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Nr. 4 April 2007 Jahrgang 59 metall D 4713

Das Monatsmagazin der IG Metall

Tarifrunde 2007 Beschäftigte haben gute Gründe für mehr Geld

Unfallversicherung Reform zu Lasten Kranker Elterngeld Ratgeber zum neuen Gesetz 4_2_3_Editorial_Inhalt_apm.qxp:2_3_Editorial_Inhalt 21.03.2007 19:52 Uhr Seite 2

Editorial

Berthold Huber, Zweiter Vorsitzender der IG Metall

Plus ist Muss – und zwar dauerhaft

Die letzten Zweifel sind ausgeräumt: Auch 2007 wird ein gutes Jahr für die deutsche Wirtschaft. Es läuft sogar noch besser als 2006 – prognos tiziert das Institut für Weltwirtschaft in Kiel. Besonders erfolg- reich ist die Metall- und Elektroindustrie. Sie ist der Motor für die gute Konjunktur. Von der Aufwärtsentwicklung profitieren auch kleinere Betriebe. Für sie werden 2007 laut deutscher Bundesbank zweistellige Zuwachsraten erwartet. 6,5 Prozent mehr sind also berechtigt – für hildheuer große und kleinere Betriebe. Die Fakten sind eindeutig. Deshalb nimmt den Arbeitgebern fast nie-

Foto: Renate Sc Foto: Renate mand mehr ihr ritualisiertes Jammern ab. Das haben sie selbst erkannt und ganz trickreich eine neue Argumentation gewählt. Sie schlagen vor, dass ein beträchtlicher Teil der Entgelterhöhung in einer Einmalzahlung bestehen soll. Jan Stefan Roell, neuer Vorsitzender von Südwestmetall, verpasst ihr den wohlklingenden Namen »Konjukturbonus«. Das Ange- bot wird von den Metall-Arbeitgebern hübsch verpackt. Trotzdem, die- »Nur mit dauerhaft höheren Löhnen ses angebliche Geschenk ist eine Mogelpackung. bleibt auch der wirtschaftliche Mieten, Autopreise oder die Preise im Supermarkt steigen auch regelmäßig und nicht nur einmalig. Niemand kann nach einem Jahr in Aufschwung in Deutschland stabil. den Laden gehen und sagen: »Mein Konjunkturbonus ist ausgelaufen – Wir wollen, dass es lange aufwärts geht. senken Sie bitte sofort die Preise.« Das ist absurd. Außerdem geht auch Das funktioniert nur, wenn Arbeitneh- die Produktivität – also das, was die Beschäftigten in den Unternehmen merinnen und Arbeitnehmer Geld in jedes Jahr mehr leisten – kontinuierlich nach oben. Davon können die Entgelte nicht einfach abgekoppelt werden. der Tasche haben, das sie ausgeben Und wir reden bei der Einmalzahlung nicht über kleine Beträge. Wenn können.« die Entgelterhöhung nur fünf Jahre lang zur Hälfte als Einmalzahlung ausgezahlt wird, verliert jede und jeder Beschäftigte im Schnitt 5000 Euro. Wir können rechnen und lassen uns nicht aufs Glatteis führen. Sozusagen als Sahnehäubchen obendrauf am Ende einer langen Tarif- nacht ist eine Einmalzahlung immer drin. Alles andere ist für die IG Me- tall nicht akzeptabel. Nur mit dauerhaft höheren Löhnen bleibt auch der wirtschaftliche Aufschwung in Deutschland stabil. Wir wollen, dass es lange aufwärts geht. Das funktioniert nur, wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer Geld in der Tasche haben, das sie ausgeben können. Dafür müssen sie gerecht am wirtschaftlichen Fortschritt beteiligt werden. Es muss also eine faire Entgelterhöhung geben, die nicht nur einmalig ist, sondern in die Struktur einfließt. Darum gilt für diese Tarifrunde: Plus ist Muss – und zwar dauerhaft.

2 metall 4/2007 4_2_3_Editorial_Inhalt_apm.qxp:2_3_Editorial_Inhalt 21.03.2007 19:52 Uhr Seite 3

Inhalt

Textilindustrie Ost Editorial In der Textilindustie Ost geht es Berthold Huber über wieder aufwärts. Die Beschäf- die Tarifrunde ...... 2 tigten wollen an diesem Auf- schwung teilhaben. Deshalb Magazin fordert die IG Metall in dieser Rente mit 67: So wurde abgestimmt ...... 4 Tarifrunde fünf Prozent mehr Airbus: Europaweiter Protesttag ...... 6 Entgelt. Kfz-Handwerk: Arbeitgeber proben Tarifausstieg ...... 7 Seite 12 Foto: Marcus Richter Marcus Foto: Titel Tarifrunde 2007: Großes Stück Kuchen . . . gern mit Sahne ...... 8

Branchenreport Textilindustrie Ost: Es geht wieder aufwärts ...... 12

Serie über Europa Mit einer Stimme sprechen ...... 14

Betriebsreport Büromöbelhersteller Haworth: In der Krise zur Gewerkschaft...... 15

Arbeits- und Gesundheitsschutz Reformpläne zur gesetzlichen Unfallversicherung ....16

Transfergesellschaften Zwischen Bangen und Hoffen ...... 18

Foto: Olaf Döring Olaf Foto: Arbeitgebernahe Gruppierungen Arbeits- und Gesundheitsschutz Gepäppelt ohne Ende ...... 20 Die Bundesregierung plant eine »Reform« der gesetzlichen Unfallversiche- rung. Arbeitgeber sollen wieder entlastet werden. Unfallopfern und Berufs- Ratgeber kranken soll dafür tief in die Tasche gegriffen werden. Telefonaktion...... 24 Seite 16 Arbeit menschlicher gestalten ...... 26

Rätsel 28 Aus der Redaktion Monats- und Drei-Monats-Rätsel...... Haben Sie die richtige Postanschrift? Monatsökonom Wir bitten unsere Leserinnen und Leser, die metall per Post erhalten: Heinz Bontrup über Überprüfen Sie die Adressangaben auf der Rückseite – steht dort der Arbeit, Einkommen und Konjunktur ...... 30 korrekte Vor- und Nachname und die aktuelle Anschrift? Gelegentlich können bei den Namen auch durch ausgeschriebene Umlaute (oe=ö, ue=ü, ae=ä) oder Sonderzeichen (zum Beispiel: ss=ß) die Angaben Regionales nicht ganz korrekt sein. Ist die Postleitzahl, Ortsname, Straße und Aus den Bezirken ...... 32 Hausnummer korrekt? Änderungen bitte an Ihre Verwaltungsstelle Lokales/Karikatur ...... 35 oder direkt an unseren Vertrieb per E-Mail ([email protected]) per Impressum/Leserbriefe ...... 22 Fax (069 – 6693-2538) oder per Post (Postanschrift: IG Metall Vor- stand, Ressort Vertrieb, 60519 Frankfurt am Main). Bei einem Umzug bitte die neue Anschrift möglichst frühzeitig an die Verwaltungsstelle melden. Vielen Dank.7

Titel: (von oben nach unten) Stefan Sobotta, Marcus Richter, Thomas Imo metall 4/2007 3 4_04_05_Magazin_apm.qxp:04_05_magazin_final 23.03.2007 15:26 Uhr Seite 4

Magazin Rente mit 67 – Die vollständige Liste der Ab

CDU/CSU: , Am 9. März beschloss der die Rente mit 67 sowie die Dämpfung der künftigen , , 67 Jahre angehoben. Die Rentenerhöhungen sollen im nächsten Jahrzehnt eingeschränkt w , Dorothee beitslosigkeit und obwohl schon heute ein Großteil der Beschäftigten nicht bis 65 durchhä Bär, Thomas Bareiß, Nor- bert Barthle, Dr., vor dem 67. Lebensjahr in Rente geht, muss Abschläge in Kauf nehmen. Ein weiterer Schla Günter Baumann, Ernst- hen gewählte Bundestagsabgeordnete. metall veröffentlicht an dieser Stelle das komplett Reinhard Beck, , Dr.,, , Carl-Eduard von Bismarck, , ,Ant- je Blumenthal, Dr. Maria Böhmer, ,Wolfgang Börnsen,, Klaus Brähmig, Michael Brand, Hel- mut Brandt, Dr., Monika Brüning, ,, , ,Ale- xander Dobrindt,Thomas Dörflinger, Marie-Luise Dött, Maria Eichhorn, , , , Dr. Hans Georg Faust, , Ingrid Fischbach, Hartwig Fischer, Dirk Fischer,Ael E. Fischer, Dr. , Klaus-Peter Flosbach, , Dr.Hans-Peter Friedrich, Erich G. Fritz, Jochen-Konrad Fromme, Dr.Michael Fuchs, Hans-Joa- chim Fuchtel, Dr.,Dr.Jürgen Gehb, , ,, Ralf Göbel, Dr.Reinhard Göh- ner, Josef Göppel, Peter Götz, Dr.Wolfgang Götzer, , , Hermann Gröhe, Michael Grosse-Brömer, Markus Grübel, , Monika Grütters, Karl-Theodor Frhr.Zu Guttenberg, , Holger Haibach, Gerda Has- selfeldt, Ursula Heinen, Uda Carmen Freia Heller, , Jürgen Herrmann, , Ernst Hinsken, Pe- ter Hintze, Robert Hochbaum, Klaus Hofbauer,Franz-Josef Holzenkamp, Joachim Hörster,Anette Hübinger, Hubert Hüppe, Su- sanne Jaffke, Dr.Peter Jahr,Dr.Hans-Heinrich Jordan, Dr.,, Bartholomäus Kalb, Hans-Werner Kam- mer, Steffen Kampeter, , Bernhard Kaster,, Siegfried Kauder, , Jürgen Klimke, Julia Klöckner, , Kristina Köhler, Manfred Kolbe, Norbert Königshofen, Dr. , Hartmut Koschyk,Thomas Kossendey,, , Dr. Günter Krings, Dr. Martina Krogmann, Johann-Henrich Krummacher, Dr. Hermann Kues, Dr. KarlA. Lamers,Andreas G. Lämmel, Dr. , , Dr. Max Lehmer, Paul Leh- rieder, , Eduard Lintner, Dr. KlausW.Lippold, , Dr. Michael Luther, ,Wolfgang Meckel- burg, Dr. , Dr., , , , Dr. h.c. , Philipp Mißfelder,Dr.Eva Möllring, ,Dr.Gerd Müller,Hildegard Müller,Carsten Müller,Stefan Müller,Bernward Müller, , , Dr.Georg Nüßlein, Franz Obermeier,, , Rita Pawelski, Dr.Peter Pa- ziorek, Ulrich Petzold, Dr. , Sibylle Pfeiffer, , , , Daniela Raab,Tho- mas Rachel, Hans Raidel, Dr.,Peter Rauen, , , , Dr.Heinz Riesen- huber, Franz Romer,Johannes Röring, Kurt J. Rossmanith, Dr.Norbert Röttgen, Dr.Christian Ruck,, Peter Rzep- ka, Anita Schäfer, Hermann-Josef Scharf, Dr.Wolfgang Schäuble, Hartmut Schauerte, Dr., Dr., Karl Schiewerling, Norbert Schindler, Georg Schirmbeck, , Christian Schmidt, Andreas Schmidt, , Dr. , Dr. Ole Schröder, Bernhard Schulte-Drüggelte, , Wilhelm Josef Sebastian, , Kurt Segner, Bernd Siebert,, , , , Christian Freiherr von Stetten, ,Andreas Storm, ,, Lena Strothmann,Michael Stübgen, Hans PeterThul,AntjeTillmann, Dr. Hans-Peter Uhl,ArnoldVaatz,Volkmar UweVogel,Andrea AstridVoßhoff, GerhardWächter, Mar- coWanderwitz, KaiWegner, MarcusWeinberg, PeterWeiß,GeraldWeiß, IngoWellenreuther, Karl-GeorgWellmann,AnetteWid- mann-Mauz, Klaus-PeterWillsch,WillyWimmer, ElisabethWinkelmeier-Becker, MatthiasWissmann, DagmarWöhrl,Wolfgang Zöller,Willi Zylajew. SPD: Dr. Lale Akgün, , , , Ingrid Arndt-Brauer, , , , Dr. Hans-Peter Bartels, , Sören Bartol, Sabine Bätzing, , , ,, Dr., , ,, , , Gerd Boll- mann, Dr. , Klaus Brandner, , , , Marco Bülow, , , Dr. Michael Bürsch, , Marion Caspers-Merk, Dr. , Dr. Herta Däubler-Gmelin, , Martin Dörmann, Dr. Carl-Christian Dressel, Elvira Drobinski-Weiß,, Detlef Dzembritzki, Sebastian Eda- thy,Siegmund Ehrmann, , , Petra Ernstberger, Karin Evers-Meyer,Annette Faße, Elke Ferner, Gabriele Fo- grascher, Rainer Fornahl, Gabriele Frechen, , Peter Friedrich, , , Iris Gleicke, Günter Gloser, Renate Gradistanac,Angelika Graf, Dieter Grasedieck,, , Gabriele Groneberg,Achim Groß- mann, Wolfgang Grotthaus,Wolfgang Gunkel, Hans-Joachim Hacker, , Klaus Hagemann, Alfred Hartenbach, Michael Hartmann, Nina Hauer, , Reinhold Hemker, Rolf Hempelmann, Dr. Barbara Hendricks, ,

4 metall 4/2007 4_04_05_Magazin_apm.qxp:04_05_magazin_final 23.03.2007 15:26 Uhr Seite 5

Stimmten mit Ja Stimmten mit Nein Stimmen nicht abgegeben enthielten sich der Stimme Magazin er Abgeordneten – So wurde abgestimmt

