Bürgermeister und die Richter zu fläche, das 8 km breite "Heufeld" (800-900 m) bei betragen haben. Also eine gewaltige Leistung! Und Ebingen bekennen: vor ihnen erschienen in offen Ringingen, dessen Fläche im Südosten von Zeugen­ vergleichen wir damit das, was heute geschieht, verbannen Gericht die ehrsamen, weisen Schult­ bergen der Kuppenalb des Salmendiger Rückens dann wird uns erst klar, wie lange Zeit es gedauert heiß, Bürgermeister, Richter und die ganze Gemein- begrenzt wird und in der der Kornbühl (886 m, hat. über 100 Millionen Jahre! Denn die Talbildung Seite 252 Heimatkundliche Blätter Balingen März 1980 setzte erst ein. als sich das Jurameer nach Süden Kornbühls ist eine aus dem 16. Jahrhundert stam­ ordensmeister Jörg Schilling von Cannstatt, daß die zurückzog. Das war vor 140 Millionen Jahren. mende Wallfahrtskapelle. Sie wird erstmals 1507 in Amtsleute von Rosenfeld ihn an der Verleihung der einer Urkunde des edlen Peter Schwelher von Pfarrei verhindert hätten, obwohl er sich schon 1548 Die Ur-Fehla Straßberg genannt, der als letzter seines vom Wie­ erboten habe, sich nach katholischen Priestern um­ Das Einfallen der Schichten nach Südosten hat landstein bei Oberlenningen stammenden Ge­ zusehen. Interimspfarrer war wohl Mlagister) Marx auch den Verlauf der Flüsse und Täler begünstigt. schlechts Priester geworden war (Hohenz. Jahres­ Simeon. Auf der im Nordosten am höchsten gehobenen Alb hefte 1938). Auf dem Berg hauste "1705 ein Eremite, 1551 wurde Severus Berschein Pfarrer in Rosen­ war die Abtragung am stärksten. So trug das ausge­ vorübergehend auch ein Mesmer. Am St. Annatag feld ...Wäh.rend seiner Abwesenheit als Klosterprä• dehnte Heufeld bei Ringirrgen auch einmal rund 300 wurde das Kirchlein in Prozession besucht. wobei zeptorat in Alpirsbach wurde seine Stelle durch m mittleren und oberen Weißjura. Dieser wurde die Pilger Holzscheite oder Reisigbüschel hinauftru­ einen Amtsverweser Diacon Kaspar Ostertag vom fließenden Wasser nach Südosten talab ver­ gen. um den Einsiedler mit Brennmaterial zu ver­ (1559-64) versehen. 1565 erkaufte er die Behausung frachtet. Je mehr unsere Landschaft gehoben wur­ sorgen. der Frauenkaplanei und heißt ausdrücklich Pfarrer de, desto mehr Gefäll hatte das Wasser, desto ra­ Der Renaissancealtar stammt aus der 2. Hälfte des in Rosenfeld. Seine Frau heißt als Gevatterin 1571 scher konnte es ausräumen. Die Schuttmassen wur­ 17. Jahrhunderts. Ihn schmücken die Statuen der die "alte Pfarrin" (Bessert: Blätter d . Württ. Kir­ den als Nagelfluh im Mündungsgebiet der Ur-Fehla Patronin, einer Annaselbdritt, Veronikas und Wen­ chengeschichte. 1934). abgelagert (Inneringen, Emerfeld, Billafingen usw.). delins. Im Antependium ist ein Holzrelief mit der Seit der Reformation war dem Pfarrer zu Rosen­ Darstellung der Fußwaschung (1762). möglicherwei-" ~.iakon beig~geben. Unsere Fehla war ein großer Fluß. ja sie war der feid ein zu dessen Besoldung se von J. Christian. Eine Madonna aus der Zeit um das Vermögen der Isinger Frühmesse gehörte. Die Hauptfluß der Gegend. Das können wir auch bewei­ 1610 wurde vor Jahren gestohlen und mußte ersetzt sen. Wandern wir von Burladingen nach Westen. so Diakone wechselten sehr rasch (1551 Jörg Gümper­ werden. Die Kreuzwegstationen am Fußweg entlang lin, 25. 1. 1555 Peter Orth, 10. 9. 1555 M. Joh. durchschreiten wir ein sehr weites Tal. das unten zum Kegelberg wurden 1885 angelegt. 500 rn, oben über 2 km breit ist. in dem aber ein Fluß Schwägerle, 1556 Georg Weihennecht. 1557 Caspar fehlt. Die heutige Fehla, deren Tal versumpft ist, Ostertag). In Rosenfeld saß nach der Reformation Alte Wege übers Heufeld ein Heiligenvogt. der das Vermögen der Heiligen­ entspringt erst südlich Burladingen. Um eine solch Am Nordfuß des Kornbühls verlief der .Althe­ große Pforte im Gebirge zu schaffen, muß einst ein vogtei verwaltete. Durch zwei Rosenfelder Bürger• chinger Weg". auch Heerstraße genannt, von He­ meister schickte der Vogt 1535 alles. was an Gold stattl iche r Fluß. größer als die heutige Lauchert chingen über Salmendingen und weiter zur Donau. unterhalb Hettingen, hier durchgeflossen sein. Das und Silber im Amt in den Kirchen vorgefunden Jakob Frischlin erwähnt ihn in seinem Gedicht wurde. an die herzogliche Münze zur Bezahlung der Quellgebiet der Ur-Fehla lag im unteren Weißjura "Hohenzollerische Hochzeit". Ein anderer Weg. der auf der viel weiter nach Nordwesten reichenden Landesschulden. Es waren 26 Kelche und ebenso noch als Feldweg besteht, führte von der Kapelle am viele Patenen (Teller für Hostien usw.), 26 silberne. Alb. Erst lange nach dem Einbruch des Rheintalgra­ Friedhof von Ringtrigen ein Stück weit die Salmen­ bens konnte sich die Starzel über Hechingen rück• am .Ra nd kupferne Spangen von Meßgewändern. dinger Straße "bis zu Karies Kreuz und dann weiter zwei vergoldete Kreuze. Alle anderen Ornamente. wärts einschneiden und den ganzen Oberlauf der am Hechinger Kreuz vorbei bis auf die Hechinger Fehla erobern. So ist die große Talwasserscheide wie Meßgewänder und was nicht von Gold und Staig" (J. A. Kraus). Dieser Weg wurde früher viel Silber war. wurde vom Vogt in Verwahrung genom­ zwischen Hausen und Burladingen entstanden und gegangen und wurde vom Postboten in der Woche damit ein günstiger Übergang über die Alb gewor­ men. Es waren über 75 alte und neue Meßgewänder zweimal hin und zurückgelegt von Stetten im Lau­ in den verschiedensten Farben und sechs kupferne den

Nach Luthers Thesenanschlag an der Schloßkirche in Wittenberg geriet auch die Bevölkerung des Kleinen Heubergs in Bewegung. Hinzu kam noch die Vertreibung Herzog U1richs 1519 und damit das damalige Württemberg unter österreichische Verwaltung, die den Abfall vom alten Glauben verhindern wollte. wie aus allerlei Verboten und Erlassen zu ersehen ist. Erst nach der Rückkehr des Herzogs im Jahre 1534 wurde die Reformation offiziell eingeführt. Das Amt Rosenfeld wurde endgültig 1317 von den rina) zu sein. die nach dem Lagerbuch von 1558 Herzögen Konrad und Ludwig von Teck an Graf durch Bischof Hugo 1528 bestätigt wurde. Als Früh• Eberhard von Württemberg abgetreten. Es umfaßte messer wird 1508 Johannes Löw genannt und 1534 um 1300 neben Isingen und der Stadt Rosenfeld die hat sie der Pfarrer inne. Orte Leidringen. Bickelsberg, Brittheim, Beuren Die Frauenkaplanei ist von Hans Ruckenbrot und (abg.), V öhringen, Bergfelden, Wittershausen, Ren­ seinem Vater Hans gestiftet. wann ist nicht gesagt. frizhausen, Trichtingen, Aistaig, Weiden, halb Tä• Genannt wird sie 1470/84. 1534 besitzt diese von bingen und Ostdorf. das von Württemberg nach 1403 seinen Voreltern gestiftete Kaplanei Anselm Sterer zum Amt Balingen, der ehemaligen Schalksburg­ aus Balingen, der 1505 mit ihr belehnt wurde. herrschalt. gezogen wurde. Wohl in der Mitte des 14. Jahrhunderts stifteten Der Martinskirche in Ismgen, das 786 erstmals die Herren von Rosenfeld die St. Georgs-Kaplanei, urkundlich erwähnt wird, kam im Mittelalter eine die alte oder bessere Kaplanei genannt. die 1393 besondere Bedeutung zu . Erst die Gründung der erstmals erwähnt wird. 1473 dotierte sie Junker Wolf Die Gundelrebe oder Gundermann. wie sie auch Stadt Rosenfeld um 1250 im Anschluß an den Berg­ von Rosenfeld (WR. 11777 und 11790). Seine Stiftung genannt wird. erscheint als zierliches, bescheidens sporn zwischen Weingartenbach (ursprünglich Win­ umfaßte ein Lehen mit Ackern. Wiesen. Gärten und Pflänzchen schon im März in unseren Gärten und an terbach) und Stunzach hat dem zentralen Dorf Isin­ Holz (Wald) und 14 Malter Roggen, 11 Malter Vesen, Weg- und Wiesenrändern. Auch in Hecken und gen die alte Bedeutung genommen. Bald verlor es 8 Scheffel Korn. Dazu kamen noch Stiftungen von Gebüschen, die nicht zu trocken sind. tritt sie auf. den Pfarrsitz und geriet auch sonst in Abhängigkeit Bürgern. aus denen Jahrzeiten zu bestreiten waren. Ihr Stengeliegt sich am Boden entlang, bildet kleine von der Stadt. Nominell blieb zwar Isingen bis zur die mit acht Priestern begangen werden sollten Knoten, an denen sich erneut Wurzeln bilden und Reformation Sitz der Pfarrei. Doch wohl schon zu (Lagerbuch 1558). Kapläne waren 1456-87 Erhart aus denen nach oben Aste aufsteigen. die in den Ende des 14. Jahrhunderts wurde der Sitz der Pfar­ Lauther. 1498 Kaspar Butz. 1523-34 Aubrecht Hew­ Blattachseln licht- und rotviolette Blüten tragen. Sie rei nach Rosenfeld verlegt. so daß 1379 zur Versor­ berger (Heuberger) von Rosenfeld. sind kurz gestielt und in Scheinquirlen angeordnet gung des Dorfes auf den Marienaltar der Martinskir­ Eine weitere Pfründe bestand an der Steinbrun­ (Lippenblüten). Die länger gestielten Blätter sind che eine Frühmesse gestiftet wurde. Nach der Refor­ ner Kapelle. die dem Hl. Nikolaus geweiht war. Die rund nierenförmig und leicht eingekerbt. Das mation übernahm der Rosenfelder Diakon die kirch­ Kapelle wurde 1574 abgebrochen. Ihre Pfründe war Pflänzchen hat einen angenehm würzigen Geruch, liche Versorgung von Isingen, Er predigte hier alle schlecht ausgestattet, so daß sie nicht immer besetzt was auf ein ätherisches 01 hinweist. In der Volks­ Sonntage und nahm Taufhandlungen und Begräb• werden konnte. 1508 war Peter Gäbel Pfarrer. er heilkunde wurden gequeschte Blätter zum Heilen nisse vor. Erst 1868. als das Rosenfelder Diakonhaus hatte die "ecclecia" in Rosenfeld zu versehen. die von Wunden verwendet. Außerdem enthält die Gun­ abgebrannt war, wurde Isingen Sitz des Diakons "Capella" in Isingen Martin V ögili. So wurde Rosen­ delrebe Gerbstoffe. die zur Behandlung von Durch­ und erhielt im Jahr darauf wieder eine eigene feld zu Ende des 15. Jahrhunderts durch einen Pfar­ fällen geeignet sind. Sie ist ein unscheinbares Ge­ rer und vier Kapläne kirchlich versorgt. schöpf unserer Natur mit wirksamen Kräften. Pfarrei. . Kurt Wedler Rosenfeld, ursprünglich kirchliche Filiale von Isingen, hatte im 14. Jahrhundert vier Meßpfrün• über reformatorische Bestrebungen vor 1534 lie ­ gen für Rosenfeld keine Nachrichten vor. Der in den. deren Lehenschaft wie die der Pfarrei nach Herausgegeben von der Heimatkundlichen Ver­ dem Aussterben der älteren Herren von Rosenfeld Rosenfeld ansässige Pfarrer hieß 1534 Martin Heu­ berger, Er stammte aus einem Rosenfelder Ge­ einigung Balingen. ganz in der Hand der Rottweiler Johanniterkom­ Vorsitzender: Christoph Roller. Balingen, Am Heu­ mende lag, an die 1299 Werner von Zimmern den schlecht. Am 1. April 1521 wurde er in Freiburg inskribiert und hatte 1525 die Pfarrei inne (Bessert). berg 14, Telefon 77 82. Kirchensatz samt dem zugehörenden Maierhof ver­ Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg kauft hat. Damals war Berthold von Lupfen Kirch­ Sein Einkommen aus der Pfarrei und den zwei Frühmessen war auf 100 Gulden veranschlagt. Von 42. Telefon 76 76. herr. Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jewe ils Die Katharinenpfründe wurde 1328 von Graf Ul­ Blarer, der die Reformation "Ob der Staig" durch­ führte. wurde er nicht beanstandet. Er starb 1545. In am Monatsende als ständige Beilage des " Zollern­ rich von Württemberg gestiftet. Etwas jünger Alb-Kuriers". scheint die Frühmesse (St. Johannes und St. Katha- der Zeit des Interims beklagte sich der Johanniter- ...... idhehe Blätter

Jahrgang 27 30. April 1980 Nr. ..

In den Schluchten des Weißen Jura sind zwei Kräuter Leitpflanzen ersten Ranges: die über­ mannsgroße Waldkarde (Dipsacus pilosus) mit ku­ geligen grauen Blütenköpfchen und die Breitblättri• ge Glockenblume (Campanula latifolia). Dazu kom­ men noch ein paar weitere, die auch in den andern Wald formen auftreten können, wie die Astranzie, der Gelbe Eisenhut (Aconitum lycoctenum) und der Türkenbund (Lilium martagon). Sind die Schluch­ te n eng und sc hattig, so ist die Feuc htigkeit überaus stark. Selbst an regenlosen Tagen trieft alles von Nässe. Schon im September reicht die Mittagsson ne nicht meh r aus, den Tau abzutr ock nen. Sehr charak­ teristisch ist, auch das Auftrete n von gefleckten Blättern an den verschiedensten Pflanzen. Sind die Wände felsig, so sind einige wenige Blütenpflanzen für die Felsschluchtbe stände be­ zeichnend, wie die Ch arakterpflanze der Alb , die Sandkresse (Arabis arenosa) mit blaßvioletten Blü• ten und die we itverbreitete Schuttpflanze, das Rup­ rechtskraut (Geranium Robertianum), der Mauerlat­ tic h (La ctuca murallis), die Stachelbeere (Ribes grossularia), Die Goldnes sel läßt allenthalben ihre klafterlange n Laubsprosse n anmutig über die Fels­ wände herabhängen. Waldlabkrau t (Galium silvati­ cu m) und Baldrian (Valeriana officinatus) sind an den schattigen Felsen regelmäßig anzutreffen. An , Sträuchern Iindetsich die Alpenjohannisbeere (Ri­ bes alpinum) mit ihren hängenden Zweigen. Eine Leitpflanze ist der. Käl berkropf (Anthricus silve­ st ris) . Besonders ' wohl fühlen sich hier die Farne: Wide rton (As plenum trichomanus), Blasenfarn (Cy­ stropteris filix-fragila), Engelsüß (Poly podiurn vul­ Flora unserer Waldschluchten gare) und die edle Hirschzunge (Scolopendum vu l­ Von Fritz Scheerer gare) mit ungeteiltem Blatt, ein ungewöhnlicher Fall bei den Farnen. Noch regelmäßiger treten an tief­ In den engen, tiefschattigen Schluchten an Quel­ Hexenkraut (Circaea lutetiana) bereits eine Anzahl schatt igen Wänden der Fels schluchten, in die sich len und Waldbächen, vor allem in den obersten zierlichster Häkelfrüchtlein entwickelt, die sich bei­ nie ein Sonnenstrahl verirrt, Moose auf. Hier feiern Schichten de s Braunen Jura und den untersten des Tier und Mensch an Fell und Kle ider hängen und sie ihre Feste. In unzähligen Stockwerken baut sich Weißjura findet sich eine Pflanzengesellschaft, die auf diese Art.die gewünschte Verbreitung finden. an den Wänden Nekera crispa, dazwischen die nie­ als Schluchtwald bezeichnet wird. Am Nordhang In den Schluchten des Braunen Jura macht sich derhängenden schwärzlichen oder gelblichen Bü• de s Zollern, in einer Schlucht beim Zollersteighof, 'd ie Erle (AInus glutinosa) und die Esche (Fraxinus schel der Anomeden-Arten, auch das zierlich gefie­ be i Mariazell am Aufstieg zum Zellerhorn, am Nord­ excels ior) besonders geltend, während in solchen derte Hypnum molluscum neben einer Menge ande­ ha ng des Ra ichbe rgs, östlich vom "Hangenden des Weißjura Bergahorn (Acer pseudoplatanus) und rer Moose, die die Stellen überkleiden, an denen das Ste in", im Naturschutzgebiet Untereck be i Laufen, die Ulme (Ulmus campestris) stärker hervortreten. Regenwasser herabzurieseln pflegt. am Schafberg usw., fast durchweg in ,nordwärts Fast alle Standorte in den Schluchten sind sehr gerichteten steilen Runsen und Talanfängen liegen Im Frühling prangt in den Schluchten die Große windstill. Pflanzen mit Flugfrüchten treten daher diese Standorte so tief, daß der weiter ansteigende Schlüsselblume, "Badenke", (Primula elatior) und zurück. Auch der Lichtgenuß ist gering. Bezeich­ Berg oder Fels die Plätze ganz oder zu einem großen die Gelbe Anemone (Anemone ranunculoides). Das nend sind für viele Arten weiße und hellgetönte Teil VOI) der Besonnung ausschließt oder die Sonne unscheinbare Milzkraut (Crysosplenium alternifo­ Blüten (Zwergholunder, SilberblattlMondviole, nur be i hohem Stand in den Wald fallen läßt. Aber liurn) breitet seine Rasen aus. Bald wuchert auch, Springkraut, Bärlauch usw.). Zusammenfassend .trotz des tiefen Schattens herrscht ein erstaunlich ganze Halden mit üppigem Saftgrün überziehend, kann festgestellt werden: reiches und mannigfaltiges Leben. der Bärlauch (Allium ursinum), daneben der Aron 1. In der Baumschicht treten Esche, Ahorn und Sehr hoch ist an diesen Standorten die Luftfeuch­ (Arum maculatum), die Mandelwolfsmilch (Euphor­ Ulme auf. tigkeit. Das zeigen schondie Polster der zahlreichen bia amygdaloides), verschiedene Lippenblütler (La­ 2. In der Strauchschicht sind es vor allem die Moosgesellschaften. Der Grund ist immer feucht mium maculatum, L.haleobdolon), später der Wald­ Holunder und die Stachelbeere. oder wasserzügig (Name "Wasserloch" im Unter­ ziest (Stachys silvaticus) mit seinen purpurroten 3. Neben den Charakterarten der Pflanzengesell­ eck), deshalb fehlt größtenteils die Buche. Das im Blüten, die schöne Aderung der Unterlippe zeigend. schaften der Schluchten hebt sich aus den Beglei­ Boden langsam nach unten drängende Wasser kann Wenn er verblüht ist, lugen deutlich schwarze Sa­ tern heraus: Brennessel, Klebkraut, Geißfuß. bei der starken Steigung des Geländes und der men aus dem Grunde der meist zu sechs in einem 4. Es fehlen vor allem Knollengewächse, darüber drainierenden Wirkung des , mehr oder weniger Quirl beisammen stehenden Kelche. Mächtig breitet hinaus Charakterpflanzen und Begleiter des Bu­ steinreichen Untergrundes nicht stagnieren. Gele­ die Pestwurz (Petasites albus) ihre großen Blätter chenwaldes und die Arten feuchter humusreicher gentlich kann die Oberfläche über die Wasserver­ aus. Da steht das Kräutlein "Rührmichnichtan", das Böden wie Schachtelhalme, Ehrenpreis, Schling­ hältnisse des Bodens täuschen, aber man hört unter Springkraut (Irnpatiens noli mi tangere), in tropi­ baum (Viburnum). dem Boden das Wasser rauschen oder kommt weni­ scher Üppigkeit mit seinen gelben Blütentütchen. 5. Die Lage der Bestände, vorwiegend am Steil­ ge Meter tiefer eine Quelle zum Vorschein. Feuchtigkeitsliebend sind das Scharbockskraut hang unserer Berge, der die vorherrschenden Winde Im Boden überwiegt der grobe Gesteinsschutt der (Ranunculus Iicaria) und die Bachnelkenwurz (Ge­ zum Aufsteigen zwingt, sichert der Gesellschaft Weißjura-ß-Kalke über die Feinerde, die aus humus­ um rivale). Der Geißbart (Aruncus silvester) mit neben einem Jahresniederschlag von etwa 800 mm armen Mergeln besteht. Wegen der allzu starken seinen stolzen, zartduftenden weißen Blütensträu• eine hohe relative Luftfeuchtigkeit, ' wie sie den Neigung des Geländes können sich ke ine nennens­ ßen in den Schluchten des Braunen Jura ist eben­ Bedürfnissen der meist großblättrigen Pflanzen ent­ werten Mengen von Humus ansammeln. Im wesent­ falls feuchtigkeitsliebend. spricht. lichen bleibt der Boden dauernd Rohboden, denn die harten Kalk- und Schwammfelsen des Weißen Jura liegen auf den weichen Tonen des Braunen Jura und dadurch bildet der Weiße Jura dauernd Die Reformation auf dem Kleinen Heuberg einen Steilhang. Immer wieder rutscht neuer Ge ­ steinsschutt nach, meist langsam und unmerkli ch, Von Fritz Scheerer (Schluß) manchmal aber in heftiger Weise, daß die Vegeta ­ tion vernichtet wird. Die Assoziation sitzt auf kalk­ Die St. Georgskapelle in , Bickelsberg, die zur nach Lei dringen kam, und dan 1552 Anselm Sterer, und nährstoffreichem Rohboden. Pfarrei Leidringen gehörte, wird 1322 erstmals er- der einstige Frauenkaplan zu Rosenfeld. Während Luftfeuchtigkeit, Bodenfeuchtigkeit und Nähr• wähnt. Sie wird vom da maligen Ortsherren, dem des Interims war er seines Amtes enthoben. Er legte stoffreichtum des Bodens geben der Pflanzengesell­ Schwarzwaldkloster St. Georgen, errichtet worden in Bickelsberg das erste Taufbuch an. schaft den Charakter einer Hochstaudenflur (s, sein. 1505 wurde die Kaplanei in eine Pfarrei umge- 1556 wurde ein Pfarrhausneubau nötig. Hans Kon- Bild). Im Hochsommer sind es einige Schirmträger , wandelt und neu dotiert. Die Präsentation der Ka- rad von Frauenberg (Gemahl von 'Sophie, der wie der Geißfuß (Aegopodeum podagraria), die En ­ planei bzw. P farrei stand dem Kloster zu. 1534 Schweste r Ursulas von Rosenfeld) und Johann Pür• gelwurz (Angelika silvestris), die Brennessel (Urtica nominierte und präsentierte Württemberg den P far- ling, Untervogt in Ro senfeld , ba ten daher den dioeca), das Silberblatt (Lunaria rediviva). Während rer dem Präla ten von St. Georgen zur Bestätigung. St. Geerger Abt um eine Be isteuer. Doch erst 15791 oben das Träubch en noch blüht, "hat sic h be im P farrer waren seit 1533 Veit Walter, der als Kaplan 80 konnte unter Pfarrer Molitor ein Haus erbaut Seite 254 Heimatkundliehe Blätter Balingen April 1980 werden "mit sehr ausgedehnten Stallungen, Scheu­ verwarnt werden. Die Zeit brachte aber trotzdem alten Glauben erhalten. An der Stelle, wo sich d ie ne und Futterräumen, dagegen mit sehr bescheide­ viele Veränderungen. Die Katharinenkaplanei blieb beiden Züge begegneten, habe man die drei jetzt nen Wohnräumen, einer Stube und einem Neben­ ab 1540 meistens unbesetzt. noch stehenden Kreuze errichtet. stüblein". Das Haus wurde dann bei dem Tod des Sämtliche evangelischen Pfarreien des Kle inen Pfarrers (um 1590) von der Gemeinde übernommen Erlaheim, das bisher zur Pfarrei Isingen-Rosen­ Heubergs wurden am 1. August 1547 dem neu • und gegen das alte Pfarrhaus vertauscht. feld gehörte, wurde der Pfarrei Binsdorf zugeteilt. eingerichteten Evang. Dekanat Bahngen zugewie­ Die Pfarrer waren 1562 M. Konrad Pfeyll, 1565 M. 1388 wurde vertraglich festgelegt, daß der Rosenfel­ sen, so daß dieses außer dem Kern des alten Ober­ Ca spar Scharpff, 1569 Andreas Beck, ihm folgte Joh. der Leutpriester jeden zweiten Sonntag sowie zu amts Balingen auch V öhringen, Aistaig und Flözlin­ Müller (Molitor). Weihnachten in Erlaheim die Messe lesen und die gen (im Eschachta\), sowie die Pfarreien Bergfelden, Die Pfarrei Brittheim wird erstmals 1275 erwähnt. sonstigen Amtshandlungen vornehmen soll. Als Bickelsberg mit Brittheim, Leidringen mit Roten- ~ Die Pfarrer zu Beginn des 16. Jahrhunderts waren aber die Johanniterpfarrei Isingen-Rosenfeld evan­ zimmern, Rosenfeld mit Isingen und Trichtingen 1508 Georg Zafelstein, 1510-1534 bzw. 1542 Jakob gelisch geworden war, hätten die Erlaheimer nach umfaßte. Die Letzteren wurden 1824 an das Dekanat Heuberger (s. oben) aus Rosenfeld. Zwischen 1542 einem sagenhaften Bericht nirgends Anschluß an .S ulz abgetreten, wie später auch Aistaig und Vöh- und 1545 wurden die Pfarreien Brittheim und Bik­ eine katholische Gemeinde gefunden und hätten ringen, während Fl öztingen 1878 zum DekanatTutt­ kelsberg vereinigt. 1550 starb Heuberger in dem daher ebenfalls zur Reformation übertreten wollen. lingen kam. Lediglich T äbingen, das nach Auflö­ neuerbauten Pfarrhaus, das 1560 leerstand und zu­ Sie seien bereits im Begriff gewesen, im festlichen sung des Oberamts Rosenfeld (1808) zunächst zum nächst zur Lagerung der Zehntfrüchte benutzt und Zug zur Isinger Kirche zu pilgern. Als die Binsdorfer Oberamt Balingen, ab 1810 zum Oberamt Rottweil dann 1624 verkauft wurde. dies merkten, seien sie ihnen mit Kreuz und Fahnen zählte, gehörte darüberhinaus kirchlich noch zum Auch die Pfarrei Bubenhofen wird erstmals 1275 entgegengezogen und hätten so die Erlaheimer dem Dekanat Bahngen. erwähnt. Zu ihr gehörten die Burgbewohner, die Müller des Stunzachtales und einige Häusler. Würt• ternberg führte gegen den Willen der katholisch gebliebenen Herren von Stotzingen die Reformation Confessio -Krypta - Gruft durch, indem man sich darauf berief, die Kirche stehe eindeutig auf württembergischem Territo­ über die Entwicklung der Krypta)n den alten Kirchen rium.. Die Pfarrei blieb aber unbesetzt und wurde schließlich das Pfarrhaus verkauft. 1559 gab Jakob Das erhebende Gefühl, das den Menschen erfaßt, Heuberget von Rosenfeld aus dem von ihm erkauf­ wenn er einen Berg mit einer umfassenden Weit­ ten Häuslein, Scheuerlein, Gras- und Krautgarten 10 sicht bestiegen hat, und das Glück, dort noch einen Schilling Urbarzins (Württ. Vierteljahreshefte 1882). Sonnenaufgang oder -untergang zu erleben, gehört Die Kirche war schon 1563 fast ganz verfallen und mit zu den Höhepunkten des Lebens, wo einen das um 1690 nur noch ein Steinhaufen. Numinose zu berühren scheint, und wo man die Die Leidringer St. Peterskirche, auf der Stelle Allmacht des Schöpfers zu spüren bekommt. Man eines römischen Gutshofes, wird 1179 erstmals er­ könnte wohl in übertragenem Sinn mit den Kna­ wähnt. Der Kirchensatz gehörte damals dem Kloster ben der "Zauberflöte" in ihren Gesang einstim­ St. Geergen. das auch den halben Großzehnt besaß. men: "Dann ist die Erd ein Himmelreich und Der Pfarrei gehörten zwei Leidringer Lehen. Sie Sterbliche den Göttern gleich ..." bezog Gülten aus Bickelsberg und Zehnten aus Ganz anders, aber nicht weniger erhebend. kann Rosenfeld. Besetzt wurde sie nach der 1535 durchge­ das Erleben in der Kontemplation oder der Medita­ führten Reformation von Württemberg und wurde tion sein. also im Abschirmen nach außen und im 1547 dem Dekanat Balingen zugeteilt. Ab 1824 kam Versenken in ein mystisches, gottverbundenes In­ sie dann zum Dekanat Sulz. Ende des 15. Jahrhun­ nenleben. Dazu kann das stille Kämmerlein. eine derts hatte sie einige tüchtige Pfarrer wie camera­ Kapelle, ein Kirchenraum und vor allem eine Krypta rius Thomas Pflüger, den Stifter einiger Pfründen in dienen, also ein abgeschirmter Raum, ein verborge­ der Sulzer Gegend. 1534 hat die Pfarrei Christ Mayer ner Raum. Das ist auch die Bedeutung des griechi- . von Leidringen inne, der nach Bossert geblieben ist. schen Wortes "Krypta". Bis 1505 war Bickelsberg nach Leidringen einge­ Da und dort begegnet man in alten Kirchen noch pfarrt. Zwischen 1535 und 1543 wurden Kleinenzim­ solchen Krypten, die fast alle aus vorromanischer mern (abg. im Schlichemtal), Rotenzimmern und oder romanischer Zeit stammen. In frühgotischer Täbingen, deren Mutterkirche Gößlingen katholisch Zeit hat man begonnen, die dort aufbewahrten Reli­ quien in die Altäre der Kirchen heraufzunehmen Michelstadt: Einhardsbasilika blieb, der Leidringer Pfarrei zugeteilt. (s, unten). 1570-72 gab jede Hofstatt dieser Orte dem Pfarrer und dort einzufügen. Deshalb sind auch manche alte mengewirkt haben. Nach der allmählichen Verdrän• drei Viertel Vesen und ein Viertel Hafer. Krypten zugeschüttet oder sonstwie für den Zugang gung des iro-schottischen Christentums, das teilwei­ Eine Frühmesse auf den Marienaltar der Pfarrkir- . gesperrt worden. Die Krypta hat sich wahrschein­ se noch an überlieferten keltisch-germanischen che wird 1423 erwähnt. 1450 wird sie von Kaplan lich aus den Märtyrergräbern der Katakomben ent- Glaubenselementen festhielt, hat sich wohl auch bei Klaus Fridinger, 1508 von Konrad Schappel verse­ . wickelt. Ihre früheste Form ist die "Confessio". also uns der römische Charakter der Krypta durchge­ hen. 1533 hat sie Witt Walter inne. Von diesem wird das unter dem Hauptaltar im Chor angelegte Märty• setzt, deren Bauweise aus der Confessio hervorging. später berichtet, er habe konvertiert und sei auf dem rergrab oder das Grab des Gründers oder des Titel­ In Italien gab und gibt es, ganz selten auch nördlich Weg nach Rosenfeld erschlagen worden, der Täter heiligen der Kirche. Beim Umschreiten des Altars der Alpen, die Art, daß der kastenförmige Altar sei entkommen. (StA. Ludwigsburg ältere Kirchen­ konnte man durch eine Offnung (Fenestella) zu dem ausgehöhlt ist, in dem sich das Märtyrergrab befin­ akten 1606). Das Frühmeßhaus wurde 1556 an Mi­ Grab hinunterschauen. Erstmals ist eine solche Con­ det, das durch Offnungen im Altar sichtbar gemacht chel Mayr verkauft um 20 Gulden und eine jährliche fessio aus dem Jahr 440 'genannt, wird. Abgabe von zwei Scheffeln Haber und einer .Fast­ Es wird auch die Ansicht vertreten, daß die Kryp­ Aus dieser Art der Reliquienverehrung in der nachtshenne. Das Haus brannte 1558 ab. ta aus unterirdischen keltischen Kultstätten hervor­ Confessio entstand die sog. Ringkrypta. Man verleg­ gegangen sei, vor allem in Irland. Dort sei sie von te einen im Halbkreis um das Reliquiengrab geführ• Die neue Kaplanei zum Hl. Kreuz wurde 1505 von den iro-schottischen Mönchen weiterentwickelt und ten Gang in dieTiefe mit zwei Zugängen. In Seligen­ Pfarrer Thomas Pflüger und seinen Erben gestiftet dann von ihnen bei uns in den Klosterkirchen stadt

Konstanz: Krypta im Münster -, parallel zum Chor nach Osten und schloß sie im rechten Winkel unter dem Ende des Chores in einer Reichenau Oberzell Krypta in Oberstenfeld kleinen Halle, die mit vier Säulen (später erweitert durch zwei Säulen) und einem Kelchgewölbe über AhnIich ist die Anlage auf der Reichenau in Ober- mit der Krypta in Oberstenfeld im Bottwartal, und den Säulen abgestützt ist. So entstand die Hallen­ . zell, die am Ausgang des 9. Jahrhunderts entstanden hier deutet sich mit den Schaftringen an den zwei krypta. Das Märtyrergrab des hl. Pelagius springt im ist (Bild 5, 6). Am Ende des Mittelschiffes gehen zwei Säulen auch schon die Frühgotik an und damit das Grundriß nach Westen vor und liegt direkt unter Treppen in die Tiefe, deren anschließende Gänge im Ende der Epoche, in der Krypten gebaut wurden dem Hauptaltar. Hier ist Meditation und Kontem­ rechten Winkel zusammenstoßen und dann in ei­ oder bei der Lorscher Klosterkirche der Außenkrypta, die außerhalb der eigentlichen (Gruftkirche) oder in Werden an der Ruhr (Ludgeri­ Krypta im Osten angelegt waren, wollte man dies denkrypta) angelegt wurden. Wie ihr Name sagt, lag vermeiden. Man sollte aber diese Räume als "Gruft" sie außerhalb des Kirchengrundrisses und zwar bezeichnen, wie dies auch später, vor allem für die Grablege von Fürsten und Königen geschah. östlich des Chores, bzw. östlich der Krypta, die Die Hirsauer Bauweise kennt die Krypta nicht. zunächst ausschließlich dem Märtyrergrab vorbe­ halten war. Die Außenkrypta diente als Grablege Daher finden wir in Hirsau selbst, in Alpirsbach, Klosterreichenbach, Zwiefalten u. a. Klöstern, die von Bischöfen, Abten und von weltlichen Würden• zur Hirsauer Kongregation gehörten, keine Krypten. trägern. Das Vorbild von Hirsau war Cluny in Burgund. Wir haben' schon in Konstanz gesehen, daß die .dessen Reform sich Abt Wilhelm von·Hirsau ange­ Hallenkrypta im 12. Jahrhundert um zwei Säulen schlossen hatte, und auch die Cluniazenser bauten erweitert wurde. Das geschah im 13. Jahrhundert keine Krypten. Wolf und Hans (die älteren) von Bubenhofen Von Fritz Scheerer Die Herren von Bubenhofen waren in unserer Gegend um die Wende vom Mittelalter zur Neuzeit durch Reichtum und Ansehen ein ausgezeichnetes Geschlecht, das sich auch viel am württembergischen Hof aufhielt. Nach der Reformation zogen sie sich von da zurück und bekleideten in Österreich und in geistlichen Staaten ansehnliche Zivil- und Militärämter, bis die männliche Linie am 2. Juni 1814 mit Johann Nepomuk Wilhelm Clemens von Bubenhofen, Generalmajor und Inhaber eines Chevaulegerregi­ ments, in Bamberg ausstarb. Sein einziger Sohn war bereits am 23. Dezember 1799 in einem Treffen gegen die Franzosen bei Wiesloch gefallen. Als Wappen führte das Geschlecht jezwei fünfmal gebrochene Konstanz: Krypta im Münster rote Querbalken in silbernem Feld. Im .Bubenhoter .Tal" (Stunzach) fanden sich in eigen. Sie schenkten Württemberg einige Männer den letzten Jahren noch geringe Spuren einerschon von gutem Namen. Als Stammvater der Bubenho­ 1555 "gar abgegangenen Burg". 1623 ist nur noch fen wird ein "Volchardus de Bubenhoven" angese­ eine zerfallene Kapelle mit Grabsteinen des einst hen, der 1190 ein Gut in Banzenreute (Überlingen) dort wohnhaften Geschlechts vorhanden. Als letzter an das Kloster Salem verkaufte. Die ersten Buben­ Rest des Burgweilers ist die Heiligenmühle übrigge• hofen im Rosenfelder Tal waren die Brüder Werner blieben. Mit dem Namen des Wirtshause's "Zur und Gero, die 1241 Zeugen der Grafen Ulrich und Burg" wid die Erinnerung an den Herrensitz wach Eberhard von Württemberg waren, als diese dem gehalten. Auch anderwärts stoßen wir immer wieder Kloster Heiligkreuztal einen Hof in (Langen-Iflnslin­ auf bubenhofische Zeugnisse (Geislingen, Urach, gen eigneten (WUB IV, 11 ff.) In den folgenden Amanduskirche usw.) Jahrzehnten werden dann Angehörige des Ge­ Die Markierung des Burgweilers Bubenhofen schlechts als Zeugen bei Verkäufen und Schenkun­ wurde schon 1465 so geteilt, daß die Stunzach die gen in Roßwangen, Anhausen (abg. bei Ostdorf), Markungsgrenze zwischen den Städten Rosenfeld Hart, Binsdorf, Rosenfeld usw. genannt. Schon in und Binsdorf bildete. Die Burg fiel an Binsdorf, die der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts konnten sie Kirche an Rosenfeld, das zu jahrhundertelangem Geislingen erwerben. Der Stammsitz im Rosenfel­ Streit zwischen Württemberg (Rosenfeld/Isingen der Tal wurde nun allmählich (bis 1429 ganz) aufge­ 1317 w ürttembergisch) und Österreich (Binsdorf bis geben. 1805 österreichisch) Anlaß gab (siehe auch Heimat­ Es wird aber nicht Geldmangel der Bubenhofen kundliehe Blätter Oktober und November 1974). gewesen sein, der sie zum Verkauf des Stammsitzes Wie bei vielen adeligen Familien des Mittelalters trieb, denn wir finden sie in der Folgezeit öfters als war es auch bei den Herren von Bubenhofen: Auf­ Bürgen, Gläubiger oder waren Güter an sie verpfän• stieg und Verfall. Nicht unbedeutenden Besitz det, wie (Jahr nicht genannt) die Feste Kallenberg Reichenau Oberzell nannte sie in Württemberg und Hohenzollern ihr mit dem Hof Gründelbach, das Städtlein Nusplin- Seite 256 Heimatkundliche Blätter Balingen April. 1980 gen, die Dörfer Obernheim, Dormettingen, Erlaheim Aufstand der Bauern des Balinger Amtes gegen den vom Hofgericht Rottweil in die Güter eingewiesen. und Bronnhaupten um 1500 lb. hlr. (Pfund Heller). "Pfandherrn" kam. Er mußte nach Rottweil fliehen 1527 kam der um Geislingen liegende Besitz an die Sie konnten Neuerwerbungen tätigen, so 1390 Hein­ (Zimmerische Chronik). Dort besaßen d ie Bubenho­ Herren von Stotzingen. rich von Bubenhofen die Burg Falkenstein im Do­ fen den Bockshof. Um einem Angriff der Rottweiler, Es war ein stattlicher Besitz, den Wolf von Buben­ .nautal mit den Dörfern und Weilern Falkenstein die auf Balingen ni cht gut zu sprec hen waren, hofen (der Jüngere) sein eige n nannte: Schloß und (Kreen-) Heinstetten, der Mühle zu Neidingen u. a. zuvorzukommen, legte Graf Ulrich von Württem• Dorf Geislingen sam t dem Kirchensatz, Bronnhaup­ Die Herkunft des Reichtums der Bubenhofen ist berg Truppen in die Stadt. Der Bischof von Kon­ ten, ein Haus und eine Mahl- und Sägemühle in unbekannt. Sie verstanden sich offenbar auf Geld­ stanz vermittelte bei den langen Streitigkeiten. Balingen, zwei Häuser in Rottweil, den Zehnten in geschäfte, denn ihr Vermögen wurde immer ansehn­ Nach fünftägiger Verhandlung kam es dann zu einer Dormettingen u. a. .. Hans von Stotzingen habe licher. 1383 zahlte Graf -Friedrich von Zollern, ge­ Einigung. ' Graf Ulrich zahlte 20 000 fl. Rottweiler dann später diese Güter wieder so heraufgebracht, nannt Mülli, und die Stadt Balingen 2000 lb. hlr. von Währung als Pfandsumme an die Bubenhofen. Das daß sie auf 80000 fl geschätzt wurden, während Wolf einer Schuld mit 3000 lb. hlr. an Heinrich von Amt Balingen brachte aber hiervon den größtenTeil von Bubenhofen in Armut starb. über die Vermö• Bubenhofen zurück. auf, es löste sich also selbst aus. "Solch Geld und gensverhältnisse und die wirtschaftliche Lage der Unkosten mußten die im Balinger Amt erlegen", Herren von. Bubenhofen sind im Staatsarchiv in schreibt die Zimmerische Chronik, "und das hätten Stuttgart die Reste einer "Registratur des Ritter­ Wolf von Bubeobofen sie an ihrer Ufruhr und Meuterei gewonnen". 1468 hauptmanns des Viertels am Neckar" aus der Zeit Ein Sohn Heinrichs war Wolf, der zu den bede ­ war die Schuldsumme zurückbezahlt. . von 1488 bis 1501 eine Quelle ersten Ranges. Die tenden Männern des Geschlechts gehört. Er war im Mitglieder des Viertels gaben Einkommenserklä• Besitz von Burg und Dorf Geislingen, Schloß Fal­ Trotz dieser Streitigkeiten kam es zu keiner blei­ rungen ab. Das Geschlecht der Bubenhofen (5 P er­ kenstein, der Dörfer Dotternhausen, Roßwangen benden Entfremdung zwischen Graf Ulrich und den sonen) m it 3260 Gulden' (Hans Caspar 9110,Wolf 960 (Kreen-) Heinstetten und Weiler, der einen Hälfte Bubenhofen. Schon am 5. Dezember 1468 verkaufte Y.!, Hans Hainrich 758 Y.! ,Hansens v. B. Witwe 400 von D ürrwangen. der P fandschaftBallngen (s. un­ Graf Ulrich den Brüdern Hans und Konrad die und Mutter von Hans Hainrich 155 g) hat eine ten) und anderer Güter. Auch in Rosenfeld hatte er Burg en und Städte Gammertingen und Hettingen dreimal so hohe Su m me von Einkünften und damit 1407 Besitz. Von den dortigen Gütern, die im An­ mit zugehörigen Dörfern, -samt der Vogtei über an Steuerkraft für den Bund als Graf Eitelfritz von schlag zu 60 Gulden (0.) waren, gab er 3 fl.Steuer Mariaberg um 14500 fl. Beide Brüder erwarben auch Zollern. Die Herren v. Rosenfeld (Jörg 121, Wolf 80, (Pfaff), In Engstlatt war neben dem Selhof des in jenen Jahren Güter und Rechte in Werner 50 g) oder die von "Wähingen" (Wehingen) Klosters Alpirsbach der Frei- oder Weisenhof ein und Hirrlingen, (Hainrich 37 g) haben fast durchweg nur ein Ein­ bemerkenswertes Gut. Er war im Besitz der Buben­ kommen, das etwas höher ist als das übliche eines hofen. Wolf kaufte dazu um die Mitte des 15. Jahr­ 1468 einigte sich Graf Ulrich mit Hans von Buben­ Pfarrers am Ende des 15. Jahrhunderts (45~50 g). Die hunderts etliche Lehen von einem Herrn Freiburger hofen, daß das Gericht von Dürrwangen von den Sippe Bubenhofen zählte um 1488 im Viertel des aus Rottweil. beiderseitigen Amtleuten (eine Hälfte Dürrwangens Neckars zu den reichsten Geschlechtern, denen mit Wolf beanspruchte 1417 Rechte in Fluorn, Sig­ war seit 1403 württembergisch), die sich im Stabhal­ Abstand d ie Herren von Neuneck (141 g) und die marswangen und anderen Dörfern und geriet da­ ten (Vorsitz) abwechseln sollten, gem einsam zu be­ von Ehingen (1411 g) folgen. durch in Fehde m it den Geroldseckern von Sulz setzen sei (WR 6798 und 6827). Zur Bubenhofer (OAB . Oberndorf und Sulz), nachdem er sich des Hälfte gehörten nicht nur die dortigen einstigen Beistandes der Gräfin Henriette, Witwe Graf Eber­ Güter des Klosters St. Blasien, sondern auch der hard des Jüngeren von Württemberg, versichert Dinghof des elsä ssischen Klosters Ottmarsheim, die Knoblauchshederich hatte. Er erhielt dann noch Hilfe von etwa 100 zusammen aus sieben Erbhöfen mit 204 J auchert (Alliaria offizinalis) Rittern und 11 Reichsstädten, während zu den Ge­ Äcker, 85 Mannsmahd Wies en und 48 J auchert Holz roldseckern mehr als 60 Ritter hielten, an ihrer bestanden (KBSchr. 11. S . 365). 1527 kam der buben­ Spitze der Ottinger von Zollern. Nach vergeblichen hofische Halbortsteil an die Herren von Stotzingen Schlichtungsversuchen und Waffenstillständen und erst 1553 an Württemberg. wurde Sulz eingenommen und Albeck belagert. Erst 1423 kam dann ein Friedensvertrag zustande. . Hans von Bubenhofen war mit Ottilie v. Bach zu 1438 erwarb Wolf Rechte in Mühlheim a. B. und zu Buchheim verheiratet. Er war eine bedeutende Per­ Renfrizhausen als Pfand der Herren von Gerolds­ sönlichkeit, wenn nicht die bedeutendste des. Ge­ eck. In ' Bahngen besaß er die Bubenhofer (1527 schlechts. Er war württembergischer Landhofmei­ Stotzinger) Mühle unterhalb der Kirchbrücke, vor ster und gehörte zu den fünf Räten, die während der dem unteren Tor gelegen. Mit der Stadt kam er 1426 Pilgerfahrt des Grafen Eberhard im Bart im Jahre überein, daß er die 'Brü cke über den Mühlkanal 1468 die Regierung bildeten. In der Zimmerischen unterhielt, solange für die Mühle nicht ein eigenes Chronik heißt es: "Hanns von Bubenhofen in aim Wehr erstellt ist (WR 6642). Er war in jenen Jahren guten vermögen, dann Hettingen und Gammertin­ im ganzen Land als Schiedsrichter tätig, so 1429 gen, deßgleichen Falkenstein und Geislingen mit oder 1443 im Streit zwischen Heiligkreuztal und dero jedes zugehörden hat er alles allain one ver­ Waldburg (WR 2413) oder 1458 bei dem Bund der schrieben und frei aigen", Wenn er die Anerbieten Grafen von Württemberg mit Herzog Sigm und von des Grafen Werner von Zimmern, ihm einen Teil Österreich, 1460 bei einem Vergleich zwischen Eber­ seiner Herrschaft zu verkaufen, stolz zurückwies, so hard von Württemberg und Pfalzgraf Friedrich usw. zeugt dies davon, 'daß er sich se iner Stellung und Den größten Teil der Güter und Rechte des elsäs• seines Besitzes bewußt war. Die Zimmerische Chro­ sisehen Klosters Ottmarsheim in der Balinger Ge­ nik wirft ihm zwar Hochmut vor; als Landhofmei­ gend kaufte Wolf auf. 1451 erwarb er von di esem ster habe er sich "ganz prachtlieh und überrnüetig Kloster das Patronsrecht auf die Kirche in Burgfel­ gehalten". . den' mit den Filialen bzw. Kapellen auf der Schalks­ burg, in Pfeffingen, S tre ichen, Zillhausen, Aufh ofen Hans von Bubenhofen konnte 1469 Gra f Ulrich (abg.) und Oberwannental, samt den Dinghöfe n zu vo n Württemberg 1000 fl. leihen. Im selben Jahr Burg felden, Dürrwangen und Dotternhausen, Gül­ erwarb er für einige Zeit pfandweise die Herrschaft ten und Zinsen, d ie er vertausc hte gegen Kirche und Kallenberg, 1473 Willmandingen um 1200 fl. und den Kirchensatz in se inem Do rf Geislingen, wobei er Hof zu Erpfingen um 20 fl., vertauschte aberletztere aber die Dinghöfe, Gülten usw. für sich behielt 1474 gegen Teile von Neufra und Kettenacker und (OAB. Balingen S. 313). Geislingen war bisher Filiale , den Burgställen Vorder- und Hinterlichtenstein (bei der Medarduskirche von Ostdorf undwurde nun zur Neufra) (WR 13841). 1478 lieh Hans dem Grafen selbständigen Pfarre i erhoben. Dererste Pfarrerwar Eberhard d . Alteren 4000 fl. 1481 wurde ihm von Heinrich Hügel (1464-1490). Geislingen wird als Sitz Graf Eberhard dem Jüngeren die Schalksburg als Pfand gegeben, die dann nach 30 Jahren von Graf Feste genannt und war 1464 geschlossen in der Der Knoblauchshederich, auch Knoblauchsrauke Hand der Bubenhofen. Eine große Wasserburg mit Eitel Friedrich 11. von Zollern um 6000 fl wieder oder einfach Knoblauchskraut, darf nicht mit dem zwei Wassergräben wurde gebaut. eingelöst wurde. Bärenlauch oder Waldknoblauch (Allium Ursinum) 1461 verpfändete der geldbedürftige Graf Ulrich Im selben Jahr verstarb er in Urach, wo er in der verwechselt werden. Beide haben einen starken von Württemberg, Balingen mit Ostdorf, Engstlatt, Knoblauchsduft. Unser Knoblauchshederich gehört Heselwangen, Frommern, Waldstetten, Weilheim, Nische der Amanduskirche westlich der Brauttüre beigesetzt wurde. Sein Wappen und sein Toten­ zu den Kreuzblütlern und hat seinen Namen von Endingen, Erzingen, Meßstetten, Hossingen, Tierin­ diesem Knoblauchduft, den dem Hederich ähnli• gen und Oberdigisheim um 12 000 fl. an Wolf von schild zieren die Stätte. Auf einem Glasgemälde in der Taufkapelle ist er neben Johannes dem Täufer chen weißen Blüten und -d en vierkantigen langen Bubenhofen (OAB. Balingen S . 283). Die von Balin­ Schoten. Der Waldknoblauch dagegen ist ein Lilien­ gen und d ie zugehörigen Dörfer wurden angewie­ kniend dargestellt (OAB. Urach S. 529). Auch in der Tübi nger Stiftskirche befindet sich am ersten Fen­ gewächs. Die Grundblätter sind nierenförmig,wäh• sen, Wolf von Bubenhofen zu huldigen (WR 6673). rend die Stengelblätter herzförmig und gezähnt Bald darauf scheint Wolf gestorben zu sein. Eine ster des Chors ein auf Hans von Bubenhofenlauten­ des Spruchband. Sein Bruder Konrad war schon sind. - Die weißen Kreuzblüten mit vier Kelch- und Schwester Wolfs war Ursula von Bubenhofen, die vier Blütenblättern stehen in einer Doldentraube an mit Mark von Hailfingen (Hohenentringen) verheira­ vorher gestorben, nachdem er 1474 Leinstetten ge­ kauft und die halbe Burg Lichtenfels im Glattal der Spitze des Stengels und seinen Nebentrieben. tet war, dem sie 19 Kinder schenkte. Wolfs Bruder Die Spitze streckt sich im mer mehr mit neu gebilde­ erworben hatte. <, Konrad hatte Güter und Rechte um Grosselfingen teten Blüten, während die bestäubten Fruchtknoten (Haim burg), Ow ingen, Stetten, Steinhofen und ihre bis zu 6 cm langen Fruchtknoten entwickeln . Engstlatt erworben. Hans von Bubenhofen hinterließ se inen Söhnen Wolf und Hans Kaspar ein reiches Erbe. Wolf bekam Unser P flänzchen kann bis zu 1 m hoch werden und Falkenstein und Geislingen m it Zugeh örden. Hans wächst in feuchten Hecken, Sträuchern, an Waldwe­ Hans von Bu benbofen Kaspar Hettingen und Gammert ingen mit zu gehöri­ gen u nd Mauern und erscheint im April. Als Würz• Nach Wolfs Tod erbten Konrads Söhne Hans und gen Dörfern. Die Schalksburg hatten sie gemein­ kraut für Suppen u nd Salate wird es hie und da noch Konrad den Gesamtbesitz; die Haimburg mit Zube­ schaftlich im Pfandbesitz bis 1511 (s, oben). Zu verwendet. Kurt Wedler alldem fanden sie noch 12000 fl in Gold vor, samt # "- - hör, die Herrschaften Geislingen, Dotternhausen + ~ und Roßwangen, die Hälfte von D ürrwangen. die einer reichen Fahrnis, "alles unverkümmert". Die l1Ietausgegeben von der Heimatkundlichen Ver­ Herrschaft Falkenstein , d ie Balinger' Pfandschaft 12 000 fl verpraßten sie aber auf der nächsten Frank­ einil:ung Balingen. · ' , und Streubesitz. 1465 trat dann Hans von Bubenho­ furter Messe. Ihre Neigung zur Prachtentfaltung Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu- fen se inem Bruder Konrad die Pfandschaft der brachte Schulden über Schulden. 1516 mußte Wolf berg 14, Telefon 77 82. . Stadt mit den zugehörigen Dörfern und Dürrwan• die Herrschaft Falkenstein verkaufen, der trotz wei­ Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg gen gegen Überlassung von 7 000 fl. Forderungen terer Verkäufe in immer größere Schulden geriet. 42, Telefon 76 76.- ab. Wenn schon Wolf von Bubenhofen ein gewalttä• 1503 und 1514 finden wir ihn zwar noch als Oberv ogt Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils tiger Mensch gewesen zu sein scheint, so war sein von Bah ngen. Seine Gläubi ger und Vettern Wendel am Monatsende als ständige Beilage des "Zollern­ Neffe Konrad noch schlimmer, so daß es 1465 zum 'von Hallfingen und Hans vo n Weitingen wurden Alb-Kuriers ". ·...... idhche Blätter

