Stenografisches Protokoll 131 I

18. Wahlperiode 1. Untersuchungsausschuss nach Artikel 44 des Grundgesetzes

Nur zur dienstlichen Verwendung

Stenografisches Protokoll der 131. Sitzung - endgültige Fassung* -

1. Untersuchungsausschuss Berlin, den 16. Februar 2017, 11.30 Uhr Paul-Löbe-Haus, Europasaal (4.900) 10557 Berlin, Konrad-Adenauer-Str. 1

Vorsitz: Prof. Dr. , MdB

Tagesordnung - Öffentliche Beweisaufnahme

Tagesordnungspunkt

Zeugenvernehmung Seite

- Bundeskanzlerin Dr. , MdB 4 (Beweisbeschluss Z-5)

______* Hinweis: Die Korrekturen der Zeugin Dr. Angela Merkel sind in das Protokoll eingearbeitet. (siehe Anlage 1).

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1. Untersuchungsausschuss

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Mitglieder des Ausschusses Ordentliche Mitglieder Stellvertretende Mitglieder CDU/CSU Lindholz, Andrea Marschall, Matern von Schipanski, Tankred Ostermann, Dr. Tim Sensburg, Dr. Patrick Wendt, Marian Warken, Nina SPD Flisek, Christian Zimmermann, Dr. Jens Mittag, Susanne Lischka, Burkhard DIE LINKE. Renner, Martina Hahn, Dr. André BÜNDNIS 90/DIE Notz, Dr. Konstantin von Ströbele, Hans-Christian GRÜNEN

Fraktionsmitarbeiter CDU/CSU Feser,Dr.Andreas Allers, Fried-Heye Bosnjak, Niko Fischer, Sebastian D. Glas, Dr. Vera Haun, Fabian Kordon, David Otto, Birgit Schneider, Bastian Schrot, Jacob Wehrl, Dr. Wolfgang Wimmer, Luzie SPD Ahlefeldt,Johannesvon Heyer, Christian Dähne, Dr. Harald Etzkorn, Irene Geiger, Nicolas Issel, Jana Linden, Alexander Weiß, Benjamin DIE LINKE. Halbroth, Anneke Martin, Stephan BÜNDNIS 90/DIE Kant, Martina GRÜNEN Leopold, Nils Piallat, Chris Pohl, Jörn Mellentin, Johanna Baumann, Sophie

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1. Untersuchungsausschuss

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Teilnehmer Bundesrat Bundeskanzleramt Brunst, Dr. Phillip Heinemann, Martin Jipp, Daniel Kämmerer, Marie Kutt, Dr. Mareike Lampe, Margit Metscher, Andreas Neist, Dennis Pachabeyan, Maria Wolff, Philipp Bundesministerium des Innern Brandt, Dr. Karsten Darge, Dr. Tobias Hofmann, Christian Kiehn, Eva Matthes, Thomas Weiss, Jochen Bundesministerium der Justiz und für Kirchner, Heino Verbraucherschutz Unterlöhner, Dr. Ulrike Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Krüger, Philipp-Lennart Scholl, Dr. Kirsten Bundesministerium für Verteidigung Theis, Björn Rauch Rüdiger Voigt, Björn Die Bundesbeauftragte für den Datenschutz und Kremer, Dr. Bernd die Informationsfreiheit Auswärtiges Amt Müller-Bernd, Kai Stephen Bundesamt für Sicherheit in der Hecheltjen, Dr. Martin Informationstechnik

Teilnehmer Bundesrat LV Bayern Luderschmid, Florian

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1. Untersuchungsausschuss

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(Beginn: 11.30 Uhr) Zunächst wird die Zeugin Dr. Angela Merkel öf- fentlich vernommen. Sollte sich eine nichtöffent- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Meine sehr liche Vernehmung daraus ergeben, sollte diese geehrten Damen und Herren! Ich eröffne die erforderlich sein, findet im Anschluss eine wei- 131. Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses. tere Vernehmung - dann nichtöffentlich, gegebe- nenfalls eingestuft - statt. Ich stelle fest: Die Öffentlichkeit ist hergestellt. Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Vernehmung der Zeugin Vertreter der Presse, ich darf Sie alle ganz herz- Dr. Angela Merkel lich begrüßen. Viele von Ihnen sind regelmäßig hier, der eine oder andere - das zeigt sich daran, Nochmals begrüßen darf ich herzlich Dr. Angela dass die Tribüne sehr gefüllt ist - heute aus be- Merkel. Ich stelle fest: Die Zeugin ist ordnungs- sonderem Anlass. Ich freue mich, dass Sie alle da gemäß geladen. Frau Dr. Merkel, Sie haben den sind und von diesem Untersuchungsausschuss Erhalt der Ladung am 13. Januar 2017 bestätigt. wieder gut und sachlich berichten werden. Herzlichen Dank, dass Sie meiner Ladung gefolgt sind und dem Ausschuss für diese Vernehmung Besonders begrüße ich an dieser Stelle auch heute zur Verfügung stehen. schon mal unsere heutige Zeugin, Frau Bundes- kanzlerin Dr. Angela Merkel. Herzlichen Dank, Ich habe Sie darauf hinzuweisen, dass die Bun- dass Sie heute bei uns sind. destagsverwaltung eine Tonbandaufnahme dieser Sitzung fertigt. Die Tonbandaufnahme dient aus- Bevor ich zum eigentlichen Gegenstand der heu- schließlich dem Zweck, die stenografische Auf- tigen Sitzung komme, gestatten Sie mir einige zeichnung zu erleichtern. Sie wird nach Erstel- Vorbemerkungen, die diejenigen, die regelmäßig lung des Protokolls auch wieder gelöscht. hier sind, schon kennen und auch bitte alle be- herzigen: Das Protokoll dieser Vernehmung wird Ihnen nach Fertigstellung zugestellt. Sie haben dann Ton- und Bildaufnahmen sind während der öf- 14 Tage Zeit, etwaige Korrekturen oder Ergän- fentlichen Beweisaufnahme nicht zulässig. Ein zungen vorzunehmen, falls dies notwendig sein Verstoß gegen dieses Gebot kann nach dem Haus- sollte. recht des Bundestages nicht nur zu einem dauernden Ausschluss von den Sitzungen dieses Frau Dr. Merkel, vor Ihrer Vernehmung habe ich Ausschusses sowie des ganzen Hauses führen, Sie zunächst zu belehren. Sie sind als Zeugin ge- sondern gegebenenfalls auch strafrechtliche Kon- laden worden. Als Zeugin sind Sie verpflichtet, sequenzen nach sich ziehen. die Wahrheit zu sagen. Ihre Aussagen müssen richtig und vollständig sein. Sie dürfen nichts Ich rufe den einzigen Punkt der Tagesordnung weglassen, was zur Sache gehört, und nichts hin- auf: zufügen, was der Wahrheit widerspricht.

Zeugenvernehmung Ich habe Sie außerdem auf die möglichen straf- rechtlichen Folgen eines Verstoßes gegen diese Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, MdB Wahrheitspflicht hinzuweisen. Wer vor dem Un- (Beweisbeschluss Z-5) tersuchungsausschuss uneidlich falsch aussagt, kann gemäß § 162 in Verbindung mit § 153 des Die Beweisbeschluss Z-5 stammt vom Strafgesetzbuches mit Freiheitsstrafen von drei 08.05.2014. Es wird Beweis erhoben zum Unter- Monaten bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe suchungsauftrag - Bundestagsdrucksachen bestraft werden. 18/843 und 18/8683 - durch Vernehmung der Zeugin Dr. Angela Merkel, Bundeskanzlerin.

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1. Untersuchungsausschuss

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Nach § 22 Absatz 2 des Untersuchungsausschuss- 17.07.1954. Und als Adresse möchte ich das Bun- gesetzes können Sie die Auskunft auf solche Fra- deskanzleramt, Willy-Brandt-Straße, angeben. gen verweigern, deren Beantwortung Sie selbst oder Angehörige im Sinne des § 52 Absatz 1 der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- Strafprozessordnung der Gefahr aussetzen würde, lichen Dank. - Zunächst möchte ich Ihnen, wenn einer Untersuchung nach einem gesetzlich geord- Sie dies wünschen, Gelegenheit für ein Eingangs- neten Verfahren ausgesetzt zu werden. Dies be- statement geben. Wünschen Sie dies? trifft neben Verfahren wegen einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit auch gegebenenfalls Diszi- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, dies wünsche ich, plinarverfahren, falls das in Betracht kommen und das würde ich sehr gerne tun. - Herr Vorsit- sollte. zender, liebe Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir zunächst eine Vorbemerkung: Da das Sollten Teile Ihrer Aussage aus Gründen des menschliche Erinnerungsvermögen nicht immer Schutzes von Dienst-, Privat- oder Geschäftsge- ganz zuverlässig ist, jedenfalls meines mit Blick heimnissen nur in einer nichtöffentlichen oder auf Vorgänge, die zum Teil fast vier Jahre zurück- eingestuften Sitzung möglich sein, bitte ich Sie liegen, da darüber hinaus manches, was Sie si- um einen Hinweis, damit der Ausschuss dann cher interessieren wird, dem sogenannten Arkan- einen Beschluss nach § 14 bzw. § 15 des Unter- bereich, also dem Kernbereich der exekutiven suchungsausschussgesetzes fassen kann und die Eigenverantwortung, unterliegt, den zu beachten Sitzung dann in nichtöffentlicher oder in einge- mir wichtig ist, da ich aber gleichzeitig natürlich stufter Form fortsetzen kann, sodass wir Ihnen auch dem Informationsbedürfnis dieses Untersu- dann die entsprechenden Fragen stellen kön- chungsausschusses nach bestem Wissen und Ge- nen. - Haben Sie hierzu Fragen? wissen nachkommen möchte, habe ich mir zur Vorbereitung auf die heutige Sitzung auch noch Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. einmal Vorlagen des Bundeskanzleramtes, die ich ab Juni 2013 zum Thema des Untersuchungs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. - Nach ausschusses erhalten habe, sowie öffentliche diesen notwendigen Vorbemerkungen darf ich Äußerungen von mir in Pressekonferenzen, Inter- Ihnen den geplanten Ablauf kurz darstellen. Ein- views und Reden angesehen. gangs habe ich Sie zur Person zu befragen. Zu Be- ginn der Vernehmung zur Sache haben Sie nach Dies vorausgeschickt, möchte ich Ihnen in einem § 24 Absatz 4 des Untersuchungsausschussgeset- kurzen Überblick, den ich chronologisch anlegen zes die Gelegenheit, zum Beweisthema im Zu- werde, schildern, wie ich die Dinge seit den ers- sammenhang vorzutragen, also ein sogenanntes ten Presseberichten im Juni 2013 zu den Enthül- Eingangsstatement abzugeben, bei dem Sie nicht lungen Edward Snowdens erlebt habe, was dabei durch Fragen der Abgeordneten unterbrochen mein Handeln bestimmt hat und was nicht, was werden. Danach werde ich Ihnen Fragen stellen, dabei in meinem Amtsverständnis zu meinen und anschließend erhalten die Mitglieder dieses Aufgaben als Bundeskanzlerin gehört und was Ausschusses die Gelegenheit, ihre Fragen zu stel- nicht. len. Dies geschieht nach dem Stärkeverhältnis der Fraktionen, immer eine Fraktion nach der an- Erstmals Kenntnis von Datensammlungsprogram- deren. men wie Prism und in diesem Zusammenhang vermuteten massenhaften, anlasslosen Ausspä- Ich darf Sie dann nun bitten, sich dem Ausschuss hungen durch die NSA habe ich über die Presse- zu Beginn mit Namen, Alter, Beruf und einer la- berichterstattung zu den Enthüllungen Edward dungsfähigen Anschrift vorzustellen. Snowdens Anfang Juni 2013 erhalten. Am 19. Juni 2013 habe ich dazu in einer gemeinsa- Zeugin Dr. Angela Merkel: Mein Name ist men Pressekonferenz mit dem amerikanischen Angela Dorothea Kasner. Ich bin geboren am Präsidenten Barack Obama aus Anlass seines

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1. Untersuchungsausschuss

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Besuches hier in Berlin ausweislich der stenogra- zu führen, erscheint mir hilfreich, um gleichsam fischen Mitschrift in meinen einführenden An- authentisch, also mit meinen Worten von damals, merkungen unter anderem gesagt, und ich deutlich zu machen, was mich seit Beginn der möchte zitieren: Berichterstattungen und daraus folgender Aufklä- rungsbemühungen geleitet hat und was mich im Wir Übrigen unverändert leitet: Das ist der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bei der Gewährleistung - also Barack Obama und ich - von Sicherheit im umfassenden Sinne - Sicher- heit vor Gefahren des Terrors wie auch Sicher- haben über Fragen des Internets heit beim Schutz der Privatsphäre. Immer gilt es gesprochen, die im Zusammen- stets aufs Neue, die richtige Balance von Freiheit hang mit dem Thema des PRISM- und Sicherheit zu finden, gerade auch angesichts Programms aufgekommen sind. immer neuer technischer Entwicklungen, mit de- Wir haben hier sehr ausführlich über die neuen Möglichkeiten und nen unser Rechtsrahmen nicht immer und schon die neuen Gefährdungen gespro- gar nicht immer sofort so Schritt halten kann, wie chen. Das Internet ist für uns alle wir es uns wünschen, sodass wir also tatsächlich Neuland, und es ermöglicht natür- Neuland betreten. lich auch Feinden und Gegnern unserer demokratischen Grund- In einer Vorlage vom 27. Juni 2013 wurde mir auf ordnung, mit völlig neuen Mög- meine Bitte um Information ein kurzer Überblick lichkeiten und völlig neuen über die zu dem Zeitpunkt verfügbaren Informa- Herangehensweisen unsere Art zu tionen zu den Programmen Prism und Tempora leben in Gefahr zu bringen. Des- halb schätzen wir die Zusammen- übermittelt. In der Vorlage wird deutlich ge- arbeit mit den Vereinigten Staaten macht, dass noch keine belastbaren Informatio- von Amerika in den Fragen der Si- nen vorlägen, dass deshalb auch noch keine ab- cherheit. schließenden Bewertungen möglich seien und dass das Bundesinnenministerium um weitere Ich habe aber auch deutlich ge- macht, dass natürlich bei allen Sachaufklärung bemüht sei. Notwendigkeiten von Informa- tionsgewinnung das Thema … Am 3. Juli 2013 erschien in der Süddeutschen Verhältnismäßigkeit immer ein Zeitung ein Interview, das ich der Zeitung und wichtiges Thema ist. Unsere frei- mit ihr kooperierenden weiteren europäischen heitlichen Grundordnungen leben Zeitungen aus Anlass eines in Berlin stattfinden- davon, dass Menschen sich sicher den runden Tisches zur Förderung der Jugend- fühlen können. Deshalb ist die beschäftigung in Europa gegeben hatte. Auf eine Frage der Balance, die Frage der abschließende Frage zum damals die öffentliche Verhältnismäßigkeit etwas, was wir weiter miteinander bespre- Debatte bestimmenden Thema NSA, warum ich chen werden und wozu wir einen die Überwachungsaktionen der USA und Groß- offenen Informationsaustausch britanniens kritisierte, wenn Deutschland in sei- zwischen unseren Mitarbeitern so- ner Sicherheit davon profitierte, habe ich unter wie auch zwischen den Mitarbei- anderem ausgeführt, dass ich wie die meisten tern des Innenministeriums aus Deutschen sehr gut wisse, dass uns ausländische Deutschland und den entspre- Dienste schon vielfach geholfen hätten, terroristi- chenden amerikanischen Stellen sche Anschläge in Deutschland zu verhindern, vereinbart haben. Ich denke, die- dass gleichwohl aber immer auch der Schutz der ser Dialog wird weitergehen. Privatsphäre zu beachten sei; Zitat Ende. ... denn Liebe Kolleginnen und Kollegen, sich die Aussa- - ich zitiere aus dem Interview -: gen von damals noch einmal präzise vor Augen

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1. Untersuchungsausschuss

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das Abhören von Freunden mit einnehmen würden. Ich habe deshalb zu Beginn Wanzen in unseren Botschaften der Pressekonferenz, schon in meinen einleiten- und EU-Vertretungen geht nicht. den Bemerkungen ausführlich zu diesem Thema Wir sind nicht mehr im Kalten Stellung genommen und in dem Zusammenhang Krieg. unter anderem acht Schlussfolgerungen erläutert, die Sie sicher alle kennen und die ich deshalb Zitat Ende. hier in diesem Eingangsstatement nicht alle im Einzelnen wiederholen werde. Sie reichten von Am selben Tag, also 3. Juli 2013, habe ich mit der Aufhebung alter Verwaltungsvereinbarungen dem amerikanischen Präsidenten Barack Obama zwischen der Bundesrepublik Deutschland und telefoniert. Hierüber hat das Bundespresseamt den Vereinigten Staaten von Amerika aus dem am folgenden Tag, also am 4. Juli 2013, in einer Jahre 1968 bis zur Stärkung des Vereins Deutsch- Pressemitteilung die Öffentlichkeit informiert. land sicher im Netz. Unter anderem hat der Regierungssprecher mit- geteilt, dass ich die Ankündigung von Präsident Genauso wichtig war mir damals, in dieser Pres- Obama begrüßt habe, dass die USA ihren Verbün- sekonferenz ausführlich darzulegen, wie ich deten Informationen über die Aktivitäten der meine Aufgabe und meine Verantwortung als NSA zur Verfügung stellen wollten. Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutsch- land wenige Wochen nach den ersten Presse- Am 4. Juli 2013 habe ich darüber hinaus im Rah- berichten zu den Enthüllungen Edward Snow- men einer Pressekonferenz anlässlich eines Zu- dens auch zu diesem Thema sehe und wahr- kunftsgesprächs der Bundesregierung mit Sozial- nehme. Das, was ich damals gesagt habe, ist mir partnern im Gästehaus der Bundesregierung in unverändert wichtig. Es leitet mich bis heute, Meseberg auf die Frage eines Journalisten zu mei- und ich erlaube mir deshalb, das - natürlich nur nem Telefonat mit Präsident Obama in Grundzü- ganz auszugsweise; es hatte sich ja um eine über gen persönlich Auskunft gegeben, nicht in Ein- einstündige Pressekonferenz gehandelt - hier zu zelheiten - das mache ich grundsätzlich nicht - , wiederholen. Ich zitiere ausweislich des steno- wohl aber in Grundzügen. Ich zitiere aus dem grafischen Berichts: stenografischen Bericht der Pressekonferenz: Wir können Ich habe … deutlich gemacht, dass zum Beispiel das Ausspähen von Einrichtungen innerhalb der Euro- - so habe ich am 19. Juli 2013 gesagt - päischen Union nicht dem ent- spricht, was uns als Freunde lei- jetzt fast täglich neue Berichte ten sollte. Wir sind … nicht mehr über Datenbanken, Programme, im Kalten Krieg. Systeme, Programmbezeichnun- gen, Klassifizierungen, Verbin- Zitat Ende. dungen und Unterscheidungen lesen und das ganz aktuell auch zu der Frage, ob das, was mit Einige Tage später, am 19. Juli 2013, habe ich, PRISM in Afghanistan beschrie- wie immer seit meinem Amtsantritt 2005, auf ben wird, identisch ist mit dem, Einladung der Bundespressekonferenz eine jähr- was uns hier seit Anfang Juni be- liche Sommerpressekonferenz abgehalten. Ich schäftigt, also der Frage, ob es eine mache sie entweder vor oder nach den Sommer- flächendeckende Datenüberwa- ferien. Alle innen- wie außenpolitischen Themen chung und Datenabschöpfung un- können zur Sprache kommen. Mir war klar, dass serer Bürgerinnen und Bürger hier alle Fragen, die seit den Presseberichten um die in Deutschland vonseiten des NSA gibt, und zwar eine Ab- Enthüllungen Edward Snowdens in der Öffent- schöpfung, die gegen deutsches lichkeit diskutiert worden waren, in der Sommer- Recht erfolgt und von der ich pressekonferenz des Jahres 2013 breiten Raum

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1. Untersuchungsausschuss

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durch die Presseberichte Kenntnis nisch machbar ist, darf auch ge- genommen habe. macht werden. Es muss immer die Frage der Verhältnismäßigkeit be- Mir ist es völlig unmöglich, hier antwortet werden, also: In wel- eine Analyse von PRISM vorzu- chem Verhältnis zur Gefahr stehen nehmen, also was PRISM nun ist, die Mittel, die wir wählen, auch Software, System, Datenbank, Pro- und gerade mit Blick auf die Wah- gramm, Ober- oder Untermenge rung der Grundrechte in unserem und was auch immer dazu denk- Grundgesetz? … bar ist. Das ist ja jetzt auch gerade Gegenstand der Aufklärung. … Um es noch einmal ganz klar und unmissverständlich zu sagen: Auf Als Bundeskanzlerin der Bundes- deutschem Boden hat man sich an republik Deutschland habe ich da- deutsches Recht zu halten. Bei bei eine übergeordnete politische uns in Deutschland und in Europa Aufgabe. Ich trage zusammen mit gilt nicht das Recht des Stärkeren, der ganzen Bundesregierung Ver- sondern die Stärke des Rechts. antwortung für zwei große Werte: Das erwarte ich von jedem. Wenn für Freiheit und Sicherheit, kon- das irgendwo nicht oder noch kret für den Schutz der Bürger vor nicht überall der Fall sein sollte, Anschlägen und vor Kriminalität dann muss es für die Zukunft si- wie auch für den Schutz der Bür- chergestellt werden. ger vor Angriffen auf ihre Privat- sphäre. Beide Werte, Freiheit und Sicherheit, stehen in einem gewis- Zitat Ende. sen Konflikt miteinander, und zwar seit jeher. Sie müssen durch In einer Vorlage vom 7. August 2013 zum Recht und Gesetz immer wieder in Thema - ich zitiere - „Agreement zwischen den der Balance gehalten werden. Nachrichtendiensten über die Abgrenzung der Das führt mich zu dem Kern des- beidseitigen Interessen“ berichtet mir der Abtei- sen, worum es bei all den Berich- lungsleiter 6 des Bundeskanzleramtes von Ergeb- ten über Datensammlungen zu ge- nissen einer Reise von Vertretern des Bundes- hen hat: Gilt auf deutschem Boden innenministeriums, Staatssekretär Fritsche, des deutsches Recht? Gilt auf europäi- Bundeskanzleramts, Herr Heiß - der Abteilungs- schem Boden europäisches Recht? leiter 6 -, des Präsidenten des Bundesverfas- … sungsschutzes, Herr Maaßen, des Präsidenten des Der amerikanische Präsident BND, Herr Schindler, in Washington am Obama hat vor einigen Tagen ge- 5. August 2013 und den dortigen Gesprächen mit sagt, hundert Prozent Sicherheit, dem Direktor der NSA, General Alexander, und hundert Prozent Privatsphäre, null dem Direktor der National Intelligence, General Unannehmlichkeit, das sei nicht Clapper, Weißes Haus. In dieser Vorlage erläutert zu haben. Das stimmt. Wir alle Herr Heiß unter anderem, dass der NSA-Chef be- wissen, dass hierbei immer be- reit gewesen sei - ich zitiere aus der Vorlage -: dacht werden muss, wie furchtbar, wie einschneidend die Anschläge des 11. September 2001 für Ame- ... eine Zusicherung abzugeben, rika waren, sind und bleiben - dass auf deutschem Boden jeder- übrigens nicht nur für Amerika. zeit deutsches Recht respektiert Diese Anschläge galten der ganzen werde und keine gegenseitige freien Welt, und nicht umsonst Spionage stattfinde, möchte inso- wurde damals der Bündnisfall der weit aber eine beidseitige Erklä- Nato ausgerufen. Aber … auch rung erzielen. Hier käme ein dann gilt: Der Zweck heiligt nicht „Agreement“ in Frage, in dem die Mittel. Nicht alles, was tech- beide Seiten (Dienste)

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 8 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

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- also die Dienste - Am 23. Oktober 2013 habe ich mit dem amerika- nischen Präsidenten Barack Obama zu diesem entsprechende Zusicherungen ma- Thema telefoniert. In einer Pressemitteilung des- chen. Über das „Ob“ müsse aller- selben Tages teilte der Regierungssprecher zu dings die Politik entscheiden. diesem Telefonat unter anderem mit, dass ich solche Praktiken, sollten sich die Hinweise be- Zitat Ende. wahrheiten, missbilligte und als völlig inakzep- tabel ansähe. Im Übrigen hätte ich die Erwartung In der folgenden Bewertung begrüßt Herr Heiß geäußert, dass die amerikanischen Behörden zum den Vorschlag für ein gegenseitiges Abkommen. Gesamtumfang möglicher Abhörpraktiken die Er führt darüber hinaus aus, dass es hilfreich sein Fragen beantworten, die die Bundesregierung be- könnte, wenn ich mit Präsident Obama insbeson- reits vor Monaten gestellt habe, sowie für die Zu- dere zu dem - Zitat - „ins Auge gefassten Agree- kunft eine klare vertragliche Grundlage über die ment“ - Zitat Ende - vor einer von ihm, wie die Tätigkeit der Dienste und ihre Zusammenarbeit. amerikanischen Gesprächspartner erläutert hät- ten, für den Freitag der besagten Woche - das war Ich persönlich habe am folgenden Tag, dem der 9. August 2013 - geplanten Rede telefonieren 24. Oktober 2013, vor der Sitzung des Europäi- könnte. Ich habe von einem solchen Telefonat schen Rates im sogenannten Doorstep Statement, auf höchster Ebene abgesehen. Es will ganz also den üblichen Statements vor den Ratssitzun- grundsätzlich sehr gut überlegt sein, wann und gen beim Hineingehen, unter anderem gesagt - über welche konkreten Anliegen jeweils auf der ich zitiere -: Ebene der Staats- und Regierungschefs gespro- chen wird und wann nicht oder gegebenenfalls Ich habe, seitdem wir über die auch noch nicht, zumal dann, wenn es wie im NSA sprechen, auch immer wie- vorliegenden Fall eine grundsätzliche Bereit- der gegenüber dem amerikani- schaft zu Gesprächen über ein Agreement zwi- schen Präsidenten deutlich ge- schen den Nachrichtendiensten auf Arbeitsebene macht: Ausspähen unter Freun- gegeben hatte. den, das geht gar nicht - das habe ich im Juni, als er in Berlin war, gesagt, auch im Juli und gestern in Mit dieser Vorlage wird Bezug genommen auf das einem Telefonat -, und zwar aus Thema, das mit dem in der Öffentlichkeit be- dem Interesse für die Bürgerinnen kannten Begriff eines sogenannten No-Spy-Ab- und Bürger in Deutschland. kommens verbunden wird, mit dem der frühere Kanzleramtsminister im An- Da geht es nicht vordergründig um mich, sondern da geht es vor allen schluss an eine Sitzung des PKGr am 12. August Dingen um alle Bürgerinnen und 2013 vom Angebot der US-Seite zum Abschluss Bürger. eines solchen Abkommens die Öffentlichkeit in- formiert hatte. Zitat Ende.