künftigen Rentenanpassungen. Ab 2012 wird das Renteneintrittsalter schrittweise auf Petra Heß, Gabriele Hiller- geschränkt werden. Die Folgen: Die Älteren müssen länger arbeiten – trotz Massenar- Ohm, Stephan Hilsberg, , Gerd Höfer, Iris s 65 durchhält. Außerdem bekommen die Jungen schwieriger einen Arbeitsplatz. Und wer Hoffmann, Frank Hof- eiterer Schlag gegen unser solidarisches Rentensystem. Hinter dieser Entscheidung ste- mann, Eike Hovermann, as komplette Abstimmungsprotokoll. Klaas Hübner, Christel Humme, Lothar Ibrügger, Brunhilde Irber, Johannes Jung, , Johannes Kahrs, Ulrich Kasparick, Dr. h.c. Susanne Kastner, , Chri- stian Kleiminger, Hans-Ulrich Klose, Astrid Klug, Dr. Bärbel Kofler,, Fritz Rudolf Körper, Karin Kortmann, Rolf Kramer,, Ernst Kranz, Nicolette Kressl,Volker Kröning, Dr. Hans-Ulrich Krüger,Angelika Krüger-Leißner, Jürgen Kucharczyk, Helga Kühn-Mengel, Ute Kumpf, Dr. Uwe Küster, , Christian Lange, Dr. ,Wal- traud Lehn,Helga Lopez,Gabriele Lösekrug-Möller,Dirk Manzewski,Lothar Mark,,,,Mar- kus Meckel, Petra Merkel, Ulrike Merten, Dr. , Ursula Mogg, Marko Mühlstein, Detlef Müller, Michael Müller, Gesine Multhaupt, Franz Müntefering, Dr. Rolf Mützenich,,, Holger Ortel, Heinz Paula, Jo- hannes Pflug, Joachim Poß, Christoph Pries, Dr.Wilhelm Priesmeier, , Dr. , , Stef- fen Reiche, Maik Reichel, Gerold Reichenbach, Dr. Carola Reimann, Christel Riemann-Hanewinckel,, Sönke Rix, Rene Röspel, Dr., Karin Roth, Michael Roth, , Marlene Rupprecht,Anton Schaaf,Axel Schä- fer, Bernd Scheelen, Dr., , ,Dr.Frank Schmidt, , Silvia Schmidt, Rena- te Schmidt, Heinz Schmitt, , , , Reinhard Schultz, , , , Dr.Angelica Schwall-Düren, Dr. Martin Schwanholz, , Rita Schwarzelühr-Sutter,Wolfgang Spa- nier, Dr. Margrit Spielmann, Jörg-Otto Spiller, Dr. Ditmar Staffelt, Andreas Steppuhn, , Rolf Stöckel, Christoph Strässer, Dr. Peter Struck, Joachim Stünker, Dr. RainerTabillion, JörgTauss, JellaTeuchner, Dr. h.c.WolfgangThierse, JörnThießen, FranzThönnes, Hans-Jürgen Uhl, RüdigerVeit, SimoneViolka, JörgVogelsänger,Dr.MarliesVolkmer,HediWegener,AndreasWei- gel, PetraWeis,GunterWeißgerber,GertWeisskirchen,Dr.RainerWend,LydiaWestrich,Dr.MargritWetzel,AndreaWicklein,Hei- demarie Wieczorek-Zeul, Dr. Dieter Wiefelspütz, Engelbert Wistuba, Dr., Waltraud Wollf, Heidi Wright, , Manfred Zöllmer, . BÜNDNIS`90/DIE GRÜNEN: , ,, , , Grietje Bettin,, Ekin Deligöz, Dr.Thea Dückert, Dr. Ursula Eid, Hans Josef Fell, Kai Geh- ring, Katrin Göring-Eckardt,, Britta Haßelmann,, Peter Hettlich, Priska Hinz, Ulrike Höfken, Dr. , Bärbel Höhn,Thilo Hoppe, Ute Koczy, Sylvia Kotting-Uhl, , Renate Künast, Markus Kurth, Undine Kurth, , Dr. Reinhard Loske, Anna Lührmann, Nicole Maisch, , Kerstin Müller, , , Brigitte Pothmer, , , Elisabeth Scharfenberg, Christine Scheel, Irmingard Schewe-Ge- rigk, Dr., Rainder Steenblock, , Hans-Christian Ströbele, Dr.HaraldTerpe, JürgenTrittin, Wolfgang Wieland, Josef Philip Winkler, Margareta Wolf. DIE LINKE: Hüseyin-Kenan Aydin, Dr. , , Dr. , , Eva Bulling-Schröter, Dr. , , Sevim Dagdelen, Dr. , Werner Dreibus, Dr. , ,Wolfgang Gehrcke, Diana Golze, Dr. , Heike Hänsel, Lutz Heil- mann, Hans-Kurt Hill, Cornelia Hirsch, Inge Höger, Dr. Barbara Höll, , Dr. Lukrezia Jochimsen, Dr. Hakki Keskin, Kat- ja Kipping, Monika Knoche, , Katrin Kunert, , , Ulla Lötzer, Dr. Gesine Lötzsch, Ulrich Maurer, Dorothee Menzner, Kornelia Möller, Kersten Naumann,Wolfgang Neskovic, Dr. , , Bodo Rame- low, Elke Reinke, Paul Schäfer,Volker Schneider, Dr. Herbert Schui, Dr. Ilja Seifert, Dr. , Frank Spieth, Dr. KirstenTack- mann, Dr.AxelTroost,, JörnWunderlich, Sabine Zimmermann. FDP: JensAckermann, Dr.KarlAddicks, Christi- an Ahrendt, , , Rainer Brüderle,, , Patrick Döring, Mechthild Dyck- mans, Jörg van , Ulrike Flach, , Paul K. Friedhoff, , Dr. Edmund Peter Geisen, Dr.Wolfgang Ger- hardt, Hans-Michael Goldmann, Miriam Gruß, Joachim Günther, Dr. Christel Happach-Kasan, Heinz-Peter Haustein, , Birgit Homburger,Dr.,, Dr.Heinrich L. Kolb, Hellmut Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Heinz Lanfermann, , Harald Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Michael Link, Markus Löning, Horst Meierhofer, Patrick Meinhardt, Jan Mücke, Burkhardt Müller-Sönksen, , Hans-Joachim Otto, Detlef Parr, , Gisela Piltz, Jörg Rohde, Frank Schäffler, Dr. ,, Dr. , Dr. , Dr. Rainer Stinner, Carl-LudwigThiele, FlorianToncar, ChristophWaitz, Dr. GuidoWesterwelle, Dr. ClaudiaWinter- stein, Dr.VolkerWissing, HartfridWolff, . FRAKTIONSLOSE: Henry Nitzsche, GertWinkelmeier.

metall 4/2007 5 4_06_07_Magazin_apm.qxp:06_07_Magazin 21.03.2007 22:07 Uhr Seite 6

Magazin

Köpfe pata; Picture-Alliance / Nietfeld Picture-Alliance pata; Estella Ramirez (38), entlasse- ne Gewerkschafterin aus El Sal- vador, und ihre Kolleginnen ha-

ben einen Erfolg Za / / EPA Picture-Alliance us; verbucht. Sie be- kommen Unter- stützung aus ei- nem Nothilfe- fonds. Der Adi- das-Zulieferer Hermosa hatte die Näherinnen

Foto: Jürgen Seidel Jürgen Foto: 2005 entlassen, nachdem sie eine Gewerkschaft gegründet hatten. (metall 7-8/2006). Seither kämpfen sie um eine Entschädigung. In den Fonds sollen die ehemali- gen Auftraggeber von Hermo- sa wie Adidas, Puma und Nike einzahlen.7 Fotos von links im Uhrzeigersinn: Reuters / Arles;Picture-Alliance / EPA; Picture-Alliance / EPA / Skeudener; Reuters / Charisi Reuters Skeudener; / / EPA Picture-Alliance / EPA; / Arles;Picture-Alliance Reuters im Uhrzeigersinn: links von Fotos Turhan Ersin (37), Metaller und Betriebsratsmitglied bei Opel Airbus: Gemeinsam gegen Werkschließungen und Arbeitsplatzabbau in Bochum, hat sich vor dem Hammer Landesarbeitsgericht Mit viel Wut im Bauch beteiligten sich Zehntausende von Airbus-Beschäftigten in ganz Europa am erfolgreich gegen seine Kündi- großen Aktionstag gegen das radikale Sparprogramm »Power 8«. Allein in Hamburg hörten gut gung gewehrt. Opel wollte den 20 000 Menschen der scharfen Kritik von Jürgen Peters zu. »Der Verkauf von Standorten und der Metaller wegen seines Engage- die Ausgliederung von Kernkompetenz wird die Airbus-Krise nicht lösen«, sagte der IG Metall- ments während der Aktionen Vorsitzende. Auch in Toulouse und anderen Standorten ruhte die Arbeit für mehrere Stunden.7 im Herbst 2004 feuern. Die Hammer Richter wiesen die Vor- Honeywell Holz und Kunststoff würfe zurück. Kritik von Be- Tarif-Start im April triebsräten seien durch das Ethik-Richtlinien? Nur mitbestimmt Grundrecht auf Meinungsfrei- Viele US-Konzerne schmücken sich zweiten Instanz erhielten sie Nach Ostern startet die Tarifrun- heit gedeckt.7 mit Regeln für ethisches Verhalten, Recht: Der Arbeitgeber könne de für die Beschäftigten der einem so genannten »Code of Con- nicht einzelne Teile aus dem Holz- und Kunststoffindustrie. Michael Csaszkoczy (35), per duct«. Solche Maßgaben unterlie- »Code« herauslösen und damit Die IG Metall fordert auch hier Berufsverbot kaltgestellter Re- gen in Deutschland der Mitbestim- die Mitbestimmung umgehen. 6,5 Prozent mehr Geld für zwölf alschullehrer, hat einen Erfolg mung, stellte jetzt das Landesar- Ob die Arbeitgeberseite jetzt Monate. Die Löhne hinken seit vor dem Mannheimer Verwal- beitsgericht Frankfurt fest. noch den Rechtsweg zum Bun- Jahren hinter denen anderer In- tungsgerichtshof Der Mischkonzern Honeywell desarbeitsgericht gehen will, ist dustriebranchen her. Im Ver- errungen. Dem hatte erneut versucht, in die Ar- unklar. gleich zum Jahr 2000 hat ein Gewerkschafter beitsweise der deutschen Werke Die Entscheidung des Landes- Holz-Arbeiter heute im Schnitt war vorgeworfen hinzuregieren. Nachdem 2005 arbeitsgerichts Frankfurt kann nur 115 Euro monatlich mehr in worden, die Ziele die Berufsausbildung an einigen auch für Betriebsräte anderer der Tasche, ein durchschnittli- der »Antifaschi- Standorten eingeschränkt und an Unternehmen von Bedeutung cher Industriearbeiter 382 Euro. stischen Initiati- anderen eingestellt wurde (me- sein. Sie könnten nach diesem Die Auftragsbücher der Firmen ve Heidelberg« tall berichtete), ging es jetzt um Urteil versuchen, mit den Arbeit- sind zurzeit gut gefüllt. Wirt- (AIH) zu teilen. Zu einen »Code of Conduct«. Seine gebern über den Inhalt und die schaftsinstitute rechnen dieses Unrecht, urteil- Einführung brauche nicht die Form eines möglichen »Code of Jahr mit rund 2,5 Prozent

Foto: Michael Latz Michael Foto: ten die Verwal- Zustimmung der Arbeitnehmer, Conduct« zu verhandeln. Denn Wachstum. Die Verhandlungen tungsrichter. Michael Csasz- befanden die amerikanischen nicht nur US-Firmen versuchen, beginnen am 18. April in Baden- koczys »Sündeliste« sei nicht Chefs. Dagegen zogen Betriebsrä- mit Ethik-Richtlinien Einfluss auf Württemberg. Schon vorher, am geeignet, seine Verfassungs- te – mit Unterstützung der betei- die Arbeitsbeziehungen zu neh- 5. April, wird bei den Schreib- treue in Frage zu stellen.7 ligten Gewerkschaften IG Metall men, auch immer mehr deutsche und Zeichengeräte-Herstellern und IG BCE – vor Gericht. In der Betriebe führen sie ein.7 in Bayern verhandelt.7

6 metall 4/2007 4_06_07_Magazin_apm.qxp:06_07_Magazin 21.03.2007 22:07 Uhr Seite 7

Magazin

Krankenkassen führen Wahltarife ein »wir geben wichtige grundsätze auf«

Die Mitglieder der Gesetzli- persönlichen Risiko. Das heißt, chen Krankenkassen können das Solidarprinzip zwischen Ge- künftig zwischen verschiede- sunden und Kranken wird durch- nen Tarifen wählen. metall brochen. sprach darüber mit Werner Lohre, Sozialrechtler beim Vor- metall: Was rätst du Versicherten stand der IG Metall in Frankfurt bezüglich der neuen Tarife? Sozialrechtler Werner und Mitglied im Verwaltungs- Lohre: »Wahltarife Lohre: Das muss sich jeder gut rat der Barmer Ersatzkasse,. schwächen das überlegen. Letztendlich ist es eine Solidarprinzip« Wette. Ich wette darauf, dass ich metall: Viele Krankenkassen dieses Jahr gesund bleibe. werden Wahltarife anbieten. Was für Angebote sind das? metall: Was tun die Arbeitnehmer- Lohre: Wirklich neu sind nur die vertreter in der Selbstverwaltung? Selbstbehalttarife. Hierbei ver- Lohre: Wir müssen diese Tarifop- einbaren Kasse und Versicherter tionen anbieten, ob wir wollen

eine Art Selbstbeteiligung, also Foto: Susanne Öhlschläger oder nicht. Andere Kassen werden einen bestimmten Betrag, den sie anbieten. Diesem Wettbewerb der Versicherte im Krankheitsfall metall: Was versprechen sich die und wichtig. Diabetiker sind heute können wir uns nicht entziehen. selbst bezahlt. Von der Kasse er- Kassen von diesem Tarif? zum Teil unterversorgt. Dagegen Aber wir wollen das Risiko für die hält er dann im Folgejahr eine Lohre: Er ist natürlich in erster Linie sind Selbstbehalttarife ein Schritt Versicherten so klein wie möglich Prämie. Sie darf allerdings 20 ein Angebot an junge, gesunde in Richtung Privatisierung. halten. Bei der Barmer haben wir Prozent des Jahresbeitrags und Menschen mit einem guten Ein- erreicht, dass Arztbesuche ohne insgesamt 600 Euro nicht über- kommen. Sie will man damit von metall: Was bedeutet das für unser Verordnung, Vorsorgeuntersu- steigen. einem Wechsel in die Private Kran- Gesundheitssystem? chungen und Leistungen im Zu- kenversicherung abhalten. Lohre: Wir geben wichtige Grund- sammenhang mit einer Schwan- metall: Komme ich aus diesem sätze auf. Unsere Gesetzliche gerschaft bei einem Selbstbehalt- Tarif auch wieder heraus? metall: Wie beurteilst du die ver- Krankenversicherung ist keine rei- tarif unberücksichtigt bleiben. Wir Lohre: Ja, nach drei Jahren. Dann schiedenen Wahltarife? ne Versicherung, sondern eine So- wollen kranke Menschen schließ- kann sich der Versicherte wieder Lohre: Unterschiedlich. Angebote lidargemeinschaft. Selbstbehaltta- lich nicht von einem Arztbesuch neu entscheiden. für chronisch Kranke sind richtig rife orientieren sich dagegen am abhalten.7

Kfz-Handwerk Girls’ Day Arbeitgeber proben den Tarif-Ausstieg Ein Tag Zukunft Die Arbeitgeber haben die Tarif- Arzthelferin, Bürokauffrau oder verhandlungen für das Kfz-Hand- Friseurin stehen bei Schülerin- werk in Nordrhein-Westfalen plat- nen ganz oben auf der Berufs- zen lassen. Sie drohen mit dem wunschliste. Um technische Ausstieg aus dem Flächentarif. Berufe machen viele junge Die IG Metall will die Arbeitgeber Frauen noch immer einen Bo- wieder an den Verhandlungstisch Die Tarif- gen. Einen Einblick in typische kommissi- zwingen – notfalls mit einem Ar- on für das »Männerberufe« bietet ihnen beitskampf. Am 27. März gab es Kfz-Gewer- in diesem Jahr wieder der Girls’ erste Warnstreiks. be tagte in Day. Am 26. April können sich Dortmund: Im Februar hatten die Arbeitgeber »Solidarität Schülerinnen der Klassen 5 bis

noch 1,8 Prozent angeboten, An- gefragt« Seidel Foto:Jürgen 10 in der Arbeitswelt von Inge- fang März dann jegliche Verhand- nieurinnen, Mechatronikerin- lung verweigert. Anders in Ham- sagt der Verhandlungsführer der darisch erklärt. Wenn die Kfz-Ar- nen und Mechanikerinnen um- burg, Schleswig-Holstein und IG Metall in NRW, Werner Birk- beitgeber nicht wieder verhan- schauen oder sich mit Frauen Rheinland-Rheinhessen: Dort ha- hahn. »Wir wollen einen Tarifver- deln, wollen sie die Beschäftig- in Führungspositionen unter- ben sich die Tarifparteien auf 2,5 trag. Jetzt ist Solidarität gefragt.« ten in Vertragswerkstätten und halten. Auch der IG Metall Vor- Prozent Tariferhöhung geeinigt. Die Betriebsräte der Autoindus- Autohäusern in Tarifauseinander- stand in Frankfurt beteiligt sich »Es geht um alles oder nichts«, trie in NRW haben sich schon soli- setzungen unterstützen.7 am Girls’ Day.7

metall 4/2007 7 4_08_11_Tarifrunde_apm.qxp:8_11_Tarifrunde 21.03.2007 22:04 Uhr Seite 8

Großes Stück Kuchen –

Foto:Werner Bachmeier

8 metall 4/2007 4_08_11_Tarifrunde_apm.qxp:8_11_Tarifrunde 21.03.2007 22:04 Uhr Seite 9

Tarifrunde 2007 n – gern mit Sahne Es gibt mindestens 6,5 gute Gründe, warum Arbeitnehmerinnen und Arbeit- nehmer mehr Lohn und Gehalt verdient haben. Metallerinnen und Metaller sagen, welche. Fest steht: Die Metall- und Elektroindustrie steht besser da als alle erwartet haben. Jetzt wollen die Beschäftigten ihren Anteil vom Kuchen.