Jahrgang 27 • 31. Mai 1980 Nr.5 Burgtelden im Mittelalter Von Fritz Scheerer Auf der Hoc-"Iäche der Böllatalb, einige 100 Meter vom Steilrand abgerückt und von größeren Ansiedlungen ~. eit entfernt, Ii.t das Dörfchen Burgfeiden, eines der höchsten Dörfer der Alb (912 m), Der Name dies s kleinen abge~genen Dorfes, in nächster' Nachbarschaft der Schalksburg, hat in der Geschichte, vo . allem in der Kunstgeschichte einen guten Klang. Birgt doch die alte Michaelskirche reiche Reste flilhmittelalterlicler Wandmalereien, die zu den wichtigsten Bildschöpfungen ihrer Zeit gehören. Darüber hinaus hat der nicht leicht erreichbare Ort mit seiner bedeutsamen Pfarrkirche auch als Herrensitz eines mächtigen Dynastengeschlechts schon in der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts in unserer Heimat eine nicht unbedeutende Rolle gespielt. Burgfelden hatte bereits in frühmittelalterlicher Die Burgfelder Pfarrei war reicher und mächtiger Zeit eine Hauskirche eines hochadeligen Ge­ als die Peterskirche, das zeigte sich im liberdecima­ schlechts, das neben der Kirche einen Herrenhof tionis vom Jahre 1275, nach dem die Einkünfte der besaß. Bei Grabungen, die 1848 in der Michaelskir­ Burgfelder Pfarrei 45 Pfund Heller betrugen, wäh• che stattfanden, wurden verschiedene Gräber ge­ rend' die der Balinger Kirche nur 20 Pfund Heller funden, 'abe r ausgeraubt. Bei weiteren Grabungen waren. Darum war auch Burgfelden eine begehrte im Jahre 1893 wurden 5 Gräber aufgedeckt: 3 aus Pfarrei. Im 14. Jahrhundert war sie zweimal an die Kalktuffplatten gefügte Kindergräber ohne Beiga­ .Grafen von Zollern vergeben. ben, I Brettersarg mit einer Mädchenbestattung und Im Frühmittelalter war der Bergstock von Burg­ nahe dem Altar ein aus Mauerwerk errichtetes Dop­ felden von einem Kranz von -hausen-Orten umge­ pelgrab, das von einem mit Feldsteinen aufgesetzten ben: Zillhausen (793 genannt), Bezenhausen (1496 Mauerring kreisförmig umgeben war. In diesem abgegangen), Lützenhausen an der Markungsgrenze westöstlich orientierten Grab fanden sich ein Män• Zillhausen/Frommern (abgegangen 1650), Stocken­ ner- und ein Frauenskelett. .Das Alter der Bestatte­ hausen (1094), Waldhausen beim Bahnhof Laufen ten wird auf 50-60 geschätzt. Mauerring und Grab­ (abgeg. 1560), Hauboltzhausen Markung Laufen wand waren 1848 von Schatzgräbern durchbrechen (abg. 1565) und Margrethausen (1275) Ähnlich waren und das Grab ausgeraubt worden. 1896 fand sich nur die Verhältnisse um den Plettenberg. Diese -hausen­ noch ein unverziertes, an einem Kettchen befestig­ Siedlungen dürften nach den -heim-Orten (im tes Goldblattkreuz, das den Grabräubern vor der Braunjura um den Bergstock) frühestens im 7. Jahr­ Durchbruchstelle verloren gegangen war. Goldblatt­ hundert entstanden sein. Sie werden zum unmittel­ St. Michaelskirche von Südwesten. kreuz, die Mauerung und das Steinplattengrab wei ­ baren Zubehör der Herrschaft Burgfelden gehört sen auf das spätere 7. Jahrhundert, die ungewöhnli• haben. Da sie aber zum '{eil in engen Braunjuratä• che Grablage auf ein Adelsgrab. Dieses Grab dürfte lern lagen, sind etliche wieder abgegangen. Wie die sind uns, wenn auch nicht mehr in ihrer Ursprüng• die Ruhestätte des Stifterehepaares der Michaelskir­ Pfarrverbände zeigen sie, daß zu Burgfelden im 7. lichkeit, überkommen. Man schuf keine ·basikale che sein, die wohl schon zwischen 650 und 700 Jahrhundert und wohl noch bis ins 10. Jahrhundert Gliederung des Schiffes und die architektonische errichtet wurde. hinein eine Herrschaft ansässig war (Jänichen). Ausscheidung eines Chores. Man schuf eine ge­ Die Dörfer unterhalb des Berges waren nach streckte Saalkirche. die sowohl Pfarrkirche als auch Burgfelden eingepfarrt. In die Kirche gehörten noch Kloster Ottmarsheim Ortsherr zu Burgfeiden Wehrbau war. Der Chor lag im Westen und derTurm im ganzen Mittelalter Laufen, Oberwannental, Zill ­ Am I. März 1064 bestätigte Kaiser Heinrich IV: in gegen den einstigen Zugang vom Tal (damals von hausen, Aufhofen, Streichen und Pfeffingen. Aufho­ Straßburg den Besitzstand des elsässischen Haus­ Pfeffingen überi.Burgfeld " und von Margrethausen fen ist heute ein Ortsteil von Zillhausen. Burgfelden klosters der Habsburger, Ottmarsheim, wie er aus durch das Käsental). Der Turm war sozusagen Berg­ ist eine der frühesten und wichtigstenUrpfarreien den Schenkungen des verstorbenen Grafen Rudolf fried in dem die Kirche umgebenden ummauerten unserer Gegend, zu der ursprünglich auch Dürrwan• und dessen noch lebender Gemahlin Kunigunde Friedhof. Die schmalen Fenster und das Dach sind gen, Frommern, Waldstetten und Weilheim gehör. herrührte. Unter den dabei genannten Orten finden hinaufgezogen. Der Zugang war auf eine einzige und ten. Auch Margrethausen und Lautlingen dürften s.ch "in comitatu Rudolphi comitis in pago Scerron enge Pforte beschränkt, in Sicht der Gehöfte, an der einmal nach Burgfelden eingepfarrt gewesen sein. <:3cherra) Doternhusen, Durniwach, Ebingen, Südostecke in die Nähe des Turmes gerückt. Die Die Johanneskirche zu Lautlingen war wohl einmal Burchveld, Tagolvingen, Ansmutingen (Dottern­ später auf den Zwischenflächen der Fenster unter­ Taufkirche der alten Burgfelder Michaelskirche, die hausen, Dürrwangen. Ebingen, Burgtelden. Tailfin­ zubringenden Bildthemen der Wandmalereien auf wasserarmem Boden stand (J änichen), gen, Onstmettingen), scheinen die Verteilung der kleinen Fenster schon Um 700-750 zeigt sich dann die adelige Peterskir­ Nach Hansmartin Decker-Hauff war die Hauptli­ bei der Errichtung des Baues bestimmt zu haben. che zu Dürrwangen als Mutterkirche der Kirchen zu nie des Hauses Habsburg mindestens ein Jahrhun­ Die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts brachte mit Frommern und Weilheim. 793 erhielt das Kloster St. dert lang durch drei Generationen in Burgtelden der Ostung der bisherigen Anlage die versuchte Gallen innerhalb der Grenzen der Michaelspfarrei begütert, "ja, daß möglicherweise hier ein alter Gotisierung des Langhauses. Die romanische Sücr• Güter in Laufen und Frommern von einem'gewlssen Besitz des Mannesstammes, lag , der schon in den pforte wurde vermauert und durch ein Westportal Perahtold (Berthold) geschenkt. In Frommern rich­ Händen des Stammvaters Guntram war, daß die ersetzt. In der Südwand brach man zwei gotische tete das Kloster einen Fronhof ein und erbaute zugehörigen Güter, durch Teilung zersplittert, im Fenster aus (s, Bild). Das Schiff,wurde tiefer gelegt. danach eine Galluskirche. Auch in Laufen gründete Laufe des.l1. Jahrhunderts te ils in geistlicher Hand, Die Kirche erhielt auch ein gotisches Steildach, das Kloster eine Galluskirche. Die BurgfelderKir­ teils in Besitz von Nebenlinien übergingen", wie an dessen Firstlinie die Mauerkrone des Turmes traf. che konnte aber die vom Kloster St. Gallen ange­ d ie Landolte von Winzeln am und auf dem Wenzel­ Der alte romanische Turm wurde um ein Stockwerk strebte Ablösung der von ihm in Laufen errichteten stein, die auch Reichenauer Vögte waren. erhöht, um ihm ein gotisches Aussehen zu geben. Galluskirche von der Kirche in Burgfelden abweh­ Rudolf und Landolt, die 1064 bzw. 1094 Dürrwan• Auch im Langhaus wurden Veränderungen vo rge­ ren.. wohl weil sie von einem mächtigen Herrn gen in zwei Hälften verschenkten, waren nach Dek­ nommen und eine weitere Bilderfolge geschaffen (s, , unterstützt wurde. Nur im Falle von Weilheim, des­ ker-Hauff nahe Verwandte. Daraus ergibt sich dann unten). sen Dionysiuskirche um 750-790 gegründet worden die Zusammenarbeit der Klöster Ottmarsheim und Ein Erdbeben in der ersten Hälfte des 16. Jahr­ se in dürfte, gelang es St. Gallen die Nachbarkirche Reichenaubeim Kirchenbau in Burgfelden. hunderts schlug der Burgfelder Michaelskirche zu schlucken. Dem übermächtigen Einfluß von St. Aus späteren Verhältnissen ist zu schließen, daß schwere Wunden. Der Turm erhielt eine leichte Gallen konnte sich die Dürrwanger Peterskirche bei der Schenkung 1064 in Burgfelden ein großer Senkung nach Osten, die Ostwand des Langhauses entziehen. Hof mit Kirchensatz und Zehnten zu verstehen ist. drei große handbreite Risse, das nördliche Fenster Der Hof wird später Dinghof genannt. Er wird dann wurde gespalten und ist heute von doppelter ur­ im 15. Jahrhundert an die Bubenhofen zu Geislin­ sprünglicher Breite und die Westwand stürzte nach 'd '''- - t -r - - - - -,------·-·------gen verkauft, die ihn sich bei der Vertauschung des außen. Bei der Wiederherstellung erhielt der Bau r---...,-,~~,::~-~~ r------··------Kirchensatzes vorbehielten. Danach kam er wahr­ den heutigen Aufbau aus Fachwerk. Die Westmauer scheinlich als Bubenhofische Stiftung an die Pfarrei baute man rund 2 m ostwärts, so daß das Schiff ,/ c:::J'" Geislingen, die ihn schließlich auflöste. Burgtelden verkürzt wurde. , bestand wohl ursprünglich nur aus einem Hof, der ~ ! im 14. Jahrhundert als Dinghof bezeugt ist. Noch im Die Wandmalereien , Jahre 1477 waren hier erst drei Häuser vorhanden, Nach der Reformation wurden die Wandmalerei­ später vermehrte sich die Häuserzahl. en übertüncht. Im Laufe der Jahrhunderte kam die Grundriß der St. Michaelskirche nach G. Scheja. Die Das Kloster Ottmarsheim fand 1064 in Burgtelden Kirche baulich immer mehr herunter. Im Jahr 1892 jetzige Kirche (dritter Bau) nach Süden und Westen eine Steinkirche ohne Turm davor. Bald bereicherte beschloß man dann die auch zu klein gewordene erweitert, stammt aus dem späten 11. Jahrhundert. es dieselbe durch einen Turm. Das Schiff wurde , Kirche abzubrechen und durch einen Neubau zu Die heutige Westwand ist aus dem 16. Jahrhundert, nach Süden und Westen erweitert (s, Zeichung). Die ersetzen. Als schon das Dach abgebrochen war, das die hufeisenförmige Apsis aus dem 8. Jahrhundert. von dem Kloster Ottmarsheim geschaffenen Bauten Regenwasser an den Wänden herunterlief, entdeck- Seite 258 Heimatkundliehe Blätter Balingen Mai 1980

te man d ie übertünchte n Gemälde aus dem 11. eine Szene, die als der barmherzige Samariter ge ­ ken betrug. 1837 gab Herw egh das Stud ium auf und J ahrhundert. Nun kamen Kunst - und Bausachver­ deutet wird . siedelte. nach Stuttgart über. Hier übernahm er eine ständige in Bewegung. Sie erreichten, daß der weite­ Be i all diesen Fresken muß ein Künstler von Rang Stelle bei der Redaktion der Zeitschrift "Europa". re Abbru ch unterblieb und der württembergische am Werke gewesen sein, dessen Strichführung von Sehr wahrscheinlich ware n Schulden d ie Gründe Sta at am 29. August 1893 die alte Bu rgfelder Micha­ großer Sicherheit und feurigem Schwung zeugt. für Herw egh s Abgang von der Alma mater. elski rche um 16000 Mark erwarb. Sie erhielt zu ­ J ede Starrheit ist in den langgestreckten Gestalten nächst ein Notdach. Unter der Au fsicht von Baufüh­ verm ieden. Die Darstellung des barmherzigen Sa­ Herweghs Militärpflicht rer Weber erfolgte dann d ie Wiederherstellung der mariters ist di e ers te monumentale Walddarstell ung Nach den ge lte nden württembergischen Militär• Kirche. der deutschen Kuns t. Dem Künstl er gelang hier eine ges etzen war. nun Herwegh, nachdem er nicht mehr Ursprünglich waren alle vier Wände des Innenrau­ sc hö pferische Leist ung, wie sie ers t im 13. Jahrhun­ im Tübinger Stift wa r, wehrpflichtig und m it sei nen mes in ihrer ob eren Hälfte bemalt. Für d ie Kunst­ dert erreicht worden ist. In den Burgfelder Malerei­ 5 Fuß. 10 Zoll und 9 Linien hoch wehrtaug lic h. Am wissenscha ft u nd für den Freund roma nischer en ist Geist und Hand der Reichenauer Malermön ­ 3. März 1838 ric hte te er an Kö nig Wilh elm I. ein Kunst sind d ie aus der 2. Hälfte des 11. J ahrhunderts che zu erkennen. Ja, Bau und Ausstattung der Gesuch mit der Bitte um Befreiung von der Au sh e­ stam menden Malereien trotz der sta rken Schäden, Bu rgfelder Kirche stehen in offenbarer Verbindung bung. Mehreren Vorladungen leistete er keine Fol­ die sie im Laufe der Zeit durch Unachtsamkeit und mit der Reichenau. Welche Umstände mögen nun ge, so daß er in der Kasern e po lize ilich vorgeführt falsche Beh andlung, aber auch d urch Erdbeben und Ottmarsheim und Reichenau gerade in Burgtelden we rden mußte. Er wu rd e dem 8. Infanterie-Regi­ so nstige Anl ässe erfahren haben. von größter Be­ zu gemeinsamer Arbeit veranlaßt haben? Längst ment zugetei lt. Der König genehmigte ihm sein deutung. denn diese Fresken sind sow ohl inhaltlich bekannt war, daß Graf Rudolf von Habsburg dem Urlaubsgesu ch . Doch der leicht erregbare J üngl ing wie künstlerisch in gleicher Weise bedeutend. Band­ von ihm gestifteten Kloster Ottmarshausen seinen mißbrauchte di e gold ene Freiheit. Der be urla ubte arti g gerahmt von perspektivischen Mäander- und Besitz in Burgtelden vermacht hat (s. oben). Nun "Rekrut Herwegh wegen Subordination svergehen Ornamentenfriesen ist ein großes Darstellungspro­ konnte Decker-Hauff d ie enge Verwandtschaft d ie­ zu vier Wochen Ar rest 2. Grades condem niert", gramm in kontinuierlicher Richtung im Obergaden ses Grafen mit dem nur wenig südlich von Burgfel­ mußte nun seine Strafe abs itzen. Im Ap ril 1838 entw ickelt (Scheja), den ansässigen Geschlecht der Landolte von Win­ konnte der Arrestant d ie verhaßte Kaserne ver­ An der Ostwand befindet sich eine Darstellung zein ermitteln. Angehörige dieses Geschlechts wa ­ lassen. des Jüngsten Gerichts mit dem Weltenrichter in der ren Vögte der Reichenau in den Jahren. als der Herwegh wohnte nun in Stuttgart. Militärisch en Mitte. Tubablasende Engel wecken die Auferstehen­ Kirchenbau in Burgfelden durchgeführt wurde. Chargen erwies er aber nicht die schuldige Achtung. den. Rechts von ihnen in großen Gestalten die Das 14. Jahrhundert beschenkte die Kirche mit Auf einem Maskenball im Theater erfrechte er sich Seligen und links die Verdammten. Der Hl. Michael neuen Malereien. die, wie d ie Reste eines Christo­ gegen Oberstleutenant Graf vo n Scheler auf "höch st geleitet d ie Seligen in den Himmel. Er istals Schüt• phorus an der Nordwand verraten. den Bilderfries unjuriöse und respectwidrige Weise " zu benehmen. zer der Menschen und als Kämpfer Gottes darge­ bedeckten. Sein Bild wurde im Kircheninnern ange­ Er wurde vorgeladen und erschien auch. Herwegh stellt. Dies erklärt auch, daß das Jüngste Gericht an bracht und zwar mit Blick auf die Südpforte, damit sollte zur Strafe nach Ulm versetzt werden. Doch der Ostseite und als Zentrum eines ganzen räumli• er dem Besucher beim Ein- und Austritt in die der Musketier Herwegh entzog sich dem Militär• chen Programmes dargestellt worden ist. Im Gegen­ Augen fiel. dienstdurch die Flucht. Mit Hilfe seines Altersge­ satz zur Wandmalerei in St. Georg auf der Reichenau Langhaus und romanische Wandmalereien stehen nossen und Vetters, des Apothekersohnes Märklin ist d ie hieratische Komposition mit den in einzelnen in engstem Zusammenhang. Durch eigenartige aus Balingen, der in Tübingen Medizin studierte, Streifen übereinander angeordneten Figuren aufge­ technische Mittel. im Mauerwerk versenkte Tontöp• konnte er über Tübingen und Bal ingen in d ie geben. Es fehlen sogar die Beschützer des Gerichts. fe, sind die Fresken gewissermaßen aufgehängt. Schweiz entkommen. di e Apostel. Die Seligen und die Verdammten sind Diese sind in großartigem Fries gleich nach Vollen­ Während sich der Desserteur zunächst in Emmis­ zum Hauptelement der Darstellung geworden. dung des Rohbaus, also gegen Ende des 11. Jahr- hofen in der Schweiz unweit der Grenze aufhielt, lief An den Seitenwänden scheinen sich eine Reihe hunderts, ausgeführt worden. . routinemäßig die Fahndung nach ihm ab. Aufforde­ von Szenen. die heute allerdings sehr schwer zu Literatur: Jänichen, Hans. Burgfelden: Ein Herr­ rungen zurückzukehren. befolgte e r nicht. deuten sind , in inhaltlicher Entsprechung gegen­ schaftssitz des 7. Jahrhunderts. Decker-Hauff, Hans­ übergestanden zu haben. So befindet sich an der martin, Burgtelden und Habsburg. Hecht, Konrad: Begnadigungsversuche Mitte der Südwand der Hl. Michael im Kampf mit Die Michaelskirche zu Burgtelden im Lichte einer. Noch vor se iner kriegsgerichtliehen Verurteilung, dem Teufel und eine Szene mit dem Lamm Gottes. neuen Bauuuntersuchung. Scheja, Georg: Die neu­ bereits im September 1839. wandte sich seine Mut­ An der Westwand befindet sich die Parabel vom en Ausgrabungen in der Michaelskirche in Burg­ ter in e inem Gnadengesuch an den König. Gestützt reichen Mann und armen Lazarus, dem gegenüber felden. auf ärztliche Gutachten suchte sie das Vergehendes Desserteurs als Folge des in seiner Jugend durchge­ machten Veitstanzes darzustellen. Aber das Ob er­ kriegsgericht lehnte di e "P ardonierung" in alle r Schärfe ab. So blieb dem Flüchtling zunächst keine Georg Herwegh Möglichkeit zur Rückkehr in die Heimat. (1817-1875) In der Schweiz arbeitete er bei der Zeitschrift "Deutsche Volkshalle". Im April 1840 siedelte er Von Fritz Scheerer nach Zürich über. Hier erschienen ein Jahr später seine Gedichte eines "Lebendigen". die ihn mit Der Werdegang des Dichters Georg' Herwegh, des unmilitärischen Freischarenführers von 1848, begann einem Schlage berühmt machten (s, unten). Dieser in Balingen. In dankbarer Verehrung hat daher die Stadt eine Straße links der Heselwanger Straße nach lyrische Bestseller erlebte eine Auflage um die ande­ ihm benannt. Georg Herwegh ~urde am 31. Mai 1817 in Stuttgart geboren und in der Hospitalkirche re und befreite Herwegh aller materiellen Sorgen. getauft. Entsprechend von viel! Taufpaten lautete sein Taufschein auf ..Friedrich, Rudolph, Georg,. später~ Doch war der heimatliche Desserteur ohne Paß. Theodor", während der Lateinschüler Herwegh in den Landexamensakten stets nur Georg ohne Aussicht auf Gnade. Von Zürich aus wandte er Andreas heißt, da sein 5. Pate Andreas Märklin, Kaufmann in Balingen, war. Seine Mutter Katharina sich mehrfach an König Wilhelm I. mit der Bitte um war eine Schwester des Balinger Apothekers Gottlob Friedrich Märklin, der neben seinem Beruf auch Begnadigung. Er bat um Pardon'und Ausstellung das Ehrenamt des Bürgermeisters versah und dessen Tochter Frederike, die mit dem Arzt Dr. Rösler eines Reisepasses. Am 25. September 1841 verkün­ verheiratet war, in großer Nächstenliebe 1880 für Ausstattung und Ausbildung bedürftiger Balinger dete der König bei seinem 25. Regierungsjubiläum Söhne und Töchter eine Stiftunr mit 150000 Mark machte. eine vollkommene Amnestie für alle politischen Herweghs Vater, der aus Hessen-Darmstadt stam- prüfung" für das Tübinger Stift qualifizierte er sich Verbrechen und Vergehen. Herwegh reichte ein mende Ernst Ludwig Herwegh (1790-1865), ' war als 26. von 43 Prüflingen. Gnadengesuch ein. aber er gehörte nicht zu den nich t sehr vermögend und hatte:damals noch kein Kurz war aber sein Aufenthalt im T übinger Stift, politischen Tätern und sein Gesuch wurde' abge­ eige nes Geschäft, er war Mundkoch be im engli- das er im Oktober 1835 bezog. Am 29. Oktober lehnt. schen Gesandten. Erst 1829 konnte er in Stuttgart schrieb er sich an der theologischen Fakultät der Im Herbst 1842 trat Herwegh eine triumphale eine Speise- und Weinwirtschaft erwerben. Als er Universität ein. Herwegh konnte sich aber nicht in Deutschlandreise an. die ihn zu der berühmten diese erwarb. gab er sein Eigentum mit 2585 Gulden die Ordnung des Stifts fügen. Er erhielt mehrere Audienz beim preußischen König Friedrich Wil­ an . Seine Geschäfte als Wirt florierten nicht beson- Strafen wegen schlechten Benehmens. Als er eines helm IV. führte und den Höhepunkt seiner Karriere ders. Die Mutter war acht Jahre 'älter als der Vater. Abends in trunkenem Zustand einen Repetenten darstellte. Ein württembergischer Desserteur beim Die Ehe wurde 1832 geschieden. Der Sohn hielt beleidigte, war das Maß voll. Er wurde aus dem preußischen König! dann stets zur Mutter und empfand gegenüber se i- Seminar entlassen. Bei seiner Einschreibung hatte nem Vater, der es nie auf einen grünen Zw eig er den üblichen Revers unterzeichnet, in dem er sich Die Begnadigung brachte. eine "sta rke Abneigung'.'. auf Ehre und Gewissen verpflichtete, an keiner Wegen eines beleidigenden Artikels gegen den Der kleine Georg Andreas, "ein Kind von reicher verbotenen und unerlaubten Verbindung teilzuneh­ Philosophen Rohmer im "Schweizerischen Republi­ Begabung und frühreifer Eitelkeit". mit einem "frü- men oder eine solche zu fördern. Er war hier nur kaner" wurde Herwegh 1842 eine Klage in Zürich hen Hang zur Zurückgezogenheit" und Liebe zur Mitglied der nicht verbotenen "Patrioten", einem anhängig. Er wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Natur und den Tieren."bleich. schlank. dunkeläu- mehr literarisch-gemütlichen Zirkel. Sein Kneipna­ Ein Aufenthaltsgesuch für die Schweiz wurde abge­ gig, erregbar", schien zum Studium geeignet. Die men war "Horst". lehnt. Seiner Braut Emma Siegmund. eine reiche Mutter bestimmte ihn daher zu der Laufbahn durch Herwegh hatte nun vor. sein theologisches Stu­ . Kaufmannstochter. die in Berlin wohnte, konnte er Landexamen und Stift . Zunächst kam er 1829 aufs dium außerhalb des Stifts als fre ier Student fortzu­ keine sichere Bleibe bieten. Um begnadigt zu wer­ Gymnasium in Stuttgart. Aber 'schon kurze Ze it setzen. Dazu sollte er das Einverständnis se ines den. mußte er sein Haupt vor dem Königsthron spä ter brachte ihn die Mutter'nach Balingen, damit Vaters beibringen. das 1836/37 eintraf. Nachdem beugen. wenn er sein Wohnrecht in der Schweiz er im Hause des Präzeptors Knoll systematisch für vorher seine Schulden bezahlt waren, konnte er nun nicht verlieren wollte. Er reichte sein 4. Gnadenge­ da s Landexamen vorbereitet werde und An schluß als Jurist sein Studium forsetzen, denn der Vater such ein und hatte Erfolg. Nachdem verschiedene bei der Balinger Verwandtschaft habe. Der talentier- erklärte sich schließlich mit dem Wechsel des Stu­ Formalitäten wie Schuldenbegleichung erledigt wa­ te Lateinschüler war bald in der Bahnger Latein- d iums einverstanden. bemerkte aber, daß er nicht ren. konnte er sich in Augst bei Basel einkaufen. sch ule (arn .Krottengraben'') der liebste Schülerdes für Schulden seines Sohnes aufkommen kann. Erst Damit war er aus dem württembergischen Staats­ Präzeptors. Er konnte trotz vorausgegangener. län- am 9. Januar 1837 konnte sich Herwegh imrnatriku­ verband ausgeschieden. gerer, schwerer Krankheit im Herbst 1831 das Land- lieren. examen ablegen. Das berechtigt e ihn zum kostenlo- Aber Jurisprudenz war offenbar nicht nach sei­ 1848 se n Besu ch ei nes der protestantischen theologi- nem Geschmack. Er belegte wohl Vorlesungen der Mit seinem ehemaligen Vaterland kam er dann sche n Seminare in Württemberg. Philosophie. Geschichte, doch seinen literarischen 1848 in Konflikt. An der Spitze eines revolutionären Interessen scheint er lieber nachgegangen zu sein. Haufens fiel er mit He cker in Baden ein. Seine In Maulbronn und Tübingen Bis zum November 1836 hatte er 40 Gulden Schul­ Legion wurde aber bei Dossenbach von den Würt• Herwegh bezog das Seminar im ehemaligen Zi: den, im Juni 1837 sogar 329 Gulden und 47 Kreuzer. tembergern in die Flucht geschlagen. Herwegh war sterzienerkloster Maulbronrr -Der fromme Wunsch die sogar nach dem Abgang von der Universität für einer der ersten. der sich durch die Flucht rettete. seiner damals fünfzigjährigen Mutter schien erfüllt Kolleggelder und Pedellgebühren sich auf 370 Gul- Der einst "Lebendige" mußte verstummen. wurde zu se in . Die Maulbronner Abschlußprüfung bestand . den beliefen, wobei nach Fleury die an das Stift zu ein Toter lange vor seinem Ende (1875). In seiner er als 15./16. von 26 Z öglingen. Bei der ;,Concou rs- erstattende Summe zusätzlich 850 Schweizer Fran- selbstverfaßten Grabsteininschrift hat er der Nach- Mai 1980 Heimatkundliche Blätter Balingen Seite 259

welt sei ne Enttäu schungen über seine Gegner auf reiten still, wir re iten stumm und reiten ins Verder­ sten Pfarreien als Dekane genannt, so 1311 ein dem Fried ho f zu Liestal bei Bad en-Baden hinterlas­ ben". Au s seinen Liedern spricht aber zu viel Albrecht von Ebingen, 1338 ein Heinrich von Hau­ se n : ..Von den Mächtigen verfolgt, von den Knech ­ Schwärmerei und Zukunftsträumerei von Volksver­ sen a. d. Donau oder 1344 ein Konrad Reck vo n te n ge ha ßt, von den meisten verk annt, von den' herrlichung und anderen Unmöglichkeiten. Sein Lautlingen, usw. Bis 1534, bis zu r Reformation in Seine n ge lie bt", Haß wirkt auf die Dauer hohl, denn er kennt keine Württernberg werden für das Kapitel Ebingen­ Grenzen der Volksmoral mehr (..Aufruhr") :"Reißt Schömberg rund 20 Dekan e urkundlich erwähnt Der Dichter He r wegh d ie Kreuze aus der Erden/Alle solle n Schwerter (ZWLG . 1960). S puren d ichterischer An lagen und Qualität zeigt e werden/Gott im Himmel wird 's verzeihen". Schließ­ Das Dekanat ist bei allen Nennungen ein eigenes Georg Herwegh sc ho n als Vierzehnjähriger. indem lich wird er sogar zum He tzer (..Das Lied vom Amt, ersch eint aber regelmäßig in der Verbind ung er als Landexamenskandidat in Balingen se chs la­ Hasse" ): ..Und wo es noch Tyrannen gibt, die laßt mit dem Be sitz einer P farrpfründe (s. oben).Dek an teinische Verse (Probesisticha) seiner Meld ung zum uns keck erfassen, wir haben lang genug geli ebt und Burch ard von Offenhausen wird als Pl eban (Leut­ Landexamen beifügte, d ie ins D eu tsche übertragen wollen end lich hassen". Durch se ine Flucht (1848) , priester) bezeichnet (OAB . Münsingen). Die Dekane etwa lauten: ..Nach einem Bal inger Winter schö nes war er dem Fluch der Lä cherlichkeit verfalle n, und führten die Aufsicht über di e unterstellten Kleriker vielversprechendes Fr ühlingswetter. Frühlingsflor der 'einst ..Lebendige " war ein Toter lange , vor und waren zugleich d ie untergeordnet en Vollz ugs­ im wunderschö nen Mon at Mai auch am Fuße der seinem Ende. Es se i zuge geben, daß er,durch seine organe in der bischöflichen Regierung. Ihrem Range hochgelege nen Balinger Berge, und ringsum in di e­ aufwühlenden Ged ichte 1841 weite politisch inter es ­ nach standen di e Dekane in der Mitt e zwischen se m Blütenrneer die jubelnden Wirbel der neben sierte Kreise ans prach. Arch idi akon und den Pfarrern . dem pfl ügenden Ackersmann in den Maimorgen Nach dem Liber dec imationis, der ältesten und aufstei genden Lerch en". Die künftigen Erfolge .ver­ Der württembergische Freiheitssänger und amtli che n Sta tist ik des Bistums, dem Steuerbuch dankte er sei her lebendigen Hingabe und seinem gescheiterte Revolutionär für Kreuzzugszehnten (s. He imatk. Blätter Au g. Eindringen in Geist und Sprache des Altertums. Wenn Herwegh heute von den Kommmunisten 1975) zerfiel die Diözese in 10 Archidiakon ate und 64 Freiheitliche Gesinnung hatte Herwegh schon der DDR als Programmheft für sozialistische Feier­ Landdekanate. Hier wird auch im Archidiak on at vo n Jugend an. Denn in der demokratischen Luft stu nden benutzt wird, so stellen diese politischen ..ante nemus (vor dem Wald) sive nigrae silvae" Ba lingens verlebte der leicht empfängliche, nach­ Komponenten in den Mittelpunkt. In Ereignissen (Schwarzwald) das Dekanat ..Schönenberg" denkliche Knabe drei wichtige Lebensjahre. wo , der Jugend Herweghs wie in seinem Maulbronner (Sch örnberg) als 7. genannt. schon 1764 die Bürger einen Steuerstreik inszenier­ Seminaraufenthalt, seinem gescheiterten Stiftsbe­ ten und wo dann 1848 der Endinger Pfarrer Franz such, se iner Einberufung zum Militär und seiner Umfang des Landkapitels Hopf lebte (der ..Neinsager" im Landtag), der Fried­ Dessertion sehen die Marksteine seines politischen Ihrem Wesen nach waren d ie Landkapitel Ge ­ rich Rösler zur Flucht in die Schweiz verhalf, als er -Werdegangs. Aber in keiner erhaltenen Akte ist er bietskörperschaften (Ahlhaus), also auf eine n be­ auf den Asperg gebracht werden sollte. Die zarte ein politisch verdächtiges Element, .vor dem zu stimmt umschriebenen Raum aufgebaut. an dem Knabenseele erfüllten frühzeitig die aus der Umwelt warnen wäre. Nach Franz Mehrings Ansicht gehört zunächst wenig Veränderungen vorgenommen wur­ angenommenen Eindrücke und aufgenommenen Georg Herwegh "zu den gl änzendenraber unglückli- ' den, wie besonders unser Landkapitel zeigt. Im Grundsätze. sie ließen ihn zum Dichter werden. Was chen Talenten, die mit ihrem ersten Wurf gleich ihr Liber decimationis von 1275 (Dekanat Schömberg), er in Stuttgart Antidemokratisches sah und erlebte, Bestes oder selbst schon ihr Alles gaben. Seinem in den zwei Libri quartarum (Dekanat Ebingen) und d ie Kehrseite zum demokratischen Milieu des Balin­ Dasein fehlt der heiße Sommer und der fruchtreife bannalium (Dekanat Schörnberg) von 1324, dem ger Bürgertums und seiner Verwandten. verletzte Herbst und selbst das wärmende Herdfeuer des Liber taxationis (Dekanat Ebingen) von 1353 usw. ihn umso mehr. Winters. Er war ein kurzer strahlender Frühling, und sind nur 1360-1370 (Dekanat Nusplingen) kleine ..Den Gegensatz gegen die Mächtigen der Erde zu danach kam eine lange Nacht, arm an Arbeit und Veränderungen vorgenommen. Um 1400 wu rd e betonen und das Königtum der Hütte zu preisen, arm an Freuden." Ebingen dauernd Kapitelsitz. In die .Grafsch aft das den Dichtern zukomme, die er dann auffordert, Scherra teilten sich die Landkapitel Ebingen­ dem Volke das frei Wort zu predigen", führten ihn Literatur u. a.: E. Hesselmeyer, Nachträge zu den Schömberg und Wurmlingen-Trossingen. zur Verherrlichung demokratischen Prinzips. Seine Mitteilungen um den jungen Herwegh (Staatsanzei­ Gegen das Dekanat Haigerloch war als Grenze di e Freiheitslieder. die ihn zum lautesten Stimmführer ger 1932) August Lewald, Georg Herwegh (1841), Hohenberger Forstgrenze "uf der Scher" be stim­ jener Zeit machten, beeinflußten die 48-Kämpfe. Franz Mehring, Sozialistische Lyrik, 1961, Schiller­ mend, die ziemlich gerrau der Scherragrafschaft Ihm gelangen die Gedichte eines ..Lebendigen", die nationalmuseum Marbach, Verschiedene Akten, entsprach. Die Grenze des Dekanats verlief von vortreffliche ..Elegie" oder das ahnungsschwere Süddeutsche Monatshefte, 1908, Gerhard Taddey, Schörzingen aus östlich des Weiherbaches in Täbin­ Rei terlied: ..Die bange Nacht ist nun herum, wir Georg Herwegh und Württemberg, 1970., gen vorbei, erreichte den Wenzelstein bei Erzingen, den Grauenstein bei Weilheim, Dietenstaig bei Ba ­ lingen (Uberlandwerk Eppler) und zog dann am Albtrauf entlang.bis Onstrnettingen, dann zwischen Fehla/Lauchert und Schmiecha über Harthausen a. d. Scher und Benzingen zur Donau bei Gutensein , Das Landkapitel Eblngen-Sehömberg überschritt sie und verlief über Vilsingen, Leiber­ Von Fritz Scheerer dingen, Kreenheinstetten, Beuron auf den Großen Heuberg nach Bottingen und zum Lemberg. Das Vorbemerkung: Der zeitliche Rahmen dieser Ab­ Geschichte, obwohl sie zweifellos schon länger be­ Dekanat umfaßte nach dem Liber decimationis fol­ handlung soll sich von den Anfängen derChristiani­ sta nden haben. gende Pfarreien: Schömberg.Dautmefgen, Dormet­ sierung unserer Gegend bis zur Schwelle der durch Der Klerus gruppierte sich um die Mittelpunkte tingen, Dotternhausen, Roßwangen. Endingen, di e Reformation heraufgeführten Erschütterungen des kirchlichen Lebens, die Pfarrkirchen: In der Frommern, D ürrwangen. Tieringen (Ober-) Digis­ der mittelalterlichen Landkapitelverbindungen er­ Regierung der Diözese standen neben dem Domka­ heim, Meßstetten, Margrethausen, Lautlingen, strecken. Dabei soll vor allem die Geschichte des pitel als den alleinberechtigten Ratgebern des Bi­ Burgtelden. Onstrnettingen, Tailfingen, Truchtelfin­ Landkapitels Ebingen-Schörnberg zur Darstellung schofs ' seine ausführenden Vertreter, die ..Archi­ gen, Ebingen, Ehestetten, Nusplingen, Deilingen. kommen. presbyter" und Dekane, als Zwischeninstanz zwi­ Schörzingen, Weh ingen, Egesheim, B öttingen. Irn­ Die ersten Zeugnisse christlichen Glaubens sind schen Bischof auf der einen und Klerus und Volk dorf, Burk-Straßberg, Harthausen, Benzingen. Stor­ bei uns die Goldblattkreuze von Burgfelden, Dot­ auf der anderen Seite. über die Anfänge der Land­ zingen, Fronstetten, Vislingen, Beuron, Stetten a. k. ternhausen, Lauttingen und Gammertingen und der dekanate liegt aber bei uns ein tiefes Dunkel, vor Markt, Hausen/Donau. Leiberdingen. Kreenhein­ lateinische Psalmvers auf einem Beschlag von Weil­ allem über den Zeitpunkt ihrer Entstehung. In West­ stetten und Gutenstein. also insgesamt 38 Pfarreien. heim bei Balingen. Die Goldblattkreuze sind aus franken sind sie schon in der ersten Hälfte des 9. • Die Namengebung der Landkapitel erfolgte na ch dünnem Goldblech geschnittene, gleicharmige grie­ Jahrhunderts festzustellen. C. Fr. Stälin meint, ihr dem jeweiligen Amtssitz des Dekans (Ebingen us w.) chische Kreuze, die vor allem in Männergräbern, in Anfang se i nicht mehr auszumachen, während G. oder nach dem Ort der Kapitelversammlung (Mun­ jüngerer Zeit auch in Frauengräbern geborgen wur­ Bossert (BWKG I, 1886) zur Feststellung kommt, derkingen) oder nach allgemein geographischen Be­ den und aus der Zeit nach 600 in alemannischen daß die ältesten sicheren Kenntnisse für ihre Exi­ griffen (Linzgau). Bei unserem Landkapitel ist bis Ad elsgräbern festzustellen sind. Um 700 dürfte der stenz bei uns nur bis ins 12. Jahrhundert zurück• ins 15. Jahrhundert die Bezeichnung nach dem gr ößte Teil der Bevölkerung dem Christentum ange­ gehen. jeweiligen Pfarr- und Wohnort des Dekans beibehal­ hört haben, wenn-auch d ie Kirchen in schriftlichen Nach dem Anwachsen der Parochien und der ten worden. Selbst nach der Reformation wurde Quellen erst später erwähnt werden. (s. Heimatk. Zahl der Geistlichen wird sich die Notwendigkeit dieser Namen Landkapitel Ebingen weitergeführt, Blätter August 1975). Mit Hilfe der Kirchensprengel, der Schaffung neuer ..Lokalgewalten" zwischen noch als die Ebinger zum Protestantismus überge­ die wir von 1275 ab kennenlernen, der Zehntverhält­ 'P farramt und Bischofskurie ergeben haben. Der treten waren. Die Wahl des Dekans erfolgte auf der nisse und vor allem der Heiligen der Pfarrkirchen Ausbau des Pfarrsystems folgte der Entwicklung Kapitelversammlung, die vom Kammerer, dessen können wir einigermaßen ein Bild der kirchlichen und Vermehrung der menschlichen Siedlungen. An Hauptaufgabe die Rechnungsführung war, einberu­ Organisation entwerfen. die weltlichen Sprengel, wie Gaugrafschaften, wer­ fen wurde. den sich die Grenzen angelehnt haben. Die ersten Von Anfang an gehörte unser Gebiet zum Bistum Konstanz, das zwei Drittel von' Württemberg, ganz Dekanate im Bistum Konstanz tauchen 1130 auf. Es Die einzelnen Pfarreien des Landkapitels Südbaden und Hohenzollern, Allgäu und Vorarl­ ist dies ein Dekan von Müllheim am Westrand des Die Pfarrei Schörnberg wird erstmals 1268 er­ berg, sowie den deutschsprechenden Teil der Schwarzwaldes. Archipresbyter und Dekan bestan­ wähnt. Damals war ein Ussar aus dem Geschlecht den hier noch nebeneinander. Im Jahr 1161 wurde Schweiz umfaßte. Auf dem Lande nahm das Paro­ der ritterlichen Ministerialen von Hohenberg in ch ialsystem se inen Ausgangspunkt , von kleinen zu Trochtelfingen ein Streit zwischen den Kirchen Schömberg Pfarrer (WUB 6,413). Die Pfarrkiche St. Kohlstetten und Offenhausen wegen des Zehnten in Peter befand sich außerhalb der Ringmauer, sehr schmucklosen Holzkirchen. Eine solche Kirche ist Bernloch bei Münsingen entschieden und zwar 1094 für Dürrwangen bezeugt. Früh entstanden da­ wahrscheinlich in dem bereits 768 erwähnten Alt ­ neben auf fiskalischem Boden die königlichen Ei­ durch Friedrich, den Vorsteher des Landkapitels heim, dem heutigen .Dörfle''. Innerhalb der Stadt­ Urach und durch Burchard, das Haupt des Landka­ mauer stand die Marienkapelle, die sich allmählich genkirchen und auf den Gütern kirchliche Stiftun­ pitels M ünsingen. gen weltlicher Grundherren (Burgfelden) und ge ist­ zur Hauptkirche entwickelte. Zu r Pfarrei gehörten Vom ersten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts an Ratshausen und Kernhausen (abgegangen). Die Ni­ licher Grundherren. Frommern und Truchtelfingen mehrt sich dann im Bistum die Zahl der meist m it bekamen Galluskirchen. kolauskapelle zu Weilen wurde im 15. Jahrhundert Namen genannten Kapitelvorsteher. 1217 wird ein teils der Pfarrei Sontheim (heute SonthoO mit e iner Alle d iese Kirchen waren Brennpunkte des kirch­ Dekan von ..Hetinga" (Hettingen bei Sigmaringern Martinskirche, teils der Pfarrei Schömberg zuge­ lichen Lebens auf dem Lande. Sie erfreuten sich erwähnt (WUB 11 S. 69). Vor 1268 ist Heinrich von rechnet (bis 1851 Filiale von Schömberg). einer bevorzugten Stellung ..hinsichtlich des öffent• Hohenberg Dekan in Schömberg für das Landkapi­ Die Pfarrei Dautrnergen (Tutrnaringen). der kei ne lichen Gemeindegottesdienstes, der Spendung der tel Ebingen-Schömberg, und 1275-1293 hatte Hein­ Filialen zugeteilt waren, wird 1275 erstmals erwähnt. Sakramente, des Begräbnisrechts und des Zehntbe­ rich von Tieringen die Pfarreien Ebingen, Schörn­ Es wird zu Anfang des 14. Jahrhunderts erstmals die zugs" (Ahlhaus). Es waren wohl zunächst Groß• berg, Tieringen, Engstlatt, Magerkingen und Stetten Patronin der Kirche, St. Verena, genannt. Schon 843 pfarreien wie in Ebingen, wo der Sprengel der am kalten Markt inne und war zugleich Dekan des wird eine Verena-Kirche in .Burc-Straßberg Martinskirche über den Großen Heuberg und Hardt Landkapitels (W. Stettner und H. Jänichen, die erwähnt. hinweg bis zur Donau reichte und für einen großen Dekane des Landkapitels Ebingen-Schömberg. 1263 wird erstmals die Pfarrei Dotternhausen er­ Teil der Scherragrafschaft war. Die meisten Kirchen Zeitschrift. f. württ. Landesgeschichte 1960) Für die wähnt (WUB 6,92). Als Kirchenheiliger ist seit dem treten aber erst im 13. Jahrhundert ins Licht der folgende Zeit werden die Pfarrer der verschieden, 15. Jahrhundert der HI. Martin bezeugt. Ob diese \ \ Seite 260 Heimatkundliche Blätter Balingen Mai 1980

Kirche nun einen ähnlich großen Sprengel wie die gesamten Zehnten. Der erstgenannte Leutpriester archiv" mit der Aufgabe betraut, Sprechtexte auf benachbarte Isinger Martinskirche gehabt hat, ist war ein Hermann. Schallplatten, Tonbändern und Tonfilmen zu sam­ fraglich. denn in der Schömberger Gegend ist schon Eine Galluskirche besitzt auch Schörzingen, das meln und insbesondere eine ."Lautbibliothek der 1268 die 'Sontheime r (= Suntheim, Südheim) Mar­ 785 erstmals erwähnt wird. Die Pfarrei wird dann deutschen Mundarten" bereitzustellen. Die Lautge­ tinskirehe bezeugt (s, oben). Dagegen gehörte zur 1275 erstmals genannt. In Frommem kam 793 ein setze beziehen sich aber nicht nur auf die sprachge­ Ebinger Martinskirche, die außerhalb des Mauerrin­ Teil des Ortes an St. Gallen. das einen Fronhof schichtlichen Veränderungen von Lauten im einzel­ ges war und auf einem alemannischen Gräberfeld einrichtete. eine Kirche und eine Mühle erbauen nen Wort, sondern haben im "Lautwandel" eine steht, ein großer Sprengel. bis zur Reformation ließ. Schon 1228 wird die Pfarrei erwähnt. Zum breitere Basis auch im deutschen Sprachraum. Für Winterlingen. Hossingen und Heinstetten. Heinstet­ Pfarrsprengel gehörte. frühestens von 1324 an. die Konrad Duden waren Einzeluntersuchungen wich­ ten wurde 1523/24. Winterlingen nach der Reforma­ vorher selbständige Dionysius-Kirche Weilheim, die tig, aber er interessierte sich auch für den ganzen tion losgelöst. Bitz blieb bis 1830 Filiale von Ebin­ ~463 wieder herausgelöst wurde, deshalb Separa­ Wortschatz unserer sich mit den Jahrhunderten gen. Nach der Reformation wurde die evangelisch tionszinsen bezahlen'mußte, aber später wieder von wandelnden Literatur; er suchte die historische Tie­ gewordene Pfarrei Ebingen dein Dekanat Balingen Frommern betreut wurde. fe bei den Belegen für den Wortgebrauch im einzel­ zugewiesen, während ein katholisches Kapitel Ebin­ Die Kirche zum HI. Blasius in Endingen. die 1275 nen. Probleme gibt es heute im Deutschen hinsicht­ gen bis ins 19. Jahrhundert hinein bestehen blieb. schon selbständig war, ist wohl kaum eine Grün• lich der Rechtschreibung besonders bei der Groß• Seit 1311 waren die Ebinger Pfarrer öfters Dekane dung des Klosters St. Blasien, denn das Kloster war schreibung,bei den Dehnungszeichen (h), bei glei­ (s. oben). in Endingen nicht begütert. Die Pfarrei war einiger­ chen Lauten (f,v) und bei der Zusammenschrei­ Die Pfarrei Dermetringen wird erstmals 1275 er­ maßen mit Gütern ausgestattet. 1303 war ein Hein­ bung. wähnt. Die Kirche war nach Berichten von 1508 rich von Endirrgen hier Pfarrer. Um 700 setzte die Unter "Liter;itur" kann man die schriftlich nieder­ "Unsere r lieben Frauen" geweiht, jedoch 1777 wird Zei\ der Gründung der Peterskirchen ein. die wir in gelegten Äußerungen des menschlichen Geistes ver­ der HI. Matthäus als Patron genannt. Der Sprengel Tailfingen, Schömberg (s. oben). Nusplingen und stehen; Mundartliteratur pflegt örtlicher Spiegel zu umfaßte nur die Dorrnettinger Markung. Vielleicht Dürrwangen finden. So dürfte die Peterskirche in sein. "Stil" ist dabei das gemeinsame Formgefühl. gehörte aber das 793 genannte. doch abgegangene , Dürrwangen älter sein als die Galluskirche in From­ die seelische Eigenart der Ausdrucksweise. Vom Juchhausen (Oberweiler") oberhalb Dautrnergen im mern. Die Dürrwanger Kirche wird 1094 als Holzkir­ Sprachschöpfer Luther sagte der Dichter Conrad Schlichemtal zum Sprengel. Der Kirchensatz gehör• che in der Schenkung der Landolte von Winzeln an Ferdinand Meyer: "Auf einer grünumwachs'nen te 1345 den Herren von Sontheim als hohenbergi­ das Kloster St. Geergen benannt. Sie zahlt-Abgaben Burg versteckt hat er die Bibel und das Deutsch sches Lehen und wechselte später öfters (Balgheim, an dieses Kloster. das fernerhin den Pfarrer präsen• entdeckt". Auch das Werk von Konrad Duden, das Stain zu Stainegg, Ifflingen). . tierte (1275 Walter von Laubegg). Zum Sprengel sich insbesondere um die "Einheitsschreibung im Die Kirche zu Roßwangen war St. Johannes dem gehörte bis 1395 Unterwannental, Stockenhausen deutschen Raum" bemühte, kann man ein sprach­ Täufer geweiht. Das Patronat hatten die Grafen von blieb immer bei der Pfarrei. schöpferisches heißen. Denn auch für die Sprach­ Zollern. wie aus dem Kaufvertrag von 1403 zwischen Der Heilige der Tailfinger Kirche, St. Peter, ist für kunst gilt, daß für sie neben dem Inhalt die Form Zollern und Württemberg hervorgeht. oder aber die 1462 erstmals bezeugt, während die Pfarrei schon bestimmend ist. Das Wort, der Satz, die Rede als Ortsherren. denn 1337 ist ein Angehöriger der Ke­ 1275 erwähnt wird. Die Einkünfte der Pfarrei waren sinnvolle lautliche Äußerung läßt sich in der Schrift rus, die eine Burg in Roßwangenhatten, als Kirch­ mittelmäßig. .Der Pfarrektor von Tailfingen hatte fixieren. Die Sprache der Schrift gewinnt aber an herr bezeugt. Der Roßwanger Pfarr-Rektor hatte 1275 gleichzeitig die Pfarreien Böhringen und Weh­ Bedeutung, wenn man ihr neben dem Inhalt auch 1275 auch die Pfarreien Truchtelfingen, Frohnstet­ ingen inne. Anders lagen die Verhältnisse bei der eine richtige und damit würdige Form gibt. Es ten und Aggenhausen inne. Kirchenheiliger ist St. Pfarrei. Nusplingen mit einer Peterskirche, heutige charakterisiert also Wertstufen, wenn man sagt: "So Silvester. Die Pfarrei war ordentlich mit Gütern Friedhofkirche. zu der als Filialen bis 1507 Obern­ schreibt man 's - nach Duden!" versehen. , heim und Hartheim mit Unterdigisheim bis 1557 Die Galluskirche in Truchtelfingen dürfte schon gehörten. Die Pfarrei wird erstmals 1246 erwähnt· im 9. Jahrhundert vom Kloster St. Gallen gegründet (WUB 6,467), als hier ein Burkard Pleban war. Sie Maiglöckchen' worden sein, das im 12. und 13. Jahrhundert den war ziemlich gut ausgestattet und mußte dem Bi­ (ConvallAria majAlis) größten Teil von Truchtelfingen besaß, so u. a. schof die Quart geben. den großen Maierhof. 1496 bezog die Pfarrei den Schluß folgt So schreibt. man's - nach Duden Von Dipl. Ing. R. Kerndter

J Auch 1980 ist ein Gedenkjahr, in dem das Örtliche in Schleiz und 1876 in Hersfeld. In Leipzig gab er sich als Teil eines umfassenden Ganzen erweist. Es 1872 ein Buch heraus mit dem Titel "Die deutsche geht um das Schrifttum auch unseres heimatlichen Rechtschreibung; Abhandlungen, Regeln und Wör• Bezirks .. . Die Mundarten schaffen auch heute noch terverzeichnis mit etymologischen Angaben". In im ein sprachlich reges Leben, ob­ Berlin vertrat er 1876 bei der "Orthographischen wohl die allgemeine kulturelle Entwicklung immer Konferenz" einen maßvollen Fortschritt; im glei­ mehr die Schriftsprache an Boden gewinnen läßt. chen 'J ahr erschien in Leipzig sein Werk "Die Zu­ Wie stark noch die sprachliche Differenzierung ist, kunftsorthographie". Berühmt wurde das erwähnte, erlebt man beim Vergleich der Alltagssprache etwa 1880 herausgegebene Werk "Orthographisches Wör• in Balingen, Tieringen, Albstadt. Onstmettingen; bei terbuch"; ihm folgten 1884 in Leipzig der "Orthogra­ feinerem Hinhören kann man sprachliche Unter­ phische Wegweiser für das praktische Leben"und schiede z.B , schon zwischen Geislingen und Ostdorf "Grundzüge der neuhochdeutschen Grammatik". feststellen. Duden wollte 1880 "nach den neuen preussischen Es handelt sich um recht verschiedene Klangbil- • und bayerischen Regeln" ein Werk schaffen, das der einer schwäbischen Lautung, die aus mittel­ allen Beteiligten die Sicherheit einer einheitlich hochdeutschen und althochdeutschen Sprachstufen angewandten Rechtschreibung bieten sollte. Darum hervorgegangen ist. Doch diese örtlichen Sprachfel­ bemühten sich bekanntlich auch F . Brockhaus und der sind nur kleine Ausschnitte aus dem Deutsch, J . Meyer. Am 1. 8. 1911 ist K. Duden in Sonnenberg das als flektierende westgermanische Sprache heute bei Wiesbaden e:estorben. . unter Einrechnung von teilweise kleinen Gebieten Beim Aufbau eines "Orthographischen Wörter• auch in den Ländern Österreich, Ostschweiz, Südti­ buchs" muß man sich auf eine Auswahl von Wörtern rol, Elsaß, Luxemburg, Balkan, Rußland, USA, Bra­ beschränken, denn man heißt mit Recht die sich Wenn der Laubwald schön grün geworden ist, silien usw. von 120 Millionen Menschen gesprochen ständig erweiternden Kultursprachen "unersättli• aber noch genügend Licht den Boden trifft, dann wird. "Deutsch" als Sprache ist also auch ein hei­ che Ungeheuer". Ferner hat man möglichst alle treiben die wie ein Spieß geformten Blätter des matlicher Begriff; oft kompliziert bei der schriftli­ Lebensgebiete zu berücksichtigen, da Fachspra­ Maiglöckchens aus dem Erdreich, und beim Entfal­ chen Fixierung des Dialekts. chen mit ihren Spezialausdrücken eine Sonderbe­ ten der Blätter erkennt man schon die Blütenknos• Ist "Sprache" allgemein die lautlich artikulierte, handlung erfordern. Duden ging davon aus, daß pen an dem sich streckenden Stengel, Die stark logische Mitteilungsfähigkeit und damit Ausdruck zwischen Laut und Schrift nie volle Übereinstim• duftenden, zarten weißen Glöckchen erfreuen jung einer bewußten Geistigkeit, die den Menschen vom mung besteht und es deshalb bei allen Schriftspra­ und alt. Der angenehme, leicht betäubende Duft Tier unterscheidet, dann bedeutet "Schrift" die chen zu Schwierigkeiten in der Rechtschreibung kommt von einem ätherischen Öl, das solange wirk­ Möglichkeit, in sichtbar geformten Zeichen die kommen muß. Die "Mannheimer Dudenredaktion", sam ist, bis die Blüte bestäubt wurde. Es ist alo Sprache wiederzugeben. Unmittelbar gelingt dies eine sachkundige Gruppe von Germanisten, gibt zugleich ein Lockmittel für Insekten. Nur nach einer meist bei symbolischen Bilderschriften, schwieriger unter Anlehnung an den Meister den sogenannten Seite hängen die kurzgestielten. am Rande leicht ist die Verwendung von "Buchstaben", von beson­ "Großen Duden" in stark erweitertem Programm gezipfelten Glöckchen. Eine Art hat am Grunde der deren Schriftzeichen, aus denen sich die Wörter heraus, Zu ihm zählen neben der "Rechtschreibung Blüte dunkelrote Flecken. - Der Fruchtknoten ent­ zusammensetzen. Dafür gibt es bestimmte Regeln, ein Stilwörterbuch, ein Bildwörterbuch, eine Gram­ wickelt zunächst grüne, dann rote Beeren. Die ganze die man unter dem: Begriff "Orthographie, Recht­ matik, ein Fremdwörter-, Aussprache- und Her­ Pflanze ist stark giftig, sie enthält vor allem Saponin. schreibung" zusammenfaßt. Man meint damit eine kunftswörterbuch. Ergänzungsbände sind "Die - Im Boden hat das Maiglöckchen einen stark wu­ einheitlich festgelegte Schreibordnung, die z.B. 1901 Rechtschreibung geographischer Namen in chernden Wurzelstock, an dessen Enden im Früh• für das Deutsche Reich geschaffen wurde, später Deutschland und in Europa", ferner "Dudenbeiträ• jahr die neuen Pflänzchen emporwachsen. Aus die­ aber teilweise Anderungen erfuhr. An Vorgängern ge" über die "Besonderheiten der Schriftsprachen" sem Grund tritt das Maiglöckchen immer in großer solcher Schreibregelurig hat es natürlich nicht ge­ in Europa, und "Geopraphische Namenslisten". Be­ Gesellschaft auf. Kurt Wedler fehlt, hat doch eigentlich jedes Wort seinen spezifi­ züglich der Phonetik, der Wissenschaft von der « • schen Aufbau und damit auch seine eigene Darstel­ Hervorbringung, physikalischen Struktur und lungsart. Wahrnehmung von Stimmen und Lauten, besteht iltei a usgegeben von der Heimatkundlichen Ver­ Vor gerrau hundert Jahren, also 1880, hat Dr. Anschluß an das "Internationale Lautschrift­ einigung Balingen. Konrad Duden ein "Orthographisches Wörterbuch system", an die 1886 geschaffene .Assoctatton Pho­ Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ der deutschen Sprache" herausgegeben. Dieser am netique Internationale". Der vom Sprachwerkzeug berg 14, Telefon 77 82. 3. 1. 1829 auf dem Gut Bossigt bei Wes el geborene unter dem Namen "Artikulation" erzeugte Schall Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg Sprachforscher studierte ab 1846 in Bonn und war soll durch die "Phonetische Transskription" sich 42, Telefon 76 76. dann als Erzieher auf längeren Reisen in Frankreich, aus Laut in Schrift verwandeln. Die HeimatkundlichenBlätter erscheinen jeweils England und Italien tätig. Seit 1859 war er Gymna­ In Deutschland ist das 1935 in Berlin gegründete, am Monatsende als ständige Beilage des "Zollern­ siallehrer in Soest; 1869 wurde er Gymnasialdirektor seit 1957 in Münster arbeitende "Deutsche Sprach- Alb-Kuriers". ~.ehe Blätter

Jahrgang 27 30. Juni 1980 Nr.6 Dem Straßberger Freskomaler Hermann Anton -Hantle zum Gedächtnis Von Fritz Scheerer An der Südwand seiner Heimatkirche, der Verenakirche zu Straßberg, hält eine Bronzetafel das G~dächtnis an den vor 50 Jahren in München vers.torbenen und dort auf dem Waldfriedhof beigesetzten KunstIer Hermann Anton Bantle wach: "Dem Meister christlicher Kunst dem Gottsucher dem treuen Sohn seiner Heimat Hermann Anton Bantle, geb. 22. 4. 1872, gestorben 27. 7: 1930. Die dankba~e Gemeinde Straß~erg". Zusammen mit einem kraftvollen ornamentalen Schriftbild symbolisieren Kreuz, Palette und Pinsel das Schaffen des Straßberger .Freskomalers. Seine innere Religiosität kennzeichnet die Umschrift: "Um die Sache Christi zu malen, muß man mit Christus leben", Schon in das offene Bubengemüt von Hermann Dankbarkeit und Verehrung des Künstlers für seine Anton strahlten dörfliche "Originale" der 80er Jahre Mutter, wie Briefe beweisen. Ihr hat er in den wie der Straßberger "Gassenschmied", der "Schnei- Fresken in der Kapelle zu Kaiseringen ein Denkmal dermichel", der "Storchenkaspar" und andere oder persönlichen Dankes gesetzt. Von der Mutter hatte Gestalten wie die blauäugige, hochstirnige Hebam- er "seine zähe Energie, die ungebrochene Vitalität, me, die er in späteren Jahren mit wenigen Sätzen mochte es auch an depressiven Stunden nicht feh­ buchstäblich vor uns hinstellt. Als er an Hand seiner len; sodann die phantasievolle Glut seines Innern, Tante erstmals die Mauruskapelle bei Beuron be- nicht zuletzt die tiefe Religiosität", die eine Lebens­ suchte, führte die Tiefe seines Erlebnis im Seeli- bedingung seines ganzen Mühens und Schaffens sehen zu einer Art Verzückung. Die Tante mußte war. den Buben regelrecht wegzerren. Dir zarte Lyrik "Mutter und Sohn schöpften aus demselben und Feinheit der Farbe,"das Seherische, das uhsag- Gleichklang der Seele" (Pfeffer). Die Ausbildungs­ Reine und Adelige der Muttergottes schauen", jahre in Ebingen bestritt die Mutter. Da er kein war für ihn ein einmaliges Erlebnis und wirkte auf Weltkind war, trat er in Beuron bei den Benedikti­ ihn überwältigend. Es ist wie Stehr schreibt: "Die nern ein. Doch er blieb nicht Mönch. Im Frieden mit wahrhaft entscheidenden Ereignisse im Leben sind seinen Oberen trat er aus dem Orden wieder aus. die Bewegungen unseres Innern". Nach diesem Von Beuron aus 'su chte er sein künstlerisches Ideal Besuch der Mauruskapelle standen die Erzabtei und in München zu verwirklichen. Die erste Reise nach die Gestalten eines Paters Desiderius Lenz (gest. München erfolgte am 11. Januar 1901. Aber Mün• 1928) und P. Gabriel Würger vor unserem Straßber- ehen bot ihm auch nicht, was er suchte: "Die Fres­ ger Buben "wie Hüter des heiligen Gral". Nicht kotechnik als Schaffensgrundlage". Es zog ihn 1905 umsonst ist Bantles erstes Freskobild in Laiz ein nach Rom. lebte und unter dem er seelisch bitter schwer gelit­ "Chri stophoru s", später nach einer Beuroner Skizze Auf dem Boden Roms schuf Bantle als erste ten hat. In seinen späteren Passionsdarstellungen Würgers ausgeführt worden. Pater Desiderius, der .Arbeit die Entwürfe für die Deckenbilder der Hai­ kam dies deutlich zum Ausdruck. Dann kam die Haigerlocher Malermönch, wurde richtunggebend gerlocher Schloßkirche. Bei seiner Rückkehr wurde Inflation und er erlitt unsägliche Not, wie seine für sein ganzes späteres Schaffen. ihm dann die Restaurierung der Schloßkirche über- . Briefe zeigen. So schrieb er am 20. August 1923 nach Künstlerische Begabungen. waren schon in der tragen. Die Haigerlocher Zeit zählt zu seinen glück• Freiburg: "Senden Sie mir Geld für die Fahrkarte. Familie. Der Großvater J osef Schilling war Bildhau- lichsten Tagen. Er kehrte immer wieder nach Rom Hier in der Umgegend bekommt man überhaupt er und Maler. Er stand im Dienste des Klosters bzw. zurück. Außerhalb Roms, in den Sabinerberger, in kein Geld mehr, nur noch'Schecks, die man niemals im Dienste der Gründerin Beurons, der Fürstin der Campagna, in den Abruzzen.jsuchte und fand er brauchen kann. Mit ist das Leben unsagbar entlei­ Katharina vo n Hohenzollern. Von seinem hochver- sein en Antonion, seinen Umberto oder wie sie sonst det. Aber es geht anderen auch so". Erst gegen 1930 ehrten Großvater schuf Bantle schon mit 20 Jahren heißen. Sie sind in Porträts festgehalten. hatte Bantle wieder sicheren finanziellen Boden ein Porträt, das das seelenvolle Antlitz, in dem des Die Jahre nach 1914 verfinsterten sein Gemüt. Der unter den Füßen; Es war aber zu spät. Schon 1925 Lebens Mühe und Arbeit die Runen gezeichnet 1. Weltkrieg warf seine Schatten voraus, den er im schrieb er, eine Brustfellentzündung sei eine lang­ hatten, schön charakterisiert. Ergreifend war die Heeresdienst 1917/18 an der Schweizer Grenze er- wierige Sache. Die Mittel für ein Zimmer fehlten ihm damals, er mußte in seinem Atelier hinter einem Vorhang schlafen, denn er mußte unglaublich spar- . sam leben. Er starb in München am 27. Juli 1930. Seine letzten Zeilen gingen an seine Schwester Johanna Bubser. Sie waren ein letztes religiöses Lebenstestament. Bantles Hauptwerke Der Strahlenkreis der Kunst Bantles geht über das damalige Hohenzollern hinaus, führt bei den Haupt­ werken von der Mosel an den Oberrhein, vom Ober­ rhein ins Schwabenland und von da in die rheini­ sche Metropole Köln. Von der Kirchenwand spricht er zum Volk oder wie Pfarrer Pfeffer es formuliert: "Er war ein Prediger im Malerkittel", der eine neue Kreuzwegdarstellung vertrat. Sein Feld war die Kir­ chenwand. mit dem Jahr 1913 begann Bantles persönliche Kunst. Arbeiten in der Schweiz, in Freiburg, Bieten­ hausen (Deckenfreskos), Oeflingen bei Waidshut (3 Kreuzwegbilder), in Bühl die Madonna mit dem Schutzmantel, in Villingen die Anbetung der heili­ gen Dreikönige, auch in Vilsingen bei Sigmaringen. wo ein Engel den das Kind beleuchtenden Stern gleich einem Scheinwerfer hält, daselbst auch eine originelle "Hochzeit zu Kana", Bilder in Dettlingen (Hohenzollern, Berufung des Petrus zum Hirten­ amt). Weiter schuf Bantle Freskomalereien von tief­ ster geistiger Auffassung und edler Wirkung der Form und Farbe in den Chören der Herz-Jesu­ Kirche zu Stuttgart und der Mariahilfkirche zu Frei­ burg. Eine der ergreifendsten Schöpfungen ist Bant­ les Christus am Olberg zu Frommenhausen. 1921 beginnt Bantle mit der Ausmalung der Dune ninger Martinskirche. Mit Unterstützung des Denke Seite 262 Heimatkundliche Blätter Bahngen Juni 1980