Mitte Oktober 2013 - genauer: am 17. Oktober Dieser Punkt ist mir sehr wichtig. Natürlich - das 2013 - teilte mir der Regierungssprecher mit, dass ist ja auch nachvollziehbar und verständlich - hat ihm von Journalisten des Nachrichtenmagazins die Tatsache, dass ein Mobiltelefon der Bundes- Der Spiegel die Ablichtung eines Papiers gezeigt kanzlerin plötzlich im Mittelpunkt der Debatte und gegeben worden sei, aus dem nach Annahme stand, besondere Aufmerksamkeit erfahren. Für der Journalisten hervorgehen könne, dass ein Mo- mich persönlich war das aber gar nicht die zen- biltelefon von mir möglicherweise durch ameri- trale Frage, zumal mir alle Kommunikationsfor- kanische Dienste überwacht werde. Ich habe da- men von offen bis kryptiert zur Verfügung stehen raufhin gebeten, den Sachverhalt an die Fach- und ich mein Kommunikationsverhalten stets ebene des Bundeskanzleramts zur Prüfung und dem Kommunikationsinhalt angemessen ausrich- Sachaufklärung weiterzugeben. ten kann und das auch tue. Für mich persönlich

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 9 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung standen und stehen vielmehr die Interessen aller dass neben den Verhandlungen Bürgerinnen und Bürger im Mittelpunkt meiner auf Ebene der Nachrichtendienste Überlegungen, die es zu vertreten und zu schüt- auch - möglicherweise in einem zen gilt, und zwar in der stets aufs Neue vorzu- späteren Stadium - die Verhand- lungen auf politischer Ebene fort- nehmenden Abwägung zwischen Freiheit und Si- gesetzt werden müssten. Dies gelte cherheit, zwischen dem Schutz der Bürger vor insbesondere mit Blick auf den be- Anschlägen auf Leib und Leben und dem Schutz vorstehenden Besuch der BK’n der Bürger vor Angriffen auf ihre Privatsphäre. - Bundeskanzlerin - In einer Vorlage vom 14. Januar 2014 wird mir der „Stand der Verhandlungen mit den USA“ zu bei Präs. Obama. der, wie es im Betreff heißt, „Vereinbarung zwi- schen BND und NSA sowie zu einer politischen Zitat Ende. Erklärung“ geschildert, also zu dem Thema, das als sogenanntes No-Spy-Abkommen bekannt ist. Auf dieser Grundlage habe ich auch in meiner Staatssekretär Fritsche wies auf dieser Vorlage ersten Regierungserklärung zu Beginn der neuen auf ein bevorstehendes Telefonat durch ihn mit Legislaturperiode am 29. Januar 2014 im Deut- der stellvertretenden Sicherheitsberaterin für schen Bundestag zu diesem Thema gesprochen Terrorismus, Lisa Monaco, hin. und unter anderem ausgeführt - ich zitiere aus dem Stenografischen Bericht des Deutschen Bun- Hierzu wurde mir in einer Vorlage vom nächsten destages -: Tag, also vom 15. Januar 2014, und einem als Anlage beigefügten Ergebnisvermerk zum Tele- Die Vorstellungen sind heute weit fonat von Staatssekretär Fritsche mit Frau Mo- auseinander. Viele sagen, die Ver- naco berichtet. Unter anderem hieß es darin - ich suche für eine solche Vereinba- zitiere -: rung seien von vornherein zum Scheitern verurteilt, ein unrealisti- sches Unterfangen. Mag sein. Mit Frau Monaco unterstrich, dass Sicherheit wird das Problem nicht kurzfristig ... aus US-Sicht keine schon durch eine Reise von mir Einigung auf politischer Ebene gelöst und abgeschlossen sein. möglich sei. Gleichzeitig betonte sie, dass die Verhandlungen auf … Ebene der Nachrichtendienste fortgesetzt werden müssten. Im Ich führe - und das mit … Nach- Lichte der Ergebnisse dieser Ver- druck - diese Gespräche mit der handlungen könne dann später ge- Kraft unserer Argumente, nicht prüft werden, inwieweit sich da- mehr und nicht weniger. Aber ich raus ausreichende Substanz für glaube, wir haben davon gute. Gespräche auf politischer Ebene ergebe. Zitat Ende. StF Unsere guten Argumente haben dennoch, wie wir wissen, nicht so überzeugt, dass ich Ihnen heute - Staatssekretär Fritsche - von einem erfolgreichen Abschluss der Verhand- lungen zu einem sogenannten No-Spy-Abkom- stimmte zu, dass noch vor der Rede des US-Präsidenten eine men berichten könnte, also zu einer Vereinba- Einigung auf politischer Ebene rung zur zukünftigen Zusammenarbeit der Nach- nicht möglich sei. Gleichzeitig richtendienste. Davon informierte der Regie- betonte StF, rungssprecher im Rahmen seiner Regierungs-

- Staatssekretär Fritsche -

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Nur zur dienstlichen Verwendung pressekonferenz am 30. April 2014 - das war un- die Terrorismusbekämpfung, an mittelbar vor meinem Besuch in Washington - das, was jetzt mit „Isis“ im Irak auch die Öffentlichkeit. passiert, an Afghanistan und an so viele andere Dinge denke, dann sollten wir uns auf das Wesent- Am 3. Juli 2014 wurde ich vom Chef des Bundes- liche konzentrieren. kanzleramtes, , davon informiert, dass der Generalbundesanwalt ein Ermittlungs- Zitat Ende. verfahren gegen einen Mitarbeiter des BND we- gen des Verdachts der nachrichtendienstlichen Und wenn ich heute ergänzen darf: Das Wesent- Agententätigkeit eingeleitet hat. Mit einer Presse- liche ist für mich nicht eine möglichst breite mitteilung des Bundespresseamts vom 10. Juli Überwachung von Verbündeten und ihren Insti- 2014 teilte der Regierungssprecher unter ande- tutionen - das ist eine Vergeudung von Kraft und rem mit, dass der Repräsentant der US-Nachrich- Energie -, sondern zum Beispiel eine Überwa- tendienste an der US-Botschaft aufgefordert wor- chung im Zusammenhang mit IS und anderen den sei, Deutschland zu verlassen. Weiter wird in furchtbaren Bedrohungen unserer Art zu leben. der Pressemitteilung ausgeführt, dass diese Auf- forderung vor dem Hintergrund der laufenden Er- Einige, man kann sagen: etliche Monate später, mittlungen des Generalbundesanwalts wie auch im März 2015, wurde ich vom Chef des Bundes- der Fragen zur Tätigkeit von US-Nachrichten- kanzleramts davon informiert, dass er wiederum diensten in Deutschland ergangen sei. von Staatssekretär Fritsche davon unterrichtet worden sei, dass bislang unbekannte NSA-Se- Im ZDF-Sommerinterview am 13. Juli 2014 ant- lektoren auch vom BND gesteuert worden seien. wortete ich auf die Frage, wie ich reagiert hätte Der Kanzleramtsminister drängte auf umfassende und ob ich verärgert gewesen sei, als ich gehört Aufklärung. Am 22. April 2015 konnte er dem hätte, dass die CIA möglicherweise einen Spion PKGr einen ersten Bericht erstatten. im Bundesnachrichtendienst gehabt habe, unter anderem so - ich zitiere aus der stenografischen Einen Tag später, am 23. April 2015, erklärte der Mitschrift des Interviews -: Regierungssprecher in einer Mitteilung des Bun- despresseamtes, dass das Bundeskanzleramt zu Ach da geht es nicht um verärgert, dem an dem Tag in Presseveröffentlichungen the- sondern es ist für mich noch ein- mal ein Beleg, dass wir über die matisierten Vorgang mit dem Bundesnachrich- Arbeit der Nachrichtendienste tendienst seit mehreren Wochen in Kontakt ge- grundsätzlich unterschiedliche standen habe und diesen angewiesen habe, den Vorstellungen haben. komplexen Sachverhalt vollständig aufzuklären. Im Rahmen seiner Dienst- und Fachaufsicht habe Ich glaube, dass Nachrichten- dienste im 21. Jahrhundert sich das Bundeskanzleramt technische und organisa- auf die wichtigen Sachen konzen- torische Defizite beim BND identifiziert und un- trieren sollten. Und wir arbeiten verzüglich Weisung erteilt, diese zu beheben. mit den Amerikanern sehr eng zu- Nach wie vor gebe es keine Hinweise auf eine sammen. Ich möchte auch, dass massenhafte Ausspähung deutscher und europäi- das fortgesetzt werden kann, denn scher Staatsbürger. Deutschland profitiert natürlich von dieser Zusammenarbeit, auch Da bezüglich der Selektoren der NSA die soge- was Terrorismusbekämpfung und nannte Third Party Rule gilt, die eine Herausgabe andere Dinge anbelangt. der Selektoren ohne ausdrückliche Zustimmung Aber wir leben nicht mehr im Kal- der USA unmöglich macht, wurden umfangrei- ten Krieg …, sondern wir sind che Konsultationen mit den USA durchgeführt. heute ganz anderen Bedrohungen Die USA stimmten einer Herausgabe der Selek- ausgesetzt, asymmetrischen Be- toren an den Untersuchungsausschuss nicht zu. drohungen. Und wenn ich da an

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Deshalb wurde in Abstimmung mit dem Unter- wichtig und bestimmen mein Handeln. - Ich suchungsausschuss Dr. Kurt Graulich durch Ka- danke für Ihre Aufmerksamkeit. binettentscheidung am 8. Juli 2015 als unabhän- gige sachverständige Vertrauensperson zur Unter- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- suchung der NSA-Selektoren bestimmt. Er über- lichen Dank, Frau Bundeskanzlerin. - Sie haben mittelte seinen Bericht dem Untersuchungsaus- mit Ihrem Eingangsstatement ja im Grunde den schuss am 29. Oktober 2015. ganzen Untersuchungszeitraum abgedeckt. Trotz- dem hätte ich noch einige Fragen; das werden Sie Anfang Oktober 2015 unterrichtete mich der verstehen. Kanzleramtsminister über den Sachverhalt, dass der BND auch eigene, bis dahin nicht bekannte Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Selektoren gesteuert habe. Das PKGr wurde da- von unterrichtet. Zur Untersuchung dieses Sach- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mich würde verhalts richtete das PKGr eine Taskforce ein. interessieren: Als im Jahre 2013, im Sommer, die Enthüllungen von Edward Snowden begannen, ja Herr Vorsitzender, liebe Kolleginnen und Kolle- auch in die Presse gingen, wir überall wahrnah- gen, ich möchte mit Auszügen aus einem Inter- men „Breaking News“ - das ließ sich ja kaum view von mir mit der Süddeutschen Zeitung am übersehen -, welchen Eindruck hatten Sie just in 30. Mai 2015, also wenige Wochen nachdem die dem Moment? Es war ein aufreibender Sommer Entwicklungen zu den vom BND gesteuerten 2013 mit vielen Themen, und dann kommt so NSA-Selektoren ans Tageslicht gekommen wa- etwas. Sagt man da: „Das jetzt auch noch“, oder ren, schließen. Ich zitiere kurz zusammengefasst wie ist dann so ein erstes Gefühl, wenn so eine aus meinen Antworten auf mehrere Fragen dieses Breaking News über einen hereinbricht? Interviews: Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, ich glaube, ich Ich bin zutiefst davon überzeugt, verfüge über genügend Erfahrung, dass mir klar dass wir im Interesse der Sicher- war, dass das ein bedeutsamer Sachverhalt ist, heit unserer Bürger die nachrich- der die Bundesregierung auch für eine bestimmte tendienstliche Zusammenarbeit Zeit beschäftigen wird. Das war von Anfang an mit den Vereinigten Staaten von klar. Ich habe mich ein bisschen - wenn Sie Amerika wie auch mit den euro- päischen Partnern brauchen. ... schon nach Gefühlen fragen, was ja, ich sage mal, Ich bin überzeugt, dass nachrich- nicht der zentrale Gegenstand des Untersu- tendienstliche Tätigkeit jedem von chungsausschusses ist - auch da gefühlt wie zu uns Sicherheit und Schutz gibt. der Zeit, als wir über die Spenden der CDU ge- Ich habe im Juli 2013 gesagt, dass sprochen haben, wo man immer alles über die der Zweck nicht die Mittel heiligt. Zeitung erfahren hatte und keine eigene Sachver- Das steht hinter meinem Satz, haltsdarstellung - - Das heißt, man war immer dass das Abhören von Freunden wieder von den Presseerklärungen abhängig. Das nicht geht. Das gilt unverändert. ... ist dann natürlich für jemanden, der Verantwor- Mein politischer Satz beschreibt ganz offensichtlich einen an- tung trägt innerhalb der Bundesregierung, so, spruchsvollen Grundsatz, den- dass für mich die Aufgabe bestand, alle, die zur noch halte ich ihn für wichtig. Aufklärung beitragen könnten, zu bitten - und das hat dann vor allen Dingen der Chef des Kanz- Diese Gedanken, diese Sätze haben auch bezogen leramtes, der ja für diese Fragen auch zuständig auf den gesamten Komplex, der im Oktober be- ist, getan -, dass möglichst schnell Aufklärung kannt gewordenen Steuerung eigener Selektoren herbeigeschafft wird. des BND ihre Gültigkeit. Sie waren und sind mir bezogen auf das gesamte Thema, das mit den ers- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Bei vielen ten Presseberichten Anfang 2013 bekannt wurde, von den Nachrichten, die ja in der Zeit erschie- nen, da musste man fragen: Stimmt das? Kann

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung das sein? - Ich erinnere mich an die Nachricht Mittel, und wir sind Partner in einem gemein- mit 580 Millionen Daten von Deutschen, die aus- samen Kampf, aber nicht Staaten, die sich gegen- gespäht wurden, was sich ja im Nachhinein so seitig ausspähen. als nicht richtig herausgestellt hat. Aber wie war die Situation? Sie sagten, der Chef des Kanzler- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt sind wir amtes war da in der Verantwortung, das zu ma- schon bei dem Satz im Grunde „Ausspähen unter chen. Was hat er denn 2013 veranlasst, damals Freunden, das geht gar nicht.“ Jetzt wird auf der Ronald Pofalla? einen Seite gesagt: „Mensch, wie kann man so einen Satz sagen, wenn der Bundesnachrichten- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe Ihnen ja ge- dienst doch auch zum Beispiel Ziele in der EU sagt: Die erste Vorlage, die mich erreicht hat, die auf dem Schirm hat oder NATO-Partner?“? Auf brachte dann eben zu den immer wieder genann- der anderen Seite ist bei den Zeugenvernehmun- ten Worten Prism und Tempora keine vernünf- gen deutlich geworden, dass gerade der Satz im tige Aufklärung. Das hat dann bei mir auch rela- BND die Unterabteilung oder Abteilung TA erst tiv schnell - ich habe ja über meine Pressekonfe- mal aufgerüttelt hat und man nachgedacht hat: renz am 19. Juli berichtet - dazu geführt, dass ich Mensch, machen wir nicht auch das eine oder mir vor Augen geführt habe: „Was ist meine Auf- andere, was wir bei sogenannten NSA-Selektoren gabe in dem Zusammenhang, und was sind Auf- kritisieren? gaben, die von den Fachexperten zu leisten sind?“? Deshalb habe ich in dieser Pressekonfe- Sie haben es in Ihrem Eingangsstatement gesagt renz am 19. Juli 2013 bereits gesagt, dass ich und gerade auch noch mal. Aber vielleicht noch nicht die Absicht habe, jetzt mich in die Tiefen etwas deutlicher: Was haben Sie mit dem Satz und Untiefen von Prism und anderen Program- bezweckt? Der schien mir ja nicht völlig spontan men zu versteifen, sondern dass ich meinen poli- gehalten zu sein, sondern da bezweckten Sie tischen Auftrag im Auge haben muss: Geht es doch etwas mit, oder nicht? hier um eine massenhafte Ausspähung von Bür- gerinnen und Bürgern? Was wird getan? Zeugin Dr. Angela Merkel: Der hat meine - - Also, er hat meine Überzeugung wiedergegeben, Ich habe ja von Anfang an - deshalb auch schon die ich davon habe, was Nachrichtendienste tun am 3. und 4. Juli - immer wieder gesagt, was sollten und was sie nicht tun sollten. Insofern mein Maßstab war, und mein Maßstab war, dass war er spontan, aber auch auf einem bestimmten unter Freunden das Ausspähen nicht geht, und Wertefundament gesagt. Da habe ich nicht lange wenn es stattfindet, wie sich ja dann im weiteren nachgedacht. Ich habe ja auch nichts gewusst, Verlauf dargestellt hat, dass dann eingeschritten wissen können oder überhaupt mich jemals da- werden muss. Eine Folge - sehr viel später; den mit beschäftigt, was dort gemacht werden könnte. Zeitpunkt kann ich jetzt nicht ganz genau sagen -, Wenn dieser Satz im BND, wie Sie jetzt sagen, war ja dann auch, nachdem da der Agent oder zum Nachdenken geführt haben sollte, dann war nachrichtendienstliche Agent - er noch richtiger platziert, als er sowieso platziert war. Er erschien mir damals eher als eine Trivia- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Markus R. lität aus deutscher Perspektive.

Zeugin Dr. Angela Merkel: - der USA im BND Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich hätte mir war, - natürlich gewünscht, dass schon der Kanzler- amtsminister und seine Weisungen deutlicher Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Markus R. zum Nachdenken im BND geführt hätten als die Aussage der Kanzlerin. Zeugin Dr. Angela Merkel: - dass wir gesagt ha- ben: 360-Grad-Blick auch von deutscher Seite, Zeugin Dr. Angela Merkel: Die war ja schon am also die klare Umsetzung dieser Grundsätze: Ver- 3. Juli. Also, das war ja relativ früh. hältnismäßigkeit, der Zweck heiligt nicht die

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1. Untersuchungsausschuss

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. Nation abgeschlossen haben, 2013, nachdem ihnen ja durch Edward Snowden eigentlich das Zeugin Dr. Angela Merkel: Insofern sind dann größte Datenleck passiert war? Das ist ja nicht ge- auch die entsprechenden Weisungen, glaube ich, rade vertrauensaufbauend im Verhältnis zu ande- schon erfolgt. ren Nachrichtendiensten, wenn einem großen Nachrichtendienst so viele Daten abhandenkom- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber jetzt men. Könnte das eine Motivation gewesen sein will ich noch mal so ein bisschen in die nach- der amerikanischen Seite, auf Diensteebene zu richtendienstliche Praxis gehen. Man muss ja sagen: „Komm, wir gehen jetzt mit unserem ,gu- schon annehmen, dass, wenn man sich in Berlin ten‘“ - in Anführungsstrichen - „Partner Deutsch- bewegt, auch vielleicht Partner, mit denen man land auf so ein Abkommen ein, weil wir ihn auch gemeinsame Ziele verfolgt, zum Beispiel in der brauchen“? Auch umgekehrt brauchen die Ame- Terrorismusbekämpfung, im Kampf gegen den IS rikaner ja vielleicht auch die gute Kooperation beispielsweise, andererseits in Berlin Interessen mit uns Deutschen. haben, an Informationen dranzukommen, also dass Briten, Franzosen - sie gehören jetzt zwar Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich habe mich nicht zum Untersuchungsgegenstand, aber viele erst mal mit unseren Interessen befasst. Wir hat- andere Nationen -, Chinesen usw. - die jetzt nicht ten Aufklärungsbedarf, und wenn wir schon das, unsere Partner und vielleicht, nachrichtendienst- was geschehen war - - Also, die Aufklärung lich gesehen, unsere Freunde sind - auch ein In- reicht nicht, und ob wir die Aufklärung bekämen, teresse haben an Informationen im politischen war ja auch nicht klar. Aber da musste ja wenigs- Berlin, wo es ja auch viele Wirtschaftsrepräsen- tens der Versuch unternommen werden ernsthaf- tanzen gibt etc., an Informationen dranzukom- testerweise, für die Zukunft eine klare Aussage men. Also, die Meinung, man ist da so im Gentle- darüber zu bekommen, auf welcher Basis wir man-Fairness-Bereich, die wollten Sie ja nicht kooperieren. Also, mich hat mehr das eigene In- ausdrücken, sondern was ist die Message noch? teresse geleitet, und ich habe mich mit den Moti- vationen der anderen weniger befasst. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich kann es gerne noch mal wiederholen: dass Ausspähen unter Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil, wenn Freunden aus meiner Sicht nicht geht. Da sind ich die Zeugenaussagen bisher richtig verstanden wir dann ja im Zuge der weiteren Zeitabläufe - habe, dann ist bis Ende 2013 verhandelt worden und daran hat der Untersuchungsausschuss ja über so ein Abkommen. Es gab Textbausteine, die auch mitgewirkt, muss man sagen, durch seine ausgetauscht worden sind - Sie haben das ja eben Beweisbeschlüsse - auf Dinge gestoßen, die gegen auch noch mal gesagt -, bis in den Januar 2014. diesen Satz verstoßen. Deshalb ist er nicht falsch. Auch Außenminister Steinmeier war noch mal Er hat mich geleitet, und ich muss sagen: Alles, unter anderem mit diesem Thema im Gepäck in was Sie dann auch im Weiteren und wir im Wei- den USA. Dann hat es auf politischer Ebene die teren gemacht haben, macht diesen Satz ja eher Zeichen gegeben - auch nicht zuletzt vermutlich richtiger als falsch - dass wir das nicht wollen. durch die Rede von Barack Obama selber -, dass man doch zu so einem Abkommen nicht kom- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Als die Ame- men wird. Hat man vielleicht die Gelegenheit rikaner dann - ich glaube, das kann man wirklich nicht schnell genug und entschlossen genug poli- als gegeben inzwischen hinnehmen nach den tisch beim Schopf gepackt? Hätte man nicht sa- Zeugenaussagen - das No-Spy-Abkommen mit gen können: „Komm, wir machen das jetzt“? der deutschen Seite diskutierten - ob das jetzt No-Spy-Abkommen in diesen Gesprächen hieß Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich glaube oder wie auch immer; ich habe das auch die an- schon, dass sehr - - Oder ich bin davon über- deren Zeugen gefragt -, was könnte eine Motiva- zeugt, dass sehr intensiv daran gearbeitet wurde. tion aus Ihrer Sicht sein, dass die Amerikaner et- Ich habe Ihnen die Berührungspunkte, die ich was ansprachen, was sie ja so mit noch keiner

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Nur zur dienstlichen Verwendung mit der Sache hatte, hier in meinem Eingangs- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich möchte mich auf statement genannt. Ich hatte aber nicht den ge- das beziehen, was bei mir dann immer ankam, ringsten Zweifel, dass meine Mitarbeiter da in- und aus der Tatsache, dass nicht ankam, dass es tensiv dran arbeiten. Auch da kann ich wieder nicht verhandelt wird, habe ich natürlich ge- die Motivation nicht erkunden. Ich habe auch ja schlossen, dass weiterverhandelt wird. nicht den Überblick über all die Zeugenaussagen. Ich habe die jetzt nicht alle studiert, sondern Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. habe Ihnen gesagt, was ich gelesen habe im Vor- feld. Ich kann nur sagen: Ich habe nicht den ge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Im Januar war es ringsten Zweifel, dass von deutscher Seite daran dann ja auch so weit. Das war ja die Zeit, wo wir entschieden gearbeitet wurde. Und zu einem be- uns im Wesentlichen mit Koalitionsverhandlun- stimmten Zeitpunkt musste man feststellen, dass gen beschäftigt haben. Parallel ist natürlich die unsere Erwartungen nicht mit denen überein- Arbeit trotzdem fortgesetzt worden. stimmten, sodass wir mit der amerikanischen Seite irgendetwas Essenzielles abschließen konn- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Erinnern Sie ten. sich, wann das Thema No-Spy-Abkommen dann erledigt war? Sind Sie da unterrichtet worden im Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber jetzt Sinne von: „Frau Bundeskanzlerin, das wird frage ich noch mal nach: Sie haben auch in der nichts mehr“, jetzt Endmeldung sozusagen? Erinnerung aus der Zeit Herbst/Winter 2013, An- fang 2014 Erinnerungen an konkrete Verhandlun- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, ich habe ja ge- gen nicht erst aus dem Aktenstudium zur Vorbe- sagt: Wir hatten dann am 14./15. Januar noch mal reitung der Sitzung? Weil ja immer wieder der die Meldungen, die darauf hindeuteten, dass es Vorwurf im Raume stand, dass der Kanzleramts- sich schwierig gestaltete. Dann habe ich in der minister damals, ohne dass es solche Verhand- Regierungserklärung zum Beginn der Legislatur- lungen gegeben hätte, einfach dieses Thema be- periode ja schon gesagt, dass die Vorstellungen enden wollte; es hätte nie Verhandlungen gege- weit auseinandergehen, dass ich aber mich noch ben. Hat es die gegeben aus Ihrer Erinnerung? nicht sozusagen damit einverstanden ergeben Wissen Sie das, oder ist das eine Finte? möchte, dass es zum Scheitern verurteilt ist und dass wir mit Nachdruck diese Gespräche mit der Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe Ihnen ja ge- Kraft unserer Argumente weiterführen und ich sagt: Also, mit der Vorlage vom 7. August, die auch weiterhin glaube, dass wir gute Argumente mich erreicht hatte, war ja nun vollkommen klar, haben. Dann am 30.04. war die Situation so, dass dass es Verhandlungen gegeben hat. Ich persön- mir die Einschätzung gegeben wurde - die der Re- lich bin dann lange nicht informiert worden, gierungssprecher dann auch geäußert hat -, dass habe aber nicht den geringsten Zweifel daran, wir nicht so weiterkommen, dass man Hoffnung dass weitergearbeitet wurde. machen kann auf ein solches Abkommen in kur- zer Zeitfrist. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Mhm. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ein Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, da sind Blick mal auf jetzt Ihr eigenes Handy. Das ist me- dann andere Zeugen für Sie wahrscheinlich aus- dial natürlich ein Ereignis gewesen, weil es die sagekräftiger gewesen. ganze Chronologie noch steigerte. Nicht nur wir alle waren im Fokus, sondern auch die Regie- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich teile das, rungschefin, die Bundeskanzlerin; Ihr Handy ist weil das Zeugen wie Herr Steinmeier, Herr abgehört worden. Sie haben auch in Ihrem Ein- Pofalla, Herr Fritsche, Herr Altmaier, Herr Heiß gangsstatement etwas dazu gesagt. Was haben Sie auch gesagt haben; aber ich wollte Ihnen auch rausgekriegt über das Abhören Ihres Handys? Der die Chance geben, Ihre Meinung zu sagen, wenn Generalbundesanwalt hat sich ja etwas schwerge- Sie das anders sehen. tan, und auch für uns ist das nicht ganz leicht;

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nachrichtendienstlich sprechen wir von „Plausi- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, die eine Konse- bilitäten“. Können Sie uns dazu mehr sagen? Wie quenz war, dass wir zum Beispiel die 360-Grad- plausibel ist es aus Ihrer Sicht? Überwachung für alle Partner eingeführt haben, weil wir eben nicht mehr sicher sein konnten, Zeugin Dr. Angela Merkel: Dazu kann ich mich dass unser Verständnis, dass Abhören unter nicht äußern. Ich habe nur festgestellt, dass Freunden gar nicht geht, auch überall so einge- nichts Beweisbares rausgekommen ist; das hat ja sehen wird. Die zweite Konsequenz war, wie Sie dann auch den Generalbundesanwalt dazu ge- schon gesagt haben, dass natürlich sozusagen führt, das Verfahren einzustellen. Ich habe dann strafrechtliche Verfahren gegen den entsprechen- zur Kenntnis genommen, dass die amerikanische den Agenten eingeleitet wurden und wir damit Regierung gesagt hat, dass mein Handy nicht ab- deutlich machen, dass das unserer Auffassung gehört wird und in Zukunft nicht abgehört wer- nicht entspricht. den wird. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Eine züglich des BND selber: Als sich dann heraus- Differenzierung, zwischen welchem Handy, hat stellte peu à peu, da waren ja auch Ziele, die wir die amerikanische Regierung nicht vorgenommen eigentlich nicht erwartet hätten, mit - ich sage bei diesem Statement? das jetzt mal untechnisch, um da nicht etwas zu präjudizieren - im Köcher - EU-Ziele, Botschaften Zeugin Dr. Angela Merkel: Über die öffentlichen beispielsweise, oder Einrichtungen der NATO Äußerungen hinaus kann ich dazu nichts sagen. oder was auch immer -, wie war da Ihre Reaktion, Ich habe sozusagen meine Einschätzung des als Sie das herausfanden oder mitbekamen, ge- Sachverhalts dem Präsidenten der Vereinigten meldet bekamen? Staaten von Amerika ja mitgeteilt in dem Telefo- nat, von dem ich auch zitiert habe. Darüber Zeugin Dr. Angela Merkel: Da war mir ja unmit- hinaus kann ich nichts sagen. telbar klar, dass das mit meinem politischen Obersatz, den ich für richtig halte, nicht verein- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Der amerika- bar war, weder die Steuerung der NSA-Selekto- nische Präsident hat ja dann auch - zwar nicht als ren - dass man da nicht stärker nachgefragt hat - Wortzitat, aber sinngemäß - gesagt: „Wir müssen noch die Steuerung dann auch noch eigener Se- uns nicht dafür entschuldigen, dass wir mehr lektoren. können als andere“ in seinem Statement auf die Nachrichtendienste bezogen. Wenn ich mal jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Weil ich das Thema „Ausspähen unter Freunden, das geht habe, wenn Sie zu Recht unterscheiden zwischen gar nicht“, was ich als politische Zielsetzung für NSA-Selektoren und eigenen Selektoren, ja einen richtig erachte, mit der Faktizität, dass Nachrich- gewissen Verdacht. Der drückt sich dahin aus, tendienste das machen, was sie machen, und das dass man nicht böswillig war und gesagt hat: ist immer strafbar - nachrichtendienstliche Tätig- „Komm, wir machen das mal, weil wir einfach keit in einem anderen Land; ich kenne kein mal hören wollen“, sondern dass man Anfang der Land, das sagt, das ist okay; das ist in jedem Land 2000er, als man die technische Expertise steigern unter Strafe gestellt -, und der Tatsache, dass die wollte in den Kooperationen mit den amerikani- amerikanische Administrative, egal wer Präsi- schen Partnern, noch nicht eben so gut war, dass dent ist, deutlich den Schutz der amerikanischen man das ein oder andere mitkriegte - da sind Se- Bürgerinnen und Bürger auch dadurch durchset- lektoren vielleicht untergeschoben worden -, aber zen möchte, dass sie intensiv nachrichtendienst- dass man auch dann bei der Pflege sowohl der liche Arbeit macht - - Was ist jetzt die Konse- Datenbanken mit den NSA-Selektoren als auch quenz der Bundesregierung daraus zum Schutz mit den BND-eigenen Selektoren etwas vielleicht von Bürgerinnen und Bürgern, zum Schutz von lax war und das, was im Topf drin war, auch drin Geheimnissen? ließ und der Topf immer mehr anwuchs und man den Überblick verloren hatte.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Haben Sie im Nachgang dieses ganzen Komple- über Jahre dementsprechend in der Linie, wie xes selber das mal hinterfragt, oder hat der man meldet, eben nicht hochdringt, dann ist das Staatssekretär im Kanzleramt, Herr Fritsche, für mich der ärgerliche Punkt. Ist das auch für Ihnen diesbezüglich eine Vorlage gemacht, Sie Sie der ärgerliche Punkt gewesen? Weil Sie hat- unterrichtet? Weil das hat doch wahrscheinlich ten ja eine klare Ansage gemacht, und dann er- das Kanzleramt interessiert: „Warum kommt so fährt man irgendwann: Mensch das hat auch der was zustande?“, nicht nur, dass etwas entgegen eigene BND gemacht, vielleicht nicht böswillig - dieser richtigen Aussage war: Das machen wir however -, aber er hat es gemacht. nicht. - Allein aus Ressourcengründen macht es keinen Sinn, die Freunde auf dem Schirm zu ha- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na gut, das fällt unter ben, wenn es genug Terroristen auf der Welt gibt organisatorisches Defizit oder eben technisches. und man begrenzte Ressourcen hat. Aber da muss Das kann ich nicht einschätzen, wer was beurtei- es ja irgendwie - - Also, ich frage immer nach der len konnte. Aber auf jeden Fall fällt es unter Defi- Motivation: „Wie kommt so was zustande?“, um zit. Dann kann man Defizite am besten abstellen, es dann hinterher abstellen zu können? Hat man indem man sie nicht beschönigt, sondern be- da hinterfragt, warum der BND - - warum da so nennt. was passiert ist? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Ich Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn etwas passiert, möchte zu einem letzten Themenkomplex kom- was ich für falsch halte, dann, ehrlich gesagt, ist men, weil er eben auch in diesem Untersu- die Motivation mir auch egal. Und jetzt - - Die chungsausschuss infrage steht und weil er eben Verdächte, die können Sie aus den vielen Zeu- auch politische Implikationen hat. Das ist das genbefragungen haben. Dazu kann ich nichts sa- Thema „Drohnen und Ramstein“. Wir hatten gen. Ich habe gehört, dass diese beiden Sorten einen Zeugen hier, der beschäftigt war mit dem Selektoren - - also das eine im März, das andere Thema Drohnen, der als jemand, der mit, wenn dann später im Oktober in - - dass das stattfand, eine Drohne gesteuert wird, die Erfassungssys- und mit der Information war auch die Einschät- teme gesteuert hat - das war der Zeuge Brandon zung des Kanzleramtsministers klar, dass das Bryant -, in das Thema involviert war. Der hat nicht geht. Insofern war da nur noch zu reagie- uns gesagt: Von Ramstein wurden zwar keine ren. Deshalb war unsere Presseerklärung ja auch, Drohnen gestartet unmittelbar; sie wurden auch die sozusagen von Defiziten beim BND, techni- nicht aus Ramstein gesteuert, sondern aus den schen, organisatorischen Defiziten - - Die wurde USA. Aber Ramstein brauche man, weil Ramstein ja selbst in der Öffentlichkeit - daran erinnere ich als sogenannte Relaisstation funktioniert. Weil mich noch - als relativ harsch eingestuft, und das die Erde halt rund ist und da auch Signale eben war auch das Verständnis. Die weiteren Dinge, geleitet werden müssen, deswegen braucht man die daraus zu schlussfolgern waren, die habe ich Ramstein. Wenn er Drohnen mitgeflogen ist, nicht durchgesetzt, weil es nicht meine Verant- dann war Ramstein oft im Spiel. wortlichkeit ist. Das hat der Kanzleramtsmister gemacht, zusammen mit Herrn Fritsche und den Wäre das nicht etwas gewesen, wenn ich das jetzt betroffenen Mitarbeitern im Bundeskanzleramt in mal so kurz schildere - Sie sind sicherlich im der Abteilung 6, und darauf habe ich mich auch Sachverhalt -, wo man politisch auch hinterfra- verlassen. gen muss: Ist das richtig, was da von deutschem Boden oder auf deutschem Boden passiert, wenn Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich fand die ein Stützpunkt der Vereinigten Staaten als Relais- Pressemeldung damals auch relativ deutlich, aber station für den Einsatz von Drohnen genutzt auch gerechtfertigt vor dem Hintergrund, dass es wird? Ist das ein Thema für die Bundesregierung? aus meiner Sicht sicherlich vorkommen kann, dass Dinge falsch laufen; wer was macht, macht Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wenn ich rich- auch Fehler, insbesondere wenn es komplexe tig informiert bin, ist es nicht der unmittelbare Sachverhalte sind. Aber wenn so etwas doch