inen Kuchen, flach wie einen Pfanne- nem Jahresverdienst von rund 34 500 Euro kuchen, würden die Arbeitgeber den fehlen nach fünf Jahren sogar 5400 Euro. Tarif-Online-Spiel Beschäftigten in dieser Tarifrunde am Fazit: Die Beschäftigten haben weniger E Mitglieder werben liebsten vorsetzen. Aber mit viel Sahne- Geld, müssen aber immer mehr für die Din- schaum obendrauf, der dahinschmilzt, be- ge des täglichen Lebens bezahlen, vor allem Zur Tarifrunde 2007 gibt es vor man ihn richtig schmecken kann. Die weil die Energiepreise dramatisch steigen. ein Online-Spiel. Die Idee: prozentuale Lohnerhöhung, die von Dauer Höhere Mehrwertsteuer, beschnittene Pend- tarifCARDS verschicken. Da- ist, soll niedrig ausfallen, jedoch mit einer so lerpauschale und mehr Ausgaben für Medi- mit werden Freunde oder genannten »Konjunkturzulage« garniert kamente kommen hinzu. Im Durchschnitt Kollegen eingeladen, beim werden. Diese Zulage wäre futsch, sobald belastet das jeden Bundesbürger mit 285 tarifNETZ mitzumachen und der Tarifvertrag endet. Was Arbeitnehmerin- Euro pro Jahr zusätzlich, hat der Bundesver- Mitglied der IG Metall zu nen und Arbeitnehmer verlören, haben band der Verbraucherzentralen errechnet. werden. Je mehr Leute diese Tarifexperten der IG Metall nachgerechnet. Die Metall- und Elektroindustrie kann in Karten weiterleiten, um so In den Beispielen sind sie von einem Ar- dieser Tarifrunde große Kuchenstücke be- größer wird das tarifNETZ. beiter in der Entgeltgruppe 5 ausgegangen, zahlen. Fachleute rechnen damit, dass die Jeder kann verfolgen wie dessen Tarifentgelt pro Jahr um drei Prozent Metallfirmen dieses Jahr fünf Prozent mehr sein Netz wächst. Für die steigt, davon die Hälfte als Einmalzahlung. produzieren als 2006. Damit sind sie besser fünf besten Mobilisierer gibt Ein Arbeiter in Brandenburg oder Nieder- als die Gesamtwirtschaft. Auch besser als die es tolle Preise: zum Beispiel sachsen, der im Jahr rund 33 000 Euro ver- Chemieindustrie, für die gerade ein neuer vier Nächte an der Nordsee. dient, hat nach dem zweiten Jahr schon fast Tarifvertrag abgeschlossen wurde – mit 3,6 Der Link zum Spiel: 500 Euro verloren, nach dem dritten Jahr Prozent Lohnerhöhung plus 70 Euro Pau- www.igmetall.de rund 1000 Euro. Nach fünf Jahren hat sich schale und 0,7 Prozent Einmalzahlung. »Als 3tarifcards sein Verlust auf 5100 Euro summiert. Sahnehäubchen oben drauf ist eine Einmal- Mitspielen können nur Mit- Ein Arbeiter in Rheinland-Pfalz mit rund zahlung immer drin«, sagt Berthold Huber, glieder und die, die von ei- 30 500 Euro Jahreseinkommen hat nach der für die Tarifpolitik zuständige Zweite nem Mitglied per tarifCARD fünf Jahren insgesamt auf über 4700 Euro Vorsitzende der IG Metall. »Aber alles ande- eingeladen werden. verzichtet. Einem Arbeiter in Bayern mit ei- re ist nicht akzeptabel.«

»Speziell in unserer Branche sind die Auftragsbücher wirklich rand- voll. Der Markt für Nutzfahrzeuge brummt wie lange nicht mehr. Der Grund liegt auf der Hand: In einem erweiterten Europa ist immer mehr Transportbedarf. Lastwagen fahren Güter in die entferntesten Ecken. Foto: Stefan Sobotta Der Bedarf an neuen Fahrzeugen ist riesig. Für uns heißt das jede Men- ge zusätzlicher Stress. Gerade in Boomzeiten wie jetzt wird deutlich mehr Leistung von den Kollegen verlangt. Überstunden und Sonder- schichten sind an der Tagesordnung, um die Produktion zu erhöhen. Schon von daher hinkt jeder Vergleich mit der Chemieindustrie oder mit anderen Zweigen der Wirtschaft. Wir haben wirklich eine Sonder- konjunktur. Es wird blendend verdient. Und die Beschäftigten erwar- ten jetzt nach vielen mageren Jahren ihren Anteil. Die Stimmung im Be- trieb ist gereizt.«

Wilfried Schmied (45), Betriebsrat bei Iveco Nutzfahrzeuge in Ulm

metall 4/2007 9 4_08_11_Tarifrunde_apm.qxp:8_11_Tarifrunde 21.03.2007 22:04 Uhr Seite 10

»Auch in Sachsen wird alles teurer, das Benzin, die Lebensmittel, Klamotten, die Eintrittspreise für Kino und Theater. Allein die City- bahn kostet mich über 40 Euro im Monat. Da ist klar, dass das Foto: Marcus Richter Portmonee am Monatsende leer ist. Auch von daher ist die 6,5 Pro- zent-Forderung der IG Metall in Ordnung. Ich bin schließlich in einem Alter, in dem man über die Anschaffung eines Autos nach- denkt. Von unseren 21 Auszubildenden im ersten Lehrjahr unterstüt- zen alle die IG Metall-Forderung. Selbst unorganisierte Auszubil- dende aus anderen Betrieben finden sie gut. Und die Beschäftigten bei Volkswagen in Chemnitz sowieso.«

Tina Mann (17), Auszubildende und JAV-Mitglied bei Volkswagen Sachsen in Chemnitz

»Gut, dass die Konjunktur angesprungen ist und wieder positive Bewegung in die Wirtschaft kommt. Aber es kann nicht sein, dass der Aufschwung nur auf den Exporterfolgen beruht. Was wir brauchen, ist ei- ne tüchtige Belebung der Inlandsnachfrage. Gerade in kleinen Städten und in ländlichen Gebieten sieht man, was passiert, wenn die Menschen

zu wenig Geld haben, um etwas anzuschaffen: Immer mehr kleinere Foto: Becker & Bredel Presseagentur Geschäfte müssen schließen. Ganze Landstriche liegen praktisch brach. Den großen Konzernen, die ihre Gewinne mit Exporten erwirtschaften, macht das nichts aus. Aber viele kleinere Firmen sind auf die Nachfrage aus dem Inland angewiesen. Doch unseren Kollegen fehlt einfach das Geld, um in neue Kleider oder einen neuen Wohnzimmerschrank zu investieren. Viele stöhnen, weil ihr Geld nur knapp für die laufenden Ausgaben reicht. Energiekosten, Lebensmittel, die Kredite für das eige- ne Häuschen – da bleibt kaum etwas mehr übrig. Die Haushaltskassen sind leer. Höchste Zeit, dass sie wieder gefüllt werden.«

Oliver Simon (45), Vertrauenskörperleiter bei Bosch in Homburg/Saar

»Massive Lohnerhöhungen sind finanzierbar. Bei uns sind die Auf- tragszahlen in den letzten Jahren kontinuierlich nach oben gegan- gen. Vor allem bei den Greifern für die Schiffsbeladung und -entla- Foto: Joachim Giesel dung. Der Boom im Schiffbau soll in den nächsten Jahren anhalten. Der Auslastungsgrad liegt insgesamt bei etwa 110 Prozent. Auch die Gewinnentwicklung ist äußerst positiv. Als Tarifkommissionsmit- glied weiß ich, dass sich die Aufträge und Gewinne in den meisten niedersächsischen Unternehmen nach oben entwickeln. Höchstens drei oder vier Betrieben geht es schlecht.«

Gerhard Emser (58), Betriebsratsvorsitzender bei der SMAG in Salzgitter und Tarifkommissionsmitglied

10 metall 4/2007 4_08_11_Tarifrunde_apm.qxp:8_11_Tarifrunde 21.03.2007 22:04 Uhr Seite 11

Tarifrunde 2007

»In den vergangenen Jahren stiegen die Gewinne der Firmen. Und die Gehälter der Manager explodierten. Im Schnitt kassierte ein Vor- standsvorsitzender eines DAX-Unternehmens vor zwei Jahren 3,9 Millionen Euro, also rund 150 Mal soviel wie ein durchschnittlicher Foto: Gert Krautbauer Arbeitnehmer in Deutschland. Die Gerechtigkeit bleibt dabei auf der Strecke. Die Rekordzahlen der Unternehmen werden schließlich von motivierten, engagierten und qualifizierten Belegschaften erarbei- tet. Und die wirtschaftlichen Aussichten für das laufende Jahr sind bestens. Jetzt sind die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer dran, ihren verdienten und gerechten Anteil zu bekommen. Die hohen Belastungen, denen die Beschäftigten ausgesetzt sind, müssen entsprechend bezahlt werden. Das geht nur über eine langfristige, tarifwirksame Erhöhung der Entgelte.«

Peter Mosch (35), Gesamtbetriebsratsvorsitzender bei Audi in Ingolstadt

»Bei uns läuft das Geschäft schon seit Jahren sehr gut. Selbst die Kri- sen in der Vergangenheit haben wir bei Hühoco unbeschadet über-

standen. Zurzeit sind unsere Auftragsbücher so voll, dass wir zusätz- Foto:Thomas Imo liche Konti-Schichten einlegen müssen. Wir haben ein gutes Manage- ment. Wir sind innovativ und unsere Leute leisten gute Arbeit. Wir sind einfach gut. Für uns sind die 6,5 Prozent das unterste Level. Da wir Rücksicht auf die Fläche nehmen und zum Flächentarifvertrag stehen, sind wir natürlich mit der Forderung einverstanden. Aber bei uns könn- te es auch mehr sein. Deshalb habe ich keine Angst, dass wir unsere Kollegen nicht mobilisieren können. Es geht schließlich um Geld. Wenn der Tarifstreit eskaliert, werden wir sicher auf die Straße gehen. Größere Sorgen macht mir im Moment die öffentliche Diskussion. Man könnte fast glauben, die Tarifrunde sei schon gelaufen. Da müssen wir aufpassen und mit unseren Kollegen reden. Ich denke nicht, dass die Tarifrunde ein Spaziergang wird.«

Beatrix Gerhardt (48), Betriebsratsvorsitzende bei Hühoco in Wuppertal

»Es wird höchste Zeit, dass die Metallerinnen und Metaller am Gewinn der Betriebe beteiligt werden. Die Profite in der Metall- und Elektroindustrie sprudeln seit Jahren, und die Dividenden der

Aktionäre sind explodiert. Wir haben ein Recht auf unseren Anteil Foto: Karin Desmarowitz am Kuchen. Schließlich sind es die Beschäftigten, die die Gewinne erwirtschaftet haben. Und zwar mit immer höherem Einsatz. Wir sollen immer flexibler reagieren, müssen ständig bereit sein und selbst an Samstagen arbeiten. Jetzt muss ein Schluck aus der Pulle her, und zwar in Prozenten. Angesichts voller Auftragsbücher lassen wir uns auch nicht mit Einmal-Zahlungen ködern. Wir brauchen dauerhafte Erhöhungen. Unsere Kolleginnen und Kollegen sind bereit, dafür zu kämpfen.«

Hans-Jochen Tombarge (47), Betriebsratsvorsitzender bei Sauer-Danfoss in Neumünster und Mitglied der Tarif kommission Küste

metall 4/2007 11 4_12_13_Textil_apm.qxp:12_13 21.03.2007 21:59 Uhr Seite 12

Textilindustrie Ost

Innovationsstark und wettbewerbsfähig Es geht wieder aufwärts

Die Textilindustrie ist eine der erfolgreich- sten Branchen in Ostdeutschland. Sie glänzt mit Innovationen und hat sich aus der Krise Mitte der 90er Jahre heraus- gearbeitet. Gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Tarifrunde. Fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt sind drin. Denn: Es ist fair, die Beschäftigten jetzt am Wachstum und am Gewinn zu beteiligen.

Beim tarifpolitischen Open-Air in Zwickau: 1500 Beschäftigte der ostdeutschen Textilindustrie machten Mitte März zusammen mit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern der Metall- und Elektroindustrie Dampf.

Ihre Forderung: fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt Richter Marcus Foto:

Ostdeutsche Textilindustrie: Mit hochentwickelten Produkten für den Wettbewerb gewappnet

Der US-Konzern Autoliv stellt Hightech für Sicherheit im Auto Sicherheitssysteme für alle Autoliv Sicherheitstechnik, Döbeln, über 500 Beschäftigte. Autoliv bedeutenden Fahrzeugher - steller her. ist der größte tarifgebundene Betrieb der ostdeutschen Textilindus- trie. Der führende Anbieter für Rückhaltesysteme, Gurte und Gurt- spanner beliefert BMW, Porsche, Audi und VW. Foto:Visum / Zeitenspiegel / Lasse Zeitenspiegel / Foto:Visum

Der Standort Zwickau gehört Autositze für Volkswagen-Modelle zum US-Konzern Johnson Johnson Controls Objekt, Zwickau, 280 Beschäftigte. Der Automo- Controls und wurde 1991 gegründet. bilzulieferer stellt Sitze her, die an die VW-Werke in Mosel und Dres- den ausgeliefert werden. Täglich werden über 1200 Sitze für die Modelle Passat, Golf und Phaeton produziert. Foto:obs / Johnson Controls / Johnson Foto:obs

Weben für Luxus-Designer Die österreichische Getzner Textil AG gehört zu den größ- Getzner Textil Weberei, Gera, 84 Beschäftigte. Das Unternehmen ten Buntwebern der Welt. behauptet sich auf dem Markt für Qualitätsstoffe für Hemden und Gera in Thüringen ist einer von drei Standorten. Blusen. Getzner Textil beliefert renommierte Designer und Konfek- tionäre. Geschäftsführer Ralph Lechner ist Verhandlungsführer der Arbeitgeber in der aktuellen Tarifrunde. Foto:Jan-Peter Kasper Foto:Jan-Peter