dem Abbruch noch nicht soweit fertig, daß der Rest vollends mit Pferden hätte umgeworden werden können, als das wütende Feuer sie schon erreichte. Das Spritzen nahm seinen Fortgang. Als sich der Oberamtmann kurz entfernt hatte, um einen Imme­ dialbericht an König Friedrich abzusenden, erreich­ te die Verwirrung den höchsten Grad. Es mangelte an einer festen Organisation. Man vergaß die ge­ meinsame Gefahr. Alles rettete und flüchtete. Die Passage am "Oberen Tor" war durch ein- und aus­ fahrende Fahrzeuge versperrt und konnte trotz aller Mühe nicht offengehalten werden. die Erfolglosig­ keit der Bemühungen lähmte den Eifer der Helfer. Während das Feuer auf beiden Seiten der hinteren Gasse, also hinter der Post, immer heftiger fortwüte• te und sich immer näher an die Kirche heranwälzte, in die Hundete ihre Habe gebracht hatten, stand auch schon die entgegengesetzte Seite der Haupt­ straße in vollen Flammen, wo das Feuer durch Niederreißen des isoliert 'dagestandenen langen Metziggebäudes zunächst aufgehalten werden konnte. Zugleich wurde das Niederreißen von Ge­ bäuden hinter der Kirche angeordnet, doch ehe man damit fertig war, hatte der Brand schon das süd• westliche Stadtviertel ergriffen. Mehrere auswärtige Spritzenmannschaften verweigerten den Gehorsam. Bei Anbruch der Nacht fand selbst der anwesende Kreishauptmann kein Gehör mehr. Schließlich griff das Feuer vom nordwestlichen auf ds Südwestliche Stadtviertel über, also in die bis dahin noch unbe­ rührte südliche Stadthälfte. Bald war auch das süd• Grundriß der Stadt Balingen beim Stadtbrand von 1809 (aus der "Kreisstadt Balingeri"); I Unteres Tor; 2 westliche Stadtviertel ein Flammenmeer. Das Obere Torhäuschen wagte man nicht abzureißen, um den Oberes Tor; 3 Stadtkirche; 4 Metziggebäude; 5 Gasthof "Hirsch"; 6 "Weißer Ochse", zugleich Königliches Ausgang durch das Tor nicht zu verschütten. Gera­ Postamt Balingen; 7 Stelle des Blitzeinschlags. der den Stadtbrand auslöste; -> Wie der Stadtbrand sich de aber von dort wurde nun das Feuer bei anhalten­ ausbreitete. dem Südwestwind rückwärts in das südöstliche Stadtviertel getrieben. Das schreckliche Feuer wütete unausgesetzt bis über den großen Balinger Stadtbrand zum 1. Juni 12 Uhr mittags. Dann lagen 335 Gebäude und 54 einzelstehende Scheuern und Stallungen in im Jahre 1809, die "Balinger Feueranstalt" in jenen Jahren und die Einführung der staatlichen Schutt und Asche. Menschenleben waren nicht zu Gebäudebrandversicherung in Württemberg beklagen; es gab jedoch einzelne Verletzte. Der Gebäudeschaden betrug 327 326 fl (Gulden), der Von Rudolf Töpfer Mobiliarverlust 132 420 fl. Bei der Brandbekämp• fung besonders ausgezeichnet hatten sich Kaspar Als die "Kayserliche Reichsposthalterey Bahlin­ ten, die von Oberamtmann von Dettinger, Stadt­ Metz, dessen Sohn, der Turmwächter und der Ka­ gen" spätestens 1757 vom Weißochsenwirt Johan­ schultheiß EiseIe sowie der Redaktion des "Schwä• minfegergeselle Ledermann aus Ofterdingen. Sie nes Roller übernommen wurde, ist diese Poststation bischen Merkur" zu diesem Zwecke dem Verfasser erhielten je eine Belohnung von einem halben auch im "Weißen Ochsen" untergebracht worden. ' des Berichts zur Verfügung gestellt wurden, noch .Louisd'or, eine ganz anständige Summe. Besonders Das blieb so, als später dessen Sohn und schließlich überschaubar waren, aber wohl bald der Vergessen­ bedenklich war, daß im Trubel des Brandes auch dann der Enkelsohn die hiesige Reichsposthalterey heit anheimfallen würden. Zusammengefaßt steht der verschlossene Giftschrank in der Apotheke er­ übernahmen. Letzterer erlebte ausgangs Dezember im Gundert-Bericht etwa folgendes: brochen worden ist. Die leeren Büchsen sind später 1805 die Inbesitznahme der taxissehen Reichspo­ Balingen war 1809 noch von der Stadtmauer um­ gefunden worden. Sie hatten 21 Quecksilber, Arse­ sten in Württemberg durch den Staat, also das Ende geben, die mit ihren vier Ecktürmen ein unregelmä­ nik und andere Gifte enthalten. Auf deren Wieder­ der Thurn und Taxissehen Reichspost in Württem• ßiges Rechteck bildete (400 m x 220 m), das in der herbeischaffung waren 100 fl Prämie ausgesetzt berg. Kurfürst Friedrich nahm am 1. Januar 1806 die Mitte der Länge nach von der Hauptstraße und vom worden. Es ist jedoch nicht bekannt, ob sich jemand Königswürde an und nannte sich Friedrich I. Be­ Stadtbach durchschnitten und in zwei ziemlich glei­ diese Prämie hat verdienen können. reits am Tage darauf wurden die in Besitz genomme­ che Hälften geteilt wurde. Die Hauptstraße führte Die nächste Sorge galt der Unterbringung der nen Poststationen in Königliche Postämter umbe­ vom "Unteren Tor" zum "Oberen Tor"; an ihr lagen Abgebrannten. sie kamen zum Teil in den an der nannt und J ohannes Roller war nun Königlicher vier Brunnen. I~ den geschilderten engen Raum Ostseite der Stadt zwischen Schloß und Freihof vom Posthalter. An der räumlichen Unterbringung der preßten sich über 350 Gebäude, die - abgesehen von Brand verschont gebliebenen 55 Gebäuden (Wohn­ Balinger Poststation änderte das alles nichts: sie der Hauptstraße - nur durch schmale Gassen von­ häuser, Scheuern, Werkstätten, Waschäuser u . ä.) blieb im "Weißen Ochsen". Unklar war bisher nur einander getrennt waren und wie die Glieder einer beziehungsweise in Notwohnungen unter, die am immer, wo genau in Balingen das Gebäude des Kette zusammenhingen. Wie der Verfasser weiter Lindle und auf der Insel erstellt wurden. Die Haupt­ "Weißen Ochsen" gelegen war. Doch anhand der berichtet, "hatten die Gebäude mit den benachbare masse der Obdachlosen jedoch war über fast alle Unterragen über den entsetzlichen Stadtbrand von ten meistens nur eine Mauer, waren dazu größten• Orte des Oberamtsbezirks verstreut, insbesondere 1809 konnte diese Frage geklärt werden. teils ganz alt und inwendig ausgetäfert", Außerhalb natürlich auf Bahngens Nachbarorte. ' der Tore lagen nur wenige Häuser, so vor dem Selbstverständlich bedurften die Geschädigten, Der große Balinger Stadtbrand im Jahre 1809 unteren Tor der "Hirsch", die beiden Eckhäuser an die nicht nur das Dach über dem Kopf, sondern Nachdem in Balingen schon 1546, 1607, 1672 und der Wendung der Straße gegen Hechingen, die Got­ auch ihr Hab und Gut sowie ihre Erntevorräte ganz ,1724 Brände gewütet hatten, brach am 30. Juni 1809 tesackerkirche und einige Privatwohnungen. Vor oder zum Teil eingebüßt hatten, auch der Unterstüt• der fünfte und größte Stadtbrand aus. 55 Jahre dem oberen Tor standen nur die beiden großen zung. So sandte König Friedrich gleich auf die erste später wurde hierüber im "Amts- und Intelligenz­ Gebäude zur Rechten und Linken desselben, gegen Nachricht von dem Unglück hin 10 000 fl aus der blatt für den OberamtsbezirkBalingen" ein von den Stadtbach in das Badhaus und . Schießhaus Hof- und Domänenkammer, ließ eine Landeskollek­ Gundert verfaßter ausführlicher Bericht veöffent• sowie auf der Straße nach Tuttlingen ein paar bür- te veranstalten, bewilligte den Brandgeschädigten licht, weil damals nur noch wenige Augenzeugen gerliche Wohnungen. .. Zollfreiheit auf alle aus dem Ausland zum Wieder­ lebten und die näheren Umstände dieser verhäng• Am 30. Juni 1809 nachmittags 1 Uhr schlug im 'aufbau der Gebäude herbeigeführten Baumateria­ nisvollen Katastrophe anhand der schriftlichen Ak- unteren Teile der Stadt ein Blitz zwischen die bei- lien, gewährte verschiedene Accisefreiheiten und -den Scheuern des Webers Johannes-Widmann und anderes mehr. Schließlich kam der"König am 21. 9... des Bäckers Johann Jakob Hartenstein, gegenüber selbst nach Balingen und ließ weitere 1000 fl sowie der Rückseite des "Weißen Ochsen" (heutige Untere 200 Scheffel Dinkel verteilen. Die erwähnte Landes­ Fortsetzung Hermann Anton Bantle Kirchstraße). Der Blitz zündete so schnell und hef­ kollekte erbrachte 5228 fl. zum Gedächtnis tig, daß plötzlich vier Gebäude auf einmal in heller Sehr bedeutend war auch die Masse der Natura­ Flamme aufloderten. Wenige Minuten später griff lien. So hatte Ebingen noch in der Brandnacht 3 malamtes wurden seine Kreuzwegbilder in die 1968 das Feuer auf die andere Seite der breiten Haupt­ Wagen Brot geschickt. Der Fürst von Hohenzollern­ neuerbaute moderne Kirche übernommen. In Farbe straße über. Seine Ausbreitung wurde durch die Hechingen ließ 500 Laib Brot und 60 Maß Brannt­ und Ausdruck gelangen dem Künstler hier Bilder enge Bauweise und auch dadurch begünstigt, daß weinbringen, die Hechinger Judengemeinde 59 fl42 'von großer Ausdruckskraft (s, Bild): "Das Lehrhafte, die oberen Böden aller Häuser direkt unter dem kr und Hechingen selbst 907 Laib Brot und 60 Maß das religiös Ergreifende und Erschütternde läßt Dach mit Heu vollgepfropft waren und der starke Branntwein. Sulz, Rottweil, T übingen, Reutlingen, Bantle noch stärker in dem Kreuzweg für die Herz­ Gewitterwind nach allen Richtungen wechselte. Da­ Horb, Herrenberg, Oberndorf, Rosenfeld, Aldingen, Jesu-Kirche in Köln hervortreten" (Pfeffer), bei de­ her kam es auch, daß stets 10 bis 15 Gebäude in .Ofterdingen, Rottenburg, Onstmettingen und nen ihm dann der Tod den Pinsel aus der Hand vollen Flammen standen und zwar nicht nebenein­ selbstverständlich auch Balingens Nachbarorte nahm. 30 weitere Arbeiten waren geplant. 1923 wur­ ander sondern in drei oder vier verschiedenen Stra­ folgten diesen Beispielen. Zahlreiche Einzelperso­ den 4 Kartons des Kölner Kreuzwegs in den Chor ßen, weshalb die Versuche, dem Feuer durch Einrei­ nen, Schulmeister, ganze Schulklassen, Juristen, der Heimatkirche Straßberg durch Kirchenmaler ßen der Gebäude ein Ziel zu setzen, mehrfach schei­ Schreiber, Buchdrucker, Fabrikanten, Geistliche, Josef Lorch aus Sigmaringen übertragen. terten. das Tübingertheologische Seminar, die Klosterfrau­ Im Aufbau der Bilder Bantles ist ein wesentliches Kurz nach dem Einschlagen des Blitzes war Ober­ en zu Kirchberg, verschiedene Oberämter, alle Reut­ Moment die leuchtende durchsichtige Freskofarbe, amtmann Sattler am Brandplatz. Er stellte "die linger Zünfte und andere sandten Gulden und Kreu­ die er auf den noch feuchten Wandverputz auftrug Reihen der Wasserbietenden" her und sorgte für die zer. Bis von Basel her kam Geld. Die letzte Spende und dann mit überlegter Auswahl den Stimmungs- . Öffnung der Stellfallen am Stadtbach. Als er zurück• traf im Oktober 1811 ein. Insgesamt waren auf diese gehalt des Bildes ausmacht. Um einen farbigen kehrte, hatte das Feuer bereits die Post (den "Wei­ Weise an freiwilligen Geldspenden etwa 21266 fl __ Klang, Farbenakkord zu erreichen, konnte Bantle ßen Ochsen") an der vorderen Straße ergriffen. Es . und Naturalien im Werte von 4522fl aufgekommen. oft tagelang ringen. Die Kunst war für ihn das breitete sich immer weiter aus. Hinten, vornen und Die Spenden wurden von Amtspfleger Breit­ Magnifikat seines Herzens, "aber auch das Flehge­ mitten in der Stadt wurde eingerissen. Oft jedoch schwerdt, Dekan Baur und Diakon Sixt entweder bet seines Kyrie". waren die dazu eingeteilten Handwerksleute mit nach Maßgabe des Mobiliarverlustes oder aber be- Juni 1980 Heimatkundliche Blätter Balingen Seite 263

stimmungsgemäß verteilt, etwa an einzelne Zunft­ ten Hauptstraße, der Friedrichstraße, sowie den Bei dem heutigen Weiler Ehestetten lag das 1094 genossen, an arme Schulkinder, Wöchneri~:men, diese rechtwinklig kreuzenden Nebenstraßen. Im erstmals genannte Dorf ..Estetin". Damals überga­ Waisen kinderreiche Witwen u. a. Der Gebaude­ August 1812 war der Wiederaufbau fast beendet. ben die Herren von' Winzeln ih re n gesamten hiesi­ schadei. war größtenteils durch die staatliche Ge­ gen Besitz mit Kirche dem Kloster St. ,Georgen. Die bäudebrandversicherungsanstalt gedeckt. Die die Stadt umschließende Stadtmauer, die im Pfarrei wird erstmals 1275 erwähnt. als Magister Zur Abräumung der großen Massen an Schutt Laufe der Zeiten aus den verschiedensten Gründen Conrad sich durch einen Vikar vertreten ließ. weil er und verkohltem Gebälk mußten die umliegenden mal hier mal dort baufällig geworden war und noch andere Pfarreien innehatte. Nach der Reforma­ Ortschaften Mannschaften stellen und zwar "im immer wieder instandgesetzt werden mußte, war tion. als Kirchensatz und Lehenschaft der Pfarrei Ganzen je in 8 Tagen 528 Mann und 145 zweispänni• 1809 noch im wesentlichen erhalten. Sie hatte da­ 1533 an die Stadt Ebingen verkauft waren. wurde ge Wagen, die abwechslungsweise zur VerwendUl~g mals zumindest den Vorteil, daß das Feuer nicht die Pfarrei nicht mehr besetzt. Patron der Kirche kamen, wobei Mannschaften und Fuhrwerke, die über sie hinwegspringen konnte. Beim Wiederauf­ war St. Stefan. aus der Stadt beigezogen wurden, hier nicht einge­ bau nach dem Brand mußten beide Haupttore ge­ sprengt werden, weil sie nicht der neuen Staßen• Die Kirche zu Harthausen a. d. Scher ist dem Hl. rechnet sind. Die Kosten allein hierfür beliefen sich Mauritius. die zu Benzingen Petrus und Paulus auf über 6682 fl", Der Brandschutt wurde haupt­ breite entsprachen; sie wurden jedoch wieder aufge­ mauert. Die Stadtmauer selbst, die je nach Lage geweiht. Harthausen konnte 1275 nicht zur Kreuz­ sächlich in die Stadtgräben abgelagert, besonders in zugssteuer wegen zu geringem Pfarreinkommen die beim Unteren Tor. etwa 7 Meter hoch und 1,20 Meter dick war, wurde auf gut 4 Meter erniedrigt, weil man Steine für den herangezogen werden während Benzingen veran- Zum Wiederaufbau der Stadt Balingen entwarf Wiederaufbau der Stadt brauchte. Im Laufe der schlagt wurde. . Landbaumeister Glaser den Plan, wonach in der folgenden Jahre ist jedoch die Stadtmauer mehr Die zum Landkapitel Ebingcn-Schömberg zählen­ inneren Stadt unter strenger Einhaltung der feuer­ und mehr verfallen. 1829 waren von ihr nur noch den Pfarreien. die außerhalb unseres Kreises liegen polizeilichen Vorschriften 198 Gebäude und in den Teile erhalten, 1847 ist schließlich beschlossen wor­ (in den Kreisen Tuttlingen und Sigmaringern sind Vorstädten 100 Gebäude neu erbaut werden sollten. den, auch die beiden Tortürme abzutragen. Heute oben angeführt. Es werden hier nur kurz die nächst• Davon waren bis Juni 1810 in der Stadt 120 und in können wir uns nur noch anhand von Resten der liegenden behandelt. Deilingcn auf der Europäi­ den Vorstädten 30 Gebäude aufgerichtet. Da breite­ alten Stadtbefestigung wie Zollernschloß. Reiter­ schen Wasserscheide wird 786 erstmals urkundlich re Straßen angelegt wurden, gingen Bauplätze verlo­ haus, Zehntscheuer. Wasserturm und Steinachgra­ erwähnt. St. Gallen erwarb damals wie anderwärts ren, weshalb man zwangsläufig in die Vorstädte ben ein Bild davon machen, wie unsere Stadt einst hier Besitz. Die Deilinger Kirche ist der "Unbefleck. ausweichen mußte. Damals erhielt die Balinger In­ ausgesehen haben mag. ten Empfängnis" geweiht. Schon 770 konnte St. nenstadt ihren noch heute bestehenden regelmäßi• (Fortsetzung folgt> Gallen in Egesheim Besitzungen erwerben. "Unse­ gen Grundriß mit der schnurgeraden und sehr brei- rer lieben Frau" ist die dortige Kirche. In Sccrzinga (Schörzingen). das hier nochmals angeführt werden soll. bekam St. Gallen schon 785 Besitz und nachher noch weiteren. Das Kloster gründete hier eine Gal­ Das Landkapitel Ebingen-Schömberg luskirche. In einer Weitung des Bäratales liegt Weh­ ingen. Hier erhielt St. Gallen wie in vielen andern Von Fritz Scheerer (Schluß) Orten 793 Schenkungen. Auf dem Friedhofsteht die alte Fronhofer Kirche zur Hl. Dreifaltigkeit. Die Im Mittelalter war sie meist mit den adeligen der Kapläne für die Besetzung der Pfarrstelle. Kirche in Irndorf <..Urndorff") ist St. Petrus geweiht. Pfarrern besetzt (1295 Berthold von Walddorf, 1375 Spätestens 1275 war St. Marien Pfarrkirche für ganz Auch hier konnte St. Gallen 786 Besitz erwerben. Dekan Siegwind. 1462 Heinrich Werenwag von Onstmettingen (Ober- und Unterhofern. 1313 ist ein Wir sehen. sehr groß war der Besitz des Klosters St. Mühlheim, s. auch KBS. II S. 972). Johann als Leutpriester erwähnt. 1420 ein Werner Gallen in der Scherragrafschaft. Bitzer. und anschließend sind dann die Namen fast 1547 wurde das Dekanat Balingen neu geschaffen. In Burgfelden machen die Gräber unter der MI­ aller Pfarrer überliefert. Deren Einkommen war dem vor allem die evangelischen Orte des alten chaelskirche wahrscheinlich. daß diese in der 2. aber nicht besonders hoch. Amtes Balingen zugewiesen wurden. Hälfte des 7. Jahrhunderts. spätestens um 700. ge­ gründet wurde und zwar als herrschaftliche Kirche des Burgfelder Herrschaltsbezirks. Sie liegt in ei­ nem Alamannenfriedhof. der bei verschiedenen Grabarbeiten aufgedeckt wurde. In dem Platten­ Der Schatz im Burgstall Beuren grab dürfte der Stifter der Kirche beigesetzt worden sein. Sehr groß war der Sprengel der Pfarrei: Kapel­ Von Felix Burkhardt, Esslingen len der Schalksburg. in Pfeffingen. Zillhausen. Land und Leute seines Rosenfelder Amtes waren Der Vogt, de~ den Mann kennenlernen wollte. Streichen. Wannental. Uffhofen (abgegangen) und dem Vogt Georg Christoph Hegel wohl vertraut. stellte den Geleitbrief aus; doch wartete er vergeb­ Laufen. Die Pfarrei. die sehr reich war. war anfangs Einwohner im Alter von 70 und mehr Jahren lich auf die Ankunft. Der Kellerkastenknecht wurde mit adeligen Kirchherrn besetzt; 1320 Johann von hatten ihm berichtet, daß sie von ihren auch sehr nach Horb geschickt. um Erkundigungen einzuzie­ Wolfach. 1355 Friedrich von Zollern (Leutpriester alt gewordenen Eltern gehört hätten, in der Burg­ hen. Ihm versprach der schatzkundige Mann. er Albrecht), 1376 Graf Friedrich von Zollern. der ruine Beuren (heute zu Vöhringen) solle ein Schatz werde sich am 14. September in Rosenfeld einstel­ Weißgraf usw. (KBS. II S . 970). von großem Wert verborgen liegen. Wie der Schatz len. Am gemeldeten Tag traf er dann auch ein; mit Die Lautlinger Kirche. St. Johannes dem Täufer dorthin gekommen sei, konnte niemand sagen. ihm kamen seine Helfer, der Zimmermann Wyd­ geweiht. dürfte schon im 8. Jahrhundert gegründet Hin und wieder stellten sich auf dem Burgstall mayer, der Chirurg Matthias Frech von Horb und worden sein. Das Patronat stand den Ortsherren zu. Leute ein in der Absicht, nach dem Schatz zu der Schuhmacher J ohannes Braun von Nordstetten. 1275 war hier Heinrich von Tieringen Pfarrer. der suchen. Meist gingen sie heimlich an das Werk; bei In seiner Amtsstube examinierte der Vogt seinen auch Dekan war. wie auch der 1344 genannte Kon­ dem Vogt klopfte keiner an und suchte um Erlaub­ Besucher. Er erfuhr, daß der Mann Johann Kreutter rad Reck. Die Pfarrei wurde im 15. Jahrhundert nis nach. auf Beuren zu graben. aus Markt Reutte in der österreichischen Herrschaft zeitweise von Margrethausen aus versehen. dessen An einem Freitagmorgen des Jahres 1711 meldete Ehrenberg sei, Maurer von Beruf und ein Glied der Pfarrei schon um 1200 erstmals als St. Galler "Patro­ sich im Amtshaus ein fremder Mann. Er brachte vor. Tiroler Jägerschaft. Weib und vier Kinder besitze natspfarrei" erwähnt wird. Die Pfarrkirche war St. von sicheren Leuten gehört iu haben. der Burgstall und sei 1713 von einem fahrenden Schüler die Margarethe geweiht. 1339 sind Albrecht von Neun- Beuren berge einen großen Schatz. Diesen wolle er Experienz (Erfahrungsklugheit> erlangt habe, ver­ ..auf gewisse Art an das Tageslicht bringen". wenn borgene Schätze zu heben. Vor zwei Jahren habe er I eck als Kirchherr und dessen Bruder Trägoll als Vogt und Herr der Kirche bezeugt und Berchold der er die Erlaubnis erhalte. in Augsburg im Haus des alten Grafen Fugger in Offenhauser als Leutpriester. Der Vogt ließ satteln. ritt mit dem Mann und zwei einem Gewölbe eine Tonne Gold gefunden; auch in Amtsdienern zur alten Burg. Der Fremde zog hier Füssen habe er ein Simri Silber entdeckt. Als Patronin der Tieringer Kirche wird zu Anfang - seine Glücksrute hervor, schritt das Gelände ab und Der tüchtige Mann weihte den Vogt in sein Ge­ des 14. Jahrhunderts ..Unsere liebe Frau" erstmals zeigte die Stelle, an der der Schatz tief verborgen heimnis ein. Es zeige sich das verborgene Gut den genannt. die Pfarrei 1275. Heinrich von Tierirrgen läge. Er werde wiederkommen und im Beisein des natürlichen Augen anfangs niemals in seiner eigent­ war damals Dekan in Ebingen. Um 1290 werden als Vogtes sein Werk durchführen, versprach er, war lichen Gestalt; wie er aus Erfahrung wisse, erschei­ Pfarrer genannt der ..Cappadocier" (Notar des Gra­ aber nicht geneigt, seinen Namen dem Vogt zu ne der Schatz als etwas Rohes. als altes Holz, Käl• fen Albrecht II . von Hohenberg) und 1338 Johann bekennen. Vergeblich wartete man auf seine Rück• berzähne oder andere schlechte Dinge. Er dagegen von Ow, neben dem der Leutpriester Berthold der kehr. Durch Patrouillen ließ der Vogt den Burgstall könne durch seinen Bergspiegel alle Arten wirklich Magier stand (WR 6727) . Zum Sprengel der Pfarrei überwachen; aber niemand ließ sich blicken. erkennen. gehörte bis zur 'Reformation und Jahre gingen ins Land. Unkräuter wucherten un­ Im Heraufgehen habe er bereits durch den Erd­ Winzeln am Fuße des Wenzelsteins (heute Oberhau­ gehemmt im alten Gemäuer; Haselnußbüsche und spiegel bemerkt, daß im Burgstall Beuren ein großer sen). wildes Gesträuch breiteten sich aus. 1726 stellten Schatz sei. Nach erhaltener Erlaubnis werde er am sich heimliche Besucher ein. Etliche Männer, die . Montag dort graben; doch möge sich niemand daran Oberdigisheim besaß bis zur Reformation eine sich in den Waldungen aufhielten, gruben nachts auf stoßen, wenn er mit seinen natürlichen Augen nur eigene Pfarrei. nach der Reformation blieb die Pfarr­ dem Burgstall. Sie waren verschwunden, als der geringe Dinge wahrnehme. Die Geister, die oft stelle unbesetzt. Der' letztgenannte Leutpriester Vogt nach ihnen fahnden ließ. Nur eine leere Hütte schon lange Zeit im Besitz der Schätze seien, ver­ (1490) ist J ohann Mayser. Die Gründe der Auflösung im Wald und Grabspuren in der Ruine entdeckten blendeten deren wahre Gestalt. Wenn man ihm der Pfarrei sind nicht bekannt. vielleicht weil das die Männer des Vogtes. Unter den Bewohnern der einige vertrauenswürdige Leute zur Verfügung stel­ Pfarrhaus. das neben der Zehntscheuer stand. abge­ Nachbarorte verbreitete sich das Gerücht, der le, wolle er alles in einen guten Stand bringen. gangen war oder aber weil der Oberdigisheimer Schatz sei wirklich gehoben und hinweggebracht. Neben Pickel und Schaufel benötige er etliche Kör• Pfarrer die Bauern 1525 zum Aufstand aufwiegelte. Der Vogt aber bezweifelte diese Vermutung. Die be und eine verschließbare Truhe, in der der Schatz Die Gemeinde wird seit der 1534 durchgeführten Leute, die man als Schatzgräber im Verdacht hatte. nach Rosenfeld gebracht werden könne. Reformation durch den Pfarrer von Tieringen verse­ verhielten sich sehr still; .wären sie jetzt reiche Der Vogt veranlaßte das Nötige, beauftragte den hen. Leute, würden sie anders auftreten, meinte er. Amts-Substituten Speidei und den Kellereikasten­ Am 16. August 1727 meldete sich Johannes Wid­ knecht Stotz, im Namen der Herrschaft der Grabung Die Meßstetter Pfarrei. die zu den bestausgestat­ mayer, ein Zimmermann aus Wittershausen, im beizuwohnen. teten des Dekanats zählte. wird 1275 erstmals er­ Amtshaus und begehrte, mit dem Vogt allein zu In der Morgenfrühe des 15. Septembers mar­ wähnt. D ie Kirche war dem Heiligen Lambert sprechen. Dieser ahnte sofort, als er den Namen schierte der Schatzgräber mit seinen drei Gehilfen (Larnprecht) geweiht. Die Pfarrei betrieb einen eige­ seines Besuchers vernahm, daß dieser Mann wegen zum Burgstall. Durch einen Bergspiegel betrachtete nen Widumhof. besaß Lehengüter. bezog den hiesi­ des Schatzes in Beuren sich einstelle; war ihm doch er das Gelände, ließ Haselstauden und andere Bü• gen Zehnten und Einkünfte aus verschiedenen Or­ dessen Neigung zum Schatzgraben bekannt. sche umhauen und bestimmte den Ort, an dem zu ten. Als Heinrich von Tierberg 1354 das Patronat der Die Ahnung des Vogtes bestätigte sich. Joh. Wid­ graben sei. Pfarrei an den Pfarrer und die Priesterschaft der mayer trug vor. er habe einen sicheren Freund, der Den Kellereikastenknecht fragte er, ob er nicht drei Kapellen schenkte. konnten diese eine Vereini­ sich jetzt zu Horb aufhalte und über gute Wissen­ mit in den Burgstall hineingehen wolle; es könne gung. 1376 ..Stift" genannt. gründen mit damals schaft verfüge, verborgene Schätze zu erkennen und allerdings sein, daß es dort Backpfeifen gäbe. Der eigenartigen Gepflogenheiten. wie den Vorschlag hervorzubringen. Für ihn erbat er sicheres Geleit. Knecht verzichtete. Seite 264 Heimatkundliehe Blätter Balingen Juni 1980

Mit Chirurg Frech machte sich der Schatzgräber der Truheninhalt verfärben und in den ursprüngli• Kloster Zwiefalten schenkte. Der 1134 und 1156 ans Werk. Di e Männer schlugen mit dem Pickel ein chen Stoff zurückverwandeln. genannte Graf Gottfried von Zimmern, ein Bruder Loch in den Boden, schaufelten die Erde heraus. Mit Der vertriebene Geist aber bereitete noch man­ des Grafen Egino von Zollern, hatte in Zimmern seinem Bergspiegel untersuchte sie der Schatzgrä• chen Arger; er wollte keine Ruhe geben. Der Fuhr­ seinen Sitz, der vermutlich in der Flur "Bürgle" lag. ber; was er für gut befand, warf der Chirurg in die mann, der den Karren gestellt hatte, klagte, seine Durch Graf Friedrich den Erlauchten von Zollern Körbe. Wydmayer und Braun schleppten die Körbe beiden Gäule wurden durch den Geist sehr beunru­ wurde 1267 das Frauenkloster Stetten "unter Burg zur Truhe, die auf einem Karren vor der Ruine higt; dieser lasse sich als kleines schimmerndes Zolre" gestiftet, das zunächst nach der Augustiner­ stand. . Lichtlein sehen. Die Dienstboten des Vogts, die bei regel lebte und noch vor 1275 dem Dominikaneror­ Die Beobachter SpeideI und Stotz konnten sich dessen kranken Sohn wachten, vernahmen Poltern den unterstellt wurde. Durch Schenkungen der Stif­ das Lachen nicht verkneifen, als sie sahen, welche in der Rathausstube. Der Fuhrmann Kunze berich­ terfamilie, des niederen Adels der Umgebung und Schätze in die Truhe wanderten: Steine, Sand, altes tete, er und sein Begleiter hätten im Burgstall einen seit dem 14. Jahrhundert auch durch Bürger erhielt Holz. Neugierig spähten sie zur Grabungsstelle.Die Knall, so laut wie einen Flintenschuß, gehört. Im das Kloster ausgedehnten Grundbesitz in der Graf­ Männer schufteten, daß ihnen der Schweiß von der Hause des Ochsenwirts, wo der Schatzgräber Her­ schaft Zollern, im Steinlachtal, in Oberhohenberg Stirne tropfte. Die Träger hatten es nicht leichter; berge genommen hatten, rätselten die Bewohner und im Balinger Raum. Die Güter, die sie schenk­ von der Last bogen sich die Böden der Körbe nach über ein starkes Poltern. Auch der Stadtknecht ten, dienten meistens zur Ausstattung einer ins unten. Um 10 Uhr vormittags legten die Männer ihr wunderte sich über die Poltetgeräusche in der Rat­ Kloster eingetretenen Tochter. Besonders durch Werkzeug aus der Hand. Die Truhe, bis an den Rand hausstube. Schenkung des niederen Adels der Umgebung wur­ gefüllt, wurde verschlossen. Schwer mußten sich Der kundige Geisterbeschwörer jedoch beruhigte de wesentlich zur Wirtschaftskraft des Klosters bei­ die Gäule in die Stränge legen. Drei Stunden die Leute; der Geist, der nicht mehr über die Sachen getragen. Bis 1550 hatsich so das Kloster einen brauchte Fuhrmann Andreas Kunz, um die Last herrschen dürfe, sei jetzt unwillig; er könne aber ansehnlichen Besitz erworben. In Stetten im "Gna­ nach Rosenfeld zu bringen. weder den Leuten noch der Sache schaden. Zuver­ dental", wie das Kloster sich regelmäßig von 1497 an Acht starke Männer mußten Hand anlegen, um sichtlich eröffnete am 13.·Oktober der Schatzgräber nannte, befand sich seit dem 13. Jahrhundert das die Truhe in eine Kammer des Rathauses zu brin­ seinen Gehilfen, sie sollten guten Muts sein, essen zollerische Erbbegräbnis, bis es dann zu Beginn der gen. Auf Walzen rollte man sie an ihren sicheren Ort. und trinken; morgen, so hoffe er, werde der Schatz Neuzeit in die Hechinger Stiftskirche verlegt wurde. Freudig berichtete der Schatzgräber über seinen zu öffnen sein. Die Hoffnung trog; als er am näch• Das Kloster wurde 1803 aufgehoben. Fund. Der Schatz bestehe aus vielen goldenen und sten Tag mit seinem Bergspiegel prüfte, mußte er (Fortsetzung folgt) silbernen Münzen, drei silbernen Schalen, die ver­ feststellen, daß einige "Malefizsachen" die Um­ goldet waren, einen goldenen Becher, mehr als 20 wandlung verhinderten. Dem Vogt eröffnete er, er mit Edelsteinen verzierte Ringe, einen bohnengro­ müsse noch einmal nach Füssen und ein weiteres ßen Smaragd, einen Diamant und noch anderen Experimentum abholen. Wen'n ' er zurückkomme, Kleinodien. Auch ein kleines Glöcklein sei dabei. lasse sich das Werk in 'einem Tag beendigen und der Spitzwegerich Die Kleinodien seien vor über 300 Jahren acht Schatz ,sei gehoben. Noch am gleichen Tag machte (Plantago Ianceolata) Schuh tief in die Erde vergraben worden. Doch habe er sich auf den Weg, nachdem er vier Gulden und 30 man bereits dreimal versucht, mit Zaubermitteln sie Kreuzer empfangen hatte. zu 'bergen, Es sei ihm hart angekommen, sie wieder Geduldig und zuversichtlich wartete man in Ro­ hervorzubringen. Jetzt seien sie noch vor natürli• senfeId auf die Rückkehr. Doch Tag für Tag verging chen Augen verblendet; er wolle sie ruhen lassen. und kein Schatzgräber ließ sich sehen. Der .vogt · Mit seinem Bergspiegel aber konnte der Schatzhe­ entschloß sich, am 29. Oktober die Behörde zu ber die Vorgänge in der Truhe beobachten; ermel­ unterrichten. Er fragte an; ob er den Marin, wenn er dete dem Vogt, es stehe alles gut. Ein kleiner zurückkehre', festnehmen und examinieren solle. schwarzer Hund mit ziemlich großen feurigen Au­ Am 5. November klopfte die Frau des Schuhma­ gen sitze in der Truhe; er müsse auch dort bleiben, chers Braun von Nordstetten an die Tür des Amts­ bis er ihn abtreiben könne. hauses und händigte dem Vogt ein Schreiben des Am sonst so stillen Burgstall ging es nach der Schatzgräbers aus. Dieser teilte mit, er sei gesund Grabung nicht mehr recht geheuer zu. Joh. Walter nach Hause gekommen. Die Herren in Füssen hät• von Vöhringen wollte am 20. September, als er am ten ihm die rechten Sachen nicht geben können, Morgen in der Nähe Gras mähte, ein Gerassel gehört aber versprochen, die benötigten Sachen aus dem haben, als wenn ein gesperrtes Fuhrwerk mit Pfer­ Kloster Ettal zu beschaffen und ihm in die Hand zu den die Schloßsteige herabfahre; doch konnte er geben. Die Truhe, so bat er, solle man recht ver- weder Fuhrwerk noch Pferde sehen. Nur im Burg­ schlossen halten. - stall bemerkte er ein Weib und auf dem Weg einen Der Vogt und seine Leute konnten bald ohne Mann. Der Beck von Bickelsberg, der zwei Tage Bergspiegel feststellen, daß der Schatz aus dem später m it dem Nachtgarn zum Lerchenfang ausge­ Burgstall zu Beuren das geblieben war, was er zogen war, beobachtete etliche Male im Burgstall immer gewesen war: Erde und Steine. (Quelle: eine feurige Helle. Ein Bauer, der von Heiligenzirne Hauptstaatsarchiv A 207,4373). F. Burkhardt mern spät abends durch das Beuer Tal wanderte, sah auf dem Gemäuer einen feurigen Mann herum­ spazieren. Die Verwandlung der Erdschätze aber ging nur langsam voran. Der Schatzgräber sprach bei dem \ Abgegangene 'Siedlungen Vogt vor und verkündete ihm, er wolle die Angele­ genheit beschleunigen und zu diesem Zweck ein um den Zoller besonderes Mittel holen; allerdings müsse er vier Von Fritz Scheerer Dukaten dafür zahlen, auch benötige er zur Reise­ zehrung etwas Geld. Nach seiner Rückkehr werde er Prächtig steigt der Kegelberg Zoller (855 m) auf jeden Tag eine halbe Stunde das sichere Mittel mit der vielbesuchten, in der Mitte des 19. Jahrhun­ über die ganze Erde sind die Wegericharten ver­ anwenden. derts erbauten Burg. Die Anfänge der 1. Burg gehen breitet. Der Name deutet auf seinen Standort hin, Vogt Hegel wollte wohl die Sache nicht auf die in die Zeit um 1050 zurück. 1061 ist erstmals die und da, wo er der Sonne stark ausgesetzt ist, bildet eigene Kappe nehmen; er unterrichtete den Minister Nennung eines Adelsgeschlechts nach seiner er eine auf dem Boden flach anliegende Rosette aus, des Geheimen Kabinetts und erhielt am 24. Septem­ Stammburg Zoller in der Chronik Bertholds von um das Austrocknen seiner Pfahlwurzel zu verhin­ ber die mündliche Anweisung. Nach seiner Rück­ Reichenau und der Bau eines solchen Herrschafts­ dern. Aber auch auf Weiden, Wiesen und in Gärten kehr von Waldenbuch händigte der Vogt dem sitzes erwähnt, der zugleich eine Höhenburg ist: ist er anzutreffen. Die drei bei uns vorkommenden Schatzgräber die vier Dukaten aus und versah ihn "Burchardus et Wezil de Zolrin occidintur" - Burk­ Arten unterscheiden sich in .der Blattform und in mit Zehrgeld. Mit Handschlag versprach der Schatz­ hard und Wezel von Zollern wurden erschlagen. Die der Blütenfarbe. Der Breite oder Große Wegerich gräber, er werde in neun bis' zehn Tagen zurückkeh• Erbauung einer Burg auf einem Berg mit solchen hat sehr breite kurzgestielte Blätter mit starken ren, wenn er nicht von dem Benediktinerorden in Höhenunterschieden setzen ein ausgedehntes Herr­ Adern, die, wie bei allen drei Arten, vom Stiel bis zur Füssen aufgehalten werde. Seine Gehilfen Frech ' schaftsgebiet und bedeutende Machtmittel des Ge­ Blattspitze durchlaufen. Der an den Blütenstiel eng und Braun wollten die Zeit zu einer Wallfahrt nach schlechts voraus. Noch .deutlicher weist sich die anliegende Blütenstand zeigt kleine vierzipflige Blü• Mariahilf bei Fridingen nutzen; auch ihnen wurde Zugehörigkeit zu einem führenden Geschlecht 1095, ten mit vier weißen. Staubgefäßen, die aber erst mit drei Gulden Zehrgeld ausgeholfen. als Adalbert von Zollern zusammen mit Graf Alwig später, nach dem zuerst sichtbaren Stempel, heraus­ Etliche Bürger, die von dem Unternehmen gehört von Sulz und Rutmann von (Neckar-)Hausen das schauen. Die Blüten, die von unten nach oben hatten, bezweifelten stark die Rückkehr des Schatz­ Kloster Alpirsbach im Schwarzwald stiftete. aufblühen, werden meist durch den Wind bestäubt, gräbers. Er sei mit den Dukaten nach Hause gegan­ Rund um den Zoller liegen im Vorland eine Reihe der auch die vielen Samen aus den Kapseln heraus­ gen und lasse den Schatz Schatz sein. Der Vogt ließ ­ von -ingen-Orten, die schon 786 anläßlich einer schleudert. Beim Mittleren Wegerich sind die Blät• sich in seinem Vertrauen nicht erschüttern; er sollte Schenkung des Grafen Gerold an , das Kloster ter schmäler und mehr elliptisch. Die Blütenstiele recht behalten. Am neunten Tag stellte sich Kreutter St. Gallen erwähnt werden (Hechingen, Wessingen. sind länger als das Blatt. Die Blüte ist hellviolett und aus Füssen wieder ein. Nun, so meinte der Vogt, Bisingen). Hechingen wird 786 erwähnt in der Peri­ hat einen angenehmen Duft. Beim Spitzwegerich werde alles glücklich auslaufen. thilinbaar und 789 in der Hattenhuntare gelegen. sind die Blätter lanzettlich schmal, die Blütenähren Das aus Füssen herbeigeholte "Experimentum" Dabei dürfte es sich um das später abgegangene vor den Aufblühen und nach dem Verblühen bestand aus einem kleinen, viereckig zusammenge­ Niederhechingen zwischen Starzel und Martinsberg schwarz bis schwarzbraun und die weit herausra­ legten Papier, das versiegelt war. Das zauberkräftige handeln, wo sich auch die am Anfang des 19. .Iahr­ genden Staubfäden weißgelb, später braun. - Spitz­ Papier wurde in die Truhe gelegt, diese wieder hunderts abgebrochene Martinskirche befand. wegerichtee, -syrup, -tabletten usw. sind auch heute sicher verschlossen. Jeden Tag brachte nun der Die Bevölkerungszunahme führte darin zur Grün• wegen der heilenden Wirkung auf die Atemwege Schatzgräber eine halbe Stunde in der Kammer zu. dung von neuen Siedlungen. In die sogenannte noch immer im Gebrauch. Kurt Wedler Er mußte die Verwandlung der Materie beobachten ältere Ausbauzeit des 7. und 8. Jahrhunderts gehö• und sich mühen, den Geist aus der Truhe, der sich in ren hier Stetten, Weilheim, Thanheim, Zimmern der Gestalt eines Hundes dort niedergelassen hatte, und Beuren, die heute noch bestehen. Etwas jünge• 'Herausgegeben von der Heimatkundlichen Ver·' zu vertreiben. Beim Verjagen des Geistes werde es ren Ursprungs dürften Boll und Schlatt sein. Schlatt einigung Balingen. allerdings einen üblen Geruch geben. wird erstmals in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ Das fleißige Mühen des Schatzgräbers hatte Er­ genannt. Boll hatte im 13. und 14. Jahrhundert einen berg 14, Telefon 77 82. folg ; am 8. Oktober erschien er im Amtshaus und engen Ortsadel, der zur zollerischen Ministerialität Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg meldete fröhlich, er habe den Geist aus der Truhe zählte und dessen Burg auf dem "Roßberg" am 42, Telefon 76 76. vertrieben. Es sei kein leichtes Werk gewesen, drei­ Zollerwald oder auf dem "Hasenbühl" stand. Than­ Die Heimatkundlichen.Blätter erscheinen jeweils mal habe er sich bemühen müssen. Doch nun sei der heim wird um 1130 erstmals erwähnt, als Gräfin , am Monatsende als ständige Beilage des "Züllern• Geist in eine Holzbeuge gefahren. Bald werde sich Udilhild von Zollern hier zwei Bauernhöfe dem Alb-Kuriers". idhche Blätter

Jahrgang 27 31. Juli 1980 Nr.7

Von den Belemniten unseres Jura Von Fritz Scheerer

Unser Jura war von jeher ein Dorado der Geologen. Er ist fast unerschöpflich in Formen von Versteinerungen,-die zum Sammeln reizen. Dies zeigten auch die verschiedenen geologischen Exkursio­ nen der Heimatkundlichen Vereinigung der letzten Jahre in den Zahlen der Teilnehmer, die schöne Versteinerungen nach Hause nehmen konnten. Wenn man die bis jetzt bekannten Arten der Versteine­ rungen auf über 20000 schätzt, so ist nach Pompekky zu bedenken, daß höchstens nur 3% aller Organismen erhalten sind. Es sind vor allem die Ammonshörner (Ammoniten), die im Erdmittelalter, vor allem der Jurazeit eine ungeahnte Blütezeit und Formenfülle erlebten. Einige wurden in.den Heimatkundlichen Blättern Nr. 2 1957 vorgestellt. Nicht weniger berühmt sind auch die Belemnitenoder wie sie im Volksmund in'verschiedenen Gegenden genannt werden, die ..Donnerkeile...... Teufelsfinger.., ..Katzensteine", ..Rabenkegel". Aus deren Fülle solle in folgendem nun einige betrachtet werden. . " r

Wer unsere Gegend durchstreift und in Steinbrü• speer. Die Belemniten sind nahe Verwandte unserer chen, in Mergel- und Tongruben,:an Wegeinschnit­ heutigen Tintenfische und sind Enkel der altzeitli­ ten oder in Bachklingen nach Versteinerungen" chen "Geradhörner" (Orthoceras), die gegen Ende sucht oder gräbt, dem fallen neben den mannigfa­ -der Altzeit (Silur) bis auf wenige Formen ausstar­ chen Gestalten.der Ammonshörner, die schon im­ ben. Im oberen Triasmeer verlängerten sie die unte­ Ammonit: Arietites (Widderhorn) rotiformis, Lias y. mer das Auge des Naturfreundes auf sich gezogen re Spitze ihres gekrümmten Gehäuses. Der Kalksta­ haben, gewiß auch jene rätselhaften pfahl-, finger-, chel, wurde länger und dicker, das ursprüngliche keil- oder keulenförmigen grauen massiven Gebilde Gehäuse mehr und mehr verkümmert. Es entwik­ sich noch mit einem Stück des dreinsteckenden oder zylindrische Bruchstücke auf, die in der Spra­ kelten sich aus den einstigen "Geradhörnern" die ' gekammerten Schalenteils (Phragmoton) (s, Fig. 17). che der Wissenschaft von den Versteinerungen seit Belemniten. Das Ganze besteht aus Kalk, der in strahligen Krei­ alters die Bezeichnung Belemniten führen. Was wir heute vom ganzen Belemnitentier noch sen angeordnet ist. An einer Seite schließt sich nach Der wissenschaftliche Namen ist herzuleiten vom finden, das ist meistens nichts als der massive oben der Schulp an. Die ganzen Hartteile waren im griechischen belemnon = Pfeil, Geschoß, Wurf- Kalkstachel (das Rostrum), Wenn's gut geht, findet Tier von diesem umwachsen (s. Figur 1a). Das Tier hatte sechs mit Hornhäckchen besetzte Fangarme, wie Nautulus Hornkiefer und einen Trichter, durch den das Wasser ausgestoßen wurde, so daß der Belemnit rückwärts mit dem Spieß voran schwamm. Wie unsere heutigen Tintenfische, die vor allem in wärmeren Meeren leben und damals schon vorhanden waren, besaß er auch einen Tin­ tenbeutel. DieNahrung wird aus Krebsen, Fischen und Weichtieren bestanden haben. Unsere Vorstel­ lungen über Gestalt und Bau der Belemnitentiere führen uns zu der Folgerung, daß die Länge der auf uns zugekommenen Kalkstachein (Rostren) auf alle Fälle nur ein Bruchteil der Gesamtlänge des ausge­ streckten Tieres waren. Es müssen schon teilweise recht stattliche Burschen gewesen sein. Die Körper• länge muß bei einzelnen Arten einen halben Meter überschritten haben. Und wenn wir dann bedenken, daß die längsten bekannten Rostren, die des Belem­ E) niten giganteus, allein etwa so viel messen, dann müssen dies meterlange Tiere gewesen sein. Die Reste dieser Riesen sind in den Schichten des l mittleren und oberen Braunjura recht häufig. . 0 In gewissen Schichten des Schwarzen und Brau­ « nen Jura finden sich Belemniten so massenhaft, daß ~ für ihre dortigen lagerweisen Vorkommen der treff­ lich bildhafte Ausdruck .Belemmtenschlachttel. der" geprägt worden ist. Wo solche Schichten ange­ -0 schnitten werden, durchsetzen Belemniten und ihre Bruchstücke in großen Massen auch die Ackererde. ~ ./~ Quenstedt der Altmeister der Albgeologie. sagt zu diesem Reichtum gewisser Horizonte an Belernni­ tenmaterial in seinem Werk über die Cephalopoden (Kopffüßler) (1845-49, S. 393): "Hier ist die Zahl ihrer Bruchstücke teilweise unermeßlich, ja es gibt weni­ ge Geschöpfe, die in dieser Hinsicht einen Vergleich mit ihnen aushalten, und wenn man bedenkt daß jeden eine nicht unbeträchtliche Fleischmass~ um­ hüllte, so müssen auf der Grenze Lias E (Posido­ nienschiefer) und Zeta (Jurensimergel),' wo alles in größter Ruhe sich abgelagert hat, ganze Berge von Fleisch allmählich herangewälzt sein". Angesichts solchen Reichtums an Fossilien wird uns das Jura­ meer in der Vorstellung vor allem besonders als Tummelplatz von Belemnitentieren. Im unteren Schwarzen Jura (Lias AArietenkalk) findet sich bei uns am Kaltbrunnenbach der B. acutus, ein mehrere cm langer Belemnit. Im mittle­ ren Lias (y und ~) findet sich auf Hangen bei BalingenB, paxillocus (= der pfahlförmige, 4 und 9). Gelegentlich in ganzen Schlachtfeldern gehäuft ist B clavatus (= keulenförmig ,3). Daneben kommen bereits vor im mittleren Lias. acuarius-artige Ro­ stren, d . h. übermäßig in die Länge geschossene, Charakteristische Belemnitenformen unseres Jura (nach Schwegler) (soweit nicht im Text): Fig. 13: B. sehr schlanke Belemniten (19). Dann treten ver­ rotiformis, 14: B. spinatus Braun ß, 15: B. brevis, 16: B. rentroplanus, Lias y, 18: Schnitt B. hastatus (=der schiedene Belemniten mit Bauchfurchen auf (15 spießförmige) (Weißjura ß) etwa -t, natürlicher Größe. usw.), die abgebildet sind, auf die aber nicht weiter Seite 266 Heimatkundliche Blätter Bahngen Juli 1980

anderen Klassenstufen werden .von den versammel­ ten Lehrern Argumente vorgebracht. Es wird die Hoffnung ausgesprochen, daß die _ Eltern über die Zeugnisse mehr Einblick in die Entwicklung der geistigen Kräfte ihres Kindes und mehr Interesse für die Arbeit der Schule bekom­ men. Die Schüler selbst werden in ihrem Selbstver­ trauen gestärkt und zu einem gesunden Ehrgeiz angespornt. Für den Lehrer ergibt, sich durch die Zeugnisausstellung ein nützlicher Zwang zur Selbstprüfung. Er erhält dadurch ein genaues Bild la: Rekonstruktion eines Belemnitentieres: Le=Leber, Ma=Magen, Mh=Mundhöhle, Po=Schulp, KeKie- : vom Kenntnisstand seiner Klasse, von den Fähig• men, Ro=Rostrum keiten der einzelnen Schüler und von der Wirksam- keit seiner Unterrichtsmethode. . eingegangen werden soll, da sie bei uns zum Teil Es wird betont, daß zum Zeugnis allerdings der lieh lohnt, sich mit ' diesen Gestalten zu befassen, Schülerbeobachtungsbogen treten muß mit Einträ­ selten sind. Im mittleren Braunen Jura finden sich ähnlich wie mit den Ammoniten. Nicht mehr die dann die Riesenvertreter des Geschlechts der Kopf­ gen über die kindliche Entwicklung. Dadurch kann Schale, die durch Regulierung des Gasgehaltes der die Gefahr gebannt werden, die Schülerpersönlich- füßler wie B. giganteus (8). Die Belemniten ohne Kammern ein passives Schwimmen ermöglichten, Bauchfurche enden bei uns mit dem Giganten des . keit bloß in Zeugnisziffern erfassen zu ' wollen. ,ist zur ' Fortbewegung erforderlich. Es wirkt das Schulrat Bohnacker äußerte schließlich sogar die Braunen Jura. Dafür finden sich Belemniten mit Rückstoßprinzip, und damit wurde die Schale über• sogenanntem Kanal auf der Bauchseite,' aber ohne Überzeugung, über die Einführung der Zeugnisse fl üssig.rSo bleibt das Belemnitengeschlecht in der könne es gelingen, die Leistungen der Volksschule Spitzenfurchen. Wir finden keulenförmige (B. pres­ Geschichte des Lebens auf jeden Fall eine Merkwür- solus (12) und B. hastatus (11). Der letztere ist eine , digkeit. insgesamt zu heben, was in der anhaltenden wirt­ Charakterform des Weißen Jura und ist kegel­ schaftlichen Notzeit dringend erforderlich sei. ' förmig. Literatur u. a. Th. Engel, Die Schwabenalb und ihr Auffallend ist die explosive Entwicklung im mitt­ geologischer Aufbau; Th. Engel, Geognostischer Was gegen die Zeugnisausgabe spricht leren Lias, oberen Lias und oberen Braunjura so­ Wegweiser durch Württemberg; Der Landkreis Ba­ Eine Menge von gewichtigen Gegenargumenten wohl in der Formenentwicklung als auch durch Iingen, Bd. 1; Quenstedt, Der Jura, 1858; Volk, G. K. wurden aber auch von den anwesenden Lehrern ungeheure Individuenzahlen, so daß es sich wirk- Geologisches Wanderbuch Bd. 2. und Schulleitern mit Beharrlichkeit und - wie sich heute zeigt - prophetischem Weitblick vorgetragen. Gegenüber den Wünschen der Wirtschaft werden Bedenken ausgesprochen. Ein Schulzeugnis könne doch nur wenig aussagen über die Eignung für Vor 50 Jahren: Sollen Zeugnisse einen praktischen Beruf. Die Schule solle nicht die Forderung von außerschulischen Kreisen erfüllen wollen, die doch sonst nichts nach ihr fragen. ausgestellt werden? Die Eltern hätten bisher auch keine Zeugnisse gebraucht, um ihr Kind verstehen zu können. Sie Aus dem 'Pr otokoll der Bezirksschulversammlung 1930 in Balingen können zum Lehrer kommen und mit ihm über die von Dipl.-Päd. Adolf Kiek, Schulrat schulischen Leistungen ihres Kindes sprechen, dann werden sie von ihm besser unterrichtet, als es Gibt es heute etwas im Bereich der Schule, was die Kinder, ihre Eltern und auch die Lehrer so stark bloße Zeugnisnoten tun können. belastet, wie das ständige Erteilen von Zeugnisnoten und die halbjährliche Ausgabe der Zeugnishefte.? Wenn Zeugnisse gegeben werden, müßte dafür Der Kultusminister der Landes Baden-Württemberg sah sich im Januar 1980 genötigt, über die Presse ein einheitlicher Maßstab im ganzen Land vorhan­ vor einer Überbewertung der Zeugnisse zu warnen. Er appellierte eindringlich an die Eltern, "den Tag den sein, damit die Zeugnisnote tatsächlich über der Zeugnisausgabe für ihre Kinder nicht zu einem Schicksalstag werden zu lassen". Es fällt den eine Klasse oder einen Ort hinaus Aussagekraft Erwachsenen schwer, sich in die Lage der Kinder hineinzudenken, weil man sich kaum an einen solchen besitzt. Ein solcher objektiver 'Maßsta b wäre aber Leistungsdruck durch Zeugnisnoten während der eigenen Schulzeit erinnern kann. Von der Generation wieder ungerecht, weil in deri. Stadtschulen ganz der Großeltern hört man gar, daß es noch früher überhaupt keine Zeugnisse in der Volksschule gegeben anders gearbeitet werden kann, als in den kleinen haben soll. Kann das wahr sein? Dorfschulen: Die Bezirksschulversammlung von 1930 nach Schulabschluß entlassen wurde und zum Ein­ Wenn gar die Zeugnisse dazu dienen müssen, die Daß die Aufgabe von Zeugnissen in die Hand der tritt in einen Beruf ein Schulzeugnis vorweisen . Sch üler zum Lernen anzuspornen, ist es schlecht Schüler und Eltern im Jahre 1930 tatsächlich noch mußte, fertigte auf ausdrücklichen Wunsch der um die Schule bestellt. Das Interesse am Unterricht nicht allgemein üblich war, geht aus einem sehr Schulleiter aus den Einträgen in dieser Tabelle ein und am Lernstoff muß es sein, was die Schüler zur ausführlichen Protokoll. zur Bezirksschulversamm­ Schulzeugnis an. Sonst bekam kein Schüler wäh• Mitarbeit anregt. Der kindliche Ehrgeiz wird durch lung im Mai jenes Jahres hervor. Zu einer Bezirks- . rend seiner damals 7 oder 8 Jahre umfassenden . die Aussicht auf ein gutes Zeugnis in falscher Weise schulversammlung wurden früher alljährlich einmal Volksschulzeit seine Zeugnisnoten zu Gesicht. Der angestachelt. Die Moral wird untergraben, weil die die hauptamtlichen Lehrer, die nebenamtlichen Schulrat, dem die Schultabelle vorgelegt wurde, war Kinder der Versuchung erliegen, voneinander abzu­ Fach- und Religionslehrer (Pfarrer), die Mitglieder durch seine Dienstvorschrift ausdrücklich angewie­ schreiben. des Ortsschulrats und des Gemeinderats jeder Ge­ sen, seine Prüfungen in den Schulklassen "nicht auf Die Erziehung zum Gemeinsinn wird beeinträch­ meinde im Schulbezirk, sowie die Vertreter der eine ausgedehnte Feststellung von Zeugniszahlen tigt, weil bei Bekanntwerden der Zeugnisnoten ein Kreisbehörden eingeladen. Die Bezirksschulver­ anzulegen". Er sollte den Stand des Unterrichts Konkurrenzverhalten beginnt. In welche Nöte sammlung von 1930 fand in der Turnhalle der Si­ vielmehr darnach beurteilen,"ob die geistige Kraft kommt ein Kind, wenn eine Zeugnisnote schlechter .chelsch ule in Bahngen für die Oberämter Balingen der Kinder entwickelt, ihr Verständnis geweckt und als im vorigen Zeugnis ausfällt? und Sulz gemeinsam statt. Sie wurde von Schulrat auf diese Weise der erforderliche Grundstock von Schließlich gibt es auch Unterrichtsfächer - das Bohnacker geleitet: Kenntnissen sicher erarbeitet worden ist" (Anlage 1 räumt auch Schulrat Bohnacker ein - , die einen üblicherweise hatte der Schulrat bei der Bezirks­ zum VSCHG von 1909). größeren Bildungswert haben oder höhere Anforde­ schulversammlung einen ausführlichen Bericht rungen an die Begabung stellen, als andere. Es über den Stand des Schulwesens im Schulbezirk zu Weshalb des Ausstellen von Zeugnissen eingeführt müßte deshalb noch geklärt werden, ob solche Fä­ geben, wie er sich ihm nach den vorausgegangenen werden soll. cher doppelt oder gar dreifach zu werten sind. Die Schulprüfungen (Hauptprüfungen) in Verbindung In der offensichtlich sehr sachlich und verantwor­ vermehrte Verwendung von Schülerbeobachtungs­ mit den Anforderungen der Schulbehörde und den tungsbewußt geführten Debatte der Bezirksschul­ bogen empfiehlt auch einer der Gegner der Zeugnis­ pädagogischen Strömungen darstellte. Der Schulbe­ versammlung wurden wichtige Gründe dafür ge­ einführung; und daß für den Lehrer selbst das richt befaßte sich mit der Situation an den Volks­ nannt, daß es nun an der Zeit wäre, den Schülern Notieren von Zeugnisnoten sehr nützlich sei, betont schulen (heute Grund- und Hauptschulen), den Mit­ jährlich oder gar halbjährlich Zeugnisse auszustel­ er ausdrücklich. Dementsprechend wird in der Ver- ­ telschulen (heute Realschulen) und den Fortbil­ len und sie ihnen auszuhändigen. Von den höheren sammlung auch ein vermittelnder Vorschlag laut: dungsschulen (heute Berufsschulen). Sonderschu­ Schulen kannte man diesen Brauch.schon, Der Lehrer soll Zeugnisse aufschreiben, aber er soll len gab es damals in unserer Gegend nicht. An den sie geheim halten. Bericht des Schulrats schloß sich regelmäßig eine Einleitend führt der Schulrat an, bei den Entlaß• Wie das Protokoll berichtet, beschloß der Schulrat Diskussion über angesprochene Punkte oder andere schülern sei ein Zeugnis zur Bewerbung um eine die Diskussion mit den Worten: "Ich sehe, die Frage aktuelle Fragen an. Das Protokoll der Versammlung Lehrstelle in 'der Wirtschaft oder bei Behörden not­ ist noch nicht ganz spruchreif." Was würden wir von 1930, das die Lehrer. Sprandel und Kraut aus wendig. Aber auch für die Zeugnisausgabe auf allen heute zum Für undWider sagen? Balingen anfertigten, läßt deutlich erkennen, daß es an diesem Tag ein Hauptanliegen des Schulrats war, in der Lehrerschaft die Bereitschaft dafür zu wek­ ken, künftig den Schülern in allen Orten des Schul­ über den großen Balinger Stadtbrand bezirks Zeugnisse zu geben. ' im Jahre 1809, die "Balinger Feueranstalt" in jenen Jahren und die Einführung der staatlichen Bisher: Keine Zeugnisse Gebäudebrandversicherung in Württemberg , Wie aus anderen Unterlagen zu ersehen ist, wurde bisher gemäß dem Volksschulgesetz von 1909 nur Von Rudolf Töpfer (Fortsetzung) eine sogenannte Schultabelle angelegt. Sie hatte den Zweck, den Schulrat (vormals Bezirksschulinspek­ Die "Feueranstalt" in alten Stadt-Rechnungen ständigen dieses Bild. So erhielt der Oberfeuer­ tor genannt) bei der Hauptprüfung über die Lei­ Wie es früher um die "Feueranstalt", wie man den schauer Ludwig Majer, ein Maurer aus Ostdorf, für stungsfähigkeit der einzelnen Schüler zu inform ie­ Feuerschutz nannte, bestelltwar, geht zum Beispiel die jährliche Gebäude-Visitation eine Vergütung. ren. Die Hauptprüfung wurde regelmäßig alle 2 aus der "Stadt-Rechnung von Georgi 1818 bis Geor­ Neben ihm gab es mehrere Feuerschauer, denen die Jahre im Winterhalbjahr an jeder Schule durchge­ gi 1819" (= 23. 4.) hervor, der ein "Inventarium" Bürger auch die Feuerkübel vorzeigen mußten. Im führt. beiliegt, das die Geräte benennt, die damals, also 10 übrigen ist der Ausdruck Feuerschau noch heute In dieser Schultabelle wurden die Schüler ,,10­ Jahre nach dem großen Stadtbrand von 1809, zum gebräuchlich. Die Feuerspritzen wurden vom Kup­ eiert", so daß an erster Stelle der beste Schüler und Zwecke der Feuerbekämpfung zu Verfügung stan­ ferschmied und Spritzenmacher Andreas Landen­ an letzter der schlechteste Schüler der Klasse stand. den: 4 Feuerspritzen, 1 Handspritze, 20 Feuerleitern, berger überprüft und mit Schmeer eingeschmiert. Für die Fähigkeiten in,den einzelnen Fächern wur­ 6 Feuerhaken, 6 Feuerfahnen, 9 Seile, 7 Segeltücher. Seit 1774 war in Balingen "reguliert, daß diejenigen, den bei den Schülern auch Zeugnisstufen vermerkt, 3 Pechpfannen sowie zahlreiche Feuereimer. die im Brandfall ihre Pferde zuerst an die Spritze und zwar sehr gut (5), gut (4), befriedigend (3), Die aus der erwähnten Stadt-Rechnung ersichtli­ spannen, aus der Stadtkasse einen Gulden Douceur genügend (2), ungenügend (1). Wenn ein Schüler chen Ausgaben in Sachen "Feueranstalt" vervoll- (=Belohnung) erhalten' bzw. etwas mehr, je nach- t Juli 1980 Heimatkundliehe Blätter Balingen Seite 267