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Gegenstand des Untersuchungsausschusses. Habe tion. Das ist die Fraktion Die Linke. Frau Kolle- ich da recht? gin Renner beginnt. - Wenn Sie, Frau Bundes- kanzlerin, mal eine Pause brauchen irgendwann, (Dr. André Hahn (DIE sagen Sie Bescheid; sonst kommt eine Frage nach LINKE): Nein!) der anderen.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, also, das Zeugin Dr. Angela Merkel: Noch reichen die Thema Drohnen, geheimer Krieg - - So bezeich- Kräfte. net - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Davon gehe Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber ich weiß, dass ich aus. - Frau Kollegin Renner. hier schon drüber gesprochen wurde. Es wird ja an vielen Stellen darüber - - Aber ich wollte - - (DIE LINKE): Herzlich willkom- men von mir auch, Frau Bundeskanzlerin! - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir hatten Haben Sie sich eigentlich bei Frau Clinton, Herrn auch einen Zeugen dazu. Kerry, Herrn Hollande, Herrn Fabius und Herrn Netanjahu entschuldigt, entschuldigt dafür, dass Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, gut, das kann auch diese befreundeten Politikerinnen und Politiker sein. Aber ich wollte nur fragen, ob ich recht an- durch den Bundesnachrichtendienst abgehört nehme, dass es sozusagen in den - wie heißt wurden? das? - Beweisbeschlüssen - oder was weiß ich - und im Untersuchungsgegenstand nicht enthal- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. ten ist. Martina Renner (DIE LINKE): Warum ist das (Dr. Jens Zimmermann unterblieben? (SPD): Es kommt darauf an!) Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe meine öf- fentlichen Äußerungen gemacht, und wir haben Ich kann dazu nur Folgendes sagen - das ist ja die entsprechenden Dinge eingeleitet, wie ich sie auch in vielen Regierungspressekonferenzen dis- ja auch dargestellt habe, und das spricht für sich. kutiert worden -: Die entsprechenden verantwort- lichen Ressorts haben dazu ihre Aussagen ge- Martina Renner (DIE LINKE): Aber wenn Sie macht, und dem habe ich nichts hinzuzufügen. sich mit der BND-Selektoren-Problematik be- schäftigt haben, haben Sie ja sicherlich festge- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Aber weite- stellt, dass unter den Spionagezielen eben nicht ren Bedarf, zum Beispiel mal zu gucken, was da nur ganze Regierungsstellen waren, sondern eben auf der Airbase in Ramstein passiert, sehen Sie auch einzelne Politiker, Abgeordnete, Parlamente oder das Auswärtige Amt, was dafür vielleicht und dass in dem Rahmen - - dass darunter viele zuständig wäre, oder das BMVg oder Sie als Bun- waren, mit denen eine vertrauensvolle Zusam- desregierung nicht derzeit? menarbeit seitens der Bundesrepublik insbeson- dere in Sicherheitsfragen essenziell notwendig Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe den Aus- ist. Wäre es da nicht diplomatisch und auch per- sagen, die bisher getroffen wurden, nichts hinzu- sönlich angemessen gewesen, sich für diese Pra- zufügen. xis des BND zu entschuldigen? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay, gut. - Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich - - Ich wäre am Ende meiner Fragen, weil ich ver- mute mal, dass die Fragen der Fraktionen auch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu meldet da sind. Wir beginnen jetzt mit der ersten Frak- sich Herr Wolff, Frau Bundeskanzlerin, -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 18 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich kann es mir Informationen, die ja auch von Ihnen eingefor- schon denken. dert waren, auch an Sie gelangten, soweit das möglich war. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - wahrschein- lich, weil es um eingestufte Sachverhalte auch Martina Renner (DIE LINKE): Ich weiß, dass si- gehen mag. - Herr Wolff. cherlich die Zeit knapp ist. Aber ich würde emp- fehlen, sich wirklich mit den BND-Selektoren zu MR Philipp Wolff (BK): Darf ich? beschäftigen, weil wir es weiterhin für ein -

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, klar. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe - -

MR Philipp Wolff (BK): Ich will nur darauf hin- Martina Renner (DIE LINKE): - ich sage das mal weisen: Ich gehe davon aus, Sie zitieren aus Pres- ganz deutlich - großes Problem empfinden, ein seberichten, Frau Renner. auch demokratietheoretisches Problem, wenn insbesondere Einrichtungen wie Parlamente Martina Renner (DIE LINKE): Natürlich. durch den Bundesnachrichtendienst abgehört werden. Aber Sie haben sich da jetzt eindeutig (Dr. André Hahn (DIE geäußert. Ich will da nicht weiter insistieren. LINKE): Jetzt geht es um die Entschuldigung!) Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, und ich gehe auch davon aus, dass auch Ihr Tun mit dazu bei- MR Philipp Wolff (BK): Es geht um entsprechend getragen hat, dass so etwas in der Zukunft nicht eingestufte - - geschieht. Wir haben inzwischen auch eine klare rechtliche Grundlage durch das neue BND-Ge- Martina Renner (DIE LINKE): Also, alle Namen, setz, und insofern schaue ich in die Zukunft. die ich genannt habe - darauf habe ich natürlich geachtet im Vorfeld -, sind auch schon in der Öf- (Hans-Christian Ströbele fentlichkeit genannt worden. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, ja! Haben Sie sich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Trotzdem das mal angeguckt?) bleiben die Sachverhalte selber natürlich einge- stuft. Martina Renner (DIE LINKE): Zum Thema „Ab- hören des Mobiltelefons durch die NSA“. Haben (Dr. André Hahn (DIE Sie damals in diesem Zusammenhang neben LINKE): Ja, aber die Frage, Herrn Präsident Obama auch mit anderen zum ob sie sich entschuldigt Beispiel Regierungsspitzen in Europa telefoniert, hat, nicht!) um abzuklären, ob dort ähnliche Erfahrungen oder Sorgen vorliegen? Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau, und die hatte ich ja schon so eindeutig wie nur möglich beant- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. wortet, mit einem Nein. Außerdem habe ich mich - - Sie haben gesagt: wenn ich mich mit den Martina Renner (DIE LINKE): Auch nicht. - BND-Selektoren beschäftigt habe. Ich habe mich Kennen Sie eigentlich den Prüfbericht der Daten- mit den Selektoren im Einzelnen nicht beschäf- schutzbeauftragten zur Zusammenarbeit in Bad tigt - Aibling zwischen NSA und Bundesnachrichten- dienst? Martina Renner (DIE LINKE): Oh, schade. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Zeugin Dr. Angela Merkel: - und habe nur den Kanzleramtsminister darin ermutigt, entschieden dabei vorzugehen, damit dann die notwendigen

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1. Untersuchungsausschuss

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Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie, dass bei anderen Untersuchungsausschüssen, zum dort die Bundesdatenschutzbeauftragte von 18 Beispiel NSU-Untersuchungsausschuss, natürlich gravierenden Rechtsverstößen spricht? auch sehr sorgfältig als Bundesregierung prüfen, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Martina Renner (DIE LINKE): Wie schätzen Sie Martina Renner (DIE LINKE): Das ist etwas ande- eigentlich die Kontrolltätigkeit des Bundeskanz- res als eben der Vorsitzende sagte, man war ein leramtes gegenüber dem Bundesnachrichten- bisschen lax. Es geht hier um Rechtsbruch durch dienst ein? den Bundesnachrichtendienst, insbesondere in der Kooperation mit der NSA: Eingriff in das Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich vertraue meinen Fernmeldegeheimnis zum Beispiel, aber auch Mitarbeitern. vieles andere mehr. Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie eine Er- Zeugin Dr. Angela Merkel: Wie gesagt, ich kenne klärung dafür, dass die zuständigen Mitarbeiter den Bericht nicht. in den betreffenden Referaten, aber auch in der Abteilungsspitze bis zum Veröffentlichen der Martina Renner (DIE LINKE): Hätte man sich Snowden-Dokumente von der Praxis der NSA dazu nicht informieren lassen müssen, weil die wie des Bundesnachrichtendienstes hinsichtlich Forderung nach Konsequenzen aus dem Ab- insbesondere dieser Selektorenproblematik hörskandal und die Forderung auch nach Konse- nichts wissen wollten? Haben Sie eine Erklärung quenzen aus den Feststellungen des Untersu- dafür, dass - - chungsausschusses stehen ja im Raum. Sie ken- nen sicherlich auch das Unverständnis darüber, Zeugin Dr. Angela Merkel: Eine Erklärung, nein. dass lediglich Herr Schindler - wir wissen leider Ich habe - - Wie gesagt, wir haben uns damit be- bis heute nicht, weswegen; Sie vielleicht - entlas- fasst nach Bekanntwerden aus Presseberichten, sen wurde, es keinerlei organisatorische, struktu- in der jeweiligen Zuständigkeit die notwendigen relle oder personelle Konsequenzen im Bundes- Konsequenzen zu ziehen. Ich habe von Anfang nachrichtendienst gegeben hat. Ist darüber mal an eine sehr klare politische Vorgabe gemacht, diskutiert worden, ob man mehr machen muss, und der Kanzleramtsminister und der Koordina- wenn es so etwas gibt wie „Eigenleben der Tech- tor für die Dienste haben dann mit den Mitarbei- nischen Aufklärung“ - ein feststehender Termi- tern in Richtung BND natürlich auch versucht, nus mittlerweile hier im Untersuchungsaus- die entsprechenden Schlussfolgerungen zu zie- schuss -, als das BND-Gesetz der Praxis anzu- hen. Es gehört zur Wahrheit dazu, dass erst durch passen und Herrn Schindler in den vorzeitigen die Aufforderung, die Selektoren vorzulegen, die Ruhestand zu schicken? Dinge vollkommen klar geworden sind. Das ist zu kritisieren, wie wir es auch in unserer Presse- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, dass mehr erklärung getan haben. geschehen ist, als das BND-Gesetz der Praxis an- zupassen. Wir haben jetzt einen Untersuchungs- Martina Renner (DIE LINKE): Aber würde es ausschuss. Ich bin die letzte Zeugin. Sie werden nicht zu einer funktionierenden Rechts-, Fach- Ihre Schlussfolgerungen aus diesem Untersu- und Dienstaufsicht dazugehören, dass man zur chungsausschuss ziehen. Erste Schlussfolgerun- operativen Praxis des Bundesnachrichtendienstes gen sind durch die neue Fassung des BND-Geset- im Bundeskanzleramt informiert ist und nicht zes gezogen worden. Es gibt einen neuen Präsi- darauf wartet, dass ein Untersuchungsausschuss denten des BND. Das ist mir vom Kanzleramts- den richtigen Beweisantrag stellt, also hier sogar minister vorgeschlagen worden, dass er das so die Opposition? Das ist doch - - handhaben möchte. Dem habe ich zugestimmt. Wenn Sie in Ihrem Abschlussbericht Hinweise, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich hoffe, dass wir für Empfehlungen haben, dann werden wir das wie die Zukunft besser gerüstet sind.

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1. Untersuchungsausschuss

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Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber das ist Martina Renner (DIE LINKE): 15, Entschuldi- doch auch ein gravierendes Organisationsversa- gung, ja. Der Fehler liegt bei mir. gen im Bundeskanzleramt, wenn man sich insbe- sondere zur Praxis der Fernmeldeaufklärung Zeugin Dr. Angela Merkel: „Dass bislang unbe- überhaupt all die Jahre nicht interessiert hat, was kannte“. dort für Ziele gesteuert werden, welche Kabel- ansätze man abhört, dass man zum Beispiel bei Martina Renner (DIE LINKE): Ja, genau. der Deutschen Telekom in Frankfurt entspre- chend die Kabel zu tatsächlich nicht nur einzel- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, war was Neues. nen Terroristen, sondern massenhaft abhört. Wir reden hier, um es noch mal deutlich zu sagen, (Heiterkeit) von 1,3 Millionen [sic!] Metadaten, die monatlich an die NSA geflossen sind. Wir reden nicht zu Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Wir hatten einzelnen Erfassungen im Bereich Terrorismus- immer bisher gedacht, es geht um kritische NSA- abwehr oder Drogenhandel oder illegalem Waf- Selektoren. fenhandel usw. Wir reden von milliardenfachem Datenabgriff in Kooperation der NSA mit dem Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kenne Ihre Spra- Bundesnachrichtendienst. Das will das Bundes- che jetzt ja nicht selber. Also, ich habe das so auf- kanzleramt nicht gewusst haben? Die Frage ist: gefasst, dass der Kanzleramtsminister mir was Ist es nicht nur ein Versäumnis, sondern ein Ver- Neues gesagt hat, - sagen, wenn man diese Praxis einer nachgeord- neten Behörde nicht kennt? Martina Renner (DIE LINKE): Okay, jetzt habe ich es verstanden. Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie bilden sich jetzt über die Sachverhalte Ihre Meinung. Ich teile die Zeugin Dr. Angela Merkel: - und das habe ich als so nicht. Ich glaube, dass die Fachaufsicht über „bislang unbekannt“ klassifiziert. den BND auch voraussetzt, dass der BND selber gut arbeitet, vernünftig arbeitet. Es sind Defizite Martina Renner (DIE LINKE): Okay, danke. erkannt worden, an der Abstellung dieser Defi- zite ist gearbeitet worden, und ich bin hoffnungs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- voll, dass in Zukunft sich die Dinge so nicht wie- lichen Dank. - Wir kommen jetzt zur nächsten derholen werden. Fraktion mit Fragen. Das ist in der ersten Runde die Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek be- Martina Renner (DIE LINKE): Sie sprachen vor- ginnt. hin eingangs davon, dass Sie im Frühjahr 2014 auf die Problematik unbekannte NSA-Selektoren Christian Flisek (SPD): Vielen Dank, Herr Vorsit- hingewiesen wurden. Was verstehen Sie unter zender. - Guten Tag, Frau Bundeskanzlerin! „unbekannte NSA-Selektoren“? Zeugin Dr. Angela Merkel: Guten Tag! Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste jetzt die letzte Frage dann sein. Christian Flisek (SPD): Ich würde auch gerne zu- nächst einmal auf das ja wirklich berühmte Zitat (Die Zeugin blättert in von Ihnen zurückkommen, das Sie bei mehreren ihren Unterlagen) Gelegenheiten gesagt haben, wo Sie auch heute noch mal in Ihrem Eingangsstatement ganz we- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, Sie können - im sentlich drauf Bezug genommen haben: Ausspä- März war das - gerne noch mal gucken. hen unter Freunden, das ginge gar nicht. Ich würde Sie gerne mal fragen: Für wie absolut - Zeugin Dr. Angela Merkel: Im März. 2015? wenn man sagt, das ist ein politischer Programm- satz, das ist Ihre tiefe innere Überzeugung, die

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung hier zum Ausdruck kommt - halten Sie diesen Fälle, aber man kann leicht einen solchen Fall Satz? Heißt das, dass jegliche Überwachung, mal hier als Beispiel nennen. Also, nehmen wir Spionage zwischen Freunden einzustellen ist, mal, an ein sehr enger Freund: Frankreich. Ein wenn dieser Satz umgesetzt werden würde? Regierungsmitglied wird überwacht, weil dieses Regierungsmitglied sehr, sehr viele Gespräche Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß jetzt nicht - - führt mit Regierungsmitgliedern beispielsweise Wenn ich sage: „Überwachen von Freunden, das in Afrika, Staaten, die sich vielleicht auch im geht nicht“, dann meine ich das so, wie ich das Auftragsprofil der Bundesregierung befinden. sage. Wenn es um terroristische Gefahren zum Würden Sie sagen unter Beachtung Ihres Leit- Beispiel geht, die in allen Ländern auftauchen, motivs, wo etwas soll auch nicht mehr stattfin- dann arbeiten ja die Nachrichtendienste zusam- den? men. Das ist aber - das habe ich ja auch in mei- nem Eingangsstatement gesagt - ein anderer Fall. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, dass diese Fragen sehr gut im neuen BND-Gesetz geregelt Christian Flisek (SPD): Ich würde das vielleicht sind, wann wie was passieren kann. Darauf konkreter machen wollen, Frau Bundeskanzlerin. würde ich mich jetzt mal stützen. Ansonsten: Untereinander, mit befreundeten Partnern, geht Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. es nicht. Wir haben den Fall - - Wir sind den Fall durchgegangen. Christian Flisek (SPD): Nehmen wir mal den Bereich der politischen oder der Regierungs- Christian Flisek (SPD): In der Tat, das BND-Ge- spionage. Das heißt, wenn wir uns jetzt über- setz, das neue, hat einiges an Verbesserungen ge- legen, der Dienst eines befreundeten Staates bracht. Ich möchte aber natürlich schon noch mal überwacht Regierungsmitglieder eines anderen auf den Zeitpunkt auch abstellen, in dem dieser befreundeten Staates. Würden Sie sagen, das ist Satz von Ihnen ja mehrfach dann auch genannt etwas - das sollte mit diesem Satz zum Ausdruck wurde, unmittelbar nach den Snowden-Ver- kommen -, - öffentlichungen, bis dann vor allen Dingen in dem berühmten Statement. Ich glaube, das war Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, absolut. beim Europäischen Rat in Brüssel im Oktober 2013. Da hatten wir ja dieses BND-Gesetz noch Christian Flisek (SPD): - das soll in Zukunft nicht. nicht mehr stattfinden? Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig. Zeugin Dr. Angela Merkel: Absolut. Es gab ja ir- gendwelche Äußerungen auch von amerikani- Christian Flisek (SPD): Wenn man sozusagen schen Regierungsvertretern, die meinten, es sei jetzt auf der Grundlage der alten Rechtslage da- nicht schlecht, wenn man wüsste, wie andere mals so einen Satz sagt, mehrfach wiederholt und Länder denken, wenn sie zu Verhandlungen fah- betont - - Sie haben gerade gesagt, Sie haben das ren, zum Beispiel zu G-20- oder sonstigen Tref- als eine Trivialität gesehen. fen, und man wüsste schon mal im Voraus, was da vielleicht als Verhandlungsposition geäußert Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, als eine innere wird. Da muss ich Ihnen sagen, ich finde das ab- Überzeugung. Ich habe ja damals - - Vielleicht ge- surd. Ich bin bis jetzt gut durch meine Kanzler- hen wir noch mal zurück auch in den Erkennt- tätigkeit gekommen, ohne dass ich das wusste, nisstand vom 3./4. Juli 2013. Dort standen ja und ich glaube, alle anderen können das auch. noch ganz andere Vorwürfe im Raum: massen- hafte Ausspähung von Bürgerinnen und Bürgern Christian Flisek (SPD): Jetzt sagen aber viele usw. Da habe ich das zum ersten Mal gesagt. Da auch, dass es Sinn machen könnte, beispiels- gab es ja noch gar nicht die Frage meines Handys. weise Regierungsmitglieder befreundeter Staaten auszuspionieren. Ich nenne jetzt keine konkreten Christian Flisek (SPD): Ja.

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Mein Handy hat dann Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich bin weder Juristin eine gewisse besondere Aufmerksamkeit erzeugt. noch Expertin für Überwachung und Gefährder- Da habe ich dann sofort wieder darauf hingewie- einstufungen. Also, das - - sen, dass es mir nun auch sicherlich um die Frage geht, ob sich befreundete Regierungsmit- Christian Flisek (SPD): Jetzt gehen wir mal davon glieder, Regierungen abhören. Aber vor allen Din- aus, dass im Zweifel eben ein Außenminister gen ging es mir auch sehr stark - das habe ich ja eines EU-Staates nicht unbedingt ein Gefährder dann in dem Zitat auch noch mal hier dargelegt - selber ist; aber es geht um Informationen über die um die Frage auch breiter Bevölkerungsschich- Regierungskommunikation. ten. Anfang Juli war überhaupt noch nicht klar, dass es diese massenhafte Ausspähung nicht ge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, das war ja nicht geben hat, sondern sie wurde ja quasi insinuiert Ihre - - Das war ja, wenn ich das sagen darf, nicht oder nicht als ausgeschlossen dargestellt. Ihre Frage, sondern Sie haben ja insinuiert, dass ein Außenminister eines befreundeten Staates Christian Flisek (SPD): Ich würde trotzdem gerne mit jemandem spricht, der gewisse Risiken auf- noch mal auf diesen Bereich der Regierungsspio- weist, und ich sage nur: Ich glaube, dass es dazu nage, auch der politischen Spionage zurückkom- klare Abläufe im BND gibt und dass ich das nicht men. Wenn Sie gesprochen haben davon, dass zu entscheiden habe, sondern andere. das für Sie eine Überzeugung war - Sie haben auch vorhin den Begriff der Trivialität verwen- Christian Flisek (SPD): Der Überzeugung waren det -: Waren Sie zu dem Zeitpunkt, als Sie diesen Sie: dass es solche klaren Abläufe innerhalb des Satz gesagt haben, der Überzeugung, dass der BND zum damaligen Zeitpunkt gab? BND so etwas nicht macht? Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich war der Überzeu- Zeugin Dr. Angela Merkel: Davon bin ich aus- gung, dass man nicht befreundete Institutionen gegangen, ja. abhört.

Christian Flisek (SPD): Wenn Sie die Information Christian Flisek (SPD): Der Satz, dieses Zitat, war bekommen, dass der BND, wie ich gerade das in ja auch im Wesentlichen, ich denke mal - so habe dem Beispielsfall genannt habe, vielleicht nicht ich es zumindest verstanden -, nach außen ge- ein Regierungsmitglied eines sehr eng befreunde- richtet, also dass man in Zukunft für, ich sage ten Staates ausspäht, um direkt, ich sage mal, jetzt mal, Standards sorgen soll im gemeinsamen seine private Kommunikation zu überwachen Regierungsgeschäft, dass eben Ausspähen unter oder zu überwachen, was innerhalb der EU pas- Freunden nicht mehr stattfindet. Ich würde Sie siert, aber wenn er das tut, um genau zum Bei- gern fragen: Wenn man sich nicht sicher sein spiel an Informationen innerhalb des Auf- kann, was der eigene Dienst tatsächlich treibt, ist tragsprofils zu kommen, würden Sie sagen, das es verantwortlich, politisch, dann außenpolitisch ist verhältnismäßig? Weil der Maßstab, den Sie ja so etwas sozusagen als eine Forderung gegenüber gerade entwickelt haben, ist ja der der Verhältnis- Partnern und Freunden in den Raum zu stellen? mäßigkeit, völlig zu Recht. Zeugin Dr. Angela Merkel: Herr Flisek, Sie haben Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich würde dann zu ja eben mich gefragt, ob ich davon ausgegangen meinem Kanzleramtsminister gehen und ihn bit- bin, dass der BND so etwas nicht tut. Daraufhin ten, zu klären, was Sache ist und was nicht. Ich habe ich mit einem Ja geantwortet. Deshalb war hoffe, dass diejenigen, die die Überwachung ma- diese Aussage darauf gerichtet, dass es ein unter- chen, das auch jeweils nach Sachlage entschei- schiedliches Verständnis vielleicht zwischen ver- den. schiedenen Ländern gibt. In diesem Falle standen ja die Vereinigten Staaten von Amerika in Rede. Christian Flisek (SPD): Jetzt ist es ja so, dass die- Ich habe dann ja auch in meiner Regierungserklä- ser Satz, Ausspähen unter Fr- -

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung rung am 29. Januar 2014 gesagt, dass die Auffas- Christian Flisek (SPD): Informationen, also über sungen an einigen Stellen offensichtlich sehr un- Meinungsbildung im Regierungsbereich befreun- terschiedlich sind. deter Staaten.

Christian Flisek (SPD): Haben Sie denn, Frau Zeugin Dr. Angela Merkel: Informationen - - Bundeskanzlerin, in Ihrer Amtszeit seit 2005 je- Über die Gewinnung von Informationen habe ich mals Produkte - die Fachleute reden von „Finish- nicht - - Nein. ed Intelligence“ - des BND bekommen, wo Sie In- formationen über die interne Meinungsbildung Christian Flisek (SPD): Okay. befreundeter Staaten bekommen hätten? Zeugin Dr. Angela Merkel: Weil es ja, wie gesagt, Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich habe natür- nicht in meinem Vorstellungsbereich war, wes- lich, wie viele, die Einschätzungen des BND über halb ich eben auch von vornherein in dem Sach- bestimmte Sachverhalte gelesen, aber habe mich verhalt, der im Zusammenhang mit den USA auf- mit der Quellenfrage nicht beschäftigt, sondern trat, gesagt habe, dass aus meiner Sicht nach dem habe diese als politische Berichte zur Kenntnis Ende des Kalten Krieges das Abhören unter Part- genommen. Die sind ja - - nern nicht geht.

Christian Flisek (SPD): Und Rückschlüsse auf- Christian Flisek (SPD): Bevor Sie diese Überzeu- grund der Art der Information des Inhalts, - gung zum Ausdruck gebracht haben - „Ausspä- hen unter Freunden, das geht gar nicht“ -, haben Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Sie sich denn mal über die Mitarbeiter, die Sie dort haben, also vor allen Dingen natürlich den Christian Flisek (SPD): - dass es hier tatsächlich Chef des Bundeskanzleramtes - dann, später war nicht anders möglich ist, dass es sich um Quel- das natürlich auch Herr Fritsche -, aber vor allen len, ich sage mal, im Regierungsapparat befreun- Dingen in der Abteilung 6 des Bundeskanzler- deter Staaten handelt? Das war für Sie nicht er- amtes, darüber informieren lassen, was sozusa- kennbar? gen business as usual im Kanzleramt - - im BND ist zu diesem Kontext? Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Also, wenn es für den BND-Präsidenten nicht erkennbar war, ist Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage es noch mal: es sowieso hochunwahrscheinlich, dass es für Ich habe eine politische Überzeugung zum Aus- mich erkennbar war. Aber für mich - - Ich habe druck gebracht; das ist auch meine Aufgabe als mir die Frage nie gestellt. Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutsch- land. Deshalb bedurfte die keiner weiteren Verifi- Christian Flisek (SPD): Nun ja, der BND-Präsi- kation. Ich habe meine politische Überzeugung dent hat sich bis zu einer bestimmten Zäsur auf gesagt, und ich finde: Alles, was wir seitdem ge- den Standpunkt gestellt, dass das das übliche Ge- tan haben, verhilft dieser Überzeugung auch schäft war. mehr zum Durchbruch. Dass so viel noch zu tun war, war mir an diesem Tag, als ich das gesagt Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß nicht, auf habe, nicht klar; aber wir arbeiten ja genau in welchen Standpunkt sich der BND-Präsident ge- diese Richtung. stellt hat. Ich - - Christian Flisek (SPD): Gut. - Im unmittelbaren Christian Flisek (SPD): Sie haben so was aber Nachgang zu dieser Äußerung kam es ja dann auch selber nie angefordert mal? auch zu Treffen der Spitzen der Dienste mit Ihrem damaligen Chef des Bundeskanzleramtes Zeugin Dr. Angela Merkel: Was? Herrn Pofalla. Herr Pofalla hat uns hier gegen- über gesagt, es ist dann zu mündlichen Weisun-

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Nur zur dienstlichen Verwendung gen gekommen, dass zum Beispiel bestimmte Se- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. lektoren zu löschen seien im NSA-Profil damals. Herr Pofalla hat hier auch gesagt, dass er im Christian Flisek (SPD): Woran liegt das, Frau Nachgang dazu einen Bericht angefordert hat Bundeskanzlerin, dass in einer Zeit, wo dieses über die Frage, wie diese Umsetzung erfolgt ist, Thema ja immerhin - - Wir haben vor kurzem den ob es Probleme gab, weil das Ganze ja kein trivia- US-Botschafter in dieser Zeit, Herrn Emerson, les Geschäft ist, durchaus ein komplexes Thema hier verabschiedet. Er hat in seinem Abschieds- zwischen Freiheit und Sicherheit. statement gesagt, dass neben TTIP das Thema NSA eines der zentralen politischen Themen in Das Problem, das wir hier haben, ist, dass nur seiner Zeit als Botschafter hier in Berlin war. Wie Herr Pofalla etwas von diesem Bericht weiß. Wir kann es sein, dass sozusagen dieses Thema, das haben diesen Bericht nie in unseren Unterlagen - ja doch für die transatlantischen Beziehungen trotz Vollständigkeitserklärung, auf die ich ver- nicht nur auf der Arbeitsebene relevant ist, son- traue - vorgelegt bekommen. Der Nachfolger, Herr dern eben auch auf der höchsten politischen Altmaier, hat nie etwas davon gehört. Der Abtei- Ebene - - dass man da nicht mal nachgefasst hat lungsleiter 6, Herr Heiß, hat nie etwas davon ge- und gesagt hat: „Was bedeutet das jetzt eigentlich hört. Herr Fritsche, der im Januar, glaube ich, konkret in der Umsetzung?“? 2014 im Amt eingesetzt wurde als Staatssekretär und Koordinator für die Dienste, kennt das Ganze Zeugin Dr. Angela Merkel: Da ich schon sagte, auch nicht. Ist das üblich? Ich meine, immerhin dass ich den Satz gesagt habe in der Annahme, unterhalten wir uns, wenn wir über einen Bericht dass der BND sich an diese politische Überzeu- reden - neben der Weisung -, über eines der zen- gung hält, konnte ich auch nicht nachfragen und tralen Instrumente, wie Fachaufsicht ausgeübt nach erhöhten Betriebstemperaturen gucken, son- wird. Ich gebe gerne zu, dass man sozusagen als dern ich habe meine - - Fachaufsichtsbehörde nicht die Pflicht hat, hinter jeden Mitarbeiter einen weiteren zu stellen, wie Christian Flisek (SPD): Das ist meine Formulie- das schon manchmal hier so formuliert wurde. rung. Aber die zentralen Instrumente Weisung, Be- richtsanforderung - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ja. - Ich sage nur: Meine politische Überzeugung war, dass das Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann dazu natur- nicht geht. Darüber habe ich mit den Vereinigten gemäß nichts sagen, weil ich von dem gesamten Staaten von Amerika und mit dem amerikani- Vorgang keine Kenntnis hatte. schen Präsidenten gesprochen.