12 metall 4/2007 4_12_13_Textil_apm.qxp:12_13 21.03.2007 21:59 Uhr Seite 13

Textilindustrie Ost

rotz einer Durststrecke in den 90er arden Euro verbessert. Die Branche profitiert raum und Kofferraumauskleidungen weiter- Jahren gehören die neuen Bundes- vor allem vom Export. Der Auslandsumsatz ist entwickelt. Viele der Projekte führen dazu, T länder nach wie vor zu den wichtigs- um fast neun Prozent gestiegen. 17 000 Men- dass Patente angemeldet werden. ten Textilregionen Europas. Hier werden schen beschäftigt die Branche, der über 200 nicht nur Pullover gestrickt. Die Branche meist mittelständische Unternehmen ange- Gute Marktchancen punktet vor allem mit Hightech-Produkten hören. Traditionelle Zentren sind Sachsen und »Es gibt ein enormes Potenzial an Know-how für die Automobilindustrie, Kliniken, das Thüringen. Kein Wunder, spezialisieren sich und Fachkräften«, sagt Ursula Richter vom Bauwesen sowie mit Schutz- und Sicher- immer mehr Unternehmen auf Qualitäts- Imu-Institut Berlin. Im Auftrag der IG Metall, heitstextilien. Bei den so genannten techni- und Nischenprodukte, mit dem sie auf dem der Hans-Böckler- und der Otto-Brenner- schen Textilien ist Ostdeutschland führend. Weltmarkt bestehen können. Stiftung untersucht sie die ostdeutsche Textil- Die ostdeutschen Unternehmen erwirtschaf- industrie. »Nach der Talsohle hat sie einen ten inzwischen 42 Prozent ihres Umsatzes Hoher Forschungsbedarf Sockel erreicht, auf dem sie gute Chancen hat, damit. Auf diesem Gebiet entstehen immer Dazu brauchen sie qualifizierte und gut aus- in den Märkten zu bleiben«, sagt Richter. mehr Spezialprodukte. Jüngstes Beispiel: gebildete Fachkräfte. Inzwischen wird auch Auch wenn manche Teilbranchen schrump- Olutex, ein noch junges Unternehmen in der gezielt in Wirtschaftsförderung und in die fen sollten, bescheinigt Richter der Branche Oberlausitz, ist Marktführer für Textilien, die Entstehung von so genannten »Clustern« in- gute Aussichten. Von Bedeutung sind vor al- bei der Innenausstattung von Flugzeugen ge- vestiert. Sachsen hat eine Verbundinitiative in lem textile Automobilzulieferer wie Autoliv, braucht werden. diesem Bereich gegründet, die die Zusam- Johnson Controls und Lear, die in internatio- Ostdeutschland hat kräftig aufgeholt: Der menarbeit zwischen Industrie und fünf For- nale Konzerne eingebunden sind. Anteil am gesamten deutschen Textilmarkt hat schungsinstituten in Chemnitz, Dresden, »Die ostdeutsche Textilindustrie ist innova- sich in zehn Jahren annähernd verdoppelt Greiz und Rudolstadt unterstützt. tiv und leistungsfähig«, bestätigt auch Micha- und liegt jetzt bei über elf Prozent. Die Pro- Bestes Beispiel ist das Sächsische Textilfor- el Jung, Verhandlungsführer der IG Metall. Die duktivität der Beschäftigten ist in den vergan- schungsinstitut (STFI) in Chemnitz, das mit IG Metall fordert in der laufenden Tarifrunde genen Jahren ebenfalls gestiegen und beträgt der Technischen Universität Chemnitz koope- fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt. Rund 40 jetzt 76 Prozent der westdeutschen Produkti- riert. Im STFI steht die modernste Spinnvlies- Prozent der Beschäftigten arbeiten in tarifge- vität. Pro Beschäftigten wurden acht Prozent anlage Europas, an der Neuentwicklungen bundenen Unternehmen. Die Tarifbindungs- mehr Umsatz erwirtschaftet. Der Gesamtum- zur Serienreife gebracht werden. Beispiels- quote ist seit 2001 stabil.7 satz hat sich um zwei Prozent auf 1,75 Milli- weise werden Teile für den Fahrzeuginnen- Martina Helmerich

Anzeige 4_07_14_15_europa_apm.qxp:14_15_Europa_Betriebsreport 21.03.2007 21:56 Uhr Seite 14

Serie

Über Grenzen hinweg mit einer stimme sprechen

Solidarität. Dazu bringt der EMB die Arbeitnehmervertre- ter der verschiedenen Stand- orte an einen Tisch – wie zu- letzt bei Airbus. Als der Flugzeugbauer an- kündigte, mehrere 1000 Stel- len in Europa zu streichen, antwortete auf Arbeitnehmer- seite ein vielstimmiger Chor. Dabei gab es einige Misstöne.

Vertrauen ist das A und O Der EMB brachte die Vertreter

Foto: Image Source Image Foto: des Eurobetriebsrats und die Gewerkschaften an einen run- den Tisch und glättete die Wo- Unternehmer und Manager ken- triebspolitik. Die Liste der Na- gen. Sie einigten sich auf ge- nen schon lange keine Grenzen men ist lang: Alcatel, Siemens- meinsame Forderungen: kein mehr. Sie beherrschen das inter- Nokia, VW, Airbus oder General Stellenabbau, keine Werks- nationale Parkett. Arbeitnehmern Motors Europe – die multinatio- schließungen und -verkäufe. dagegen fällt es nicht leicht, auch nalen Konzerne stellen sich Und sie organisierten einen über Grenzen hinweg mit einer ständig neu auf, streichen Ar- Aktionstag, an dem sich Mitte Gemeinsame Interes- Stimme zu sprechen. Der Europä - beitsplätze, schließen oder ver- März mehrere 10 000 Airbus- senvertretung im ische Metallgewerkschaftsbund kaufen Werke. Überall in Europa Beschäftigte in vier Ländern Betrieb? Engagement (EMB) unterstützt sie dabei. hängen Existenzen am seidenen Europas beteiligten. Von Rüsselsheim über Krefeld Faden der Unternehmensent- »Auch wenn es banal in einer Gewerkschaft? ins südspanische Cadiz – über scheidungen. klingt«, sagt Scherrer, »das Für viele Angestellte 2700 Kilometer und drei Sitzun- Natürlich denkt jeder erst wichtigste sind Informatio- sind solche Fragen gen in nur 24 Stunden. Der Ar- einmal an seinen eigenen Stand- nen.« Nur wenn Beschäftigte kein Thema. So war es beitstag des EMB-Generalsekre- ort. Das findet Scherrer völlig le- wissen, was ihre Kollegen tun, tärs Peter Scherrer hat es in sich. gitim. Arbeitgeber nutzen diese können sie sich vertrauen. lange Zeit auch beim In Krefeld trifft sich Scherrer Ängste, um Standorte gegenein- Und ohne Vertrauen gibt es niedersächsischen mit Arbeitnehmervertretern von ander auszuspielen. Die Antwort keine Solidarität.7 Büromöbelhersteller Thyssen-Krupp. Der Konzern will des EMB heißt: internationale Fabienne Melzer Haworth. Bis die Krise einen Betrieb in Madrid schlie- ßen. Früh am nächsten Morgen kam und der Betriebs- geht es weiter nach Cadiz. Ein Eine europäische Stimme für 6,5 Millionen rat auf die Angestell- anderer Ort – das gleiche The- Seit 1971 vertritt der Europäische Metallgewerkschaftsbund ten zuging. Das neue ma, diesmal beim amerikani- (EMB) die Interessen der europäischen Metallarbeiter. Er re- Engagement fiel auf schen Autozulieferer Delphi. Der präsentiert 72 Metall-Gewerkschaften in 33 Ländern mit 6,5 EMB-Generalsekretär muss vor Millionen Mitgliedern. Ziel des EMB ist es, Europas soziale fruchtbaren Boden. Ort Gesicht zeigen. »Visibility« Dimension zu stärken. Zu den Arbeitsbereichen des EMB gehö- Seither arbeiten auch nennt es Europa-Mann Scherrer. ren Industrie, Unternehmens- und Tarifpolitik sowie der Sozial- die Angestellten im Der EMB koordiniert die Ta- dialog mit Arbeitgeber- und Industrieverbänden auf europäi- Betriebsrat mit und ihr rifpolitik in Europa, vertritt die scher Ebene. Mehr über die Arbeit des EMB, seine Positionen Arbeitnehmerinteressen auf der und Aktionen gibt im Internet unter www.emf-fem.org. Organisationsgrad politischen Ebene und setzt sich stieg sprunghaft an. für ein soziales Europa ein. Die 3Die Serie »Europa« stellt in den kommenden Monaten wich- meiste Zeit investiert der EMB tige Themen und Entwicklungen in der EU vor. inzwischen allerdings in die Be-

14 metall 4/2007 4_07_14_15_europa_apm.qxp:14_15_Europa_Betriebsreport 21.03.2007 21:56 Uhr Seite 15

Betriebsreport Foto: Joachim Giesel Joachim Foto: Betriebsratsvorsitzender Gerd Ahrens (rechts) warb erfolgreich um Angestellte wie Imre Morva (links): »Ich muss Farbe bekennen«

Angestellte beim Büromöbelhersteller Haworth In der Krise zur Gewerkschaft

it einem dumpfen Knall fällt die legten viele ab. Inzwischen gehören in dem ten schnell: Die Probleme ähneln sich – über- Tür hinter Gerd Ahrens ins niedersächsischen Betrieb 37 Prozent der An- all. Warum sie nicht gemeinsam lösen? Der M Schloss und schneidet den Lärm gestellten der IG Metall an. Vor zwei Jahren Schritt in die Gewerkschaft war ab dann für der Werkshallen abrupt ab. Das monotone waren es gerade mal 18 Prozent. viele nicht mehr allzu weit. So auch für Imre Wummern der Maschinen und das Kreischen Es waren wirtschaftliche Probleme, die den Morva. Der gebürtige Ungar arbeitet im Mus- der Sägen verstummt. Im blauen Treppenhaus Angestellten bei Haworth eine Brücke zur Ge- terbau. Gegenüber Gewerkschaften hatte er des Verwaltungsgebäudes wird die Produk- werkschaft schlugen. In den vergangenen lange Zeit Vorbehalte. »Ich habe immer ge- tion ausgeblendet, obwohl sie nur einen zwölf Jahren schlitterte der Möbelhersteller glaubt, dass ich vieles individuell besser lösen Steinwurf weit entfernt ist. von einer Krise in die nächste, und der Be- kann.« Erst die Krise ließ ihn umdenken. Produktion und Verwaltung, Arbeiter und triebsrat kämpfte sich von einem Interessens- Heute ist er nicht nur Mitglied der IG Metall, Angestellte – ein Betrieb, zwei Welten. Das galt ausgleich zum nächsten. Vor zwei Jahren traf sondern auch Betriebsrat. Als er sah, wie lange Zeit auch beim Büromöbelhersteller es schließlich die Verwaltung. Ahrens erklärte schlecht es manchem Kollegen erging, wuss- Haworth im niedersächsischen Bad Münder. den Verwaltungsangestellten, welche recht- te Morva: »Ich kann mich nicht wegducken, Im Betriebsrat blieben die Beschäftigten aus lichen Möglichkeiten der Betriebsrat hat. Das ich muss Farbe bekennen.« der Produktion meist unter sich. Wenn der Thema Gewerkschaft fiel nur am Rande. Mit seiner Arbeit überzeugte Betriebsrat Betriebsratsvorsitzende Gerd Ahrens nicht das Ahrens auch Jens Anhalt. Der 31-Jährige ar- ein oder andere aufschnappte, kamen die Pro- Die Probleme ähneln sich beitet als Systemadministrator. Als er von ei- bleme der Angestellten bei Sitzungen nicht »Viele Betriebsräte machen einen Fehler«, ner befristeten auf eine feste Stelle wechselte, vor. Den meisten fehlte auch nichts. Von Ver- sagt Ahrens. Sie unternehmen nur einen Ver- erkämpfte der Betriebsrat für ihn eine bessere waltungsangestellten hörte Ahrens oft: »Ich such und sprechen Angestellte auf die gleiche Gehaltsgruppe. Für Anhalt war die Sache da- kann meine Sachen ganz gut alleine regeln.« Weise wie die Kollegen in der Produktion an. mit klar. »Ich werde nach Tarif bezahlt, also So hermetisch das Bürogebäude den Produk- Das passt aber nicht zusammen. Das Motto bin ich in die Gewerkschaft gegangen.« tionslärm ausschloss, so wenig drang von »Wir sind doch alle in der Gewerkschaft« Bei allem Erfolg weiß Ahrens auch: Ein dort herüber ins Betriebsratsbüro über den funktioniert bei Angestellten nicht. Ahrens Selbstläufer wird so etwas nie. Deshalb will er Werkshallen. war von Anfang an klar, dass er einen längeren demnächst Angestellte und Produktionsbe- Diese Zeiten sind in Bad Münder längst Atem brauchte. Er brachte Angestellte aus ver- schäftigte zu einem Gespräch zusammen- vorbei. Seit der letzten Wahl sind fünf der schiedenen Bereichen zu Gesprächen zusam- bringen. Ahrens ist sich sicher, dass sie viele neun Betriebsräte Angestellte. Auch ihre Zu- men. »Viele glaubten ja, sie seien am gemeinsame Probleme entdecken werden.7 rückhaltung gegenüber der Gewerkschaft schlimmsten dran von allen.« Doch sie merk- Fabienne Melzer

metall 4/2007 15 4_16_17_apm.qxp:16_17 21.03.2007 21:54 Uhr Seite 16

Arbeits- und Gesundheitsschutz

iesel Achtermeyer, Leiterin der Referats »Soziales, Familie, Gesundheit und L Verbraucherschutz« der Hansestadt Hamburg, hat seit Ende Februar ein Problem. Damals haben Mitglieder des IG Metall-Ar- beitskreises »Argus« (Hamburg) nämlich Reformpläne für die gesetzliche Unfallversicherung entdeckt, dass die Abteilungsleiterin an der Reform der gesetzlichen Unfall-Versicherung mitstrickt. Was die zuständige Bund-Länder- Kommission bisher ausgebrütet hat, könnte Nach dem Unfall Beschäftigte künftig viel Geld kosten, erkann- ten die Metaller. Deshalb schrieben sie Liesel Achtermeyer einen gepfefferten Brief. »Unsere betteln gehen? Befürchtung ist, dass diese Reform auf ein rei- nes Einspargesetz hinausläuft«, teilten sie ihr mit, »es soll mal wieder Geld auf Kosten von Mit der Reform der Unfallversicherung will die Bundes- Betroffenen gespart werden.« Das Gesetz dürfe regierung Arbeitgebern ein Milliardengeschenk »so nicht umgesetzt« werden. servieren. Unfallopfern und Berufskranken soll dafür Tatsächlich hat die Bund-Länder-Kom- mission ein Papier vorgelegt, das erhebliche tief in die Tasche gegriffen werden. Einschnitte für erkrankte oder verletzte Ar- beitnehmer vorsieht. Was vordergründig als »zielgenaues« Konzept angepriesen wird, läuft in Wirklichkeit auf einen Raubzug gegen verletzte und erkrankte Beschäftigte hinaus. Heinz Fritsche vom Ressort Arbeits- und Ge- sundheitsschutz beim IG Metall-Vorstand: »Neun von zehn Betroffenen würden mit der Regelung schlechter fahren.« So sollen auf Vorschlag der Bund-Länder-Kommission 3Gesundheitsschäden grundsätzlich nur noch ab einer MdE (Minderung der Erwerbs- Karikatur: Klaus Espermüller Klaus Karikatur:

16 metall 4/2007 4_16_17_apm.qxp:16_17 21.03.2007 21:54 Uhr Seite 17

Arbeits- und Gesundheitsschutz

fähigkeit) von 30 Prozent beglichen werden. »Vorsorge wird verhindert« Rest des Lebens ausgleichen sollen, träfen Bisher liegt die Messlatte für eine Unfall- oder Berufskranke oder Unfallopfer zusätzlich. Erwerbsunfähigkeitsrente bei 20 Prozent. Die Nicht nur, dass die Pauschalen zu niedrig wird etwa beim Verlust eines Daumens oder Wolfgang Rhode sind (12000 Euro bei einer MdE von einer leichten Hirnschädigung gezahlt. ist Mitglied des 30 Prozent, etwa für eine chronische Hepa- 3 geschäftsführen- Gesundheitsschäden sollen grundsätzlich den Vorstands titis für einen Verletzten unter 25 Jahren; pauschal ausgeglichen werden. Nur für der IG Metall 6000 für einen Verletzten über 60), blieben Schwerverletzte, ab einer MdE von 50 Prozent, mögliche Folgeschäden grundsätzlich soll eine Unfallrente gezahlt werden. Das sind außen vor. Dabei treten die nicht gerade nur zehn Prozent aller Fälle. Die Beträge liegen Kirchgeßner Markus Foto: selten auf – beispielsweise nach einem zwischen 175 und 924 Euro. Die Unfallrente metall: Sollen Berufskranke künftig Bruch des Fersenbeins. Fritsche: »Wer dann soll auslaufen, sobald Altersrente gezahlt wird. wieder betteln gehen? nicht mehr kann, würde in der Hartz-IV- 3Einbußen beim Entgelt sollen infolge einer Rhode: Sicher ist: Der Versicherungs- Mühle landen.« Oder müsste betteln gehen Berufskrankheit oder eines Unfalls erst ausge- schutz bei Verletzungen und Schädi- – aufgrund einer Verletzung, die der Arbeit- glichen werden, wenn sie über zehn Prozent gungen soll schlechter werden. Selbst geber zu verantworten hat. liegen. Ersetzt werden sollen nur 60 Prozent schwere Verletzungen sollen nicht des Brutto-Einkommens-Verlustes. mehr entschädigt werden. »Reform« gegen Beschäftigte metall: Damit die Arbeitgeber Ver- Erst ab einer MdE von 50 Prozent will auch Unfallrenten wegdefiniert sicherungsbeiträge sparen? die Bund-Länder-Kommission Unfallrenten Allein über die 30-Prozent-Regelung würden Rhode: Die Begründungen für die zugestehen. Allerdings oft schmalere als über die Hälfte aller auflaufenden Unfallren- geplanten Veränderungen sind mehr bisher. Die IG Metall hat ausgerechnet, was ten weggekürzt (siehe Grafik). »Nahezu alle als dürftig. Zielgenauer soll angeblich die »Reform« einzelne Beschäftigte kosten schweren Hautkrankheiten würden nicht das neue Recht werden. Ich sehe hin- würde. Wer 60 ist, jährlich 36 000 Euro ver- mehr entschädigt werden«, klagt Fritsche an. gegen überwiegend nur Nachteile für dient und infolge einer Lärmschwerhörig- Gerade solche Erkrankungen haben in den Versicherte und damit Geschenke an keit (20 Prozent MdE) zehn Prozent weni- vergangenen Jahren kontinuierlich zuge- die Unternehmen. ger verdient, würde bis zum 80. Lebensjahr nommen. Allein 2005 gingen bei den Berufs- metall: Dämpft das nicht deren An- insgesamt 96000 Euro verlieren. Ein 24- genossenschaften über 15 000 Verdachtsan- strengungen für mehr Prävention? Jähriger, der wegen einer Hautkrankheit zeigen ein, 836 wurden anerkannt. Rhode: Das ist ein zentrales Problem (30 Prozent MdE, 36000 Euro Jahresver- Beschäftigte, die aufgrund des Produk- dieser Reform. Würden beispielsweise dienst) zehn Prozent weniger verdient, tionslärms schwerhörig geworden sind, wür- Hauterkrankungen kaum noch Zahlun- würde sogar 391200 Euro Unfallrente we- den ebenfalls leer ausgehen. Im Jahre 2005 gen der Berufsgenossenschaft auslö- niger erhalten. Erst bei einem 50-prozenti- wurden immerhin 5478 solcher Fälle regis- sen, würde auch der finanzielle Anreiz gen Einkommensverlust hätte er bis zum 80. triert. Solche Beschäftigte erhalten heute in entfallen. Lebensjahr rund 51000 Euro mehr. der Regel eine 20 Prozent MdE und rund metall: Zahlt sich Prävention auch für Unterm Strich – das belegt eine Hoch- 4000 Euro Rente jährlich, nicht gerade die die Betriebe aus? rechnung der IG Metall – würden die Berufs- Welt. Die Bund-Länder-Kommission hält Rhode: Ja, in barer Münze. Denn weni- genossenschaften auf diese Weise jährlich selbst diese Mini-Rente für unangemessen ger Arbeitsunfälle oder Berufserkran- über drei Milliarden Euro sparen. Alles Gel- und will sie künftigen Opfern vorenthalten. kungen bedeuten auch weniger Ren- der, die bisher als kleine Renten Unfallopfer Die vorgesehenen pauschalen Abfindun- tenzahlungen. entschädigten. gen, die sämtliche sozialen Nachteile für den metall: Lässt sich das belegen? »Die Berufsgenossenschaft ist immer Rhode: Allein die Hauterkrankungen noch eine Haftpflichtversicherung der kosten vier Milliarden Euro jährlich, da Arbeitgeber«, mahnt auch Klaus Otte, Renten und MdE* 2005 ist der Produktionsausfall nicht mitge- Metaller und alternierender Vorsitzender rechnet. Auch wenn sich nicht jede – in Prozent – 72,7 = 20 bis 29* der Vertreterversammlung der Berufsge- 9,4 = 30 bis 39* Erkrankung vermeiden lässt, zeigt die nossenschaft Feinmechanik und Elektro- 1,3 9,4 1,3 = 40 bis 49* 13,4 = 50 bis 100* Zahl, dass das Potenzial gewaltig ist. technik. Und die stehe »seit Bismarck für 3,2 = < als 20* 13,4 metall: Vorsorge kostet aber auch... die Unfallschäden in der Pflicht«. Rhode: Es lohnt sich trotzdem. Bei der Ohnehin haben sich die Prämien für die letzten Aktion der Berufsgenossen- gesetzliche Unfallversicherung seit dem 3,2 schaften »Sicherer Auftritt« wurden Jahr 2003 erheblich reduziert. Mit zusätzli- mit kleinem Aufwand 26 Prozent aller cher Prävention könnten die Arbeitgeber Sturzunfälle verhindert und 56 Millio- noch mehr sparen. Otte: »Würden alle Ge- nen Euro eingespart. Statt die Leistun- setze zum Schutze der Arbeitnehmer um- 72,7 gen der Opfer zu kürzen, sollten besser gesetzt, gäbe es weniger Unfälle und Er-

Quelle: HVBG *Minderung der Erwerbsfähigkeit Unfälle vermieden werden – auch im krankungen. Das würde den Betrieben Interesse der Betriebe. Nur Prävention mehr bringen, als jetzt bei den Opfern ge- Die meisten Renten liegen auf dem Niveau 7 7 von unter 30 Prozent MdE – und sollen weg. lohnt. holt werden soll.« Fritz Arndt

metall 4/2007 17 4_18_19_apm.qxp:18_19 21.03.2007 21:52 Uhr Seite 18

Transfergesellschaften Foto: Manfred Vollmer Manfred Foto: Anja L. und Gaby B. beim BenQ-Frühstückstreff der IG Metall: Nicht nur der Verlust der Arbeit schmerzt, auch der tägliche Kontakt mit den Kollegen fehlt

Nach dem Ende von BenQ Zwischen Hoffen und Bangen

Betrieb geschlossen, Arbeit weg – was bleibt? Für viele Arbeitnehmer ist die Transfer- oder Beschäftigungsgesellschaft der Übergang in eine – oft ungewisse – Zukunft. So auch bei BenQ.

er Handy-Hersteller hatte in ren, die sie bei Siemens gelötet hatte, konnte te was mit Gartenarbeit machen, das würde Deutschland nur eine kurze Ge- sie gehen. Wie Hunderte ihrer Kollegen, die ihr liegen. Aber ob es dazu kommt? Um- D schichte. 2005 kaufte er die Sie- meisten mit mehreren Siemens-Jahrzehnten schulungen in einen ganz anderen Beruf mens-Fabrik, 2006 war er pleite. Allein am und dem letzten BenQ-Jahr auf dem Buckel. zahlt die PEAG nämlich nicht, sondern Standort Kamp-Lintfort hieß das für rund Jetzt haben sie sich zum BenQ-Frühstücks- »Maßnahmen«, die auf vorhandenen Quali- 1800 Menschen: aus der Traum vom siche- treffen versammelt, zu dem die IG Metall fikationen aufbauen. ren Arbeitsplatz. Gemeinsam mit der IG monatlich in die Stadthalle von Kamp-Lint- Für jeden Beschäftigten, der in die PEAG Metall kämpften sie um die Arbeitsplätze – fort einlädt. Die IG Metall ist noch für sie da. gegangen ist, wurde eine Summe von 1280 am Ende vergebens. Aber eine Transfergesell- Ein Stück Geborgenheit in diesen Tagen, in Euro (im Durchschnitt aller Betroffenen) für schaft konnten sie erstreiten. 1548 ent- denen so vieles ins Wanken geraten ist. Qualifizierung vereinbart – neben dem gesi- schlossen sich, ihr Glück hier, in der PEAG, Fast 300 sind gekommen, sitzen an lan- cherten Monatsentgelt für ein Jahr. Es beträgt zu suchen. Personalentwicklung- und Ar- gen Tischen bei belegten Brötchen, Kaffee, – inklusive der erstrittenen Aufstockung beitsmarktagentur heißt das – womit auch Saft und zügig voll gerauchten Aschen- durch Siemens – 84 Prozent des letzten Brut- das Programm umschrieben ist. bechern. »Die Kollegen fehlen einem«, sagt tolohns. Wer bis Mitte Juli einen Job findet Der 19. Oktober letzten Jahres war ein Gaby B. Das ist fast genauso schlimm, wie und aus der PEAG ausscheidet, bekommt ei- düsterer Tag für Gaby B. Da sagte man ihr, es keine Arbeit mehr zu haben. Und nur mäßi- ne Starthilfe, gern auch »Turbo-Prämie« ge- sei keine Arbeit mehr da für sie. Nach 31 Jah- ge Aussicht auf eine neue Stelle. Gaby möch- nannt, von 24000 Euro. Klingt viel – aber

18 metall 4/2007 4_18_19_apm.qxp:18_19 21.03.2007 21:52 Uhr Seite 19

muss ein Bildungsträger gesucht werden, dann ein Kurs, dann kann es losgehen. So schnell, wie Anja L., früher Produktionshel- ferin, gehofft hatte, funktioniert es nicht. Viel Papierkram, viel Wartezeit. Manche im Saal fürchten, die Zeit laufe ihnen davon. Schon sind zwei Monate in der Transfergesellschaft vorbei, und es hat sich noch wenig Konkretes getan. Nicht jeder hat schon ein Beratungsgespräch gehabt. Ande- re klagen, dass die Berater zu dritt in engen Büros sitzen und wenig Raum für ein inten- siveres, persönliches Gespräch ist. »Eine Zu- mutung«, ruft einer von hinten. Der Übergang der 1548 BenQ-Beschäf- tigten in die PEAG war keine Liebesheirat. Der Scheidungstermin ist schon anberaumt: Ende 2007. In der Zwischenzeit muss man das Zusammenleben gedeihlich gestalten. Nach dem »Profiling«, dem Erfassen der Fä- higkeiten und Stärken der einzelnen Arbeit- nehmer, gab es für alle ein Bewerbungstrai- ning. Dann wieder eine Pause bis zum nächsten Termin. Gemeinsame Kurse stehen nicht mehr auf dem Programm. Die Kom- munikation zwischen der PEAG und den Be-

Foto: ddp / Gottschalk ddp Foto: schäftigten könnte besser klappen. Nicht Nach dem Ende der Handy-Produktion herrscht Leere in den früheren BenQ-Werks- alle sind per E-Mail zu erreichen. Manche hallen: Kein Investor mochte hier einen neuen Anfang wagen. hochfliegenden Pläne – Kann ich den Meis - ter machen? Kriege ich einen Kurs bei SAP? – wo gibt es schon so schnell eine Stelle? In ruflichen Profile der Beschäftigten und su- müssen begraben werden. Kamp-Lintfort? Wo die Zeche der größte chen eine Arbeit, die zu ihnen passen könn- Aber gab es eine Alternative zur Transfer - Arbeitgeber ist und deren Tage längst gezählt te. Erst wenn nichts klappt, wird eine Weiter- gesellschaft? Kaum. Alle im Saal wissen das. Es sind? Bisher haben nur wenige frühere bildung ins Auge gefasst. Auch wer eigene kann ja noch viel passieren – auch mal was Gu- BenQ-Beschäftigte Glück gehabt. Ideen hat und sich für einen Sprachkurs oder tes. Gaby B. will sich ihre positive Haltung Die PEAG-Berater bemühen sich in erster eine EDV-Schulung interessiert, braucht zu- nicht vermiesen lassen: »Es wird sich schon Linie um neue Arbeitsplätze. Zusammen mit nächst die Zustimmung des Beraters. Der was finden.«7 der Agentur für Arbeit analysieren sie die be- prüft und rechnet. Wenn das Okay kommt, Gabriele Prein

Was ist das eigentlich – eine Transfergesellschaft?

3Wenn ein Betrieb schließt und den Arbeitnehmern kündigt, eini- entlässt, in der Regel auf rund 85 Prozent des letzten Netto aufge- gen sich Betriebsrat, Gewerkschaft und Unternehmen oft auf eine stockt. Vorteil für die Beschäftigten: Sie sind weiterhin in einem so- Beschäftigungs- oder Transfergesellschaft. Grundlage dafür sind die zialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis. Der erworbene An- Vereinbarungen aus dem Interessensausgleich und dem Sozialplan spruch auf Arbeitslosengeld bleibt bestehen. oder einem Sozialtarifvertrag. Die Beschäftigungsgesellschaft wird 3Die IG Metall sieht in gut aufgestellten Beschäftigungsgesell- entweder von dem entlassenden Unternehmen neu gegründet, oder schaften ein wichtiges Instrument, um den Entlassenen zu mehr ein bereits bestehender Anbieter übernimmt die Aufgabe. Qualifikation und besseren Chancen auf dem Arbeitsmarkt zu ver- 3Transfergesellschaften sollen den Entlassenen den Weg in eine helfen. Ein Kriterium für die Qualität ist, dass IG Metall und Betriebs- neue berufliche Zukunft erleichtern. Sie sind selbst keine produzie- rat eingebunden sind und die Betroffenen kompetent betreut wer- renden Betriebe. Sie nehmen die betroffenen Arbeitnehmer in ein den. Im Normalfall sollten keine Finanzmittel aus dem Sozialplan in befristetes Arbeitsverhältnis, beraten sie, informieren über offene die Transfergesellschaft fließen. Außerdem sollte der (frühere) Stellen und versuchen, in neue Arbeitsplätze zu vermitteln. Sie orga- Arbeitgeber zusätzlich Maßnahmen zur aktiven Arbeitsmarktpolitik nisieren berufliche Weiterbildung und beraten bei Existenzgrün- finanzieren – etwa weitere Qualifizierung oder Hilfe zur beruflichen dung. Arbeitnehmer in einer Transfergesellschaft haben gegenüber Neuorientierung. Auf dem Markt konkurrieren eine Reihe von Be- der Bundesagentur für Arbeit Anspruch auf Transferkurzarbeitergeld schäftigungsgesellschaften, darunter einige, die der IG Metall nahe nach Paragraf 216 b des SGB III. Es wird von dem Unternehmen, das stehen – wie etwa Mypegasus (Sitz: Reutlingen).7

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Arbeitgebernahe Gruppierungen

Verdacht auf Schmiergeldzahlungen bei der AUB ineVilla an der Ostsee, Golf,Yacht und Segelboot – bis vor kurzem pflegte E Wilhelm Schelsky einen aufwändi- gen Lebenstil. Bei seinem früherenArbeitge- Gepäppelt ber Siemens war Schelsky als Berater dick im Geschäft. Dann geriet derVorsitzende der so genannten »Arbeitsgemeinschaft Unabhän- giger Betriebsangehöriger« (AUB) in das Fa- ohne Ende denkreuz der Ermittler. Schelsky sitzt seit Mitte Februar wegen Beihilfe zur Untreue und Steuerhinterziehung in Nürnberg in Arbeitnehmerverbände wie die angeblich unabhängige Untersuchungshaft. Geklärt werden soll, Betriebsratsorganisation »AUB« oder die »christli- wofür er über 14 Millionen Euro von Sie- chen« Gewerkschaften führen eher ein Schattendasein. mens kassiert hat. Denn eine angemessene Beide Verbände sind Randgruppen in den Betrieben. Gegenleistung gab es wohl nicht. Der Verdacht der Ermittler geht im Kern Und beide sind willfährige Handlanger von Arbeitge- um die Frage: Hat Siemens die Betriebsräte berinteressen. Jetzt ist vor allem die AUB ins Rampen- derAUB geschmiert, um sie auf einen unter- licht geraten: Ermittlungen gegen ihren Vorsitzenden nehmensfreundlichen Kurs zu trimmen? Wilhelm Schelsky erschüttern die AUB. Endlich wird Für Mitgliederwerbung und Betriebsrats- Wahlkämpfe sollen über Schelsky Millionen das enge Beziehungsgeflecht zwischen Siemens und an die AUB geflossen sein. Die Ermittler ge- der AUB durchleuchtet. hen davon aus, dass zwischen 2002 und

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Arbeitgebernahe Gruppierungen