dem wieweit über die Markung der Stadt ausge­ dem Brandplatz einzufinden". Die Leitung der Feu­ men. Brandschäden wurden normalerweise voll er­ rückt werden mußte". Eine ähnliche Belohnung erOösch)anstalten stand damals unter dem Befehl setzt. Die Brandentschädigung durfte nur zum Wie­ wurde gewährt, wenn etwa bei schlimmer Witterung des Oberamts. Die handbetätigten Druckpumpen deraufbau der eingeäscherten oder beschädigten und schlechten Wegen zusätzlich Pferde vorge­ brachten nur eine geringe Leistung. Von oben konn­ Gebäude verwendet werden. Die abgebrannten Ver­ spannt werden mußten. Seit 1800 stand dem Feuer­ te ein Brand nur bekämpft werden, wenn es möglich .sicherten waren zum Wiederaufbau verpflichtet. Für reiter, der als erster bei der Oberamtei erschien und war, von den Dächern der Nachbarhäuser Wasser die Vergütung der Brandschädenkam die staatlich ein Feuer meldete, ein Gulden Douceur zu , den auf ihn zu schütten. Am meisten Erfolg versprach organisierte Gefahrengemeinschaft der Gebäudebe• beiden folgenden jedoch nur noch 45 bzw. 30 Kreu­ das Niederreißen von Gebäuden, was Sache der sitzer auf. Die Einschätzung der Gebäude zur Brand­ zer; hinzu kam noch eine Art Entfernungsgeld in Bauhandwerker war, um einem sich ausbreitenden versicherung oblag anfangs den Gebäudeeigentü• Höhe von ,,15 Kreuzer auf jede Stunde", denn die Brand die Nahrung zu nehmen. Wenn jedoch ein mern, doch hatten die Ortsvorsteher diese Einschät- Feuerreiter kamen ja aus einem Ort im Oberamtsbe­ zudem ständig seine Richtung wechselnder Gewit­ .. zungen zu überprüfen: Die Verzeichnisse über die zirk, in dem ein Brand ausgebrochen war. Aber auch terwind blies, wie anno 1809 in Balingen, dann Brandversicherungsanschläge der Gebäude wurden die Rottenmeister und deren Männer bekamen et­ konnte man wohl alle Hoffnung fahren lassen. Es von den Ortsvorstehern geführt. Sie hatten auch die was, jedoch nur, wenn sie mindestens zwei Stunden verwundert daher nicht, wenn die Menschen ange­ Versicherungsbeiträge einzuziehen und abzuführen. weit hatten laufen bzw. wegen eines Feuers über sichts eines sich rasch auf das gesamte Stadtgebiet Der Gesamtgebäudeanschlag im Herzogtum bildete Nacht hatten ausbleiben müssen. Wenn man in der ausdehnenden Großfeuers schließlich die Nerven die Berechnungsgrundlage für die zu zahlende genannten "Sta dt-Rech nu ng" dann weiter liest, daß verloren und am Ende nur noch daran dachten, die Brandschadensumlage. Die Erhebungen über einge­ "vier Mann zur Rettung der Stadtkasse" eingeteilt eigene bewegliche Habe in Sicherheit zu bringen. tretene Brandschäden oblagen den Ämtern und waren, so hatte man wohl an alles gedacht. . Gemeinden, die' so von Anfang an zu wichtigen Offenbar von der Überlegung ausgehend, je mehr Die Einführung der staatlichen Gebäudebrandver• Helfern der staatlichen Gebäudebrandversicherung Familien, desto mehr eigene Herde und umso grö• sicherung in Württemberg wurden. Die Kosten der Brandplatzräumung hatten ßer die Feuersgefahr, war angeordnet,' "daß jeder Nach dem Brand von 1809 konnte der Neuaufbau die Gemeinden zu tragen, wobei '"die nicht verun­ sich hier verheiratende Bürgerssohn entweder einen der Stadt Balingen insbesondere deshalb zügig er­ glückten Bürger" unentgeltlich Hand- und Fuhrfro­ \ Feuerkübel in natura zu liefern oder dafür 1 Gulden folgen, weil es bereits damals inWürttemberg eine nen leisten mußten. "Abschließend 'h eißt es dann, 30 Kreuzer zu bezahlen, ein Fremder aber zwei Gebäudebrandversicherungsanstalt gab. Es liegt na­ daß die in den Stadt- und Landfeuerordnungen Feuereimer anzuschaffen hat". Auf diese Weise he, darüber nachzudenken, wie und wann es zur gegebenen Vorschriften zur Brandverhütung streng konnten im "Rechnungslauf 1818/19".immerhin 22 Einrichtung dieser segensreichen Anstalt der staatli­ zu beachten seien, wie etwa die regelmäßige Kon- Gulden 30 Kreuzer eingezogen werden. Drei Bür• chen Daseinsvorsorge gekommen ist, einmal der . trolle der. Feuerstätten und die häufige sorgsame gerssöhne blieben damals den Feuereimer schuldig: Vollständigkeit halber und zum anderen, weil diese Reinigung der Kamine durch die Kaminfeger sowie einer war verstorben, zwei ausgewandert. Im übri• Entwicklung ohnehin weniger bekannt sein dürfte. daß die-Einrichtungen zur Brandbekämpfung durch gen hat die Stadt Balingen 1818/19 insgesamt 52' Beschaffung zweckmäßige Löschgeräte ständig ver­ Feuereimer für 78 Gulden angeschafft, die offenbar Die verheerenden Großbrände im Mittelalter und bessert werden müßten. Bei Feuersbrünsten wäre aus Leder waren, da das Geld an den Sattlermeister in der frühen Neuzeit hatten unzählige Menschen in ohne jede Nachsicht das Einreißen von Gebäuden ging. Und weil Ordnung sein muß, wurden diese 52 Not und Elend gestürzt. Deshalb wurde mehr und anzuordnen, wenn dadurch eine weitere Ausdeh­ Feuereimer dann noch für weitere 4 Kreuzer das mehr versucht, der Brandgefahr durch Einführung nung des Feuers verhindert werden könnte. Außer• Stück,ge(kenn)zeichnet. . - von Schutzmaßnahmen entgegen zu treten und das dem sei es Pflicht jedes Untertanen, sich nach Einige -Jahrzehnte später' heißt es in der "Stadt­ Feuerlöschwesen wirksamer zu organisieren. So Kräften an den Löscharbeiten zu beteiligen. Demje­ pfleg-Rechnung von 1855": "Jeder sich hier erstmal sind uns zahlreiche ältere Feuerordnungen überlie• nigen, .der beim Brandeinsatz verunglücke, würde . verheiratende Bürger oder in das Activ-Bürgerrecht fert, wie etwa die "Ulmer Feuerordnung von 1476" für seine Person wie für seine Familie die Unterstüt• eintretende hat zu bezahlen: für 1 Feuereimer = 1 und die "Stuttgarter Feuerordnung von 1492". Im zung der Landesherrschaft zugesichert. Jahre 1752 wurde schließlich die erste allgemeine Gulden 30 Kreuzer; für Bäume = 45 Kreuzer, insge­ (Fortsetzung folgt) samt = 2 Gulden 15 Kreuzer". Die 'Stadt besaß württembergische Land-Feuer-Ordnung erlassen; nämlich Baumschulen, von wo man dann Bäum• sie trat an die Stelle der bis dahin in Geltung chen holte, um sie an geeigneten Stellen einzuset­ gewesenen Ordnungen ' der einzelnen Städte und zen. auch "die Grünen" scheinen daher nichts Neu­ Amter. Da jedoch die Wasserversorgung damals es zu sein. überaus mangelhaft war, blieb die Effektivität der Brandbekämpfung weiterhin bescheiden. Die "Ab­ Abgegangene Siedlungen Man kann sich gut vorstellen, daß, wenn damals in gebrannten" aber standen mittellos da und wußten einem Gebäurde ein Brand ausbrach, die betroffe­ nicht, womit sie den Wiederaufbau ihrer Anwesen um den Zoller nen Bewohner fast immer um Haus und Habe und die Wiederbeschaffung ihrer persönlichen Habe Von Fritz Scheerer kamen. Besonders in den eng bebauten Städten mit bezahlen sollten. Gewiß gewährte die Regierung ihren schmalen Gassen konnte sich ein Brand rasch Steuernachlässe. Auch die Gemeinden und Nach­ (Schluß) auf die Nachbarhäuser, auf ganze Stadtteile oder gar barn halfen so gut es ging. Doch mit all dem kamen die ganze Stadt ausdehnen, wenn er nicht rechtzei­ sie nicht weit. Sie waren gezwungen, mit "Sammel­ Neben diesen heute noch bestehenden Siedlun­ tig bemerkt und sofort bekämpft wurde. Deshalb patenten" durch das Land zu ziehen und um milde gen bestanden noch eine Reihe anderer, die aber bis gehörte es zu den wichtigsten Aufgaben der Hoch-, Gaben zu bitten. in die Mitte des 16. Jahrhunderts wieder abgegan­ w ächter auf den Türmen und der Nachtwächter in gen waren. Unterhalb am Nordhang des Zellerhorns den Gassen bei brandverdächtigen Beobachtungen Da lag der Gedanke nahe, das Brandrisiko auf lag im Mittelalter das Dorf Zell, bei der heutigen, sofort Alarm zu schlagen, was durch Läuten der eine Gefahrengemeinschaft von Gebäudeeigentü• 1757 erbauten Wallfahrtskirche Mariazell, deren Feuerglocke, durch Hornsignale, lautes Rufen oder mern zu verlagern. So hatten sich zuerst in Nord­ Vorgängetin eine Galluskirche war, die im Liber - wie in Tübingen - auch durch einen Kanonen­ deutschland bereits im 16. Jahrhundert auf Gemein­ decimationis von 1275 mit 20 Mark Silber veran­ schuß vom Schloß her geschah. Der 61,3 Meter hohe deebene Brandgilden gebildet; 1676'war die "Ham­ schlagt war. Das Kloster St. Gallen .hatte hier ver­ Turm der Bahnger Stadtkirche hat in 40 Meter Höhe burger-General-Feuercassa", 1685 die Magdeburger mutlich schon in der 2. Hälfte des 8. Jahrhunderts einen Umgang. Noch einen Stock weiter oben befin­ "General-Feuer-Cassa" und 1718.die "Berliner Feu­ eine Zelle gegründet als Station zwischen seinen det sich die frühere Turmwächterwohnung, aus ersocietät" entstanden, um einige dieser Einrichtun­ Besitzungen in und Truchtelfingen. zwei geräumigen Kammern und einer kleinen Kü• gen zu nennen. Davon hatte man natürlich auch in Bei diesem Dorf hatten die Schenken von Zell ihre che bestehend. Nach einer Schilderung von Karl Württemberg gehört. Entsprechende Pläne entstan­ Burg, die aber schon um die Mitte des 14. Jahrhun­ Hötzer wohnten dort bis gegen Ende des vorigen den, die jedoch auf mancherlei Schwierigkeiten derts abgegangen sein muß. 1255 wird der Name Jahrhunderts die Turmwächter, die in ihrem Haupt­ stießen. Sie wurden dann stets neu aufgegriffen, erstmals erwähnt mit "Wernherus pincerna (= beruf meist Schuhmacher waren, von dort oben wenn es wieder einmal einen Großbrarid gegeben Schenk) de Celle". Diese Schenken waren Dienst­ aber Feuerwache für die ganze Stadt hielten, Der hatte. Im Grunde sahman den Nutzen einer Brand­ mannen der Grafen von Zollern. Im 13. Jahrhundert 'Turmwächter mußte auch die Stunden nachschla­ versicherung ein. Die Abgebrannten könnten wie­ schrieben sie sich abwechslungweise von ZelLund gen, zum Zeichen, daß er wach ist. Zu diesem deraufbauen. In dieser Gewißheit würden sie ihre Andeck. (einer Burg am Farrenberg bei Talheim) (s. Zwecke hatte er neben seinem Bett einen Riemen Gebäude instandhalten und verbessern, da diese bei u). Zell war nämlich die Wiege einer Reihe von h ängen.jnit dem er den Hammer der in einem Dach­ Einführung einer Brandversicherung ein "vollkom­ Schenken, die von diesem Geschlecht abstammten erker aufgehängten Feuerglocke in Bewegung set­ men sicheres Kapital" seien, was sich vor allem bei (Andeck, Neuenzell, Stauffenberg, Erpfingen). Der zen konnte. Die Nachtwächter machten auf ihren Verpfändungen, Verkäufen und Teilungen günstig letzte Schenk, der sich nach dem Stammsitz nannte, Rundgängen auch offengebliebene Haustüren zu , auswirken dürfte. Ja man fragte sich bereits, ob siegelte 1350 in einer Stettener Urkunde. 1366 wird weckten. für einige Kreuzer diejenigen Bürger, die auch Schäden durch Wasser, Sturmwinde usw. in Zell als "Burgstal" (abgegangene Burg, Ruine) bei außergewöhnlich früh aufstehen wollten, und riefen eine solche Versicherung einbezogen werden soll­ der Schenkung Rudolf des Schenks "von Andegg alle Stund' am Kirchturm hinauf: "Wächterle, hüet ten. Kriegsschäden. die auf Feindeinwirkung zu­ und seines Bruders Kunrad an ihre Schwester Gre­ wohl!" Als Antwort erschallte dann von oben der rückgingen, wollte man auf alle Fälle ausgenommen tin, Klosterfrau zu Stetten", erwähnt. In Zell befand Ruf: "Wohl, wohl!", wenn ringsum alles in Ordnung wissen. Schließlich wurden 1756 im Herzogtum sich damals nur noch das Kirchlein mit Friedhof. war. So kontolIierte man sich gegenseitig. Im übri• Württemberg zunächst allgemeine freiwillige 'Die Kirche ist 1440 "Unserer lieben Frau" geweiht. gen konnte sich jeweils einer der beiden Nacht­ Brandversicherungsgesellschaften genehmigt. Der nach 1488 zog der Pfarrer ins Dorf Boll zur Nikolaus­ wächter in einem bretternen Wachtstüble etwas Gedanke, sie durch eine das ganze Land erfassende kapelle (s. auch Heimatk. Blätter Dezember 1974). aufwärmen, das unten außen am Turm zwischen einheitliche Brandversicherungsanstalt zu ersetzen, Die Pfarrechte der Galluskirche gingen an die BoIler zwei Chorpfeilern eingebaut war. wurde weiterverfolgt, denn je mehr Mitglieder es Kapelle schon vor 1479 über. Aus den erwähnten Unterlagen ist ersichtlich,daß gäbe, umso eher könnten selbst schwere Brandfälle 1322 Verkaufte Graf Friedrich von Zollern (Oster­ . 1809 auch in Balingen durch eine "Feuerord nung" .Jeidenlich ertragen" werden. Wie aber sollte man tag) Güter zu Rangendingen und Hausen (bei Weil­ geregelt war, was im Alarmfalle zu geschehen hatte. beitragsmäßig verfahren? Die Wiederaufbaukosten .heirn, heute Hauser Hof). Bei dem Verkauf ist Pfaff Die altersmäßig geeigneten Männer waren in Feuer­ lagen doch im Unterland höher als im Oberland, wo Konrad der "Dechan" (Dekan) von Zell zeuge. Er ist rotten eingeteilt, die Rottenfahnen mit sich führten, zudem die Häuser meist noch mit Stroh gedeckt und ein.Walch von Hechingen und seit 1318 als "tegan" unter dem Kommando eines Rottenmeisters stan­ daher feuergefährlicher wären. Auch bestünden von Zell bezeugt. Walter der Schenk von Celle den und gemeinsam "zum Feuer liefen", um zu zwischen Dörfern und Städten Unterschiede; in den verkauft 1326 aus seinen Gütern zu Ofterdingen . .. helfen und insbesondere "Wasser zu bieten" (Lösch• Städten fehlten zwar Scheuern und Stallungen, alles zusammen 'u m 4 Pfd. Hlr. (Pfund heller) ans kette), das hoffentlich in der Nähe greifbar war. doch stünden die Häuser sehr eng beieinander. Man Kloster Stetten, die Hälfte ist dem Vetter des Ver­ Feuerreiter holten Hilfe aus den Nachbarorten, was sieht, jeder war darauf bedacht, eine niedrigere käufers, dem zu Andegg, zu geben. man heute "überlandhilfe" nennt. Die im Jahre 1819 Umlage zu zahlen als der andere. . 1336 verkaufte Konrad der Knelle von Celle ,,3 ß erneuerte Feuerordnung besagte u. a. folgendes: " Aber schließlich kam man doch überein: Es sollte Hlr. (Schilling heller) und 3 Hühner aus seiner Die Metzger haben die Verbindlichkeit, wenn in der sich um eine gemeinnützige Pflichtversicherung Wiese, genannt der Schöne Rain in Großholz gele­ Stadt Feuer ausgeht, oder wenn es in der Nachbar­ unter Ausschluß jeglichen Gewinnstrebens han­ gen um 35 ß Hlr. ,ans Kloster Stetten" und 1337 schaft brennt, sich mit ihren Pferden augenblicklich deln. Nur solche Gebäudeschäden wären versichert, Marquart Bucher von Celle seine Buchwiese und vor der .Oberam tei zu stellen, wo sie die nötige die durch direkte Feuereinwirkung oder durch Ein­ seinen Rechtsschützgarten zu Zell unter Zolre den Weisung erhalten werden. Die Bauhandwerker ha­ reißen bei der Brandbekämpfung entstanden seien. Dominikanerinnen zu Stetten um 3 ~ Pfd. Hlr. "Wer­ ben sich mit ihrem Handwerksgeschirr sogleich auf Mobilien würden von der Versicherung ausgenorn- ner der BoIler d. jung verkauft sein Holz (Wald) Seite 268 Heimatkundliche Blätter Balingen Juli 1980 unter der Erntstaig (von Zell au f die Höhe nach Stauffenberg, Burkart ein Ritter, Werner und Ber­ Gattin des He rzogs Konrad von Te ck, dem Kloster On stmettingen, auf der die Ernte nach Zell gebracht thold, alle 3 Gebrüder, dem Edelmann Walter von Stetten 36 ß Hlr. Jahresgilt für eine-J ahrzeit, wovon wurde) neben dem Holz der Nonnen zu Stetten an Schalksburg zwei ihrer Güter zu Engstlatt, das eine 1 Pfd. und 6 ß von des Talhain s Gut zu Semdach dieses Kloster, Holz und Boden um 12 Pfd. Hlr." baut Heselwank, das andere der Winzeler, für 32'h - gehen. 1344 wird in Semdach ein "Brühl" erwähnt. Bürgen sind die Grafen von Zollern. (Weiteres über Pfd. Hlr.(MZ 1,130). Von 1317 ab nannte sich dieses 1412 gibt Wilhelm von Semdach 10 ß Hlr. aus einem Mariazell s. Heimatk. Blätter Dezember 1974). Geschlecht nicht mehr nach Zell, sondern nach Hausgarten und aus 1'h Mm. Wiese an seinem Gärtle 1283 tritt Walter der Schenk von "Niuenzell" (Neu­ Stau ffenberg. 'am Haus. Wilhelm Schenk von Stauffenberg ver­ enzell) neben andern als Zeuge auf, darunter auch Das "Hörrue" nördlich von Wessingen scheint der kauft 1397 eine Gült aus Gütern zu Semdach. und Tragebott von Neuneck (Balingen), bei einem Ver­ namengebende "Stau f" für die Herren von Stauffen­ die Herren von Ow als Erben der Schenken von kauf von Gütern in Heselwangen durch Graf Fried­ berg gewesen zu sein. Im Bickelsberger Lagerbuch Stauffenberg haben laut der Erneuerung vo n 1589 rich von Zollern und seinen Sohn Friedrich d. S . 119 wird ein Burgstall "uf Wessinger Hörnlin" noch Güter "im Semdach". Aber schon 1346 werden jungen an Werner von Dotternhausen um 16 Pfd. erwähnt, wohl auf dem dem Zoller gegen Wessingen als Hechinger Bürger Albrecht von Semdach mit Hlr. (MZ 1,94). Walter Schenk von Zell, Ritter, und vorspringenden "Käpfle"(641 m ), das auf den Kar­ Frau und Kindern angeführt oder 1332 Eberhard Walter, Burkart und Werner seine drei Söhne, ver­ ten den sonderbaren Namen "Belvedere" oder "Bis­ von Semdach als Richter in Hechingen. 1428 wi rd kaufen 1314 um 62 Pfd. die Mühle zu Schlechtenfurt marckhöhe" trägt. Die Anhöhe zeigt vonWessingen ein Hof zu Semdach angeführt. Luttgart von Sem­ (einstige Obere Ostdorfer Mühle, heute Klärwerk) aus die Form eines "Staufs" (umgekehrter Becker). dach ist 1344 Klosterfrau, mit der sich ihr Bruder ans Kloster Kirchberg. Dabei ist Werner der Schenk 1861 hieß die Höhe noch "Horn", heute hat sie einen Dietrich Branber u. a. über den Brühl zu Semdach von Niuwenzell Bürge, Siegier ist Walter Vater und Hochbehälter der Bodensee-Wasserversorgung. . verglichen hat. Wernli von Semdach, Bürger zu Sohn und Graf Ostertag (Norn. Hohnb. S. 188). 1309 Beim Kauf eines Gutes in Schlatt um 25 Pfd. Hlr. Hechingen, ist 1363 Zeuge bei einem Verkauf in nennt sich Walter nicht mehr Schenk von. Zell, _von Ritter Burkart von Tierberg ist u. a. Ritter Hechingen an das Kloster Stetten. Die Bürger m üs• sondern von Andegg und gibt mit seinen Söhnen Konrad der Schenk von Stauffenberg Zeuge. Nach sen nach allem allmählich nach Hechingen abge­ dem Frauenkloster Pfullingen zur Versorgung sei­ der "Notitia fundationis" schenkte Heinrich von wandert sein, so daß auch Semdach abgegangen ist. ner beiden Töchter und seinem Seelenheil den , "Stouphenberg" 1322 in Owingen (Oberowingen bei Litertur u. a. Monumenta Zollernana (MZ) Urkun­ Zehnten von Engstlatt, die Mühle zu Dietunsteig der heutigen Weilerkirche) ans Kloster St. Georgen den des Dominikanerinnenklosters Stetten i. Grand- (heuge Elektrizitätswerk Eppler) und verpfändet für im Schwarzwald. Daß die namengebende Burg auf . enta1, Hoh. Jahrshefte 1955 ff. Schenken von Zell, seine Schuld von 60 Pfd. seinen Besitz zu Ofterdirr­ Markung Wessingen lag, zeigt auch eine Urkunde Andeck, Neuenzell, Stauffenberg; G. Wunder in gen, Zeugen sind Werner Schenk von "Niuwenzel­ von 1372, worin Hans und Hug die Schenken "das Hoh. Jahreshefte 1952 und 1954. Studien zur Ge­ le", Ritter Friedrich von Gomaringen, Werner guet, das gelegen ist zue Zimmern und Wes singen" schichte der Grafschaft Zollern, Friedrich Eiseie Schenk von Andegg der junge und Wolf Remp von an das Barfüßerkloster Reutlingen verschenken, wo 1956. Pfullingen (MZ 1,122). zur Zeit ihr Bruder Heinrich Quardion ist. Ferner Werner Schenk von Niuwenzelle, Walter der finden wir die Schenken von Stauffenberg begütert Schenk der Kirchherre von Talvingen (Tailfingen), zu Semdach (s. U., 1341, 1361, 1397) und zu Boll, wo Werner der Schenk von Andegge, Werner sein Sohn sie Güter an das Kloster Stetten schenken. Gelber Fingerhut sind neben andern 1296 Zeugen, als Heinrich von Um die Mitte des i.i. Jahrhunderts übertrugen die (Digitalis lutea) "Bolle" (Boll) ein "Gütle" zu Bodelshausen dem Stauffenberg den Burgnamen- auf ihre damals er­ Kloster Stetten schenkt. Werner ist auch 1296 Zeuge baute Burg Stauffenberg oberhalb Rangendingen bei einem Verkauf des "GrafelLFriedrich von Zolr, beim Sta'uffenberger Hof, der einst der Wirtschafts- der alte" von seinem Gut zu Willmandingen (Kr. , hof der Burg war. Weitere Güter werden in Nieder­ Reutlingen) mit Holz und Feld, Äckern und Wiesen hechingen, Stein und Siekingen (1363 und 1369) von und Wasen um 110 Pfd. Hlr. ans Kloster Stetten. Stauffenberg dem Kloster geschenkt. Es sind vor Auch 1366 ist Werner von Niuwenzelle Zeuge bei allem Frauen, die Schenkungen und Verkäufe ma- einer Vergabung des Grafen Rudolf von Hohenberg . chen. so verkauft'1372 Katharina die Wälchin, Conz vo n einem Gut zu Holzhausen an das Kloster. des Schenken von Stauffenberg eheliche Wirtin, mit Neuenzell scheint eine neuere Burg der Schenken Einverständnis ihres Gemahls an Kloster 1 Pfd. Hlr. von Zell in der Nähe des Zollers gewesen zu sein. aus 6 Mannsmahd Wiesen im Bulach (Hechingen), Mich. Walter sucht sie auf dem noch im 15. Jahrhun­ Schenkungen an das Kloster werden von den Stauf­ dert genannten "Bürglin" über dem Dorf Zimmern fenberg gemacht in Rangendingen (1361 und 1368), am Zoller. Man könnte aber auch an den vom Zoller zu Beuren-Spechtshardthof (1365), 1376 gibt Katha­ ge gen Boll vorspringenden "Roßberg" denken oder rina Walch ihrer Schwester Anna von Stauffenberg, den "Burstei" zwischen Stetten und Schlatt wie J. Nonne im Kloster, 3 Malter Korn und 2 Herbsthüh• A. Kraus. ner aus ihrem Hof zu Stetten. 1377 vermachte sie ihr 1282 treten Schenken von Andeck auf (Andeck 3 Pfd. Gilt zu Rangendingen, das Laienzehntle zu auf dem Farrenberg bei Talheim), di e ebenfalls zur Engstlatt, den Hof zu Steinhofen und des Schützen Familie der Schenken vo n Zell gehören (G. Wun­ Hof zu Grosselfingen, ferner 1 Pfd. Gilt aus dem der). Werner Schenk von Andegge ist 1282 Zeuge zu Bomgarten zu Stetten usw. Reutlingen für Walter von Pfullingen (WUB 8,345). Eine reiche Schenkung ans Kloster machte 1436 Ein Walt er Schenk vo n Andegge ist 1294 mit einem Anna Sehenkin von Stauffenberg zu Wes singen, Gottfried Bin le vo n Celle Zeuge für Burkart den Niederhechingen, Stetten, Grosselfingen. 1459 gibt Schenken von Schenkenzell im Kinzigtal (fürstenb. sie dem Hans Klocker, Beck und Bürger zu Hechin­ Urkundenb. 1321 , Nr. 634). Ritter Walter der Schenk gen, 7-8 Mm. Wiesen genannt Walch Wadelob vo n Andegg und seine Söhne Walter, Burkart und Hechingen gelegen als Erblehen .. . "Er hat davon Werner verkaufen der Hechinger B ürgerirr Trutzun 2'h Pfd. Hlr. und einige Herbsthühner zu geben. Bron ber und ihrer Tochter, der Schwerster Luttgart Nach ihrem Tod soll die Gilt ans .Kloster fallen". im Kloster Stetten, um 3 Pfd. Hlr. 6 Scheffel Korn­ gilt (jährliche Lehensabgabe) aus ihrem Gut zu 1390 ist Adelheid von Stauffenberg Priorin im Büren (Beuren), 1328 verkauft Werner Schenk von Kloster. Auch werden Güter von den Stauffenberg Andegg "seinen Hof zu Weiler unter Zolr", der gekauft. So verkauft 1376 Volkart der Walch an Mayerhof genannt, an Albrecht Renze von Onstmet­ Katharina Walchin, Kuntzen des Schenken von tingen und dessen Bruder Werner um 20 Pfd. Hlr. als Stauffenberg Witwe "um 20 Mark Silber und 33 Pf. freies Eigen. Bürgen sind der Bruder des Verkäufers Hlr.: einen Hof zu Grosselfingen ... Bernharts Rudolf, Fritze der Mayer von Wurmlingen, Aeblin halben Hof in der Alten Stadt Hechingen, das halbe der Schultheiß von Ebingen und Burkart der Bu­ Gut zu Weilheim .. . 2 Höfe zu Steinhofen ... 1 Mltr. ' eher von Talheim. Die Gebrüder der Schenk (Wer­ Vesen aus des Kathers Gut zu Niederhechingen, ner und Rudolf) geben 1336 den Frauen vo n Stetten endlich die Mertachwiese zu Stetten". . "die Eigenschaft, die man nennt das Egerdach u nter Wilhelm Schenk von Stauffenberg und Agathe Vom Schwarzwald ist in den Waldblöß en ein Erntst aig im Zeller Zehnten". Schwelherin seine Frau, verkaufen 1384 "den hal­ prächtiger Schmuck bekannt, der Rote Fingerhut ben Schenkenzehnten in Ostdorf . .. um 97 Pfd". (Digitalis purpurea) mit seinen einseits wendigen Anna von Tierberg. Hausfrau des Schenken Wer­ 1397 verkauft er ans Kloster an das Seelgerät 30 ß Blütentrauben. Seine purpurroten Blüten stelle n ner, kauft Güter zu Erlaheim von Rudolf und Alb­ Hlr. Gilt, ein Fastnachtshuhn aus Haus, Hof und hängende Glocken dar. In allen Teilen des sch önen recht den Schenken von Andegg (OA. Balingen 379). Garten zu Semdach (s. u .). Frau Agathe Schwelherin Gewächs (bis über 1 m hoch) findet sich ein se hr 1341 -verkaufen Schenk Werner und seine Ehefrau verkauft 1423 um 416 Pfd, ihre Häuser und Güter zu heftiges Gift (Dicitalin), das Weidetiere abhält, bei Anna "um 800 f1. seinen Brüdern seinen Teil an Gruol an das Kloster Alpirsbach (Glatz). Herzerkrankungen vom Arzt dem Menschen aber Andegg und Ta lheim und behalten nur Gülten". Um 1487 scheinen die Schenken von Stauffenberg als wirksames Heilmittel verordnet wird. Von der Zeuge ist Cun der Schenk, Kirchherr zu Talheim, ihre letzten Besitzungen verloren zu haben, nach­ fingerhutähnlichen Gestalt der Blumenkron e hat der Bruder. 1343 verkaufen Luttold von Ehingen dem sie schon seit dem 2. Drittel des 15. Jahrhun­ die Pflanze den Namen Fingerhut erhalten (dicitus (bei Rottenburg) und se ine Frau Elisabeth "um 6 Pf. derts nicht mehr in den Schenkungsurkunden des = Finger). Wenn der Rote Fingerhut in sandigen 6 ß Hlr. ans Klost er Stetten ihr Gut zu Zell , daß ihr Klo sters Stetten hervortreten. Wäldern des Schwarwaldes als kalkmeidende Pflan­ Lehen war von den Schenken vo n Andegge, die es Zusammenfassend kann festgestellt werden, die ze vorkom m t, so findet sich auf unseren Bergen eine auf ihr Bitten ans Kloster übergeben. Es sitzen Stauffenberg verkaufen und versc henken eigene kalkliebende Pflanze, der Gelbe Fingerhut. Auch er darauf Heinrich der Mayer von Zell,Marquart der Güter und Höfe zu Boll, Semdach , Zimmern, Beu­ wird 80-100 cm hoch. Seine Krone ist hellgelb. Seine Bu cher "und der L öbler". Werner Sch enk vo n An­ ren, Stein, Stauffenberg und Rangendingen. Than­ Blätter sind nur am Rande gewimpert. Auch er ist degg ve rzichtet ausdrücklich . "Guotle" die Truch­ heim, Wessingen, Weiler unter Zoller (abg.), Sickin­ giftig . Er ist nicht wie D. purpurea eine atlantische, sessin, weiland Ruoffen sel . d . Schenken von An­ gen. Für Zell, Neuenzell, Andeck, Stauffenberg sind sondern eine südeuropäische P flanze, die über den degg Frau vermacht 1366 dem Koster Stetten m it die angefü hrt en Beispiele nur ein kleiner Au szug Schweizer Jura -ins obere Donaugebiet und unsere Genehm igung ihrer Söhne Rud olf und Conz nac h aus 249 Regesten, die G. Wunder für die Hoh enz olle­ Sch wäbisch e Alb eingewandert ist. Fritz Scheerer ihrem Tod 1 P fd . Hlr. Gilt aus ihrem Gut zu Steinho­ rischen J ahreshefte zusam mengestellt hat. Diese fen zur Begehung eines J ahrtags für sie und ihre n . wenigen beweisen aber, daß d ie Sch enken vo n Zell • Mann". 1367 verkauft Hug Schenk von Andegg , (im weitesten Sinn) umfangre ich en Besitz vom 13. -Herausgegeben von der Heimatkundlichen Ver- Rudolfs sel. Sohn und seine Schwester Ursula Güter bis ins 15. J ahrhundert um den Zoller innehatten. einigung Balingen. ' . in Ending en m it Genehmigung ihres Vogtes Arnold Das Wappen der Stauffenberg zeigt einen roten Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ von Tierberg (Württ. Reg. 1,658). Querbalken, oben und unten begleitet von einem berg 14, Telefon 7'782. Schon 1266 erscheint ein "Hugo pin cerna (= schreitenden blauen Leoparden in blauem Schild­ Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg Schenk) de Stoffenberg"(Stauffenber g) als Zeuge feld (Alberti, Württ. Adels- und Wappenbuch). 42, Telefon 76 76. . mit Graf Friedrich von Zollern und Ritter Tagelboto Auch im abgegangenen Ort Semdach bei Boll Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils (Balingen) und Burkart Schultetus de Bolle (Boll) erwirbt das Kloster Stetten von den Stauffenberg am Monatsende als ständige Beilage des "Zo llern­ (WUB 6,244). 1317 ve rkaufen die Schenken von Gülten und Güter. 1310 gibt Ad elheidvon Burgau, Alb-Kuriers". 4 ...... idhoheBlätter

Nr.8 Jahrgang 27 30. August 1980

lichkeiten und Besonderheiten in die Kalkulation miteinzubeziehen. Das mittelalterliche Schulwesen Zengg schreibt: "Item als ich nun zu Ehingen was und gieng in die Schuel bei ainem halben jar, da kam ein großer student zu mir und sprach, ob ich im Kreis Balingen mit im wolt ziehen gen Balingen (bei Rottweil in Württemberg), da wär gar ein guete Schuel, da wolt Von Christoph Wagner, Balingen er mir helfen zu einem gueten Dienst, da man mir belonung gab und wolt mir helfen und raten, und Die Stadtschule, ein Typ mittelalterlicher Schule terliche Leben ünd Treiben ging an ihr vorbei. Von bracht mich also mit im auf mit seinen gueten Die ersten Indizien für das Vorhandensein einer der Mehrzahl der städtischen Bevölkerung kaum worten, daß ich mit im zoch gen Ballingen. Da wahrgenommen, nur von einer verschwindend klei­ pli ben wir da und wol ain jar: da ging ich gen schuel Schule im Kreis Balingen finden sich in der Kreis­ h~lf stadt selbst im Jahre 1277. In einer in lateinischer nen Gruppe besucht, für deren beruflichen Werde­ und mein gesell verließ mich und tet mir weder Sprache verfaßten Verkaufsurkunde wird als Zeuge gang sie eine Funktion erfüllte, dabei durchaus für noch rat, also kam ich zu einem armen man, was em neben verschiedenen geistlichen Würdenträgern, alle Menschen offen, wie wir nachher noch sehen schmai bei dem was ich ain zeit und füert im ain ein "rectore scolarum in Balingen", also ein Schul­ werden, (ausgenommen der weiblichen Bevölke• knaben' gen schuel. Darnach kam ich zu ainem meister in Balingen genannt, was auf das Vorhan­ rung), doch für die breite Masse funktionslos; In ihr gastgeben. der gab mir gantze kost, daß ich nicht densein einer Schule hinweist. Somit wäre die Schu­ konnte man für seine berufliche Tätigkeit als Hand­ petlens bedorft. Darnach zog ich von dannen . . . le in Balingen eine der ersten und damit ältesten auf werker, Bauer oder Taglöhner keinen Sinn erken­ (Heigemooser). württembergischem Boden, älter als Schulen weit­ nen, nicht einmal für seine Sprößlinge. ("Sein Vater Zengg war zu dem Zeitpunkt, als er sich in Balin­ aus bedeutenderer Städte wie Tübingen (1312), konnte kein Latein und sah auch nicht recht, wozu gen aufhielt, ca. 18 Jahre alt. Mit 7 Jahren in Mem­ Stuttgart (1321) und Göppingen (1397). Nur in Kirch­ es gut sein sollte".) mingen eingeschult ("da was ich ein[üngling bei ailf heim u. T. (1249) und Waiblingen (1267) sind _auf Nebensache, aber auch für die Lehrer. Für den jaren .. . und was bei 4 jarn in die schuel gangen"), württembergischem Boden frühere Schulen nach­ 1338 genannten "Pfaff Conrat Göldelin, Schulmei­ hatte er diese mit 11 Jahren verlassen und war zuweisen. Das erscheint umso bemerkenswerter, ster zu Balingen" ist sie nur Durchgangsstation zum seither unterwegs. Er war weit herumgekommen, wenn man bedenkt, daß die Gründung der Stadt geistlichen Amt. Er hat nicht dafür studiert, sich mit hatte die verschiedensten Schulen in den unter­ Balingen zu diesem Zeitpunkt kaum 20 Jahre zu­ grobschlächtigen "Lotterbuben" herumzuärgern. schiedlichsten Gegenden besucht und kann wohl rücklag (1255) und die Stadt höchstens 800 Einwoh­ Nein, die Schule ist für ihn eine Ubergangsstation als Prototyp eines Teils der Schülerschaftdes ausge­ ner gehabt haben dürfte. zum späteren Pfarramt, durch die man hindurch henden Mittelalters betrachtet werden: des fahren­ Eine weitere Verkaufsurkunde aus dem Jahre muß. Nicht Berufsziel, sondern notwendiges übel. den Schülers. Diese fahrenden Schüler, auch Bac­ 1338, in der wiederum als Zeuge ein "Schulmeister 1347 taucht besagter Schulmeister dann auch als chanten oder Vaganten genannt, zogen meist in zu Balingen", diesmal ein "Pfaff Conrat G öldelin" "Leutpriester" im benachbarten Endingen auf. Ähn­ kleinen Gruppen, die übrigens äußerst hierarchisch auftritt, bestätigt das kontinuierliche Weiterbeste­ lich "Maister Nielaus Loner", Meister der sieben gegliedert waren, zu 2 bis ca . 10 Leuten durch hen der Schule. Ungefähr 200 Jahre war dies die freien Künste und Schulmeister zu Bahngen von Deutschland, von Stadt zu Stadt, "den Schulen einzige Schule dieser Region. Erst im Jahr 1480 läßt 1468 bis 1470. Auch er war ab 1470 Pfarrer zu nach", ihren Lebensunterhalt durch betteln, singen sich der erste Schulmeister in Ebingen nachweisen. Ebingen. Nebensache, oder besser gesagt Neben­ und stehlend bestreitend. Die Stadt Ebingen, ungefähr zur selben Zeit wie amt, aber auch für Schulmeister Heinrich Hartz, von Unter diesem Blickwinkel sind auch Zenggs In­ Balingen zur Stadt ernannt (1250-1260), dürfte zu 1453 bis 1471 in Balingen tätig. Dieser versah außer tentionen, nach Balingen zu gehen, zu sehen. Es war diesem Zeitpunkt rund 1000 Einwohner gehabt ha­ der Schule noch das 'Amt des Stadtschreibers und nicht nur die Aussicht auf die "guete schuel", son­ ben. Unklar bleibt, ob auch in der Stadt Rosenfeld öffentlichen Notars, oder besser gesagt, der Stadt­ dern auch immer der Gedanke an die Sicherung des (um 1255 zur Stadt ernannt) eine Schule im ausge­ schreiber und öffentliche Notar versah nebenher täglichen Lebensunterhalts, vielleicht sogar die henden Mittelalter bestanden hat. Sie ist durch noch das "Schulamt". Dieser Schluß liegt nahe, Hoffnung, auf eine Verbesserung seiner wirtschaftli­ Quellenmaterial nicht zu belegen (erstmalige Nen­ vergegenwärtigt man sich der zunehmenden chen Situation ("da wolt er mir helfen zu ainem nung der Schule im Jahr 1551), doch legen die Schriftlichkeit des 15. Jahrhunderts. Nicht von un­ gueten Dienst, da man mir belonung gab", Helgen­ Universitätsmatrikeln z. B. der Universität Tübin• gefähr wird das "Schulamt" in der 2; Hälfte des 15. mooser). Denn als fahrender Schüler hatte Zengg gen die Vermutung nahe. Hier treten in den Jahren Jahrhunderts von der Stadtschreiberei getrennt. für seinen Lebensunterhalt selbst zu sorgen, den er 1479, 1483, 1505, 1513 und 1523 Studenten "de Ro­ Letztlich aber auch Nebensache unter dem Ge­ entweder durch "petlen" bestritt, oder aber indem senfeld" auf, die, wenn sie nicht fahrende Scholaren sichtspunkt des Sozialprestiges betrachtet: Der Leh­ er einen "Dienst" annahm und "ain Knaben gen waren oder auswärts sich die nötige Vorbildung rer bezieht sein anfänglich hohes Sozialprestige Schuel" führte. Das Höchste der Gefühle war natür• angeeignet hatten, in Rosenfeld zur Schule gegan­ entweder aus seinen weit besser angesehenen schul­ lich ein "gastgeben", der "ganze Kost" gab, daß man gen sein mußten. fremden Tätigkeiten oder aber aus seiner akademi­ nicht "petlens bedarf". Der Drang nach Bildung, Bei der Frage nach der Art der Schule gilt es schen Bildung. Sein "Monopol der Schriftlichkeit" aber auch die Sicherung der Existenz lagen hier eng zwischen den rein lateinisch-deutsch gemischten trägt ihn in öffentliche Funktionen, als Zeuge und beisammen. So "im Elend" lebend, keinem festen Schulen zu unterscheiden. "Die älteren (etwa bis Vertreter seiner Herrschaft in Verkaufs- und Streit­ Haushalt zugehörig, waren diese fahrenden Schüler zum Ende des 14. Jahrhunderts) sind ohne Zweifel fällen. schon in jungen Jahren in jeder Hinsicht auf sich lateinische Schulen. Von den späteren mag manche Entfallen diese Tätigkeiten, Ämter und Grade, wie selbst gestellt. Sie waren somit gezwungen, schon in gemischten Charakter gehabt haben .. ." dies im 15. Jahrhundert mehr und mehr der Fall ihrer Jugend eigenverantwortlich und selbstbe­ war, steht er schlecht da und ist gezwungen auch stimmt zu leben und zu handeln. Die Stellung der Schule in der noch so kleine Nebentätigkeiten, nicht zuletzt aus Den anderen Teil der Schülerschaft, den Stamm, mittelalterlichen Stadt wirtschaftlichen Gründen, anzunehmen. So sieht er bildeten die Einheimischen, wie in unserem Bei­ über die Existenz einer Schule im mittelalterli­ sich im Jahre 1502 schon genötigt, mit seinen "Scho­ spiel der Sohn des Schmids, also "die Knaben aus chen Balingen erfahren wir immer nur unmittelbar, lern" bei der jährlichen Seelenmesse zum Andenken dem Schulort I st, und ferner wird jede Schule auf indirektem Weg, eher zufällig, aus Verkaufsur­ Verstorbener zu singen, "darum man ihm das Mäl auf die Kinder Städte und Dörfer ohne Schule in kunden (1277, 1338) oder Streitschlichtungsurkun­ und ein Schilling Heller reiche" (das Essen, das alle der nächsten und weiteren Umgebung ihre Anzie­ den (1407), kurzgesagt aus Quellen, die mit der beteiligten Priester erhielten). Das Sozialprestige hungskraft ausgeübt haben". Schule nicht das geringste zu tun haben. ("Da spie­ des Lehrers scheint um 1500 weit niedriger zu sein len mancherlei Zufälligkeiten eine Rolle"). In diesen als noch im 14. Jahrhundert. Die Auswärtigen wohnten in der Mehrzahl dann, Urkunden treten Zeugen auf, darunter zufällig auch wie Zengg, "wo immer es möglich war, bei einem ein "rectore scolarum in Balingen" (1277) oder ein Schüler und Schule Ortsansässigen und dann zu mehreren in einem "Pfaff Conrat Göldelin, Schulmeister zu Balingen" Das "Innere" des mittelalterlichen Schulbetriebs Zimmer". "Andere lebten zu Bedingungen, die (1338). Nie sind die Lehrer selber, geschweige denn in Balingen bleibt mangels Quellenmaterials weitge­ durch einen dem Lehrvertrag ähnlichen Kontrakt die Schule oder der Unterricht, Gegenstand der hendst im Dunkeln. Nur ein autobiographischer festgelegt waren, beim Lehrer selbst, beim Pfarrer Ausführungen. Das mag teilweise seinen Grund in Bericht des fahrenden Schülers Burckhard Zengg oder Kanonikus". So stellt sich also die mittelalterli­ der dürftigen, weil erst langsam aufkommenden aus Memmingen (1396-1474), der sich im ersten che Schule als ein Treffpunkt von Menschen ver­ Schriftlichkeit des späteren Mittelalters haben. Viertel des 15. Jahrhunderts (um 1414) ein Jahr in schiedener Gegenden und Regionen dar. Doch erscheint dieser Erklärungsansatz nicht ganz Bahngen aufhielt, gibt die Mögli chkeit, bescheidene Ähnlich offen-war die Schule aber auch unter dem zu befriedigen. Einblicke in das mittelalterliche Schulwesen der Aspekt der gesellschaftlichen Stellung ihrer Schü• Die Stellung der Schule in der mittelalterlichen Stadt zu tun und bietet Anhaltspunkte, durch vor­ ler. Zengg dürfte als fahrender Schüler "im Elend" Stadt, zumal in einer solch kleinen Stadt wie Balin­ sichtige weiterreichende Vermutungen einige den Außenseitern, den Randgruppen der mittelal­ gen es damals war, war eine vollständig andere als Aspekte mittelalterlicher Schule herauszuarbeiten. terlichen Gesellschaft zuzurechnen sein. Der heute. Die Schule nahm in keiner Weise eine ähnli• Doch sollte man sich vor allzu großer Verallgemei­ Schmid, dessen Sohn auch die Schule besuchte, che zentrale Position im Leben und damit auch in nerungen hüten, denn "eine geistliche oder weltli­ wird als armer Mann beschrieben, dürfte aber doch der Gesellschaft ein, wie sie es heute tut, sie war im che zentrale Schulbehörde . . . hat sich in Württem• Bürger der Stadt gewesen sein. Unterstellt man, daß Gegenteil nur Nebensache. Wohl von der Stadt nach berg in unserer Periode noch nicht entwickelt" auch Angehörige der städtischen Oberschicht die außen als Aushängeschild ein Prestigeobjekt gegen­ (Diehl), weshalb es auch schwer fällt, von der mittel­ Schule besuchten, so stellt sich die Schule als ein über anderen Städten benutzt, führte sie in der Stadt alterlichen Schule in - Württemberg oder gar in Zentrum und Treffpunkt von Personen der ver­ ein isoliertes Mauerblümchendasein. Das mittelal- Deutschland zu reden, ohne regionale Eigentüm- schiedensten sozialen Schichten dar, offen für je- Seite 270 Heimatkundliche Blätter Balingen Augus t 1980

den, der sie besuchen wollte bzw. für dessen Berufs­ Böser. "er hot den Strompf letz a' zoga" = verkehrt. gen, hat " bhäb" eine große Spielbreite (d icht, nah , ziel sie eine Funktion erfüllte. Sie diente theoretisch Man kann au ch "den .letzen Ro ck let z a'zieha", oder eng, fest - gei zig , knapp usw.). nicht nur "einer dünnen Schicht der Stadtbevölke• ein Kind kann beim Gruß die .J etze Hand" geben Unsere Mundart hat auch für die Gli ed er und rung, nämlich den herrschenden Patriziern, wie (statt di e rechte die linke). Du kannst abe r "letz Teile des menschlich en Körpers ihre eige ne n Na­ Menzel behauptet, sondern war für alle offen, ausge­ dran" sein = du irrst di ch. Die Beispiele könnten men. Dazu ei nige Beispiele. Hat man in den Kni ege­ nommen natürlich dem weiblichen Bevölkerungs• noch vermehrt werden. lenken Schmerzen, so hat man sie in "Da Gääder". teil. "Die Verdrängung der armen Stän de von den Ein anderes kleines Wörtlein ist " kn ütz", das sich Die Leistengegend ist in der Mundart ,,'s Gmäch". Hochschulen und Universitäten, überhaupt ihr weit­ in se iner Bedeutung nach zwei verschiedenen Sei­ Fällt jemand durch sein böses Mundwerk auf, so hat gehendes Fernhalten vom Zugang zu höherer Bil­ ten entwickelt hat. Man spricht z. B. von .Jcnü tzen er "a freche Gosch". Das Gegenteil hat ein liebes dung, ist erst eine "Errungenschaft", vornehm lic h Kartoffeln", die dann unbrauchbar, verdorben sind. Mädchen mit seinem "süaßa G öschle". Alles was des 18. Jahrhunderts". Aber auch noch unter einem Spricht man aber von "knützen Augen", von "knüt­ einem in der Heimat lieb und wert ist und teuer ist , anderen Gesichtspunkt kann die Schule als ein zern Lächeln", so möchte man etwas Scha lkhaftes steckt in dem Wort "ahoamala" oder .Jrcalich" . Treffpunkt untersc hiedlicher P ersonen bezeichnet zum Ausdruck bringen. Und wenn vollends einer Diese Wörter vermitteln uns das Gefühl des Ganzda­ werden : Hier trafen sich Knaben verschiedenen .Jcoatzich ischt", so ist überhaupt nichts mehr vo n heim seins. Wenn etwas mehr als quer, entgegenge­ Alters. Ze ngg ist zu dem Zeitpunkt, als er sich in einem Tadel darin enthalten: er ist abgeschlagen, ein setzt erscheint, so ist es "überzwerch". Aber nicht Balingen aufhält, ca. 18 Jahre. Bei seinem "Gesell", kleiner Schelm. nur eine Sache kann so sein, sondern auch Men­ dem "großen Student", kann ein noch höheres Alter Daz u noch ein ve rschieden gebrauc htes "bhäb". sc hen: "Dös ischt noo a ganz Uberzwerch er". vermutet werden. Dagegen handelt es sich bei dem "Es sitzt bhäb neben miar" (d icht) oder "man sitzt "Wäger" (Beteuerung zu ja und nein) gibt es auch Sohn des Schmids, er wird als "Knabe" bezeichnet, bhäb beieinande r" (eng). Türen und Fenst er sc hlie ­ "sotte" (solche), d ie "weleweg" (auf alle Fälle, wel ­ vermu tlich um einen Schulanfänger, als o ungefähr ße n "bhä b" (fes t, gu t). Ganz anders abe r ist "Sie che r Weg auc h im mer) der "Wunderfitz" (Ne ugierde) zwi schen 7 und 10 Jahren alt. ischt arg bhäb " (= geizig). Es hat noch ganz "bhäb" "s ellem ol" (damals) nett den .Difftler " (Tüftler) bei Diese drei, mit einem Altersunterschied von über (kna pp) gereicht. wie dies e wenigen Beispiele zei- der "kni fflic ha Sach " zur Ruhe komm en läßt. 10 Jahren, besuchen dieselbe Schule, sitzen im gleichen Schulraum und werden von ein und dem­ selben Lehrer betreut. Jung und alt saßen da neben­ einander, " ... denn mittelalterliche' Schulen ken­ Besiedlung unserer Heimat nen noch kaum Jahrgangsklassen"."Doch schenk­ ten die.Menschen der damaligen Zeit dieser Tatsa­ che fast kaum eine Bedeutung und hielten es für , in fränkischer Zeit ebenso selbstverständlich, daß ein lernbegieriger Erwachsener sich unter ein kindliches Auditorium Von Fritz Scheerer mischte, denn was zählte, war der Unterrichtsstoff, das Alter der Schüler war nebensächlich". Aus Rund 400 Jahre gehörte das Alemannenland zum fränkischen Reich. Am Anfang des 6. Jahrhunderts diesem Grunde waren " . .. im Auditorium der mit­ wurde unser Land den fränkischen Königen unterworfen, bis es dann um die Mitte des 8. Jahrhunderts telalterlichen Schule alle Altersstufen gleichzeitig dem fränkischen Reich einverleibt war. Welche Wirkungen hat nun die fränkische Herrschaft auf die anzutreffen", wie unser Beispiel zeigt. Das hängt zu Bevölkerung und Besiedlung unseres Landes gehabt? Im folgenden soll festgestellt werden, welche einem sicher mit der gerade beschriebenen "Indiffe­ Veränderungen in unserer Gegend in jener Zeit hervorgerufen wurden. renz gegenüber dem Alter"(Ari es) zusammen, doch Wenn die Alemannen nach 259/260, nachdem sie folgen kurz hintereinander Weilheim, Rietheim, dürften auch räumliche Unzulänglichkeiten ihren den obergermanischen und den rätischen Limes Dürbheim, Balgheim, Aixheim und Talheim und auf Teil dazu beigetragen haben, denn" . .. mehr als ein durchbrochen hatten, noch ein Kriegervolk waren, den Höhen des Heubergs Gosheim, Bubsheim, K ö• einzi ge s großes Schulzimmer gab es auch an den das auf Beute und Eroberung aus war, noch oft die nigsheim, Obernheim, Egesheim, Ensisheim (abg.), gr ößten Stadtschulen nicht". Siedlungsplätze wechselte, da sie nur extensiven Digisheim, Hartheim. An eine planmäßige Anlage Zusammenfassend erscheint somit die mittelalter­ Feldbau betrieben, wobei Weidewirtschaft und zu denken, liegt hier nahe. liche Stadtschule als eine äußerst offene, von den Viehzucht ausschlaggebend waren, so sind sie im 5. Bei Schörnb erg finden wir sechs -heim-Orte wie Do gmen bzw. der religiösen und politischen Eng­ und 6. Jahrhundert ein seßhaftes Bauernvolk ge­ nach einem Plan vermessen. In der Mitte liegen d ie stirnigkeit der Zeit eher unbelastete Einrichtung. worden. Auf die kriegerische Landnahme erfolgte abgegangenen Nordheim (Flurnamen "Nort hen" Als Treffpunkt von Menschen verschiedenster Ge­ das Seßhaftwerden und die feste Ansiedlung. Zu­ oder "Norden" beiderseits der Straße Schörnberg­ genden und Regionen, sowie als Begegnungsstätte nächst siedelten sie in kleinen, gruppenweise nahe Neukireh ) und Südheim (heute Sonthof), parallel von Menschen unterschiedlichsten Alters, aber auch zusam menliegenden Weilern mit eigenen kleineren dazu im Schlichemtal Altheim (abg. "Altschöm ­ als "der wichtigste Katalysator sozialen Aufstiegs im Markungen. Ihre Toten wurden in der Nähe ihrer berg") mit einer Peterskirche und Holzheim (abg. Mittelalter", sollte man die mittelalterlich e Stadt­ Siedlungen reihenweise nebeneinander in Flachgrä­ nur noch die Mühle erhalten), auf der anderen Seite schule als überregionales, soziale Schichten als auch bern bestattet. So hatte Balingen fünf alemannische Epfenheim (heute Zepfenhan) und Neukirch (Hans Generationen übergreifendes Kommunikationszen­ Reihengräberfelder (beim Bahnhof zum früheren Jänichen, Siedlungen im oberen Schlichemtal). trum zu begreifen suchen, in dem Rahmen eben, Bahnübergang, in der Werrastraße, bei der katholi­ Sontheim hatte bis 1838 eine eigene Markung (1262 den die Zeit erlau bte. schen Kirche, an der Hirschbergstraße und beim Suntheim = Südheim) und bis 1841 eine Martinskir­ Literatur u. a.: Foth, W., Von der Lateinschule früheren Südbahnhof). Das Dorf Balingen ist erst ehe. Der Grund für den Abgang des Dorfes dürfte zum Gymnasium. Geschichte der Höheren Schule aus mehreren kleinen Siedlungen zu sammenge­ der Übergang der Siedlung an das Zisterzienserklo­ Balingens. Bahngen 1962. Schmid, E., Geschichte wachsen. Der älteste dieser Friedhöfe aus dem Ende ster Rottenmünster sein, das sie in einen Klosterhof des Volksschulwesens in Altwürttemberg, Stuttgart des 6. Jahrhunderts (Hirsch bergstraße) wurde der umwandelte. . 1927. Hermelink. H., Die Matrikeln der Universität Kern für das Dorf "Balgingen" auf "Klausen". In Holzheim erhielt das Kloster St. Gallen 785 Tübingen, Stuttgart 1906. Diehl, A., Geschichte des Das Hauptmerkmal der volksmäßigen Landnah­ ("Hoolzhaim ") Güter geschenkt. Höfe und Mühlen humanistischen Schulwesens in Württemberg, . mezeit ist die Verwendung eines Insassennamens gingen im 13. und 14. Jahrhundert an verschi edene Stuttgart 1912. -Heigenmooser, J ., Geschichte der für die Siedlung, indem die Endung "ing" dem Herren über. Wie Suntheim, Nordheim, Altheim Pädagogik, München 1909. Aries, Ph., Geschichte Namen einer hervorragenden Persönlichkeit ihrer wurde auch der Ort Holzheim von der Marktsied­ der Kindheit , München, 2. Auf!. 1978. Gemeinschaft angefügt wurde. So hi eßen sich die lung Schömberg aufgesogen. Nur Zepfenhan konn­ Leute des Balgo die Balgolingen nach dem Haupt te sich behaupten. In seinem Ortsnamen Epfenheim oder Gründer der Siedlung Balgingen, die von Laut­ steckt der Personennamen Epfo wie in dem Königs ­ Iingen nach Lutilo, von Dautrnergen (Tutmaringen) hof Epfendorf im Neckartal. Aus " Zu Epfenheim" Aus unserer nach Tutrnar. Diese Insassennamen wurden dann entwickelte sich der Namen Zepfenhan (ähnlich heimischen Mundart auf die Örtlichkeit ihres Wohnplatzes übert ragen "Zu Uffenhausen = Zuffenhausen). Die Gruppie­ Von Fritz Scheerer und zum Ortsnamen erhoben. rung dieser Orte spricht für eine planmäßige fränki­ Auf der Alb und ihrem Trauf entlang finden sich sche Gründung. In den He imatkundlichen Blättern von Dezember gegen 200 frühe Siedlungen mit Ortsnamen auf Die -heim-Endung findet sich auch in dem 782 1970 und April 1971 wurde eine Anzahl mundartli­ -ingen, bei über der Hälfte von ihnen sind Reihen­ erstmals erwähnten Brittheim ("Britiheim"). Ein cher Au sdrücke erklärt. Im folgenden so ll diese gräberfelder festgestellt. Alle Pforten der aus der dem Hochadel angehörender Wolfhart schenkte sei­ Wanderung durch die Sprache unserer Heimat fort ­ Alb austretenden Flüsse sind von -ingen-Orten be­ nen dortigen Besitz dem Kloster St. Gallen. Beim gesetzt werden. Zunächst sollen einige Wortprägun­ setzt und talauf die breiten Talböden, nicht aber die Eintritt der Stunzach in die Rosenfelder Markung ge n behandelt werden, in denen die ganze Volkssee­ engen Pforten wie etwa bei der Schlichern. Auch lag die mittelalterliche Siedlung Berkheim, die le mit ihrer Innerlichkeit eingeschlossen ist. bleibt der Große Heuberg zunächst fast siedlungs­ durch Mauerreste und Scherbenfunde nachgewie­ In der Redewendung "J etzt muaß i gau gau", d . h. leer, nur Talweiturigen sind besetzt (Tieringen, sen ist. Beim heutigen Hofstetten, südöstlich Bins­ gle ich gehen, ist die Klanghöhe -der beiden "gau Nusplingen). Entlang der Römerstraßen häufen sich dorf, lag ein weiteres Berkheim, das 1340 urkundlich gau" ganz verschieden und deshai wird in ihnen diese Siedlungen (Dietingen, Trichtingen, Bochin­ erwähnt wird, als Graf Rudolf von Hohenberg ein doppelter Sinn verdeutlicht. Ähnlich ist es bei gen, Vöhringen, Empfingen). Gemieden werden "Berkha" zur einen Hälfte Konrad von Balingen, zur der Redewendung "J etzt ischt no gnuag Hai (Heu) aber die einstigen römischen Gutshöfe, ihre Ruinen andern Fritz dem Bieringer zu Lehen gab. Graf honna", wenn man zum Ausdruck bringen will, daß sind öfters als Grenzmarken (Häsenbühl, Burladin­ Ulrich von Nellenburg schenkte 954 und 975 dem beispielsweise es zu lange dauert , wenn z. B. Kinder gen usw.) Kloster Allerheiligen in Schaffhausen Güter in ,,10­ "mau 'za" (m urr en, klagen) und es endlich an der Der große politische Rückschlag 496, der Sieg cis Berchheim und Richenbach", Es handelt sich Zeit se i, daß sie aufhören. Wird man zu häufig mit Chlodwigs, zwang die Alemannen zum inneren Aus­ hier um Kleinsiedlungen auf Truchtelfinger Mar­ etwas belästigt od er m it etwas an gegangen, so kann bau ihres Landes, zum endgültigen Seßhaftwerden. kung (1437 "in berken", Bergheim = Haus oder man hören "Dear kommt äll Häck m it ebbes drh e­ Die Bevölkerungsvermehrung führte nun zur Grün• Heim auf dem Berg). ar ". Statt "äll Häck" wird öfte rs auch der Ausdruck dung von neuen Siedlungen, die oft von den alten 768 werden Digisheim von einem reichen Herrn "ällbot" gebraucht, der mi t "so oft ge bo te n (s.Gebot) Wohnplätzen aus angelegt wurden und zum Teil namens Amalbert acht namentlich genannte servi wird", zu sa m menhängt. noch Reihengräberfriedhöfe haben. Wald und Öd• (Hörige): Waltherus, Lallo, Panzo, Zutta, Anno, Nu­ In unserer Mundart gib t es teilweise Wörter, die je land wurden mehr und mehr zurückgedrängt: Neue no, Tuto und Uttrihho) mit ihren Familien (minde­ nach dem Zusammenhang, in dem sie gebraucht Siedlungen entstanden. stens 20 Personen) samt ihren Huben dem Kloster werden, verschiedene Bed eutung haben. Dazu ge­ St. Gallen geschenkt. Als Zeuge wird bei dem wich­ hört das Wörtchen " Letz", das nicht nur "falsch" -heim-Orte tigen Schenkungsakt ein servus Paldrich erwähnt. bed eutet. Dies soll an einigen Beispielen gezeigt Die -heirn-Siedlungen werden als fränkische Das Verhältnis zwischen dem Herrn und den Höri­ werden. Wenn man den .J etzen Weg" ge ht oder Gründungen des 7. Jahrhunderts angesehen, vor gen scheint also gut gewesen zu sein. Uttrihho hat etwas "i n den letzen Hals (statt in d ie Speiseröhre in allem dann, wenn sie durch schematische Benen­ einen fremdklingenden Namen. d ie Luftr öhre) bekommt", so bedeu tet es einfac h nung (Nord-, S üd-, Westheim usw.) als geplante Ein ganzer Schwarm von -heim-Namen erfüllt in falsch, unrichtig. Der letztere Ausdruck wird au ch Gruppen erkennbar sind wie die -heim -Orte um auffälliger Weise die östliche Alb zwischen Ulm und bildlich verwendet. "Bei diar isch gleich älles letz" = Schömberg und Nusplingen. Eine planmäßige Zu­ Neresheim (Heidenheim, Sontheim, Westerheim du bist gleich beleidigt, nimmst gleich alles übel. sammenballung erstreckt sich nordostwärts Tuttlin­ usw.). Wenn in einer Urkunde Ludwigs des From­ "Des ischt an ganz Letzer" = ein ganz Gefährlicher, gen an der Straße zum Königshof Rottweil. Hier men für Kloster Kemptenin den Gauen zwischen August 1980 Hei matkundli che Blätter Bahngen Seite 271