Christian Flisek (SPD): Haben Sie nach dem - - Christian Flisek (SPD): Aber haben - - Ich frage es Haben Sie überhaupt mitbekommen, dass unmit- jetzt wirklich mal so: Haben Sie das dann nicht telbar nach Ihrer Äußerung diese Weisungen in in einem Bereich auch mal zu einer Chefsache den Dienst hinein erteilt worden sind? gemacht, dass Sie gesagt haben: Herr Pofalla, die Dinge, die in diesem Bereich passieren - - Weil Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Sie haben ja mitbekommen, wie sehr dieser Satz sozusagen wirkte, auch in der Öffentlichkeit. Er Christian Flisek (SPD): Also, von einer Unruhe, ist ja nicht ohne Wirkung geblieben, auch für un- von einer erhöhten Betriebstemperatur auch beim sere Arbeit im Ausschuss. Dass Sie mal gesagt ha- BND aufgrund Ihres politischen Satzes - ben: Herr Pofalla, ich möchte über diese Dinge jetzt regelmäßig informiert werden. Was passiert Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. dort? Halten wir uns selber dran? Was bedeutet das auch für die Verhandlungen über das soge- Christian Flisek (SPD): - haben Sie überhaupt gar nannte No-Spy-Abkommen? nichts mitbekommen?

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich sage es noch war eine Insinuierung, dass vielleicht vonseiten mal: Ich habe keinerlei Anlass gehabt, dass der der Vereinigten Staaten von Amerika mein Satz bei uns seitens des BND nicht eingehalten Handy abgehört werden konnte, aber nichts an- wurde. Ich habe auch keine Kenntnis von dem, deres. was Sie jetzt über Herrn Pofalla und seine Dinge sagen, gehabt, sondern habe überhaupt zum ers- Christian Flisek (SPD): Wir unterhalten uns ja - - ten Mal von Selektoren, unbekannten Selektoren Sie haben ja auch darauf hingewiesen, dass es oder, wie Sie das nennen, kritischen Selektoren unsere Aufgabe ist, dann sozusagen Empfehlun- erfahren im März 2015 - da war das, glaube ich -, gen hier zu unterbreiten. Ein Themenkomplex, und insofern war mein Fokus auf die Frage ge- der hier, zumindest für meine Fraktion, sehr richtet: Wie können wir mit den Amerikanern deutlich aufscheint, ist die Frage: Wie sehr funk- politische Abmachungen bekommen? Da waren tioniert die Fachaufsicht doch eines sehr poli- ja diese Gespräche, über die ich dann von Zeit zu tischen Bundeskanzleramtes über dieses sensible Zeit auch informiert wurde. Geschäft der Dienste?

Christian Flisek (SPD): Frau Bundeskanzlerin, Ich stelle mir noch mal, wie gesagt, die Frage, um trotzdem noch mal nachgefragt: Woran kann es auch einen - - Ich kenne ja die inneren Abläufe liegen, dass Sie diesen Satz sagen im Oktober, des Kanzleramtes nicht. Ich versuche mir nur ein unmittelbar danach Ihr Kanzleramtschef Pofalla Bild davon zu machen. Ich stelle mir die Frage: Weisungen erteilt, dass einzelne, bestimmte EU- Wie kann es sein, dass ein Thema, das ganz Selektoren der - - Herr Pofalla war stärker im Ge- zentral für die transatlantischen Beziehungen ist, schäft operativ drin; das ist auch nicht der Vor- also wo Sie im Wesentlichen - Sie haben ja auch wurf. den Kernbereich angesprochen - die Ver- antwortung politisch natürlich tragen, und in Zeugin Dr. Angela Merkel: Er war verantwort- Ihrem engsten Umfeld im Amt treffen sich die lich. Spitzen der Geheimdienstpräsidenten und der Kontrolleure, es geht darum, NATO-Partner-Se- Christian Flisek (SPD): Genau, er war verant- lektoren, EU-Partner-Selektoren zu löschen, und - wortlich. - Wie kann es sein, dass er solche Wei- korrigieren Sie mich bitte - Sie sagen, Sie haben sungen erteilte in Bezug auf EU-Partner und von diesen Vorfällen unmittelbar nach diesem NATO-Partner - „die Selektoren sollen gelöscht Zitat von Ihnen nichts mitbekommen, also, wenn werden“ - in den BND hinein und Sie darüber Sie so wollen, von den Erfolgen Ihrer politischen nicht informiert werden, dass das passiert, dass Ansage? Sie im Glauben gehalten werden, das sei sozusa- gen sowieso, ganz trivial eingehalten, die Rechts- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, erst mal will ich lage, an die sich der BND von Anfang an gehalten noch mal sagen: Mit „unmittelbar“ ist wieder in- hat? sinuiert, ich hätte es im Oktober zum ersten Mal gesagt. Ich habe es schon im Juli gesagt; also, so Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich kann ja hier unmittelbar danach war es nicht. Ich kann nur nur das sagen, was ich weiß und was ich wusste. sagen, dass ich davon nicht informiert wurde Ich will noch mal darauf hinweisen: Ich habe und dass ich auch glaube, dass die Eigenständig- nicht im Oktober zum ersten Mal das mit den keit und die Zuständigkeit des Kanzleramts- Freunden gesagt im Zusammenhang mit meinem ministers, inzwischen ja verstärkt durch Herrn Handy, sondern ich habe es am 3. und 4. Juli ge- Fritsche auch als Koordinator, guter Brauch in sagt und sinngemäß auch in der Pressekonferenz den Bundesregierungen ist; ich glaube, solange es am 19. Juli. Das heißt, es war für mich von An- Bundesregierungen in der Bundesrepublik fang an unbeschadet meines Handys, wo es dann Deutschland gibt. Das, was Sie von mir hören allen aufgefallen ist, ein Satz. Deshalb hatte ich können, ist das, was ich wusste, und ich wusste auch null Grund, zu glauben, dass mit dem Okto- davon nichts. ber ein neuer Sachverhalt aufgetreten war. Da

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Christian Flisek (SPD): Frau Bundeskanzlerin, Zeugin Dr. Angela Merkel: Dass wir da aber poli- eine letzte Frage. Im Nachgang ist man natürlich tisch übereinstimmen, ist doch schon mal eine immer schlauer, sozusagen im Rückblick. Aber Menge. wenn Sie jetzt das sich noch mal vor Augen füh- ren: Hätten Sie gesagt, Sie hätten informiert wer- Dr. (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den müssen oder sollen aufgrund der Organisa- NEN): Das stimmt. Also, politisch - - Ich sage tion des Themas Nachrichtendienste in Ihrem Ihnen mal, wie es mir ganz persönlich ging: Ich Verantwortungsbereich? habe Sie den Satz sagen hören, und irgendwie fühlte sich das gut an. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe und hatte Vertrauen zu meinem damaligen Kanzleramts- (Heiterkeit) minister. Also, auch jetzt so für einen Grünen fühlte sich Christian Flisek (SPD): Der Sie nicht informiert das gut an. Aber ich habe, wie, glaube ich, viele hatte darüber. - Danke. Menschen eben gedacht: a) Wenn die Kanzlerin das sagt, dann sind wir moralisch auf der richti- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen gen Seite. Wir machen das nicht, was die NSA Dank. - Dann jetzt zur nächsten Fraktion. Die macht. nächste Fraktion ist die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Ich glaube, Herr Kollege von Notz be- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, das habe ich ja ginnt. - Genau. auch gedacht.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Guten NEN): Genau, aber das war halt falsch. - Also, ich Tag, Frau Bundeskanzlerin! habe - - Die erste Aufzeichnung, die ich gefunden habe von diesem Satz, die kommt von Ihrem Re- Zeugin Dr. Angela Merkel: Guten Tag! gierungssprecher. Der sagt am 01.07. in der Pres- sekonferenz 628 diesen Satz - ich kann das jetzt Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch mal vorlesen -: NEN): Jetzt reden wir immer über diesen berühm- ten Satz, der irgendwie so eine politische Aufla- Ich sage ganz klar: Abhören von dung erfahren hat. Deswegen ist für mich erst Freunden ist inakzeptabel. Das mal interessant, die Urheberschaft zu klären. Wer geht gar nicht. Wir sind nicht mehr im Kalten Krieg. hat den Satz eigentlich erfunden? Usw. usf. Und die ersten Fragen, die dann kom- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich habe - - Ir- men von Journalistinnen und Journalisten, die gendwie ist der Satz deshalb, finde ich, sehr inte- auf dieser Pressekonferenz sind, sind sozusagen ressant, weil Sie, glaube ich, alle dem Satz zu- genau das Logische eigentlich, nämlich: „Heißt stimmen und trotzdem er uns so sehr beschäftigt. das, dass wir das selbst nicht machen?“, und: Lässt das BND-Gesetz nicht auch zu, dass wir das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- machen? NEN): Genau. Dann geht es da so ein bisschen hin und her, und (Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- am Ende sagt Ihr Regierungssprecher auf jeden NEN): Aber der ist nicht Fall - ich zitiere -: eingehalten worden!) Ich werde noch einmal mit den Auslegungsexperten sprechen. Dann werden wir versuchen, dazu eine Antwort nachzuliefern.

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Diese Antwort ist leider nicht überliefert. Haben (Dr. André Hahn (DIE Sie diese Frage im Bundeskanzleramt diskutiert LINKE): Das müssen wir „Machen wir das nicht selbst?“? so sagen!)

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ich sehe ein - Ja. - Da sagt eine Wendy Sherman aus den USA. hohes Maß an Übereinstimmung zwischen dem Ich zitiere - - Wendy Sherman beklagt den außer- Regierungssprecher und mir, weil ich am 03.07. ordentlichen Schaden, den Snowden angerichtet fast wörtlich dasselbe gesagt habe. habe. Man wisse auch nicht genau, welche Infor- mationen er noch öffentlich machen wolle, ver- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- suche aber, den möglichen Schaden zu begren- NEN): Ja. zen. Was die NSA mache, machten genauso ja auch Großbritannien, Frankreich und deutsche Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich hätte jetzt nicht Dienste. sagen können, ob er es vor- oder nachher - - Ich wusste, dass er es auch in einer Regierungspres- Also, das war auch gegenüber deutschen Stellen sekonferenz mal verwendet hat. Das deutet da- etwas, was alle gesagt haben: Auch die Deut- rauf hin, dass wir darüber gesprochen haben. Ich schen machen das. - Und jetzt, Frau Merkel, er- hatte jedenfalls keinen Zweifel daran, dass dieser klären Sie mir doch, warum es bis zum März Satz politisch richtig ist und sich auch in der Pra- 2015 dauerte. Also, noch über zwei Jahre hat der xis dann so umsetzen lässt oder umgesetzt ist. deutsche Bundesnachrichtendienst Freunde ab- gelauscht. Es sind ja hier schon ein paar Sachen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gefallen. Wir haben diese Selektoren angeguckt. NEN): Ja. - Aber es gab ja dann doch eine ganze Es waren teilweise wirklich merkwürdige Such- Reihe von Hinweisen spätestens im Oktober, dass begriffe, die da eingesteuert wurden. Warum se- auch der deutsche Nachrichtendienst das Gleiche hen Sie sich da nicht in einer Verantwortung als tut. Fach- und Rechtsaufsicht, das vorher abzustellen, wenn Sie es denn die zehn Jahre, die Sie vorher Zeugin Dr. Angela Merkel: Warum im Oktober? regiert haben, schon nicht mitbekommen haben?

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, das, was Sie mir NEN): Weil da zum Beispiel die Washington Post von dem zuständigen Kanzleramtsminister am 30.10.2013 berichtete, dass der Bundesnach- Pofalla eben ja gesagt haben, dass er zwischen- richtendienst circa 300 US-Amerikaner über- durch mal einen solchen Versuch unternommen wacht. Hat Sie das erreicht? hatte, spricht ja dafür, dass der, der für die Fach- aufsicht verantwortlich war, schon sich dieses Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich erinnere mich Themas angenommen hatte. Dass das dann im- jedenfalls nicht. mer noch nicht vollständig befolgt wurde, fällt unter die Presseerklärung: technische und orga- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nisatorische Defizite. NEN): Einen Tag vorher hat auch Herr Clapper in einer Anhörung in den USA ganz Ähnliches ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sagt - nach dem Motto „Così fan tutte“ -: So ma- NEN): Ja, aber für Herrn Pofalla sind Sie jetzt zu- chen es alle. - Es gibt zahlreiche Unterlagen. Ich ständig und Herr Pofalla dann für den - - sage Ihnen jetzt mal nur eine einzige, die jetzt hier zufällig liegt, aus dem Auswärtigen Amt: ein Zeugin Dr. Angela Merkel: Im Sinne der Zustän- Gespräch am 02.07., also noch vor Ihrem State- digkeit für den BND bin ich nicht für Herrn ment. Das ist MAT A AA-1/6c_4.pdf, Blatt 16. Pofalla zuständig. Ich habe aber ausdrücklich ge- sagt, dass ich ihm vertraut habe und auch weiter vertraue.

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- NEN): Das verstehe ich. Aber er hat sein Wissen lichen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur nächs- mit zur Deutschen Bahn genommen. Er hat es ten Fraktion. Jetzt stellt die Fraktion der eben offensichtlich niemandem weitergegeben in CDU/CSU die Fragen. Frau Kollegin Warken be- dem Sinne, dass sich darum strukturell geküm- ginnt. mert wurde, was zu dieser maximalen Peinlich- keit im März 2015 geführt hat. Also, deswegen (CDU/CSU): Vielen Dank. - Guten die Frage: Was ist da falsch gelaufen Ihrer Mei- Tag, Frau Bundeskanzlerin! nung nach? Zeugin Dr. Angela Merkel: Guten Tag! Zeugin Dr. Angela Merkel: Herr Pofalla war ja hier als Zeuge und hat Ihnen sicherlich Auskunft Nina Warken (CDU/CSU): Sie hatten ja in Ihrem gegeben. Eingangsstatement schon Ausführungen dazu ge- macht, wie es war, als Sie von den Snowden-Ent- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hüllungen Kenntnis erlangt haben, was dann Ihre NEN): Ja, der wollte auch nicht schuld sein. Also, Gedanken, Ihre nächsten Schritte waren; die Kol- der hat sich dazu auch nicht erklärt. Der hat ge- legen haben Sie dazu ja auch schon befragt. Sie sagt: Ich habe auch alles richtig gemacht. - Des- haben ausgeführt, dass Sie die Leitplanken vorge- wegen ist ja die Frage - - Eben weil es keine per- geben haben, wie Sie sich künftig auch die Arbeit sonellen Konsequenzen wegen dieses Skandals des BND vorstellen. Es wurde ja einiges dann gibt, ist die Frage, wer eigentlich verantwortlich auch getan: die BND-Reform - Sie haben sie ist, und es wäre hilfreich für uns, wenn Sie uns selbst erwähnt -, die PKGr-Reform. Es gab ja das sagen könnten. durchaus auch in der Abteilung 6 in Ihrem Haus personelle Aufwüchse, Umstrukturierungen. Im Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage noch mal: Es BND schaut man jetzt genauer hin. Da gibt es ver- ist dann ja, auch durch Ihr Mitwirken - das muss besserte Weisungslagen, ein verbessertes Control- man zugeben -, dazu gekommen, dass wir, glaube ling, auch bei der Selektorenprüfung. Ist mit den ich, heute einen vollständigen Überblick haben. Dingen, die sich jetzt geändert haben, die verbes- Dass es da Defizite gab, wie wir es schon mit dem sert worden sind, das erfüllt worden, was Sie da- BND geschrieben haben, ist klar. Die Fragen, die mals vorgegeben haben? Sie stellen, kann ich nur so beantworten, dass ich trotz allem Vertrauen zu denen habe, die das ge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß nicht ganz macht haben, und dass wir in Zukunft sicherlich genau, ob ich das Wort „Leitplanken“, was ich unsere Schlussfolgerungen daraus ziehen. Das manchmal benutze, heute schon benutzt hatte; bedeutet, dass diejenigen, die für die Fachauf- aber im Grundsatz habe ich eine politische Vor- sicht des BND verantwortlich sind, genauer hin- gabe gemacht. Ich gehe davon aus, dass die Ver- gucken werden. antwortlichen das, was sie nach ihrer fachlichen Einschätzung für notwendig halten, gemacht ha- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben, ja. Sicherlich wird trotzdem - davon gehe NEN): Wie lange habe ich noch? ich auch mal aus - in Zukunft öfter hingeschaut werden, sowohl im BND als vielleicht auch bei Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt noch 30 der Fachaufsicht im Rahmen der neu gefundenen Sekunden. Für eine Frage würde es reichen. Die Strukturen. Antwort zählt ja nicht mit dazu, außer wir disku- tieren jetzt darüber. Nina Warken (CDU/CSU): Sie hatten ja gesagt, dass Sie zu Beginn auch dann konkrete Nachfra- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gen hatten, es Vorlagen gab, zum Beispiel über NEN): Die Antwort zählt nicht dazu. - Nein, ich die Programme Prism und Tempora. Wir haben gebe ab und hebe mir das für die nächste Runde auch durchaus ja in unseren Unterlagen einige auf. - Vielen Dank.

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Vermerke, die auch Ihre Paraphe tragen. Am An- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich will an der fang waren das mehr, und später, als das Ganze Stelle vielleicht noch mal sagen: Ich habe nie dann so schon Monate ging, waren es weniger Zweifel daran gehabt und habe auch heute keine oder keine Vermerke oder Vorlagen mehr, die Sie Zweifel daran, dass wir Nachrichtendienste brau- dann persönlich abgezeichnet haben. War das chen, eigene, gut ausgestattete. Wir sind ja inzwi- dann so, dass Sie sich dann eher mündlich haben schen auch hier sehr viel weiter, auch innerhalb berichten lassen über den Fortgang, oder haben der politischen Meinungsbildung, und haben die Sie gesagt: „Ich habe das Ganze jetzt sozusagen Ausstattung verbessert. Zum damaligen Zeit- abgegeben an meinen Chef BK und gehe davon punkt war, glaube ich, unstrittig - so hat man es aus, dass das auch so umgesetzt wird“, oder wie ja auch überall gelesen -, dass die Frage der muss man sich das vorstellen? Sauerland-Gruppe zum Beispiel sehr stark damit zusammenhing. Das ist das, woran ich mich jetzt Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, ich glaube, dass erinnere. Es gab dann noch mal einen versuchten ich schon über die politisch relevanten Dinge in- Anschlag auf einen Weihnachtsmarkt, wenn ich formiert wurde. Am Anfang die Nachfragen nach mich erinnere. Ich habe jetzt nicht alle Fälle vor Prism und Tempora hatte ich aufgrund von Pres- mir. Aber ich hatte keinen Zweifel daran, dass seberichterstattungen gemacht, habe mich dann die Aussage des amerikanischen Präsidenten, aber bereits Mitte Juli entschieden, mich mehr dass auch durch nachrichtendienstliche Zusam- um die politischen Implikationen zu kümmern, menarbeit Leben gerettet werden kann, richtig ist. deshalb also auch die Vorlagen, die ich Ihnen ja Heute habe ich sie mindestens so wenig, und gesagt habe, im August und dann wieder im Ja- eigentlich hat es sich noch stärker bewiesen als nuar zu dem Stand der Gespräche über eben auch richtig. Verabredungen zum sogenannten No-Spy-Ab- kommen. Nina Warken (CDU/CSU): Sie haben bei Ihrer Rede anlässlich des 60-jährigen Jubiläums des Nina Warken (CDU/CSU): Ich möchte - - BND auch gesagt, dass der BND unverzichtbar ist. Sie haben auch gesagt, dass die Zusammenarbeit Zeugin Dr. Angela Merkel: Zwischenzeitlich hat- mit anderen Nachrichtendiensten eben auch ten sich nach meiner Erinnerung auch eine ganze wichtig ist. Was sind denn Ihres Erachtens die Reihe von Sachverhalten geklärt, also dass, wie Voraussetzungen, die Bedingungen, die für sol- Herr Sensburg schon sagte, die flächendeckende che Kooperationen gelten müssen mit anderen Ausspähung nicht stattgefunden hatte usw. Nachrichtendiensten?

Nina Warken (CDU/CSU): Zum Prism-Programm Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich glaube, dass haben Sie in dem Sachstandsvermerk, den Sie wir eine weit gefächerte Zusammenarbeit brau- auch vorhin erwähnt hatten, den Sie im Juni chen, auch mit vielen Ländern. Wir haben im Zu- 2013 angefordert hatten, auch den Hinweis oder sammenhang mit Anis Amri jetzt gehört - da gehe die Ausführungen, dass die NSA eben mitgeteilt ich wieder von presseöffentlichen Dingen aus -, hat, dass zur Verfügung gestellte Informationen dass uns auch nordafrikanische Dienste zum Bei- zu Terrorismussachverhalten auch aus dem spiel Informationen zur Verfügung stellen. Also, Prism-Programm stammen. Präsident Obama hat ich glaube, die Gruppe derer, die im Kampf gegen sich zum Thema „Datensammlung der NSA“ ja den islamistischen Terrorismus vereint ist und auch bei seinem Berlin-Besuch geäußert und hat dagegen ankämpft, ist eine ziemlich große gesagt: Die Folge davon ist, dass wir Leben ret- Gruppe von Ländern. Natürlich muss man sich ten. - Haben Sie denn einen Wissensstand oder darüber austauschen. wie ist denn Ihre Einschätzung zu der Frage, die ja schon in der Öffentlichkeit auch kontrovers Nina Warken (CDU/CSU): Was würden Sie - - diskutiert wird, ob und wie viele Terroranschläge Wir hatten jetzt vorhin von Leitplanken oder durch die Überwachungsprogramme der NSA tat- Grundlinien - - Welche Grundlinien oder poli- sächlich verhindert werden konnten? tischen Voraussetzungen würden Sie formulieren

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Nur zur dienstlichen Verwendung wollen, die für diese Kooperationen gelten sol- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe mich erkun- len? digt bei dem, der zuständig ist, also beim Chef des Kanzleramtes, es kann sein, ich habe auch - Zeugin Dr. Angela Merkel: Dass man sich offen das kann ich jetzt nicht mehr genau sagen - noch seine Informationen sagt über solche Sachver- mal mit Herrn Fritsche gesprochen und auf der halte, zum Beispiel den islamistischen Terror. Grundlage, weil der Vizekanzler mich gefragt Trotzdem kann es sich um Länder handeln, die hatte, ihm die Auskunft gegeben, die ich bekom- unsere Wertebasis, auch was die Einhaltung von men hatte. Menschenrechten anbelangt, vielleicht nicht 100 - - in vollem Umfang entsprechen. Da haben Nina Warken (CDU/CSU): Herr Gabriel hat ja den wir dann darüber Diskussionen. Trotzdem arbei- Fall EADS als Wirtschaftsspionage eingeordnet. ten wir mit den Diensten zusammen oder die Können Sie sich ein Bild machen, wie er dann Dienste miteinander zusammen. dazu kam aus dem, was er von Ihnen gehört hat?

Nina Warken (CDU/CSU): Die nicht die Werte- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. basis vielleicht unbedingt teilen, aber dann doch das gegenseitige Recht und die Einhaltung des Nina Warken (CDU/CSU): Ich möchte zu einem Rechts des anderen Landes respektieren. anderen Komplex noch kommen. Ursächlich für, glaube ich, unsere Tätigkeit hier und Ausgangs- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, gut. Ich sage punkt von allem waren ja die Enthüllungen von mal: Da waren wir uns ja jetzt schon einig. Mit Edward Snowden im Frühsommer 2013. Es der 360-Grad-Überwachung, die eingeführt wurde dann direkt und bis heute auch viel über wurde, gucken wir jetzt natürlich nach der Tätig- die Person Edward Snowdens ja gesprochen. Es keit aller Dienste, egal ob wir in Allianzen mit- kamen bald Forderungen oder die Frage ist in einander verbunden sind, wie in der transatlan- den Raum gestellt worden: Müssen wir ihm hier tischen oder in der europäischen, und egal ob wir Asyl gewähren? Später ging es darum, inwiefern eben sonst Länder sind, die auf verschiedene er als Zeuge für diesen Ausschuss hier in Weise kooperieren, ohne nun in gemeinsamen Deutschland aussagen kann und ob das nicht er- Organisationen wie zum Beispiel der Europäi- möglicht werden müsse seitens der Bundesregie- schen Union zu sein. rung. Können Sie uns sagen, aus welchen Grün- den die Bundesregierung bislang sich geweigert Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben hier ja auch hat, Herrn Snowden trotz sehr vieler Initiativen, den Vorwurf der Wirtschaftsspionage zu klären, vieler Diskussionen eine Einreise nach Deutsch- also ob der BND in irgendeiner Weise geholfen land zu ermöglichen? hat bzw. ob die NSA eigentätig hier spioniert hat, um ihren Unternehmen Wettbewerbsvorteile zu Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich habe mich verschaffen. Den Vorwurf konnten wir hier so im hier immer wieder auf die Feststellungen - - Das Ausschuss nicht belegen. Es handelt sich viel- ist ja vom Bundesjustizministerium, also vom mehr immer um die Phänomenbereiche der BMJV, und vom AA umfassend geprüft worden. Proliferation zum Beispiel, was ja auch nach dem Ich habe mich auf die Einschätzungen jeweils ge- BND-Gesetz explizit erlaubt ist. Als damals aber stützt und verlassen, habe auch nie Widerspruch Vorwürfe aufkamen, hat Ihr Vizekanzler, Bundes- dazu gehört innerhalb der Bundesregierung. minister Gabriel, gesagt, Sie hätten ihm zweimal versichert, es habe über den bekannten Fall Nina Warken (CDU/CSU): Es wird ja in der Öf- EADS hinaus keine Hinweise auf Wirtschafts- fentlichkeit oft gesagt, dass man ihm eben auch spionage gegeben. Können Sie uns dazu Näheres viel zu verdanken hat, viele Informationen zu ausführen? Wie war da Ihr Informationsstand? verdanken hat und dass es eine nette Geste wäre, Von wem wurde an Sie berichtet, sodass Sie ihn hierher zu holen und ihm entweder Asyl zu dann auch wieder Herrn Gabriel informieren gewähren oder dass wir hier zumindest die Gele- konnten? genheit haben, ihn als Zeugen - -

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr richtig berührt hat, dass man erst dann richtig tä- Wolff von der Bundesregierung. tig geworden ist, als man dann erfahren hat, dass auch das Kanzlerinnenhandy eben Ziel der NSA MR Philipp Wolff (BK): Ich möchte nur darauf gewesen ist. Was würden Sie dem Vorwurf ent- hinweisen, dass das aus unserer Sicht nicht un- gegnen? tersuchungsgegenständlich ist, dass man natür- lich Angaben ohne Anerkenntnis einer Rechts- Zeugin Dr. Angela Merkel: Mein halbes Ein- pflicht dazu machen kann, sofern man das will. gangsstatement.

(Hans-Christian Ströbele (Heiterkeit) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das ist doch egal, ob Also, ich - - Nein, wir haben davon gehört, und mit oder ohne! - Heiterkeit) wir sind natürlich umgehend tätig geworden und haben - - Es war ja - - ergab ja noch der Zufall, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Warken dass auch der amerikanische Präsident bereits am darf weiter fragen und die Bundeskanzlerin na- 19. Juni Deutschland besucht hat. Da war das ein türlich ohne Anerkennung einer Rechtspflicht umfassendes Thema. Dann haben wir natürlich antworten. Herr Ströbele fragt vielleicht noch mal den gesamten Sommer über - - Sie haben ja den nach dem Friedensnobelpreis, aber nichtsdesto- Kanzleramtsminister Pofalla hier auch als Zeugen trotz müssen wir mal schauen, was denn die gehabt, der sich ausführlich mit dem gesamten Gründe waren. Ich glaube, da will Frau Warken Themenkomplex ja befasst hat. Das PKGr hat sich drauf hinaus. permanent, glaube ich, wenn ich mich recht erin- nere, damit befasst; damals war Herr Oppermann Nina Warken (CDU/CSU): Genau, die Gründe. - der Vorsitzende. Insofern kann man wirklich Sie hatten ja auch schon eben geantwortet. Aber nicht sagen, dass wir erst begonnen haben, uns die Forderung bleibt ja in der Öffentlichkeit, dass mit den Dingen zu befassen, als es Oktober 2013 man ihn doch hierher holen müsse auch ein war, sondern nach meiner Erinnerung hat es den Stück weit aus Dankbarkeit - so habe ich es eben Sommer ausreichend bestimmt. genannt - und eben, weil er uns noch weiterhel- fen kann. Was würden Sie da entgegnen? Nina Warken (CDU/CSU): Gut. - Ist Ihres Erach- tens zwischenzeitlich sichergestellt, dass die Re- Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn ich jetzt recht gierungskommunikation sicher ist? informiert bin, gab es ja verschiedene Angebote des Untersuchungsausschusses - von Videokonfe- Zeugin Dr. Angela Merkel: Wie ich schon sagte: renz bis noch anderen; da weiß ich jetzt nicht Ich habe auch vorher darauf geachtet, dass das alle einzelnen -, die alle abgelehnt wurden. Inso- Kommunikationsverhalten dem entsprechenden fern ist es ja nicht so, dass es nicht irgendwie Kommunikationsgegenstand angemessen ist. Das auch Angebote gab, Informationen einzuholen. wird auch weiter so gehandhabt.

Nina Warken (CDU/CSU): Aber darüber hinaus- Nina Warken (CDU/CSU): Herr Könen - das ist gehend würden Sie nicht gehen wollen? der Vizepräsident des BSI - war ja hier auch als Zeuge und hat uns berichtet, dass er Ihnen da- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. mals auch angeboten hat, dass das BSI Ihr Mobil- telefon physisch untersucht. Er hat gesagt: Nina Warken (CDU/CSU): Die Thematik bezüg- lich Ihres Handys wurde vorhin schon mit Ihnen Wir haben es angeboten ... Aber ja auch besprochen. Es wurde immer wieder der das Angebot ist nicht angenom- Vorwurf erhoben, dass das Thema NSA-Überwa- men worden. chung die Regierung oder Sie selbst erst dann

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War es Ihnen denn damals nicht wichtig, genau ist, dass die Schlussfolgerung 360-Grad-Über- zu klären, ob Ihr Telefon manipuliert worden wachung natürlich auch für sich spricht. war? Nina Warken (CDU/CSU): Das wäre nämlich Zeugin Dr. Angela Merkel: In der Abwägung der meine nächste Frage gewesen, ob Vertrauen denn Frage, was man da als Mehrgewinn herausfinden da ausreichend ist bzw. der einzige Maßstab sein konnte, und der Frage, wie viele Erkenntnisse kann und ob man nicht auch - man über mein gesamtes Kommunikationsverhal- ten gewinnen konnte, was aus meiner Sicht zum Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Kernbereich meiner Tätigkeit als Bundeskanzle- rin gehört, habe ich mich entschieden, mir ein Nina Warken (CDU/CSU): - ein gesundes Maß an neues Gerät zu nehmen und nicht die Überwa- Misstrauen einfach haben muss. chung zu - - oder die Untersuchung, das Angebot anzunehmen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Deshalb ist von mir ausdrücklich die Entscheidung des Bundes- Nina Warken (CDU/CSU): Haben Sie denn dazu innenministers der 360-Grad-Überwachung un- auch konkrete Auskünfte seitens der US-Regie- terstützt worden. rung bekommen, was da - Nina Warken (CDU/CSU): Gut. - Dann gebe ich Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. an der Stelle ab an den Kollegen. - Vielen Dank.