2004 mehr als 2,5 Millionen Euro an diese Organisation gingen.Das ist strafbar und ein Restgrößen ohne Macht Verstoß gegen das Betriebsverfassungsge- setz.Wolfgang Niclas, Erster Bevollmächtig- AUB CGM ter der IG Metall Erlangen,wirft Siemens vor, 3Die zweifelhafte Betriebsratsorganisa- 3Die »christlichen« Gewerkschaften, darun- in Betriebsratswahlen eingegriffen und Be- tion wurde 1986 gegründet. Seitdem ist ter auch die CGM, blicken auf eine mehr als triebsräte der AUB gezielt bevorzugt zu ha- Wilhelm Schelsky ihr Dauervorsitzender. 100jährige Geschichte zurück. Ihre Wurzeln ben. »Das ist massiv erfolgt.« Die AUB stellt Die AUB hat nach eigenen Angaben über liegen in der katholischen Soziallehre. Heute im Siemens-Konzern nur neun Prozent der 30 000 Mitglieder. Bei den vergangenen stellen sie in einer Handvoll Unternehmen Be- Betriebsräte und einen Vertreter im Auf- Betriebsratswahlen bekam sie lediglich triebsräte, vor allem in Bayern, Baden-Würt- sichtsrat. In den meisten Betriebsräten und knapp fünf Prozent. Die AUB ist keine temberg und im Saarland (dessen CDU- dem Gesamtbetriebsrat spielt sie eine unbe- Gewerkschaft und hat auch nirgends Tarif- Ministerpräsident Peter Müller der CGM be- deutende Rolle. Drei von vier Betriebsräten verträge abgeschlossen. Neben Siemens sonders nahe steht, ebenso sein thüringi- bei Siemens stellt hingegen die IG Metall. ist sie mit wenigen Mandaten bei Daimler- scher Kollege Dieter Althaus). Die CGM ver- Die IG Metall bezweifelte schon immer, Chrysler, Opel und dem Antennenhersteller sucht, mit niedrigen Beiträgen zu werben. Sitz dass die AUB Arbeitnehmerinteressen ver- Kathrein vertreten. der Organisation ist Stuttgart. tritt, und wunderte sich, wie viel Geld und Werbemittel die AUB für ihre Wahlkämpfe aufbringen konnte. Für Dieter Scheitor, der Einem anderen arbeitgebernahen Arbeitneh- haben mehr als 53000 Betriebsräte das Mit- bei der IG Metall den Siemens-Konzern be- merverband, der CGM, der »Christlichen Ge- gliedsbuch der IG Metall.Wie kommt es, dass treut, ist klar: »DieAUB ist keine unabhängi- werkschaft Metall«, kann man finanziell un- die CGM trotzdem Tarifverträge abschließt? ge Organisation, sondern ein unternehmer- saubere Machenschaften kaum vorhalten. Etwa in Ostdeutschland oder in verschiede- freundlicherVerein.Die wurden von Siemens Aber die Interessen der Beschäftigten vertritt nen Handwerksbranchen? gepäppelt ohne Ende.« sie so wenig wie die AUB. Die »Christen« be- Die Antwort ist einfach: Die »Christen« Weil die Staatsanwaltschaft die Konten anspruchen, tariffähig und damit eine Ge- beugen sich in allen Belangen stets den Forde- Schelskys gesperrt hat, ist die Organisation werkschaft zu sein und haben diesen Status rungen der Arbeitgeber. Was die Chefs auch jetzt in eine finanzielle Krise geraten, die 2006 auch vom Bundesarbeitsgericht bestä- wollen, sie bekommen es – von längeren Ar- zeigt, wie sehr dieAUB vom Geld ihres Dau- tigt bekommen. Aber aus Sicht der IG Metall beitszeiten, der Streichung von Weihnachts- ervorsitzenden unmittelbar abhängig ist. bleibt die CGM,was sie immer war:eine ohn- oder Urlaubsgeld bis zur abgesenkten Bezah- Schelsky betrieb ein Geflecht von verschie- mächtige Organisation. Denn ihnen fehlt das lung. So hat sich die CGM zum »Liebling der denen Firmen, darunter eine Unterneh- wichtigste Merkmal einer Gewerkschaft: Mit- Arbeitgeber« gemausert. mensberatung. Die Steuerfahnder vermuten, glieder, die für ihre Forderungen einstehen Mit ihren Billig-Tarifen betreibt die CGM dass jeder vierte Beschäftigte in erster Linie und einenArbeitskampf führen können. Lohndumping zum Nachteil aller Beschäftig- AUB-Mitarbeiter ist. Die AUB hat nach Er- ten. Denn nur zu gern berufen sich Unter- kenntnissen der Ermittler von Schelskys Mil- Nur als Randgruppe vertreten nehmer auf die »Christen« und versuchen, lionen Mieten,Fahrzeuge,EDV-Anlagen und Die CGM behauptet,knapp 98000 Mitglieder schlechtere Arbeitsbedingungen durchzu- Werbung bezahlt. Bei der Staatsanwaltschaft zu haben.Wenn sie diese Zahlen belegen soll, boxen, wenn keine Gegenwehr kommt. Nur Nürnberg-Fürth wurde die Steuerkommis- weigert sie sich allerdings. Auch in den Be- entschlossene IG Metall-Mitglieder können sion »Amigo« gebildet, um die Beziehun- triebsräten ist die CGM nur als Randgruppe sich gegen die Abwärts-Strategie stemmen. gen zwischen Siemens, Schelsky und der vertreten. Bei den Betriebsratswahlen im ver- Und klar:je mehr Metallerinnen und Metaller, AUB zu durchleuchten. Man darf gespannt gangenen Jahr kam sie – wie 2002 – auf knapp desto größer dieAussichten auf Erfolg.7 sein, was dabei noch alles ans Licht kommt. vier Prozent oder rund 260 Mandate.Dagegen Martina Helmerich/Gabriele Prein

Reinhardt Schiller, seit 1999 an der Spitze der »Christlichen Gewerkschaft Metall«: Tarifverträge zu Dumping-Konditionen sind die Spezialität seiner Organisation

Foto: Jörg Fiedler metall 4/2007 21 4_22_23_apm.qxp:22_23_Leserbriefe_PortrŠt 21.03.2007 21:41 Uhr Seite 22

Leserbriefe

Neue Gesetze der Regierung sind unverschämt Kosten bei kommerziellen Ver- sicherungskonzernen zu versi- chern, darauf gibt es leider keine Antwort. Werner Zipperer, Frankfurt am Main

Dank an die Redaktion metall 1 bis 12/2006: Briefmar- ken der Rätseleinsendungen 3Jedes Jahr werden die Brief- marken der metall-Rätselpost- karten zu den »von Bodel- schwinghschen Anstalten« in Foto: picture-alliance/ dpa / Murat dpa picture-alliance/ Foto: Proteste gegen die Rente mit 67: »Wo soll das noch hinführen?« Bielefeld-Bethel gebracht. Im Jahr 2006 waren es 383 243 metall 3/2007: Rente mit 67: Der spätere Anspruchsberechtigung Briefmarken und 1379 Tele- Protest geht weiter abgeleitet werden kann. Für mich fonkarten. Mit dieser Aktion 3Unsere Regierung sollte doch tendiert der Informationsgehalt werden bis zu 130 Behinder- das Sprachrohr des Volkes sein. dieses Blattes gegen Null. tenarbeitsplätze erhalten. Die Doch was sie an neuen Gesetzen Helmut Buse, Remscheid Leserinnen und Leser von (Rente mit 67, Mindestlöhne und metall trugen erheblich zu anderes) beschließt, ist unver- 3Zu Eurem Bericht über die diesem guten Ergebnis bei. schämt. Hört sie denn nicht, was »Bild«-Kampagne gegen die Dafür herzlichen Dank. unser Volk braucht? Anstatt ältere gesetzliche Rente passt hervorra- Antonius Eikenkötter, Warendorf Menschen früher in den wohlver- gend Herrn Münteferings Kapitu- dienten Ruhestand zu schicken lationserklärung für die gesetzli- und dafür Sorge zu tragen, dass che Rente. Welchen Vorteil es für E-Mail: junge Leute nachrücken können, abhängig Beschäftigte bringen [email protected] Die Redaktion behält sich vor, Leser- handelt sie absolut fahrlässig und soll, sich zusätzlich zur gesetzli- briefe zu kürzen. verantwortungslos. Wo soll das chen Rente und ohne einen pari- Leserbriefe können nur bei Angabe der Adresse veröffentlicht werden. noch hinführen? tätischen Finanzierungsanteil der Die vollständige metall-Ausgabe steht Stefan Lonzen, Eschweiler Arbeitgeber auf eigenen (Mehr-) auch im Internet.

Willfährige Handlanger Bei Alstom in Mann- metall 3/2007: »Bild« gegen ge- Impressum heim haben Kollegin- setzliche Rente nen und Kollegen 3Wenn – wie Politiker, Versiche- metall Das Monatsmagazin der IG Metall rungen und deren willfährige Herausgeber: Jürgen Peters, Berthold Sekretariat: Birgit Büchner einen politischen Chor Huber, Bertin Eichler Handlanger behaupten – die »ka- Internet: www.igmetall.de/metall gegründet. Mit ihren Anschrift: metall-Redaktion Anzeigen: Patricia Schledz pitalgedeckte« Rente »so gut und Wilhelm-Leuschner-Straße 79 Telefon 061 51–81 27-0, kritischen Liedern 60329 Frankfurt am Main sicher« ist, warum haben dann al- Fax 0 61 51–893098 Telefon 069–66 93-2445, wollen sie die Zuhörer E-Mail: [email protected] le Politiker und politischen Beam- Fax 0 69–6693-80-2000 ten nicht schon vor Jahrzehnten E-Mail: [email protected] Vertrieb: Reinhold Weißmann ermutigen, sich zu Telefon 069–6693-2224, Redaktionsleiter: Werner Hoffmann eine solche Versicherung abge- Fax 0 69–6693-2538 wehren. Deshalb (verantwortlich im Sinne des E-Mail: [email protected] schlossen? Die Politiker reden Presserechts) treten die Söhne und metall erscheint monatlich (zehn laufend von mehr »Eigenverant- Chefin vom Dienst: Susanne Rohmund Mal im Jahr). Für Mitglieder der Töchter Mannheims wortung«, nehmen sie sich selbst Redaktion: Fritz Arndt, Martina Helme- IG Metall ist der Bezug im hiervon jedoch aus. Eine »neue rich, Sylvia Koppelberg, Fabienne Mel- Beitrag enthalten. auch immer öfters bei zer, Antonela Pelivan, Gabriele Prein Druck: apm AG, Streiks und Betriebs- soziale Marktwirtschaft« würde es Gestaltung: Gudrun Wichelhaus Darmstadt. nur dann geben, wenn alle Bun- Bildredaktion: Michael Schinke versammlungen auf. des-, Landespolitiker, politische Beamte oder unsere Wirtschafts- Für Sehbehinderte professoren in die Sozialkassen Angebot für sehbehinderte und blinde Mitglieder: metall gibt es als Word- oder pdf-Datei. Bestellung an: [email protected] einzahlen, weil nur dadurch eine

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Porträt

Alstom-Chor mit Liedermacher »Schlauch« (mit Gitarre): »Wir zeigen es allen«

men aus dem Herzen«, sagt Chormitglied Petra Haßlöcher. Die Metallerin ist Betriebs- ratsmitglied bei Daimler-Chrysler in Mann- heim und als Externe dazu gestoßen. Als der Chor beim Internationalen Frauentag für Schwung sorgen sollte, half sie beim Sound- Check aus und blieb dabei. »Mit der Musik schreien wir unsere Bedürfnisse raus«, emp- findet sie, »über den Chor werden wir viel besser gehört, das tut richtig gut.«

Lieder, die unter die Haut gehen Ende 2005, auf der Vertrauensleutekonfe- renz in Sprockhövel, sollen während eines Auftritts sogar Tränen geflossen sein. »Den Kolleginnen und Kollegen gingen unsere Lieder unter die Haut«, erinnert sich Chor- und Vertrauenskörperleitungsmitglied Horst Richter, der nebenbei noch im Gesangverein »Liederhalle Mannheim« mitsingt. »Wir wecken gewerkschaftliches Bewusstsein wieder auf.«

Foto: Reante Schildheuer Reante Foto: Beispielsweise, wenn die Manager mal wieder Monopoly spielen und Kollegen auf die Straße setzen wollen. »Das ist das Lied Zu Besuch bei vom Monopoly, das spielen die von der In- dustrie«, hat Köhler im berühmten Résis- tance-Lied getextet, »Unsre Chance – Résis- tance«. Vor einem Jahr, als bei AEG in Nürn- Söhne und auch die berg gestreikt worden ist, hat der Chor im Streikzelt Mut gemacht. Anschließend ist er rund ums Werk gezogen und hat die Streik- Töchter Mannheims posten aufgemuntert. »Mit Musik lässt sich vieles ausdrücken«, sagt Helmut Hoffmann. Der Akkordeon-Spieler ist Betriebsratsvorsit- ie Scheinwerfer sind grell, die geschafft, ihn wieder für die Musik der zender bei Bopp & Reuther und spielt auch Boxen links und rechts der Bühne Gewerkschafter zu begeistern. im Akkordeon-Orchester in Mannheim- D des Weinheimer Rolf-Engelbrecht- Jetzt begeistert der Alstom-Chor die Zu- Sandhofen. »Wir sprechen die Erfahrungen Haus gewaltig, der Saal proppevoll. Als der hörer. »Wer hat das Werk, in dem Du der Kollegen an. Was wir in unseren Texten Alstom-Chor aus Mannheim angekündigt schaffst, wohl aufgebaut«, hallt es durch den vortragen, hat jeder schon einmal erlebt.« wird, rauscht Beifall durch die Halle. Die Saal, »doch nicht der Boss, der jetzt so tut als »Zugabe«, brüllt das Publikum im Saal. Gruppe ist beliebt. Vorne, am Künstlertisch, sei’s sein Werk.« Schlauch, der Barde, führt Auf der Bühne fassen sich die Musiker an wuchtet Akkordeonspieler Helmut Hoff- mit seiner Konzert-Gitarre, stets den linken den Händen und stimmen ein aufmuntern- mann seine Quetsche über die Schulter, und Fuß auf einen Stuhl gestützt. Aber erst der des Abschiedslied an. »Wir fassen uns fest zusammen mit den anderen Musikern geht’s Schwung der Sängerinnen und Sänger lässt bei den Händen…uns ist nicht bang…wir rauf auf die Bühne ins Rampenlicht. den Funken auf die Zuhörer überspringen. wehren uns und zeigen es allen.« Der Da sind sie ja, die Söhne Mannheims – Der Saal kommt in Schwung. Applaus im Saal will gar nicht enden. Die und auch die Töchter. »Résistance, unsere Das wollen die Chormitglieder ja. »Wir Chormitglieder kennen das schon. Letztes Chance«, steht auf ihren blauen T-Shirts, und wollen unseren Widerstand mit Musik ver- Jahr bei der Solidaritätsveranstaltung im Saal so aufmunternd wie dieser Slogan aus dem binden«, erklärt Wolfgang Alles, Betriebs- des Mannheimer Capitol hat das Publikum Arbeitskampf bei Alstom vor mehr als drei rats- und Chormitglied, die Gruppen-Philo- genau so geklatscht, auch auf der Betriebs- Jahren sind auch ihre Liedtexte. Bernd Köh- sophie. »Wir wollen die Menschen ermuti- versammlung. Nur die Firmenchefs in der ler »Schlauch«, der Liedermacher aus den gen, sich zu wehren. Mit Musik ist es leich- ersten Reihe waren irritiert. »Die wussten 80er Jahren, ist dafür zuständig und kompo- ter erfolgreich zu sein.« nicht, wo sie hingucken sollen«, erinnert niert sie auch. Er hatte seine Karriere eigent- Vor allem, wenn sie so authentisch wie die sich Wolfgang Alles.7 lich hinter sich. Aber die Alstomer haben es des Alstom-Chores ist. »Unsere Lieder kom- Fritz Arndt

metall 4/2007 23 4_24_25_Elterngeld_apm.qxp:24_25_Ratgeber 21.03.2007 21:37 Uhr Seite 24

metall-Telefonaktion zum Thema Elterngeld Experten beantworten d

unterschiedlich geregelt (mehr Infos siehe Kas - ten). Eltern, die sich beim Standesamt die Ge- burtsurkunde ausstellen lassen, erhalten dort auch Infos, welche Behörde für sie zuständig ist. Der Antrag muss schriftlich gestellt werden. Neben der Geburtsbescheinigung müssen Nachweise zum Erwerbseinkommen, eine Be- scheinigung der Krankenkasse über das Mut- terschaftsgeld und eine Bescheinigung über den Arbeitgeberzuschuss zum Mutterschafts- geld vorgelegt werden.