Donau , !ller und Lech von fre ien Leuten mi t k önigs ­ vorliegen.Rund um den alten Herrschaftssitz Burg­ Vor allem der Alblimesstraß e entlang häufen sich zins pflichtigen Gütern Kunde gi bt (Bö hmer-Mühl­ felden finden sich Zillhausen, Bezenhausen (abg.), die Martinskirchen, die vo m ala mannischen Hoch­ bacher Nr. 899), so wissen wi r, daß hi er der fränki­ Stockenhausen , Waldhausen und Hauboldshausen adel nach dem merowi ngischen Vorbild angelegt sc he Sta at mit seinen Leuten tätig gewesen se in (beide bei Laufen, abg.) u nd Hausen, wie Margr et­ wurden (Ringingen, Großengstingen, Gomadinge n, muß (s. auch unte n). hausen bis in s 15. Jahrhundert hieß. Dies e S iedlun­ Dapfen , M ünsingen, Zainingen). Zu den Gruppen Etwa gleichen Alters wie die -heim-Orte dürften gen dürften alle schon Ende 7. Jahrhundert entstan­ der ältesten Ki rchen zählen auch di e Michaelskir­ die -weil-Orte sein, zu denen Weilheim (Teil von den sein. Fast alle liegen auf dem Boden der Urpfar­ chen (Burgfelden, S almendingen. Stetten bei Hai­ Weilstetten) gehört, das 838 Wilon heißt und auf dem re i Burgfelden, dere n Anf änge 650 bis 700 zu datie­ gerloch), In Burgfelden machen die G räber in der Platz ei nes römischen Guts ho fes , ei ner villa, gegrün­ ren sind . Sie liege n in den engen Braunjurat älern Mic haelskirehe' wahrscheinlich , daß di e Kirche in det wurde. der Ey ac h lind ihre r Zuflüsse. der 2. Hälfte des 7. Jahrhunderts, spätestens um 700 Wenn wir nach den Gründen der Bevölkerungszu­ Ganz äh nlich liegen die Verhältnisse um den alten gegründet wurde, und zwar als Herrschaftskirche nahme fragen, so dürfte die festere politische Ord­ Herrenhof Winzeln und um den Plettenberg. Dot­ des Burgfelder Herrschaftsbereichs (s. Heimatk . nung, wie sie die Franken brachten, eine Rolle ternhausen, Ratshausen, Kernhausen (abg.), Weih er­ Blätte r Mai 1980). ge spi elt haben, während die Alemannen keine Ein­ hausen, Waltershausen (beide abgegangen) und Um 700 setzte dann die Zeit der P eterskirchen ein, heit bildeten, sondern in klei neren Gruppen zerfie ­ Ha usern am Tann liegen e benfalls im Braunjura. die in Tailfingen, Nusplingen (mit großem Spren­ len, wie sie der Geschichtsschreib er Ammia nus Von örtlichen Herrschaften werden die engen gel), G ößlingen, Leidringen, Sch öm berg, D ürrwan­ sc hildert. Weiterhin ist die Ze it der fre ien Ausdeh­ Braunjura täler im 7. und 8. Jahrhundert besiedelt gen, Steinhofen-Engstlatt, Weildorf, Gauselfingen, nung vo rbei. Man mußte im Lande bleiben. worden se in . Benzingen zu finden sind . Nu r in Nusplingen ist der Auch die übrigen - hau sen-Orte unserer Gegend große Sprengel in späteren Ze iten erhalten geblie­ Die ältere Ausbauzeit wie Hausen im Killertal haben keine günstigeren ben. Gegen Ende des 8. Jahrhunderts sind die In diese Zeit (7. und 8. Jahrhundert) gehören Bodenverhältnisse. Die abgegangenen Orte Anhau­ Dionyskirchen in Weilheim (Weilstetten) und -stetten,-dorf-, -hausen, aber auch Zimmern und sen (bei der Böllatmühle), Nammelhausen (bei Bins­ Schlatt anzusetzen, wie auch St. Verena in Straß­ Beuren. Das älteste Reihengräberfeld (Ende 6. Jahr­ dorf), Harhausen (bei Brittheim) und Juchhausen berg, St. Lutzen in Hechingen und St. Medardus in hundert) bei Balingen liegt östlich der Eyach an der (bei Täbingen) liegen alle am Rande der Keuperstufe Ostdorf (s. oben). Hirschbergstraße. von dem 1880 und früher Gräber und somit hinter den günstigeren -ingen-Orten des Bald nach 800 gründete St. Gallen auf eigenem freigelegt und u. a. alemannische Spathen und Saxe Kleinen Heubergs mit ihren fruchtbaren Böden. Boden die Galluskirchen in Frommern, Truchtelfin­ geborgen wurden. In dieser Gegend findet sich der Dem älteren Ausbau gehören wohl auch die Zim­ gen, Mariazell, wohl auch die Kapelle in Laufen. In Flurnamen "Wald stetten " (1543 "Walstetten"), was mern und Beuren an. Hans Jänichen hat sie in Rangendingen. wo das Kloster 802 die bereits 795 auf eine Siedlung von Welschen hinweist. Wurden "Dorf und Zimmern am oberen Neckar" (Zimmern erwähnte Peterskirche erhielt, trat bald darauf der hier Welsche angesiedelt, nachdem die Inhaber ale­ ob Rottweil, Herrenzimmern, Kleinenzimmern abg., hl. Gallus an die Stelle des bisherigen Kirchenhei­ mannischer Hofgruppen in fremdes Land verpflanzt Heiligenzimmern, Rotenzimmern, Zimmern am Zol­ ligen. waren? Es finden sich im Ostfränkischen und Baye­ ler) zusammengestellt und beweist, daß sie wohl von Zu allen Zeiten wurden Marienkirchen gegründet , rischen Schwabenorte, in Frankreich schwäbische adeligen Herren gegründet worden sind. Im Schli­ Sehr alt sind die Balinger Friedhofkirche, die Maria Ortschaften, so zwischen Soissons und Laon auf chemtal bei der Brestneckermühle lag der Weiler geweiht ist, und die Marienkirche des Dorfes Killer, dem Gebiet einstigen gehäuften K önigsgutes. Wald­ Kleinenzimmern, in dem wie in Rotenzimmern das das im Mittealter "Kilwilar" (= . Kirchweiler) hi eß stetten, Ortsteil von Weil stetten, wird erstmals 793 Kloster St. Georgen mehrere Güter besaß. Um 1500 und Pfarrort für die Dörfer des Killertales war. als "Walahstetti" erwähnt, als Graf Berthold neben ist das Dorf abgegangen bis auf die Mühle. Der vielen andern Gütern auch hier Güter an das Kloster Ortsnamen Heiligenzimmern lautete im Mittelalter Wirtschaftsformen St. Gallen schenkte. "Zimmern in Horgun" oder "Horgenzimmern" und Wenn im 6. und 7. Jahrhundert di e älteren Si ed­ Der heutige Namen Waldstetten setzte sich erst weist auf die Lage der Siedlung des einst sumpfigen lungen wu chsen und sich langsam und allmählich nach 1500 durch. Der Ortsname deutet auf eine Stunzachtales hin (horgen = sumpfig) (so auch Hor­ zu Dörfern entwickelten·und fortwährend neue ge­ Ansiedlung von Welschen hin. Nachdem im benach­ gen im Eschachtal oder Horb). Zimmern unter der gründet wurden, so setzt das auch ei ne andere barten Weilheim im "Heimgarten" aus dem späten 7. Burg tritt erstmals als Zimbern (gezim m ertes Bau­ Wirtschaftsweise vorau s. Die Alamannen trieben Jahrhundert Gräber mit beschrifteten Gegenstän­ werk) auf, später als Zerbrochen Zimmern, Zim­ vor allem Viehzucht und Weidew irtschaft. In der den und eine Riemenzunge mit eimern Psalmvers mern im Löchlin, hat aber schon in früherer Zeit fränkischen Zeit gingen sie zu in tensiverem Acker­ (Psalm 91,11) aufgedeckt wurden , d ürfte derBestat­ bestanden, wie alemannische Reihengräber bewei­ bau über. Vielfach wurde der fru chtbarste Boden tete schon Christ gewesen sein und könnte seine se n . Es dürfte in karolingischer Zeit zu einer Graf­ ausgesucht (s, Ostdorf). Das Vorbild für den entwik­ Bestattung ins 8. Jahrhundert fallen. schaft gehört haben, die sich um Oberndorf und kelten Ackerbau gaben die Franken, die ih n in Hinter dem "Hohenoerg" ("Hochberg" bei Tailfin­ Sulz erstreckte. Gallien kennen gelernt hatten. Der Grundbesitz gen) findet sich das "Walental". Dort lag einst eine Durch Flurnamen bezeugt sind Beuren auf den wurde zweckmäßiger eingeteilt. Seit dem Anfang Bauernsiedlung Waldstetten, älter "Walstetten", die Markungen Unterdigisheim, Nusplingen, Heiligen­ des 8. Jahrhunderts tauchte die Hufe auf und bür­ wohl schon früh abgegangen ist. Sie ist nur noch aus zimmern. über'dem Starzeltal am Fuße des Dreifür­ gerte sich ein. "Die Hufe, das Gut des abhängigen dem Flurnamen "Walstetter Tal" (1454,1539) und stensteins liegt das Dörflein Beuren. Der Name Bauern, von einer gewissen einheitlichen G röße und "Wald stetter Tal" (1716) zu schließen. Die Siedlung Beuren deutet im allgemeinen auf eine Gruppen­ Zusammensetzung und mit bestimmten Abgaben mag im Hochmittelalter als Burgweiler für die be­ siedlung. und Diensten an den Herrn belastet, komm t vom nachbarte Burg gedient haben. Westen herüber und breitet sich nach und nach Ein besonders glücklicher Zufall liefert uns sogar Kirchen mit fränkischen Patrozinien weiter östlich aus"(H. Dannenbauer). die Bestätigung dafür, daß fränkische Herren Roma­ Die Eingliederung Alemanniens in das fränkische Große adelige Herren auf der einen Seite, unfreie nen ins alamannische Land gebracht haben. In Reich wurde wesentlich vorbereitet und begünstigt Bauern auf der anderen, zeigen die Urkundenbü­ Willmandingen auf der Reutlinger Alb schenkte ein durch die von den Franken stark geförderte Chri­ cher (s. oben Oberdigisheim). Besitzer großer Her­ Herr am 10. Juli 772 im "Ruothau s" oder " Ruotafi" stianisierung das Landes. Diese erfolgte zunächst renhöfe, die im Schmuck ihrer Waff en und Kostbar­ eine von ihm zu Ehren des hl. Gallus "i n Gau durch den Bischofssitz Konstanz, seit dem Beginn keiten bestattet wurden, findet man in den Ad els­ Burichinca" im Orte Willmandingen erbaute Kirche des 8. Jahrhunderts, dann durch die Klöster St. gräbern. Es sei auch an di e zahlreichen Güterschen­ mit 31 Leibeigenen, 8 Wohnhäusern und 12 Huben Gallen, Reichenau und Lorsch. Damit endete auch kungen an die Klöster erinnert. Der eichene Kasten­ dem Kloster St. Gallen. Die Unfreien, Männer, Frau­ die Zeit der Reihengräberfriedhöfe. Die Toten wur­ sarg des Frauengrabes zu Täbingen mit den reic hen en und Kinder, sind mit Namen aufgeführt. Die den nun ohne Beigaben auf Friedhöfen bei den Beigaben spricht eine deutliche Sprache (silberver­ Frauennamen (Wolfagde, Ahalagde, Leupagde, Fra­ Kirchen bestattet.(Kirchhof!). goldete Gewandspange. wahrscheinlich aus Süd­ husinta und Hinolobe) sind genau wie die Männer­ Der im "Heim garten" in Weilstetten Bestattete, england, eine Goldscheibenfibel mit Zellenwerk, name n Tankrad,Ricarius, Ar iehis usw. in Aleman­ dem allerhand beschriftete Gegenstände (Riemen­ Goldanhänger usw.). Vom Lebensstil der Herren nien vollkommen fremd. Namen solcher Art findet zunge mit Psalmvers, Knöpfe der Saxscheide) mit verrät das Grab in Oberflacht bei Tuttlingen. Bei man in der Gegend von Paris und Reims. Die ins Grab gegeben wurden, dürfte Christ gewesen den überresten der Leier oder Harfe kann es sich Willmandinger Bauern müssen also Leute aus dem sein , denn der Psalmvers (Psalm 91,11) paßt zu nicht um die Hinterlassenschaft eines Do rfmusikan­ Westen, aus Gallien gewesen sein, die verpflanzt seinem schützenden Inventar. Das Grab dürfte aus ten handeln, sondern um einen Herrn an dessen Ho f worden sind. dem Ende des 7. Jahrhunderts stammen. Er war als adliger Zeitvertreib der Heldengesang gepflegt Die sechs -stetten-Orte, die im Tal (Stetten auf der aber no ch m it heidnischen' Vorstellungen behaftet. worden ist. Ein großer Herr muß auch der um 700 Wasserscheide bei Ebingen und Ehestetten) und auf Weitere Zeugnisse für das Christentum sind die Bestattete an der Nordseite der Pfullinger Kirche dem Heuberg (Meßstetten, Heinstetten, Frohnstet­ Goldblattkreuze von Burgfelden, Dotternhausen, gewesen sein. ten und Stetten am kalten Markt) von Ebingen aus Lautlingen und Gammertingen. Große Familien des Adels waren im Besitz von entstanden sind, verzeichnen vermutlich Plätze, die Die ältesten Kirchen, schon im 7. Jahrhundert reichen Gütern. In Rottweil tauchte im Jahr 789 ein zunächst der Besiedlung von Hirten und Viehställen entstanden, sind erkennbar an ihren großen, mehre­ Graf Ratolf auf, dessen Namen auf die frühere gedient haben mögen. re Dörfer umfassenden Sprengeln und an ihren thüringische Herzogsfamilie hinweist (Dannenbau­ Auch bei den -dorf-Orten läßt sich geplantes Kirchenheiligen. Dem hl. Martin, dem Schutzpatron er). In Balingen bekam 863 Judith, Tochter des Vorgehen beobachten. Sie gehörten zu einer Gruppe der Franken, sind die Kirchen in Dotternhausen, Grafen Eberhard von Friaul aus der Familie der am oberen Neckar: Lackendorf, Göllsdorf, Seedorf, Ebingen, Isingen, (Nieder-jlfechingen, Ringingen Unruochinger, Besitz geschenkt. 786 machte Graf Beffendorf, Oberndorf, Epfendorf, Binsdorf, Ost­ geweiht. Die Isinger Martinskirche dürfte lange vor Gerold in 14 Orten, 793 Graf Berthold.in 25 Dörfern dorf, dazu die abgegangenen Hochdorf bei Bickels­ der ersten Nennung Isingens (786) bestanden haben. reiche Schenkungen an das Kloster St. Gallen. 797 berg und Dachdorf bei Erlaheim. Die Benennung Ihre Gründung ist für das 7., spätestens 8. Jahrhun­ erhielt das Kloster Reichenau in 25 Orten Besitz der Siedlung Ostdorf dürfte von Geislingen aus dert anzusetzen. Dafür spricht auch der große (Bin sdorf, Dormettingen, Endingen usw.). Aus dem erfolgt sein oder ist sie das östlichste Glied der Zehnt- und Pfarrsprengel, zu dem mit einiger Si­ Jahre 797 erfahren wir , daß Brotfrucht und Bier angeführten -dorf-Siedlungen, die bei Oberndorf cherheit neben Rosenfeld, Steinbrunnen (abg.) und erzeugt und Schweine gehalten werden. Aber ers t einsetzen, wohin Ostdorf noch im 13. Jahrhundert Erlaheim auch Binsdorf und Bubenhofen (abg.) und die St. Gallischen Güterverzeichnisse aus der Ze it orientiert war (dem Herzögen von Teck als Erben verm utlich noch weitere Orte gehörten. zwischen 1150 und 1350 erlauben ein genaueres Bild der Zähringer gehörend). Seine Markung dürfte aus Die Ebinger Pfarrkirche St. Martin, die über ei­ der Wirtschaft zu zeichnen wie von den klösterli­ der ursprünglichen Geislinger Markung ausge­ nem alemannischen Gräberfeld errichtet ist und zu chen Wirtschaftshöfen in Frommern und Truchtel­ schnitten worden sein, wie die rechteckige Form der der Talgang (oberes Schmiechatal) und im Sü• fingen. . zeigt, wenn man das Zubehör der abgegangenen den die Albhochfläche bis zur Donau gehörten, ist Zusammenfassend kann festgestellt werden, in Siedlungen Anhausen (bei der Böllatmühle) und erst spät bezeugt. Allem Anschein nach ist sie aber der fränkischen Zeit hat sich nicht nur die Bevölke­ Schlechtenfurt (obere Ostdorfer Mühle, heute Klär• die älteste Kirche der weiteren Umgebung. Die rung vermehrt, die Zahl der Siedlungen zugenom­ werk) abzieht. Ostdorf dürfte eine planmäßige frän• Siedlung Nieder-Hechingen (Friedrichstraße), deren men, eine entwickeltere Wirtschaftsform verbreitet, kische Ansiedlung sein . Dafür spricht auch, daß die Markung 1413 mit der von Hechingen vereinigt sondern hat auch in der politischen Gliederung die Ostdorfer Kirche, einmalig für Württemberg, dem wurde, hatte in ihrer Martinskirche ihren kirchli­ fränkische Verwaltung ihren Einzug gehalten, die westfränki schen hl. Medardus geweiht war (s. auch chen Mittelpunkt. Sie ist wahrscheinlich sogar die Grundlage der politischen Ordnung des Mittelal­ He imatk. Blätter 1958 Okt./Nov.). Pfarrkirche gewesen. Nach dem Hagensehen Lager­ ters geworden ist. Dabei hat auch die Zusammenset­ Auch bei der Merzahl der -hausen-Orte dürfte ein buch ist von einem Kirchhof die Rede, der aller­ zung der Bevölkerung durch Eingriffe des fränki­ unmittelbarer und mittelbarer fränkischer Einfluß dings damals nicht benützt wurde. schen Staates starke Veränderungen erfahren. Seite 272 Heimatkundliehe Blätter Bulingen August 1980

über den großen Balinger Stadtbrand im Jahre 1809, die "Bali nger Feueranstalt" in jenen Jahren und die Einführung der staatlichen Gebäudebrandversicherung in Württemberg

Von Rudolf Töpfer (Fortsetzung)

Nun also konnte die "Herzogli ch-Wür ttem bergi­ Württemberg an der Seite Napoleons mitgemacht wirt schaftlicher Bedrängnis entzie he n zu können. sc he All ge meine Brand-Schadensversicherungs­ hatte, ermöglichste es dem zum König aufgestiege­ Zudem sc hien man "auch nicht selten einen Betrug Ordnung vom 16. 1. 1773" in Kraf t treten, was nen württembergische n Regenten, seine absolutisti­ gege n ei ne öffentli che Kasse weniger schwer zu rückwirkend auf Georgii (23. 4.) J772 geschah , wo ­ sche Herrschaft a uf das ganze Land auszudehnen, nehmen als ein Verbreche n gegen das Privateigen­ durch alle vo n da a b ents ta ndenen Brandschäden in das durch Anfall neuer umfangreicher Gebiete eine tum". Dem versuchte man 1830 durch Gesetz gegen­ - wie man später sagte - Altwürttemberg erfaß t weitere beträchtliche Vergrößerung erfuhr. Regie­ zuste uern. Der Versicherungsanschlag durfte nun wurden. Vor kurzem ko nnte die staatliche Gebäude­ rung und Verwaltung wurden vereinheitlicht und den wahre n Wert der versicherten Gegenstände brandversicherung in Württem berg ihr 200jähriges straff organisiert. Auch das Gebäudebrandversiche­ nicht mehr übersteigen. Mehrfachversicherungen Bestehe n feiern. Aus diesem Anlaß wurde ein Buch rungswesen wurde den veränderten Verhältnissen wu rd e n untersagt. Jeder, des sen bewegliche Habe herausgegeben, dem diese kurze Zusammenfassung ange paßt. Zum 1. 1. 1808 konnte die "Königlich versichert war, mußte an seinem Ge bäude ei ne zu verdanken ist. Württembergische Brandschadensversicherungs­ Versicherungsetikette deutlich sichtbar anbringen. ordnung vom 17. 12. 1807" in Kraft treten. Sie galt Es ve rsteht sich von selbst, daß im Laufe der Zeit Die Bra nd versicherungsanstalt erhob vo n den im ganzen Land und enthielt unter anderem auch weitere Probleme auf die Brandversicherung zuka­ Ve rsicherten Umlagen. Diese Uml agen waren unter­ die aus der neuwürttembergischen Versicherungs­ men, die gel öst werden mu ßten. Um aber vo m schiedlic h hoch, je nachdem ob es viel ode r we nig ord nung übernommene Bestimmung, wonach die eige ntli chen Thema ni cht all zu we it abzukommen, ; gebrannt hatte. So hat die Umlage beispielsweise Gebäude eines jeden Orts, gleichgültig ob Stadt, soll es bei dem bisher Dargel egten be wenden. 1773/744 Kre uzer auf 100 Gulden Versicherungsan­ Marktflecken, Dorf, Weiler oder Hof, "nach der schlag be tragen. Große Brände hatten außero rdent­ Ordnung, wie sie in ihrer Lage aufeinander folgten" liche Uml agen zur Folge. 1782 mußte we gen eines zu numerieren waren. Von daan also gab es hierzu­ Großbrandes in Göppingen, bei dem 347 Gebäude eingeäsche rt wurden, eine erste außerordentliche lande Hausnummern. Pflanzliche Monstrositäten In der Abbildung würde wohl kaum jemand einen Umlage von 15 Kreuzer auf 100 Gulden Versiche­ Aus all dem ist ersichtlich, daß die Gebäude­ rungsanschlag erho be nwerden. 15 Kreuzer entspra­ Löwenzahn vermuten. Das Bild zeigt aber einen brandve rsicherung im kleinen Herzogtum Württem• verbänderten Löwenzahn-Blütenstand. An Stelle ei­ che n damals etwa dem Tagesverdienst eines Taglöh• berg begonnen hatte und mit dem Land gewachsen ners. Manche Untertanen konnten d iese Umlage nur nes Blütenkörbchens stehen sieben auf dem 7 cm war. Die ab 1. 1. 1808 eingerichtete allgemeine breiten Sterigel. Die allgemein bekannte Wuchsform sc hwer aufbring en, insbe so ndere weil 1782 di e Ern­ württembergische Gebäudebrandversicherungsan­ te sc hlecht ausgefalle n war . des Löwenzahns ist völlig verloren gegangen; wir ' sta lt bestand mithin erst anderthalb Jahre, als am 30. haben es hier mit einer starken luxurierenden Ent­ Juni/I. Juli 1809 eine durch einen zündenden Blitz­ Erw ähnt we rden muß im me r wieder, daß d ie wicklung zu tun. Neben der monströsen Pflanze schlag verursachte Feuersbrunst in der Stadt Balin­ standen ganz normale Löwenzähne. Solche Verbän• Gebäudebrandversicherungs anstalt für Verluste an gen 335 Gebäude vernichtete. Zur Finanzierung der Mobiliarve rm ögen, woz u auch Warenvorräte usw. derungen können manchmal z. B. auch bei der Weg ­ Entschädigungsforderungen der "Abgebrannten" warte, der Rapunzel oder beim Wiesenbocksbart ge hö rten, nicht a ufkam, weswegen im Zusammen­ hatten damals alle Versicherten eine außerordentli­ hang m it dem Großbrand in Göppingen damals vom festgestellt werden. Das Ausmaß dieser Bildungen che Umlage von 16 Kreuzer auf 100 Gulden Versi­ hängt zum Teil vom Erbgut und von den Umweltbe­ Herzog eine allge meine öffe ntlche Kollekte im gan­ cherungsanschlag zu zahlen, die aufzubringen vie­ zen Herzogt um bei den Nichthausbesitzern ange­ dingungenab. Die Auslösung der Verbänderungen len, der durch die ständigen Kriege wirtschaftlich gelang in neuerer Zeit auch künstlich 'd urch Rönt• ord ne t worde n wa r. Allgemein jedoch war man der se hr bedrängten Versicherten, schwer fiel. An sicht, daß die Vorteile, di e di e Anstalt gewähre, genbestrahlung. Wer die Natur offenen Auges die Last der Umlage n mehr als aufwieg e. Die Zah­ Die am 13. April 1808 erlassene Württembergi• durchwandert, wird sicherlich weitere Beispiele fin­ lung der Brandschadensbeiträge erfolgte oft recht sc he Feuerordnung enthielt strenge Vorschriften den. Fritz Scheerer sc hle ppend . Ein zelne Ämter, denen man bezü glich über Brandverhütung und Brandbekämpfung. So des Einzugs Saumseligkeit vo rwa rf, führten ihrer­ mußten beispielsweise neu anzulegende Ortsstra­ se its d ie Bedürftigkeit der Einwohner, schlechte ßen mindetsten 50 Schuh ( ä 28,6 cm) breit sein. Enge Ernten, ei n Stocken des Gewerbes und anderes ins Gassen sollten nach und nach aufgelockert und Feld . Ihne n d rohte man "P resse r" an , d . h. Geldein­ verbreitert werden. Bei neuen Gebäuden mußten treiber, d ie sich zu diesem Zwecke tage- oder gar d ie Riegelwände gemauert werden. Es wurde unter­ woche nla ng an Ort und Stelle aufhielten sowie sagt, neue Häuser mit Stroh oder Schindeln zu zudem untergebra cht und verpflegt werden muß• decken. Alte Stroh- und Schindeldächer durften ten. Aber au ch di e Presser waren oft außerstande, nicht mehr repariert werden. Zum Kaminbau wur­ bei mehr oder we niger mittellosen Untertanen Geld den Glucker oder Tauchsteine vorgeschrieben. Den ei nz utreiben. Hausbesitzern wurde zur Pflicht gemacht, ihre Ge­ bäude in gutem feuerfestem Zustand zu erhalten Bei Bränden wurde immer wieder beobachtet, und mit Feuer und Licht vorsichtig umzugehen, daß Gebäude m it den damals noch weit verbreiteten wenn sie der Brandkassenentschädigung nicht ver­ Stroh- und Schindeldächern besonders brandge­ lustig gehen wollten. fäh rd et ware n. Das galt auch für Gebäude mit Hohl­ ziegeldächern, die statt mit Kalk mit Strohschäuben König Friedrich ahndete Versäumnisse bei der oder Moos a bgedic hte t waren. Aus diesen Gründen Übermittlung von Feuermeldungen unnachsichtig. drohte man 1780 für den Brandfall eine Kürzung der Die Nachricht von größeren Feuersbrünsten selbst Entschädigung um ein Sech stel an, wenn nicht in den e ntferntesten Orten des Königreichs mußte Löwenzahn inne rhalb von zwei Jahren Ziegeldächer aufgelegt durch berittene Boten in kürzester Zeit nach Stutt­ wo rde n wäre n. Andererseits hielt die Bevölkerung gart gebracht werden. Nun wird auch verständlich, höh er gelege ner Gebiete gerade die brandgefährde• wa rum beim Balinger Stadtbrand der Oberamt­ ten Dachdeckungen au s anderen Gründen für un­ mann Sattler kurz die Brandstätte verlassen mußte, entbe hrlich. So gab es 1785 hier im Amt Balingen nämlich um einen Immedialbericht an den König zu noch 855 Häu ser m it solchen Dächern. Interessant ve rfassen und per Feuerreiter abzusenden. Und ist auc h, daß die Anstalt zum Schutz öffentli cher sicher sind beim Wiederaufbau der Stadt auch die Ge bäude sogena nnte "Wetterableher" erlaubte und vo re rwähnte n zahlreichen baupolizeiliehen Vor­ empfahl (Blitza bleiter). Doch aller wohlgem einten schrifte n genau beachtet worden. Schließlich haben Vors chriften zum Trotz ereigneten sich im mer wie­ w ir aus dem authentischen Bericht über den Brand­ der Großbrände. So brannten allein hier in der Näh e verlauf erfahren, wo genau 1809 innerhalb der Stadt 1794 di e Stadt Sulz (193 Gebäude eingeäschert>und der "Weiße Ochse" lag, und daß dieses Gebäude, in 1803 die Stadt Tuttlingen (229 Gebäude einge­ dem sich auch das "Königliche Postamt Balingen" äsc he rt) jeweil s innerha lb der Stadtmauern nahezu befand, schon bald nach Ausbruch des Großfeuers ganz ab. 1789 waren in der T übinger Innenstadt 53 niederbrannte. Das zu ermitteln war der eigentliche Gebäude nie dergebrannt. Grund dieser Nachforschungen, die uns zudem wei­ Da Kurfürst Friedrich d ie Land-Neuerwerburigen tere interessante Einblicke in die Verhältnisse der 1803 und 1805 nicht seinen alten Landen ei nverleibt, damaligen Zeit vermittelten. Letzten Endes aber so ndern in ei ne m absolutistisch regierten Staat Neu­ kam dem ents etzlichen Brandunglück von 1809 in Bezug auf den ihm folgenden Wiederaufbau der württem be rg vereinigt hatte, wurde dort ab 1. 1. 1805 Wohlriechende Schlüsselblume ein eige nes Brandversicherungsin stitut eingerich­ Stadt Balingen erhebliche, entwicklungsgeschicht­ tet. Von diesem Tage an war auch d ort jede Belästi­ liche Bedeutung zu . gu ng der Unterta nen durch Brandbriefe, Brandkol­ Der Vollständigkeit halber soll abschließend noch Berichtigung: In den Blättern vom Juli 1980 muß es lekten und Brand betteleien verbo te n. Au ch die neu­ erwähnt werden, daß in Württemberg ab 1815 nach in "Belemniten unseres Jura" durchweg bei den württembergische Brandversicherung beruhte auf und nach auch Mobiliarversicherungen aufkamen. Arietenkalken statt "Gamma" stets "Alpha" heißen. dem Beitrittszwang der Gebäudebesitzer und er­ 1828 ist dann die Württ. Privat-Feuerversicherungs­ streckte sich e be nfalls nur auf di e Gebäude, also Gesellschaft gegründet worden. Von der neuen nicht auf Mobilien jeder Art. Im Schadensfall e wa­ Möglichkeit, auch das Mobiliarvermögen gegen Her ausgegeben von der Heimatkundlichen Ver­ re n die Ve rsichert en zu m Wiederaufbau ve rpflich­ Brandgefahr zu versichern, wurde bald reger Ge­ einigung Balingen. tet. Es wurde ih ne n au sdrücklich gesta ttet, auf ihre brauch gemacht. Leider aber nahmen die Brände Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ Häu se r Hypotheke n aufzunehmen, doch durften au ffa lle nd zu. Man war ja nun sowohl mit dem berg 14, Telefon 77 82. diese Kapitalien nicht mehr als die Hälfte des jewei­ Gebäude als auch mit dem Mobiliar versichert. De r Redaktion: Fritz S cheere r, Balingen, Am Heuberg ligen Gebäudeanschlags betragen. eigene Antrieb, sorgsam mit Feuer und Licht umzu­ 42, Telefon 76 76. Die gewaltsame Beseitigung der altwürttem be rgi ­ ge hen, war nun nicht mehr so stark . Zudem kamen Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils sehen Verfassung Ende 1805 nach der siegreichen Übe rversicherunge n vor. Vorsätzliche Brandstiftun­ am Monatsende als ständige Beilage des "Zo lle rn­ Beendigung des Krieges gegen Österreich, de n ge n waren die Folge. Man glaubte, sich dadurch Alb-Kuriers". ~~~...... tehe Blätter ...... eI\.

Jahrgang 27 30. September 1980 Nr.9 Der Große Heuberg Von Fritz Scheerer Hoch über dem durchschnittlich 600 bis 700 m hoch gelegenen"Kleinen Heuberg" der Rosenfelderund Schömberger Gegend recken sich die Riesen des "Großen Heubergs" empor. Weithin leuchten die hellen Wände, schimmern ihre weißen Mauem des Jura in die schwäbische Lande hinaus. Hier ist der höchste Berg der Schwäbischen Alb, der 1015 m hohe Lemberg, dem man zur Krönung einen 30 m hohen Aussichtsturm aufsetzen mußte, um ihn hervorzuheben. Er ist umgeben von einem weiteren halben Dutzend Tausendern, darunter der Oberhohenberg (1011 m), der einst die Wiege derHabsburger Stamm­ Mutter Gertrud trug und von dem aus eines der Hauptherrschaftsgebiete der Gegend, die Grafschaft Hohenberg, ihren Ausgangspunkt hatte. Im allgemeinen heißt Großer Heuberg der süd• nicht nur die Spitzen der Berge treten .über die westliche Ausläufer der Schwäbischen Alb zwi­ Alpenvorberge hervor, sondern ein großer Teil prä• schen Schlichern, Bära, Donau, Faulenbach und sentiert sich bis zum Fuß dem Auge immer wieder je Prim, also die urkundlich "Hoeyberg", mundartlich nach Beleuchtung in zartem oder leuchtendem Rot "Haiberg" genannte Höhenlandschaft links der Do­ und ein andermal in sattem Blau oder bei Neu­ nau, dazu der große Block um Obernheim, den die schnee weiß glänzend. Obere und Untere Bära aus dem Hochgebiet der Alb Das tiefeingeschnittene stille Lippachtal zwischen herausgeschnitten haben. Fast 400 m über dem Mahlstetten und Mühlheim mit der hell sprudeln­ Primtal erheben sich das Klippeneck (Namel) mit den Lippach bietet ein ganz anderes Bild: Groteske seinen Rutschen und seinem Segelfluggelände und Matten und Rieselwiesen, Berge und Forsten. Frei­ der Dreifaltigkeitsberg (985 m) mit seiner weithin stehend, kegelförmig schaut der Rappenfels herun­ sichtbaren Wallfahrtskirche. Von hier fällt der süd• ter; es folgen der Bügelfels. Gihwinkel und die westliche Teil bis zum Risiberg und der Risihalde Ruine Wallerstein. Sagenumwoben sind Teile des über Dürbheim, wo einst das Bergholz mühsam zu lieblichen, friedlichen Tales und der verstürzten Tal gerissen wurde, und zum Rußberg (889 m) links Berghalden. Diesseits und jenseits der starken Quel­ über der Straße Rietheim-Tuttlingen, le bei der Lippachmühle führen steile Wege und Während sich im westlichen Vorland Dorf an Dorf Pfade hinauf nach Renquishausen, Mahlstetten und reiht, wo Pflug und heute Mähmaschinen Vorrecht Böttingen. Früher soll an der Lippachsteige der haben, trägt der Steilanstieg des Gebirgsstocks Lippach-Geist manchen den Abgrund hinabgewor­ Laub- und Nadelwälder, von denen die letzteren fen haben, der zu später Stunde oder angesäuselt nach den Forstbeschreibungen des 18. Jahrhunderts nach Mahlstetten hinaufstieg. Die Buchsblättrige schon stark verbreitet waren und die Nachbarschaft Kreuzblume, ein Alpenkind, mit den golderangen des Schwarzwaldes deutlich verraten. Die lichten Blüten und die zarten Schneeglöckchen blühen im "Rinnen" und hellen Rutschen zeigen aber auch, Heubergfrühling. daß diese Berge nicht für die Ewigkeit geschaffen Nördlich Mahlstetten ändert sich der landschaftli­ sind . Rutschungen in den Mergeln und Tonen ge­ che Charakter. Die Hügelgruppen wir auch die 1// Un t e rer Braunjura ~ittl.u.6b. fährden Wege und Straßen, selbst die einstige Bahn­ Waldungen verschwinden und flaches gut bestelltes ~Braunjur a linie von Spaichingen hinauf nach Reichenbach ins Ackerland tritt an ihre Stelle, während nach Norden Unte r er Weißjura ~mittl.u.o b. W e i ß jur E untere Bäratal, die ursprünglich bis Nusplingen die Blicke über steinige Hochflächen, weite Weiden \\\ gebaut werden sollte, blieb nicht von den Rutschun­ und Heiden gegen Böttingen zu schweifen. An Rui­ - gen verschont ("Millionenl och" bei Gosheim). nen vorbei führt der Weg durchs Ursental. Hier jurastufe und ist in die'Kuppenlan dschaft der hinte­ liegen Kraftstein, Schlößlesfels, Wallenberg und Al­ ren Alb aufgelöst, Ihre Härtlinge führen schon teil­ Die Landschaft tenburg. Auf der Hochfläche, wo Quellen, Brunnen weise zuckerkörnigen Kalk (Weißjura epsilon) und Haben wir die Höhen des Dreifaltigkeitsbergs und Bäche eine Ausnahme sind, wo der Höhenun­ ragen über die Bühl-Auslieger heraus, so der Schei­ erreicht, die vom oberflächlichen Beobachter als terschied zu Berg und Tal über 400 m beträgt, sind benbühl beim Ort mit seiner Kapelle, das Staufen­ "trostloses, eintöniges Plateau" bezeichnet wird, so die Felsen oder die Weiden mit ihren ernsten Wa­ bergle und der mächtige Roßberg (967 m ). bietet sich wohl ein karger Boden für die Landwirt­ cholderbüschen, die herrlichen Buchenwälder und schaft, aber ein schönes Bild fürs Auge. Die Nähe die düsteren Tannenbestände voller Geheimnisse. Zwischen den Kuppen liegen Wannen und zahllo­ und die Ferne wachsen zu einem Ganzen zusam­ Da wachsen auf äußerstem Felsrand die duftenden se Trockentäler. So liegt zwischen Scheibenbühl men. Vor uns liegen in der Tiefe der kahle Hohen­ Nelken, da gibt es im lichten Gehölz den Frauen­ und Roßberg eine abflußlose Karstwanne, . deren karpfen und der langgestreckte bewaldete Lupfen, schuh, die verschiedenen Knabenkräuter, die Wald­ steinfreier Lehm früher in einer Ziegelei verarbeitet die Albvorberge in der fruchtbaren Baar, im Westen vögelein, die Fligenragwurz, die Akelei und den wurde. Der Name Obernheim rührt wohl daher, daß die Kette des Schwarzwaldes vom Feldberg bis zur Türkenbund, um nur wenige der Schönen zu "Obernheim" unter den -heim-Orten des Großen Hornisgrinde. Frei ist der Blick nach Süden und nennen. Heubergs und der Hardt, von denen einige schon Osten. Wir schauen über eine weite Hochfläche, die früh urkundlich erwähnt werden (Digisheim 768, jedoch nicht ohne Gliederung ist. Hier ein Stück Der geologische Bau Egesheim 770), am höchsten, also "zu oberst" liegt Ebene, dort runde Kuppen und niedrige H ügelwel• Die Formenwelt dieses Hochlandes ist vom Ge­ (897 m). len. Versteckt liegen flache Senken und Mulden, stein, von den lichten Kalken des Weißen Jura und Reste alter Talzüge. Auf flachgrundig magerem, von ihrer Wasserdurchlässigkeit bestimmt. Es ist die Ein Zeta-Schlüssel südwestlich über Nusplingen trockenem Boden finden sich meist Weide und Formenwelt der Verkarstung mit Trockentälern, beim früheren Mauchhof hat Weltruf erlangt und ist Wald, seltener Ackerland, allen Winden und Stür• abflußlosen Wannen, Dolinen und Felskuppen. unter Naturschutz gestellt, da sie mehrfach bei men ausgesetzt. Erst in den geschützten Wannen überschauen wir sie einmal in der Obernheimer Grabungen selten schöne Einblicke in die Zeit des .und Mulden liegen reicher tragende Ackerfluren Gegend. Südlich der Schlichem auf der Hochplatte, späten Jura gewähren. Einmalige Funde wurden in und Wiesen. Fast alle Höhen, die keinen Sonderna­ die sich zwischen Ortenberg und Heidenhof und bis den Plattenkalken gemacht. Zahlreiche Museums­ men tragen, nennt der Heuberger "Kapf". Voll Son­ nach Obernheim erstreckt, haben wir die geschicht­ stücke von luftbewohnenden Sauriern, den Meeres­ nenschein sind die weiten Strecken um B öttingen, liche Ausbildung der "Wohlgeschichteten Kalke" krokodilen gleichgestellt, Fische, Krebse sowie dem höchstgelegenen Dorf Württembergs (911 m). des Weißen Jura (Weiß Beta), wie sie sich auf dem niedrige Salzwasserbewohner der Vorzeit kamen Der Galgenberg erreicht annähernd die Tausender­ Plettenberg im Steinbruch des Zementwerkes Dot­ zum Vorschein, ähnlich den Funden der Solnhofer Grenze, und der weithin sichtbare, nahe kahle Al­ ternhausen präsentieren. Bei Obernheim beginnt Platten. Ein besonderer Genuß ist ins Innere der tenberg mit Rundkapelle hat am Vermessungsstein die geschlossene Deltastufe der Weißjurakalke. Vor Felsen einzudringen, wo in verschwiegenen Höhlen 960 m. diesem Stufenrand liegen losgelöste Buckel als eine bizarre Tropfsteine wachsen. Die Beilsteinhöhle, am Haben im Vorland und in den tiefeingeschnitte­ Art von Zeugenbergen. oft wahre 50 m hohe Kegel­ jäh abfallenden Fels versteckt bei Egesheim, war nen Tälern der Trauf und die hohen Talwände den berge. Dazu gehören die hohen Kuppen westlich schon von Steinzeitmenschen bewohnt, was die Blick beengt, so ist die Hochfläche die Landschaft vom Geyerbad. Die mittleren Mergel des Weißjura Funde von Knochen beweisen. In ihr wurde auch der weiten Horizonte. Hier spannt sich der Himmel bilden die leichte gewellte Landoberfläche zwischen ein Schädel vom braunen Bär gefunden. über der höher und weiter. Zum Großartigsten gehört an Tanneck und Obernheim, in der felsig ver­ linken Donauseite beim Städtchen Mühlheim befin­ klaren Frühlings- und Herbsttagen die ferne lichte schwammte Zonen als günstige waldfreie Bühle det sich ein Felsentunnel, der zur Stephanshöhle bei Kette der Alpen. Was diese Sicht so überwältigend erhalten sind (Hessenbühl, Burgbühl. Schafbühl, Kolbingen mit ihren Tropfstein-Wundergebilden . schön macht, ist die große Ausdehnung des zusam­ Berg usw.), und hohen Hallen führt. Erdfälle, Erdtrichter, "Lö­ menhängenden Panoramas, das fast ein Drittel des Einwärts dieser "Auslieger" erhebt sich in den cher" rings um die Markung Königsheim weisen auf Horizontes einnimmt, von den Schweizer Alpen bis meist verschwammten Kalken des mittleren Weiß• Einsturzhöhlen. Die nordöstlich des Dorfes gelege­ zum. Wettersteingebirge mit der dominierenden jura von Heimbuch (975 m) , Buchhalden (988 m) , ne Friedrichshöhle ist zum größten Teil ihrer Tropf- Zugspitze und einigen Bergen des Karwendels . Und Baienberg (974 m), bei Tieringen die mittlere Weiß- steine beraubt. . Seite 274 Heimatkundliehe Blätter Balingen September 1980

Besiedlung und Geschichte gen das Kloster St. Gallen und in anderen Orten Besitz in fast dem ganzen heutigen Deutschland Redet die Beilsteinhöhle im unteren Bäratal noch Besitz. Auf entschwundenen Adel und seine Besit­ geschenkt erhielt. Die Umfassungsmauer des Klo­ eine dunkle Sprache aus einer Zeit, da sich der zungen weisen Burgställe und das B ürgle bei We­ sters ist noch erhalten, sie läßt die weite Ausdeh­ Mensch des Beilsteins (des Steinbeils) und der hingen (s, auch oben), die Stall- und Fronäcker in nung des Klosterbezirks erkennen. Unter dem Hornwerkzeuge bediente, so haben die Hallstatt­ den Dorfmarkungen. Auf dem Dreifaltigkeitsberg Schutz der Königsfamilie wurde es eines der angese­ menschen auf dem Heuberg deutlichere Spuren stand die mittelalterliche Baldenburg, bei Egesheim hensten Reichsklöster. Diese Klöster wurden aber hinterlassen. Grabhügel aus dieser Zeit befinden die Burg Michelstein. Auch der Bernhardsstein bei auch für die Zwecke des Reichs, z. B. für Beherber­ sich bei Böttingen, Kolbingen und Mahlstetten. Auf Mahlsterten und seine Sage erinnern an einen ehe­ gung des Hofstaates und für Stellung von Mann­ dem Dreifaltigkeitsberg befand sich eine Fliehburg, maligen Herrensitz. Die Freiherren von Enzberg schaften zu Kriegszügen erheblich in Anspruch ge­ deren Umfang durch Grabungen in den letzten hatten neben anderen adeligen Familien Besitz in nommen. Die Konvente der Klöster setzten sich aus .Jahrzehnten eindeutig festgestellt werde konnte. B öttingen, Königsheim und Mahlstetten, in dem Männern und Frauen des Adels zusammen. Einzi­ Alle diese Funde sind ein Beweis dafür, daß auf den abgegangenen Allensbach und in Egesheim. Noch gartig ist die Lorscher Torhalle in der Funktion felsigen Höhen des Heubergs und in den Talgrün• heute überragt das enzbergische doppeltürmige eines Triumphbogens, sie vermittelt "eine Anschau­ den Menschen durch mehr denn 4000 Jahre sie­ Schloß die Stadmauer des Städtchens Mühlheim, ung von der Herrschaftssymbokk des karolingi­ delten. das über 100 Jahre die Zollernfamilie von der schen Zeitalters und damit von jenem ersten großar• Die ersten alamannischen Niederlassungen lassen Schalksburg besaß und sich nach diesem Besitz tigen und letztlich gescheiterten Entwurf eines sich an den -ingen-Ortsnamen entlang der vorrömi• "Mülli" nannte. abendländischen Universalkaisertums, das ganz in schen Wege erkennen: Böttingen, zwischen den Als die Hohenberger 1381 ihre Grafschaft an , der Verbindung christlicher Heilslehre mit politi-" geschützten Hängen eines flachen Trockentales, Österreich verkauften, kam ein ganz anderer Akzent sehern Machtanspruch bestand. Wie der römische Kolbingen oberhalb des quellreichen Wulfsbachs. in die dschaft des Großen Heubergs. der sich bis Triumphbogen den Herrscher und Feldherrn ver­ Bald rückten Neusiedler nach, die sich zwischen in die oleonische Zeit und noch teilweise heute herrlicht, wird in Aneignung der römischen Herr­ Berg und Tal niederließen, wo sich Quellgebiete bemerkbar macht. In dem benachbarten württem• schaftssymbolik nun der Weltherrscher Christus als befanden: Gosheim, Egesheim, Ensisheim (abge­ bergischen Land wurde nach 1534 die Reformtion der eigentliche Herr des karolingischen Imperiums gangen), Bubsheim und Königsheim (777 Kunigs­ durchgeführt, während der Heuberg katholisch verherrlicht, der wiederum durch seinen weltlichen heim). Königsheim mag eine Herrschaftsgründung blieb. Erst durch die große napoleonische Flurberei­ Statthalter in der Person des Universalkaisers ver­ der Merowingerzeit sein. Der Name Mahlstetten nigung der Jahre 1803 bis 1810 kam der Heuberg an treten werden konnte" (aus "Museen in Hessen" dürfte an eine alamarinische Mahlstätte erinnern, wo Württemberg. . 1979). Die mit Runen und anderen Zeichen verzier­ von strengen Richtern nach Brauch und Gesetz "Magere Ackerfelder, einmähdige Wiesen, mühsa• .ten Steine in der Klosterkirche können nach Mei­ Recht gesprochen wurde. .- men Feldbau, unfruchtbarer Boden", so schildert nung unseres dortigen Führers eine noch fernere Aber schon in derrnittldfen und jüngeren Stein­ der württembergischeoHauptbericht von 1806 die Vergangenheit, in die Übergangszeit vom heidni­ zeit müssen Jäger über die leicht gewellte Hochflä• Gegend. Obstbau sei beinahe unmöglich, die Mög• schen zum christlichen Glauben gehören. Wie in der che bei Obernheim und Tanneck gestrichen sein, lichkeit, die wachsende Bevölkerung aus Grund Lorscher Königshalle und der Einhardsbasilika bau­ wie aufgefundene Steingeräte von Klingen, Scha­ und Boden zu ernähren, sei gering. So wanderte ein lich, ist auch in Einhards Vita Karoli, der Lebensbe­ bern, Kratzern sowie einer Pfeilspitze aus Jaspis großer Teil der "Dörfler" vom Frühjahr bis zum schreibung des Kaisers, die Antike zu neuem Leben beweisen. Im Mittelalter bestand bei Tanneck eine Herbst aus, die Männer und Jünglinge als Bauhand­ erweckt. Siedlung mit eigener Markung. Die Flurnamen werker und Ziegler, die rüstigen Mädchen und Frau­ Nach den Wirren des Investiturstreits bedeutet "Riederburg" und Burgbühl" (der Obernheimer He­ en als Schafschererinnen und Schnitterinnen, wie­ die Stauferzeit die Blüte der ritterlichen Kultur. xenbuckel) deuten möglicherweise auf eine abge­ der andere gingen als "Hamber" weit 'um her und Friedrich I. Barbarossa ist das Vorbild eines Ritters, gangene Burg in der Nähe des Weilers. drückten die Türklinken im Betteln. tapfer im Streit und beim Turnier, gerecht gegen Im Jahr 1259 tritt neben dem Edelfreien Hug von In Heimarbeit für den Winter wurden viele Versu­ Große und Kleine, leutselig und freigiebig, Wahrer Winzeln (hinter der Lochen), dessen Ahnen zu den che unternommen: Weißstickerei, Spitzenklöppeln, des Friedens. Um ihn scharen sich seine Helfer, Stiftern des Schwarzwaldklosters St. Georgen gehö• Stricken von Jacken und Kitteln, bis 1910 die Her­ Bischöfe undGrafen. Zu diesen Edelfreien gesellen ren, ein "miles Erlewin de Tannegge" als Zeuge auf, stellung von Endschuhen (geflochtene Schuhe' aus sich, verstärkt unter Friedrich 11., die Ministerialen, 1357 in Rottweil ein Bürger Hug von Tanneck, der Stoffenden, Stoffresten). Jeder wollte zu seinem ursprünglich unfreien Standes, aber durch den mit der Tochter eines Dietrich von Bern verheiratet Gütchen etwas verdienen. Der Kampf mit dem Dienst für König und Reich geadelt. war und demnach dem niederen Adel angehörte. In steinigen Boden wurde nicht aufgegeben. Wenn Hervorragende Zeugen der Stauferzeit sind die Ratshausen taucht dann 1583 ein "Tannecker" auf, man noch zwischen den beiden Weltkriegen vom Burgen, meist auf Höhen errichtet, mit Palas und der Stammvater der in der Gegend verbreiteten Notstandsgebiet Heuberg gesprochen hat, wenn die Bergfried, oft auch Kemenate für die edlen Frauen, Familie Dannecker ist. Der Name Tanneck beweist "Feierabendbauern" gezwungen waren, in die Städ• in Buckelquadertechnik erbaut. Wir haben die Bur­ auch, daß hier Tannenwälder schon im Hochmittel­ te Tuttlingen, Trossirrgen und Spaichingen zu fah­ gen von Auerbach und die drei Burgen über Eber­ alter vorhanden waren, was erstmals 1580 Aktenmä• ren, um bares Geld zu verdienen, so findet heute ein bach, Mildenberg und Wertheim, den Bergfried in ßig nachgewiesen ist. Im Spätmittelalter muß aber großer Teil auch im entferntesten Dorf industrielle Erbach und das Schloß in Zwingenburg am Neckar der Weiler abgegangen sein, denn um 1500 war sein Arbeitsplätze. Die Arbeit in einer Fabrik und in gesehen. Leider konnten wir die vornehmste der Markungsteil unbesiedelt. Erst zwischen 1817 und industriellen Filialbetrieben hat die schlecht bezahl­ stauferzeitlichen Burgen, die Wildenburg im östli• 1840 wurden entlang des seit 1508 bezeugten vom ten Heimarbeiter aus ihren engen, niederen und chen Odenwald, nicht besuchen. Dort soll Wolfram Schmiechatal bei Ebingen über die Höhen nach überfüllten Häuschen heraus in gewerblich passen- von Eschenbach Teile seines Parzival gedichtet ha­ Rottweil verlaufenden "Rottweiler Weges" in locke­ . dere Räume gebracht. ben. Das erinnert uns daran, daß die Stauferzeit rer Weise über die Hochfläche verteilt mehrere Höfe Ein fleißiges Völklein ist auf dem Heuberg von zugleich die Blütezeit des mittelalterlichen Epos erbaut. Ganz neues Leben in den rund 940 Meter der Landschaft geformt worden. Die Heubergwinter und des Minnegesangs war. Die Gunst der adligen hoch gelegenen Weiler brachten in den letzten Jah­ sind lang, hart und manchmal sogar weltabschnei­ Damen durch Lied und Dienst zu gewinnen, müh• ren eine Jugendgesundheitsstätte, Vietnamflücht• dend, dafür aber die Sommer bei den heißesten ten sich die jungen Herren. In der späten Stauferzeit linge usw. Sonnenstrahlen nicht beklemmend. Den Menschen wetteiferte der niedere Adel mit dem hohen im Bau Im 7. und 8. Jahrhundert gehörte der Heuberg zur hier wird man nur gerecht, wenn man ihre Heimat von Burgen; allein bei Neckarsteinach fanden wir Berchtoldsbaar, später zur Scherragrafschaft und kennt, an der sie so hängen. Und wo, wenn nicht deren vier. Viele dieser Burgen offenbaren auch dann zur Grafschaft Hohenberg. 802 hatte in Böttin- hier, müßten wir fühlen, was Heimat in Wahrheit ist! ' noch in Trümmern ihre Schönheit. Auf kirchlichem , . Gebiet sind wir dem runden Bogen, dem romani­ schen Baustil der Stauferzeit, in der. Stiftskirche von Aschaffenburg und ihrem Kreuzgang und später in Odenwald und Spessart der kleinen Klosterkirche von Lohenfeld begegnet. Der beliebteste Zeitvertreib der staufischen Ge­ sellschafL- soweit sie nicht mit dem Kaiser unter­ und der Wandel der Gesellschaft wegs war - bestand in der Jagd, und wo hätte man Ein Rückblick von Dr. Walter Stettner reizvoller zur Sauhatz reiten oder auf Wolf, Hirsch und Reh pirschen können als in den weiten Wäldern des Odenwaids und des Spessarts mit ihren Die Fahrt der Heimatkundlichen Vereinigung Im Mittelpunkt der frühen fränkischen Gesell­ Schluchten? Seit dem Ende der Stauferzeit sank die vom 28. 7. bis 3. 8. führte unter der Reiseleitung schaft steht der König, steht beherrschend und Bedeutung der Ritterschaft, eine neue Schicht der von Rektor Kurt Wedler in den Odenwald und den maßsetzend Karl der Große, der am Weihnachtstag Gesellschaft trat mehr und mehr in den Vorder­ Spessart. In Michelstadt fand die Gruppe ein vor­ des Jahres 800 in der römischen Peterskirche vom grund, das Bürgertum. Die Anfänge des Städtewe• zügliches Standquartier. Papst.zum ersten Kaiser des Abendlandes gekrönt sens reichen bei uns in die Stauferzeit zurück. Die Gegend von der Rheinebene bis zum Main, worden ist. über herrenloses Land, und dazu gehör• Handwerk und Handel und das Geldwesen nahmen zum Neckar und zur Tauber weist zahlreiche Denk­ ten vor allem die großen, dünn besiedelten WaIdge­ zu, ein Teil .der Bürger wurde wohlhabend und mäler auf. Ihre Gechichte reicht zurück' bis in die biete, verfügten die Könige. Vieles davon gaben sie errang ein gewisses (von Stadt zu Stadt schwanken­ mythische Zeit der Völkerwanderung. Denn "ze an Bischöfe, Äbte und Gefolgsleute. Um sie war der des) Maß an Selbständigkeit, verkörpert in Bürger- . Worme an dem Rhine" lag der Mittelpunkt des hohe Adel, von der Wissenschaft Reichsaristokratie meister und Rat. Für sie baute man Rathäuser. Das Reichs der Burgunder, die in der Sage zu Nibelun­ genannt, Männer, die weit verstreut Eigenbesitz in Michelstadt wurde uns täglich gegenwärtig, das gen wurden. Nibelungen- und Siegfriedstraße, die hatten und im Auftrag der Könige das Land verwal­ in Heppenheim und das in Moosbach prägten sich von dort quer durch den Odenwald nach Osten teten, Grafen, Bischöfe und Reichsäbte. Der König dem Gedächtnis ein. Mauern, Türme und Tore wie führen, und die Siegfriedbrunnen erinnern an diese wahrte das Recht, Gerechtigkeit zu üben gehörte zu etwa in Eberbach und Hirschhorn sicherten die ferne Zeit. Auf einer dieser Straßen sollen einstmals seinen vornehmsten Tugenden; er beschützte Wit­ Bürgerschaft. Nicht allen Stadtgründungen war ein die Recken der Nibelungen, ' König Gunther und wen und Waisen und beschirmte die Kirche. Zwei durchschlagender Erfolg beschieden: Weinheim, seine Brüder Giselher und Gernot, Hagen von Tron­ der bedeutendsten Denkmäler der karolingischen Heppenheim und Bensheim an der vielbefahrenen je und andere nach Ungarn an den Hof König Etzels Zeit, die in unserem Land nicht ihresgleichen ha­ Bergstraße. Moosbach an der Straße nach Würz• gezogen sein, und bei einem der Siegfriedsbrunnen ben, fesselten uns auf der Exkursion: die Einhards­ burg, Wertheim und Miltenberg am Main hatten hat der Sage nach Siegfried den Todesstoß empfan­ basilika unweit Michelstadt, von Einhard, dem Be­ bessere Aussichten als Erbach und Michelstadt im gen. In der Erinnerung des Volkes, wie sie im rater und Biographen Karl des Großen als Eigenkir­ Odenwald oder gar das Bergnest Dilsberg, aber Nibelungenlied Gestalt angenommen hat, sind die che erbaut und mit einer Krypta ausgestattet, die die gerade darum, weil sie wirtschaftlich zurückblieben geschichtlichen Vorgänge zwar entstellt, aber doch Gebeine des Hl. Nazarius, aus Rom herbeigeholt, und so manches Alte bewahrten, sind uns die Oden­ lebendig geblieben; Schwaben hat der Welt des bergen sollte (Einhard ließ sie aber später nach waldstädte liebenswert. Uns gefallen vor allem die Mythos nichts entgegenzustellen, weder die Land­ Seligenstadt unweit Frankfurt überführen), und die Fachwerkhäuser, an denen Mosbach ungewöhnlich nahme nach 260, noch die Auseinandersetzung mit Überbleibsel des einstigen Klosters Lorsch. Chrode­ reich ist, aber auch Michelstadt, Miltenberg und den Franken, noch der Schutz, den der Ostgotenkö• gang, Erzbischof von Metz und naher Verwandter Wertheim brauchen sich nicht zu verstecken. nig Theoderich den Schwaben angedeihen ließ, ha­ des Könighauses, gründete um 764 auf einem Land­ Die Bürger waren fromm, sie erbauten Kirchen ben sich in der Erinnerung bleibend niederge­ gut, das ihm der Gaugraf Cancor geschenkt hatte, und Kapellen, meist im gotischen Stil (Karmeliter­ schlagen. ein Benediktinerkloster, das bald umfangreichen kirehe in Hirschhorn), sie gründeten Spitäler für September 1980 Heimatkundliche Blätter Balingen Seite 275

Alte und Arme, sie stifteten Altäre nd Jahrzeiten. Kurfürst Friedrich V. sich von den protestantischen Großherzogtümer Baden und Hessen; das König• Sie gaben Aufträge an Künstler. Wir fanden die Ständen Böhmens zu ihrem König wählen ließ. reich Bayern, nunmehr im Besitz der "Pfaffengas­ Beweinung von Tilman Riemenschneider in Groß• . . se", reichte ein Stück weit in den Odenwald hinein. ostheim, eine endrucksvolle Kreuzigungsgruppe Nach dem Krieg erhoben sich die weltlichen und Neue Verwaltungsgebiete wurden geschaffen, die von Hans Backoffen in Hessenthal, auch die geistlichen Fürsten über Bauern, Bürger Gemeinden blieben unangestastet. 1818/19 erhielten und Ritter zu absoluter Herrschaft. Sie wollten ihre die süddeutschen Staaten Verfassungen, die Beteili­ unumschränkte Macht aller Welt vor Augen führen, gung der Deutschen am Staatsleben wurde über über diese fromme Gesellschaft brach die notvol­ indem sie neue Residenzen, neue Schlösser, neue 1848, 1871 und 1919 erweitert. Die Industrialisierung le Zeit der Glaubenspaltung herein, zugleich die , Kirchen und Klöster bauten. Ihr Herrscherwille brachte besseren Verdienst und neue Probleme. Zeit, in der erstmals die Bauern sich meldeten, um fand seinen passenden Ausdruck in dem neuen Stil Nach dem zweiten Weltkrieg erforderte die Zuwan­ nicht mehr nur Dienende, sondern Mitgestalter zu des Barocks. Wir denken an das Schloß in Erbach, derung von Millionen Flüchtlingen und Vertriebe­ sein. Anfangs fand die lutherische Bewegung breite maßvoll in der Erstreckung, an das mächtige Schloß nen weitere Wohnungen und Arbeitsplätze. Mit dem Zustimmung, später wehrte sich die alte Kirche Aschaffenburg, das sich die Kurfürsten von Mainz kleinen Kernkraftwerk in Obrigheim, an dem wir erfolgreich. Die ständische Ordnung schien aufge­ als Residenz bauen ließen, und an das weiträumige, vorbeifuhren, und mit dem großen in Biblis, das wir eher zierliche Bruchsal, Sitz der Bischöfe von Spey­ hoben, auch im Odenwald standen Herren gegen in der Ferne sahen, machte sich auch am Rande des Herren, Bürger gegen Bürger. In Mosbach wurde er, vielleicht auch an das kleine Mespelbrunn im Odenwaids die neueste Zeit bemerkbar. Dort drau­ die Kirche für die beiden Konfessionen durch eine Spessart. An Barockkirchen sind uns Amorbach .ßen lebt eine Industriegesellschaft, die Waren pro­ Mauer getrennt, ein sichtbares, aber trauriges Zei­ und Walldürn, zuletzt die Bruchsaler Peterskriche duziert und Werte schafft; die Bevölkerung im Na- gut in der Erinnerung geblieben. chen der Spaltung. Die Glaubensfragen beherrsch­ . turpark Odenwald und im Spessart wird-mehr und ten alles. Die Pfalz, kalvinistisch geworden, geriet in Napoleon machte der Hoheit der vielen geistli­ mehr zur Dienstleistungsgesellschaft, die den in der Gegensatz zur lutherischen Kirche, später ging von chen und weltlichen Herren ein Ende, einige wenige Industrie oder sonstwie vom Streß Geplagten Erho­ ihr das Elend des 30jährigen Kriegs aus, als der größere souverände Staaten wurden gebildet, die lung und Ruhe verspricht und bietet. Hans Stierlin(1590-1672) Ein bemerkenswerter Ahnherr Alt-Ebinger Geschlechter Von Dr. Erwin Friz, Oldenburg