Nina Warken (CDU/CSU): - Sachlage war? - Im Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. - Ich habe Rosengarten des Weißen Hauses bei einer ge- nur noch mal eine Fragerichtung, weil die Fragen meinsamen Pressekonferenz mit Präsident der Kolleginnen und Kollegen vorher mich ein- Obama Anfang Mai 2014 - die Frage war, ob Ver- fach dazu reizen: Es ist ja nun wirklich so, dass trauen wiederhergestellt sei - haben Sie gesagt - die Bundeskanzlerin für das Wohl und Wehe des Zitat -: ganzen Landes verantwortlich ist - das ist halt so -, natürlich damit auch für das ordentliche Es kann und wird mehr geben, als Arbeiten des Bundeskanzleramtes und alles, was zur Tagesordnung überzugehen. dadrunter untergliedert ist. Trotzdem gibt es ja die Arbeitsstruktur, die Sie eigentlich hinrei- Wurde denn Ihres Erachtens seitens der US-Re- chend dargelegt haben. Können Sie es trotzdem gierung in der Folgezeit dann ausreichend Ver- noch mal machen, dass klar wird: „Wofür ist der trauen aufgebaut? Chef des Bundeskanzleramtes gut? Was macht der mit Blick auf die Nachrichtendienste? Wofür Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn ich mich recht ist der Nachrichtendienstbeauftragte, Staatssekre- erinnere, hat Präsident Obama dann selber ja - tär Fritsche, in dem konkreten personellen Fall und darüber hat er ja auch in öffentlichen Reden zuständig?“, weil ja immer die Frage auch auf- berichtet - doch Änderungen auch des Erfas- kommt: „Frau Bundeskanzlerin, hätten Sie nicht sungs- - oder der Arbeit der Nachrichtendienste den Selektor da aus dem Topf nehmen müs- in den Vereinigten Staaten von Amerika vorge- sen?“? So kommt es mir manchmal vor, weil das nommen und auch mehrfach darüber gespro- verschließt den Blick ein bisschen auf die kon- chen. Das bedeutet nicht, dass alle Einschätzun- kreten Probleme, die aufgetaucht sind. gen jetzt zwischen den Vereinigten Staaten von Amerika und Deutschland hier schon überein- Ich sehe bei den Anschuldigungen, die im Som- stimmen. Aber es sind durchaus auch Schritte in mer 2013 peu à peu kamen - und Sie hatten das den Vereinigten Staaten von Amerika unternom- gesagt, auch Kolleginnen und Kollegen hatten men worden. Und damit ist natürlich auch ein das gesagt -, vieles für nicht gegeben. Ich sehe Schritt zu mehr Vertrauen da. Und das Zweite aber andere Probleme, die wir im Sommer 2013 gar nicht auf dem Schirm hatten, für in diesem

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Untersuchungsausschuss aufgetreten. Das mit Und Strang zwei war, dass erkennbar war bei der den Selektoren, ich glaube, das hatte hier keiner Bildung der neuen Bundesregierung, dass uns auf dem Schirm. Selbst wenn man da auf einem das Thema NSA und die Fragen, die damit zu- Chart von den Veröffentlichungen von Edward sammenhängen, noch weiter beschäftigen wer- Snowden da was mit Selektoren sieht, dann hat den. Auch klar war, dass der Kanzleramtsminis- keiner im Grunde die Reichweite der Problematik ter ja sonst auch noch ein paar Dinge zu tun hat erkannt, wie sie ja teilweise sogar erst 2015 uns und man deshalb die personelle Kapazität an die- allen gewahr wurde, auch uns. ser Stelle auch verstärken wollte.

So. Und deswegen, glaube ich, muss man mal be- Jetzt will ich - - Weil es sich ja hier auch um ein stimmte Dinge trennen, bei denen wir uns ver- Thema handelt, das von hoher gesamtgesell- kämpfen würden, und bei den Dingen, wo wir schaftlicher Verantwortung ist, deshalb habe ich wirklich genau hingucken würden und wo ich ja auch von den ersten Tagen nach dem Bekannt- Verbesserungsbedarf sehe, wo wir auch be- werden der Informationen an nicht geschwiegen stimmte Dinge schon gemacht haben, wo ich und mich damit herausgeredet, dass der Zustän- auch mit Blick auf den Abschlussbericht gerne dige für die Rechts- und Fachaufsicht des BND herausarbeiten würde: Welche Punkte müssen bitte mal die Sachen klären sollte, sondern ich vielleicht noch kommen? - Also, jetzt die kon- habe sehr klare politische Vorgaben gemacht und krete Frage noch mal: Welche Verantwortung hat mein Verständnis auch deutlich gemacht. Und die Funktion von Staatssekretär Fritsche aus ich glaube, wenn man sich die heutige Rechtsset- Ihrer Sicht mit Blick auf die Nachrichtendienste? zung anguckt, die wir jetzt auch im Zusammen- Was muss der da machen? hang mit islamistischem Terror machen, im Par- lament, in der Bundesregierung, dann geht es Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, für die Rechts- doch dauernd um diese Balance von Sicherheit und Fachaufsicht für den BND ist, wie gesagt, und Freiheit und „Was ist angemessen? Was ist seit Jahr und Tag - ich würde sagen, fast seit Be- nicht angemessen?“. Also, das hat sich doch jetzt stehen der Bundesregierung; ich weiß jetzt nicht durch die Jahre eigentlich bestätigt und ist fast genau, ob das 1949 schon so war - aber immer im Augenblick noch mal wieder virulenter als entweder ein eigener Staatsminister verantwort- damals. Also trage ich natürlich für die Frage, lich oder aber der Chef des Kanzleramtes. Die Po- wie wir mit solchen wesentlichen Fragen umge- sition von Staatssekretär Fritsche ist zum Teil hen, als Bundeskanzlerin Gesamtverantwortung; schon eine Aus- - speist sich aus zwei Wurzeln. das ist klar.

Ich weiß jetzt nicht genau, ob es ein PKGr-Bericht Und dann gibt es eben die Ressortprinzipien mit war oder andere Berichte, die darauf die Bundes- den anderen Ministern, und dann gibt es eben regierung aufforderten, mehr für die Koordinie- auch die spezielle Verantwortlichkeit der Fach- rung der Tätigkeit aller Nachrichtendienste zu und Rechtsaufsicht, verstärkt durch den Koordi- tun, weil das Kanzleramt für den BND verant- nator für die Dienste, jetzt von Herrn Fritsche. So wortlich ist, das Bundesinnenministerium für würde ich die Sachlage darstellen. Und da ist das den Verfassungsschutz, Verteidigungsministe- Thema Fach- und Rechtsaufsicht im Zusammen- rium für MAD und dann daraus sich auch sozu- hang mit dem BND eben auch ein wichtiges sagen durchaus Reibungen oder Effizienzver- Thema gewesen und wird es auch in der Zukunft luste - oder wie immer das eingeschätzt wurde bleiben. seitens der Kollegen, ich glaube, im PKGr - erga- ben. Und man hat die Bundesregierung aufgefor- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wer ist denn dert, etwas zu tun, damit diese Arbeiten besser damals 2013 auf die Idee gekommen, Herrn koordiniert werden können. Das war sozusagen Schmidbauer da zu installieren - - Herrn Fritsche Wurzel eins oder Strang eins, aus der sich die Er- zu installieren nennung von Herrn Fritsche speiste. (Heiterkeit)

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Nur zur dienstlichen Verwendung in der Stelle? Weil vorher gab es die ja nicht. einzelnen Sachbearbeiter eher freizeichnet, weil, Vielleicht war mein Versprecher sowieso gar wie gesagt, Fehler können immer passieren. nicht so falsch, weil - - Diese Sichtweise sehen wir von der Struktur des Grundgesetzes, was das Berufsbeamtentum be- Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau. Wenn ich trifft und die Haftung von Beamten, ja im Grunde mich recht erinnere, war das der Kanzleramts- bis ins Beamtenrecht, bis in die tägliche Praxis. minister Pofalla, der ja aus der Situation heraus, die wir kannten, bei der nächsten Regierungsbil- Dieses Melden hat aber nicht geklappt. Und da, dung gesagt hat, mich auf die Wünsche des Parla- meine ich, müsste man vielleicht noch mal hin- ments hingewiesen hat, eine bessere Koordinie- schauen und sagen: Warum eigentlich nicht? - rung zu gewährleisten, und auch natürlich auf Weil wir wollen ja in Zukunft gewährleisten, die Summe der Arbeit hingewiesen hat, die auch dass das Bundeskanzleramt mit der Funktion, die in den nächsten Monaten noch auf uns sicherlich ja von Herrn Fritsche ausgeübt wird und durch zukommt. Es war ja absehbar bei der Regierungs- die Abteilung 6 ja gewährleistet wird, dann auch bildung, dass auch ein Untersuchungsausschuss mal etwas bemerkt, wenn der Bundesnachrich- gebildet wird. Der ist dann zwar erst im Frühjahr tendienst an irgendeiner Stelle in der Hierarchie gebildet worden; aber das war ja im Raum. Die mauert, was nicht passieren darf. Eigentlich er- Opposition hatte das, glaube ich, schon angekün- warte ich von einer Behörde, dass es von unten digt, dass sie das tun werde. Und in dem Zusam- nach oben hochgeht, ob das das Meldeamt ist bis menhang haben wir diese personelle Verstärkung zum Bürgermeister. Wenn ein Bürgermeister gemacht, und ich bin diesem Vorschlag gefolgt. nicht erfährt, was in seinem Einwohnermeldeamt Die Koalitionsfraktion, also die SPD, mit der wir passiert, dann ist das auch unglücklich. das natürlich diskutiert haben, ist dem auch ge- folgt. Und so ist Herr Fritsche an diese Stelle ge- Und dann müsste man jetzt mal wirklich kommen. schauen: Wie kriegen wir es hin, dass unter den besonderen Voraussetzungen von Polizei und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Und den Nachrichtendiensten, die wir mit Eingriffsrech- Untersuchungsausschuss haben wir ja auch ten ausstatten - was ja etwas mehr ist als viel- weise im Koalitionsvertrag verankert. - Mir geht leicht bei einem Einwohnermeldeamt -, dann es so ein bisschen darum: Da ist ja nun was auch gewährleistet ist bei diesem starken Pfund schiefgelaufen - und das wissen wir alle, und das an Möglichkeiten - - auf der anderen Seite die haben wir auch alle festgestellt -, dass der Einsatz Rechtfertigung - klar - durch das, was Sie zu von Selektoren im Bundesnachrichtendienst, aus Recht dargestellt haben: „Notwendigkeiten der welcher Motivation auch immer - - Ich habe da Gewährleistung der Sicherheit“, aber auch Kon- meine Theorie. Aber ob die die richtige ist, wer- trolle? den wir nicht ergründen können, weil wir wahr- scheinlich nicht in die Köpfe des ein oder ande- Und ich habe das öfters gesagt: Ich sehe uns na- ren hineinschauen können. Das ist falsch gelau- türlich in der Bütt als Parlamentarier, weil wir fen, vielleicht durch Übermotiviertheit, warum können auch nicht hinter jeden Mitarbeiter des auch immer. BND einen Parlamentarier stellen, sondern es muss gewährleistet sein, dass die Dienst- und Aber das Problem, was ich sehe - und das, was ja Fachaufsicht, die das auch nicht kann, aber die ich eben meinte: „weil Dinge falsch laufen; kann Sicherheit hat, dass diese Meldung - - dass die passieren“ -, ist, dass das nicht wie eigentlich in Erkenntnisse auch vernünftig fließen. Deswegen einer deutschen Behörde üblich - - Und wenn haben wir im BND-Gesetz ja die Zeichnung man die Struktur von deutschen Behörden kennt, durch den BND-Präsidenten inzwischen etabliert, dann weiß man, dass besondere Vorkommnisse wenn Abhörmaßnahmen stattfinden. Aber muss gemeldet werden, dass Versäumnisse gemeldet nicht im umgekehrten Schluss auch aufseiten des werden, dass der Grundsatz, den man nicht nur Kanzleramtes noch was kommen, weil man ja beim Militär hat, „Melden macht frei“, auch den eben anscheinend nicht gewahr sein kann, dass

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Nur zur dienstlichen Verwendung alles ordentlich läuft wie in einer deutschen Be- damit beschäftigt - sehr viel aufmerksamer ist hörde? Was ich auch erwartet hätte, muss ich und das PKGr auch sicher in der Folge jemanden ganz ehrlich sagen: dass die Dinge eben hoch- also jetzt gestärkt hat und seinerseits die Überwa- kommen. chung auch technisch mit sehr viel mehr verfol- gen will. Und ich glaube, eine Parallelität wird Und ich würde mir vielleicht als Anregung - ich da auch auf der Regierungsseite natürlich statt- weiß nicht, ob wir uns darauf einigen in einem finden. Und trotzdem, sage ich Ihnen, wird es Abschlussbericht - noch ein bisschen mehr tech- nicht gelingen, die Rechts- und Fachaufsicht auf nische Expertise in der Abteilung 6 wünschen - den gesamten Stand dessen zu bringen, was die weil ich kannte da auch vieles nicht, was dort Fachleute in dem technischen Bereich des BND stattfindet im Bundesnachrichtendienst -, insbe- können. Das wäre eine Duplizierung einer Be- sondere wenn man die Expertise erweitert mit- hörde, die zum Schluss wieder zu den gleichen hilfe der Partner, dass man einfach noch stärker systemischen Schwächen führen kann wie die gewahr ist, was denn an Neuerungen in diesem Behörde selbst. Und deshalb kann man da sicher- Neuland, was sich irgendwie anscheinend zum lich die Transparenzforderung sehr viel stärker Alltag erschließt, dann in Zukunft auch passiert noch stellen. Aber zum Schluss müssen wir uns - im BND, also vielleicht die Erweiterung des tech- und ich glaube, das können wir auch - darauf nischen Know-hows in der Abteilung 6, weg von verlassen, dass auch der BND selbst aus diesen der klassischen juristisch ausgerichteten Dienst- Vorkommnissen gelernt hat. und Fachaufsicht mit dem ein oder anderen, der vielleicht ein Experte ist im Bereich von dem, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- was wir als Nachrichtenwesen bezeichnen. Denkt lichen Dank. - Wir kommen jetzt zur zweiten Fra- man darüber nach im Kanzleramt? Oder bin ich gerunde. In der zweiten Fragerunde beginnt wie- jetzt völlig auf dem Holzweg und Sie sagen: der die Fraktion Die Linke und, ich glaube, auch „Herr Sensburg, ist ja schön, was Sie sich da ein- wieder Frau Kollegin Renner. fallen lassen nach drei Jahren; aber ich sehe das anders“? Martina Renner (DIE LINKE): Danke, Herr Vorsit- zender. - Frau Dr. Merkel, in Ihrer Sommerpres- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ehrlich gesagt, sekonferenz am 19. Juli 2013 führten Sie aus: wäre das eine Frage, die ich dem Kanzleramts- minister dann noch mal stellen würde. Ich will Um es noch einmal ganz klar und Folgendes sagen: Es ist ja so gewesen, dass der unmissverständlich zu sagen: Auf Untersuchungsauftrag dann, nachdem bekannt deutschem Boden hat man sich an wurde, dass auch der BND eigene Selektoren ge- deutsches Recht zu halten. steuert hatte, noch mal erweitert wurde, wenn ich das richtig sehe. Und es ist ja bis dahin auch Wie stellt die Bundesregierung sicher, dass die sozusagen eine Vollständigkeitserklärung abge- NSA sich daran hält? geben worden vom BND; das muss ja jedes Mal sein. Und auf diese Vollständigkeitserklärung hat Zeugin Dr. Angela Merkel: Durch die 360-Grad- sich natürlich die Rechts- und Fachaufsicht auch Überwachung. verlassen. Und ich glaube, dass der neue BND- Präsident doch auch im Lichte dessen, was vor- Martina Renner (DIE LINKE): Die hat ja bei gefallen ist, schon sehr viel aufmerksamer sein Markus R. weniger gut funktioniert. wird an dieser Stelle. Also, dass die Dinge ja auch im BND nicht ohne Wirkung geblieben Zeugin Dr. Angela Merkel: Na - - sind, davon gehe ich ganz fest aus. Martina Renner (DIE LINKE): Die hat beim Kanz- Und das Zweite ist, dass natürlich auch sicher- lerinnenhandy weniger gut funktioniert, und die lich die Abteilung 6 - aber da muss ich darüber hat bei den NSA-Selektoren auch nicht so gut sprechen; ich habe mich da jetzt im Detail nicht

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung funktioniert. Gibt es in dem Bereich irgendwel- sind, und den Dingen, die nach dem BND-Gesetz, che Konsequenzen, dass man zum Beispiel hier auch nach dem neuen BND-Gesetz, abgedeckt auch gegenüber der amerikanischen Seite inten- sind. Und wenn es da viele große Zahlen von et- siver um Sachstandsberichte bittet, dass man Ein- was gibt - was ich technisch nicht voll durchbli- blick erhält zur Überwachungspraxis in Deutsch- cke -, dann sollte man mit der großen Zahl aus land und Europa, oder ist das heute der Stand, meiner Sicht nicht Eindrücke erwecken, die viel- wie er vor Sommer 2013 war? leicht in die Irre führen.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wenn ich recht Martina Renner (DIE LINKE): Na, dann reden wir informiert bin, ist ja die Tatsache, dass es Mar- über die rechtswidrigen NSA-Selektoren: Sie kus R. im BND gab, nicht von amerikanischen sprachen davon, dass die USA leider nicht zuge- Behörden uns gesagt worden, - stimmt hätten, dass der Untersuchungsausschuss diese einsehen könne. Aus den Unterlagen, die Martina Renner (DIE LINKE): Nein. wir gesehen haben, und aus den Gesprächen, die wir mit der Bundesregierung geführt haben, geht Zeugin Dr. Angela Merkel: - sondern war - - eher hervor, dass die USA sich eher zurückhal- tend geäußert haben und die Letztentscheidung Martina Renner (DIE LINKE): Aber er ist erst von der Bundesregierung überlassen haben, ob dem der CIA geschickt worden. Ja. Untersuchungsausschuss die Selektoren vorge- legt werden. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, das ist ja ein Un- terschied. Also, es geht jetzt ja darum: Was kön- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich muss jetzt, damit nen wir ermitteln? - Und das war ja offensicht- ich es richtig sage - - Es bedarf der ausdrück- lich eine Sache, die dann von deutscher Seite aus lichen - - ans Tageslicht gekommen ist und mit der dann ja auch in entsprechender Weise umgegangen (Die Zeugin blättert in wurde. Zweitens - sage ich noch mal -: 360-Grad. ihren Unterlagen) Drittens werden wir immer wieder versuchen, mit der amerikanischen Seite über gemeinsame Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Bundes- Grundsätze zu sprechen. Aber wir hatten erst ein- kanzlerin, dazu meldet sich auch Herr Wolff. mal nicht den gewünschten Erfolg; darüber habe ich ja auch berichtet. MR Philipp Wolff (BK): Also, ich will nur auch insofern darauf hinweisen: Der Umgang mit den Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie eine Selektoren gegenüber dem Untersuchungsaus- Vorstellung, wie viele NSA-Suchbegriffe auf der schuss ist auch nicht untersuchungsgegenständ- Datenbank des Bundesnachrichtendienstes lie- lich; da sind wir uns, glaube ich, einig. fen? (Dr. André Hahn (DIE Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. LINKE): Es geht um Be- weisanträge, die hier gestellt wurden!) Martina Renner (DIE LINKE): Das waren 13 Mil- lionen. Wie viel es derzeit sind, wissen wir nicht; Die Zeugin kann natürlich dazu Aussagen ma- vielleicht Mitglieder des PKGr hier im Raum. Es chen. Aber ich glaube, das ist unbestritten, dass ist doch eine ganz erhebliche Anzahl - oder? -, das Verfahren an sich nicht Gegenstand des Un- wenn jeder Einzelne dieser Selektoren einen tersuchungsausschusses ist. Grundrechtseingriff normiert. Martina Renner (DIE LINKE): Dann machen wir Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja. Ich glaube, wir ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht - - müssen jetzt wirklich wieder unterscheiden zwi- schen den Dingen, die nicht richtig gelaufen

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

MR Philipp Wolff (BK): Da kann man in Bera- eigentlich vor dem Hintergrund, dass es mittler- tungssitzung darüber sprechen, und da haben wir weile einen neuen und auch anderen US-Präsi- auch intensiv darüber gesprochen. denten gibt und insbesondere eine andere Hal- tung der US-Regierung im Bereich Bürger- und Martina Renner (DIE LINKE): Aber wenn wir Freiheitsrechte, gegebenenfalls die Notwendig- heute die Gelegenheit haben, eine Zeugin zu keit, die Entscheidung der Bundesregierung und sprechen, die verantwortlich ist für solche poli- damit auch der Mehrheit in diesem Ausschuss, tischen Entscheidungen, dass man zum Beispiel nämlich der regierungstragenden Fraktion, zu dem Untersuchungsausschuss wichtige Beweis- überdenken, die Zeugeneinvernahme von mittel nicht gibt, dann versuchen wir ja natürlich Edward Snowden weiter zu blockieren? heute, die Gelegenheit zu nehmen, dies zu the- matisieren. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich möchte meinen Ausführungen von erst jetzt nichts hinzufügen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau. Und Herr Wolff ist so sachkundig, dass er dann immer auf Martina Renner (DIE LINKE): Also, Sie würden die - sagen: Unter der neuen Administration hat sich nichts geändert, was die Haltung der Bundes- Martina Renner (DIE LINKE): Genau. regierung beeinflussen könnte.

Zeugin Dr. Angela Merkel: - Qualität meiner Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sehe keinen er- Aussagen hinweist, und dafür bin ich sehr dank- gänzenden Sachverhalt, den ich jetzt noch zu bar. - Ich kann und will zu dem Thema auch nur dem Thema sagen könnte. Wenn ich mich recht wieder zitieren, was ich schon im Eingangsstate- erinnere, war es sowieso ja nicht der Gegenstand ment habe: Die Third Party Rule gilt. Das heißt, des Untersuchungsausschusses. die Herausgabe der Selektoren ohne ausdrück- liche Zustimmung der USA ist nicht möglich. - Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber es ist unser Und eine solche ausdrückliche Zustimmung hat zentraler Beweisbeschluss und - - es nicht gegeben. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ja. Den achte ich ja Martina Renner (DIE LINKE): Sie führen ja nun auch. Deshalb habe ich ja Frau Warken auch das natürlich auch vielfältige Gespräche mit ver- gesagt, was ich dazu sagen kann. Aber das war er- schiedenen Personen in der US-Administration. schöpfend aus meiner Sicht. Spielte das dort mal eine Rolle, inwieweit man die Arbeit des deutschen Untersuchungsaus- Martina Renner (DIE LINKE): Wenn Sie über die schusses, also des deutschen Parlamentes, gege- Fragen der Kontrolltätigkeit des Bundeskanzler- benenfalls befördert oder hemmt? amtes beraten haben - was sicherlich gelegentlich Thema war in den letzten Jahren -, wer ist dort Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich habe der- Ihr erster Ansprechpartner, Herr Fritsche oder artige Gespräche nicht geführt. Aber es ist ja be- Herr Altmaier? kannt, dass es ein Konsultationsverfahren dazu gab. Also: Es wurden solche Gespräche geführt; Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wir nähern uns natürlich. jetzt auch sehr stark dem Kommunikationsver- halten innerhalb der Bundesregierung, was ich Martina Renner (DIE LINKE): Frau Kollegin War- dem Arkanbereich zurechnen würde. Ich darf ken hat ja vorhin schon auf die Rolle der Bundes- Ihnen aber sagen, dass mein erster Ansprechpart- regierung im Zusammenhang mit unserer Zeu- ner in jedem Falle der Chef des Kanzleramtes ist. genladung Edward Snowden abgestellt. Ich Das soll aber keine Herabsetzung von Herrn Frit- würde gerne nur eine Frage ergänzen zu Ihren sche sein. Nur, es liegt in der Natur der Sache. Antworten, die Sie vorhin gaben: Sehen Sie

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1. Untersuchungsausschuss

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Martina Renner (DIE LINKE): Und als man Sie Steuerung dieser NSA-Selektoren nicht unseren informierte - das hat man sicherlich irgendwann Vorstellungen von der Tätigkeit des BND ent- getan -, dass fragwürdige BND-Selektoren aufge- sprach, als auch - - Wobei ich ja da zu dem Zeit- funden wurden, die sich gegen Botschaften, euro- punkt gar nicht wusste und auch zum heutigen päische Einrichtungen, Regierungsstellen, inter- Zeitpunkt nicht - - mich intensiv bemüht habe, nationale Institutionen und vieles mehr richte- was - - Mir ist nur gesagt worden, dass es Steue- ten, was hat man Ihnen da genau gesagt? Wann rungen sind, die unter der Rubrik „Abhören von war das? Wer hat das Ihnen gesagt? Weil ich will Freunden tut man nicht“ nicht angemessen sind. es nur kurz erläutern: Hier gibt es tatsächlich wi- Und dann ist eben im Oktober noch mal klar ge- dersprüchliche Aussagen von Herrn Pofalla, worden, dass auch der BND solche eigenen Se- Herrn Schindler, Herrn Altmaier, um was es da lektoren steuert. Und dass das nun völlig ab- genau bei diesem Bericht im Bundeskanzleramt weicht von der Grundthese, die ich vertreten ging. Was ist Ihnen gesagt worden? Was ist das habe und vertrete, war mir unmittelbar nach der Problematische beim BND? Information klar.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Gut. - Also, zu Zeiten Martina Renner (DIE LINKE): Aber da ist doch von Herrn Pofalla ist mir überhaupt nichts gesagt sicherlich nicht nur gesagt worden: Wir steuern worden, wie wir ja schon festgestellt hatten. auch Freunde. Dann ist Anfang Oktober - - Nein, jetzt war erst mal - - Im März waren die NSA-Selektoren. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht als letzte Frage. Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Martina Renner (DIE LINKE): Das würde ja eine Zeugin Dr. Angela Merkel: Da hat mich der Chef Nachfrage provozieren: Ja, wen denn konkret? des Bundeskanzleramtes informiert, dass er wie- derum von Staatssekretär Fritsche davon unter- Zeugin Dr. Angela Merkel: Mir war klar, dass richtet worden sei usw. Er hat mir dann gesagt, das - - Kann ich jetzt nicht sagen. Der Kern der dass er auf umfassende Aufklärung drängt, und Aussage war: - ich habe dann mitbekommen, dass am 22. April dem PKGr ein erster Bericht gegeben wurde. Martina Renner (DIE LINKE): Wir steuern Freunde. Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber wir fragen natürlich auch Ihre Erinnerung hier, nicht nur Zeugin Dr. Angela Merkel: - „Wir steuern - das, was Sie jetzt noch mal aufgeschrieben ha- ben. Martina Renner (DIE LINKE): Freunde.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, das ist ja meine Zeugin Dr. Angela Merkel: - Selektoren, die un- Erinnerung. ter die Rubrik ‚Freunde‘ fallen“, und dass das mit dem Programmsatz „Ausspähen von Freunden“ Martina Renner (DIE LINKE): Und können Sie nicht vereinbar ist. sich daran erinnern: Was hat Herr Altmaier ge- sagt, was ist das Problem? „Wir steuern unsere Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. eigenen Botschaften. Wir steuern unsere Kolle- gen“? Martina Renner (DIE LINKE): Okay.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ich habe über- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. haupt im Zusammenhang von März 2015, glaube ich, mich zum ersten Mal intensiver mit dem Se- Zeugin Dr. Angela Merkel: Deshalb sind wir ja lektorenbegriff überhaupt befasst. Und dann An- alle dagegen; deshalb muss das ja auch abgestellt fang Oktober - - Es war sowohl klar, dass die werden.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen akzeptieren, das unsere Kernauffassungen nicht Dank. - Wir müssen wieder die Fraktionen wech- ausreichend berücksichtigt. seln, weil das ja Zeitkontingente sind. Und wir kommen in der zweiten Runde jetzt zur Fraktion Nina Warken (CDU/CSU): Waren die ganzen Ver- der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. handlungen, die ganzen Gespräche dann Ihres Er- achtens völlig umsonst oder ergebnislos, oder hat Nina Warken (CDU/CSU): Ja, vielen Dank. - Ich man dann zumindest vielleicht in Teilbereichen möchte noch mal auf das Thema No-Spy-Abkom- ein gemeinsames Verständnis hinbekommen? men zu sprechen kommen. Sie haben dazu ein- Oder hat es vielleicht dazu geführt, dass inner- gangs ja schon einiges gesagt, auch wie das Ganze halb der US-Regierung, innerhalb der Verwaltung vom Gang der Verhandlungen her aus Ihrer Sicht, der Vereinigten Staaten es doch ein Umdenken Ihrer Erinnerung nach abgelaufen ist. War das gegeben hat? Ganze also kein, wie es so oft genannt wird, „Po- panz“ im Wahlkampf oder keine „Nebelkerze“ im Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja. Ich nehme die Bundestagswahlkampf? Tatsache, dass Präsident Obama ja die gesamten Fragen der nachrichtendienstlichen Tätigkeiten Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, angesichts auch auch auf den Prüfstand gestellt hat und auch re- der Faktenlage finde ich es schon erstaunlich, lativ weit reichende Änderungen angeordnet hat, dass das immer wieder so politisch eingestuft schon auch als ein Indiz dafür, dass man auch wird. Ich kann mich dem absolut nicht anschlie- Veränderungsbedarf in den Vereinigten Staaten ßen. Ich habe Ihnen von der Vorlage vom von Amerika gesehen hat. Ja. 7. August berichtet. Ich habe Ihnen von den Gesprächen, die Herr Fritsche mit Frau Monaco Nina Warken (CDU/CSU): Eingangs hatten Sie hatte, berichtet und kann nicht erkennen, dass es als eine erste Reaktion auf die veröffentlichten sich da nicht um Verhandlungen handelte. Informationen zu den Abhörmaßnahmen der NSA ja den sogenannten Achtpunkteplan ge- Nina Warken (CDU/CSU): War der Begriff viel- nannt, von dem ja manches direkt umgesetzt leicht zu optimistisch gewählt? worden ist, manches noch wahrscheinlich im Prozess ist. Können Sie uns da Näheres sagen, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, die amerikanische wie weit man ist mit der Umsetzung und wo Seite hat von „Agreement“ gesprochen, ausweis- noch Handlungsbedarf besteht? lich der Vorlage, die ich am 7. August bekommen habe. Und dann hat der Kanzleramtsminister das Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ehrlich gesagt, am 12. August mit „No-Spy-Abkommen“ klassifi- habe ich die acht Punkte jetzt nicht bei mir. Aber ziert. Ich persönlich habe einmal, glaube ich, von ich weiß, dass wir bei den Vereinten Nationen einem „sogenannten No-Spy-Abkommen“ ge- gearbeitet haben, da bei diesem Pakt für - haben sprochen. Aber ich glaube, zwischen „Agree- Sie wahrscheinlich besser da - - und wo es um ment“ und „No-Spy-Abkommen“ kann ich jetzt die Informations- und Privatsphäre, - nicht den ganz großen Unterschied erkennen. Nina Warken (CDU/CSU): Schutz der Privat- Nina Warken (CDU/CSU): Was war denn der sphäre im Digitalzeitalter. konkrete Grund? Woran ist es dann tatsächlich gescheitert? Wo war da der größte Dissens, den Zeugin Dr. Angela Merkel: - Schutz der Privat- man gehabt hat? sphäre geht. Dort haben wir uns ja damals mit Brasilien zusammengeschlossen, sind auch von Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, nach meiner einigen Ländern noch unterstützt worden; daran Auffassung daran, dass man sich eben auf die wird immer noch gearbeitet. Da gibt es jetzt auch Kernsätze, dass deutsches Recht gilt, dass Ab- einen UN-Verantwortlichen für diesen ganzen hören von Freunden nicht geht, so nicht einigen Bereich. Wir haben durchaus Konferenzen mit konnte. Und wir konnten jetzt ja kein Abkommen

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung den europäischen Nachrichtendiensten auch ge- Anzeichen“ gesprochen, dass eben wichtige Part- habt. Wir haben die Datenschutz-Grundverord- ner in der nachrichtendienstlichen Zusammen- nung inzwischen verabschiedet. Wir haben im arbeit diese Zusammenarbeit auf den Prüfstand Bereich des BSI Etliches gemacht. Also, da ist stellen. Inwiefern haben Sie davon Kenntnis er- schon einiges geschehen. langt, bzw. was waren denn diese Anzeichen?