Müssen sich Eltern schon bei Antragstellung auf die Bezugszeit festlegen? Bis auf zwei Monate können sie die Bezugszeit frei wählen. Gibt es zwei Elternteile, müssen beide den Antrag unterschreiben. Partner, die noch nicht genau wissen, wie lange sie in die Elterngeldzeit gehen wollen, müssen darauf achten im Antrag zu erklären, dass sie die ge- naue Zeitaufteilung später festlegen werden. Denn: Anträge, in denen Eltern sofort erklären, Fotos: Frank Rumpenhorst Frank Fotos: dass nur ein Teil Elterngeld beantragt, können Die Experten der Telefonaktion zum Elterngeld: »Wenn sich beide Eltern um das Kind kümmern verbleibt ein Plus für die ganze Familie« nachträglich nicht geändert werden.

Wie lange wird gezahlt? Paare können 14 Monate Elterngeld bekom- Seit Januar diesen Jahres gibt es Kann das Elterngeld auch während der Schwan- men. Voraussetzung: Der andere Elternteil das Elterngeld. Mütter und Väter gerschaft beantragt werden? muss mindestens zwei Monate das Kind betreu- haben noch viele Fragen. Am Nein, weil die Elterngeldstelle eine Geburtsur- en. Insgesamt kann ein Elternteil höchstens kunde des Kindes verlangt. Der Antrag muss zwölf Monate nehmen. Alleinerziehende be- 13. März standen unseren Lese- nicht sofort nach der Geburt gestellt werden. kommen 14 Monate. Paare und Alleinerziehen- rinnen und Lesern vier Experten Doch man sollte den Behördengang auch nicht de, die erwerbslos sind, bekommen zwölf Mo- Rede und Antwort. Hier noch- zu lange aufschieben – Grund: Eine rückwirken- nate Elterngeld. mals die häufigsten Fragen aus de Zahlung des Elterngelds wird nur für drei Monate vor Antragsdatum geleistet. Wie berechnet sich das Elterngeld? der metall-Telefonaktion. Grundlage ist das pauschalierte Nettoeinkom- Wie hoch fällt das Elterngeld aus, wenn jemand men der letzten zwölf Monate vor Geburt des vor Geburt kein Erwerbseinkommen hatte? Kindes oder vor Beginn des Mutterschutzes. Ob Dann gibt es das Mindestelterngeld von 300 Mama oder Papa: Wer das Kind betreut, be- Euro im Monat. Das betrifft zum Beispiel Haus- kommt 67 Prozent des ausbleibenden Nettoein- frauen, Studierende oder Arbeitslose. kommens ersetzt, maximal 1 800 Euro. Einmal- zahlungen, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld Wie hoch ist der Geschwisterbonus? werden nicht berücksichtigt. Weiterer Abzug: Voraussetzung ist, dass ein Geschwisterkind Die Werbungskostenpauschale von 920 Euro im Mehr zum Thema mit im Haushalt lebt, das unter drei Jahre alt ist. Jahr. Oder zwei oder mehr Kinder, die unter sechs 3www.elterngeld.net Jahre alt sind. Dann gibt es zehn Prozent vom Was bekommen so genannte Geringverdiener? Hier gibt es auch die Elterngeldstellen Elterngeld oder mindestens 75 Euro im Monat. Wenn vor der Geburt der durchschnittliche Ver- der einzelnen Bundesländer und die je- dienst geringer als 1000 Euro netto im Monat weiligen Antragsformulare. Wo und wie wird der Antrag gestellt? war, fließt statt der 67 Prozent ein wesentlich Das ist in den einzelnen Bundesländern sehr höherer Prozentsatz in die Berechnung ein.

2424 metall 4/2007 4_24_25_Elterngeld_apm.qxp:24_25_Ratgeber 21.03.2007 21:37 Uhr Seite 25

Ratgeber en die wichtigsten Fragen

Darf man während des Bezugs arbeiten? Sonstige Voraussetzungen? Ja, aber nicht mehr als 30 Stunden die Woche. Kinder müssen in diesem Jahr geboren worden Die Betreuungsperson bekommt dann 67 sein. Und die Arbeit muss unterbrochen oder Prozent des entfallenden Teileinkommens ge- auf 30 Stunden die Woche reduziert werden. zahlt. Julia Cuntz, Ist man während der Elternzeit beitragsfrei Funktionsbereich Wird das Elterngeld versteuert? krankenversichert? Frauen- und Nein, zählt aber trotzdem. Grund: Es wird zur Ja. Aber nur in der gesetzlichen Krankenversi- Gleichstellungs- Ermittlung des Steuersatzes herangezogen, cherung. Wer privat versichert ist, muss in die- politik beim dem so genannten Progressionsvorbehalt. ser Zeit Beiträge zahlen. Vorstand der Das kann unter Umständen bedeuten, dass IG Metall Eltern Steuern nachzahlen müssen. Wo gibt es weiteres Info-Material? Bei der IG Metall gibt es die Broschüre »Eltern- Gibt es Eltergeld plus Mutterschaftsgeld? geld – Neue Chancen für Väter und Mütter«. Nein. Weil das Mutterschaftsgeld verrechnet Mit glieder erhalten sie bei ihrer örtlich zustän- wird. Auch wenn für die Zeit des Mutterschut- digen Verwaltungsstelle. Auch das Familien - zes kein Elterngeld beantragt wird: Monate, minis terium bietet Broschüren und den Eltern- in denen Mutterschaftsgeld bezogen wird, geldrechner. Im Netz unter www.bmfsfj.de7 Tanja Keil, gelten immer als Bezugsmonate der Mutter. Antonela Pelivan Abteilung Lan- desamt für Versorgung und Soziales beim Anzeige Regierungspräsi- dium in Gießen

Wolfgang Konrad, Abteilung Landes- amt für Versorgung und Soziales beim Regierungspräsi - dium in Gießen

Hermann Oberhofer, Leiter des Ressorts Arbeitsrecht beim Vorstand der IG Metall

metall 4/2007 25 4_26_27_gute Arbeit_apm.qxp:26_27_Ratgeber 21.03.2007 21:30 Uhr Seite 26

Projekt »Gute Arbeit« Recht so § Arbeit menschlicher metall: Umgestürzte Bäume unterbrechen Ver- gestalten kehrsverbindungen, Straßen werden wegen Veran- staltungen gesperrt. Was muss ein Arbeitnehmer beachten, wenn er ohne eigenes Verschulden nicht Druck und Belas tung am Arbeitsplatz pünktlich bei der Arbeit sein kann? steigen immer mehr. Dagegen können Beschäftigte gemein sam mit ihrem Betriebsrat was tun.

Jurist Carsten Schuld vom Viele Beschäftigte wissen, dass sich auch an Behörden, etwa die DGB-Rechtsschutz sie ihre jetzige Arbeit nicht bis Gewerbeaufsicht wenden. beantwortet hier jeden zur Rente durchhalten. Das Erster Ansprechpartner ist je- Monat Fragen zeigt auch die IG Metall-Umfra- doch der Betriebsrat. Er kann ge zur geplanten Rente mit 67. mit dem Arbeitgeber Betriebs- Die IG Metall fordert, dass Be- vereinbarungen zu Gesund- schäftigte bis zur Rente – spätes- heitsschutz und Arbeitsorgani- Foto: Heike Rost Foto: Heike tens mit 65 Jahren – gesund sation – wie beispielsweise bleiben und gute Arbeit leisten Schichtmodelle oder Pausenre- Carsten Schuld: Wann immer ei- Naturkatastrophen ebenso wie können. Hierzu wurde unter gelungen – abschließen. ne Arbeitnehmerin oder ein Ar- Staus durch Demonstrationen. anderem vor zwei Jahren das Der Betriebsrat darf nach Pa- beitnehmer nicht oder nicht Die Lasten bei der Entgeltfort- Projekt »Gute Arbeit« gestartet. ragraf 80 des Betriebsverfas- rechtzeitig bei der Arbeit erschei- zahlung sind also zwischen Ar- Das Projekt entwickelt Lösun- sungsgesetzes sachkundige Be- nen kann, gilt: Er muss sofort den beitgeber und Arbeitnehmer gen zur humanen Gestaltung schäftigte als Auskunftsperso- Arbeitgeber informieren. geteilt. Es geht nicht um der Arbeit im Betrieb. nen hinzuziehen. Die Beschäf- Ist ein Beschäftigter verhindert Schuld, sondern um Abwägung Beschäftigte dürfen laut Pa- tigten wissen am besten, wel- zur Arbeit zu kommen, unter- der Risiken. ragraf 17 des Arbeitsschutzge- che Belastungen und Risiken es scheidet die Rechtsprechung Nun kann es in Fällen höhe- setzes Vorschläge zu den The- gibt – und was verbessert wer- grundsätzlich zwischen »subjek- rer Gewalt natürlich vorkom- men Sicherheit und Gesund- den muss. Eine menschlichere tiven« und »objektiven« Grün- men, dass ein Arbeitnehmer heitsschutz machen. Sie können Gestaltung der Arbeit funktio- den. Subjektive Gründe beste- seine Arbeit anbietet, der Ar- hen, wenn ein Arbeitnehmer beitgeber ihn aber nicht be- durch Ereignisse in seinem per- schäftigen kann, weil bei- Meldungen sönlichen Bereich wie Einbruch, spielsweise Sturmschäden den Brand oder einen eigenen Ver- Betrieb lahm gelegt haben. In Bücher kehrsunfall daran gehindert ist, diesen Fällen ist der Arbeitge- am Arbeitsplatz zu erscheinen. In ber grundsätzlich zur Zahlung Recht auf Arbeit diesen »subjektiven« Fällen be- der vereinbarten Vergütung Recht auf Faulheit steht trotz der Verhinderung ein verpflichtet. Anspruch auf Lohnfortzahlung. Viele Tarifverträge enthalten Sieben Tage rund um die Uhr erreichbar? Als objektive Gründe bezeich- übrigens Regelungen zur Ent- Die jahrelange Suche nach Arbeit? Platz für net man die, die eine Vielzahl von geltfortzahlung wenn der Be- Familie und Freizeit? Wohin steuert unser Ar- Arbeitnehmern gleichzeitig da- schäftigte verhindert ist, zur beitsleben? Ein Buch gibt Denkanstöße. von abhalten, ihre Arbeitsstätte Arbeit zu kommen.7 zu erreichen. In diesen Fällen Das Buch bietet einen Streifzug da lieber mit Wilhelm Lieb- liegt das Wegerisiko bei den Ar- quer durch die Arbeitswelt und die knecht: »Nicht um zu arbeiten beitnehmern. Sie haben dann 3Weitere Fragen rund um Welt der Arbeitslosen. leben wir, sondern wir arbei- keinen Anspruch auf Entgeltfort- den Rechtsschutz? Die Anregung dazu kam von Ex- ten, um zu leben.« zahlung. Auch dann nicht, wenn Die zuständige Bundeskanzler Schröder. »Es gibt 3Achten, Gerstenkorn, Menze die Störung nicht von ihnen Verwaltungsstelle der kein Recht auf Faulheit«, erklärte (Hg.): »Recht auf Arbeit – Recht selbst verursacht worden ist. Sol- IG Metall hilft weiter. er vor sechs Jahren in der »Bild«. auf Faulheit«. verdi b+b, 2007, che Gründe sind beispielsweise Die Autoren des Buchs halten es 39,80 Euro. 3www.verdi-bub.de

26 metall 4/2007 4_26_27_gute Arbeit_apm.qxp:26_27_Ratgeber 21.03.2007 21:30 Uhr Seite 27

Ratgeber

beitsplätzen untersucht und ge- handelt. »Beschäftigte mit Ein- schränkungen werden nun rück- sichtsvoll eingesetzt und über ein Eingliederungsprogramm geför- Volkswagen in dert«, erklärt Betriebsrat Walter Hannover geht Deterding. »In der langfristigen mit gutem Bei- Personalplanung sind alternsge- spiel voran: »In der langfristi - rechte Wechsel der Arbeit wäh- gen Personal- rend der Arbeitslaufbahn mit ent- planung sind sprechender Qualifizierung vor- alternsgerechte Wechsel der gesehen.« Arbeit während Nicht nur bei Volkswagen: In der Arbeitslauf- den von der IG Metall 2006 bahn vorge- durchgesetzten Qualifizierungs- Foto: picture-alliance / dpa Lübke picture-alliance Foto: sehen« Tarifverträgen ist die Beteiligung der Beschäftigten bei ihrer Quali- niert besser, wenn Kolleginnen gen im Gesundheitsschutz erzielt Projekte. Grundlage für eine al- fizierungsplanung sogar ver- und Kollegen beteiligt sind. Mit haben«, sagt Betriebsrätin Ma- ternsgerechte Arbeitsorganisa- bindlich vorgeschrieben. Jeder einer so genannten Gefähr- rion Bentin. »Doch oft geht das tion, Personal- und Qualifizie- kann nun aktiv die eigene Ar- dungsbeurteilung gemäß Para- Thema im betrieblichen Alltag rungsplanung ist eine Analyse der beitslaufbahn mitgestalten. graf 5 des Arbeitsschutzgesetzes unter. Wir arbeiten daran.« Altersstruktur im Betrieb. Informationen, Beispiele und werden alle Belastungen erfasst, Bei Volkswagen in Hannover Arbeitshilfen, darunter Fragebö- auch Belastungen psychischer Seit Jahren ein Thema beispielsweise hat man dabei gen und Software gibt es unter: Art, etwa durch den zunehmen- Im Streit um die Rente mit 67 auch die Risiken alters- und 3www.igmetall.de 3Themen den Arbeits- und Zeitdruck. werfen die Regierungsparteien krankheitsbedingter Einschrän- 3 Projekt »Gute Arbeit« Beim Sensortechnikhersteller der IG Metall vor, die Augen vor kungen an den verschiedenen Ar- Dirk Erb Sick in Waldkirch im Breisgau der Demografie zu verschließen. beispielsweise hat der Betriebsrat Arbeitsminister Franz Müntefe- eine Gefährdungsbeurteilung ring erteilte Nachhilfe: Die Ge- durchgesetzt. Diese Beurteilung werkschaften sollen jetzt etwas wird als ständiger Verbesserungs- für Gesundheitsschutz und al- prozess gemeinsam mit den Be- ternsgerechtes Arbeiten tun. schäftigten gestaltet. »Es gibt Be- Doch tatsächlich ist die Alterung reiche, wo Kolleginnen und Kol- von Gesellschaft und Belegschaf- legen sich als ›Kümmerer‹ aktiv ten seit Jahren Thema der Ge- einbringen und wir Verbesserun- werkschaften. Das zeigen viele

Hartz IV Wohngeldzuschuss für Azubis Seit Jahresbeginn können auch Wohnung wohnt, hat ebenso Schüler, Studenten und Auszu- einen Anspruch. Studierende bildende einen Zuschuss zu den erhalten den Zuschuss nur, so- Unterkunftskosten erhalten. lange sie im Elternhaus leben. Voraussetzung ist, dass Antrag- Die Koordinierungsstelle ge- steller Bafög, Berufsausbil- werkschaftlicher Arbeitslosen- dungsbeihilfe (Bab) oder Aus- gruppen (Kos) rät, kein Geld zu bildungsgeld von der Arbeits- verschenken und Anträge bei agentur erhalten. Zudem müs- den zuständigen Arbeitsge- sen tatsächlich Kosten für Mie- meinschaften vor Ort zu stel- te und Heizung anfallen. Das len. Info-Blatt der Kos unter: betrifft auch Azubis, die noch 3www.erwerbslos.de bei den Eltern wohnen und 3Rechtshilfen sich an den Kosten beteiligen 3ALG II müssen. Wer in einer eigenen Wohnkosten