Was mag das für ein Mann gewesen sein, dieser kehrte. Dort erscheint er in der Folgezeit als "fromm "ltem Herren Schultheißen Stierlin und ainem unser Vorfahr Hans Stierlin, Weißgerbermeister in evangelisch". Schon als 19jähriger heiratet er in des Rhats von Ebingen, ist der wein verehrt: und Ebingen, der in den Wirren des 30jährigen Krieges Ebingen Anna Koch (1598-1658), Tochter des ver­ nebst gelaister gesellschaff mit ihnen verzehrt wor­ dann eine für kleinstadt-bürgerliche Verhältnisse so mutlich wohlhabenden und einflußreichen Wirts den. Laut zedels 4 Gulden 1 Batzen". Vielleicht ungewöhnliche Rolle gespielt hat? und Gastgebers Hans Koch aus dem von der Stadt vesperte er dabei mit katholisch gebliebenen Ju­ abhängigen Dorf Winterlingen droben auf der Alb­ gendfreunden (oder Verwandten?) - man spürt je­ Jeder, der sich mit älterer Familiengeschichte hochfläche. Dabei war Hans Stierlin sicher nicht nur denfalls aus dieser Notiz die Achtung gegenüber beschäftigt, ist ja immer wieder betrübt, wie wenig an einer vorteilhaften Heirat interessiert, sondern dem "Ehemaligen Sohn" der Stadt und ahnt seine er meist über Leben und Persönlichkeit der Vorfah­ auch ein stürmischer Liebhaber, denn das 1. Kind überlegene, souveräne Position weit über dem Streit ren erkunden kann, mit wenigen dürftigen paar Anna (1609-1668), verh. 1630 mit dem Fuhrmann der Mächte und Konfessionen. Daten (Geburt, Taufe, Eltern, Heirat, Tod und gün• Hans Beck) wurde schon Y4 Jahr nach der Hochzeit stigenfalls allgemeine Berufsangaben) er sich zufrie­ geboren. Für seine Vitalität sprechen auch seine 13 den geben muß. Wann findet man schon mehr über Kinder und das erreichte hohe Lebensalter von 82 Als Ebingen nach 1648 wieder württembergisch Charakter, wichtige Ereignisse des Lebenslaufs Jahren. (Vermutlich hat sich der junge Hans StierIin wurde, blieb er . herzoglich württembergischer oder sogar etwa ein Bild? Es soll versucht werden, bei seinem Zuzug nach Ebingen mit seiner Heirat Schultheiß von Ebingen, wurde vereidigt am die "Spuren" von Hans Stierleins besonderem Le­ um zwei Jahre älter angegeben - bei seinem Tod 12. 12. 1648, mich Georgij 1659 (mit 69 Jahren) als benslauf auszudeuten und - wenn auch nur skizzie­ 1672 ist das Alter ebenfalls um zwei Jahre erhöht mit herzoglich württembergischer Amtmann aus dem rend - seinen sicher interessanten Lebensweg etwas 84 Jahren registriert!) Dienst entlassen. Er erhielt einen solchen ehrenvol­ nachzuzeichnen. Da Hans Stierlin über seine acht len Abschied, obschon seine Amtszeit nicht unange­ lebenden und großgewordenen Kinder (von insge­ Als ' Weißgerber (Verarbeitung von Schaf- und Ziegenfellen mit besonderen Gerbmethoden ­ fochten war, was aus einem Schreiben des württem• samt 13), viele Enkel und unzählige Nachkommen bergischen Obervogts in Balingen (dem auch Ebin­ mit den meisten wichtigen "ehrbaren" Alt-Ebinger Alaungerbung - zur Herstellung feineren Leders) gehörte er wohl zu den angesehendsten und wohlha­ gen unterstand) von 1657 hervorgeht: "Man könnte Geschlechtern (u. a. mit den Beck, Kaufmann, Krim­ den Ebingern Ämtereinsetzung und Rechnungsab­ mel, Landenberger, Rieber, Rehfuß und Rümelin) benderen Handwerkern. (1629 sind in. Ebingen 3 Gerbereien erwähnt - die Gerbergasse lag am Mühl• hör überlassen, wenn sie nur einen fremden Schult­ verschwägert und versippt war, taucht er in fast heißen hätten wie hievor je und alle Zeiten. Der allen nach Alt-Ebingen führenden Ahnentafeln - oft graben im Norden des Städtleins -, um 1700 herum waren die Gerber "die steuerkräftigsten unter den jetzige, Johann Stierlin, aber ist nicht nur dort mehrfach - als Vorfahr auf und ist so von allgemei­ verbürgert, sondern es ist auch nahezu 1/4 bis 1/3 der nem Interesse. eigentlichen Handwerkern"). Schon bald finden wir Johann Stierlin in öffentlichen "Ehrenämtern", Bürgerschaft mit ihm blutsverwandt und zugetan. Daher hält er auch fast keine besonderen Rechtsta­ Hans Stierlin ist am 5. 2. 1590 in Rottweil gebo­ schließlich als "vieljähriger" Bürgermeister (damals der Titel für die Stadtrechner). Er war aber.darüber ge, sondern wenn etwas Strafwürdiges oder sonst ren, seine Tante ist im schön leserlich geschriebenen vorfällt, heißt es nur immer gleich bei ihm, er müsse katholischen Taufregister des Rottweiler "Heilig­ hinaus der erste Vertreter der Städtischen Selbst­ verwaltung und Sprecher der Bürgerschaft. es vor seine Herren bringen, wodurch dann, weil alle Kreuz-Münsters" registriert. Von dieser schönen als eine Kette aneinander hängen und keiner den gotischen Kirche schreibt 1593 der Basler protestan­ Es kommt die Zeit des 30jährigen Krieges, wo andern verrät, leicht das Interesse der gnäd. Herr­ tische Chronist Andreas Ryff: "ein fein Pfarrkirchen Württemberg - eine protestantische Insel in Süd• schaft periklitieren (= in Gefahr kommen) kann. - mit lustigen künstlichen gewelben überwölbt". deutschland - zuerst lange Zeit verhältnismäßig Sein Vater, der auch Hans hieß, stammte aber aus verschont blieb, dann aber nach der Schlacht von dem altwürttembergischen protestantischen Ebin­ Nördlingen 1634, wo die Schweden durch den Sieg Nach seiner Entlassung ist dann Johann Stierlin gen und kam vor 1589 nach Rottweil, wo er am 9. 5. der "Kaiserlichen" Süddeutschland verloren, unter (wieder nach einer Bemerkung des Obervogts) "zum 1589 das Bürgerrecht erwarb. Die Mutter Anna geb. furchtbaren Verwüstungen zu leiden hatte. Dazu Ältesten" des Gerichts, hernach bei der Ämtererset­ Luz stammt aus einem Rottweiler Geschlecht. kam noch der "Schwarze Tod", das schreckliche zung auch zum Amtsbürgermeister erwählt wor­ Pestjahr 1635 - die dichtbeschriebenen Seiten für den. Damit nun die Kette (in der sie gleichsam In Rottweil hat es schon früher Stierlin (Stürlin) zusammenhängen) getrennt werde, hat man statt gegeben - ob es Verwandte waren, wissen wir nicht. dieses Jahr im Ebinger Sterberegister vermitteln das Grauen. Ebingen litt auch erheblich unter Ein­ der vorigen drei des Gerichts, Joh. Binder, Endris Der Tübinger Genealoge Mauer vermutet einen Zu­ Landenberger und Jakob Baur, die mit dem Schult-· sammenhang nicht nur der Ebinger und Rottweiler quartierungen und Plünderungen. (Eine Rechnung für das Jahr 1636 gibt 37 766 fl. Quartierkosten und heiß ziemlich nahe verwandt waren, andere taugli­ Stierlin, sondern auch zum alten Schaffhauser Stier­ che Personen ins Gericht genommen Iin-Geschlecht. Da Rottweil seit 1463 ein "zuge­ 16 895 fl. Plünderungsschaden, eine vom Winter wandter Ort" der Eidgenossenschaft war und viele 1637/38 14378 fl. Quartierkosten für ein Vierteljahr Verbindungen zur Schweiz hatte (der Landsknecht an). Sichereine schwere Herausforderung mit vielen Alles in allem wahrlich eine ungewöhnliche Lauf­ mit dem Schweizerfähnlein auf dem schönen Rott­ Problemen und Sorgen für den Stadtrechner - Bür• bahn eines Ebinger Handwerksmeisters in den Wir­ weiler Renaissancebrunnen kündet noch davon), ist germeister Hans Stierlin. ren der Zeit. Hans Stierlin starb am 7. 4. 1672. Er eine solche Familienverbindung nach Schaffhausen Ebingen kam aber gegenüber anderen württem• wurde mit einem besonders ausführlichen Nachruf nicht auszuschließen. (Ob Zusammenhänge mit an­ bergischen Städten noch glimpflich weg, weil das im Sterberegister der Ebinger St. Martinskirche deren alten Stierlin-Geschlechtern, z. B . in T übin• Amt - mit den 3 Nachbarämtern und -städten Balin­ geehrt, der im Anhnag vollständig wiedergegeben gen und Augsburg, bestehen mögen, ist unbekannt.) gen, Rosenfeld und Tuttlingen - den böhmischen werden soll. Dieser Nachruf faßt noch einmal das Grafen und Hofkriegspräsidenten Heinrich außergewöhnliche und inhaltsreiche Leben von Wir wissen, daß auch in der alten "Freien Reichs­ Schlick übergeben wurde und einen kaiserlichen Hans Stierlin zusammen: stadt" Rottweil (mit Sitz eines "Kaiserlichen Hofge­ Schutzbrief erhielt. (Die Entlohnung treuer Diener richts") im 16. Jahrhundert dieReformation Ein­ und Finanzierer der "Kaiserlichen Krone" durch laß gewonnen hatte, besonders in den Kreisen der erobertes Land war damals üblich - das bekannteste Eintrag im Sterberegister Ebingen (7. 4. 1672): Handwerker-Zünfte. Aber der Magistrat wehrte sich Beispiel ist die Verleihung der Herrschaft Friedland "Placide in Christo lumina clausit Herr J ohannes von Anfang dagegen, und so blieb in Rottweil in an Wallenstein.) Hans Stierlin muß in dieser Zeit Stierlin hochverdienter vieljähr. Bürgermeister diesem Streit zwischen Alt- und Neugläubigen durch seine Persönlichkeit und langjährige erfolg­ und von Ihro Gräfl. Gnaden Herrn Graf Schlick, reiche Verwaltungstätigkeit so bekannt und vertrau­ dero Zeit inhaber nemlich 1641 der Vier Stätt und schließlich der "Alte Glauben" siegreich. Rottweil Ämter Bahlingen, Ebingen, Tuttlingen und Rosen­ war dann bis 1802 eine rein katholische Stadt. enswürdig gewesen sein, daß er 1641 - obwohl Einheimischer - vom Grafen Schlick bestellter feld, bestellter Schultheißer, folgende aber widerum Vielleicht waren diese Auseinandersetzungen die Schultheiß von Ebingen wurde. Er hatte dieses Amt, 13jähr. Bürgermeister, cujus anima requiescat in Ursache, daß der junge Hans Stierlin, das schöne, das in den schwierigen Zeitläufen sicher nicht leicht pace, den 8. Tag Apr. Feria 11. Paschatos beerdigt reiche und mächtige Rottweil, das ein großes Land­ und einfach war, bis 1648 inne. In diese Zeit fällt worden. H. J esus erweckte dessen Leichnam. zum gebiet beherrschte (Ryff: "ziem lich groß und wohl auch 1645 ein Besuch in seiner katholischen Ju­ Ew. Leben um seiner sigreich Urständ willen. U. erbauen", die Bevölkerung "streihtbar und ernsthaf­ gendheimat Rottweil, wovon eine nette Eintragung solcher im 84. J . seines Alters, 59. seines Ehestandes, tig"), wieder verließ und in das viel ärmere evangeli­ im Rottweiler Stadtrechnungsbuch (1645 S. 56) be­ Vater von 13 Kinder, 63 Kindskinder, 49 Kindskin­ sche Ebingen, die Heimat seines Vaters, zurück- richtet. derkinder raro exemple." Seite 276 Heimatkundliehe Blätter Bahngen September 1980

Im Gegensatz dazu wird in den Stadtschulen das ganze Jahr Schule gehalten, wenn es die Umstände Die.Schulen im Kreis Balingen von der erlaubten. Daß dies nicht immer der Fall war, deutet ein Zitat aus Rosenfeld von 1605 an. Da wird über den Schulmeister gesagt: "Hat durch den Winter 37 Reformation bis zum Dreißigjährigen Krieg Knaben und 14 Töchterlein instituiert, jetz nur noch Von Christoph Wagner, Balingen 8 Schüler, sommerzeiten werden die Kinder zum Gschefft braucht". Zusammenfassend findet sich Nach der Rückkehr Herzog Ulrichs im Jahre 1534 aus 15JährigemExil-erwar im Frühjahr 1519 wegen 'som it die in der Literatur mehrfach vertretene These eines LandfriedensbrUches gegen die Reichsstadt Reutlingen vom Schwäbischen Bund aus dem Land von der Reformation als "Bildungsbewegung" auch gejagt worden - wurde auch in Württemberg die Reformation "eingeführt", d. h, Ulrich "gab der im Kreis Balingen im Bereich des Volksschulwe­ sens bestätigt, wie auch ein vergleichender Blick auf Einführung der neuen Lehre die Bahn frei". 1535 wird die Messe abgeschafft, 1536 erläßt Ulrich eine neue Kirchenordnung, die den Altgläubigen nur noch die häusliche Andacht gestattete. die katholische Seite des Kreises zeigt: Im Jahr 1621, als das evangelische Schulwesen des Kreises, wie Diese Maßnahmen wurden auf dem Weg der Visi­ einmal für die nächsten 20 Jahre Ruhe auf dem wir oben gesehen haben, nahezu komplett war (von tation durchgeführt. Staatliche Kommissionen aus Schulsektor, so daß das erste Synodusprotokoll von 30 Dörfern haben 20 eine Schule), finden sich ip den Beamten und Theologen wurden ins Land ge­ 1581 für den Kreis Balingen neben den drei Stadt­ 17 katholischen Gemeinden ganze 3 Schulen, näm• schickt, die von Ort zu Ort die kirchlichen Gegeben­ schulen Balingen, Ebingen und Rosenfeld nur noch lich in Binsdorf, Geislingen und Schömberg. Hier heiten zu ermitteln hatten, die Pfarrer und oft auch die beiden Dorfschulen Leidringen und Weilheim bringt erst die Zeit nach,dem Dreißigjährigen Krieg die Gemeinden auf Wissensstand, Meinungen und erwähnt. ' mit 3 weiteren Schulgründungen. und dann vor sittliche Zustände hin überprüften und Besitzver­ Erst um 1586 kommt wieder Bewegung in die allem das 18. Jahrhundert eine ähnliche Dichte'des hältnisse klärten und aufzeichneten. Schullandschaft: Die Einwohner von Truchtelfin­ Schulwesens hervor. Erst zu Ende des 18. Jahrhun­ Dazu wurden 1536 die herzoglichen Instruktionen gen "wellten gern ein Schulmeister haben, der ent­ derts ist im katholischen Teil des Kreises eine für die "Visitationsräthe" erlassen, in denen u . a. weder zu Truchtelfingen oder zu Taylfingen Schul ähnliche Ausbreitung der Volksschulen zu verzeich­ auch das Schulwesen und seine Veränderungen seit hielt, das ihre Kinder in schreiben und lesen möch• nen, wie im evangelischen Teil zu Beginn des Drei­ Ende des Mittelalters Gegenstand der Ausführun• ten unterricht werden". Darauf antwortet der Spe­ ßigjährigen Krieges. gen war. Diese Veränderungen des Schulwesens zialsuperintendent, der "der Sache nachgefragt" Doch muß die Einschränkung gemacht werden, sahen in der für uns relevanten Gegend so aus, daß hat, das sie (die Schule) zu Thailfingen am gequem­ daß der "Schub in der deutschen Schul- und Bil­ mit dem ausgehenden Mittelalter bzw. mit Einfüh• sten mag angerichtet werden, in Bedenkung, das die dungsgeschichte" nur "mittelbar eine Folge der rung der Reformation die lateinischen Schulen in zween flecken Onstmettingen und Pfeffingen, Ire Reformation" war (Moeller), da das Hauptinteresse Balingen, Ebingen und Rosenfeld um Deutsche Kinder mit -guter gelegenheit auch dahin schicken der Reformation, wie es sich in den Schriften füh• Schulen erweitert worden waren, wie die Kompe­ kynden". Ein Jahr später ist dann die .Schule in render Reformatoren widerspiegelt, vor allem der tenzbücher des Jahres 1559 zeigen: Hier wird in Tailfingen "eingerichtet", der Schulmeister, wie es höherenBildung, also Lateinschule und Universität, Ebingen von einer "alhie lateinische(n) und deut­ heißt "neuerlicher Zeit aufgezogen.". galt, denn "wo nicht die Sprachen bleiben, da muß sche(n) Schul" ausgegangen, in Balingen von einem In Dürrwangen liegt der Fall anfangs ähnlich. Die zuletzt das Evangelium Untergehen" (Luther). Doch Schulmeister "wölcher auch lateinische und deut­ Einwohner bitten, "es mechte auch da ein Schul machte die durch die Reformation veränderte Stel­ sche Schüler hat". Und auch für Rosenfeld weist die angerichtet werden". Doch als sie erfahren, "das sie lung der Kirche zu den Gläubigen, Beherrschung amtliche Kreisbeschreibung seit 1542 eine deutsche dem gemeinen Seckel ettwas zur Unterhaltung des bestimmter Fähigkeiten, hauptsächlich des Lesens, Schule nach (S.668). Und genau gegen diese Erwei­ Schulmeisters zuschießen müßten, ziehen sie wie­ als Schlüssel zur Quelle des Glaubens nötig: "Das terungen der lateinischen Schulen um deutsche der hinter sich . .." Aber auch schon vermeintlich Lesenkönnen - eine Bedingung des Heils", die nur machten nun oben genannte "herzoglichen Instruk­ etablierte Schulen hatten ihre Schwierigkeiten, wie durch die schulische Unterweisung aller Teile des tionen" mobil. Da heißt es u. a.: "Und nachdem in das Beispiel Weilheim zeigt. Hier wird 1586 der Ruf Volkes gewährleistet werden konnte. Somit war der villen und kleinen Stetten neben den lateinischen nach einer Schule wieder laut, da die 1556 gegründe• Aufbau eines Volksschulwesens " ... für die feste auch Teutsche Schulen sein, dadurch die lateini­ te, vermutlich nach dem Tod des Schulmeisters, Verankerung der neuen Lehre eine Lebensfrage" schen schulen verderbt und vill knaben, so zu 1582 eingegangen war, "den sonst wachse die Ju­ (Aubin/Zorn). Latein lernen und also zu der Ehr Gottes auch gend wie das Vieh auf, und werde in 5 oder 6 flecken verwaltung aines gemeinen nutzen geschickt ver­ nit ein Person finden, die schreiben und lesens sombt werden und aber ain jeder lateinischer Schu­ berichtet seye". Doch erwies sich die Sache als nicht Niedriges Habichtskraut ler im Latein das teutsch schreiben und lesen, ganz unproblematisch. 1588 scheitert der erste Ver­ Hieracium humile ergreifft, so sollent Gott dem Herrn auch von aines such einer Schulneugründung kläglich: "der Schul­ gernainen nutzen wegen die teutschen Schulen in meister im Filial Weilheim zeigt an, das er diesen 'wichtigen kleinen Stettlein abgeschafft werden". Winter nur 3 Schüler gehabt, wollen die Gerechtig­ Doch scheint dieser Bestimmung kein allzu gro­ keit Irer Schul . . . nit vonhanden lassen und ßer Erfolg beschieden gewesen zu sein: Die deut­ könnens doch nicht erhalten. Und dieweyl der schen Schulen blieben bestehen. Andere Punkte Schulmeister ein Letzkopf (Querkopf) weren sie dieser "herzoglichen Instruktionen" wurden dage­ seiner auch gern ledig". Angesichts dieser Querelen gen konsequenter in die Praxis umgesetzt. So z. B. verläßt der Schulmeister auch bald den Ort. Erst der Einsatz des Diacons zur Unterstützung des einem erneuten Versuch 1590 mit einem anderen Lehrers: "Wo aber Schulen mit so vill knaben, das Schulmeister ist der gewünschte Erfolg beschieden. ein schulmeister allein die nit versehen kendte, Der Schulmeister "hatt sie (die Schule) fein in Gang sollten die geordneten und gedenken, ob nit daseibe gebracht", ist imSynodusprotokoll desselben Jah­ durch den Diacon oder einen Kapion dem Schul­ res zu lesen. Letziich werden noch in Endingen meister hilff erzeugt werden, damit der cost mit (1586) und in Erzingen (1589) Schulen, d. h. besser ainer andern Person gespart werde . .." Tatsächlich gesagt schulischer Unterricht bezeugt. weisen die Stellenbücher für Ebingen ab 1556 und Der Pfarrer von Endingen "halte auch den Winter für Rosenfeld ab 1557 den Diacon ausdrücklich als über Schul". In Erzingen wird ein Schulmeister, der "Diacon und Schulmeister" aus. zugleich auch Mesner ist, erwähnt, der aber "nit zu Doch hier gilt es zu differenzieren: War dem underrichtung der Jugendt (tauget), wie er sich Schulmeister in Ebingen der Diacon als Gehilfe anfangs erzeigt. Wellen doch Ihm vollent dis Jar zugeordnet, so versieht der Diacon in Rosenfeld die zusehen". Doch scheinen diese beiden letztgenarm­ Schule allein, da ein Schulmeister hier erst ab 1582 'ten Schulen nicht allzu lange bestanden zu haben. In nachzuweisen ist. Aber auch die Schulstelle in Ba­ den darauf folgenden Jahren werden sie nie mehr lingen erfuhr eine Erweiterung. Hier wurde aber erwähnt, scheinen also kurz nach der Eintragung nicht wie in Ebingen der Diacon zu Hilfsdiensten wieder eingegangen zu sein. herangezogen, sondern ein hauptberuflicher "Colla­ War also bis zum Jahr 1590 zu den schon bestehen­ borator" angestellt (ungefähr in der Zeit von den Schulen nur eine weitere in Tailfingen dazuge­ 1557-1558). "Seine Stelle scheint übrigens bald wie­ kommen, so ist jetzt bis zum Beginn des Dreißigjäh• der eingegangen zu sein". rigen Krieges eine kontinuierliche Ausbreitung der Neben der Erweiterung der lateinischen Schulen Dorfschulen zu beobachten. Bis im Jahr 1601 kom­ Die Habichtskräuter sind eine der formreichsten um deutsche in den Städten und der Verstärkung men mit Bickelsberg, Winterlingen und Ostdorf drei Gattungen. Allein auf unserer Südwestalb finden der Schulstellen durch das Heranziehen eines "Col­ weitere hinzu, wie das Kirchenvisitationsprotokoll sich über 50 verschiedene Arten. Ihre Bestimmung laborators" oder des Diacons, möglicherweise be­ belegt. 1602 folgt eine weitere Schulgründung in ist eine Wissenschaft für sich und wurde von Karl dingt durch das Ansteigen der Schülerzahlen, kann Onstmettingen, 1603 wird eine Schule in Dürrwan• Bertsch (gebürtig von Dormettingen), Rebholz in noch eine weitere Entwicklung verzeichnet werden: gen eingerichtet. Tuttlingen und vor allem durch Prof. Herman Zahn Das langsame Entstehen der Dorfschulen. 1556 ist Auch kleinere Dörfer bemühen sich jetzt um die (Karlsruhe, gest. 1940) bearbeitet. Heute soll hier das die erste in Leidringen nachzuweisen. Danach schulische Unterweisung der Jugendlichen. So rich­ Niedrige Habichstkraut eine Würdigung erfahren, schafft die Große Kirchenordnung von 1559 die tet Engstlatt im Jahr '1605 eine Schule ein, die aber von dem es wenige Variationen gibt. Sein Name Grundlagen für weitere Dorfschulgründungen: "Als bald wieder eingegangen ist. Auch die Erzinger (Niedriges H.) sagt schon aus, daß der Stengel hin­ wir auch etliche namhaffte und Volkreiche Flecken Bevölkerung treibt die Einrichtung einer Schule und hergezogen ist, oft vom Grunde an gabelstän• in unserm Fürstenthumb/und gemeinlieh hertschaf­ voran. Da heißt es : "Es hat in diesem Flecken eine dig, meist 2-, selten 9-köpfig. Eine grundständige fende Underthonen haben/wie nott/ire Kinder selbst große Jugend ... were gut, das man ein Schul Blattrosette ist zur Blütezeit im Juli/August vorhan­ underrichten un weisen kinden/damit dann dersel­ einricht", In den darauf folgenden Jahren (1612) 'den. Die unteren Blätter sind gestielt, die oberen ben arbeitenden kinder in irer Jugent nit versompt/ vollzieht sich der Ausbau des Dorfschulwesens im ungestielt. Auf den Lochenfelsen leuchten die gro­ fürnämlich aber mit dem 'Gebet und Catechismo/ Kreis Balingen. Das Synodusprotokoll des Jahres ßen gelben Köpfchen, die sich mit dem Anbruch der und darneben schreibens und lesens iren selbe und 1612, das letzte vor dem Ausbruch des Dreißigjähri• Nacht schließen. ' Fritz Scheerer. gemeines Nutzen wegen/deßgleichen mit Psalmen gen Krieges, weist ein fast lückenloses Schulnetz 4 singen dester baß underricht/und christlich auferzo­ auf. Von den 30 Dörfern des Kreises haben 20 eine gen/Wöllen wir/wa bisanher in solchen"flecken Meß• iJferausgegeben von der Heimatkundlichen Ver: eigene Schule; nur sehr kleine Dörfer sind noch einigung Balingen. nereien gewesen/das daseIben teutsche Schulen mit schullos. den Meßnereien zusammen eingericht werden". Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ Doch obwohl es sich bei diesen Bestimmungen Doch darf man sich über die Art dieser kleinen berg 14, Telefon 77 82. um klare Aussagen zugunsten der Errichtung der Dorfschulen keine Illusionen machen. Vor allem bei Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg deutschen Schulen in den Dörfern handelte, ging den um 1600' neugegründeten, handelt es sich um 42, Telefon 76 76. die Entwicklung im Gegensatz dazu eher zaghaft äußerst instabile Einrichtungen mit eher informel­ Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils voran. Erst im Jahre 1556 kommt es in Weilheim zu lem Charakter und dabei ausschließlich um Winter- am Monatsende als ständige Beilage des "Zollern­ einer weiteren Dorfschulgründung. Danach ist erst schulen. ' ' , Alb-Kuriers". ·...... ,...... ehe Blätter

Jahrgang 27 31. Oktober 1980 Nr.l0 Eine geologische Wanderung vom oberen Neckar auf die Balinger Berge Von Fritz Scheerer

Unsere engere Heimat ist ein breiter Ausschnitt aus der Stufentreppe, die sich von den Gäuplatten des Zu einem großen Teil ist die Lettenkohle von Löß oberen Neckars.bis auf die Balinger Berge und die Hochalb erstreckt. Ein beachtlicher Höhenunter• und Lößlehm überdeckt. Das Material hierzu dürfte schied wird hier von den Treppenstufen überwunden (Sulz am Neckar 443 m, Plettenberg 1005 m). Der aus dem Rheintal hergeweht und im Windschatten Anstieg zur Albhochfläche erfolgt hier in drei Hauptstufen: vom tiefeingeschnittenen Neckartal zur abgelagert worden sein. In den Gruben der Vöhrin• Lettenkeuperebene, über die Keuperwaldberge,zum Albvorland des Kleinen Heubergs (mit etwa 100 m) ger Ziegelei ragen an einzelnen Stellen seine braun- . und dann zur Großstufe des Albtraufs, der in steilen Waldschluchten bis 350 m aufsteigt und mit gelben Wände bis 3 m auf. Die Böden mit Löß liefern felsengekrönter Stirn herniederschaut. Dazwischen schieben sich kleinere Stufen ein und ergeben sich hier die besten Ernten. Auf der Lettenkohlenebene verschiedene Übergänge. Eine Wanderung über diese Schichtstufentreppe soll einenüberblick über die finden sich daher eine Reihe von Siedlungen (Ren­ verschiedenen Stufen vermitteln. frizhausen, Bergfelden, Vöhringen, Wittershausen, Sigmarswangen, Bochingen). r - Der Muschelkalk nodusdolomit,.ein asch- bis gelblichgrauer Dolomit. Steigen wir vom Neckartal empor, so dehnt sich Beginnen wir unsere Wanderung in der Gegend Im Eyachtal bei Haigerloch sind es die isoliert aus vor unseren Augen die fruchtbare Ebene der Letten­ von Sulz am Neckar, das im mittleren Muschelkalk den Talhängen trotzig hervortretenden, malerisch kohle, die im Osten umrandet wird von den Keuper­ liegt und schon durch seinen Namen an die frühere zerklüfteten "Kapfe", wie sie in der Haigerlocher höhen, die durch die Wasserläufe zerschnitten und Salzgewinnung erinnert. Die Steinsalzlager sind Gegend genannt werden (Trillfinger, Haigerlocher. gegliedert sind. Nur die verschiedenen Sandsteinho­ längst abgebaut. Ob sie schon den Römern, die auf Stettener Kapf). Von der frommen Bevölkerung rizonte setzen der Abtragung einen kräftigen Wider­ der Höhe ein Kastell hatten, bekannt gewesen sind.. sind sie öfters mit Kreuzen geschmückt. Sie sind stand entgegen; während in den weichen Keuper­ ist nicht mehr festzustellen. Auf dem Markt haben nur von oben, von der Lettenkohlenebene aus zu­ mergeln jeder Wolkenbruch metertiefe Rinnen zu ursprünglich die Sudpfannen gestanden, später gänglich. Sie sind es, die dem unteren Eyachtal wie reißen vermag. Der Keuper erhebt sich fast allge­ wurden sie auf den "Unteren Wöhrd" verlegt. 1839/ dem oberen Neckartalein eigenartiges landschaftli­ mein bewaldet über der Lettenkohlenebene. Der 40 wurde bei Bergfelden ein Bohrloch niederge­ ches Gepräge verleihen. Infolge ihrer Neigung zur Aufstieg von der Gäuplatte der Lettenkohle ist hier bracht und von dort die Sole ins Sudhaus Sulz senkrechten Zerklüftung, die das Versickern des zu einem 7 km breiten Waldhügelland an der Stun­ geleitet. Die Sole wurde auch zu Badezwecken ver­ Regen- und Schneewassers erleichtert, sind sie an zach mit den malerischen Klösterlein Kirchberg und wendet. Der Solebetrieb ist heute eingestellt. den Talrändern herausmodelliert. Charakteristisch Bernstein auseinandergezogen. über der fruchtba­ Die Steilhänge des Neckartales sind ausschließ• für diesen Dolomit sind auch zahlreiche Erdfälle, die ren, fast durchweg landwirtschaftlich genützten lich dem Wald überlassen und werden durch den zum Teil hintereinander aufgereiht sind, das auf Lettenkohlenebene erheben sich, mit zunächst fla­ Hauptmuschelkalk gebildet: die Trochitenkalke, die unterirdische Wasserläufe hinweist. chem, dann steilem Anstieg,' die in der Regel mit Nodosusschichten und den Trigonodusdolornit. Die Wald bewachsenen, schluchtreichen Berge des Keu­ beiden ersteren sind infolge ihrer Verwendung als Die Keuperberge und -täler pers. Mit 60-90 m bilden die Gipsmergel die mäch• Schottermaterial an den Hängen des Neckartales Wo der charakteristisch rötlichbraune Verwitte­ tigste Keuperschicht. Bis in die jüngste Zeit konnte erschlossen. Die etwa 30-35 m mächtige Stufe 'des rungsboden des Trigonodusdolomits einer mehr er in Brüchen bei Bochingen, Bergfelden und im Trochitenkalkes ist benannt nach ihrem charakteri­ gelblichgrau gefärbten Ackerkrume Platz macht, Mildersbachtal in seinem Profil beobachtet werden. stischen Fossil, der Seelilie Encrinus liliformis, de­ zeigen Sandsteinbrocken im Boden an, daß die Der Gips darin ist weiß bis schmutziggrau, 'au ch ren runde, an den Rändern gekerbten Stielglieder Lettenkohle, der Lettenkeuper, errreicht ist. Der fleischfarbig, wohlgeschichtet. manchmal gefaltet. (Trochiten,"Katzensteine") besonders in den unte­ einstige Namen Lettenkohle zeugt von unerfüllten Auslaugung hat oft zur völligen Entfernung der ren Bänken das Gestein durchsetzen. In den Zwi­ Hoffnungen. Einzelne dünne kohlige Lager erweck­ Gipslager geführt. ' Die Hauptmasse des Gipses schenschichten sind sie seltener, treten dann im ten den Glauben, hier müßten reiche Kohlenlager zu stammt vom Meer, das immer wieder in die flache Hangenden wieder gesteinsbildend auf. Andere Ver­ finden sein. Schiefertone und Mergel mit wenig Senke von Südwesten her vorstieß, während die steinerungen sind Lima striata (Feilenrnuschel), Kalk- und Dolomitbänken bilden die Hauptmasse Mergel zum Teil vom Wind verfrachtet sind. Gervillia ("Gerippte Krummschalige"), Myaphoria der Lettenkohle neben dem Lettenkohlensandstein, vulgaris (Dreiecksmuschel), Terebratula vulgaris der mitten in der Lettenkohle auftritt. In den Sand­ Der darüber lagerde Schilfsandstein ist sehr un­ (Lochmuschel) usw. steinen finden sich Schachtelhalme (Equiseten). gleich entwickelt. Bei Bergfelden ist er 1 - 2 m Die Nodosusschichten bestehen aus dünnen Bän• Die Sandsteine, die bis 6 m mächtig sind, ·sind mächtig, dagegen bei Renfrizhausen 30 - 40 m und ken eines blaugrauen Kalkes, die durch regelmäßig sehr feinkörnig und sind gelbgrau gefärbt. Das bildet eine deutliche Stufe. Bei Renfrizhausen wur­ eingelagerte Tonschichten getrennt werden. Die Material der Fratzenköpfe und Drachen an der Sul­ de er früher in zahlreichen Brüchen abgebaut. Die Neigung der oft auffallend einem Backsteinmauer­ zer Kirche aus der Zeit ihrer Erbauung (1513-1516) feinkörnigen Sandsteine von graugrüner bis rötlich­ werk gleichenden Schichten bedingt, daß hier die stammt aus der Lettenkohle. grauer Farbe waren geschätztes Baumaterial. Sei- ' Böschungen flacher sind. Wer Glück hat, kanrr'den nen Namen verdankt er großen Schachtelhalmen. namengebenden Ammonit der Schicht, den Cerati­ Aus den Pflanzenresten glaubte man schließen zu über der Schilfsandsteinplatte erheben sich mit tes nodosus finden. Die großen Steinbrüche bei Sulz können, daß wir in der Lettenkohle durchweg steilem Anstieg die Bunten Mergel. Sie erreichen an der V öhringer Straße oder an der Hopfauer Sumpf- und Dschungellandschaft vor uns hätten, in rund 30 m Mächtigkeit. Die Mergel bestehen aus Steige erschließen das gesamte ·P rofil. Oben mußte der große Saurier sich herumwälzten. Aber die grauen, grünen, violetten, vorwiegend aber aus rot­ der Trigonodusdolomit einige Meter abgeräumt vielen Kalk- und Dolomitbänke führen reine Mee­ braunen Mergeln ("Rote Wand"). Schön erschlossen werden. resmuscheln und Grünsand, der nur im Meer ent­ sind sie an der Eyach unterhalb des "Kühlen An den Hängen des Neckartales steigen über der steht. Die Lettenkohle ist also größtenteils im Flach­ Grundes". etwas sanfteren Böschung der Nodosusschichten rneer entstanden. Zeitweise waren auch große Darüber steigt der Stubensandstein auf. ·Er hat senkrecht aufragende, malerisch zerklüftete Fel­ Strecken trockengelegt. Der Sand kam vom Vindeli­ eine fast regelmäßige Mächtigkeit von 15 - 20 mund senkanzeln und -nadeln empor, wie etwa der "Gäh• cischen Gebirge im Südosten. Meeresströmungen ist ein weißer grobkörniger Sandstein, der als Fege­ nende Stein" bei Sulz. Bis zu 20 m emporstrebend haben ihn abgesetzt, so daß seine Mächtigkeit ver­ . und Streusand (für Stuben, Name!) verwendet wur­ blicken sie trotzig zu Tal. Ihr Gestein ist der Trigo- schieden ist. de. Viele Sandgruben waren angelegt. Zahlreiche

Schnitt vom Neckar zum Plettenberg (vierfach überhöht) r.fooo.... I i!JoOflt so ..~ I .r.. ~ L_>It ..c: :i: I ~ .,. I -? I-?lI01Ot I I I I I I I

-- -~-::..- 1(00 Seite 278 H eim ~t kun dli ch e Bl ätter Balingen Oktober 1980

Mit ih rer niedrigen Höhe und ih rer teilwei se n Verkleid ung mit L ößlehm ist d ie Ostdorfer Platt e das günstigs te Bauernland des Kl e inen Heubergs. übe r den Randplatten des Unteren L ias erhebt sich m it einer weichen, aufgelösten S tufe der Oberstock de s Kl ein en Heu be rgs (schön bei Le id rin ge n zu beobac h ten). Sein e S ockel schichten bestehen aus d en wenig widerstän digen T one n und Mergel n d es mittleren Lias: Turnerit one (ß), Numismalisrnergel ( r ), Amaltheentone (6 ). Berühmt si nd in Gamma di e Belemnitenschlachtfeld er (belemnon = Wu rfs­ peer) (s. Heimatk. Bl ätter Juli 1980) u nd in Delta di e reizenden Zopfammoniten (Am alt heus marg aritatus = beperltes Füllhorn). Durch den Posidonienschiefer ( e) hat S chw a­ bens Jura Weltruf erlangt. Nicht durch d essen Olge­ halt, der im günstigsten Fall h öchstens e i n~ Ausbeu­ te von etwa 7 - 8 Prozent bietet, sondern wege n seiner rei chen Saurierschätze . Den Namen verda n­ ken di e Schiefer der Pose idonmuschel (Posidono­ mya Bronni), deren kleine, hellen Schalen mit kon­ zentrischen Rippen oft die Schichtflächen bedek­ ken. Dem Olgehalt verdanken die dicht gepackten Schiefer auch ihre Widerständigkeit gegen Verwitte­ rung und Abtragung. Deshalb sehen wir sie an Hohlwegen, Talkanten, . Wasserrissen als Felsband heraustreten und in den Bächen Wasserfälle bilden (Schlichern oberhalb Schörnberg), Für das Portland­ zementwerk Dotternhausen werden die Schiefer zur Zementherstellung ausgebeutet. Bl ockbild mit heutigem Entwässerungsnetz. Die Eyach greift we it hinter den Albrand und hat ihn tief Der feine Schlamm; sein Gehalt an Bitumen b e­ zersch n itten. dingen eine vorzügliche' Erhaltung der Fossilien. Man kennt so Tintenfische mit Mantel, Kopf, Fang- . wohle rhaltene Saurierreste wurden in ih m gefun­ Dicht über dem Keuper dehnt sich die Ackerplat­ armen mit Häkchen, Tintenbeutel. Prächtig sind di e d en. Den K rokodilen äh nlich war d ie Löffelschnau­ te , in d er zur S ommerzeit im lichten Gelb Kornfel­ ganz e rh altenen Seelilien. Schöne Stücke von F ossi­ ze Mystriosu chus, ein Bew ohner vo n 'F lü ssen und d er au fle uch ten. Im e rhöh te n Kernraum findet sic h lien werden im S chieferbruch vo n Dotternhause n Seen, vo n der Fundstücke aus d em K ühlen Grund d as lichte G rün der Wiesen, in deren Mitte der lange , gehoben. Bekannt ist H ol zmaden. Fi sche si nd vo ll­ im Bal inger Heimatmuseum liegen. grüne, dunkle Waldstreifen m it seinen vereinzelten ständig erhalten , nu r stark zu sam mengep reßt. D ie De r über dem Sandstein liegende Knollenmergel Höf en d en flach gewellten S child d es Kleinen Heu­ Mehrzahl gehört zu den Schmel zschuppern. Am ist ein berüchtigter Baugrund für Häuser und Stra­ bergs bedeckt m it oberem L ias, d en Ölschiefe rn des berühmte sten si n d a ber d ie Saurie r. Der Ichthy o­ ßen wegen seiner Neigung zu Quellungen und Ru t­ L ias 6. d ie sich unmittel bar vor d em Anstieg de s saurus hat sich zum Beher rscher der Meere en twik­ schungen, Im F eld- u n d Wiesengeländ e fäll t er au f B raunjura ausbreiten. D ie Ebene im ersten Fall k elt, Völlig pl attgedrü ckte Baumstämme oder in d urch seine u nruh ige, welli ge oder auch kissenför• b ild e n h arte Kalke oder Sa ndsteine , während es all e n Feinhe iten erhaltene F arnblätte r ve rra ten ein mi ge Oberfläche (s. Heim atk. Blätter 1979 S . 213). beim Ol schiefer d icht gepackte Schiefertone sind, nahes Land . Als "Gagat" oder "Jet" sind k onzen- überall kom men bei ih m Bodenverlagerungen vo r. ·d ie gegen Verw itterung und Abtragung widerstän• trierte B itumen ü berli ef ert. . Di e Bäum e zeigen ei n " K nie" oder stehen wi nd ­ d ig sind und d aher eine"zwe ite Stufe bilden. Das letzte Gl ied d es Lias e ntz ie ht sic h weitgehend schief (u n terhalb R osenfeld, im Eyachtal und Wer­ der Beobachtung . Es sin d di e Jurensis-Mergel, d ie tenbachtal), Er ist teilweise bis in den Gipskeuper D ie stufenbildende Schicht de s untersten in d er Regel vom Gehängeschutt überdeckt si n d . hinabgewandert. Den Namen verdanken d iese Mer­ Schwarzen Jura (Lias Ä ) ist nur etw a 20 m m ächtig Bei Heselwangen, am Etzelbach, bei Schömberg gel d en kl ein en rötlichen Kalkknollen, in denen sich und beginnt mit einer dunklen Kalkbank, d en Psilo­ sind sie zu m Teil erschlossen und kommen Ammo­ ihr Kalk zusammengezogen hat. Di e Mergel sind notenschichten. und wird überragt von dunklen niten zum Vorschein. Bei Lytoceras jurense (lytos = nicht seh r fruchtbar, deshalb meist nur Wiesenland Tonen. Das Leitfossil ist Psiloceras planorbe (das gelöst, ceras = Horn) außerordentlich rei ch geglie­ oder Weide . plattscheibige Glatthorn). In die darüber folgenden dert! Das Meer muß b ei der Entstehung di eser Auf den Knollenmergeln liegt manchmal eine Tone (S chwaichel) schieben sich feinkörnige Sand­ Mergel sehr flach gewesen sein. Di e Mächtigke it dünne Sandsteindecke, der Silber- oder Rhätsand• steine ein, der Angulatensandstein oder Buchstein. schwankt sehr stark, lf2 - 6 m , bei uns dürften sie stein (S tad t m ü hle bei Balingen, bei T äbingen, zwi­ Man nennt ihn so wegen der buchartigen Schich­ über :3 m nicht hinausgehen. sche n Bergfelden und Heiligenzimmern "Dicke­ tung und Spaltbarkeit. Malbstein wird er genannt, Die Stufenfläche d er P osidonienschiefer und der berg" ). Mit dem Rhät drang das Weltmeer bei uns weil er verwitternd einen mehlartigen Sand liefert. Jurensismergel ist eine flachwellige Ackerplatte ein. Früher war er als Baustein sehr beliebt und wurde und war al s Siedlungsraum nicht so sehr begehrt, Di e Pflanzenwelt des Keupers paßt si ch dem deshalb in vielen Brüchen (Ostdorf, Engstlatt usw.) wie die untere Liasplatte. Von den großen Si edlun­ Boden an . Di e Sandsteine tragen eine äh n liche Flora abgebaut. Den Namen Angulaten verdankt er einem gen liegen nur Bisingen, Engstlatt, Hesel wangen, wie de r Buntsandstein des Schwarzwaldes: Roter Ammoniten (Schlothe irn ia angulata), Di e Angulaten Dormettingen und Schömberg auf ihr. Der Teil d er Fingerhut, Besenginster, Heidekraut, Heidelbeere. haben d icke , nach vorn gebogene Rippen, die daher Olschieferplatte um den Hardtwald (= Wei dewald) Die bre ite Entwicklung d er Waldberge vor alle m an au f d em " R ücken" (e ige ntl ich ist es d ie Bauchseite) wird vo n jüngeren Höf en und Gutsb etrieben ge­ der S tunzach (7 km) h ängt aber a uch vielfach m it in ei ne m sp itze n Winkel (a ngu lus = Winkel) aufe in­ nützt , di e au f d en Randteilen der alten Markunge n der tektonischen Lagerung zusam men. Im Schutz ' a nder zu la u fe n. angelegt wurden. D ie Markungen d er alten S iedlun­ des Brittheim er Grabenbruches si nd L iasstreifen in gen greifen vo n allen Seiten mit langen Zungen tie ferer Lage erhalten (nordöstlich Brittheim). Die Den Re st des Lias (J: über dem Kupferfel s (rost­ (T äb ingen, Leidringen usw.) in d en ze n trale n Teil Bergkuppe der Lorettokapelle verd an kt ei ner kl e i­ b rau ne Verwitterung) bildet ei n dunkle r, seh r fossil-­ d es Oberstocks hinauf, d er im Mittelalter als We id e ne n G rabenscholl e di e Erhaltung ihrer Li asplatte reicher Kalk, der Arietenkalk, d as Schne ckenpfla­ u nd ein mähdi ge Wie sen in Heufeldern und Heuber­ u nd ihrer Herauspräparierung als Einzelberg. Die ster, der scharfe Gel ändekanten an d en Rändern d er gen di ente . Er w ar Ergänzungsraum für die Viehhal­ Fl ü ß chen wie di e Stunza ch sin d tief in d en Stufen­ tischebenen Hochfläche b ild et. Viel e F ossilien be­ tung d er D örfer. ra nd des Kl ein en Heubergs vo rged ru ngen und ha­ gleiten di e Ar ieten, di e Widderhörner: Gryphaea Der Kernraum d er Ol schieferplatte (678 m ), der b-en den daru n ter liegenden Keupermergel in geräu ­ arcuata = Habichtsmuschel , Nautilus, Bel emniten, Hardtwald, besteht sch on aus B raunem Jura , dem mige Talbuchten ausgeräumt (S tu nzach-, Eyach-, Seelilien usw . Berühmt ist das "Sch necken p flaster" Opalinuston. Im Wasserscheidegebiet ist er d er Ab ­ Schlichembucht), di e als Si edlungsflächen genützt (u nz ählige Habichtmuscheln). tragurig en tgangen. E r wurde d em Wald überlassen. wurden (Bu ben h ofe n und Oberowingen, beide ab ­ gegan gen, Zimmern u .d .Burg). Von d en ab gegan ge­ nen Siedlungen blieben teils Mühlen übrig (An hau ­ sen- B öllatm ü hle , Stunzachtal, Bubenhof er Tal), die aber heute größtenteils stillgele gt si n d. .

Das Albvorland Wie e ine schildförmige Bastei mit weit nach Nord-. westen vorsp ringend er Spitze sch ie b t sich in di e Waldbe rge d er Kleine Heuberg . In d er Ei nfa ssung des Waldsaumes liegt ei n K ranz großer Dörfer. Zwi­ schen ausgedehnten Ackerplatten liegen bastio nar­ tig in das Keuperl and vo rgeschobene Liasplatten w ie Bin sd orf u nd d er Obere Hornb u rger Hof, beide weit h in sich tbar. Der B rittheimer Wa sserturm er­ laubt ei nen he rrliche n Ru n d bl ick. Wo d as Waldland der Ke uperbe rge von ausge­ deh nten Fel dfluren überragt wird , wo stattliche S iedlu ngen a uftreten hat der L ias den Keuper abge- ; löst. Wo die buntfarbenen Tone u nd weißen Sand­ steine durch dunkle T one und Kalke ersetzt werden , si nd wir aus festlän d isch en in m arine- (Meeres-) Abl agerun gen ü bergetreten.H ie r sind im Gegensatz zu m Keuper eineM e nge Versteinerungen zu finden. Schon d ie d u n kle B odenfar be weist 'au f Leben hin. . B itumen (organische Stoffe) u nd SChwefelkies fä r­ ben d ie Geste in e d u n kelb la u gra u . Ein e neue Zeit beginnt hi er m it dem Auftreten vo n J uraamrno­ niten. Blick zu r Lochen (vor etwa 50 Jahren) Oktober 1980 Heimatkundlich e Blätter Bal in gen" Seite 279

Der Albsaum gegeben (Im p r essa m erge l). Auch kl eine verk iese lte gelagerten Bänke prachtvoll. Unmittelbar danebe n Der Schwarze Jura bildet d as Albvorland mit Ammonite n, in Brauneisen umgewandelt, sind häu• .ist di e Bergkante massig aufgebaut, darunter a m se inen fruchtbaren F eldern (L ia s u nd ), wenig fig. Di e häufigsten Weißjuraammoniten gehören zu r Hang ein gewaltiges Blockmeer. Lochenhörnle (956. Wäldern u nd za hlreichen S iedlungen. Im G eg ensatz Gruppe d er P erisphinkten (sphingein = umgürten, m) und S chalksburg (911 m) mit Böllat flankieren a ls d azu sind d ie Albvorberge (Hi rsch berg) und der umschnüren, peri = um herum) mit deutlich geg a- machtvolle Torwächter d en Austritt der Eyach a us steile Hang d es Al btraufes reich an Wäldern und . belte n Rippen. Im L ochengründle ist ein rei ches dem Gebirge. An d er Hossinger L eiter mußte n die Wiesen, arm a n Si edlungen und Feldern. Sie sind Ti erleben fe stzustellen, so d aß e s zu einem D orado Sturzmassen mit Leitern überwunden werden. das Re ich d es Braunjura. In ihm herrschen mächti­ fü r Verst einerungen wurde. Schon in d en Mergeln Auf den F eldern de s Lochenhörnle auswitternde ge Tonmassen vor, di e d er Abtragung wenig Wider­ beginnen di e Riffbildungen. Schwämme deuten die fast ausschlie ßl ic he Vorherr­ stand leisten. S ie si nd durch Sandsteine unterbro­ über den Mergeln ist di e wahre, se n k rechte Steil­ schaft di eser Tiergruppe an, di e einst im Jurameer chen, d ie je nach ih rer Mächtigkeit und Widerstän­ kante unserer Berge erreicht. Die wohIgeschichte­ als Riffe schneller heranwuchsen wi e di e norm al d igkeit Terrassen bilden. Zwischen dem Eyachtal ten Kalke von Weiß ß liegen hier Bank für Bank so gebankten Kalke. Ein reiches Tierleben bewei sen und d em Zillhauser Bach ist e in wiesen- und wald­ d icht aufeinander, daß spülendes Wasser kaum An­ die vielen Arten der Versteinerungen (Am m onite n, reicher Höhenzug, der Hirschberg, e rhalten geblie­ griffspunkte findet, nur di e fortrutschende Unterla­ Belemniten, Lochmuscheln. Seeigel usw.). Di e gan­ ben , d er im Höchst 803 m erreich t. Die Deckschich­ ge reißt im Sturz ganze Partien mit sich ("Rutschen-. ze Fauna mit ihren vielen Kopffüßlern sp rich t für ten d es Weißjura sind abgetragen. Nur im Geißberg felsen"), Felsenmeere am Fuß d es Lochenhörnie ein tieferes Meer (etwa 200 m ). Während im Vorland bei Engstlatt (791 m)ist noch die Verbindung mit und am Plettenberg. Weiß leuchtet d a die Stirn ins und in den Albrandtälern der Trauf und di e hohen d em Hundsrücken (931 m) einigermaßen vorhan­ Land hinaus. Stärker aber noch lenken die unge­ Talwände das Blickfeld beengen, ist die hinter d en d en. Sonst blieb nur ein unruhiges Bergland übrig, schic h teten Schwammstotzen das Auge auf sich, di e Bergen anschließende Hochfläche bei Bitz, beim das ganz aus dem 300 m mächtigen Schichtpaket in stotzigen Gebilden dem Zurückschneiden des Ebinger Schloßfelsen und bei Meßstetten (Weichen­ des Braunjura aufgebaut ist. Albkörpers noch weit mehr widerstehen (Lochen­ wang) usw. die Landschaft der weiten Horizonte. über der ölschieferplatte, die das Eyachtal beglei­ stein, Schafsberg, Schalksburg usw.) Hier spannt sich der Himmel h öher-und weiter, an tet und bei Frommern unter diesem untertaucht, Der große Bruch des Dotternhauser Zementwer­ sichtigen Tagen kann von diesen Höhen im Süden erhebt sich ganz sanft anschwellend die unruhige kes auf dem Plettenberg zeigt die streng regelmäßig die ferne lichte Kette der Alpen geschaut werden. Hügelwelt. der etwa 100 m mächtige Opalinuston (Braun ). Er ist wenig widerstandsfähig gegen die Abtragung, neigt zu Rutschungen. Die dunklen, fetten Tone liefern einen schweren, nassen Boden. Bei der" Frommerner Ziegelei werden die Tone abge­ Das Schicksal des jüdischen Lehrers baut. Erst in den obersten 20 m werden die Tone sandiger. Sie bilden dann in den Bächen harte' Bänke, über die das Wasser stürzt, "Wasserfall­ von Haigerloch -im Dritten Reich schicht"(d ie Eyach bei Laufen, die Schlichemun­ terhalb Hausen am Tann). Unterhalb Zillhausen von Dipl.-Päd. Adolt Kiek, Schulrat,Balingen springt der Büttenbach in einem 24 m hohen Sturz • über di e Wasserfallschichten und hat e inen großarti­ Ein Bittbrief der verzweifelten Ehefrau agoge, Gerechte Vergeltungsmaßnahrrien treffen gen Gumpen, d en sc hon Rösler als das "Wu nder­ Beim Aussortieren von Personalakten längstver• das Judenpack. loch" beschreibt, in' den weichen Opalinustonen storbener Lehrer im Staatlichen Schulamt zur über• In Haigerloch rückte in jener Nach t um 4 Uhr eine ausgestrudelt. ga be an das Staatsarchiv bli eb d er Blick in der auswärtige Sturmabteilung der P artei (SA) mit etwa Di e harten Bänke werden schon Braun ß, d em zu nächst unauffälligen Aktenmappe eines Lehrers 50 Mann an. Was sie anrichtete, erfah ren w ir pr äzjs e Ei sensandst ein, zugerech net, der inder Ostalb e inst Gustav Spier von Haigerloch an einem Brief hän• aus d em Bericht des .Regieru ng sp r äsid en ten der abgebau t wurde (Was se ra lfingen). Di e Personaten­ gen. Er trug keinen amtlichen Aufdruck und war Hohenzoll erischen Lande in Sigmaringen an den sandsteine (nach d en P ecten personatus so genannt) mit großen Zügen in deutscher H andschrift ge ­ Ministerpräsid enten in Berlin. Di eser Bericht vom 1. bilden an d en Hängen ebene Lei sten und sp ringen schrieben. Sein Wortlaut: 12. 1938 trägt d en Vermerk: S chnellbrief Geheim! zwi sc hen den Tälern al s , steile Nasen vor, so die Daraus wörtl ich: "In der ca. 1300 Einwohner zäh­ Bastei en d es Hirschbergs, des Goldersbergs und des Haigerloch, d. 20. 11. lende Gemeinde Haigerloch, wo etwa 160 Juden, in Hörnle östlich Heselwangen. ' Herrn Kreisschulrat, Hechingen der Hauptsache Viehhändler und Wandergewerbe­ Di e e igentl ic he Ho chplatte des Hirschbergrük• Vielmals um Entschuldigung bitte ich, wenn ich treibende, in geschlossener Siedlung wohnen, sind kens wird von d en widerständigen Blaukalken des Si e, sehr geschätzter Herr Kreisschulrat, mit m ei­ an sämtlichen jüdischen Häusern die Fenster zer­ Braunjura zusa m men mit den noch härteren oolithi­ nem Schreiben belästige. Ich bin ;verzweifelt, ich trümmert worden, außerdem an einigen Häusern sehen Kalksandsteinbänken des Braunjura Delta weiß nicht, an wen ich mich wenden sollte, als an auch Scheiben an Haustüren und Fensterläden. gebildet ("Gäbei", "Stelle" bei Zillhausen), die teil­ den Vorgesetzten meines Mannes. Darf ich mir die Der Schulraum im jüdischen Gemeindehaus wur­ weise als Ackerflächen genützt werden oder ergebene Frage erlauben, ob Herr Kreisschulrat de völlig zerstört, ferner im gleichen Hause die wurden. . irgend etwas über meinen Mann gehört haben? Wohnungseinrichtung des jüdischen Lehrers, der In den Tonen von Delta findet mari größere Be­ In ergebener Dankbarkeit dabei als einziger Jude Verletzungen davontrug, lemniten, in den Kalkbänken Hahnenkammaustern. Hertha Spier und teilweise die Kücheneinrichtung eines weite­ Beuren bei Hechingen liegt auf einer breitvorsprin­ ren jüdischen Bewohners. In der Synagoge wurden genden Stufe, di e durch Braundeltakalke -bed ingt Was war hier vorgegangen? Weshalb mußte die ebenfalls die Fenster und Türen und die Innenein­ ist . Lehrersfrau nach einem Lebenszeichen ihres Man­ richtung zerstört, in dem daneben liegenden jüdi• Im obersten Braunjura überwiegen di e Tone ( ~ nes fragen? Warum konnte sie sich in ihrer Not nur schen Badhaus die Badeeinrichtung erheblich be­ und Zeta). Wasserdurchtränkt neigen vor allem di e an den Schulrat wenden? Weshalb gab sie beim schädigt. .. In Haigerloch wurden 10 männliche Ornatentone zu Quellungen und Rutschungen und Datum ihres Briefes keine Jahreszahl an? Es reizt Juden, darunter der Lehrer, verhaftet und von der verraten sich auch durch di eSumpfflora: Das Han­ den heutigen Leser, diesen Brief in e ine n e rklären­ Staatspolizei dem Konzentrationslager Dachau zu­ gende gelangt lei cht in s Gleiten (Hundsrücken• den Zusammenhang stellen zu können. Das voraus­ geführt" (Dok. Bd. 2, Nr. 298 b). , Nordhang. Plettenberg-Südhang und in jüngster gehende Schriftstück in der Mappe hilft weiter. Hier berichtet Frau Spier am 11. 11. dem Kreis­ Di e Geheime Staatspolizei hatte Anweisung ge ge­ Zeit am "Stich"), da sich , die Tone voll Wasser ben, "tunlichst reiche Juden" zu ve rhaften. Di e sa ugen und von d em darüberliegenden We ißjura schulrat (w ied er ohne Jahreszahl): "Me in Mann, Liste der Verhafteten aus Haigerloch en thält 1 La nd­ ausgeq uetscht werden. Welliges Gelände, Tümpel Lehrer Gustav Spier, ist gestern früh mit einer wirt, 2 Viehhändler, 5 Kaufleute, so w ie d en Vor ­ und sau res Gras, Binsen, Schachtelhalme und Erlen Anzahl anderer , Mitglieder unserer Gemeinde, in stand der Synagogengemeinde (ebenfalls e in Kauf­ Haft genommen, wie ihm eröffnet wurde, zu seinem kennzeichnen diese Zone. S ie veru rsach ten auch di e mann) und d en "Leh re r und Rabbinatsverweser" gro ßen B ergstürze (s.obe n) wie am Ortenberg oder ' persönlichen S chutz. Mein Mann läßt Herrn Kreis­ Gustav Spier. Insgesamt wurden 25 000 Jud e n in a m Plettenberg 1851, 20 Jahre später bei S chlatt und schulrat bitten, seine Entlassung aus der Schutzhaft Deutschland verhaftet. Ihre F reilassung wu rde m it am Backofenfelsen usw. Durchweg sind es dunkle, zu erw irke n, damit der für Instandsetzung d es arg der Zahlung e iner Buße in H öh e vo n 1 Milliard e beschädigten Schulzimmers samt Einrichtung, so­ fette Tone mit eine r Zwergfauna. reich an Ammo- Reichsmark durch di e Juden deutscher Staatsange­ nit en. ' wie für Wiederaufnahme des Unterrichts sorgen hörigkeit in Verbindung gebracht. Auße rdem wur­ kann. Ferner läßt mein Mann Herrn Kreisschulrat den den Juden verschiedene Rechte genommen. bitten, mal das Schulzimmer in Augenschein zu Der Weiße Jura Der Regierungspräsident konnte sich bei der Ab­ nehmen". Bei genauerem Studium der P ersonalak- fassung seines Berichts auf einen Lagebericht d es Aus dem lichten G rün d er Buchen und au s d en - ten stellt sich heraus, daß Gustav Spier Lehrer und dunklen Nadelwäldern leuchten an der Stei lkante .Le iter der einklassigen jüdischen Schule und Vor­ blendend weiße Gesteine der Felsenkränze und d er beter der jüdischen Gemeinde in Haigerloch war. za hlreichen Rutschen.rDer vom Neckarland her al s Di e Vermutung, die schreckhaften Erlebnisse von geschlossene Mauer ers cheinend e Albtrauf löst sic h Frau Spier könnten in Zusammenhang stehen mit bei u ns , wenn man in ihn eind ringt, in e in ti ef den Maßnahmen der Nationalsozialisten ge gen jüdi­ - zertaltes, wenig übersichtliches Bergland auf. Di e sche Mitbürger in der sogenannten "Reichskristall­ Auflösung des Traufs ist bei uns bes onders weit nacht" 1938, wird durch Nachforschungen in ande­ ge d ie hen . Die Talbucht der Eyach und d a s S chli­ ren Berichten und Dokumentationen bestätigt. chem tal werden 'von ihnen bewacht. Bi s hinüber zu m Schwarzw ald grü ßen der bre itgel ag erte Plet­ Was geschah in Haigerloch in der "Reichskristall­ tenberg, d er 'w uchtige Schafberg. d ie runde, fel sge­ nacht"?- gürtete Kuppe der Lochen mit ihren vorgesc hic h tli­ In Paris hatte ein junger Jude, dessen Eltern kurz chen Si edlungsrest en. das langgestreckte Hörnle, vorher aus Deutschland nach Polen ausgewiesen d er massige F elsklotz des Gräbelesbergs mit seinen w orden waren, einen deutschen Botschaftsrat er­ vorge schichtlichen B efestigungen, di e Felsrippe der schossen . Die Nationalsozialisten, die seit ihrer Schalksburg, der weit ins Land hinausleuchtende Machtergreifung in Deutschland im Jahre 1933 B öllat und d er gratartig verzweigte Hundsrücken. durch Gesetze und Verleumdungspropaganda die Ti ef haben sich S chlichem, Eyach und Starzel in den d eutschen,Juden mehr und mehr bedrängten, orga­ Albkörper hineingefres sen. Der u n terste Weißjura nisierten daraufhin e ine "spontane Volksempö• ist bereits der Träger d er Donau-Rhei n-Was serschei­ rung" . In der Nacht zum 10. November 1938 wurden de zw ischen S chmiecha und Eyach (742 m ) und überall im deutschen Reich Synagogen der israeliti­ zw ischen B ära und Schlichem (801 m ). Bahn und schen Kultusgemeinden in Brand gesteckt und Ge­ Straße führen bei Ebingen auf vo lle P aßhöhe. sc häfte von jüdischen Inhabern zerstört, wobei häu• WeißjuraoC : Der Übergang vo n de n Ornatentonen fig di e S chaufenster zu kristallartigen Splittern zer­ zu den Weißjura-Mergeln fällt kaum in die Augen, d a trümmert wurden. Die "Hohenzollerischen Blätter" Das Gebäude des heutigen Spar-Lebensmittelge­ er m ei st durch Schutt verd ec k t ist. Der Armkiemer berichten über Vorgänge in Hechingen mit folgen­ schäftes war die Synagoge im Judenviertel "Ha ag" Terebratula impressa hat den Mergeln den Namen der Überschrift: Volkszorn zerstört Hechinger Syn- in Haigerloch (rechts im B ild). Seite 280 Heimatkundlieh e Blätter Bahngen Oktober 1980