Nina Warken (CDU/CSU): Ein Thema, das uns Zeugin Dr. Angela Merkel: Das kann ich im Ein- immer wieder hier auch bewegt, ist eben die Tat- zelnen nicht sagen. Ich weiß nur, dass die sache, dass auf Grundlage von bestimmten Ver- Dienste allgemein und auch die befreundeten da- einbarungen, von Abkommen mit anderen Staa- von ausgehen, dass sie ihre Arbeit eben so ma- ten es eben nicht möglich ist, dass die Bundes- chen können, dass dadurch Personen nicht in Ge- regierung uns Dokumente vorlegt. Dennoch hat ja fahr geraten und deshalb eben auch ein gewisses die Bundesregierung, auch Staatssekretär Frit- Maß an Verschwiegenheit erforderlich ist; das ist sche, sich immer intensiv auch bemüht, dass der Arbeit immanent. Dokumente freigegeben werden können, dass sie dem Ausschuss vorgelegt werden können, insbe- Nina Warken (CDU/CSU): Wie würden Sie dann sondere eben bei den Amerikanern. Wie würden den weiteren Fortgang des Verhältnisses zwi- Sie denn von dem, was Sie mitbekommen haben, schen den deutschen Diensten und den Diensten die Kooperationsbereitschaft der Amerikaner der Five-Eyes-Staaten beschreiben, wenn es da oder auch der anderen Five-Eyes-Staaten zusam- vielleicht am Anfang schon, sage ich mal, ge- menfassend beschreiben? Ist da eher gemauert wisse Zeichen der Entfremdung gegeben hat, worden, oder wie war da auch die Atmosphäre? wenn ich es so nennen will? Hat man sich dann wieder angenähert? Hat sich das wieder normali- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich nehme ja an siert? diesen Gesprächen nicht teil. Ich weiß nur, dass es eine, wenn Sie zum Beispiel die Five Eyes Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich würde von der nennen, klare politische Aussage meiner Kolle- Einschätzung her sagen, ohne dass ich mich mit gen gibt, uns immer auch gut zu unterrichten den Diensten darüber im Detail unterhalten hätte, über Gefährdungen, die für deutsche Staatsbürger dass alles, was in der Zeitung steht zum Hergang entstehen könnten. Und ich finde, das ist eine von bestimmten Informationen, sagen wir mal, sehr wichtige Sache für mich, weil die Frage „Wo die Vertrautheit zwischen den Diensten nicht för- liegen Gefährdungen für deutsche Staatsbürgerin- dert. nen und Staatsbürger vor?“ die entscheidende Frage natürlich auch ist, um die ich mich zu Nina Warken (CDU/CSU): Und das ist immer kümmern habe. Und da habe ich eigentlich ein noch so, oder bessert sich das? sehr gutes Gefühl und eine sehr gute Einschät- zung, dass man hier eng mit uns zusammenarbei- Zeugin Dr. Angela Merkel: Man weiß ja nicht, tet. Und wir haben jetzt schon darüber gespro- wie oft was nicht in der Zeitung steht. chen, dass uns das an vielen Stellen auch schon geholfen hat. Nina Warken (CDU/CSU): Gut. - Dann würde ich für den Moment mal abgeben. Nina Warken (CDU/CSU): Genau. Das ist näm- lich dann auch der nächste Punkt oder die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen nächste Frage, die immer wieder aufgetaucht ist. Dank. Der Kollege von Notz hat dazu auch mal eine An- frage gestellt, die die Regierung beantwortet hat: Nina Warken (CDU/CSU): Der Kollege wollte dass jetzt tatsächlich in der operativen Zusam- noch. menarbeit der Nachrichtendienste es da wohl schon Anzeichen gegeben hat. Also, die Bundes- regierung hat in der Antwort von „deutlichen

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Der Kollege Mein politischer Satz beschreibt Schipanski hat aber weitere Fragen für die Frak- ganz offensichtlich einen an- tion der CDU/CSU. spruchsvollen Grundsatz, den- noch halte ich ihn für wichtig. Tankred Schipanski (CDU/CSU): Zwei Fragen, Frau Bundeskanzlerin. Sie haben ja zu den BND- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Gut. - Zum eigenen Selektoren schon Stellung genommen. Weiteren oder jedenfalls eine Frage anschließend Wir hatten eine Taskforce des PKGr dazu. Da an die Frau Kollegin Warken - das betrifft die wurde ja auch noch mal im offenen Bericht aus- Kooperation mit anderen Nachrichtendiensten -: drücklich festgestellt, dass kein Partnerland Kollegin Warken hat darauf hingewiesen, dass selbst politisch aufgeklärt oder ausspioniert wer- selbstverständlich in der globalisierten Welt das den sollte oder wurde. Mit Blick auf - - notwendig ist, das auch zu machen. Wenn es - zukünftig; wir sollen ja auch entsprechende Emp- (Dr. André Hahn (DIE fehlungen ausgeben als Untersuchungsaus- LINKE): Was? Blanke Lüge, schuss - sich dabei jetzt aber um Nachrichten- blanke Lüge!) dienste handelt, die jetzt nicht unser Wertefunda- ment vertreten, wie würden Sie das politisch ein- - Überhaupt nicht. Also, dann gucken Sie sich schätzen? Ist es dann trotzdem unter Umständen den offenen Bericht an, Herr Hahn, und dann geboten, mit diesen Diensten zusammenzuarbei- kommen Sie genau zu dieser Einschätzung. ten?

(Hans-Christian Ströbele Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Ich hatte das ja (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch im Zusammenhang mit Frau Warken schon NEN): Ich habe da mitge- gesagt: Ich glaube, dass die Anforderung an den arbeitet! - Martina Renner Schutz unserer Staatsbürger, der wir nach bestem (DIE LINKE): Können wir Wissen und Gewissen entsprechen müssen, es er- einen Vorhalt - -) forderlich macht, dass wir mit Informationsquel- len oder also auch mit Diensten anderer Länger Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir sind so gut wie möglich kooperieren. Im Einzelfall heute so kollegial, wie wir es in den letzten drei muss das jeweils dann entschieden werden, wie Jahren gemacht haben, und lassen immer denje- das genau gemacht wird. Und die Gefahr des is- nigen, der fragt, ausreden, nicht wahr? - Danke. lamistischen Terrorismus ist eine globale Gefahr; das wissen wir leider. Und deshalb erfordert sie (Christian Flisek (SPD): Das ist Quatsch mit Soße!) auch noch stärker, als das vielleicht zu früheren Zeiten notwendig war, diese internationale Zu- Tankred Schipanski (CDU/CSU): Also, mit Blick sammenarbeit. auf Ihre Aussage „Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht“ - darauf wollte ich jetzt noch Tankred Schipanski (CDU/CSU): Und dann hätte einmal hinaus -: Hätten Sie zum damaligen Zeit- ich noch eine abschließende Frage von meiner punkt gewusst, welche Ziele auch der BND Seite mit Blick auf die Reform des BND-Gesetzes, steuert, hätten Sie diese Aussage damals auch so was wir vollzogen haben: Halten Sie das für eine getätigt? ausreichende Rechtsgrundlage, um auch Ihrem politischen Leitmotiv „Abhören unter Freunden, Zeugin Dr. Angela Merkel: Wie ich schon sagte: das geht gar nicht“ entsprechend gerecht zu wer- Ich stehe zu dieser Aussage und habe mich jetzt den? mit dem Bericht nicht im Einzelnen befasst. Ich sage nur: Ich stehe zu der Aussage und habe ja Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Also, ich halte es meinen Bericht oder meine Ausführungen hier für eine Rechtsgrundlage, die einerseits die not- im Eingang auch so beendet mit einem Zitat vom wendige Tätigkeit der Dienste möglich macht, 30. Mai 2015, das ja heute noch gilt:

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung also des BND in diesem Falle, die mehr Rechts- Dr. (CDU/CSU): Dann noch klarheit mit sich bringt, gerade auch was sozusa- einige Fragen zum Thema 360-Grad-Blick. Laut gen Tätigkeiten auf deutschem Territorium anbe- Medienberichten - ich beziehe mich da auf einen langt, und gleichzeitig meinen Anliegen und mei- Bericht der Süddeutschen Zeitung - soll die Ent- nem politischen Grundsatz, den Sie ja auch tei- scheidung durch die Minister Altmaier, de Mai- len, gerecht wird. Und dann wird man die Dinge zière und Steinmeier getroffen worden sein. Sind weiter beobachten müssen in der Zukunft; das ist diese Überlegungen mit Ihnen abgestimmt wor- ja immer so, bei jedem Gesetz. den, oder ist die Initiative dazu sogar von Ihnen ausgegangen? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Der Kollege Ostermann hat weitere Fragen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir bewegen uns jetzt, glaube ich, wieder nicht im Kernbereich des Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Frau Bundes- Untersuchungsausschusses; aber ist auch egal. Es kanzlerin, ich möchte noch mal auf Ihr Handy zu ist ja eine bekannte Entscheidung. Die drei Mi- sprechen kommen und auf die Vermutung, dass nister haben überlegt: Welche Maßnahmen muss es abgehört worden sein könnte. Noch mal kon- man angesichts der Situation ins Auge fassen? - kret nachgefragt: Wie gravierend schätzen Sie Und das ist mir dann mitgeteilt worden, und ich den Informationsabfluss ein, der durch eine habe das begrüßt. Überwachung - man muss ja vorsichtig formulie- ren - Ihres Handys entstanden sein könnte? Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Vor dem Hinter- grund einer Äußerung von Frau Renner eben, die Zeugin Dr. Angela Merkel: Da ich mein Kommu- gesagt hat, der 360-Grad-Blick habe bei Markus R. nikationsverhalten immer den Sachverhalten an- und bezüglich des angeblichen Abhörens Ihres gemessen betreibe, glaube ich, dass, egal was Handys nicht funktioniert, ist mir noch mal ist - - Es sind ja keine Indizien - - Also, wir haben wichtig, dass wir vielleicht die Chronologie noch keine Beweise, dass der Sachverhalt stattgefun- mal ein bisschen auf die Reihe bringen. den hat. Aber ich halte das bei meiner politi- schen Tätigkeit für absolut beherrschbar, selbst Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Da wollte ich noch wenn es so sein sollte, wofür ich keinen Beweis darauf eingehen. Ich habe die jetzt nicht genau habe. im Kopf, wann der 360-Grad-Blick eingeführt wurde. Aber - - Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Medienberich- ten zufolge soll dieses Handy auch überwiegend Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Den Medien- für Parteizwecke genutzt worden sein, das heißt bericht gab es im Juli 2014, im gleichen Monat also nicht für Regierungszwecke. Treffen diese soll es die Enthüllung zu Markus R. gegeben ha- Berichte so zu? ben, und den Sachverhalt zu Ihrem Handy hat man im Oktober 2013 vernehmen dürfen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, richtig ist, dass - - Zu der Frage, mit welchem Anteil was Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig. Ich habe gemacht wurde, will ich mich jetzt gar nicht auch die Art - - Was ich da gesehen habe - - habe äußern. Ich habe aus Gründen der Frage der Ab- ich nicht den Eindruck gehabt, dass es der 360- rechnung darauf Wert gelegt, dass das Handy von Grad-Blick war. Aber - - der Partei geführt wurde, weil ich in keine Ab- grenzungsfragen kommen möchte, wann ein Ge- Dr. Tim Ostermann (CDU/CSU): Okay. - Keine spräch ein Partei-, ein Regierungsgespräch ist. weiteren Fragen meinerseits. - Danke. Und ich glaube, angesichts von unser aller Wunsch, dass wir nicht Steuergelder falsch ver- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Der wenden, ist das eine richtige Entscheidung gewe- Kollege Wendt macht weiter mit seinen Fragen. sen.

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Marian Wendt (CDU/CSU): Ja. - Frau Bundes- Wir werden allerdings immer wieder anpassen kanzlerin, ich hatte bereits am Montag darüber müssen. Denn das, was wir erleben, was der gesprochen: Es geht ja in unserem Untersu- Deutsche Bundestag erlebt hat, was die deutsche chungsausschuss auch um Konsequenzen, um Wirtschaft erlebt, was wir auch sonst erleben, be- die Zukunft, den Blick: Wie kann man solche deutet ja immer wieder, dass wir uns auch gegen Dinge, die vorgeworfen waren - - Den Sachverhalt Angriffe schützen müssen. Und wie dieser muss man dann noch prüfen. Oder: Es ist noch Schutz am besten erfolgen kann, darüber wird nicht alles so bewiesen, wie es vorgeworfen sicherlich weiter diskutiert werden: Kann ich Ab- wurde. Was kann man aber daraus schlussfolgern wehr schaffen, ohne jemals eigene Fähigkeiten zu für die Zukunft? haben? Wie viel eigene Fähigkeiten brauche ich? - Also, ich denke, da sehen wir rasanten Und was man ja zumindest feststellen kann, ist ja technischen Entwicklungen entgegen, die uns in zumindest, dass die Snowden-Veröffentlichun- einer permanenten Diskussion halten werden. gen nicht nur in Deutschland, vielleicht welt- weit, zumindest in der westlichen Welt dazu ge- Darüber hinaus hat ja die Bundesverteidigungs- führt haben, dass das Thema IT-Sicherheit, Cy- ministerin auch sozusagen eine Einheit aufge- bersicherheit in den Blickwinkel der Politik, vor baut, die sich mit Cyberangriffen im militäri- allen Dingen auch der Gesellschaft und der Men- schen Bereich befasst. Ich glaube, dass unser schen gerückt ist. Es gibt eine gewisse Sensibili- Kommunikationsnetz innerhalb der Bundesregie- tät. Und Sie selber sprachen ja auch von einer rung, dieses IVV- - „hohen gesamtgesellschaftlichen Verantwortung“ zu diesem Thema vorhin. Und die Bundesregie- (CDU/CSU): IVBB. rung hat auch im November 2016 dazu eine Cy- ber-Sicherheitsstrategie für Deutschland verab- Zeugin Dr. Angela Merkel: - - IVBB, dass das schiedet. auch sehr gut gepflegt und betreut wird vom BSI, dass wir da eine sehr gute Situation haben. Ich Und meine Frage ist - es gibt ja einige Maßnah- glaube, dass wir weiter mit der mittelständischen men, die wir bereits getan haben: IT-Sicherheits- Wirtschaft sprechen müssen über die Gefährdun- gesetz, auch ein BND-Gesetz -: Gibt es aus Ihrer gen, die aus Cyberangriffen auch entstehen. Und Sicht noch weitere Dinge, Maßnahmen, die Sie wir werden uns immer wieder auch - deshalb hat für nötig halten umzusetzen, aber aus politischen Thomas de Maizière ja auch sehr früh mit der Gründen, finanziellen oder sonstigen Gründen Wirtschaft gesprochen - damit auseinandersetzen noch nicht umgesetzt werden konnten, die man müssen, dass man heute auch Infrastruktur lahm- in Angriff nehmen müsste in naher Zeit, in den legen kann und dass das also höchste Sensibilität kommenden Jahren auf jeden Fall? erfordert. Das ganze Gebiet ist, sagen wir mal, be- schrieben. Die Weichen sind richtig gestellt. Aber Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, da kann ich sich darauf auszuruhen, wäre falsch. jetzt nicht für die gesamte Zukunft sprechen. Wir haben jetzt ja erst mal alle Sicherheitsbehörden Marian Wendt (CDU/CSU): Man könnte auch da- mit so vielen Mitteln ausgestattet innerhalb der von - - Bundesregierung, dass man doch davon ausgehen kann, dass sowohl die technische Ertüchtigung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So richtig, stattfinden kann als auch personeller Aufwuchs wie das ist, sollten wir uns jetzt wieder etwas möglich ist. Jetzt geht es darum, die entsprechen- stärker dem Untersuchungsgegenstand nähern. den Fachkräfte zu bekommen. Das wird eine grö- ßere Herausforderung sein, nach, sagen wir mal, Marian Wendt (CDU/CSU): Okay. Gut. - Dann ge- auch der Knappheit von bestimmten Experten ben wir hier erst mal ab und kommen vielleicht auf dem Markt. Es wird mit der Cyber-Sicher- später noch mal darauf. heitsstrategie, die wir jetzt beschlossen haben, glaube ich, das Problemfeld gut beschrieben.

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Herz- uns diese Auskunftsquelle zur Verfügung zu stel- lichen Dank. - Damit sind wir mit den Fragen der len - ich will Ihnen jetzt nicht zu nahe treten -, CDU/CSU-Fraktion durch und kommen zur Frak- aber wahrscheinlich den wichtigsten Zeugen, tion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege Strö- den wir hier hören könnten? Warum weigern Sie bele stellt jetzt die Fragen. sich?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich habe nicht NEN): Ja. Danke, Herr Vorsitzender. - Frau Mer- den geringsten Zweifel, dass das Bundesjustiz- kel, Sie haben außer diesem berühmten Satz, der ministerium alles unternimmt, was notwendig jetzt immer wieder hinterfragt worden ist oder ist, um Sachverhalte zu klären. Zweitens haben nachgefragt worden ist seit dem Sommer 2013, die entsprechenden Ministerien, AA und BMJV, auch immer wieder wiederholt, dass Sie dafür nach meiner Erinnerung gesagt, dass die Voraus- sind und sich dafür einsetzen sollen - und haben setzungen für Asyl nicht vorliegen. Und drittens das gefordert -, dass das Ganze aufgeklärt wird, habe ich nicht ganz verstanden, warum die Ange- also schon lange bevor es einen Untersuchungs- bote des Untersuchungsausschusses, Informatio- ausschuss gegeben hat. Trifft zu, nicht? Oder nen von Herrn Snowden zu bekommen, immer nicht? wieder seinerseits abgelehnt wurden, obwohl er ja sonst auch eine Reihe von öffentlichen Auftrit- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. ten hatte.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nun habe ich Ihnen im Oktober 2013 NEN): Haben Sie kein Verständnis dafür, dass einen Brief von Edward Snowden aus Moskau Edward Snowden durch seinen Anwalt hat mit- mitgebracht, den ich Ihnen auch zuschickte - der teilen lassen, dass er von Moskau aus sich daran war, glaube ich, auch an Sie persönlich gerich- gehindert sieht, alle Fakten - ich sage das mal tet -, in dem er erklärt hat, er ist dazu bereit, nach ganz, weil man das allgemein ausdrücken muss; Deutschland zu kommen, um hier bei der Aufklä- allgemein sage ich das auch - - dass er da nicht rung zu helfen, und würde auch gerne hier in alles auf den Tisch legen kann, weil er natürlich diesem Land leben. Darauf gab es keine Reaktion. seinen Asylgebern - - auf die jedenfalls Rücksicht nehmen muss? Da haben Sie kein Verständnis Dann hat der Untersuchungsausschuss in mehre- für. ren Befassungen beschlossen, dass Herr Snowden doch hier als Zeuge, ich sage mal: als wichtiger Zeugin Dr. Angela Merkel: Das habe ich nicht zu Zeuge, in Betracht kommt. Das ist immer wieder bewerten. Ich sage nur: Es sind solche Angebote daran gescheitert, dass die Bundesregierung bis gemacht worden, und von ihnen ist nicht Ge- heute keine Entscheidung gefällt hat. Das Justiz- brauch gemacht worden. ministerium, auf das Sie sich beziehen, konnte bis heute nicht klären, was Herrn Snowden Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- eigentlich vorgeworfen wird in den USA, und NEN): Ja. - Frau Merkel, ich bin für Wahrheit und auch von der Bundesregierung insgesamt wurde Klarheit und erhoffe mir, dass auch Sie dazu bei- keine endgültige Entscheidung getroffen, sondern tragen heute in Ihrer Befragung. Ist nicht der immer irgendwelche neuen Ausflüchte gebracht. eigentliche Grund - und warum nennen Sie den Deshalb frage ich Sie: Warum weigern Sie sich, nicht? dann könnte man damit umgehen -, dass warum weigert sich die Bundeswehr so beharr- Sie es nicht wagen oder sich nicht trauen, gegen lich, einen vermuteten Willen der US-Regierung und der US-Administration Herrn Snowden hierher- ( (SPD): zuholen? Es wäre doch - jedenfalls sollte man Bundesregierung!) mal die Möglichkeiten gemeinsam mit seinem Anwalt durchspielen - möglich. Der eigentliche

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1. Untersuchungsausschuss

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Hintergrund ist doch ein ganz anderer. Das an- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dere sind doch Ausflüchte. Oder liege ich da völ- NEN): Allenfalls Viertelwahrheit. - Jetzt komme lig daneben? ich zum - -

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann nur wieder- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß - - Also - - holen, dass - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und dazu NEN): Jetzt komme ich zu dem anderen Punkt. meldet sich noch Herr Wolff. Ich will Sie nicht Ich habe nur acht Minuten, Frau Merkel. unterbrechen, Frau Bundeskanzlerin; aber in der Ergänzung mit Herrn Wolff wird es vielleicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich wollte nur - - dann noch interessanter. Also, wenn wir jetzt in eine philosophische Be- trachtung über die Frage der Wahrheit eintreten, (Dr. André Hahn (DIE dann gibt es objektive und subjektive, glaube ich LINKE): Na ja! Na ja!) zumindest. Und ich habe Ihnen jetzt mal einen objektiven Teil dargelegt der Meinungsbildung in MR Philipp Wolff (BK): Also auch je mehr wir der Bundesregierung. Und das bitte ich nicht als darüber diskutieren, wird es nicht untersu- Nichtwahrheit zu qualifizieren. chungsgegenständlicher; Herr Ströbele, das wis- sen Sie auch. Mir ist klar, dass es interessant ist, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wenn man die Bundeskanzlerin als Zeugin hier NEN): Aber was ist denn die subjektive Wahrheit hat, sie dazu zu befragen. Aber es bleibt dabei: Es von Ihnen? ist nicht untersuchungsgegenständlich. Und: Ausführungen ohne Anerkenntnis einer Rechts- Zeugin Dr. Angela Merkel: Über die subjektive - - pflicht. Ich setze mich an der - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Na gut. NEN): Die interessiert mich ja vor allen Dingen. Sie sind da als Zeugin. Zeugin Dr. Angela Merkel: Deshalb möchte ich auch meine Äußerung, dass das Justizministe- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ja. Das habe ich rium und das Auswärtige Amt die Voraussetzun- schon verstanden. Aber ich halte mich an die ob- gen für Asyl geprüft haben und sie für nicht be- jektive. stehend halten, noch mal wiederholen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. Also, was jetzt Ihr Grund ist, das wol- NEN): Und das ist die volle Wahrheit. Das ist der len Sie uns nicht sagen. Grund, - Zeugin Dr. Angela Merkel: Mein Grund ist die - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist der Sachver- halt. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Der eigentliche Grund. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - warum die Bundesregierung und Sie sich Zeugin Dr. Angela Merkel: Für die Festlegung nicht dafür einsetzen, dass er hierherkommen von Entscheidungen der Bundesregierung, wie in kann. diesem Falle des Justiz- und des Außenministe- riums, sind Sachverhalte maßgebend, und die Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist das, was ich sind so getroffen worden, wie sie getroffen wur- dazu sagen möchte, Herr Ströbele. den.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Dass das Handy ab- NEN): Ja, das wissen wir auch. - Jetzt zum zwei- gehört wurde, das hat der Generalbundesanwalt ten Punkt - Sie haben das ja selber schon vorhin nicht festgestellt und alle, die das angeguckt ha- das erwähnt -: Es kam nun die Meldung auf - ben. Ihnen ist das von einem Journalisten auch als Erstes oder von einem Journalisten kommend Zweitens habe ich jetzt die Äußerung der ameri- mitgeteilt worden -, dass Ihr Handy abgehört kanischen Seite nicht genau im Kopf. Aber ich worden ist. Und dann haben Sie gesagt, Sie ha- bin mir nicht mehr ganz sicher, ob es sich nur auf ben danach - das hat auch Herr Altmaier hier ge- mich bezog oder auf Staats- und Regierungschefs sagt - gehört aus den USA, insbesondere von dem im Allgemeinen; das weiß ich jetzt nicht. US-Präsidenten, dass Ihnen gesagt worden ist: Jetzt wird Ihr Handy nicht abgehört und in Zu- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kunft auch nicht. - Herr Altmaier hat das nicht NEN): Das wäre ja neu; das wäre ja sensationell ausdrücklich gesagt, aber durchscheinen lassen, neu. dass das darauf hindeutete, dass es vorher gewe- sen sein könnte. Zeugin Dr. Angela Merkel: Dann war es viel- leicht nur meins. Ich habe jedenfalls weder um Nun ist in derselben Zeit damals, ein paar Tage diese - - Ich habe diese Aussage zur Kenntnis ge- später und ein paar Wochen später, immer wie- nommen. der auch erwähnt worden, dass andere Regie- rungsmitglieder abgehört worden sind, insbeson- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dere sogar Ihr Vorgänger, also der frühere Kanz- NEN): Ja. Und Sie gingen danach davon aus, weil ler. Ist das nicht ein bisschen egoistisch von Sie Herrn Obama glauben, dass Sie jedenfalls Ihnen gewesen, sich damit zufriedenzugeben, raus sind, weil Sie nicht mehr abgehört werden. dass Sie nicht mehr abgehört werden? Ich habe das so verstanden: Solange Obama das Sagen hat, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe die Aussage werden Sie nicht mehr abgehört. - Und die ande- zur Kenntnis genommen. Ja. ren, waren die Ihnen alle egal? Also die ganzen anderen, von denen wir inzwischen ja sehr viel Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mehr wissen, wer das alles gewesen ist - im euro- NEN): Ja. Und die Schlussfolgerung haben Sie ge- päischen Raum, NSA-Selektoren, BND-Selekto- zogen. Und warum haben Sie nicht gefragt: „Und ren -, wer da alles abgehört wird, da haben Sie was ist mit meinen Kollegen oder früheren Kolle- sich nicht darum gekümmert; das war nicht Ihr gen?“? Interesse. Sie wussten, Sie sind raus, also ist alles gut. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich habe mich in dem Moment nicht um die ganze Welt geküm- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, erst mal wurde mert, ehrlich gesagt. Herrn Seibert von zwei Journalisten des Spiegels ein Dokument übergeben, das dann ich zur Ana- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lyse weitergegeben habe, das dann auch vom Ge- NEN): Nein, nein. Nicht um die ganze Welt, - neralbundesanwalt umfänglich untersucht wurde und woraus man nicht schlussfolgern konnte, Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist richtig. dass eine Evidenz dafür - - oder dass mein Handy abgehört wurde. Zweitens - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - aber ein paar Freunde vielleicht noch. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was? Dass was? Habe ich nicht verstan- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, gut. - Also, passen den. Sie auf: Ich habe das zur Kenntnis genommen. Ansonsten haben wir die Untersuchung hier

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung durchgeführt. Sie haben zu keinem Ergebnis ge- das im Wesentlichen der Chef BK ist, also Herr führt und - - Pofalla oder aktuell Herr Altmaier. Ich würde Sie gerne fragen, ohne dass ich jetzt auf Details ein- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gehen möchte, wie diese Gespräche ablaufen. NEN): Na ja. Es gab ja diese öffentliche Äu- - Aber wie stellen Sie sicher, dass die wichtigen Dinge, also Dinge, wo Sie sagen, das ist für Sie Zeugin Dr. Angela Merkel: Ansonsten habe ich ja von Interesse, auch wirklich zu Ihnen gelangen auch heute hier noch mal gesagt, dass die öffent- und sozusagen nicht Stopp ist beim Chef BK? liche Aufmerksamkeit auf mein Handy eigentlich aus meiner Sicht auch ein bisschen von dem po- Zeugin Dr. Angela Merkel: Indem ich meinen litischen Schwerpunkt abgelenkt hat, dass ich Mitarbeitern vertrau- - oder meinen, ja, Mitarbei- vor allen Dingen für die Bürgerinnen und Bürger tern, oder wie Sie es nennen wollen, vertraue. verantwortlich bin. Mein Handy ist auch interes- sant, fällt in die Frage „Freunde“; aber die allge- Christian Flisek (SPD): Heißt das im Umkehr- meine Fragestellung ist sehr viel breiter. schluss, dass das eine Ermessensentscheidung des jeweiligen Chef BK ist, zu entscheiden, wann Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- er Sie über solche Sachverhalte informiert? NEN): Na ja. Aber es ging doch um die Frage, auch bei Ihnen jetzt: Halten sich die USA und die Zeugin Dr. Angela Merkel: Die Frage, worüber NSA in Deutschland an die deutschen Gesetze ich informiert werde, ist in gewisser Weise im- und Rechte? - Weil, dass Ihr Handy abgehört wor- mer Ermessensentscheidung; aber man kennt den ist, war nicht nur ausdrücklich nicht zuge- sich ja auch aus den politischen Diskussionen. lassen in Deutschland, sondern das war sogar Und ich glaube, dass ich durch meine allgemeine verboten und - noch schlimmer - unter erheb- Interessiertheit schon davon ausgehen kann, dass liche Strafe gestellt. ich wichtige Sache zu erfahren bekomme.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre Christian Flisek (SPD): Gut. - Ich meine, ich dann die letzte Frage. habe - sehen Sie es mir nach - da meine Zweifel einfach unter dem Aspekt, - Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, Herr Schipanski hat ja eben - ich glaube, Herr Schipanski war es; Zeugin Dr. Angela Merkel: Okay. Das ist Ihr gu- oder jemand anders? - auf die chronologische tes Recht. Folge auch noch mal hingewiesen. Die Einfüh- rung der 360-Grad-Beobachtung ist ja auch eine Christian Flisek (SPD): - wie wir sozusagen ge- Folge dessen, dass wir an den Stellen gesagt ha- rade die Chronologie entwickelt hatten. Ich sage ben: Auch hier müssen wir schauen mit unseren mal: Diese Schnittstelle ist halt noch mal Ihr Satz Mitteln, was passiert. da im Oktober 2013. Sie haben sozusagen damit eine politische Überzeugung kundgetan, die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen nicht dem aktuellen Geschäftsbetrieb im BND Dank. - Dann kommen wir jetzt zur nächsten entsprochen hat. Und es hat im unmittelbaren Fraktion. Das ist die Fraktion der SPD. Herr zeitlichen Nachgang Sitzungen im Kanzleramt Kollege Flisek. gegeben, wo Ihr Chef BK mit den Spitzen der Nachrichtendienste zusammensaß; ich habe das Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- als „erhöhte Betriebstemperatur“ bezeichnet. Es der. - Frau Bundeskanzlerin, ich möchte noch ist zu Löschungen gekommen von EU-Selektoren, mal in etwa anknüpfen an das, wo wir vorhin von NATO-Partner-Selektoren. Also, konkret aufhören mussten. Sie hatten auf die Frage einer sind das ja acht Tage gewesen zwischen Ihrem Kollegin oder eines Kollegen gesagt, wer Sie in Zitat im Oktober und der mündlichen Weisung nachrichtendienstlichen Angelegenheiten infor- von Herrn Pofalla. Und Sie haben gerade gesagt, miert innerhalb des Bundeskanzleramtes, dass Sie sind von Herrn Pofalla, zumindest in seiner