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Rätsel

Monatsrätsel . . . Tabellen Kopf- Mensch in Staat Lösungswort Kreuzworträtsel schutz Kanton PC-An- Großstadt für Preise, der des und Partei schluss am Gebühren EDV-Spei- Schweiz östlichen tätige (Abk.) Rhein und Steuern cher (Abk.) Erdteils Frau 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Grundstück gespensti- Runddorf sche Er- afr. Stämme scheinung musik.: liedmäßig Das Lösungswort auf eine Postkarte schreiben arab. Fürs- 1 tentum 8 und bis 30. April 2007 senden an: liturg. Redaktion metall, Preisrätsel, 60146 Frankfurt ständig, Gewand andauernd 6 nicht locker Wieder- islam. Geset- Lösungswort aus Januar/Februar: Entgelttarifvertrag zeskundiger nordischer aufnahme folternde Name in den Qual wichtiges des Elchs Spielplan Titanerz zehn (engl.) Diesen Monat verlosen wir unter Zusätzlich verlosen wir Nadel- 9 baum den Einsendern der richtigen zwei IG Metall-Fußbälle Zeitungs- Euro Strick Lösung wieder Der Zusatzgewinn kommentar (Abk.) wohl plötzliches schme- 3 zu aktuel- alte amer. ckend einen IFA-Gutschein im Wert im Januar/Februar: len Themen Goldmünze 11 Anhalten von 50 Euro, anzurechnen bei Je ein IG Metall-Fußball Buchung eines IFA-Aufent- geht an: 5 halts (keine Barauszahlung). Dieter Oehlen, Duisburg gut (ital.) 3ein IG Metall-Taschenmesser Manfred Handke, Michelau schlank, 3eine IG Metall-Sicherheits- 12 knochig Teilnehmen können nur Mitglieder US-Pop- weste Gottheit Schuh- sängerin Dorf, der IG Metall, allerdings keine der macher- kleine Indianer pfriem ehemaliger Gemeinde als Extrapreis. hauptamtlich Beschäftigten. türk. Titel 10 Kriminalbe- olymp. Ko- hörde (Abk.) mitee (Abk.) Schluss Waldtier (engl.) 2 Hauptpreise: in der Art Art, Wesen von (frz.) Deutsche eth. Begriff 3 Bahn (Abk.) 13 Nutztiere Auto- der Land- Stadt in kenn- wirt- den Nie- zeichen schaft derlanden 4 von Trier Abk. f.: Bun- desrepublik Deutschland 7 713461

1. Preis: drei Tage für zwei Personen Drei-Monats-Rätsel . . . Teil 4 Lösungsspruch des Drei-Monats- im Doppelzimmer/HP im IFA-Ferien- Rätsels aus Teil 4 bis 6 auf park Rügen ***/Ostseebad Binz eine Postkarte schreiben und Wortschatz bis 30. Juni 2007 einsenden an: 1) Abaton 4) Kasside Redaktion metall, Preisrätsel, a) Tageszeit ...... UTE a) Segelbootart...... OMA 60146 Frankfurt 2. Preis: b) Parlamentarierin ...MAU b) Trinkgefäß...... RA Ein original c) Altarraum ...... WE c) Gedichtform...... IGE Sie müssen den Spruch aus drei auf - Steiff-Teddy d) Fußmatte ...... DIE d) charakt. Merkmal ..LUZI ein an der folgen den Heften eines »Petsy« Quartals lösen. Haben Sie den richti- 2) Emigrant 5) Routine gen Spruch heraus ge fun den, können a) Schlussresultat ...... PLU a) Süßigkeit ...... CHT Sie einen der drei Hauptpreise gewin- b) Kaufmann...... STA b) Praktikerfertigkeit .NWIL c) Absetzung ...... AUTO c) Kaminschwärze..DOCH nen. Und als Extra: eine ACE-Klubmit- d) Auswanderer...... NND d) Transportgerät ...... ESS gliedschaft für ein Jahr 3) Flora 6) Triangel im Wert von 56 Euro. a) Pflanzenwelt ...... UZE a) Volk in Europa ...... BRT b) Plastikhaut...... TRA b) drei Musizierende ...FRI c) Frauenkurzname ...ZUR c) runder Fleck ...... GRUE d) essbares Obst ...... NE d) Schlaginstrument ....LST

Kennen Sie die folgenden Wörter? Bei richtiger Lösung ergeben 3. Preis: die rechts stehenden Buchstaben den vierten Teil unseres Drei- ein IG Metall- Monats-Rätsels. Verbandkasten

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Mitgliederwerbung

Mitglieder werben mitglieder metall-Aktionen Mitglieder werben Mitglieder Preise im Rahmen der metall-Aktion Auch die Tarifrunde 2007 will die IG Metall wieder »Mitglieder werben Mitglieder« haben nutzen, um Mitglieder zu werben. gewonnen: Heinrich Gerhardt, Köln In keiner Zeit ist die Organisation so präsent wie (Sporttasche) in einer Tarifrunde. In den Tageszeitungen, im Willi Wolf, Königsbronn Fernsehen, auf dem Flugblatt im Betrieb – (Taschenmesser) überall ist zu lesen, was die IG Metall fordert. Ruhrfestspiele Es gibt keine bessere Gelegenheit, um Beschäf- tigten die Vorteile einer Mitgliedschaft vor Augen Je ein Ticket für »Cargo«, ein Stück des THEATRE DU CENTAURE aus Marseille – zu führen und Mitglieder zu werben. Denn im großen Zirkuszelt mit Pferden Nur gemeinsam sind wir stark. haben gewonnen: metall verlost unter den ersten fünf Metallerin- Udo Siewing, Hasbergen nen und Metallern, die seit 1. März ein Mitglied Peter Vitt, Siegen geworben haben fünf attraktive Preise. Siegfried Kunowsky, Berlin Sybille Lilje, Wolfsburg Die Antwort bitte bis 15. April 2007 senden an: Gisela Tripp, Dortmund Redaktion metall Volker Hinekldey, Wuppertal – Stichwort Mitglieder werben Mitglieder – Wilhelm-Leuschner-Straße 79 Die Preise werden den Kolleginnen und 60329 Frankfurt am Main Kollegen in den nächsten Tagen zuge- Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. sandt.

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Monatsökonom Löhne stützen den Aufschwung Heinz Bontrup über Arbeit, Einkommen und Konjunktur

ndlich ist er da, der lang ersehnte Aufschwung. Schon im vergangenen E Jahr kam es zu einem realen Wirt- schaftswachstum von 2,7 Prozent. Diese wirtschaftliche Wiederbelebung – nach fünf Jahren Stagnation – der SPD- und CDU/CSU-Regierung gutzuschreiben, wä- re allerdings ein Missverständnis. Es ist eher so, dass trotz der weiter betriebenen neoli- Mindestens den beralen Wirtschaftspolitik selbst die Große Verteilungsspiel - Koalition den Aufschwung nicht verhin- raum ausschöpfen, empfiehlt der dern konnte. Die derzeitige Wachstumsbe- Wissenschaftler

lebung basiert nach wie vor weitgehend auf Heinz Bontrup alliance/dpa Foto:picture einer gespaltenen Konjunktur. Neben den Umsatzsteuer-Vorzieheffek- ten bei der Nachfrage beruht das Wachstum wirtschaft um 1,4 Prozent zurückgegan- durch einen rückläufigen Wert zwischen 2007 auf einer gestiegenen Exportnachfra- gen. (2005 betrug der Reallohnverlust 2,3 1,5 und zwei Prozent andeutet, wird dabei ge, jetzt aber in Kombination mit deutlich Prozent.) Ohne eine nachhaltige Stärkung um so stärker ausfallen, wie die neoliberal höheren privaten Investitionen. Dabei ist des privaten Verbrauchs werden aber auch begründete Umverteilung von unten nach der Exportboom nicht neu. Er ist aber ge- die privaten Investitionen erneut einbre- oben beziehungsweise zu den Gewinnen fährlich. Macht er zum einen die deutsche chen. Unternehmen investieren eben nur anhält. Wirtschaft immer abhängiger von der Welt- dann, wenn sie langfristige Nachfrage - Nach der neoliberalen »G-I-B-Formel« konjunktur, die maßgeblich mit der von uns erwartungen haben. (Gewinn-Investition-Beschäftigung) sind nicht zu beeinflussenden Entwicklung des Die Schwäche der Binnenkonjunktur, die die Gewinne von heute die Investitionen US-Dollars und der Entwicklung der Rohöl- sich bereits in der Prognose für dieses Jahr von morgen und die Beschäftigung von preise zusammenhängt. Zum anderen führen permanente Leistungsbilanz-Über- schüsse zu zunehmenden internationalen Zur Person Ungleichgewichten und Konflikten. Zwar steigen 2007 auch die Investitio- Lebenslauf Sein Buch nen. Doch das ist noch lange kein Beleg für Heinz-J. Bontrup, Diplom- »Arbeit, Kapital und Staat« eine neue lang anhaltende Aufschwung- ökonom und Diplombe- In Zeiten der Globalisierung dynamik. Denn die Investitionen werden triebswirt, ist Professor an hat sich die Arbeit und die hauptsächlich getragen von notwendigen – der Fachhochschule Gel- Stellung der Beschäftigten während der Stagnation aufgestauten – Er- senkirchen. Er ist Mitverfas- im Unternehmen verändert. satz- und Modernisierungsinvestitionen. ser des jährlich erscheinen- Gleichzeitig wird das erwirt- den Memorandums der Ar- schaftete Sozialprodukt im- Inlandsnachfrage schwächelt beitsgruppe Alternative mer mehr zu Lasten der Der für die Binnenkonjunktur wichtigste Wirtschaftspolitik. Vor sei- Lohnabhängigen umver- Das Buch ist im und mit Abstand größte Faktor der gesamt- ner Berufung zum Hoch- teilt. Das analysiert Heinz August 2005 in wirtschaftlichen Nachfrage, der private Ver- schullehrer war er lange in Bontrup in seinem Buch dritter Auflage im Verlag Papyrossa brauch, hat sich demgegenüber nur sehr der Industrie tätig, unter und formuliert Alternativen erschienen. Es hat geringfügig nach oben bewegt. Das ist kein anderem als Arbeitsdirek- zur herrschenden Wirt- 424 Seiten und Wunder. Sind doch auch 2006 die realen tor in der Stahlindustrie. schaftspolitik. kostet 24,80 Euro. Nettolöhne und -gehälter in der Gesamt-

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SeiteDie gute der IdeenIdee

übermorgen. Würde diese Formel endlich durch kräftige Lohn- und Gehaltssteigerun- gen durchbrochen, könnte die bereits ein- gesetzte Verlangsamung des Wirtschafts- wachstums in einen länger andauernden Aufschwung gewendet werden. Dazu müss- te aber dringend der gesamtwirtschaftliche verteilungsneutrale Spielraum in den Tarif- runden ausgeschöpft werden. Das heißt, die Nominallöhne müssen entsprechend der Produktivitätsrate und der – von der Euro- päischen Zentralbank festgelegten – Zielin- flationsrate ansteigen. Somit wären gesamt- wirtschaftliche Lohn- und Gehaltssteige- rungen in der Größenordnung zwischen drei und vier Prozent geboten.

Einmalzahlungen falscher Weg Foto: Terre des Hommes / Rivera Hommes des Terre Foto: Ein solches Verteilungsergebnis ist aber vor Straßenkinder in Puebla: VW- und Audi-Beschäftigte auf der ganzen Welt spenden monatlich dem Hintergrund der in der Vergangenheit Restcents, um Projekte für Straßenkinder zu unterstützen erfolgten Umverteilung zu den Gewinnen nicht akzeptabel. (Diese Umverteilung hat Projekte für Straßenkinder übrigens nicht gemäß der G-I-B-Formel zu mehr Investitionen und Beschäftigung ge- führt, sondern allenfalls zu mehr prekären zukunft für ein paar cent Arbeitsverhältnissen.) Denn bei einer ver- teilungsneutralen Lohnpolitik ändert sich Mit 14 sah die Zukunft für Carlos düster aus. schnell ein Dauerbrenner. »Es war uns an dem heutigen Missverhältnis bei der Der Junge lebte auf der Straße und stahl bald klar, dass wir dauerhafte Spender Verteilung der gesellschaftlichen Vermö- Autos. Er konnte weder lesen noch schrei- brauchen, wenn die Projekte weiterlaufen gensbestände überhaupt nichts. ben. Sechs Jahre später trägt er die weiße sollten«, sagt Magdalena Brüning vom Es wäre dringend notwendig, eine Um- Arbeitsuniform eines Kochs und macht eine VW-Gesamtbetriebsrat. verteilungskomponente in den Tarifver- Ausbildung. Viele Klinken musste der Betriebsrat handlungen zu Gunsten der abhängig Be- Carlos hatte Glück. Als er mit 14 Jahren nicht putzen. Heute überweisen 70 Pro- schäftigten aufzunehmen und möglichst von der Polizei geschnappt wird, landet er zent der VW- und Audi-Beschäftigten ihre auch durchzusetzen. Dies könnte in Form im Juconi-Haus, eine Einrichtung für Restcents an die Aktion. Sie spenden den von Gewinnbeteiligungen erfolgen, die als Straßenkinder in der mexikanischen Me- Betrag, der jeden Monat auf ihrer Abrech- zusätzliches Einkommen oberhalb des neu- tropole Puebla. Hier leben 20 Jungen, die nung hinter dem Komma steht, also ma- tralen Lohnverteilungsspielraums an die ab- jahrelang nur eine Heimat kannten, die ximal 99 Cent pro Monat. Auch auf Weih- hängig Beschäftigten fließen. Abzulehnen Straßen ihrer Stadt. Das Juconi-Haus hilft nachtsfeiern sammeln Beschäftigte für die sind dagegen die von den Unternehmerver- ihnen, wieder Fuß zu fassen, die Schule Straßenkinder. Betriebsräte spenden ihre bänden geforderten Einmalzahlungen. Die- zu besuchen und einen Abschluss zu ma- Fahrtkostenerstattungen und Jubilare ihre se führen zu einer weiteren Umverteilung chen. Das Geld dafür kommt von VW- Boni. zu den Gewinnen. Schließlich sind Produk- und Audi-Beschäftigten. tivitätssteigerungen und Inflationsraten Vor neun Jahren startete der VW-Kon- Ein Blick hinter den Werkszaun auch keine Einmaleffekte. zernbetriebsrat die Aktion »Eine Stunde »Die Aktion ist richtig in den Köpfen un- für die Zukunft«. Der Jahrtausendwechsel serer Leute angekommen«, sagt Magdale- Lohnpolitik allein ist nicht genug stand bevor, und der Betriebsrat wollte ein na Brüning. Auch international. Von An- Nur Lohnpolitik reicht aber nicht aus, um Zeichen setzen. Ein Zeichen gegen Armut fang an dabei war etwa die VW-Beleg- den Aufschwung zu verstetigen und die und für die Zukunft vieler Kinder. Des- schaft in Sao Paulo, die jedes Jahr einen Massenarbeitslosigkeit abzubauen. Betreibt halb rief er die Belegschaft auf, zum Jahr- Stundenlohn für die Projekte sammelt. die Große Koalition weiter eine prozykli- tausendwechsel den Lohn einer Arbeits- Und in Mexiko spenden VW-Beschäftigte sche Ausgabenpolitik, unterstützt sie die stunde zu spenden. Mit dem Geld sollten regelmäßig einen Tageslohn. Konjunktur nicht durch mehr öffentliche Straßenkinder an den Standorten des Zwar wählte Terres des Hommes die Investitionen. Setzt sie außerdem den Sozi- Konzerns unterstützt werden. Als Partner Projekte aus. Der VW-Betriebsrat gab aber alabbau unvermindert fort und verwirklicht hatte der Konzernbetriebsrat die Hilfsor- die Orte vor. »Wir wollten dort helfen, wo die geplante Unternehmensteuerreform, ganisation Terres des Hommes ins Boot wir unsere Werke haben«, sagt Magdalena dann wird es nichts mit einer dauerhaften geholt. Sie suchte Projekte aus und leitete Brüning. »Wir haben ja gesehen, was Verbesserung der wirtschaftlichen Lage in die Spenden weiter. Doch aus dem Zei- außerhalb des Werkszauns läuft.«7 Deutschland.7 chen zum Jahrtausendwechsel wurde Fabienne Melzer

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Karikatur

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