stiger Beurt eilung durch den Schulrat bei Bewer­ Am Donnerstag, 27. November 1941, wurden an bu ngen nicht zu m Zuge kam. den fahrplanmäßigen Zug der Landesbahn drei P er­ sonenwage n der Reichsbahn angehängt, Abfahrt in Rückkehr aus der Schutzhaft, Hechingen 11.21 Uhr, Abfahrt in Haigerloch 12.07 Auswanderungsversuch Uhr. 130 genau erfaßte Juden aus Hechingen und Am 7. Dezember 1938 konnte sich Lehrer Spier Haigerloch wurden darin nach Stuttgart befördert. beim Kreisschulrat aus der Schutzhaft zurückmel­ Am 4. Dezember kamen die Zwangsverschleppten den. Wo er diese ve rbrac ht hat, wird stets verschwie­ in Riga an. Das Lager Jungfernhof war ursprünglich gen. Das KZ Dachau wird mir im Bericht des ein großes landwirt schaftliches Gut, in dem bereits Regierungspräsidenten nach Berlin genannt. Der andere Deportierte aus Deutschland sich befanden. Schulsaal in Haigerloch war zunächst noch polizei­ Die-Neuankömmlinge wurden auf die sehr sc had­ lich geschlossen. Die Judengemeinde mußte ihn haften Scheunen und Ställe vert eilt, die viel zu w ieder entsprechend herrichten. Erst am 21. 12. 1938 wenig Raum für die Menschenmenge boten. Was die konnte dem Regierungspräsidenten die Wieder­ wenigen überlebenden später von der Arbeit und eröffnung der Schule gemeldet werden. Das darauf­ Behandlung in diesem Lager berichteten, ist grau­ folgende Jahr 1939 wird ein recht bitteres für die envoll. Von den 828 Juden, die am 1. 12. 1941 aus .Lehrersfamilie. Suttgart deportiert worden waren, erlebten nur 35 Am 1. 1. 1939 tritt die Verordnung in Kraft, daß die Befreiung nach dem Zusammenbruch des Drit­ Juden einen typisch jüdischen Vornamen zu führen ten Reiches. Einer von ihnen war der 22jährige Egon haben. Wo das bisher nicht der Fall war, muß bei Levi aus Haigerloch. Er starb aber kurz nach der Männern der Zusatzname Israel, bei Frauen zu sätz• Rückkehr in die Heimat. Im Ha igerlocher Juden­ lich der Name Sara verwendet werden. Gustav Isra­ friedhof wurde ihm und den anderen hingeopferten el Spier erbittet im Februar 3 Tage Urlaub, der an Juden aus der Stadt ein Denkmal gesetzt. den Osterferien wieder'abgezogen werden kann. Er Bei Lehrer Gustav Spier und seiner Frau Hertha möchte in diesen Tagen seine 18jährige Tochter bis vermerkt das Gedenkbuch der Archivdirektion He utige Ans icht des Gebäudes "Im Haag" in Haiger­ Hamburg begleiten. Sie wandert aus Deutschland Stuttgart: deportiert am 1. 12. 41 nach Riga, für tot loch, in dem die jüdische Schule und die Lehrer­ aus. Die herzleidende Ehefrau ist leider nicht im­ erklärt. Beim Sohn Julius steht: deportiert am 1. 12. wo hnung untergebracht war (letztes Haus links). stande der Tochter diesen Abschiedsdienst zu tun. 41 nach Riga, verschollen. Der Urlaub wird genehmigt. Kr eissc hulrats vo n Hechin gen st ützen, der das Aus­ Am 30. Juni 1939 berichtet der Regierungspräsi­ Benützte Literatur: maß der Schäd en selbst in Augenschein ge no m men dent von Sigmaringen an den Reichsminister in Die Archivdirektion Stuttgart hat mit dem Verfas­ hatte. Wie der Kreiss chulrat m eld et, wi rd die jüdi­ Berlin, die öffentliche jüdische Schule in Haigerloch ser Paul Sauer folgende Werke herausgegeben, die sche Volksschule il\ Haigerloch derzeit von 9 Kin­ werde von ihren derzeit 5 Schülern in nächster Zeit für den vorliegenden Bericht herangezogen wurden: dern besucht. Solange Lehrer Spier in haftiert ist , zwei wegen Auswanderung und zwei wegen Wegzug Dokumente über die Verfolgung der jüdischen Bür­ könnten diese Kinder in die ev angelische Schule verlieren. Er beantragt die Aufhebung der Schule. , ger in Baden-Württemberg durch das Nationalsozia­ des Ort es aufgenommen werden aber weil eine Abschließend schreibt er: ..Der bisherige Lehrer listische Regime 1933 - 1945, 2 Bände, Stuttgart "geradezu fei ndselige Stimmung gegen die jüdi• wird demnächst auswandern und kann zunächst in 1966; Die Schicksale der jüdischen Bürger Baden­ schen Kinder" unter den anderen Kindern im Ort den einstweiligen Ruhestand versetzt werden" Württembergs während der nationalsozialistischen herrscht, besteht dagegen sehr schwere Bedenken. (Dok. Bd. 1 Nr. 284). Tatsächlich wird die Schule Verfolgungszeit 1933 - 1945, Stuttgart 1968; Die Der Kreissc hulrat schließt sic h der Ansicht des zum 1. 10. 1939 aufgehoben. Lehrer Spier wird zum Opfer der nationalsozialistischen Judenverfolgung stellvertre te nden Bürgermeisters an : ".. . es wäre im 30. Juli 1939 in den Ruhestand versetzt. Da er erst 47 in Baden-Württernberg 1933 - 1945, Ein Gedenk­ Interesse der Schule 'w ie der Gemeinde d ie beste Jahre alt und erst 20 Jahre im Schuldienst tätig war, buch, Stuttgart 1969. Lösung, wenn Lehrer Spier aus der Schutzhaft bedeutet d ies eine starke Verrringerung seines Ein­ entlassen würde . . "(Do k. Bd. I, Nr. 279). kommens, von dem er mit seiner Frau und dem jetzt 14jährigen Sohn lebt. , Die Haigerlocher Judengemeinde Die P ersonalmappe des Schulamtes endet mit Die Mondviole Die ge sc hlos se ne Siedlung der J uden in Haige r­ dem Erlaß über die Versetzung in den Ruhestand. (Lunaria redivivia) loch , di e der Bericht des Regi erungspräsidenten Bei Auswanderung aus Deutschland gingen alle erwähnt, ist der Stadtteil "Im Haag" mit etwa 30 Rechte auf Besitz und Vermögen verloren, auch auf Häusern. Der jüd ische Friedhof, der am Fuße dieses Pensionsgelder. Die Finanzierung der Auswande­ Hanges liegt, grenzt an die Straße, die von Owingen rungsreise mußte durch ausländische Verwandte auf Haigerloch nach dem Eisenbahntunnel zuführt. .oder Freunde erfolgen. Durch den Kriegsbeginn U rs prünglich bildeten die Juden eine eigene, selb­ verminderten:sich die Möglichkeiten der Auswan­ stä nd ige Ortsgemeinde. Die verwaltungsm äßige derung. Au s-Archivunterlagen läßt sich feststellen, Vere inigung mit der Stadt Haigerloch wurde 1837 daß Gustav Israel Spier mit Frau und Sohn nicht verordnet; dabei erhielten die Juden auch staatsbür• ausreisen konnten, sondern bei der großen Deporta­ gerliche Rechte. Als religiöse Gruppe stellten sie tion der Juden aus Württemberg und Hohenzollern nach dem Reichtsgesetz von 1938 eine Kultusver­ am 1. 12.1941 nach Riga transportiert wurde, was für einigung mit dem Namen ..J üdische Gemeinde Ha i­ alle drei Gli eder der Familie eine Reise in den Tod gerloc h e. V." dar. Lehrer Gustav Spier gehörte 1939 ' bedeutete. zu den Vors tandsmitgliedern dieser Gemeinde. In ihr herrschte ein bemerkenswert reges Leben; im . Ein Opfer der ..Endlösung der Judenfrage" Jahre 1935 wurden zeh n ve reinsartige Gemeinde­ Nach Kriegsausbruch 1939 verschärften sich die gr u ppe n ge meldet, darunter auch ein ..Gesangver­ Schikanen gegenüber der Juden noch mehr. Es gab ein Liederkranz". Die öffentliche israe litische befristete Ausgehverbote, Arbeitseinsatz, Einzug Volksschule , die in Haigerloch existierte, war An­ der privaten Radioapparate, weniger Zuteilung von fang 1933 die einzige di eser Art in Hohenzollern. Sie Lebensmitteln, Ausschluß vo n der Versorgung mit wurde als Ein-Lehrer-Schule geführt , bestand also Te xtilien und Schuhen, Entzug eines Telefonan­ nur aus einer Klasse, in welcher alle Schuljahrgänge schlußes und späte r auch Verbot des Benützens unterrichtet wurden. Mit der Stelle des Lehrers öffentlicher Fernsprechzellen, Zahlung von Sonder­ dieser Schule war die Stell e des Vorsängers in der abgaben, Beschlagnahme von Wohnungen. Am 1. 9. israelitischen . Kultusg emeinde organisch ver­ 1941 zwang man die Juden, einen gelben Judenstern bunden. in Herzhöhe auf der Kleidung aufgenäht zu tragen. Ohne Sondererlaubnis durften sie keine öffentli­ Die Person des Lehrers Gustav Spier chen Verkehrsmittel mehr benutzen. Gustav Spier war kein Einheimischer. Er wurde Wie sehr dies Lehrer Spier zu schaffen machte, im Jahre 1892 in Zwestern im preußischen Regie­ läßt sich nur ahnen. . rungsbezirk Ka ssel.geboren. Er besuchte das J üdi­ Nach Beginn des Krieges gegen die Sowjetunion Im felsigen Schlucht- und Bergwald unserer Alb sche Lehrerseminar in Kassel und ließ sich auch im Juni 1941 ging Hitler mit seinen Gehilfen in der leuchten Ende des Sommers die runden, großen, zum Kantor und Vorbeter ausbilden. Die vorge­ Lösung der Judenfrage von den bisherigen Maßnah• glänzenden, silberweißen Samenscheiben der sc hriebenen Prüfungen für Volksschullehrer legte men zur "Endlösung" über. Sie sah eine Ausrottung Mondviole (Silberblatt), die die flachgedrückten Sa­ er mit gutem Erfolg ab. Bevor er in den Lehrerberuf der jüdischen Bevölkerung im deutschen Machtbe­ men enthalten. Durch die Scheibe wird die Flugfä• eintreten konnte, mußte er im Jahre 1912 für ein reich vor. Man fing an, die Juden in große Arbeitsla­ higkeit erhöht, da sie besonders leicht ist und vom Jahr zum Militär. Als der erste Weltkrieg ausbrach, ger im Osten abzuschieben. An den schlechten Wind fortgetragen werden kann. So heißt die Pflan­ holte man ihn von seiner kleinen Ein-Lehrer-Schule Lebensbedingungen dort sollten - sie zugrunde- ze Lunaria (von luna = Mond) wegen der runden, an der Mosel zur Infanterie. Geehrt mit dem Front-, gehen. . großen, glänzenden Scheidenwand und der mond­ kämpfer-Ehrenzeichen und dem Silbernen Verwun­ Die Geheime Staatspolizei gab im November 1941 förmigen Samen. Durch die hellvioletten Blüten deten-Abzeichen schied er 1918 aus dem Dienst im Anweisung zum Sammeln von 1000 Juden aus Würt• und den sonderbar zauberhaft wirkenden-Duft wer­ Heer. Nach Jahren der Lehramtstätigkeit in West­ temberg und Hohenzollern auf dem Killesberg in den die Insekten angelockt. In den Schluchten preußen und in der Rhön kam Gustav Spier im Stuttgart und zu deren Abtransport am 1. Dezember ' überragt sie mit ihrer 40 bis 100 cm Höhe die übrigen in das Lager Jungfernhof bei Riga (Lettland). Den Jahre 1924 nach Haigerloch. Im 'J ahre 1920 hatte er Kräuter des Waldbodens, so daß sie auch für ein Hertha geb. Bloch geheiratet. Ein e Tochter Ruth jüdischen Familien wurde gesagt, daß sie umgesie­ Kerbtierauge deutlich bemerkbar ist. Früher traf wurde den Eheleuten 1921 gebor en, ein Sohn Julnis delt würden. Handwerkszeug und Küchengeräte man die Mondviole häufig in Bauerngärten und ihre Berthold 1925. Mehrere Versuche des Lehrers zum durften als örtliches Gemeinschaftsgepäck für einen ..Silberblätter" schmückten im Winter manche Wechsel an einen anderen Diensto rt m it gr ößerer angeblich begleitenden Gütertransport bereitgelegt Wohnstube. Fritz Scheer er Schule, so nach Nürnberg u nd Köln, sind in den werden. In der Anordnung des Landrats von He ­ folgenden J ahren gescheitert. chi nge n heißt es unter anderem: "Als Handgepäck In Haigerloch war wegen sinkender Schülerzahl soll nur mitgenommen werden ein Rucksack oder Herausgegeben von der Heimatkundlichen Ver­ schon 1929 der Fortbestand der jüdischen Schule kleine Handkoffer, Tasche usw. mit den allernot­ einigung Balingen. fraglich.In einer Mitteilung an den Kreisschulrat wendigsten Kleidungs- und Wäschestücken und Vorsitzender: Ch rist oph Roller, Balin gen,Am Heu­ errechnet" Lehrer Spier aber einen Anstieg in den Eßgeschirr sow ie dem Proviant für zwei Tage und berg 14, Telefon 77 82. nächsten 6 J ahren auf 18 Schüler insgesam t. Die zwei Teppiche; Gesamtgewicht etwa bis zu 15 Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am He uberg durch die nationalsozialistische Judenverfolgung kg ... Wegen der Liquidierung des eingezogenen 42, Telefon 76 76. herv orgerufene Au swanderungswelle unter den J u-, Vermögens trifft am Montag ein Beamter des Fi­ Die Heim atkundlichen Blätter erscheinen jeweils den lie ß es nicht dazu kommen. Sie führte wohl nanzamtes Sigmaringen hier ein ... (Dok, Bd. 2 Nr. am Monatsende als ständige Beilage des "Zollern­ auc h andernsorts dazu , daß Gustav Spier trotz zün- 476). Alb-Kuriers". Jahrgang 27 29. November 1980 Nr.ll

sen, denn solche Sammlungen waren damals in den Städten zu finden, kaum in den Dörfern. Das Binsdorfer Frauenkloster wurde bis nach der Reformationszeit "Klause" genannt. Die Gründung erfolgte im Jahre 1280, wie überliefert ist. Als Stifter werden genannt: eine Witwe Katharina Schenk (vielleicht ist sie eine Schenkin von Zell-Andeck­ Staufenberg), ein Graf Friedrich von Zollern, ein urkunkllch nicht nachzuweisender Graf Eberhard oder Hermann von Hohenberg. Die Klause stand bei der Kirche an der der Stelle der Burg. Zunächst war die Klause ein Beginenhaus (Begi­ nen = asketische Frauen ohne Gelübde), das sich 1312 dem Dominikanerorden unterstellte. Den Rott­ weiler Dominikanern-(Bettelmönche, von Domini­ kus 1216 gestiftet, Tracht weißer Rock mit schwarz- ­ ern Mantel und Kapuze) war späterhin die Betreu­ ung der Frauenklause übertragen. Das Kloster blüh• te rasch auf und erhielt durch zahlreiche Schenkun­ gen und Stiftungen den erforderlichen materiellen Hintergrund. Es kam in den Besitz vieler Güter auf der Markung, die später in einem Maierhof, der etwa 70 Morgen Acker und 45 Morgen Wiesen umfaßte, zusammengelegt wurden. Außerdem besaß es 50 Morgen Wald auf der Markung. Auch auswärts war das Kloster reich begütert. Es bezog Einkünfte aus eigenen Gütern, aus Zinsen, Landgarben und Küchengefällen aus Erlaheim (1330 einen Hof, 1332 ein Gut von den Bubenhafen und vor 1330 ein Gut von den Herren von Gammer­ tingen), aus- Erzingen (einige Lehen), Weilheim­ Waldstettern (vom EndingerhoO 2/3 (36 Jauchert Acker, 12 Mannsmahd Wiesen), Lautlingen (3 Erble­ hen), Leidringen (kleinere Güter), Sulz, Gruol (11,5 J.), Haigerloch (5 J .), Trillfingen (1 Hof mit Haus, 4 Blick vom Keinbachtal auf Stadtkirche, Klostergebäude und Schule. Höfe ohne Haus), Weildorf (rund 40 J.), Höfendorf , (30 J.), Rangendingen (Höfe ohne Haus), Hart (1 Hof mit 43 J.), weitere Güter in Rottenburg.. Ergenzin­ gen, Baisingen. Bieringen, Hirrlingen, Dettingen, Das ehemalige Kloster Binsdorf Wendelsheim, Wurmlingen und Hirschau. 1333 wur­ de ein Salzgeld aus der Salzpfanne in Sulz erworben. Von Fritz Scheerer Eigene Güter waren die zu Binsdorf, die Höfe zu Ergenzingen, Trillfingen und Erlaheim und die Eine eindrucksvolle Baugruppe bietet vom Keinbach her, am Rande des Steilabfalls gelegen, einen Weinberge zu Hirsehau und Wurmlingen. Die jährli• prächtigen Anblick: die Binsdorfer Pfarrkirche zum BI. Markus und das ehemalige Dominikanerinnen­ chen Einnahmen betrugen um das Jahr 1800 1610 Kloster (s. Bild). Das vor 700 Jahren, um 1280, gegründete Kloster wurde 1806 im Zuge der Säkularisation Gulden. Infolge der vielen Schenkungen blühte die aufgehoben. Es ist ein stattlicher, langer Bau, der mit seiner Ostfr~)Dt auf der Stadtmauer aufsitzt und Sammlung im 14. Jahrhundert rasch auf. Vor 1390 heute als Pfarrhaus und Jugendheim dient. konnte ein großes Haus aufgebaut werden und war bald für eine Mutter, später Priorin genannt und 12 Die Lage des Städtchens Binsdorf aufeiner Hoch- haspas de fills, 5 de canalo, 1 cadum de melle" Schwestern ausgestattet worden, zudem wurde_die fläche, die sich rund 600 m erhebt und beinahe (Wirtemb. Urkundenbuch 1,124). Auch in späterer ' ringsum in einer Terrasse gegen die stark geneigten Zeit erscheint Binsdorf, als es schon in Händen der Talhänge abbricht, gibt dem Ort am östlichen Rande , Grafen von Hohenberg war, als Lehen von dem derselben eine freie, schöne Lage, die eine ausge- Kloster Reichenau. Noch 1386 belehnte Abt Werner dehnte, freundliche Aussicht an die Alb und zum zu Reichenau den Heinrich von Binsdorf und seinen Schwarzwald bietet. Das Rundpanorama zeigt in , Sohn Märklin mit hiesigen Leuten und Gütern. fast greifbarer Nähe die Berge der Schwäbischen ' Das Dorf Binsdorf gehörte wohl schon im 9. Alb vom Dreifaltigkeitsberg bis zum Hohenzollern Jahrhundert, sicher aber im 11. Jahrhundert ganz und Dreifürstenstein, zum Schönbuch, über dem I dem Kloster Reichenau. 1024/27 lautet der Ortsna­ beiNacht und bei guterSicht das Licht des Stuttgar- men "Binztorph", 1246 "Binzdorf". Der Name darf ter Fernsehturms aufblitzt. Aus dem Neckartal wohl davon abgeleitet werden, daß an vielen Stellen grüßt die Wurmlinger Kapelle, und nach Westen der Markung Binsen wachsen. Binsdorf dürfte zu begrenzen die Berge des Schwarzwaldes den Hori- den zahlreichen - dorf-Orten am obern Neckar gehö• zont. Zwischen den Quellen des ' Keinbachs auf reri (Göllsdorf, Lackendorf. Seedorf, Beffendorf, Ep­ gutem Baugrund von Angulatensandstein und Arie- fendorf, Oberndorf, Ostdorf, Hochdorf und Dach- i tenkalk wurde die Siedlung angelegt. . dorf abgegangen), die im 6./7. Jahrhundert gegrün- I Schon in frühester Zeit siedelten zu Binsdorf und det wurden. Es lag in der Nähe des Heerwegs. Umgebung Menschen. Aus dem Beginn der Metall- während die wohl vom Kloster Reichenau erbaute zeit (Bronzezeit) stammt ein Kupfer-Flachbeil. Markuskirche ihren Platz nicht im Dorf, sondern Scherben von Tongefäßen aus der Bronze- und etwas entfernt am Talhang erhielt. Dort hatten die Hallstattzeit ("EJ:}gelen") lassen auf eine Siedlung IGrafen von Zollern eine 1406 erwähnte, aber dann schließen. In der Flur "Saibswiesen" liegen die -abgegangene Burg erbaut und fügten vor 1280 eine Fundamente eines römischen Gutshofes mit Bade- stadtähnliche Anlage hinzu, die sich an das Dorf gebäude und Brunnen. Von drei Stellen der Mar- anschloß. Das Städtchen führte eigenes Siegel mit kung (Ostrand des Ortes, Flur "Lehenbühl" südlich dem zollerischen Wappen. Der Name des Dorfes, der Straße Geislingen - Rosenfeld, östlich der Fi- . das bald darauf abging, wurde übernommen. schermühle und der Stunzach) sind alamannische Am 29. November 1315 erteilte König Friedrich Gräber bekannt. Binsdorf selber wird dann in einer dem Grafen Rudolf von Hohenberg gehörigen Dorf unechten, auf den 1. September 843 datierten Ur- (villa) Bindsorf auf Bitten des Grafen alle Freiheiten kunde, die im 11. Jahrhundert von dem bekannten und Rechte, die die Stadt Oberndorf besaß (Regesta Fälscher Udalrich verfertigt worden ist, erstmals im Hohenbergica Nr. 356). Damit wurde die Siedlung Besitz des Klosters Reichenau befindlich erwähnt. zu einer vollgültigen Stadt erhoben. Das StädUein Udalrich dürfte jedoch eine echte Urkunde anderen _wird eine erweiterte Burg dargestellt haben (s. Gad­ Inhalts vorgelegen haben, denn die Namensform ner). Die Zollern, die bis um 1400 Inhaber des , Pinnestorf, die verwendet wurde, scheint der Karo- Patronats waren, dürften also die Stadtgründer lingerzeit anzugehören. Das Kloster bezog Natura- schon vor 1280 gewesen sein. lien, die der dortige Abt Walfried zur Bestreitung Das Vorhandensein des Städtchens vor 1315 wird des klösterlichen Haushalts bestimmte: "de Pinne- indirekt auch durch die 1280 erfolgte Gründung storf 10 modios leguminum, 100 caseos, lovern, 4 einer Klause auf dem aussichtsreichen Platz erwie- Binsdorf 1573 (Gadner). Seite 282 Heimatkundliehe Blätter Balingen November 1980

Klause 1344 durch Hermann von Ow von ailen Zum Bild des -Klosters gehört die Stadtkirehe, ein kurzes Stück (rund 60 km ) zw ischen Ke m pten Steuern, städtischen Auflagen usw. befreit und kam deren malerische Silhouette schon 1573 Gadner zum (Cam bodunum) und Breg enz (Brigantium) war in den Genuß des Gemeindenutzens. Zeichnen reizte (s. Bild). Kirche und das mächtige nicht auf natürliche Weise durch Fl üsse (bzw . den Kl osterge bäude gehören zu dem Stadtbild. Bod ensee) geschützt. Es mußten also nur an beson­ 1314 bekam die Klause die Erlaubnis in der Kirche Seit 1390 wi rd der Hl , Markus als Kirchenheiliger ders ge fährdeten Limesa bschnitten (z. B. Kempten­ Ch or zu halten. Um 1500 ließen sich die Frauen in genannt. Das Jahr 1372 brachte entscheidende Basel ohne südliches Bodenseeufer) neben den Ka­ Konfraternität des Kartäuserordens aufnehmen und Neuerungen für die Pfarrei. Graf Friedrich von stellen zusätzliche Wachttürme (burgi) angelegt hielten guten Kontakt mit der Kartause Güterstein Zollern verzichtete endgültig auf das Patronat und werden. bei Urach. Die Nonnen hatten späterhin auch Nei­ gründete ein Stift mit einem Pfarrer und zwei Kaplä­ Die Alamannen konnten zunächst nicht davon gungen zu Württemberg, denn 1525 ließen sie einen nen. Dies wurde am 24. Mai 1372 vom Konstanzer ausgehen, daß die Römer das Land für immer Hauptmann des Herzogs Ulrich von Württemberg Bischof bestätigt. Zusammen mit Gemeinde und aufgegeben hätten. Noch in der zweiten Hälfte des 4. durch die Pforte in der Stadtmauer entweichen, Klause stiftete er eine neue Kaplanei auf dem Altar Jahrhunderts betrachtete Rolli das Limesgebiet als wofür sie von dem österreichischen Landesherrn von St. Katharina und der 11 000 Jungfrauen. Der römisches Reichsgebiet, und bis zum Jahre 378 n. mit einer Strafe von 60 Gulden belegt wurden. 1545 Pfarrherr wurde mit Probst betitelt und die beiden Chr. waren die Römer wiederholt in dieses Gebiet wurde'das Kloster verwarnt, weil es württembergi• Kapläne fungierten als Chorherren. eingefallen. Bei der von den Römern oft angewand­ sehe Mädchen aufgenommen hatte, wodurch, wie Das-Stift erhielt ein Siegel, dessen Abdrücke noch ten Zangenstrategie lag die eine Operationsbasis im die Regierung befürchtete, die neue Lehre einge­ an Urkunden hängen. Nach der Wahlordnung von Süden, am Hochrhein. schleppt werden könne. 1372 nominierten Priesterschaft, Gemeinde und Technisch waren die Alamannen nicht in der Im Kloster waren durchschnittlich 10 bis 14 Chor­ Klause bei Freiwerden einer Stelle einen Geeigne­ Lage, einen Gegenwall zu bauen. Auch hat dies frauen. 1784 stammten 8 von 11 Nonnen aus dem ten, der dann vom österreichischen Landesherren ihrem Wesen nicht entsprochen. Stattdessen errich­ heutigen.Bayern, Von den Klosterämtern warenvon dem Konstanzer Bischof präsendiert wurde. Wäh• teten sie, wie es später seit Karl d. Gr. üblich war, an den Nonnen besetzt: Priorin, Subpriorin, Gastmei­ rend der Reformationszeit wurden Neigungen zu den Grenzen "Marken". Diese Grenzmarken nah­ sterin, Gärtnerin, Pförtnerin, Schaffnerin Kellermei­ Neuerungen rasch unterdrückt. Ein Kaplan wurde men wohl wie die karolingischen Marken unter dem sterin, Köchin, Milchmeisterin; Laienschwestern bestraft, weil er der neuen Lehre angehangen hatte, restlichen Gebiet eine Sonderstellung ein. waren eine oder zwei vorhanden, meistens aber und die Nonnen mußten verwarnt werden (s, oben). Bereits um 300 n. Chr. siedelten die Alamannen in keine. 1784 versuchte die Regierung, die Frauen zu Die Binsdorfer sollen es nach einem etwas sagen­ unmittelbarer Nähe des neuen Limes. Das Besonde- . nutzbringender Tätigkeit anzuhalten, da sie als ein haften Bericht gewesen sein, die die Erlaheimer re ist, daß die Alamannen zwischen den natürlichen "toter Körper" betrachtet wurden. So weigerten sie beim alten Glauben erhalten hätten. Da die Erlahei­ Barrieren des Schwarzwalds (Silva Marciana) und sich auch in diesem Zusammenhang, eine Handar­ mer nirgends Anschluß an eine katholische Gemein­ des Bodensees (Lacus Venetus) einen doppelten beitsschule für Mädchen einzurichten. de gefunden hätten, beschlossen sie zur Reforma­ Verteidigungsring von Grenzmarken errichteten. In tion überzutreten. Sie sollen bereits im Begriff ge­ der vorderen Linie finden wir von Westen nach Im Jahre 1806 wurde das Kloster aufgehoben. wesen sein, im festlichten Zug zur Isinger Kirche zu Osten den Klettgau, den Randen und den Hegau. In Damals waren im Kloster eine Priorin und neun gehen. Als die Binsdorfer dies bemerkten, seien sie der zweiten Verteidigungslinie liegt die Baar (oder Chorfrauen. Das Klostergebäude wurde an die Bins­ ihnen mit Kreuz und Fahnen entgegengezogen. um mehrere?). Diese Gaue wurden von Gaufürsten (lat. dorfer Kirchenpflege um 6000 Gulden verkauft. sie in die Binsdorfer Kirche zu führen. An der Stelle, reguli = Verkleinerungsform von rex = König) Sämtliche Güter und Einkünfte fielen an den würt• an der sich die beiden Züge getroffen hätten, habe geleitet, die unter sich in Verbindung blieben und tembergischen Staat und die Nonnen erhielten eine­ man die jetzt dort stehenden drei Kreuze errichtet. oft gemeinsam operierten. Rente. Die letzte Nonne starb in Binsdorf 1838 im Die heutige Pfarrkiche Binsdorfs zum Hl, Markus Der Name Alamannen tauchte erstmals 213 n. Chr. Alter von 91 Jahren. am östlichen Ende des ursprünglichen Städtchens in der Literatur auf, als Kaiser Caracalla alamanni­ In der Neuzeit waren im Klostergebäude eine wurde 1835 an der Stelle der alten Kirche in feinkör• sehe Reitergeschwader besiegte. Das Zitatvon Asia­ Konventstube, 16 Zellern, 1 Provinzialzimmer, 2 nigem Keupersandstein in Basilikaform mit rundem nus Quadratus: "Alamanni homines sunt forte con­ kleine Gastzimmer, 1 Gesindestube, 2 kleine Schlaf­ Chorschluß neu erbaut. Der an der Nordseite ste­ gressi et inter se conmixti" hat man wohl unzutref­ kammern, 1 Krankenzimmer, 1 Backstube, 1 Milch­ hende viereckige Turm mit Zeltdach stammt nur fend übersetzt mit "die Alamannen sind ein zusam­ gewölbe, große und kleine Keller, 1 Wagenschopf teilweise von der alten Kirche. Er wurde 1885/87 mengelaufenes und gemischtes Volk". Congressus und 1 Schafstall. Daneben stand eine Doppelscheu­ neue erstellt. In ihrer Austattung hat die Kirche hat u. a. die Bedeutung einer Vereinigung zum er, 1 Stall und 1 Gartenhaus. Zum Nonnenchor in immer wieder Veränderungen erfahren. 1908 Wur­ Zwecke des Angriffs. Das Wort forte verstärkt diese der Pfarrkirche führte ein gedeckter Gang. Der den die Seitenwände von Prof. Karl Caspar mit Absicht. Nach außen trat nunmehr der Angriffs­ Klosterbau hat alle Stadtbrände (1799, 1904) über• Szenen aus der Heilsgeschichte ausgemalt. Ein bund in Erscheinung und die einzelnen Stämme standen. An der Stelle der früheren, 1904 abgebrann­ monumentales Wandbild hinter dem neuen Altar traten zurück. 405 n. Chr. traten Sueben wieder in ten Klosterscheuer steht seit 1905 in der Nordostek­ fügte Eckard Seeger hinzu, das den auferstandenen Erscheinungrund im 9. Jahrhundert sagte Abt Wala­ ke der Hinteren Gasse - im Volksmund "Süßer Christus mit Markus und Johannes dem Täufer fried von der Reichenau, daß Sueben und Alaman­ Winkel" genannt - das Schulhaus. Im Erdgeschoß darstellt. nen die Bezeichnung für ein und dasselbe Volk sei. des früheren Klosters befindet sich in einem Saal Der Klosterbau von allen Bränden verschont (1799 Die Gaunamen, welche die Alamannen für ihre bemerkenswerter Stuck aus der Mitte des 17. Jahr­ = 48 Gebäude, 1904 = 125 Häuser abgebrannt) und südlichen Gaue wählten, beweisen, daß sie sich der hunderts mit Dominikaner-Wappen, Festons und die weithin sichtbare Kirche bieten vom Keinbach' Sonderstellung dieser,Gaue bewußt waren. In Er­ ge fügelte Puttenköpfe und ein kleines Standkruzi­ aus einen herrlichen Anblick, der immer wieder mangelung einer eigenen Grenzbefestigung wollten fix aus dem 18. Jahrhundert. Aus der Zeit um 1700 Künstler zu liebevoller Darstellung reizt. Anmutig sie den Römern damit zeigen, daß für ihr Land der stammt ein stuckiertes, elliptisches Deckenmedail­ . und anziehend ist diese altertümliche Schauseite Rhein die Grenze sei. Etwas anderes konnten sie lon. des Städtchens. den Römern nicht entgegensetzen. Nach diesem geschichtlichen Rückblick, der not­ wendig war, um das Folgende zu verstehen, soll nun auf die Gaunamen eingegangen werden. Gaunamen 'unserer Heimat Östlich des Schwarzwalds, im Flußgebiet der Wu­ tach, liegt der Klettgau mit dem einstigen Hauptort Von Rudolf Linder, Albstadt 2 Tiengen. Ein Teil des früheren Klettgaus gehört jetzt zum schweizerischen Staatsgebiet. In der Mundart sagen die Einwohner zum Klettgau Chläggi. Ver­ In mittelalterlichen Urkunden, die den südwestdeutschen Raum betreffen, tauchen Gebietsbezeich­ gleicht man beie Wörter, so stellt man fest, daß im nungen auf, welche sich zum Teil bis heute erhalten haben. Die älteren, lateinisch abgefaßten Mundartlichen das t fehlt. In alten Urkunden wurde Dokumente verwenden für derartige Gebietsbezeichnungen das Wort pagus, das die Römer von den aber der Name zum Teil auch ohne t wiedergegeben. Griechen übernommen haben. Cäsar benützte diesen Begriff nicht als Landschaftsbezeichnung, sondern (Chlegowe), Chleg ist verwandt mit Gelägg, Geläc k : im politischen Sinn als eine Vereinigung einer größeren Anzahl von Orten eines Bezirks (vgl. "omnis das bedeutet ein eingehauenes Zeichen in einen civitas Helvetia in quatuor pagos divisa" = alle Städte Helvetiens sind in vier Gaue eingeteilt). Häufig Baum. Das. war wohl vor der Erfindung der Grenz­ ist in den Quellen der pagus mit dem althochdeutschen Wort gouwi (=Gau) wiedergegeben. steine die einfachste Art, den Verlauf einer Grenze optisch zu kennzeichnen. Aus dem eingehauenen In der Regel sind die Gaunamen nach der geogra- pen noch nicht den kürzeren Weg der Rhein-Donau­ Zeichen entwickelte sich dann die Bedeutung für phisehen Lage (Westergau), nach Fl üssen (Nagold- Straße von Augsburg (Augusta Vindelicum) nach eine Grenze oder eine Mark. Auch das Wort Klecks gau), nach Städten (Augestgau =,Augsburggau) oder Mainz (Mogcntiacum) nehmen konnten. (= Fleck) geht auf chleg (gelägg) zurück. nach alemannischen Unterabteilungen benannt. So Da decuma Zehent bedeutet, hat man agri decu­ übrigens hat das Wort Mark denselben Sinngehalt siedelten z. B. nördlich des Bodensees die Lentien- mates mit Zehntland übersetzt. Die Römer bezeich­ wie das Wort chleg: ein eingehauenes Zeichen. Spä• ses (Li nz gauer). neten jedoch die Ost-West-Achse in den Lagen und ter wurde daraus der Begriff der Viehmarke (einge­ Nördlich des Hochrheins - einem Teilstück des Städten, ebenso die Wege durch Äcker in Ostwest­ branntes Zeichen in Tiere, um das Eigentum anzu­ spätrömischen Limes - zwischen dem Schwarzwald richtung mit decumanus, so daß wohl der von zeigen) und die Marke des Kaufmanns (als Her­ und dem Linzgau, finden wir weitere Gaue, deren Tacitus 98 n. Chr. verwendete Begriff die letztere, kunftsbezeichnung für seine Ware). Auch unsere D­ Namen sich nicht in das obige Schema einordne nämlich strategisch-verkehrstechnische Bedeutung Mark ist damit verwandt und das Zeitwort merken. lassen: der Klettgau, der Randen, der Hegau und die hat. Schon im Gotischen heißt marka Grenze; daraus Baar. Außer ihrer benachbarten Lage scheinen diese 259/260 n. Chr. durchbrachen die Alamannen den wurde althochdeutsch marcha und mittelhoch­ Gaue nichts miteinander gemein zu haben. Bedenkt Limes, als die Grenzwachen durch Truppenabzüge deutsch mare. Nördlich von Schaffhausen liegt der man aber ihre strategische Funktion, die sie ur- nach Pannonien geschwächt waren, Das Limesge­ Randen mit seinem HauptortTengen. Dieser Gau ist sprünglich hatten, und vergleicht man den Wortsinn biet, das inzwischen zu den Provinzen Germania kleiner als seine Nachbargaue. Die meisten Orte dieser Gaunamen, so kommt man zu einem erstaun- superior bzw, Raetia gehörte, wurde von den Rö• finden sich an der Grenze zum Hegau hin. Sowohl liehen Ergebnis. Alle vier Gaue liegen im Süden des mern aufgegeben. Im Gegensatz zu früheren Einfäl­ althochdeutsch als auch mittelhochdeutsch bedeu­ ehemaligen römischen Dekumatlandes (agri decu- len (233 - 235 n. Chr.) fehlte diesmal das Überra• tet rant ein schützendes Gestell oder eine Einfas­ mates: Tacitus, Germania Kp. 29). Dieses Gebiet schungsmoment: man konnte bisher kaum Münz• sung. Dieser letztere Begriff ist uns heute noch umfaßte den unter den Flaviern ungefähr 74 n. Chr. schatzfunde für diese Zeit feststellen; der größte geläufig. Wir wissen, was der Rand eines Abgrundes kolonisierten Winkel zwischen Rhein und Donau. Teil der Siedler muß sich schon vorher aus dem für einen Sinn hat; und wenn etwas außer Rand und (vgl. Arae Flaviae = Rottweil). unsicheren Gebiet zurückgezogen haben. Band gerät, so werden die Grenzen durchbrochen Es wurde im Norden durch den obergermanisch- Immerhin gelang es den Römern, die weit nach und die Bindungen aufgelöst. rätischen Limes geschützt, der ungefähr 150 n. Chr. S üden.vorstoßenden Alamannen zurückzudrängen, Östlich vom Klettgau schließt sich der Hegau an unter Antonius P ius die letzte Grenzkorrektur er- und nach zwei Jahrzehnten der Unsicherheit wurde mit dem Hauptort Engen. Mundartlich heißt der fuhr. Das Dekumatland diente als Ost-Wes t-Passage ' von den Römern' unter Probus eine neue Grenze Hegau Hegge, Hegau soll von Hewengau kommen, für die römischen Legionen, die möglichst schnell geplant und unter Diokletian (ungefähr 290 n. Chr.) benannt nach dem Hewen bei Engen. Andererseits vom Kriegsschauplatz am Rhein zu dem an der weiter verstärkt. Dieser spätrömische Donau-Iller­ bedeutet aber althochdeutsch heg(g)an "m it einem Donau (u nd umgekehrt) verlegt werden mußten. Rhein-Limes war zwar gegenüber dem aufgegebe­ Zaun, mit einer Hecke umgeben". Das althochdeut­ Der Bataveraufstand vom Jahre 69 n. Chr. hatte das nen "Lan dlimes" um rund die Hälfte länger, war sche Wort hege ist also das Synonym zu Umzäu­ Verkehrshandicap deutlich gemacht, als die Trup- aber besser zu verteidigen und instandzuhalten. Nur nung, Einhegung, also auch Grenzland.

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de, so könnte man annehmen, daß eine ursprünglich große Baar durch Herausschneiden eines Mittel­ stücks (nämlich der Scherra) nicht nur zwei, son­ dern drei Teile entstanden wären . Beachtenswert ist auch, daß im südwestdeut­ \ schen Raum oft die Bezeichnung Egg (Eck) oder \ eine Zusammensetzung mit dem Wort Egg vor­ \ \ kommt. Zum Teil liegen diese Punkte ziemlich \ genau auf einer Geraden. Betrachtet man die abge­ ~Io&""!e druckte Kartenskizze, so gewinnt man den Ein­ . \ druck, als seien die Grenzen der drei südlichen ~"".... \ ~.\ Grenzgaue" durch verschiedene Eckpunkte festge­ legt worden. Es sieht so aus, als hätte man aus einem ",LQultc.gt großen Gebiet drei "Bauplätze = Landnahmeplätze" gebildet. So wäre z. B. die nördliche Grenze des HegQ14 LinJ.gat.f Randen durch die Punkte Hardtegg und Höwenegg ÜWIi",.,. im Norden und durch Egg bei Eglisau und Randegg im Süden bestimmt worden. Diese Landmarken liegen zum Teil auf weithin sichtbaren Bergrücken (z. B. Windegg beim Witthoh 860 moder Höwenegg 814 m). Dank der exponierten Lage wurden später auf manchen dieser Landmarken Burgen erbaut. ' Andererseits sind natürlich nicht alle Burgen, deren Namen auf -egg endet, derartige Landmarken. Abschließend kann man wohl diese Schlußfolge• rung ziehen: Die Gaunamen im Süden unserer Hei­ mat waren ursprünglich Bezeichnungen für Grenz­ marken. Sie sind also kurz nach der Besetzung des Limesgebiets durch die Alamannen entstanden. Die Alamannen siedelten erst in der 1. Hälfte des 6. Jahrhunderts in der Nordschweiz. und so lange war Nach der geplanten Reichsteilung Karls d. Gr. sch; vgl. auch engl. scar = Narbe) 2. Das Abgeschnit­ der Hochrhein die Grenze nach Süden. Die Gau­ (Kapitular .Divisio regnorum" von 806 n. Chr.) tene, daraus auch die Schar (= Abteilung) und der grenzen wurden streng geometrisch festgelegt, sie könnte man schließen, daß damals der Randen als Anteil. Es ist wohl nicht anzunehmen, daß aus dem sind also Ausdruck eines politischen Willens. Es Gau nicht mehr vorhanden war. Die Grenzen der o lautlich ein e, aus Schorra also Scherra wurde. So wurden aber trotzdem geographische Gegebenhei­ Gebiete von Karl (ältester Sohn) und Pippin sollten hat sich zum Beispiel bei Burladingen und bei Bitz ten berücksichtigt: der landschaftliche Charakter verlaufen: "von der Donauquelle den Limes entlang der Flurname Schorren erhalten. des Hegaus ist verschieden von dem des Randen bis an den Rhein, zwischen dem Hegau und dem Zur Erklärung des Wortes Scherra könnte man oder des Klettgaus. Es fällt auch das Vorkommen Klettgau bis an den Ort, der Enge heißt, von da von beiden Bedeutungen ausgehen: Würde man von Ortsnamen wie Tengen oder Hohentengen in' rheinaufwärts bis zum Alpenkamm". Nach dieser sich der ersten Bedeutung zuneigen, so hätte Scher­ diesen Gauen auf, also Bezeichnungen für die dama­ Urkunde waren also der Klettgau und der Hegau ra denselben Sinngehalt wie chleg oder marcha, ligen Dingstätten. Die Gaue wurden im Laufe der benachbart. würde also auch Grenzland bedeuten. Legt man Zeit politisch zerstückelt. übrig blieb nur die ge­ Nördlich der genannten drei Gaue schließt sich jedoch zur Deutung den zweiten Sinngehalt zugrun- ographische Bezeichnung für Landschaften. die Baar an. Heute verstehen wir darunter die ungefähr 700 m hoch liegende Hochfläche zwischen Schwarzwald und Schwäbischer Alb. Die Baar reichte ursprünglich vom Schwarzwald über die Schwäbische Alb bis in die Gegend von Ulm. Sie Werden und Vergehen unserer Landschaft gehörte im 6. und 7. Jahrhundert n. Chr. zum Herrschaftsbereich des alamannischen Hochadels­ Von Fritz Scheerer geschlechts der Bertholde. Angeblich wurde diese Baar im 7. Jahrhundert in zwei Hälften geteilt: in die Jede Landschaft hat ihre eigene Formensprache: die Sprache der Steine, die Sprache der Landschafts­ Westbaar oder Bertholdsbaar mit dem Hauptort geschichte. Dabei ist unsere Heimat ein wechselvolles Land. Die Gesteine, die dieses aufbauen, sind Rottweil und in die Ostbaar oder Fo1choltsbaar mit verschiedenster Entstehung und Zusammensetzung, dementsprechend dann die Formen der Landschaft dem Mittelpunkt um Riedlingen. und die Auswertung durch den Menschen. Dazu wurde die Erdkruste wiederholt bewegt: Aufwölbungen Nach herrschender Ansicht ist Baar gleichbedeu­ mit nachheriger starker Abtragung, Einmuldungen mit kräftiger Ablagerung, Hebungen und Graben­ brüche. Wer nun diese Landschaft verstehen will, muß sich mit ihrem Werden und 'Vergehen befassen, tend mit "ertragreiche Gegend" oder auch "zinser­ tragendes land", abgeleitet von althochdeutsch er­ mit ihrer Erd- und Landschaftsgeschichte. beran = Ertrag bringen (vgl. erben). Nun gibt es aber Schon die Alten haben in dem Winkel zwischen Schwarzwald und beginnt das Hecken- und Schle­ im Althochdeutschen das Wort bara, das dieselbe Schwarzwald und Donau die sich fächerartig ver­ hengäu. Mit dem Muschelkalk ergreift das Meer ' Bedeutung hat wie die bereits genannten Gauna­ breitende Stufenlandschaft beschrieben und die Besitz von dem Germanischen Becken. Es lieferte men: umhegtes Stück Land. Mittelhochdeutsch ist grundverschiedenen Bauelemente erkannt: Grund­ den Kalk, der durch Vermittlung von Tieren und barre gleichnamig mit Schränke, woraus sich das und Deckgebirge (s. Zeichnung). Der Schwarzwald Pflanzen ausgeschieden wurde, auch durch stärkere Turngerät Barren ableitet. Betrachten wir die strate­ ist die Landschaft des"Buntsandsteins, der auf dem Verdunstung. Zeitenweise war diese durch Einen­ gische Funktion dieses Gaues, der sich als Riegel Grundgebirge aufsitzt. Die Gäulandschaft wird von gung zum Weltmeer so stark, daß es zur Ausschei­ ,(Barriere) hinter die drei vorderen Gaue und den Muschelkalk und Lettenkolhe (Lettenkeuper) gebil­ dung von Gips und Steinsalz kam (Stetten bei Linzgau schob, so kann man annehmen, daß Baar det, die teilweise noch mit Löß bedeckt sind. Dar­ Haigerloch. Sulz, Wilhelmshall bei Rottweil, Bad auch Grenzland bedeutet, also von Anfang an Gau­ über steigen die meist bewaldeten Keuperberge auf. Dürrheim usw.). name im obigen Sinn und nicht Landschaftsbe­ Die Platte des Schwarzjura bildet das Albvorland, Der Muschelkalkplatte sind die Keuperberge auf­ zeichnung war. über dem der braune und weiße Jura der Alb gesetzt, so von Renfrizhausen bis Trossirrgen. Bei Westlich der genannten vier Gaue liegt ein weite­ aufsteigt, an deren Trauf die Kalkfelsen weit ins der Entstehung ihrer buntfarbigen Mergel, Tone rer Gau, dessen Name' erhalten geblieben ist: der Land hinausleuchten. Der Moräneschutt des Ter­ und Sandsteine war die Verbindung mit dem Meer Breisgau. Seit ältester Zeit haben sich die Grenzen tiärs schiebt sich noch stellenweise von Oberschwa­ meist unterbrochen. Das abflußlose Becken wurde dieses Gaues kaum verändert. Der Breisgau liegt ben über die Donau auf die Alb. von den Beckenrändern mit Geröll, Sand und Ton zwischen dem Schwarzwald und dem Hoch- bzw. Das Grundgebirge bildet den unregelmäßigen ' beliefert. Mit der Jurazeit war unser Gebiet dem Oberrhein und endet im Südosten etwa bei S äekin­ Sockel des darüber in mächtigen Gesteinsplatten großen Weltmeer angegliedert. Ein reiches Tierle­ gen, im Norden bei der Ortenau. Ursprünglich hieß abgelagerten Deckgebirges. Die stark umgewandel­ ben zeugt davon: Seelilien, Ammonshörner, Fische er nach dem Flüsschen Neurnagen, das vom Bel­ ten und gefalteten Gneise des Schwarzwaldes mö• und Echsen. Dunkle Tone und Kalke, braune Eisen­ chen kommt, 'Provincia Neomagensis', ab dem 4. gen wohl eine Milliarde Jahre alt sein und haben, sandsteine kennzeichnen den Schwarzjura des Alb­ Jahrhundert soll Breisach (Monte Brisiaco) den Na­ manche Gebirgsbildung hinter sich. Die letzte er­ vorlandes, den Braunjura des Albanstiegs und den men dazu hergegeben haben. Die älteste Form von folgte im Karbon, in der Steinkolenzeit. Dabei dran­ Weißjura des Albtraufs und der Albhochfläche. Ge­ 643 lautet Brisachgowe. _ gen große Glutrnassen in das junge Gebirge und gen Ende der Jurazeit zog sich das Meer nach Im Mittelhochdeutschen heißt aber brise Einfas­ bildeten die mächtigen Granitstöcke wie im Gebiet ' Südosten zurück. Unsere engere Heimat war und sung bzw. Einschnürung an Kleidungsstücken. um Triberg und an der oberen Kinzig, die aber erst blieb Festland; das harte Felsgerüst war fertig. Auch dieser Name würde zu den vier anderen Gau­ zum Vorschein kamen, als das darüber aufsteigende Auf der schildförmigen Aufwölbung bildete sich namen dem Sinn nach passen, zieht sich doch dieser Gebirge abgetragen war. Der Schutt sammelte sich ein Flußnetz heraus, vorwiegend nach Südosten Gau wie die Einfassung eines Kleides etwa 100 km in den Mulden des Rotliegenden (Schrarnberg usw.), gerichtet in die Mulde des Alpenvorlandes (B ära, entlang des Rheins um das Rheinknie bei Basel und von zahlreichen Vulkanausbrüchen zeugen die Urschmiecha, Lauchert usw.), denn im Tertiär wur­ herum hin. (Der Schwarzwald wurde ja erst später rötlichen Porphyre (südlich Baden-Baden). Am En­ den die Alpen gefaltet. Vor ihnen entstand in großer besiedelt.) de der Erdaltzeit waren die Gebirgskämme abgetra­ Randtrog. in den das Weltmeer einbrach, das vor Der Vollständigkeit halber sei noch ein anderer ge, die Mulden weitgehend aufgefüllt (bei Schram­ etwa 20 Millionen Jahren bis auf die Alb reichte, wo Name erwähnt: Scherra. Dieser Name taucht Ende berg über 500 m). Eine Landschaft mit geringem "man noch das alte Strandriff mit Bohrmuscheln, des 8. Jahrhunderts urkundlich auf. Die Grafschaft Relief war entstanden, wie sie an der oberen Kinzig Austern, Schnecken erkennen kann (Irndorf, Stet­ Scherra umfaßte das Gebiet zwischen Emmingen ab sehr schön sichtbar ist ten a. kalten Markt, Winterlingen, Harthausen, Egg, Trossingen, Onstmettingen, Vilsingen. Früher • Das Deckgebirge besteht aus Trias (Buntsand­ Neufra usw.). Gleichzeitig brach der Oberrheintal­ trugen mehrere Orte in diesem Gebiet den Zusatz stein, Muschelkalk, Keuper), in unserer Alb aus Jura graben ein, dessen Ränder (Schwarzwald-Vogesen, auf der Scheer, heute ist dies nur noch bei Harthau­ und südlich davon in Oberschwaben aus Tertiär und Odenwald-Hardt) aufstiegen. Auch von diesem Gra­ sen auf der Scheer der Fall. Der Name Scherra wird Diluvium. Das östliche Randgebiet des Schwarzwal­ ben ergriff das Weltmeer Besitz. Die beiden Senken als Landschaftsname gedeutet für eine Gegend mit des wird vom roten Buntsandstein gebildet. In dem wurden weitgehend aufgefüllt. . schroffen Felsen (alth ochdeutsch scorra = schroffer flachen Germanischen Binnenbecken wurde sein In der Erdneuzeit bildete sich auch das heutige Fels), wie wir sie in unserem Gebiet am Albtrauf und Sand von der höher gelegenen Umrandung (dem Flußnetz heraus. Im Alpenvorland sammelte die in'Albtälern kennen. Vinde1cischen Gebirge) vom rinnenden Wasser zu­ Donall die Wasser von den Nordalpen. sowie vom Andererseits hat das ahd. sceran = scheren und sammengeschwemmt, vom Winde verweht. alten aufgewölbten Schild zu einem mächtigen scar = Messer folgende Bedeutungsbereiche: 1. Ein­ Wo das leuchtende Rot des Buntsandsteins in das Flußnetz. Der Aufwölbung wurde der Einbruch des schnitt, Kerbe (vgl. Scharte: das sc wurde mhd. zu Gelbgrau des Muschelkalks übergeht, endet der Rheintalgrabens gefährlich. Die m it großem Gefäli Seite 284 Heimatkundliche Blätter Bahngen November 1980

über dem Buntsa nd stein steigt die Muschelkalk­ tafel als Schichtstufe emp or, sehr deutlich in den Steinbrüchen bei Fluorn oder südlich Dunningen. · Diese bre ite Platte bei Winzeln ist altes Siedlungs­ land mi t Ortsnamen auf -ingen (Dunningen, Bösin­ gen, Waldm össi ngen, Hochmössingen usw.). Die Ge­ gend ist wasse rarm, weil der Kalk verkarstet ist. In starken Quellen treten die versickerten Wasser zuta­ ge (Aistaig us w.). Löß erhöht noch die Fruchtbarkeit dieses alten Siedlungslandes. Der mittlere Keuper steigt wieder als Stufe auf (östlich Bochingen, Trichtingen, Dietingen). Di e Platte des Schwarzjura darüber bildet das Albvor­ land, altbesiedeltes Gebiet mit hohen landwirt­ schaftlichen Erträgen und großen Dörfern (Kleiner ' Heu berg, Ostdorf). In den Albvorbergen im Braun- jura herrscht wieder der Wald. Die Kalkfelsen des Weißjura leuchten am Trauf bei uns aus dem dunk­ len Nadelwald, der am Trauf entlang vom Schwarz­ wald bis zum Hundsrücken vorherrschend ist und der noch "den düsteren und drohenden Eindruck dieser Felsenhöhen" verstärkt. Dazu tauchen in der Balinger Alb die gewaltigen Felsklötze ohne Schich­ tung aus den Wohlgeschichteten Kalkbänken auf, es sind die herauswitternden Schwammstotzen der Lochen, des Gräbelesberg und des Böllat. Die Alb erreicht hier ihre höchste Höhe, obwohl nur die unterste Stufe des Weißjura entwickelt ist. Donau­ wärts sinken die Schichten stark ein, so daß rück­ wärts vom Rand die zweite Stufe zur Entwicklung kommt (um Obernheim, bei Meßstetten usw.). Im Donautal sind bereits die Riffe des oberen Weißjura herrschend geworden und tragen dort wesentlich zu seiner landschaftlichen Schönheit bei, die in Schematisches Blockbild der Süddeutschen Schichtstufenlandschaft. Die einzelnen Staffelteile haben Deutschland ihresgleichen sucht. Die Albhochflä­ im m er einen breiten Rücken, der vom Schwarzwald gegen Oberschwaben einfällt, so daß jede neuaufge­ che mit ihren Feldern, steinigen Weiden und Wald ­ setzte Stufe tiefer liegt. Die höchste Stufe ist der Jura. buckeln ist verkarstet. Das Wasser ist in Spalten und , Klüften versunken und fließt zu den tiefen Tälern dorthin strömenden Flüssen gruben sich rasch ein , letzten 600000 Jahren, im Diluvium, qollen aus den (Ehestetten, Donautal usw.), wo es in starken Quel­ griffen nach rückwärts ins danubische Gebiet und Alpentoren gewaltige Eisrnassen heraus und breite­ lenzutage tritt. verlegten die Wasserscheide bis in die Alb zurück. ten sich im Vorland aus. Der Rheingletscher reichte Die Abtragung hi ng auch von der Widerständig• zeitenweise zwischen Sigmaringen-Riedlingen bis Unsere Heimat ist nicht reich an Bodenschätzen. keit der Gesteinsplatten ab. Je härter und mächtiger über die Donau, während der letzte große Vorstoß Die Zeiten, wo die Bergwerke des Schwarzwaldes diese waren, desto deutlicher ents tanden Kanten nur bis Schussenried reichte. (Wittichen, Reinerzau) Silber, Blei, Kupfer und Kob­ und Stufen bei der Ausräumung, mit der mächtig• Nun die Einzellandschaften! Der Schwarzwald alt lieferten, sind vorbei. Die Hochöfen, welche die sten der Schwäbischen Alb. Die Stufenränder wur­ steigt im Feldberg 1493 m empor und zeigt die Bohnerze der Alb und des Muschelkalks verhütte­ den vo n den Tälern zerschnitten. Die Neckarzuflüs• ältesten Gesteine, die zutiefst liegen sollten. Man ten, sind erloschen. Der Wert des Salzes ist stark se drangen erobernd ins Donaunetz vor, dessen erkennt daran die starke Heraushebung, Aufwöl• gesunken. Dagegen findet man reichlich Baustoffe: Flüssen geköpft wurden (s. Heimatkundliche Blät• bung, noch mehr, wenn man bedenkt, daß über Kalk und Gips. Große Zementwerke und Ziegeleien te r Sept. und Okt. 1979): bei Spaichingen, Eschach­ seinem Gneis noch rund 1000 m Deckgebirge lager­ entstanden. Faulenbach, bei Gosheim und Tieringen Bära-, ten, die abgetragen worden sind. Die Buntsand­ Die stark bewegte Landschaft stellt hohe Anforde­ Schlichern, Lautlingen Riedbach-, Eyach, Stich steinplatte erhebt sich in einer deutlichen Stufe rungen an den Bahn- und Straßenbau. Ein Glück, Schmiecha-, Klingenbach, Burladingen Fehla-, Star­ über den wellig-kuppigen Grundgebirgsschwarz­ daß die Flüsse in den ansteigenden Stufen Pässe zel. Breite Talpässe führen heute durch die Alb. wald und senkt sich langsam gegen Südosten (bei geöffnet haben für Bahn und Straßen. Stark wurzeln Die letzte große Umwälzung unseres Raumes hat Rötenberg 670 m, im Neckartal bei Oberndorf 450 die Bewohner in ihrer Landschaft und freuen sich, das Menschengeschlecht schon miterlebt. In den m). wenn sie ihre schöne Heimat erwandern können.