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1. Untersuchungsausschuss

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Zeit - ich glaube, die ging dann bis Dezember Das heißt, in diesem Zeitfenster war doch die 2014, wo dann die neue Regierungsbildung war -, Chance gegeben, dass aus dieser innersten Über- über diese Sachverhalte überhaupt nicht infor- zeugung, die Sie hatten - Ausspähen unter Freun- miert worden. Richtig? den geht gar nicht -, ein ganz konkretes Abkom- men werden könnte. Und da stelle ich mir die Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist richtig. Ich Frage: Wie kann das sein, dass Sie in dieser hei- möchte noch mal, auch wenn Sie immer die zeit- ßen Phase der Verhandlungen, wo diese Chance, liche Nähe zwischen der Oktoberäußerung und vielleicht eine einmalige Chance - denn wenn dem anderen Vorgang in den Mittelpunkt stellen, man sich den Regierungswechsel in den USA von meiner Seite aus in den Mittelpunkt stellen, jetzt anschaut - - dass man diese einmalige dass vom Regierungssprecher am 1. Juli bis zum Chance sozusagen in einer Situation des Abwar- 3. Juli/4. Juli immer wieder dieser Satz gefallen tens verbracht hat? Weil auf der politischen ist und deshalb der Kanzleramtsminister, dem Ebene grünes Licht dafür zu organisieren, das ich vertraut habe und dem ich weiter vertraue im wäre doch Kernbereich Ihrer politischen Verant- Rückblick, diese Entscheidung so getroffen hat, wortung und Aufgabe gewesen. wie er sie getroffen hat. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. - Also, ich habe Christian Flisek (SPD): Ich stelle mir nur die jedenfalls nach dem 7. August, als ich ja über die Frage, Frau Bundeskanzlerin - ich habe das auch Verhandlungen informiert wurde durch die Vor- jetzt mitbekommen; wir haben das ja auch gehört, lage, aus der ich berichtet habe, die Verhandlun- dass Sie mehrfach hintereinander diese Zitate gen auf einem guten Weg gesehen. Und die Re- gesagt haben - - Aber noch mal: Im Oktober war gierungschefin mischt sich, wenn überhaupt, erst es sozusagen noch mal sehr prominent das letzte am völligen Ende eines solchen Ganges ein. Und Mal. Wir befinden uns genau in diesem Zeit- diese Verhandlungen waren, aus meiner Sicht je- raum - - denfalls, auf einem Weg.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, heute war es das Christian Flisek (SPD): Aus den Medien haben letzte Mal. wir erfahren, dass es - -

Christian Flisek (SPD): Bitte? Zeugin Dr. Angela Merkel: Und durch die Ab- zeichnung der Vorlage habe ich ja sozusagen dem Zeugin Dr. Angela Merkel: Heute war es das Ganzen auch meine Unterstützung verliehen. letzte Mal. Christian Flisek (SPD): Ja. - Aus den Medien ha- Christian Flisek (SPD): Ja, das stimmt auch; bil- ben wir erfahren, dass Frau Karen Donfried am lige ich gerne zu. - Aber es war, ich sage mal, so 8. Januar 2014 an Ihren Abteilungsleiter Herrn was wie der Kernzeitraum, wo ja über das Agree- Heusgen eine E-Mail geschrieben hat. Ich darf ment, wie es jetzt mal neutral bezeichnet worden das jetzt einfach noch mal zitieren auf Englisch. ist, verhandelt wurde. Wir haben hier gelernt auf- Da hat sie geschrieben: grund von Zeugenaussagen, dass diese Verhand- lungen womöglich auf zwei Ebenen stattfanden, This will not be a no-spy agree- dass es sozusagen den Strang gab auf der Dienste- ment and I do believe all the folks ebene, die miteinander verhandelt haben über on our side have been consistent ein Agreement, dass eben von Anfang an dieses in saying that all along. (?) „Angebot“ - ich setze das jetzt mal bewusst in Anführungsstriche - verbunden war mit dem Vor- Also, sie sagt, das wird kein No-Spy-Abkommen behalt, dass die politische Administration, auch werden, und sie ist der Überzeugung, dass alle in den USA, dem zustimmt. Und ich sage mal: Da Leute auf amerikanischer Seite dies auch die kommen Sie als Bundeskanzlerin doch sehr ins ganze Zeit über klar zum Ausdruck gebracht Spiel. haben. - Wann haben Sie von dieser doch, auch

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung rückwirkend betrachtet, sehr rigorosen Absage der Sitzung des PKGr den Begriff „No-Spy-Ab- erstmals Kenntnis erlangt? kommen“ genannt habe. Ich frage Sie: Glauben Sie nicht, dass man da vielleicht in der Öffent- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, erstens: Ich lichkeit eine Erwartungshaltung erzeugt hat mit habe mich auf die Darlegungen verlassen, die mir diesem Etikett „No Spy Agreement“ oder „No- als Bundeskanzlerin als Vorlage vorgelegt wur- Spy-Abkommen“, wo von Anfang an klar war, den. Und jetzt weiß ich nicht, wann in der Presse wirklich von Anfang an klar war - und das stützt aus dieser - - ja auch die Aussage von Frau Donfried -, dass so etwas nie kommen wird? Also dass man viel- Christian Flisek (SPD): Das ist eine E-Mail von leicht über ein Abkommen auf Diensteebene im Frau Karen Donfried, die da - Sinne eines erweiterten Memorandum of Agree- ment verhandelt, wo man einige Standards Zeugin Dr. Angela Merkel: Vom? setzt - - Aber mal ganz ehrlich: Wenn Sie draußen auf die Straße hier in Berlin oder sonst wo in Christian Flisek (SPD): - an sehr prominenter Deutschland gehen und fragen, was versteht je- Stelle im Weißen Haus arbeitet, vom 8. Januar mand, der ein bisschen Englisch versteht, unter 2014 - einem No-Spy-Abkommen, dann wird da doch ein sehr allumfassender Nichtangriffspakt in Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, gut. Sie - - Spionagetätigkeiten verstanden.

Christian Flisek (SPD): - an Herrn Heusgen, Ihren Und die Frage ist: Ist durch die Benutzung dieses Abteilungsleiter im Kanzleramt. Begriffes, wenn Sie selber sagen: „‚Agreement‘, das haben die Amerikaner dazu gesagt, wir waren Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie kennen ja auch es, die ‚no spy‘ gesagt haben“, da nicht in der meine Ausführungen dann vom1 14. Januar und Öffentlichkeit eine Erwartungshaltung geschürt auch die Regierungserklärung, wo ich sage: worden, die man von Anfang an nicht fähig war einzuhalten? Die Vorstellungen sind heute weit auseinander. Viele sagen, die Ver- Zeugin Dr. Angela Merkel: Sehe ich anders. Ich suche für eine solche Vereinba- will noch mal zitieren aus der Vorlage vom rung seien von vornherein zum 7. August. In dieser Vorlage erläutert Herr Heiß Scheitern verurteilt … unter anderem, dass der NSA-Chef bereit gewe- sen sei - und jetzt zitiere ich -: Und dann habe ich genau das gemacht, wozu Sie mich auffordern: dass man dann trotzdem noch … eine Zusicherung abzugeben, mal mit der Kraft unserer Argumente es weiter dass auf deutschem Boden jeder- versucht, bis ich dann beim Besuch - Anfang Mai zeit deutsches Recht respektiert war das dann, glaube ich - auch zu der Überzeu- werde und keine gegenseitige gung gekommen bin, dass es im Augenblick viel- Spionage stattfinde, möchte inso- leicht doch nicht zum Erfolg führt. weit aber eine beidseitige Erklä- rung erzielen. Hier käme ein Christian Flisek (SPD): Sie haben vorhin - ich „Agreement“ infrage, in dem bei- hatte da genau zugehört - gesagt, die Amerikaner den Seiten (Dienste) entspre- chende Zusicherungen machen. hätten das, was man da verhandelt hat, eher Über das „Ob“ müsse allerdings neutral als „Agreement“ bezeichnet, es sei nach die Politik entscheiden. Ihrer Auffassung Herr Pofalla, der zum ersten Mal in dieser berühmten Pressekonferenz nach

1 Änderung der Zeugin: statt „vom“, einsetzen/ändern in „zum“

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1. Untersuchungsausschuss

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Dass Herr Pofalla wenige Tage später mit dieser Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig. Ich habe die Vorlage dann sagt: „Keine Spionage, No Spy Gespräche auf der Fachebene stattfinden lassen. Agreement/-Abkommen“, halte ich durchaus für Ich selber habe darüber nicht politisch gespro- vertretbar. chen und habe den weiteren Verlauf dieser Ge- spräche abgewartet und den Verlauf ja auch dar- Christian Flisek (SPD): Sie halten es also für ver- gelegt. tretbar, dass man diesen Begriff benutzt. Haben Sie denn auf politischer Leitungsebene jenseits Christian Flisek (SPD): Und Sie haben auch, ich dieser Vorlage Ihres Mitarbeiters, der vielleicht sage mal, keine Motivation verspürt aufgrund auch ein bisschen schönere Musik - entschuldi- Ihres von uns allen geteilten Satzes, da sich stär- gen Sie, dass ich jetzt so zuspitze - bei der Reise ker einzubinden. Das war für Sie nicht notwen- gehört hat, als es dann den Fakten entsprach, dig, weil Sie gesagt haben: Das soll die Arbeits- ohne dass wir detailliert in die Gespräche eintau- ebene machen. chen müssen, von der US-amerikanischen Admi- nistration persönlich jemals ein Signal erhalten, Zeugin Dr. Angela Merkel: Das soll weiter ver- dass man bereit ist, über ein Abkommen in dieser handelt werden. Ja. Reichweite zu verhandeln? Christian Flisek (SPD): Ich möchte Sie mal fra- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann hier nur die gen: Wenn man so etwas verhandelt, etwas von Zitate wiedergeben. Und es handelt sich um einer solchen Reichweite in einer so auch durch- einen Abteilungsleiter der Bundesregierung, von aus politisch brisanten Zeit, wo das Thema so dem ich nicht den Ans- - also nicht die Meinung offen in der Öffentlichkeit diskutiert wird, viel- teile, dass er sich vielleicht irgendwas schöngere- leicht kurz bevor auch im Parlament ein Unter- det hat. Ich stelle allerdings fest, dass im weite- suchungsausschuss eingerichtet wird - also, ich ren Verlauf der Dinge, insbesondere im Januar, habe gerade auch gesagt, nach meinem Dafürhal- die Dinge sich anders darstellten und dann nicht ten gibt es so etwas Weitreichendes auf der gan- das herausgekommen ist, was wir uns vorgestellt zen Welt gar nicht, noch nicht einmal innerhalb haben. Als ich davon erfahren habe, nämlich des Five-Eyes-Verbundes; aber lassen wir das mal schon am 29. Januar, also auch im Umfeld des dahingestellt sein -, wäre es nicht der Todesstoß Zitates, das Sie gemacht haben, habe ich ja auch für jede Verhandlung, zumindest auf der politi- deutlich auf die Schwierigkeiten in aller Öffent- schen Ebene, wenn der Chef des Bundeskanzler- lichkeit hingewiesen. amtes noch in einem sehr frühen Stadium, näm- lich im Angebotsstadium, so etwas vor der deut- Christian Flisek (SPD): Also, Ihre letzte Aussage schen Öffentlichkeit ausplaudert und sagt: „Liebe jetzt oder die letzte Antwort interpretiere ich jetzt Leute, wir, die Deutschen, haben ein Angebot, auf meine Frage so: Sie persönlich haben kein ein No-Spy-Abkommen abzuschließen, vielleicht Zeichen von der US-Administration erhalten in einmalig auf der Welt“? Da würden doch die Ihren Gesprächen, dass man über ein Abkommen Amerikaner, nachdem - - in dieser Reichweite bereit ist mit Deutschland zu verhandeln. Es wäre ja ein einmaliger Vor- Also, entschuldigen Sie, was ich alles gelernt gang, Frau Bundeskanzlerin, weil nach unserem - habe über „geheimhaltungsbedürftig“ hier, da würden doch die Amerikaner, also abgesehen da- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. von, dass man wahrscheinlich das wirklich als topsecret, als Streng Geheim, diese Verhandlung Christian Flisek (SPD): - Kenntnisstand - - nach einstufen würde - - Also, ich finde es befremd- dreijähriger Arbeit haben wir festgestellt, dass es lich, dass dann der Chef des Kanzleramtes in die- so weitreichende No-Spy-Abkommen mit einer ser Phase, wo überhaupt noch gar nichts wirklich solchen wechselseitigen Garantie, sich nicht aus- verhandelt ist, sich an die deutsche Öffentlich- zuspionieren - - das ist etwas sehr Seltenes auf keit wendet und sagt: So ist das. Wir verhandeln der Welt.

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung darüber. Wir haben ein Angebot darüber. - Wie (Hans-Christian Ströbele haben Sie das bewertet? (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber gut für den Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe es mit Blick Wahlkampf!) auf die Vorlage vom 7. August so bewertet, wie ich es schon dargestellt habe. Ich wollte noch auch mal auf Ihren Achtpunkte- plan zu sprechen kommen von der Sommerpres- Christian Flisek (SPD): Also, Sie halten das sekonferenz. Einer dieser Punkte heißt ja, dass durchaus für üblich, dass man solche Verhand- man unter anderem Verhandlungen mit EU-Part- lungen in einer solchen Phase über ein so sensi- nern über gemeinsame Standards für nachrich- bles bilaterales Thema der deutschen Öffentlich- tendienstliche Kooperationen vornehmen wolle keit präsentiert. Ich glaube, viele Staaten in oder die Initiative ergreifen wolle hierfür, richtig? Europa und auf der Welt, die sich genauso als Haben Sie in diesem Kontext seitdem irgendwel- enge Partner der USA sehen, haben es als be- che Initiativen konkret ergriffen? fremdlich empfunden. Und das hat durchaus, sage ich mal, Begehrlichkeiten auf den Plan ge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich persönlich nicht. rufen. Nach meiner Kenntnis hat es aber Gespräche zwi- schen Diensten auch in Europa gegeben und - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Darüber habe ich Ja, aber ich kann über die Einzelheiten nichts be- keine Kenntnis. richten.

Christian Flisek (SPD): Aber noch mal: Sie emp- Christian Flisek (SPD): Okay. - Ich möchte Sie finden das als normal, dass der Kanzleramts- fragen, Frau Bundeskanzlerin, weil das ja auch minister das - - ganz erhebliche Konsequenzen hat für die Frage, was am Ende ins Parlament gerät und was nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe das damals und welche Kultur sozusagen an der wichtigen mit Blick auf diese Vorlage als richtig empfun- Schnittstelle Kanzleramt in Sachen „was wird den, zumal ja nicht dem PKGr darüber berichtet kommuniziert und was nicht?“ dort gelebt wird: wurde und auch nicht auszuschließen war, dass Gibt es so was wie so eine Art Schutzwall um die das, was berichtet wurde, vielleicht dann doch ir- Kanzlerin herum, dass man sagt: „Diese The- gendwie den Weg in die Zeitung findet. men“ - Nachrichtendienste - „die sollen doch besser mal auf der Arbeitsebene bleiben, die sol- Christian Flisek (SPD): Gut. - Ich möchte noch len die Dienste klären, die sollen dann - - jetzt mal zusammenfassen: Also, Sie sagen uns, Herr neu Herr Fritsche seit Januar 2014, der soll das Pofalla hat aus dem Agreement ein No-Spy-Ab- klären, und nur, wenn es ganz, ganz schlimm kommen gemacht, hat diesen Begriff geprägt. Sie wird, dann soll es zum Chef des Bundeskanzler- selber haben auf politischer Leitungsebene hierzu amtes kommen“, sodass Sie mit diesen Themen in der ganzen Zeit keinerlei Signale bekommen, überhaupt nicht behelligt werden? dass es auch was werden könnte. Und Sie sagen, es ist auch normal, dass Herr Pofalla sich in der Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Es ist weit vor frühen Phase der Verhandlungen in dieser Form, meiner Kanzlerschaft die Entscheidung gefällt wie er es getan hat, so an die deutsche Öffentlich- worden, dass die Rechts- und Fachaufsicht für keit wendet und sagt: Wir verhandeln darüber. den BND im Bundeskanzleramt beim Chef des Bundeskanzleramtes oder einem gesonderten Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe daran keinen Staatsminister angesiedelt ist. Das ist bei meinem Anstoß genommen. Ja. Vorgänger so gewesen, bei allen Vor- - Also, das ich habe ich bei Helmut Kohl so erlebt; der Herr Christian Flisek (SPD): Okay. Schmidbauer ist ja hier irrtümlich schon genannt worden. Und insofern habe ich das als eine ver-

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nünftige Arbeitszuweisung oder Aufgabenzuwei- Vorlage bekommen im Anschluss an die USA- sung immer erachtet und erachte es auch nach Reise, wo angeblich dieses Angebot unterbreitet wie vor als eine solche. wurde zu einem No-Spy-Abkommen oder Agree- ment. Aber im unmittelbaren Nachgang eben, Meine Aufgabe ist es - das habe ich ja auch um- zum Beispiel wo empfindlichste Selektoren ge- fänglich dargestellt -, politische Grundsätze zu löscht worden sind, kriegen Sie diese Informa- postulieren, mich um die Frage zu kümmern: tion über einen langen Zeitraum nicht. Und des- „Wie können wir Freiheit und Sicherheit in eine wegen stellt sich die Frage: Nach welchen Krite- Verhältnismäßigkeit bringen?“, und der muss ich rien werden Sie denn informiert? - Also, ich nachkommen. Und dann gibt es dazu die entspre- möchte nicht im Raum stehen lassen, dass das chenden Instrumentarien. das Kriterium ist: „Was ist gut für Sie, und was ist schlecht für Sie? Was ist günstig, was ist un- Christian Flisek (SPD): Also, das heißt, Sie haben günstig?“, sondern die Frage sollte doch beant- diese Tradition, die Sie vorgefunden haben - wortet werden: Nach welchen objektiven Krite- rien erhalten Sie nachrichtendienstrelevante In- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. formationen?

Christian Flisek (SPD): - in diesen beiden Optio- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Und da muss ich nen, auch fortgeführt, zunächst einmal nur mit mich ein Stück weit auf das Ermessen derer ver- einem verantwortlichen Chef des Bundeskanzler- lassen, denen ich vertraue. Und die Information, amtes, später - jetzt neu - mit Staatssekretär Frit- dass der BND eigene Selektoren gesteuert hat und sche zusätzlich seit Januar 2014. Und dort ist das noch NSA-Selektoren aufgetaucht sind, habe ich Thema ausschließlich - plus Abteilung 6 - im nicht als eine besonders angenehme Information Kanzleramt verortet. Und Sie sagen: Ich mache empfunden. Also, dass man mir nur Informatio- politische Grundsätze, mehr nicht. nen gibt, die angenehm sind - die vom Januar, die Vorlage, war dann auch schon nicht so ange- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre nehm -, das kann ich nicht feststellen. dann die letzte Frage. Christian Flisek (SPD): Gut. - Danke erst mal. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe Ihnen ja dar- gelegt, dass ich über bestimmte politische Sach- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen verhalte - und die sind ja hier auch aufgelistet - Dank. - Und wir kommen jetzt zur nächsten Fra- sehr wohl informiert wurde. Ich habe eine Vor- gerunde, in der auch wieder die Fraktion Die lage am 7. August bekommen; das wird dann ja Linke beginnt. Herr Kollege Hahn beginnt. auch jeweils entschieden. Ich habe eine Vorlage im Januar bekommen. Ich bin vom Kanzleramts- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Herr Vorsitzen- minister informiert worden zu dem Thema BND- der, vielen Dank. - Frau Bundeskanzlerin, Sie ha- Selektoren/NSA-Selektoren. Also, es ist nicht so, ben ja selber gelobt, dass dieser Ausschuss auch dass bei - - einiges ans Licht gebracht hat, und haben den- noch heute immer wieder die Formulierung ver- Christian Flisek (SPD): Ja, ja. Verstehen Sie mich wandt von den organisatorischen und techni- nicht falsch. Nur ich habe den Ein- - schen Defiziten. Sie haben auf die Presseerklä- rung verwiesen, Sie haben das heute auch noch Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ich war ja ge- mal wiederholt. Nach allem, was der Untersu- rade dabei, zu versuchen, auf Ihre Frage eine chungsausschuss aufgedeckt hat - und da werde Antwort zu finden. ich jetzt gleich noch was zu sagen -, halte ich es persönlich für eine völlig unangemessene Ver- Christian Flisek (SPD): Frau Bundeskanzlerin, harmlosung des gesamten Skandals. weil das ja auch jetzt vom Zeitkontingent her die letzte Frage ist: Ja, Sie haben zum Beispiel diese

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 53 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Was haben wir denn aus unserer Sicht - und da man aber auch nicht. BND und Bundesamt für möchte ich Sie dann zu befragen - aufgedeckt? Verfassungsschutz geben Namen, Daten und Han- Wir haben den Umstand, dass der BND sich dynummern an die NSA weiter von tatsächlichen einen rechtswidrigen Zugriff auf den Kabelkno- oder vermeintlichen Terrorverdächtigen. Handy- tenpunkt in Frankfurt am Main verschafft hat. daten sind ein wichtiges Instrument auch, um Die G 10-Komission hat hier erklärt, sie ist ge- Personen zu orten. täuscht worden. Man hat mitgeteilt, dass man zwei, drei Personen prüfen und überwachen will, Kurz nach der Übergabe der Daten werden dann und wollte eigentlich an die sogenannten Rou- immer einige von ihnen durch US-Drohnenan- tineverkehre. Der BND hat die NSA im Schlepp- griffe getötet; auch deutsche Staatsbürger sind tau mitgenommen, und vier Jahre lang wurden darunter. Die Drohneneinsätze, haben wir heute Tag für Tag Millionen Telefonate, Mails, SMSen, gehört, laufen über Ramstein, also über deut- IP-Adressen usw. ausgeforscht. Schutz deutscher schen Boden. Die Bundesregierung tut nichts, um Grundrechtsträger, haben wir hier gehört, war das aufzuklären oder gar abzustellen. Und im vielfach nicht gewährleistet. Wir haben in den Drohnenkrieg sind auch viele Hundert Menschen Systemen des BND NSA-Selektoren laufen gehabt völlig unschuldig umgekommen. Und das alles in zweistelliger Millionenhöhe - Kollegin Renner aus Ihrer Sicht, Frau Bundeskanzlerin - ich will hat vorhin darauf schon verwiesen -, und so viele Ihnen die Gelegenheit geben, dass noch mal rich- Terroristen gibt es auf der ganzen Welt nicht; das tigzustellen -, alles nur technische und organisa- werden vermutlich auch Sie nicht glauben. Etwa torische Defizite? ein Drittel dieser Selektoren konnte der BND selbst nicht lesen, hat sie trotzdem gesteuert. Ob Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Und auch das das Wirtschaftsinteressen waren, ob dort poli- wurde schon als scharfe Stellungnahme einge- tische Spionage gemacht worden ist, weiß nie- stuft. Ich kann mich Ihrer Pauschaleinschätzung, mand. Der BND konnte es nicht lesen und hat es so wie Sie das jetzt auch gerade mit Blick auf die trotzdem gesteuert. Drohnen angesprochen haben, nicht anschließen. Das verwundert jetzt ja auch nicht. Ich will nur Wir haben dann die Situation, dass nach den nicht, indem ich jetzt nicht jeden einzelnen Snowden-Enthüllungen selbst der BND 40 000 Punkt aufnehme, den Eindruck erwecken, als NSA-Suchbegriffe als rechtswidrig und gegen würde ich dem allen zustimmen. deutsche und europäische Interessen verstoßend eingestuft hat. Wir haben Dutzende Botschaften, Es gab technische und organisatorische Defizite. die ausgespäht worden sind, europäischer und Es steht Ihnen frei in der politischen Beurteilung, NATO-Partner. Wir haben selbst den eigenen das schärfer zu artikulieren; das ist überhaupt gar deutschen Botschafter bei der EU vom BND über- keine Frage. Ich kann dem, was ich hier dargelegt wacht. Sie erklären: „Ausspähen unter Freunden, habe, weiter nichts hinzufügen, und kann nur sa- das geht gar nicht“, und trotzdem macht der BND gen: Wir tun alles, damit sich in der Zukunft so genau das über viele Jahre, in einigen Außenstel- etwas nicht wiederholt. len im Übrigen bis zum Frühjahr 2015, wie wir hier wissen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Heute befragen wir aber Sie. Einfache Sachbearbeiter in der Abteilung TA des BND stellen über Jahre - angeblich ohne Rück- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. sprache mit den Vorgesetzten - Staats- und Regie- rungschefs, Minister, befreundete Regierungen, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Sie haben - EU-, internationale Organisationen, Parlamente eigenständig in die Suchmaschinerie des BND Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe ja auch - - ein. Niemand weiß davon, im Kanzleramt angeb- lich überhaupt keiner, weder der Abteilungsleiter noch der Kanzleramtsminister; nachgefragt hat

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 54 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. André Hahn (DIE LINKE): - den streng gehei- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, das ist ja vorhin men Bericht des Parlamentarischen Kontrollgre- schon gefragt worden. Ich frage jetzt nach dem miums - ich hoffe Sie kennen den -, Bericht.