hielt das kleine Dorf eine Kapelle. Zwischen 1565 und 1575 wurde der Sitz der Burgfelder P farrei nach Von den Fluren 'um Pfeffingen Pfeffingen verlegt, so daß sich das Filialverhältni s umkehrte. Von Fritz Scheerer Die Markung war, wie zu Anfang des 14. Jahrhu n­ derts erwähnt wird, in der ZeIgen "Westerus" od er Pfeffingen liegt im obersten Eyachtal, umgeben von steilen Bergen am Zusammenfließen von Wünsch-, "Westhart", "Gen Husen" (Margrethausen) od er Eschen-, Buh-, Kiesertal-, Irren- und Rohrbach, nahe am Nordrand der Schwäbischen Alb. Seine " Zwischen den Mülinen"(Mühlen) und zu "Yhen­ Markung gehört ganz dem Einzugsgebiet des Neckars an. Die mächtige Burgfelder Berginsel legt sich tal"(Eyental) eingeteilt. Im Südosten aufdem Korn­ nach Nordwesten schützend vor Pfeffingen. Nur im Norden erstreckensich die Pfeffinger Fluren mit dem berg scheinen größere Ackerstücke einer Sonder­ Irrenberg unmittelbar bis an den Nordrand des Gebirges. Die große abgerundete Markung (1343 ha) markung zugehört zu haben, da dort um 1496 eine gehört ganz der Hauptstufenfläche der Alb, den "Wohlgeschichteten Kalken" des unteren Weißjura an, in eigene Zehntmarkung von etwa 75 Jauchert sicht­ die die Eyach und ihre Nebenbächlein sich in den darunter liegenden Mergeln bis auf die Tone des obersten Braunjura eingetieft hat. bar wird, in der vielleicht ursprünglich eine Sied­ lung lag. Im Westen, Osten und Norden ist die Die Eyach entspringt heute in einer Höhe von 833 Ort und Markung' Markungsgrenze wahrscheinlich imm er unverän­ m . Ihr Tal bis zum Ort war einst nur ein linkes Der Name Pfeffingen tritt erstmals 793 als "Faffin- . dert geblieben. Auf die Burgfelder Hochfläche hin­ Seitental des Haupttales, das durch die jetzige Pfor­ ga " in einer Schenkungsurkunde an das Kloster St. auf, w o die Bezirke "Burgfeld" und "Böllat" liegen, te zw ischen Pfeffinger Böllat und Auchtberg in etwa.. Gallen auf, als ein gewisser Berthold in vielen Orten griff die Markung schon wohl von jeher. Aller Wahr­ 800 m Höhe kam und zur Urschmiecha im Lautlin­ unserer Gegend Schenkungen machte. Darunter scheinlichkeit nach lag südlich von Pfeffingen ge­ ger Paß (742 m) führte. Die Ureyach entsprang hoch­ waren auch hiesige Güter. Diese Schenkung war gen Margrethausen eineSiedlung "Muli" oder "Mü• über Streichen und dem Roschbachtal, se hr wahr­ eine Vorsichtsmaßnahme zur Erhaltung des Fami­ li", da im 13./14. Jahrhundert öfters Personen "de scheinlich sogar noch vor dem Hundsrücken und lienbesitzes. Die Güter sollten dem Zugriff anderer Muli" oder ähnlich genannt werden. Markungsstrei­ dem Irrenberg. Dieses oberste Urtal wurde dann entzogen sein, denn klösterliches Gut galt als unan­ tigkeiten mit den-Nachbarorten hat Pfeffingen nur von Zillhausen her angezapft und se ine Wasser tastbar. Wenn man das Verschenkte vom Kloster wenige gehabt. fanden über Bütten- und Schalksbach einen kürze­ wieder zurückerhielt, blieb es im Grunde im Besitz Gewässernamen .-j ' ren Weg , nun aber nicht mehr zur Urschmiecha der Familie erhalten. Welcher Besitz in den genann­ .Die Hauptwasserader Pfeffingens ist die Eyach. (Riedbach) und damit zur Donau, sondern zum ten Urkundeorten verschenkt wurde, ist nicht ge­ Sie entspringt in 833 m Höhe an der Grenze der Eroberer Eyach und damit zum Neckar. Durch nannt. Es kann aber sein, daß der Grundbesitz des Impressamergel/Wohlgeschichtete Kalke (L/ß ). In rückschreitende Erosion ist es der gefallstarken ganzen Ortes jeweils in Frage stand. Pfeffingen (760 m NN) sammelt sie mehrere Quell­ Eyach dann auch gelungen, die Urschmiecha noch Der Namen der Siedlung, die wohl am Zusam­ b äche, die aus kurzen Talkerben des Albrandes weiter zu rückzudrängen und das Nebenflüßchen menfluß von Eyach und Westerbach an dem flachen entspringen. über früheren Ursprung siehe oben. der Urschmiecha, die heutige Pfeffinger Eyach Abhang des Auchtberges lag, wird heute von "Pfaf­ Ihre Talhänge. der bei Pfeffingen geräumige Tal- (P feffingen-Lautlinge n), abzuzapfen und die Was­ fe" hergeleitet wie Münchingen von Mönch oder .grun d und die zahlreichen Seitentäler haben einen serscheide (Rhein/Donau) bis oberhalb Lautlingen Bischoffingen von Bischof. Vermutlich gehörte dichten Mantel aus Weißjuraschutt. Soweit die Steil­ gegen Ebingen zu verlegen (s. oben). "Faffinga" einem Pfaffen oder wohnte dieser hier heites zuläßt, werden sie in Ackerfluren genützt. So hat die Eyach m it ihren Nebenflüssen stark in (J änichen). So dürfte die Siedlung etwa gleich alt • Schluß folgt den Albkörper hereingegriffen, die Hochfläche, auf se in wie die -hausen-Orte um Burgfelden (Zillhau­ ~ .. u ~ '. der Burgfelden liegt, aus der Alb herausgeschnitten sen, Stockenhausen, Margrethausen und die abge­ ) ..,..... _.t :. .' . r- _ ?' ._. .. ! . c · __ • und dazu an den Rändern zerlappt. Die Schwamm­ gangenen Betzenhausen, Waldhausen, Haubolts­ '!Herausgegeb61vorl dei HeIinatkundllCh~iiVer~ felsen des Böllat, der Schalksburg und des Heers­ hausen) und daher aus dem 7. Jahrhundert stam­ einigung Balingen. " bergs schauen wie Eckpfeiler weit ins Land hinaus, men. Kirchlich gehörte Pfeffingen im ganzen Mittel­ Vorsitzender: Christoph Roller, Balingen, Am Heu­ während die weniger Widerstand leistendenWohlge- . alter zur Pfarrei Burgfelden und politisch zu berg 14, Telefon 77 82. schichteten Kalke herausgenagt wurden und so die Schalksburg-Burgfelden. Redaktion: Fritz Scheerer, Balingen, Am Heuberg Bergwände muldenartig gegen die Hochfläche ein­ Im Dreieck Westerbach, Hohe und Niedere Stra­ 42, Telefon 76 76. . springen: Die Quelle der Eyach wurde bis etwa eine ße, wo große Bauernhäuser sind, dürfte das Urdorf Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils halbe Stunde Wegs nördlich von Pfeffingen zurück• Pfeffingen gelegen sein, zu dem dann Kirch- und Ar~~:~~~: a1~ . ~~ndige Beilage des " Zollern- verlegt. Pfarrgasse hinzukamen. Im 11./12. Jahrhundert er- Jahrgang 27 31. Dezember 1980 Nr.12 Vierhundert Jahre Schloß Haigerloch Von Fritz Scheerer Das romantische Felsenstädtchen Haigerloch im Eyachtal, vielfach auch "Perle Hohenzollerns" genannt, besitzt großartige Kultur- und Kunstdenkmäler. Auf schroffen Felsen erheben sich rechts der Eyach auf einer Felsenzunge das Schloß und die Schloßkirche, während von der auf dem gegenüberlie• genden Bergspom links der Eyach schon 1095 erwähnten Burg nur der sogenannte "Römerturm" erhalten ist, der in seinen Untergeschossen aus dem 11. bis 12. Jahrhundert stammt. Der achteckige Turmaufsatz mit seiner welschen Haube wurde 1746 nach Entwürfen von Christian Großbayer gestaltet. Unter den Hohenbergern entstand rechts der anderen Teilen wurden einige Wohnungen einge­ Eyach um 1200 eine zweite größere Burg, da für das richtet. Das umrankte Torhäuschen, der ehemalige ritterliche Gefolge und den Hofstaat links der Eyach Fruchtkasten, der alte Torturm usw. erregen heute der Platz zu klein geworden und auf der Burg immer noch auf dem idyllischen Schloßplatz die Bewunde­ enger geworden war. Am Fuß der Burg entwickelte rung der Besucher. In den Gebäuden konnten auch sich im Tal eine Siedlung mit Marktplatz. Beide eine Landwirtschaftsschule und eine staatliche Ver­ Burgsiedlungen sind dann von den Hohenbergern waltungsschule untergebracht werden. Zum 17. Ma­ zur Stadt erhoben worden (s. auch Heimatk. Blätter le wurden 1979 unter der schönen Kulisse der alten 1979 S . 196). Gebäude in den Sommermonaten die Haigerlocher Im Jahre 1575 teilte Graf Karl I. seine Besitzungen Schloßkonzerte durchgeführt. Und wenn dann im unter seine Söhne. Der älteste Sohn, Graf Eitelfried- Frühjahr zur Pfingstzeit das Ganze während der rich, erhielt die Stammgrafschaft Hechingen, Graf Fliederblüte mit einem wahrhaft märchenhaften Karl die Lehen Sigmaringen und Veringen, Graf Rahmen umgeben ist, bietet sich dem Besucher ein . Christoph die allodiale Herrschaft Haigerloch mit unvergeßliches Bild, bei dem auf dem schroffen Wehrstein, die die Grafen von Zollern 1488 als Pfand Fels die 1584 begonnene Schloßkirche wie ein und dann 1497 als Eigen im Tausch gegen die mächtiges' Schwalbennest an den steilen Felsen Graubündische Herrschaft Rhäzüns erworben hat- klebt (s. Bild). Wuchtig, wehrhaft wirkt die Architek­ ten. Wie sein Bruder Eitelfriedrich in Hechingen tur des Schlosses, auf steilem Felsen aufgebaut als schuf sich Graf Christoph in Haigerloch durch Um- ein Wahrzeichen standesherrlicher Machtfülle, das und Ausbau der alten Burg auf dem rechten Eyach- Eyachtal bekrönend und schützend. ufer eine Residenz und fügte die stattliche Schloß• Fürst J ohann Friedrich, der besonders gern in kirche an. Die Schloßkirche Haigerloch weilte und zeitweise seine Residenz hier Unmittelbar im Anschluß an die Schloßbauten aufgeschlagen hatte, veranlaßte den Umbau der Das Schloß und etwas tiefer gelegen wurde die Schloßkirche auf Schloßkirche nach dem Geschmack seiner Zeit. Je 1580/85 wurde die mittelalterliche Burg über der dem nach Süden in das Eyachtal vorspringedem zwei Joche wurden zusammengezogen und mit ei­ Unterstadt zum Schloß ausgebaut und erweitert. steilem Felsen erbaut. Unwillkürlich zieht sie den ner Flachkuppel versehen und im Sinne des Barock Auf dem Kern der um 1200 erstellten Burg entstan­ Blick auf sich. Sie schaut auf die Stadt herunter. umgestaltet. Der Wessobrunner Stukkateur Niko­ den im wesentlichen unter Graf Christoph die heuti­ Allein ihre Fundierungsarbeiten nahmen nach 1584 laus Schütz zog für die Ausführung den jungen gen Bauten. Er ist der Schöpfer der monumentalen sieben Jahre auf den schroffen Felsen in Anspruch. Haigerlocher Baumeister Großbayer heran. Die Sei­ Bauten auf dem Schloßberg, denn er und seine Graf Christoph schritt nach dem Schloßbau zum tenaltäre in Stuckmarmor und die Kanzel sind lie­ Gemahlin Katherina entschlossen sich zum Neubau. Bau der Schloßkirche. Die Unterstadtkirche, dem benswürdige Arbeiten des Bildhauers Franz Ma­ Um einen langgestreckten Hof, der nach Süden heiligen Nikolaus geweiht, aus der Mitte des 13. gnus Hobs (Genzmer). Als dritter Künstler wirkte offen ist, gruppieren sich die Gebäude. Der winkel­ Jahrhunderts, litt immer wieder unter den Wassern Maler Meinrad von Ow mit, der die Deckengemälde Iörmige Hauptbau begrenzt den Schloßbau im Sü• der Eyach. Graf Christoph begann so 1584 mit dem schuf und die Darstellungen aus den Legenden der den. In Renaissancestil entstanden die weiträumi• Bau der Schloßkirche mußte aber ihre Vollendung Heiligen Christophorus und Katherina. Im Schiff gen Bauwerke mit hohen Giebeldächern und saalar­ seinem Sohn überlassen (Johann Christoph), denn ließ Fürst Joseph die 7 Altäre und die Kanzel tigen Innenräumen. Nördlich vom Hauptbau, der er starb 1592. anbringen. Die Stuckarbeiten dürften von Michael Hofkaplanei, steht die um 1580 errichtete Zent­ Feuchtwanger, die Fresken an den Decken und scheuer (Fruchtkasten) mit achteckigem Wendel­ Die Kirche wurde 1584 bis 1609 nach den Plänen Wänden von Meinrad von Ow stammen. In dem treppenturm. Im Obergeschoß ist eine große zwei­ von Hans Stockher in gotisierenden Formen erbaut. Mittelbild der Kuppel sind Darstellungen aus dem schiffige Halle. An die Zehntscheuer schließen sich Sie besteht aus einem einschiffigen Langhaus und alten und neuen Testament, über der Empore musi­ die Hofkaplanei und der im Oberbereich achteckige einem mit drei Seiten des Achtecks geschlossenem zierende Engel, im Deckengemälde die vier Erdteile, Torturm an. Die Obervogtei schließt den Schloß• Chor. Die Kirche wurde dann um die Mitte des 18. in der fürstlichen Loge der heilige Meinrad usw. Die komplex im Norden ab. Durch einen gedeckten Jahrhunderts barockisiert. Aus der Erbauungszeit beiden überlebensgroßen aus Holz geschnitzten Sta­ Gang ist mit ihr der "Neue Bau" verbunden, der noch erhalten das 4,50 m hohe schmiedeiserne Chor­ tuen stellen den Grafen Christoph mit dem Modell durch eine interessante Stuckdecke im 18. Jahrhun­ gitter und als bedeutendes Renaissancewek der der Schloßkirehe und den Erneuerer, den Fürsten dert ausgestattet wurde. 1662 ließ Meinrad I. den figurenreiche Hochaltar. Seine Altarplastik (s. un­ Joseph, in reicher Rokokotracht vor dem Bilde der Hauptbau um ein Geschoß durch den Vorarlberger ten) 'stam m t überwiegend von Virgil Moll aus über• Stadt Sigmaringen dar. Fürst Joseph war es auch, Baumeister Michael Beer erhöhen. Gegen Ende des Iingen, der auch den Hochaltar in der ehemaligen der ab 1755 die Wallfahrtskirche St. Anna, eine 17. Jahrhunderts wurde noch ein Torturm angefügt, Hechinger Schloßkapelle schuf, von dem sich heute reizvolle Baugruppe von europäischem Rang, auf und die Räume des obersten Geschosses erhielten Teile in der Junglager Kirche befinden. der gegenüberliegenden Eyachseite erbaute. Der eine schwere, reiche Deckenstuckierung in Wesso­ In seinem reichen, dreigliedrigen Aufbau enthält Baumeister Michael Fischer schuf hier ein einzigar­ brunner Art. Die letzten baulichen Veränderungen der Hochaltar übereinander zwischen kannelierten tiges Kleinod spätbarocker Kunst von seltener wurden Ende des 17. Jahrhunderts vorgenommen Säulen eine Dreifaltigkeit, eine Anbetung der Hir­ Schönheit. von Graf Franz Anton. Er erweiterte auch den ten, eine von Engeln umschwebte Muttergottes auf Im.Jahre 1683 wurde die Schloßkirehe zur Pfarr­ Schloßgarten. Die Burgvogtei wurde 1861 abgebro­ der Mondsichel und ein Kruzifix, an der Seite zahl­ kirche Haigerlochs erhoben. Bis dahin zählte die chen. Das Torwarthäuschen brannte 1772 aus. reiche Figuren. Eine Besonderheit ist der Taberna­ Oberstadt zur Pfarrkirche Weildorf, während die Die Stadt Haigerloch wurde zum Herrschaftsmit­ kel in Form einer Kuppelkirche. Unterstadt in Trillfingen ihre Pfarrkirche hatte. telpunkt, zum Sitz einer zollerischen Linie. Doch Der Hochaltar ist die Hauptzierde der Kirche, die Aus der Glanzzeit der fürstlichen Residenz Hai­ diese Linie erlosch schon 1634 m it Graf Karl. Ihr sich durch geistlichen Aufbau und vortreffliche gerloch stammen auch einige stattliche Bürgerhäu• Besitz fiel an die Sigmaringer Zollern, an Joseph n. Gliederung und vollkommenste Harmonie auszeich­ ser, wie das Gasthaus zum "S chwanen" mit dem Unter Fürst Joseph Friedrich von Hohenzollern­ net. Es sei erinnert an die lebensgroßen Figuren der Sandsteinrelief Adam und Eva und dem maleri­ Sigmaringen wurde Haigerloch um 1740 nochmals 'heiligen Dreifaltigkeit (Gott Vater, Gott Sohn, über schen Giebelbau, den der Baumeister Großbayer als Hauptresidenz und kam ei ne Glanzzeit für die Stadt, ihnen schwebend der heilige Geist in Gestalt einer sein Wohnhaus errichtete. in welcher besonders die bildenden Künste blühten Taube). Daneben als Ehrenposten P etrus mit den In den letzten vier Jahren sind die Gotteshäuser (s, unten). Als baufreudiger barocker Fürst schuf er Himmelsschlüsseln und Paulus mit dem Schwert. schön restauriert worden (Schloßkirche und St. Meisterwerke von höchstem Rang. Ein besonderer Oberhalb und seitwärts die heilige Jungfrau Ursula Anna). Auch den weltlichen Gebäuden, den Resi­ Vorteil für die Herrschaft war, daß dem Fürsten für und heilige Verena, zu Füßen der Jungfrau Ursula denzen der Grafen von Hohenzollern-Haigerloch seine großartigen Bauten die re ichen Privatmittel Johannes, der heilige Rochus, zu seiten die vier und der Fürsten von Hohenzollern-Sigmaringen, zu r Verfügung standen, die ihm seine drei Gemah­ Evangelisten, denen sich die vier Kirchenlehrer wurden und werden dringend notwendige Erneue­ linnen einbrachten. Nach seinem Tod im Jahre 1769 beigesellen. Den Abschluß bildet eine Kuppel mit rungsarbeiten durchgeführt. In ihrer vierhundert­ erhielt dann Sigmaringen den Vorrang im Für- Laterne. über das Ganze breitet sich ein duftiger jährigen Geschichte stehen Schloß und Schloßkir­ stentum . . Blütenregen feinster Ornamentik als Ketten, Stäbe che in engster Verbindung mit der Entwicklung der In Haigerloch blieb das Oberamt bis 1925. In das und dgl. Der große Hochaltar ist der bedeutendste Stadt Haigerloch und prägen heute noch ihr Ge­ Schloß wurde das Landwirtschaftsamt verlegt. In Renaissancealtar der Gegend. sicht. Seite 286 Heimatkundliche Blätter Balingen Dezember 1980

d urch das Wünschtal vom Irrenberg getrennt. De n gegen dieses Tal hin ziehenden Teil der Be rge bene Eine Schulstube für 300 Kinder wird als "Hoka" (Hake n) bezeichnet. Ei n am T rauf hinziehender Wiesente il he ißt " Zettel", ein früherer Allma ndstreif e n rechte r Hand der Straße zum Zit­ Die Ebinger bauen ein neues Schulhaus terhof ist der "Trieb" . Er war ei n Durchgang für das We idevieh, da in das anschließende " Kälberteich" Dr. Walter Stettner und in das " Innental" getrie ben w urde. Hier liegt auch der Zitte rh of (895 m ), de n manche m it den Das einstige Ebinger Pfarrhaus auf den Spitalhof gerad (also rechtwinklig) zu führen, mithin zu drei Erdbe ben der Zollernalb in Verbindung bringen war 1550 währe nd des Interims, als hier kein Pfarrer Schuelstuben einen ganzen Stockh einzuraumen." wolle n. Er ist aber erst eine G ründung des 19. war, zum Schulhaus umfunktioniert worden . Im Die Stiftungen hatten zunächst auf herzogliche Ver­ J ahrhunderts (der jü ngere erst 1877). Hier mag das Jahr 1716 war diese Schule "wegen ihres Alters und fügung zu den Kosten von etwa 1700 fl. (= Gulden) Zittergras eins t se hr verbreite t ge wesen se in. Ein e ihrer Baufälligkeit und auch wegen der täglich zu ­ 500 fl. beisteuern müssen; als der Bau dreistöckig Wiesenfläche zwischen Eyach- und Innental wird nehmenden Zahl der Kinder dermaßen eng und errichtet wurde, stiegen die Kosten auf über 2500 fl. "Äc htwiese" ge na nnt (vielleicht = echte Wiese). Das klein, daß es unumgänglich notwendig" war, das Dazu hatten die Stiftungen einen weiteren Betrag "Zi tterr ied" liegt an der Straße nach Ons trne ttingen Schulhaus gänzlich abzubrechen und eine neue, von 300 fl. zu leisten. (Riet = re ute n, roden). erweiterte Schule erstellen zu lassen. D ie Ko sten für Für den Neubau mußten die Maurer hinten an der den Neubau wollte die Stadt nicht allein tragen, Um das obere ..Eyental" Schule am Bach (der zur Stadtmühle floß) eine neue Durch den ne uen Wohn bezirk "A nwandel" ist die sondern di e Stiftungen mit heranziehen, denen auch Stockmauer aus lauter Quaderstücken aufsetzen. sc hon früher von der Stuttgarter Regierung Beiträge ei nstige "Obere Mühle" , die späte re Wattefabrik Den Zimmerleuten halfen beim Aufrichten des schon fast mit dem Ort verbunden. "In der Wasser­ zum Bau anderer Schulen und Kirchen auferlegt Neubaus zwei Tage lang 46 Bürger, für die Beda­ worden waren. Das bedurfte im Zeichen des Absolu- scheide" werden di e Wasser zur Eyach und zum ch ung 148 Schulkinder. Das erforderliche Holz Klingenbach. der durch das Thanheimer Tal fließt , tismus der Zustimmung der Regierung. Sie wünsch• konnte nur teilweise aus den Stadtwaldungen ge­ te dazu die Einreichung eines "Risses" und Kosten­ und im "K ühle n G rund" unterhalb Ostdorf mündet, wonnen werden; das fehlende Eichen- und Tannen­ geschieden. ..Ob der Eitel steig" (Eyenta le rs teig) vorans chlags. Der Riß ist noch im Stuttgarter holz kam von Veringenstadt, von Laufen und aus Hauptstaatsarchiv erhalten. Er sah im Erdgeschoß 'schlie ßt sich an. Rech ts davon liegt die Seel wi es den Balinger Herrschaftswäldern. Dafür mußte in ("Sailwies"), die einst Kirchengut war und durch vorne einen Viehstall, eine Scheuer und einen Gang Laufen Zoll und dort sowie in Lautlingen ein Wege­ vor, der nach hinten zur Schulstube führen sollte. das ..Quältig T äle" zur Eyachquell e hin abführt . geld entrichtet werden. Einiges konnte auch vom Oben liegt der Haugenbühl , dessen Namen auf Die Schulstube sollte etwa ein Viertel größer wer­ alten Schulhaus verwendet werden, die verzierten den als die bisherige. Im ersten Stock war für den seinen früheren Besitzer zurückgehen wird. D ie Stützen am heutigen Eingang stammen no ch aus Bezeichnung "Beiin weißen Stein " dürfte von Präzeptor vorn eine Wohnstube mit Stubenkammer, dem 16. Jahrhundert. Am 9. Dezember 1716 konnte dahinter Küche und hintere Stube, Laube und hin­ eine ments preche nden Markstein kommen. An der der Amtmann nach Stuttgart melden, daß das Tailfinger Markungsgrenze liegt der Brechetstei g­ tere Kammer geplant. Der ganze Bau sollte vorne Schulhaus bereits in völligem Stand sei und darin eine Breite von 34 Schuh ( = 11 Meter), hinten von 43 h of, der um 1925 e rbaut wurde und nach se inem Schule gehalten werde. Erba uer im Vo lksm und "Reih nlehof" genannt wi rd. Schuh ( = 14 Meter) haben, also die Form eines Das Schulhaus, heutzutage als alte Schule be­ Trapezes bekommen. Auf der Brechetsteig vo m "Linde nloch" herab wird zeichnet, ist ein schmucker Bau. Nicht wenig tragen ma nches Wagenrad ge broche n sei n ("Lo h" wird mit Gegen dieses Vorhaben wandte sich Stadtpfarrer dazu das Glockentürrnie und die Uhr bei, die beide Mag. Schmidt mit einer Eingabe an den Herzog: Das Lohe = Wald zusam rne nh äge n). "Im Buh" liegt im ursprünglich auf dem unteren Torturm angebracht Buhtal (s. oben), das s ich in d ie engen Täler des Schulhaus ist für 300 Schüler geplant, welche alle waren und nach dessen Abbruch den Roten Kasten ,miteinan der in einer Stube zu sitzen gezwungen Onstmettinger und Tailfinger Teichs teilt. zierten. Wann im Erdgeschoß Stall und Scheuer Schöne Aussi chtspunkte sind di e versc hiedene n sind. Die Ebinger sind sehr eigensinnig, denn trotz durch ein weiteres Schulzimmer ersetzt wurden, ist Einsprüchen von Amtmann und Pfarrer wollen sie Kapf: Buhkapf, Naupenkapf. "Unter Naupen" ist noch nicht erforscht. weitflächig bebaut mit Ein- und Mehrfamilienhäu• wieder nur eine Stube, wenn auch etwas größer als Daß im alten Schulhaus, also dem Vorgänger des bi sher, machen, in der sich der Präzeptor samt zwei sern. Eine Flur heißt ..Am schrägen Weg" (sc h r ägt), jetzigen Baus, bis zum Jahr 1716 in einer einzigen eine andere dageg en "Im böse n Grund"(keine gute Schulmeistern kümmerlich behelfen müßten, auch Schulstube bis zu 300 Kinder von drei verschiede­ Knaben und Mädchen nicht ohne dann und wann Ackerfläche). Di e vom Kälberte ich bis zur alten nen Lehrern unterrichtet wurden, kann man sich Heusteige rei chende Waldhalde ist der "Leuren­ gegebenes Ärgernis untereinander sitzen müssen. In heutzutage überhaupt nicht mehr vorstellen, so un­ recitatione lectionum (beim Aufsagen der Aufga­ schuh"(vielleic ht lang hin ziehender Abhang). Auf glaublich ist es . Man kann da nur mit Hochachtung der Heusteige fuhr man dereinst das Heu vom Berg ben) entsteht von solchen drei Partien ein solches und zugleich mit tiefem Bedauern an die damaligen Getöse und Tumult, daß oft ein Schulmeister ein in s Dorf, denn auf der Höhe ga b es ei ns t nur Lehrer und Schüler denken. Ob es wohl in den einmähdige Wies en. Der "Anwandel" ist heute tei l­ Kind, das er vor sich hat, wegen der Menge der zahlreichen anderen Kleinstädten unseres Landes Aufsagenden nicht versteht. weise überbaut (Name hängt mit a nwanden, ang re n­ und in unseren Dorfschulen vie l anders ausgesehen zen zus am men). De r "Seegarte n" erinnert an ei nen Fürs folgende fehle n mehrere Aktenstücke, auch hat? ein Riß , aber so viel wird deutlich, daß die Eingabe früheren See. Das "Ohmental" könnte seine n Na­ des Stadtpfarrers nicht ohne Erfolg blieb. Man ent­ Quelle : Hauptstaatsarchiv Stuttgart A 288 Bü. men vo n Öhmd beko m men habe n, ist aber heute ei n schlo ß sich,"den Bau in drei Stockwerken und 1856. Waldta l. Wo die "Mannensteige" von der Tailfinger Stra ße a bzweigt, stand im 18. J ahrhundert ein Salbenofen . "Ko hlh ütte" erinne rt an die in Meilern gewonnene Von den Fluren um Pfeffingen Holzkohle. Die "Kennenst ei ge" ist ei ne alte Straßen­ führung na ch Tailfingen ("Kem men" ist wohl der Von Fritz Scheerer (Schluß) älteste Ortsteil Tailfin gens), während di e Bronnen­ steig das Bronnental hinaufführt. Langental, Ei ch­ Der Name Eyach (m u ndartli ch "d' Eye") kommt finger heißen ihn "Schrofen bach". Schrofen si nd bühl, Sättel e, Hohe Wiese, Unterm Horn sind Flur­ vom Althochdeutsch en .Jha" , ei ner Nebenform zu so nst rauhe, zerklüfte te Fel sen, hier fehlen sie aber. beze ichnungen, d ie je wei ls mi t der Lage und der .J wa". Das G rundwort ist "ach" und heiß t soviel wie Dafür finden sic h schiefrige, sc harfe Gesteinsstücke Gestalt zu sam menhängen. Wenn di e "Schmalzgru ­ fließendes Wasser (lat. aq ua) . Das Bestimmungswort in den Klingen. Das in den Bach hineinragende. be" fetten, tonigen Boden ha t, so hat der "Stein bu ß" bedeutet soviel wie Eib e (Tax us). Diese muß früher eng e Tal im ersten Zufluß zur Eyach ist das "E nna­ steinigen Boden. Der Name Kornberg kommt vom im Eyachtal ein häufiger Nadelbaum gewesen sein. telbächle" (lnnentalbächle). Anbau der Äcker mit Korn (D inkel). Das "Böse Heute kommt er bei uns nur noch vereinzelt vor In der Gasse gegen Zillhausen floß einst von den Gewand" ist ein weniger gutes Ackerland. (Hange nder Stein, Untereck, Schafberg usw.). Der Äckern des Bohls in einem Rohr das "Heilige In einer Weid- und -Markungsbeschreibung von Flußname Eyach bedeutet al so "Eibenwasser" (vg l. Brünnlein", dessen Wasser man heiligende Kräfte Tailfingen heißt es 1716: "D iese s Fl ecken Theilfin­ auc h Eybach bei Geislingen/Stei ge). zuschrieb . Das fris che, kühle Wasser gab dem Kalt­ ger Bahn und Markung fah et an, ei ne halbe Stund Nahe beieinander auf der Pfeffin ger Ma rk ung bronnenbach am Weg nach Burgfelden den Namen. von dem Fl ekhen hinau ß, an dem Margrethenhau­ m ünden der Rohrbach und der Bronnentalbach in ßemer Fueßweg, auff Kornberg, bey dem: Ersten die Eya ch. Der Name Rohrbach hängt m it Rohr, ..Berg (Auchtberg) unbezai chneten Drey Markhungsschaidstain , ist ain mundartlich "Raor" zusam men, das S chilfstengel Im Gegensatz zum "Tal" spric ht man vo m ..Berg" nid erer, rawer, Langl echter, Kalchstein, hat obenher sind . Der Rohrbach ist deshalb der m it S chilfrohr , und meint damit di e nördlich des Dorfes lieg ende Ein Creutz, dabey ste he t ein Säulin m it dreyen bestandene Bach. Der Bronnentalbach erhielt se i­ Bergrnasse des Auchtbergs, der in den Irrenberg Creutzen signiert, zwischen Michael Stechers von nen Namen von dem Tal , in dem ein Bronnen, d. h . übergeht. Der Auchtberg trug die Nachtweide für Theilfingen, und Michael Stumpen, Dorfvogten von ei ne Qu ell e sprudelt. das Zugvieh (m hd. ucht = Nachtwe id e), das tags­ Margrethen Hausen äkhern, und scheidet Theilfin­ Der Kiesertalbach hat seinen Nam en ebenfalls über arbeite n mußte und in der Nacht die Weid e ge n, Margrethen Hausen und Pfeffin gen. Von Er­ vo m Tal , das er durchflie ßt. Ein Kieser wi rd der bezog. Nach dem Abgang der Weidewirtschaft reite­ meltem Dreyrnarkhungs Schaid ste in nun Laufft es Besitzer des Tal es gewesen sein. Der Westertbach te oder ro dete man Fläche n ("Reite" = ei n durch wenig rechts h in ein, biß auff das sogenannte Kieser­ vere inigt sich im Ort m it der Eyach. E r gibt die Rodung gewonnenes Land ). Die Fl uren "Sta uden" thal, zu dem Zwayten ... Bahnstein" , Richtung an, aus der er ko m m t. Außerhalb des alten weisen a uf Weideflächen hin, die teilweise m it Ge­ Gegen Margrethausen findet sich das "Hauser Dorfes vere ini gen sic h mit ihm der Esc he nbach und büsch, Gehölz und Baumgruppen bestanden waren. Feld". Zoll w urde an der Grenze gegen das ritter­ der Wünschtalbach. Am Eschenbach werden zahl­ Vo m Staudenwald kam man auf dem ..Mu smehl­ schaftl ic he, nicht w ürttembergische Margrethau sen rei che Eschen gestanden sein . S chwieriger zu erklä­ wegle" über den ..Musmehlteich" ins TanheimerTal beim " Zolls tock" erhoben. über dem Tal liegt der ren ist der Name Wünschtal (langes und kurzes zur Mühle, di e auf Onstmettinger Markung lag. In ..Heimbohl"(Heim = Farren, Zuchtstier). "Brühl = W ün schtal ). F . Wißmann bringt den Namen mit ihr wurde auch Musmehl hergestellt. Die an di e feuchtes Wiesengrundstück,"Brei te" = Ackergelän­ Wend tal, d. h. ein sich wendendes Tal in Zusamme n­ "Reite" anschließende Fl äche heißt Schlichte (= de sind "Bohl" alte Flurnamen, deren Te ile meist in hang, da der Name m undartli ch Wendstell gespro­ Ebene). der Hand ei nes Grund- oder Zehntherren waren. chen wi rd (vgl. Wendeltreppe). "Kerbe n" weist auf Schlitze und Spalten hin. Bei der ei nstigen Wattefabrik ergießt sich der "Beim Mehlbaum" erinnert an ei nen längst abge­ Gen Burgfelden und gen Western Buhbach in die Eyach . Seine n Namen dürfte er vo n gangenen Mehlbeerbaum, äh nlic h wie di e große und "Auf Burgfeld" bezei chnet das auf der Höhe gele­ den vielen Buchen haben, die einst in seinem Tal kleine "Linde" an Lindenbäume. gene Feld, das m it der Burg fel der Hochfläche zu­ w uchsen. In Ri chtung Zillhausen hei ßt die so wohl Der Irrenberg ist weit vom Dorf entfernte Bergflä­ sammenhängt und zu der di e .Burgfelder Steig" Wald als auch früher Allmand umfassende Flur ehe, die am Steilhang mit der "Ries e" endet. In führt. "Auf dem Lau" ist ein Teil der Bergebene. der Ros chbach, von der heute ein Teil Naturschutzge­ Ri chtung Thanheim wurde früher der "Hessen­ an den Wald grenzt (Lau = kleiner Wald). "Au f biet ist. Es ist zum größten Teil sum p fig und ru t­ steig" öfte rs begangen. All e Steigen sind steile Fahr­ B öllat" und "Vo r Böllat" deuten den steile n, hohen schig. Schilfrohr und andere Sumpfpflanzen finden wege. Hi er dürfte ei n Heß Besitz gehabt haben. D ie Berg an (914 m ). Das ..Ried" w urde einste ns ge ro det sich hier. Der dort flie ßende Bach ist der Uchental­ "Schönhalde" , die heute teilweise bebaut ist, ist ein (s. oben). Auf den "Heimenwiesen" wurde das Fut­ bach.(Mark ungsgre nze gegen Zillhausen). D ie Pfef - sonniger, warmer Abhang. Der Wünschberg wird ter für d ie Faseltierhaltung ge ho lt. S ie waren wie di e Dezember 1980 Heimatkundliche Blätter Balingen Seite 287

.Allmand" im Besitz der Gemein de. .A u frn Ha ag" tenweible). :Der "Bohl" ist eine alte Ackerflur (s. angesied elt hatten. Nur von einem Johann Horn war ehedem ein Heck enzaun. "Hinte n im Resch­ Heimatk. Blätter März 1980). weiß man, daß er sich 1772 mit seiner Frau und bach" ist" eine Lagebezeich nung. Der "Sche iben­ seinen se chs Kindern "unweit Fünfkirchen", das b ühl" bezeichnet eine Ecke des Auc htbergs und der Na ch di esem Gang an Hand vo n Flurkart en über zwisch en der Donau und der Draumündung liegt , "Schnabel" eine Spitze des Wünschbergs, Der die Fluren und durch die Wälder beim Eyachur­ ni edergelassen hatte und es eine Esther Kleiner mit "Sulzatel" liegt im Sattel zwisc hen Böllat und sprung erke nnen wir, was die Menschen di es er ihrem Mann 1768 na ch "Isszim mer" im Komitat Wünschberg. "S ulz" bezeichnet hier eine su m pfige Gegend trotz der Höhenlage in rund 1600 Jahren aus Stuhlweißenburg nordöstlich des Plattensees ver­ Stelle, was besonders zutrifft in der zur Rutschung dem von ihnen bebauten Boden herausgeholt ha­ schlug. neigenden Orna te nto nen. So deuten auch "Baums­ ben. Ein Teil ihrer Geländenamen mag bis in die umpf" und .Fleckensum pr '' auf sol che Stellen. Zeit ihrer Landnahme zurückreichen, ein andere r Die alte Heimat entli eß ihre Auswanderer, nicht Au f muldenförmige Bod engestaltung weist "Wan­ Teil in di e des frühen und späten Ausbaus. Besi ed­ ohne sie kräftig zur Kasse zu bitten. Di e Leibeige ­ ne nbuchv. r..Wer den Weg in den bebauten .Rausch­ lung und Flurnamen, Rodung und Ausbau machten nen, und das waren die m eisten Nusplinger Bürger, be n' (Rosch bach) geht, hat die Steigung des Kauten­ dann mit der Zeit weitere Benennungen notwendig. mußten vor ihrer Auswanderung be i ihrem Grund­ bühls zu überwinden"(Wißmann). Nach Keinath Veränderte Formen und sich wandelnde Bedürfnis­ herrn die Entlassung aus dem Leibeigenschaftsver­ so ll der Namen Kauten an einen in eine m Frauenge­ se des Lebens haben immer wieder neues Namen­ hältnis beantragen. Für die Genehmigung mußten wand umgehenden Geist erinnern (Sage vom Kau- gut entste hen lassen. sie die sogenannte Manumissionsgebühr bezahlen. Ihre Höhe richtete sich nach der Kopfzahl und dem Vermögen des Auswanderers. Im Volk sm und hieß diese Manumissionsgebühr "Gläß"(Gelaß, Entlas­ su ng). Die Auswanderung konnte erst erfolgen, Nusplinger Auswanderung wenn dem Auswanderer der Manumissionsbrief , für den er noch eine Sondergebühr bezahlen mußte, zugestellt worden war. Wer leibfrei war, bedurfte . im 18. Jahrhundert keiner besonderen Entlassungsgenehmigung und mußte auch keine Manumissionsgebühren bezah­ Von Georg Miller, Reutlingen len. Für ihn genügte ein Paß und eine Bestätigung, daß er leibfrei war. Ohne eine kleine Gebühr ging es Der Landgewinn, den Osterreich durch die Siege Prinz Eugens im Frieden von Passarowitz 1718 im natürlich auch da nicht ab (Recognition). Unter den unteren Donauraum erworben hatte, ging größtenteils wieder verloren. Im Frieden von Belgrad 1739 Nusplinger Auswanderern werden ein J ohann Horn blieb dem Kaiser nur mehr Ungarn übrig. Durch die Türkenkriege und die wiederholten Aufstände der und ein Anton Kleiner ausdrücklich als leib frei magyarischen Magnaten, die einen hohen Blutzoll erforderten, waren weite Gebiete in Ungarn stark erwähnt. entvölkert worden. Um diesen Bevölkerungsverlust wieder aufzuholen, entschloß sich die kaiserliche Die Nachsteuer, auch Abzug oder Ausfahrt ge­ Regierung in Wien durch Neubesiedlung mit österreichischen Untertanen diesen Bevölkerungsverlust wieder auszugleichen. nannt, war eine Steuer, die jeder bezahlen mußte, der aus dem Herrschaftsgebiet auszog. Dabei spielte In den österre ichischen Landen, zu denen auch über ih r Endziel im unklaren gelassen. Erst kurz vor es keine Rolle, ob der Auswanderer Freier oder - die Herrschaft Kallenberg mit Nusplingen gehörte, der Ankunft im neuen Heimatort erfuhren sie des- Leibeigener war. Diese Nachsteuer betrug 10 Pro­ wu rde eifrig die Werbetrommel gerührt. Kaiserliche sen Namen. zent des aus dem Herrschaftgebiet abfließenden Werber durchzogen Städte und Dörfer und ermun- Die weite Entfernung zur alten Heimat und der Vermögens. Sie wurde nach dem Wert der verkauf­ terten die Leute durch mannigfache Versprechun- völlig unzulängliche Postdienst in den ungarischen ten Liegenschaften und des elterlichen Erbes be­ gen und Vergünstigungen zu r Auswanderung. So Siedlungsgebieten brachte es mit sich, daß in den messen. Lohnersparnisse und was im Ze itraum zwi ­ wurde den Neusiedlern für fünf Jahre Befreiung meisten Fällen mit der Ausreise auch die Verbin- schen dem Verkauf der Liegenschaften und dem vo m Zehnten und anderweitigen Verpflichtungen dung mit den Angehörigen und Bekannten abriß. So Wegzug für Bekleidung und täglichen Unterhalt zuges agt. Zur Beschaffung von Vieh, Geräten und ist nur wenig über die Gegenden und die Orte benötigt wurde, konnte von der Nachsteuer abge­ für den persönlichen Bedarf bis zur Einbringung der bekannt, in denen sich die Nusplinger Auswanderer setzt werden. ersten Ernte wurde den Siedlern ein Vorschuß ge- währt, sofern der Mindestsatz von 200 Gulden, den jeder Si edler mitbringen mußte, nicht ausreichte. Für di e Rückzahlung dieses Vorschusses wurde eine Frist vo n 3 Jahren gesetzt. Wo dies die Umstän­ Vom Killertal de nicht erlaubte n, ließ man Nachsicht walten. Die Regierung übernahm auch die Reisekost en nach Von Fritz Scheerer Ungarn. Sie be zahlte überdies einen Reisezuschuß vo n 6 Gulden je Familie. Dieser wurde je zur Hälfte Im Kiflertal, dem Oberlauf der Starzel, liegen mehr oder weniger dicht hintereinander die fünf in Wien und Pest ausgezahlt. Gemeinden Hausen, Starzel, Killer, Jungingen und Schlatt. Die Starzel hat ihren Ursprung in starken Der Auswanderungsaufruf der österreichischen Spaltenquellen des Zollerngrabens oberhalb von Hausen als kleines Rinnsal vom Burladinger Paß und Regierung fand einen überraschend starken Wid er­ in dem Abfluß einer Spaltenquelle oberhalb von Starzein. Die beiden Quellbäche vereinigen sich bei hall. Die jahrelangen Kriegswirren und di e damit Starzein. Die höchsten Quellen liegen 793 m hoch. verbundenen Kriegslasten und Steuern, dazu die viele n sonstigen Abgaben an die örtlichen Feudal­ Zwischen 200-300 m hohen Talhängen. die im ren für den Haushalt und di e Landwirtschaft, um herren hatten zur völlige n Verarmung der Bevölke­ Bereich der gebankten Kalke steil und darunter in sich eine bessere Lebensgrundlage zu schaffen. Es rung geführt und jeden Glauben und jede Hoffnung den Mergeln und Tonen flacher geböscht sind, fließt · wurden fabriziert Koch- und Waschlöffel, Kartoffel­ auf eine bess ere und glücklichere Zukunft erstickt. die Starzel gegen die albeinwärts fallenden Schich­ drücker, Wellhölzer, Nudel- und Hackbretter, In dieser Ausweglosigkeit nahmen viele Nusplinger ten in einem engen Tal voller Eigenarten zwisch en Schüsseln , Teller, Gebäckmödel , Kleiderbügel, Sie­ das Risiko einer Auswanderung auf sich. Im Laufe der herben Landschaft der Hochalb mit ihren Wäl• be, Rechen, Gabeln, Faßhahnen und vieles andere des 18. Jahrhunderts wanderten in Nusplingen 16 dern und Matten, das sich von Schlatt an in einem mehr. Erst mit dem Aufkommen der Industrie wur­ aufgeschotterten Talgrund verbreitert. Zwei abge­ de das Holzgewerbe zurückgedrängt. Be i den Wä­ Familien und 5 Einzelpersonen, insgesamt 84 Perso­ rutschte Schollen bilden bei Jungingen beiderseits nen, aus. Eine beachtliche Zahl, wenn man bedankt, scheklammern trat eine Verdrängung durch Klam­ daß Nusplingen Mitte des 18. Jahrhunderts (1757) kleine Vorberge. mern aus Plastikmaterial ein. 481 Einwohner zählte und der Auswandereranteil Im Bereich der Alb führt das Starzeltal den Na ­ Die se lbstgefertigten Holzwaren .verkauften die rund 17 Prozent ausmachte. men Killertal nach dem Dorf Killer, das erstmals Killertäler im Hausierhan del. Das ambulante Ge­ Es waren Bürger, denen die Not ins Haus stand 1255 als Kilwilare (=Kirchweiler) erwähnt wird. Kil­ werbe nahm vermutlich schon im 18. Jahrhundert in ler war im Mittelalter Pfarrort für Hausen, StarzeIn und die hart um ihr tägliches Brot zu kämpfen Hausen i. K. seinen Anfang, wo einige Einwohner hatten. Die handwerklichen Berufe waren übersät• und Jungingen und der auf Junginger Markung Enzianwurzeln ausgruben und mit diesen auf den abgegangene Weiler ob Schlatt. Der Name des Pfarr­ tigt un d es herrschte landauf und landab große Handel gingen. Die spekulativen "Kochlöffelbu­ Arbeitslosigkeit. Nicht besser sah es im bäuerlichen sprengels wurde also zur Bezeichnung des oberen ben" nahmen aber bald auch andere Artikel auf wie Bereich aus. Die meisten Nusplinger Auswanderer Starzeltales. Nördlich des alten Dorfkerns Killer lag Florrücken (wollene Halstücher und Halsbändel), waren Kleinstlandwirte und Handwerker, deren Ar­ die abgegangene Wasserburg der Herren von Killer, die zum Teil aus der Ebinger Gegend bezogen beit nur ge ringen Verdienst abwarf. Eine scheinbare von denen Heinrich von Killer Reiterführer in Ita­ wurden, sowie Obst und Schnitze aus dem Stein­ Ausnahm e in diesem Kreis bildete ein Müller, ein lien war. Er führte seit 1375 den Namen "Affen­ lachtal. Im 19. Jahrhundert erfuhr das Warensorti­ Olm üller und ein Branntweinbrenner. Den Manu­ schmalz". 1488 wurde der große Pfarrsprengel auf­ ment einen weiteren Wandel. Die Killertäler Hausie­ missions- und Nachsteuergebühren gemäß zu urtei­ gelöst. Hausen und Jungingen wurden selbständige rer ergänzten die Holzwaren durch Te xtilien, die len, die sie bezahlen mußten, hoben sich ihre wirt­ Pfarreien, StarzeIn wurde nach Hausen eingepfarrt leichter waren und bessere Gewinne abwarfen. Die schaftl ichen Verhält nisse wenig von den andere n un d 1530 wurde auch Killer eine Filiale von Hausen. Hausierer brachten Geld ins Tal, so daß sich die Ausw anderern ab. Einen Rest von Zentralität behielt Killer nur noch wirtschaftlichen Verhältnisse ve rbesserten. Um di e Die Nusplinger Auswanderung hatte 3 Höhepunk­ bis in das 16. Jahrhundert als Mittelpunkt des Amtes Jahrhundertwende sah der badische Schriftsteller Killer mit Hausen undStarzeIn. . te. Die erste Auswanderungswelle umspannte den Heinrich Hansjakob in Jungirrgen "Wohlhäbigkeit Zeitraum zwischen 1730 und 1740. In dieser Zeit aus allen Fenstern schauen". Der Gesamtwert der wandert en 16 P ersonen aus. Auswanderungsstarke Ho lzgewerbe und Hausierhandel Waren, die bei "Messen" während eines Jahres Jahrgä n ge waren das Jahr 1744 mit 19 P ersonen und Jahrh underte hindurch lastet en au f der Bevölke­ umgesetzt wurden, belief sich 1900 allein in .Iungin ­ das J ahr 1786 mit 29 Personen. Der Rest verteilte rung Armut und Not. Eine Landwirtschaft, die die gen auf-rund 300 000 Mark. sich au f die Jahre 1748, 1768, 1772 und 1784. Der Familie ernährt, ließ sich im Killertal nicht betrei­ erste Auswanderer Kaspar Khuolt, der schon 1712 ben. Die Ackerböden im schmalen Tal im Braunjura Der Hausierhandel nahm ungewöhnliche Formen Nusplingen verlassen hatte, kehrte enttäuscht nach waren schwer, dürftig und unfruchtbar, auf den an. Nach einer Statistik von 1900 waren unter den weni gen Jahren wieder in die He imat zurück. Höhen st einig. Die Dorfmark war zu kl ein, um die 3000 Einwohnern der fünf Killertalgemeinden und Bevölkerung ausreichend zu ernähren. Für die an­ Beuren 700 Hausierer, männliche und weibliche. Fü r die .Organisation der Auswan derung war fü r wachsende Bevölkerung hieß es daher, di e ungenü• Die große Mehrheit der Bevölkerung ging also auf di e kallenberg ischen Untertanen der hohenbergi­ ge nde Existenz zu ergänzen. Ein Nebenverdienst den Hausierhandel , ohne indes die Landwirtschaft sehe Landvogt in Rottenburg als Kommissär der war vonnöten. Wenn sich das volkreiche Killertal aufzugeben. Auf der Alb, im württembergischen österreichischen Regi erung zus tändi g. In seinem wirtschaftli ch entwickeln konnte, so lag es an sei­ Oberland und Unterland, im Allgäu, Vorarlberg, in Amt wurd en die Ausw anderungswilligen listenmä• nem einzigen Reichtum, an dem beweglichen, fleißi• Bayern, in der Schweiz und im Elsaß usw. ware n die ßig erfaßt und der Abtransport vorbereitet und gen, findigen und unternehrnungsfreudigen Men­ Killertäler Hausierer unterwegs. Heute ist der Killer­ organisiert. Die erste Fahrt ging nach G ün zburg /D . schenschlag. täler Handel fast ganz verschwunden. Schon nach Dort befand sich das erste große Auswanderersam­ Zusätzlichen Verdienst fand die kleinbäuerliche dem 1. Weltkrieg war ein Rückgang des ambulanten mellager. Die großen Umschlagplätze für die Aus­ Bevölkerung zunächst in der Herstellung von Holz­ Gewerbes eingetreten. Nahezu 200 Jahre war die wanderer nach dem Südosten waren Wien und Pest waren. Aus Holz sc hnitzten, hobelten und drechsel­ Hausiertätigkeit eine wichtige Erwerbsquelle der in Ungarn. Bis zuletzt wurden die Auswanderer ten die Killertäler seit dem 18. J ahrh undert Holzwa- Killertaler Bevölkerung.

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Peitschenherstellung Ein weiterer Zweig der Feinmechanik in Jungin­ Auch di e ei nstmals bedeutsame P eitschenindu­ gen ist di e Herstellung von Bordinstrumenten für Inhaltsverzeichnis 1980 strie des Ki llertales ge hört der Vergangenheit an. die L uftfahrt und zur Flugüberwachung (Höhen­ Seite Sie kam vo n Prag u nd Wien nach Ringirrgen und messer, Fahrtmesser. Höhenschreiber, Variometer Zur Baugeschichte der Ebinger breitete sich von dort au f säm tli che Kill ertalge mein­ u sw.) durch die Firma Gebr. Winter. Aus einem Martinskirche (D r. Walter Stettner) 241 den aus. Killer wurde das "P eitschendorf" , der Handwerksbetrieb hervor ging die Firma Büschel­ Die Balinger Malerfamilie Weiß (F ritz Scheerer) 242 Mittelpunkt dieser Fertigung. In ihrer Blütezeit Kontaktbau Bumiller-Zink, die betriebssichere zählte m an an die 40 Betriebe m it mehr al s 300 Hochfrequenz-Steckverbindungen für die Elektro­ Aus der Geschichte der Kath. Kirchen­ Beschäftigten. Heute kann nur noch ein Nekrolog technik, Radartechnik und Hochfrequenz-Technik gemeinde Winterlingen (Pfarrer Jäger) 242/243 ge sc hrieben werden unter der Überschrift "Trakto­ fertigt. In einer Filiale der Ebinger Firma G. Hartner Zur Geschichte Ebingens ren und Autos brauchen keine Peitschen". wu rden Waagenteile hergestellt. Zwei Lederbetrie­ (Dr. Walter Stettner) 243/244 Für die P eitschen lief erten ursprünglich di e hei­ be liefern Etuis , Taschen für medizinische, optische mischen Halden und Wälder das Rohmaterial, die und andere Meßgeräte. Von unseren Städten im Mittelalter Haselnußhecken und Eschen. Die Peitschen wur­ (Fritz Scheerer) 244,247/24 8 Die Gemeinde Jungingen, die 1975 mit Hechingen den für die Hausierer eine begehrte Handelsware. eine Verwaltungsgemeinschaft bildete, nimmt so Wasserversorgung der Stadt Balingen Im 19. Jahrhundert wurden sie sogar Exportgut vor 1900 (Fritz Scheerer) 245/246 nach Übersee, Als die Ansprüche der Kundschaft innerhalb der Industrie unserer engeren Heimat eine besondere Stellung ein. Denn ihre Firmen mit Heringstein (D r. Walter Stettner) 246 größer w urden, bezogen die Peitschenmacher ihr zum Teil hundertjähriger Tradition und Erfahrung ,Kl oster Lorsch (Kurt Wedler) 246/247 Material aus SüdtiroJ. Das eschenähnliche Zirbel­ stellen neben hochwertigen Präzisionswaagen vor holz, die "S ulgenstecken", wurden verarbeitet. allem medizinische Geräte und Instrumente sowie Der "Bohl" in unserer Gegend (Fritz Schließlich benützten die Peitschenhersteller das Feinmeßapparate und ähnliche Erzeugnisse her, die Scheerer) 249/250 elastische Manila- und Malakka-Rohr, Die Fertigung zu über 70 Prozent in mehr als 90 Länder exportiert '( reichte von der eleganten Reitpeitsche in feinster Zwei Gerichtsverhandlungen in Ebingen Ausführung mit Silbergriff bis zur derben Fuhr­ werden. (Dr, Walter Stettner) 250/251 mannspeitsche. Es gab glatte, gedrehte, baumwoll­ Aber nicht nur hochwertige feinmechanische Er­ Vom Heufeld der Zollernalb (Fritz Scheerer) 251/252 um sponnene und lackierte Peitschen. Im Hausier­ zeugnisse werden von Jungingen exportiert, auch handel lieferten die Peitschenmacher ihre Erzeug­ auf große Männer kann Jungingen stolz sein. Ein Die Reformation auf dem Kleinen nisse nach all en Teilen Deutschlands und nach Jungtriger Kleinbauernsohn aus einer H ändlerfami• Heuberg (Fritz Scheerer) 252/254 Übersee. Nach dem 2. Weltkrieg ging für das Zen­ lie, Friedrich Deckel, konnte es in München mit Flora unserer Waldschluchten (Fritz Scheerer) 253 trum der Peitschenherstellung im Killertal die Son­ seinem Unternehmen bis zu einer Weltfirma brin­ ne unter. Der Auslandsmarkt hatte die Produktion gen. (1871 in Jungingen geboren, 1948 gestorben). Confessio-Krypta-Gruft (Kurt Wedler) 254/255 vo n P eitschen an sich gerissen. Im Inland ging die Bei Gebr. Bosch ging er in eine Feinmechanikerleh­ Wolf und Hans (die älteren) von Buben­ Pferdehaltung im Zuge der Motorisierung zurück re. In München gründete er 1905 eine Feinmechani­ hofen (Fritz Scheerer) 255/256 und damit auch der Bedarf an Peitschen. Die Betrie­ ker-Werkstatt, aus der ein Großunternehmen mit Burgfelden im Mittelalter (Fritz Scheerer) 257/258 be mußten sich nach anderen Fertigungen umse­ Tausenden von Beschäftigten wurde, das durch die hen. Einzelne Firmen gingen auf Gardinenfabri­ Entwicklung des Compur-Verschlusses für Fotoap­ Georg Herwegh (Fritz Scheerer) 258/259 kation über oder wurden modische Gürtel für Da­ parate, einer Universal-Werkzeug-Fräsmaschine Das Landkapitel Ebingen-Schömberg men und Herren, auch Spazier-, Wander- und Ski­ und andere Produkte hochentwickelter Präzisions• (F'ritz Scheerer) 259/260, 263 stöcke fabriziert. Eine der ältesten Peitschenfirmen technik zur Weltgeltung gekommen ist. Friedrich lehnte sich an die Trikotagenindustrie an. Lieferan­ Deckel wurde bayrischer Kommerzienrat und 1928 So schreibt man's nach Duden (Rudolf Kerndter)260 ten der Peitschenmacher waren die Riemenschnei­ Dr. Ing. h. c. der Technischen Hochschule München. Hermann Bantle zum Gedächtnis der von Schlatt, die auch Näh-, Binde- und Schuh­ Am Rande möge noch ein Hinweis gestattet sein: (Fritz Scheerer) 261 rie men fertigten. Nämlich aus der 1501 ausgestorbenen Familie der über den großen Balinger Stadt- Herren von .Iungingen stammen die beiden brand (Rudolf Töpfer) , 262,266/267,272 Junginger Feinmechanik Deutschordenshochmeister Konrad (1393-1407) und Durch das Wirken des P farrers Philipp Matthäus Ulrich (1407-1410). Das edelfreie Geschlecht der Der Schatz im Burgstall Beuren Hah n (1739-1790), der in den Jahren 1764-1770 in Herren von .Iungingen; das 1075 erstmals erwähnt (Felix Burkhardt) 263/264 Onstmettingen tätig war, w urde d ie feinmechani­ wird, hatte seine Burg südlich des Dorfes auf dem Abgegangene Siedlungen um den sc he Ind ustrie im Bereich Albstadt - Bahngen und "Bü rgle", unterhalb des Himberg, wo noch Wall und Zoller (Fritz Scheerer) 264, 267/268 in Jungin gen begründet. Hahn kann mit Fug und Graben vorhanden sind. Im 13. Jahrhundert überlie• Recht als Universalgenie bezeichnet werden. Er Von den Belemniten unseres Jura ßen sie ihren Besitz im Killertal dem J ohanniteror­ (Fritz Scheerer) 265/266 übte zwei Berufe aus: den eines pietistisch gepräg• den. Sie bauten im Laucherttal im Zentrum Jung­ ten P farrers und den eines genialen Erfinders. Seine nau eine neue Herrschaft auf. Zu Beginn des 15. Vor 50 Jahren: Sollen Zeugnisse Erfindung der gewichts losen Neigungwaage wurde Jahrhunderts erbten sie die Herrschaft Hohenfels ausgestellt werden?(Adolf Kiek) 266 zu m Ausgangspunkt der heute bl ühenden Waagen­ (nörd lich des Bodensees), wohin sie dann ih ren Sitz Das mittelalterliche Schulwesen im industrie in u nserem Kreis . verlegten . In den folgenden Jahrzehnten konnte sich die Kreis Bahngen (Christoph Wagner) 269/270 Stellung der Feinmechanik nicht nur in Onstmettin­ Jungirrgen zählt zu den hohenzollerischen Ge­ Besiedlung unserer Heimat in fränkischer gen festigen und auf andere Orte des Oberamts meinden, in denen die Industrie früh aufgekommen Zeit (Fritz Scheerer) 270/271 ist. Wenn seine Einwohnerzahl 1871 erst 675 betrug, (Balingen, Ebingen) übergreifen, sondern auch im Der Große Heuberg (Fritz Scheerer) 273/274 K illertal in Jungingen fuß fas sen. Der Jungirrger die von einer armen Landwirtschaft und dem Hau­ S chmiedesohn Ludwig Bosch erlernte in Onstmet­ sierhandel lebten und eine verhältnismäßig kleine Odenwald und Spessart und Wandel tingen das fei nmechanische Handwerk. Dieses ver­ Markung hatten (933 ha), so ist heute der Ort eine der Gesellschaft (D r, Walter Stettner) 274/275 pflanzte er 1852 in seinen Heimatort und gründete Industriegemeinde mit rund 1500 Einwohnern, die Hans Stierlin (1590-1672) (D r. Erwin Fritz) 275 mit seinem Bruder eine Werkstatt zur Herstellung Turn- und Festhalle, Frei- und Hallenbad hat und von mannigfachen Metallerzeugnissen, aus der ein Hauptort des Killertales ist. Schulen im Kreis von Reformation bis bedeutendes Unternehmen heranwuchs. Später 30jähriger Krieg (Christoph Wagner) 276 spezialisierte sich der Betrieb auf Waagen und Ge­ Geologische Wanderung vom oberen wi chte und stellt heute hochwertige Analysen- und Andere Gewerbe- und Industriezweige Neckar zur Alb (Fritz Scheerer) 277-279 Präzisionswaagen sowie Feingewichte her. Die Aus der' Zeit vor dem 1. Weltkrieg stammen Jun­ ginger Trikotfabriken. Aus dem Tailfinger Raum Schicksal des jüdischen Lehrers von Werkstatt Bosch wurde durch ihre Ausbildungstä• Haigerloch (Adolf Klek) 279/280 tigkeit zur Keimzelle anderer feinmechanischer Be­ mit seiner textilen Zusammenballung erfolgte auch triebe in Jungingen. ein Hinübersteigen dieses Industriezweiges in das Das ehemalige Kloster Binsdorf Starzel- und FehlataJ. Aus dem alten Killertäler Zwei Jungtriger Feinmechaniker betrieben im El ­ (Fritz Scheerer) 281/282 früher mit dem Hausierhandel verbundenen Holzge­ saß, in Straßburg, d ie Werkstätte J . und A. Bosch. Gaunamen unserer Heimat (Rudolf Linder) 282/283 S ie stellten optische, medizinische und phys ikali­ werbe entstanden holzverarbeitende Gewerbebe­ sche Instrumente her, d ie in viele Länder exportiert triebe wie in Schlatt die Drechslereien. Zum ältesten Werden und Vergehen unserer Heimat w urden, darunter an 100 seismographische Statio­ Industriebetrieb in 'S chlatt zählt das Ziegelwerk. (Fritz Scheerer) 283/284 nen. Doch das Ende des 1. Weltkriegs machte ihrer Weiterhin kamen hier Betriebe der Präzisionsme• Von den Fluren um Pfeffingen (Fritz Tätigkeit im Elsaß ein Ende - sie wurden enteignet chanik und der Elektrotechnik sowie mehrere Tex­ Scheerer) 284,286 und ausgewiesen. In ihrer Heimat sch u fen sie sich tilbetriebe. Aus einer Arbeiterbauerngemeinde ent­ wickelte sich der Ort zur gewerblichen Gemeinde, Vierhundert Jahre Schloß Haigerloch eine neue Existenz. Albert Bosch gründete 1921 m it (Fritz Scheerer) 285 Teilha bern die Firma Bosch u . Speid ei und stellte so daß die Auspendlerquote von Arbeitern sehr medizinische Apparate und Instrumente her. Di e niedrig ist. Auch Hausen ist eine gewerbliche Ge­ Ebinger bauen ein neues Schulhaus Fabrik ation u m faßte Blutdruckmesse r, Bl utdruck­ m einde ge worden. (D r. Walter Stettner) 286 sc h rei ber, Oszillographen zur Untersuchung gefäß ­ Zu sammenfassend kann festgestellt werden: In Nusplinger Auswanderung im 18. Jahr- kranker Patienten und Stethoskope usw. D ie Firma sämtlichen Killertalorten, wo einst die Bevölkerung hundert (Georg Miller) 287 w urde 1965 aufgelöst. In der Firma Bosch u. Speidei mühsam dem Boden einen kargen Ertrag abrang war Willy Bosch Teilhaber u nd kau fm ännischer und sich m it einer kleinen Landwirtschaft über Vom Killertal (F ritz Scheerer) 287/2 88 Leiter. E r gründete mit seinem Sohn Edwin 1965 die Wasser hielt, um sich das Notwendige zum Leben zu Gundelrebe (252), Knoblauchherdrich (256), Mai­ Firma Bosch u. Soh n GmbH u. Co .Fabrik medizini­ verschaffe n (a ber nicht viel m ehr), sahen sich die gl öckchen (260) Spitzwegerich (264), (K urt Wedler) scher Apparate, die sich innerhalb weniger Jahre Menschen gezwungen, sich einen Nebenverdienst Gelber Fingerhut (268), Pflanzliche Mo nstrositäten einen guten Ruf erwerben konnte. DasProduktions­ zu verschaffe n, m ochte di e Entlohn ung dabei an­ (272), Niedriges Habichtskraut (276), Mondviole prog ram m u mfaßt u. a. Blutdruckm eßgeräte, elek­ fangs noch so mager se in . Eine Wende trat dann erst (280), (F ri tz Scheerer) tronische Bl utdruck und Pulsfrequenzmeßgeräte. Ende des 19. J ahrhunderts ein m it dem Aufkommen , elektronisch gesteuerte Fahrrad-Ergom eter bi s hin der Industrie. Die ers ten Industriebetriebe knüpften o r zum einfachen Heimtrainer. an vorhandene gewerblic he und hauswerklie he Fer­ 'Herausgegeben von der Heimatkundlichen Ver-, Die 1919 gegründete Firma Kasimir Haiss fertigt tigungen an (Weberei, Strickerei). Di e Metallindu­ einigung Balingen. neben Blu td ru ckm essern andere medizinische In­ strie fing frühzeitig m it der J u ngtri ger Feinmecha­ I Vorsitzender: Christoph Rolle r, Balingen, Am Heu­ strumente (Augentonometer zum Messen des Au­ nik an und rückte dann nach dem 2. Weltkrieg (mit berg 14, Telefon 77 82. gendrucks, L u m balpunktations-Bestecke u . a. Hechingen usw.) in der Bes chäftigtenzahl weit nach Redaktion: Fritz Scheerer, Bali ngen,Am Heuberg mehr). Blutdruckmesser sind auch d ie Spezia lität vorn.Es konnte sich eine wirtschaftlich soziale 42, Telefon 76 76. der Fi rmen Rudolf Riester und F riedrich Bosch, Revolution in Hohenzollern im Zeitraum ei nes J ahr­ Die Heimatkundlichen Blätter erscheinen jeweils währe nd J osef Win ter vorwiegend Augentonometer h underts vollziehen. So fü hrte auch im Killertal die am Monatsende als ständi ge Beilage des " Zo llern­ herstellt. Industrie ein neues Zeitalter herauf. Alb~Kuriers" .

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