(Nina Warken (CDU/CSU): Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau. Da habe ich Streng Geheim!) doch auch schon geantwortet. wo rechtswidrige Vorgänge aufgelistet sind. Das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich wollte es ist eine Presseerklärung, die öffentlich gemacht nur anmerken. worden ist. Ein Drittel davon war rechtswidrig, unverhältnismäßig, ein Drittel im Graubereich Zeugin Dr. Angela Merkel: Der Antwort habe ich der problematischen Selektoren. Und ich würde nichts hinzuzufügen. Ihnen - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Ich würde Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich werde jetzt aus Ihnen das alles gerne vorlesen; darf ich nicht in einem streng geheimen Bericht nicht, jedenfalls öffentlicher Sitzung. nicht - - (Tankred Schipanski Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, nein. Ich (CDU/CSU): Weil das habe gesagt, das war die öffentliche Presseerklä- Geheim ist! Das ist auch rung, - eine Stellungnahme der Bundesregierung!) Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau. Aber wenn das alles in diesem Bericht enthalten Dr. André Hahn (DIE LINKE): - diese beiden ist, in beiden Berichten, des Parlaments und der Punkte. Ich würde Ihnen gerne die einzelnen Bundesdatenschutzbeauftragten, warum gibt es Punkte vorlesen. Das sind dann alles organisato- denn bis heute keine Konsequenzen bei der rische Defizite aus Ihrer Sicht. Kennen Sie denn Rechts- und Fachaufsicht im Bundeskanzleramt? diesen Bericht, den streng geheimen, die voll- Alle sitzen noch auf ihren Stühlen. Das ist nun ständige Fassung? Ihre Verantwortung als Bundeskanzlerin, auch da für Abhilfe zu sorgen und Änderungen vorzuneh- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe mich mit men. dem Bericht im Einzelnen nicht befasst. Ich weiß nur, dass absolut dringend war, bestimmte Defi- Zeugin Dr. Angela Merkel: Es gibt eine Änderung zite, auch wenn Sie den Begriff nicht hören wol- beim Präsidenten des Bundesnachrichtendiens- len, abzustellen, und vergewissere mich, dass das tes, der ich zugestimmt habe, als der Bundes- nicht wieder passiert. kanzleramtsminister mir das vorgeschlagen hat. Solche - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): In dem Bericht der Bundesdatenschutzbeauftragten mit Rechtsbrü- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich will noch mal chen, Gesetzesverstößen, dutzendfachen förm- auf das Kanzlerhandy auch kommen. Sie haben lichen Beanstandungen, die gegen die Bundes- das Telefonat mit Herrn Obama, mit dem ameri- regierung ausgesprochen wurden - auch alles nur kanischen Präsidenten, vorhin erwähnt. Was hat Defizite und organisatorische Probleme? der Ihnen denn gesagt zu Ihrem Handy? War das auch ein organisatorisches Defizit, dass das in die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Auch der ist Überwachung reingekommen ist? Oder - - als Streng Geheim eingestuft übrigens. Zeugin Dr. Angela Merkel: Das, was ich dazu sa- gen kann, habe ich erst vorgetragen. Ansonsten

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 55 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung zitiere ich nicht aus Gesprächen, die ich mit an- die Amerikaner Sie irgendwann damit kompro- deren Kollegen führe. mittieren oder öffentlich diesen Punkt auch an- sprechen. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Na ja. Es geht ja nicht um Zitate, sondern es geht ja um die Hat man Sie da ins Messer laufen lassen? Hätte Frage - - Sie nicht Herr Pofalla wirklich über diesen wich- tigen Punkt informieren müssen, damit Sie wis- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. sen, was der Hintergrund ist, wenn Sie öffent- liche Auftritte haben und die entsprechenden Dr. André Hahn (DIE LINKE): Entschuldigen Sie Dinge dort immer wieder artikulieren? bitte. Der amerikanische Präsident hätte Ihnen ja sagen können: „Frau Bundeskanzlerin“, oder: Zeugin Dr. Angela Merkel: Wie gesagt, ich habe „Angela“ - ich weiß nicht, wie Sie miteinander ja schon mehrfach gesagt: Ich halte das für eine kommunizieren - „die Sache stimmt gar nicht; Ermessensentscheidung, die er so getroffen hat, das sind alles haltlose Beschuldigungen. Sie kön- wie er sie getroffen hat, und dass ich trotzdem nen sich sicher sein: Das hat nie stattgefunden Vertrauen zu ihm habe. und wird auch nie stattfinden“. Diese Aussage hat es aber doch offenkundig nicht gegeben, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Das können Sie oder? haben. Aber aus heutiger Sicht: Wäre das nicht gut gewesen, Sie hätten das gewusst? Zeugin Dr. Angela Merkel: Die Aussage, die es gegeben hat, ist ja hier schon Gegenstand der Un- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste terredung gewesen, dass mein Handy nicht abge- dann die letzte Frage sein. hört wird und nicht abgehört werden wird. Zeugin Dr. Angela Merkel: Schauen Sie: Wenn Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und zur Vergan- wir alle aus heutiger Sicht das beurteilen, was genheit ist nichts gesagt worden. vor vier Jahren war, dann würden wir alle an die Sache ganz anders rangehen. Das ist nun mal der Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe es ja gesagt: Gang der Ereignisse, dass wir heute eine andere dass wird und nicht werden wird. Sicht haben als damals insgesamt zu dem gesam- ten Sachverhalt. Und ich sage noch mal: Ich halte Dr. André Hahn (DIE LINKE): Zu Herrn Pofalla es für eine mögliche Ermessensentscheidung. sind Ihnen schon einige Fragen gestellt worden. Ich finde es gut, wenn Sie sagen: „Ich vertraue Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- meinen Mitarbeitern“, aber ja sicher doch nicht lichen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur nächs- blind. Das ist das, was wir hier - auch für mich ten Fraktion, zur Fraktion der CDU/CSU. Frau muss ich das sagen - überhaupt nicht verstehen Kollegin Warken. können: Da geht die Kanzlerin durchs Land, bei einer Veranstaltung nach der anderen sagt diesen Nina Warken (CDU/CSU): Wir haben momentan Satz - immer in etwas abgewandelter Form -: keine Fragen. Ausspähen unter Freunden, das geht gar nicht. - Irgendwann wird es dem BND-Präsidenten zu Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen bunt, er sagt: „Das passt ja gar nicht zu dem, was Dank. - Dann kommen wir zur Fraktion Bünd- wir hier machen“, holt sich einen Termin im nis 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. Bundeskanzleramt und teilt Herrn Pofalla mit: Also, Herr Kanzleramtsminister, wir machen das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch, EU und NATO und andere Dinge. - Und Ihr NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Frau eigener Kanzleramtschef lässt Sie weiter durch Bundeskanzlerin, ich komme auch noch mal auf die Gegend laufen und sagt Ihnen nicht, was diesen Vermerk des AL 6, Herrn Heiß, vom beim BND los ist, auch auf die Gefahr hin, dass 07.08.2013, den Sie ja auch abgezeichnet haben

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 56 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung mit einem handschriftlichen Vermerk. Deswegen: stand niemals zur Diskussion. - Und vielleicht Können Sie noch mal sagen, was die Kernbot- darf ich Ihnen noch aus einer anderen Vorlage schaft von Herrn Heiß an Sie ist in diesem Ver- zitieren, was der Resident in Washington merk? geschrieben hat am 08.08.2013; MAT A BND-1-9i.pdf. Der schreibt da in Hinblick auf Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, meine Kernbot- Punkt 2: schaft habe ich vorgelesen. Soll ich es noch mal lesen? Ich zitiere aus der Vorlage: Eine Zusiche- Ergänzung der „NSA-talking rung - - points vom 05. August 2013“ durch folgende Punkte: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Erklärung, dass weder in Darm- stadt oder in Wiesbaden noch an NEN): Sie können das vorlesen, Sie könnten es anderer Stelle in DEU „collec- mir auch einfach sagen. Aber - - tion“ stattfindet

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Dann bin ich Zweitens - oder zweiter Kugelpunkt -: nur präzise. Ich meine, ich habe - Dass NSA nicht deutsches Recht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- verletzt NEN): Okay. NSA-Antwort am 08.08.2013, also an dem Tag, Zeugin Dr. Angela Merkel: - die Vorlagen, die ich an dem er das aufschreibt: bekomme - - vom 7. August 2013 nicht mehr wörtlich im Kopf; das würden Sie mir verzeihen, We cannot add any new language glaube ich. to the bullets of the talking points … at this moment. It goes beyond Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NSA. It is a policy decision. NEN): Das verstehe ich vollständig. Also, er sagt klipp und klar: Wir werden nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber ich weiß nicht, zusagen, dass wir uns an deutsches Recht hal- ob Sie darauf hinauswollen, dass Sie etwas ande- ten. - Also, was ich damit sagen - - res für wichtig halten in der Vorlage als ich. Zeugin Dr. Angela Merkel: Das habe ich jetzt aus Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ihren Darlegungen nicht genau entnehmen kön- NEN): Nein. Also, ich kann Ihnen das auch vor- nen. lesen; mir liegt das ja auch vor. Wir können uns gegenseitig Dinge vorlesen. Also, da steht drin: Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gut. Das kann ich Ihnen gerne noch mal Beide US-Gesprächspartner haben vorlegen, das Dokument. die Forderung, auf deutschem Bo- den müsse von jedem deutsches Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ich sage nur: Recht eingehalten werden, akzep- „Über das Ob müsse allerdings die Politik ent- tiert. scheiden“, hat ja auch Herr Heiß geschrieben.

Das steht da wortwörtlich drin. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Herr Heiß hat gesagt, dass die amerikani- Zeugin Dr. Angela Merkel: Mhm. sche Seite das akzeptiert hätte. Und das ist tat- sächlich auch aus den Gesprächsvermerken nicht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu entnehmen. Ich kann Ihnen daraus vorlesen. NEN): So. Und jetzt hat ja nun Frau Donfried - das ist vorgelesen worden - gesagt später: Das

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 57 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

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Da heißt es zu den Äußerungen des NSA-Direk- Kenntnis. Ich sage, ich habe den Worten von tors - das ist MAT A BMI-1/10l_2, Blatt 55 bis Herrn Heiß vertraut. Und die Gespräche sind ja 59 - - Da soll General Alexander gesagt haben: auch weitergegangen.

Wir haben Abkommen mit der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- deutschen Regierung vertreten NEN): Das haben Sie. Aber jetzt in der Nach- durch die deutschen Dienste, die schau? Wir haben ja vorhin über objektive und wir befolgen. Alle gemeinsamen subjektive Wahrheiten gesprochen.

- darauf liegt die Betonung, glaube ich - Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage, dass die Ge- spräche noch sehr intensiv dann weitergeführt Operationen werden unter Beach- wurden und dass das Ergebnis im Januar in der tung der deutschen und amerika- nischen Gesetze durchgeführt. Tat enttäuschend war.

Heißt: Wenn man nicht gemeinsam operiert, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE dann eben nicht. - Daran ist das Abkommen ja GRÜNEN): Die Amerikaner sagen, es hat nie Aus- auch schließlich gescheitert. Also, um zum Punkt sicht gegeben darauf, dass das - - zu kommen, weil ich immer nur acht Minuten habe, Frau Merkel: Der Vermerk von Herrn Heiß (Tankred Schipanski (CDU/CSU): Stimmt doch ist - vorhin haben wir ja über „objektiv“ und gar nicht!) „subjektiv“ geredet - objektiv falsch. Die ameri- kanische Seite hat das nicht akzeptiert. - Und Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich nehme es ja zur deswegen würde ich Sie gerne fragen, warum Kenntnis. Ich kann nur von dem ausgehen, was Herr Heiß heute noch AL 6 eigentlich ist, wenn ich zur Kenntnis bekommen habe. er Sie in einer so zentralen Frage falsch infor- miert hat. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Frau Merkel, was war eigentlich im Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann nicht sagen, August 2013 neben dieser Thematik noch wich- dass er mich falsch informiert hat. Ich habe seine tig? Was war denn so die politische Situation? Informationen jedenfalls zur Kenntnis genommen und auf der Basis auch durch mein Abzeichnen Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich finde es jetzt - - weitere Gespräche für sinnvoll gehalten. Können Sie machen, was Sie machen. Aber ich habe keine Absicht, in irgendeiner Weise infrage Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- zu ziehen, dass wir uns nach bestem Wissen und NEN): Ja. - Und ihr Kanzleramtschef, Herr Gewissen mit den Fragen von NSA befasst haben. Pofalla, der hat das dann in dieser berühmten 13-Statement-Rede - - 13-Punkte-Rede am 12.08. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch genauso kommuniziert, dass die Amerika- NEN): Das hatte mit dem Bundestagswahlkampf ner das akzeptiert hätten. Und er spricht ja dann, rein gar nichts zu tun. glaube ich, in Ihrem Namen auch, wenn er so was sagt. Aber es war eben objektiv falsch. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, er hat in der Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Frage - das wissen Sie ja auch - von der Aufga- NEN): Diese - - benzuordnung nicht in meinem Namen gespro- chen, sondern er hat in seiner Funktion als Ver- Zeugin Dr. Angela Merkel: Dazu haben Sie uns antwortlicher für den BND und damit auch nach auch wenige Möglichkeiten gelassen. einer PKGr-Sitzung gesprochen, wenn ich richtig informiert bin. Und wenn Sie das als objektiv falsch betrachten, dann nehme ich das jetzt zur

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 58 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Bitte? NEN): Können Sie noch mal sagen, weil Sie eben das so auf Herrn Schindler bezogen haben: Wes- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja. Ich sage mal, wegen ist Herr Schindler in den vorzeitigen die Insinuierung, wir würden irgendwie nichts Ruhestand geschickt worden? tun auf dem Gebiet: Da gab es ja nun ausrei- chend, auch richtigerweise, das Bedürfnis nach Zeugin Dr. Angela Merkel: Diese Ruhestandsver- Aufklärung. setzungen erfolgen ohne Angabe von Gründen. Aber ich möchte nicht ausschließen, dass ein ge- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wisser Neuanfang auch in dem Zusammenhang NEN): Klar, nur wenn die Aufklärung, ich sage eine Rolle gespielt hat. Der Kanzleramtsminister mal, objektiv wahrhaftig stattgefunden hätte, wird wahrscheinlich dazu auch befragt worden wären die Wahrheiten im Bundestagswahlkampf sein. Ich habe seine Vernehmung nicht - - 2013 sehr unangenehm gewesen. Dann hätte man nämlich sagen müssen: Die Sachen, die Snowden Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hier aufklärt, ach übrigens, das machen wir auch. NEN): Ja, der hat gesagt, dass er die Gründe nicht Und XKeyscore und all diese Programme, Prism, sagen muss irgendwie. Aber ich glaube, diese wir sind ein Teil davon. - Das hat aber das Bun- Regelung gilt beamtenrechtlich, dass man das - deskanzleramt, das haben weder Herr Pofalla noch Sie gesagt, sondern Sie haben Dinge gesagt, (Dr. André Hahn (DIE die sich eben nachher nicht bewahrheitet haben. LINKE): Ihm muss man die Und deswegen entsteht da so ein Wahrheitsdelta, Gründe nicht sagen!) und wir versuchen, eben rauszufinden sozusa- gen - - Also, ich will gar nicht sagen - - - genau - ihm nicht sagen muss, also der Person, die man dann eben in den vorzeitigen Ruhestand Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich - - schickt. Aber bei Herrn Fromm zum Beispiel, Präsident des BfV, war man nach dem NSU- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Skandal nicht so zimperlich; da hat man öffent- NEN): Ich glaube Ihnen, dass Herr Heiß Ihnen das lich gesagt: Gut, die Schredderaktion; der Mann gesagt hat. muss gehen. - Also, man kann, wenn man will, die Gründe sagen; - Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ist ja unbestritten. Zeugin Dr. Angela Merkel: Gut. Ich gehe so Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- weit - - NEN): Genau, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie haben es, ich habe NEN): - aber Sie sagen die Gründe im Fall es. Schindler nicht.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre die NEN): - das ist unbestritten. Genau. - Aber mich letzte Frage oder Bitte. wundert eben, dass das konsequenzlos erfolgt, also dass er Ihnen was Falsches aufschreibt und Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage die Gründe Sie damit rausgehen und dann passiert nichts. nicht; aber ich sage, dass ich zufrieden bin, dass es einen Neuanfang beim BND gibt. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ob das - - Über die Falschheit kann ich jetzt nicht richten. Ich sage Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen nur, ich habe das so zur Kenntnis genommen, Dank. - Und wir kommen zur nächsten Fraktion, und dann sind die Gespräche auch weitergegan- der Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. gen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 59 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- für 155 Staaten - verzwölffacht hat. Also, wir ha- der. - Frau Bundeskanzlerin, Sie haben ja in Ih- ben jetzt zwölf Personen, die dafür zuständig rem Eingangsstatement völlig zu Recht, wie ich sind. Und er hat hier auch offen gesagt, dass man finde, gesagt, dass Sie nicht nur sich nach dem sozusagen mit so einem Personalbestand diese Thema „Abhören von Regierungsspitzen“ um Ihr Erwartung, die der Begriff suggeriert - „360-Grad- Handy gekümmert haben, sondern im Schwer- Abwehr“ -, nicht erfüllen kann. punkt natürlich um die Frage: Wie ist es um den Grundrechtsschutz der deutschen Bürgerinnen Zeugin Dr. Angela Merkel: Okay. Wenn das so und Bürger bestellt? ist - ich habe die Vernehmung - - also, ich habe das Privileg, Herrn Maaßen in der Frage gehört zu Nach Sommer 2013, nach diesen Snowden-Veröf- haben, nicht gehabt -, dann werde - fentlichungen, ist irgendeine Initiative mal ergrif- fen worden, zu versuchen: Was könnte ein realis- Christian Flisek (SPD): Es war ein Privileg, ja. tisches Bild der Gesamttätigkeit amerikanischer Dienste - und das sind ja viele - in Bezug auf Zeugin Dr. Angela Merkel: - ich den Bundes- Deutschland sein? Weil, wenn wir uns über die innenminister bitten, der Sache noch mal nach- Kooperationen unterhalten - - Ich unterstelle mal, zugehen. Wir haben so viele - das wissen Sie ja das ist der offizielle Teil, das ist vielleicht nur auch - personelle Aufstockungsmöglichkeiten eine Spitze vom Eisberg. Den Teil der Tätigkeit in jetzt, weil wir sagen: „Wir müssen unsere Aufga- Bezug auf Deutschland, den die Dienste ausüben ben besser erfüllen und vollständig erfüllen“, außerhalb von Kooperationen, den sehen wir gar dass wir dann darüber noch mal sprechen wer- nicht, der findet sich auch in keinen Akten des den. Das nehme ich gerne mit. Bundeskanzleramts oder des BND wieder. Ist der Versuch mal unternommen worden, so was wie Christian Flisek (SPD): Das ist gut, Frau Bundes- ein Gesamtbild zu erstellen mit den Erkenntnis- kanzlerin. - Ich würde Sie jetzt auch noch mal im möglichkeiten, die man vielleicht auch über die Hinblick auch auf das Agreement fragen wollen. Spionageabwehr hat? Ich meine, Ihr Abteilungsleiter 2, Herr Heusgen, der sozusagen ja bei den Fragen, was läuft im Zeugin Dr. Angela Merkel: Es ist die Entschei- transatlantischen Verhältnis, der zuständige An- dung getroffen worden, in Zukunft mit der sprechpartner ja auch mit ist - dann neben, was 360-Grad-Beobachtung ja einen neuen Weg zu be- Geheimdienstfragen betrifft, der Abteilung 6 -, schreiten, und da wird im Augenblick oder seit- hat ebenfalls auch von seinem Counterpart Frau dem ja mehr getan, als man das früher getan hat. Donfried im Juli 2013 bereits eine E-Mail bekom- men, wo es heißt - ich sage es mal zunächst auf Christian Flisek (SPD): Na ja, gut, also - - Englisch, im Original -:

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Our experts simply don’t feel equipped to judge our compliance Christian Flisek (SPD): Ich fand den Begriff „360- under German law (?) Grad-Überwachung und -Abwehr“ auch immer sehr, sehr eingängig. Ich fand, das war ein schö- Also auf die Frage, ob ein Geheimdienst der USA ner Begriff, so nach dem Motto: Man hatte vorher tatsächlich sich bei seiner Tätigkeit in Deutsch- nur so einen Teil, und jetzt schaut man überall land auf deutsches Recht einrichtet und das ein- hin. Wir haben durch die Vernehmung von Herrn hält, haben sie schlicht und ergreifend gesagt: Maaßen hier kennengelernt, der ja im Bundesamt „Wir fühlen uns überhaupt nicht dazu fähig, eine für Verfassungsschutz die Spionageabwehr bei solche Zusage zu geben, weil wir überhaupt sich hat, dass sozusagen die 155 unproblemati- keine Ahnung haben“ - ich überspitze jetzt mal schen Staaten, wo auch die Freunde dazugehö- die Übersetzung -, „was deutsches Recht eigent- ren - - dass vor der Maßnahme eine Person dafür lich aussagt und woran wir uns dann halten müs- zuständig war und man das jetzt - wohlgemerkt: sen.“

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Jetzt mal rein handwerklich: Wenn man über so Christian Flisek (SPD): - weil ich glaube, mit ein Kernelement eines Agreements verhandelt einem Gespräch, wo die deutsche Seite mal dar- und eine solche Aussage kommt zu einem Zeit- stellt, was die deutsche Rechtslage ist, ist es na- punkt Juli 2013 an Herrn Heusgen, was ist denn türlich nicht getan, weil ich mir bei der Vielzahl davon zu halten? der Geheimdienste der Amerikaner und auch in Bezug auf das, was sie in Deutschland tun - - da Zeugin Dr. Angela Merkel: Davon ist zu halten, haben wir es ja mit einem Bündel von wahr- dass dann Gespräche weitergeführt werden müs- scheinlich unzähligen Maßnahmen zu tun. Das sen, in denen die deutsche Seite darstellt, wie die heißt, das ist sozusagen in jedem Fall einzelfall- deutsche Rechtslage ist; das ist ja nun keine abhängig, diese Prüfung, und die Amerikaner Komplikation. Das sagt ja nicht: Wir haben kein müssten ja quasi jede einzelne Maßnahme - was Interesse an der deutschen Rechtslage und wol- sie bestimmt nicht tun wollen - dann bei der len mit euch nicht über die deutsche Rechtslage deutschen Regierung anmelden und sagen: Prüft sprechen. mal, ob das sozusagen „compliance“ ist mit deut- schem Recht oder nicht. - Und das ist ja allein Christian Flisek (SPD): Na ja. operativ ein Ding der Unmöglichkeit, wenn die Amerikaner sagen: „Wir können es nicht beurtei- Zeugin Dr. Angela Merkel: Die E-Mail ist mir len eigenständig“, ein K.-o.-Kriterium, würde ich nicht zugegangen, nebenbei; aber wenn Sie aus sagen. ihr zitieren, habe ich keinen Zweifel, dass es sie so gibt, und dann - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Okay. Dann haben wir da unterschiedliche Vorstellungen, ob man Christian Flisek (SPD): Ja. so ein Abkommen überhaupt verhandeln kann oder nicht, wenn Sie jetzt sagen, dass es sowieso Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Sie haben mich sinnlos ist angesichts der Komplexität. doch - - Christian Flisek (SPD): Hinter der politischen Christian Flisek (SPD): Mit Verlaub, Frau Bun- Message, Frau Bundeskanzlerin, - deskanzlerin - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Meine Erfahrung ist, Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie haben mich doch wo Juristen - - gefragt, - Christian Flisek (SPD): - stehe ich zu 100 Pro- Christian Flisek (SPD): Ja. zent.

Zeugin Dr. Angela Merkel: - wie ich das sehe, Zeugin Dr. Angela Merkel: Wie bitte? und jetzt habe ich doch lediglich dazu geantwor- tet. Christian Flisek (SPD): Hinter der politischen Message, dass wir Standards brauchen, dass wir Christian Flisek (SPD): Das ist richtig. nicht mehr ein Denken aus Zeiten des Kalten Krieges brauchen zwischen Partnern, stehe ich zu Zeugin Dr. Angela Merkel: Das stellt Sie nicht 100 Prozent. zufrieden und - - Nur, die Frage ist - - Ich sage es mal auch so jetzt: Christian Flisek (SPD): Nein, ich hake da jetzt Wir haben gerade 360-Grad-Blick - das ist ein auch noch mal nach, mit Verlaub, deswegen, - sehr eingängiger Begriff - -Wir haben aber auch gesehen - und Sie haben ja gesagt, Sie werden da Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, klar. noch mal nachfassen -, die Personalausstattung ist dürftig in einem wichtigen Bereich für Deutschland, Spionageabwehr. Forschung und

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 61 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

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Entwicklung in diesem Land ist ein Kernelement Herr Heiß Aufträge geben kann, aber, ich sage für unsere Wirtschaftskraft, um nur das Thema mal, eine Empfehlung, eine Anregung geben Wirtschaftsspionage anzusprechen. Und wir kann, dass man hier eine Gesprächsanmeldung haben „No Spy“ als einen Begriff, der Erwar- mit Präsident Obama macht. Und ich glaube, die tungshaltungen schürt, wo ich mir die Frage einzige Person im Kanzleramt, die mit Präsident stelle: Geht man mit solchen Begriffen in der Öf- Obama sprechen wird, das sind dann Sie. Ist ein fentlichkeit nicht zu leichtfertig um, weil man solches Gespräch angemeldet worden? Ist da eine Erwartungshaltungen schürt, die man einfach Initiative aufgrund dieses handschriftlichen Ver- schlicht - - Man kann nicht liefern. merks erfolgt?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, ich glaube, wenn Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, darüber hatte ich mich recht erinnere, gab es von amerikani- ich ja auch gesprochen. Es war so, dass diese scher Seite sehr wohl zur Wirtschaftsspionage Anregung da war, weil wohl Präsident Obama am sehr eindeutige Aussagen, dass von der amerika- 9. August eine Rede geplant hatte. Und ich nischen Regierung keine Wirtschaftsspionage be- wurde dann informiert, dass auch der Außen- trieben wird. Und ich meine, jetzt sind wir an ei- minister bereits mit dem Außenminister Kerry, nem Punkt - - Ich weiß, dass man rechtlich sehr also Westerwelle mit Kerry, telefoniert hatte, und viel mehr durchsetzen kann, wenn man will, als habe dann entschieden, dass im Blick auf die man vielleicht als Nichtjurist erst mal denkt. Ich Rede vom 9. August ein Telefonat auf der Ebene, weiß jetzt gar nicht, ob Sie Jurist sind oder nicht; wie der Vermerk war, in welchem Stadium sich ich bin keiner. Aber wenn ich jedes Mal einen die Gespräche befanden, nicht zielführend ist. Sachverhalt als so komplex einstufe, dass ich gar Und deshalb habe ich heute ja hier auch darge- nicht erst anfange, zu gucken, ob ich es rechtlich legt: Ich habe von einem solchen Telefonat auf regeln kann, das wäre, glaube ich, auch keine höchster Ebene abgesehen. Es will ohnehin ganz gute Grundeinstellung. grundsätzlich überlegt sein, wann und über wel- che konkreten Anliegen jeweils auf der Ebene der Christian Flisek (SPD): So weit stimme ich Ihnen Staats- und Regierungschefs gesprochen wird zu, aber, wie gesagt - - Gut. - Ich habe eine Frage und wann nicht, zumal dann, wenn es wie im noch zum No-Spy-Abkommen. In dem Vermerk, vorliegenden Fall eine grundsätzliche Bereit- den Sie ja selber jetzt mehrfach sozusagen als die schaft zu Gesprächen über ein Agreement zwi- wesentliche Informationsgrundlage für Ihre ei- schen den Nachrichtendiensten auf Arbeitsebene gene Bewertung zitiert haben, nämlich der Vor- gegeben hatte, aber klar war - das füge ich jetzt lage von Herrn Heiß vom 7. August 2013, heißt hinzu -, dass dies noch nicht den Stand erreicht es - also zumindest in der Version, die uns vor- hatte, dass darüber zwischen zwei Regierungs- liegt, gibt es eine handschriftliche Notiz noch chefs gesprochen werden kann. von Herrn Heiß, und da heißt es -: Christian Flisek (SPD): Hat man vielleicht von ei- Außenminister Westerwelle er- nem solchen Gespräch abgesehen, haben Sie viel- hielt im Telefonat mit Kerry keine leicht von einem solchen Gespräch abgesehen, Zusagen. Ggf. unverzüglich Ge- weil man befürchtete, vielleicht zu früh eine ein- sprächsanmeldung Obama (?) deutige Absage zu bekommen und damit das Thema noch sehr früh, auch im Bundestagswahl- Also, wir haben das beim Lesen so interpretiert, kampf, begraben zu müssen? dass es - politischer Leitungsvorbehalt; das war ja klar: also, die Geheimdienste können über alles Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Mögliche verhandeln, die Politik muss zustim- men - bis zu diesem Zeitpunkt keinerlei Zusagen Christian Flisek (SPD): Ich möchte noch einmal gab, auch im Gespräch Westerwelle-Kerry nicht, auf die Selektoren und auch auf die Frage, wie und sozusagen ein Arbeitsauftrag im Kanzleramt existierte, wobei ich jetzt nicht sagen würde, dass

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nach dem Herbst 2013 mit den Selektoren um- reaktiv dieser Sache annimmt. Und ich stelle mir gegangen worden ist und welche Rolle da das die Frage: Wäre es in dieser Zeit nicht höchste Kanzleramt hat, zu sprechen kommen. Eisenbahn gewesen, wirklich proaktiv mal struk- turiert diesen Komplex anzugehen? Sie hätten es Fast alle Zeugen aus dem Kanzleramt haben uns ja einfach machen können, oder Herr Altmaier berichtet, dass das Thema „Selektoren“, „kri- hätte es auch einfach machen können, einfach tische Selektoren“ nach der einmaligen Lö- mal dem Herrn Heiß sagen: Lieber Herr Heiß, schungsaktion im Oktober 2013 erst wieder an- machen Sie uns da bitte mal eine Bestands- lässlich des Besuches von dem damaligen neuen aufnahme. - Herr Heiß hat uns gesagt bei seiner Chef des Bundeskanzleramts, Herrn Altmaier, in Vernehmung, nur wenn von oben eine Anwei- Pullach im Frühjahr 2015 voll aufschlug. sung kam, ist er tätig geworden. - Das ist eine Aussage von ihm gewesen hier im Ausschuss. - Die Frage, die wir uns hier stellen, ist: Was ist in Und wenn nichts kam, dann wurde auch nichts der Zwischenzeit passiert? Warum vergehen fast veranlasst. anderthalb Jahre in einem Bereich - - Wir haben jetzt gelernt, der Bereich „Signal Intelligence/ Das heißt, die Frage ist: Wie - - Also, für uns ist SIGINT“ ist auch in der strategischen Kommuni- das unerklärlich. Wir haben das deswegen auch kationsüberwachung wichtig; da stimme ich in der öffentlichen Bewertung als, ich sage mal, Ihnen auch zu. Er ist ein Teil der Tätigkeit des ein schwarzes Loch ein Stück weit bezeichnet, BND, der fast mehr als 50 Prozent einnimmt, der weil diese ungeheure Zeit - anderthalb Jahre immer mehr Ressourcen auch verschlingt. Und nichts passiert - nahezu unglaublich erscheint. wir haben gelernt, dass sozusagen in den Unmen- Wie bewerten Sie das in der Rückbetrachtung? gen der Datenströme der Begriff der Selektoren, der Suchbegriffe, ein ganz entscheidender ist. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, da ich ja von der Und dann hat man im Oktober 2013, wie gesagt, Oktoberinformation nichts wusste, kann ich jetzt im Kontext Snowden, im Vorfeld eines sich kon- ja nur mutmaßen. Damals ist es ja nicht reaktiv stituierenden Untersuchungsausschusses im gewesen offensichtlich, sondern offensichtlich ist März 2014 hier im Bundestag schon einmal ein ja Herrn Pofalla was gesagt worden. Er hat dazu klares Indiz, dass es hier eine Problemlage gibt. eine Weisung erteilt. Und ehrlich gesagt, könnte Abgesehen davon - das, glaube ich, ist auch des- man sich ja auch vorstellen, wenn der BND etwas wegen klar, weil der einfache Selektorenmitarbei- sagt, anschließend eine Weisung erteilt wird - ich ter beim BND - - Wir haben die ja hier auch ge- mutmaße jetzt nur -, dass dann das Problem auch hört; das waren für die Damen und Herren oft gelöst wird. keine angenehmen Befragungen, weil die das gar nicht gewohnt sind, vor so einem Ausschuss aus- Und dass dann herauskommt im Oktober - die zusagen. Die haben uns alle aber miteinander ge- BND-Sachen waren im Oktober oder Ende Sep- sagt: Wir hatten nie eine Handreichung einmal tember 2015 -, dass das doch nicht ausgeführt gehabt, was wir wirklich zu tun haben. - Also, es wurde vollständig: Da komme ich wieder auf die gab nie eine verschriftlichte Verwaltungsricht- technischen und organisatorische Defizite. Und linie, wie das aufzusetzen ist, obwohl das dann das war dann noch eine sehr höfliche Formulie- auch immer mit der Zeit komplexer geworden ist, rung. weil die technische Entwicklung in den 2010er- Jahren ja gigantisch war dann am Ende. Christian Flisek (SPD): Ja, ich sage es ganz offen, Frau Bundeskanzlerin: Ich teile die Ansicht, dass Und dann taucht dieses Problem im Oktober es in der Abteilung Technische Aufklärung er- 2013 erstmals auf bei Pofalla. Er erteilt in aller hebliche organisatorische Defizite, Mängel gibt. Eile Weisungen. Es führt zu Ergebnissen. Er for- Insofern, glaube ich, wird auch grundsätzlich dert einen Bericht an, den keiner kennt - lassen darüber zu reden sein, ob es Sinn macht, die Ab- wir das Thema -, und dann dauert es trotzdem teilung TA ausgerechnet in Pullach zu belassen. bis März 2015, bis sich das Kanzleramt wiederum Also die Abteilung, wo die meisten Probleme

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Nur zur dienstlichen Verwendung sind und die immer wichtiger wird, so entfernt Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, aber wenn dann von der BND-Spitze in Berlin zu organisieren, ist noch zwei Fragen übrig bleiben, können wir es - - ein politisches Thema, das noch zu klären sein Na, mir ist es - - wird. Aber es stellt sich natürlich auch die Frage, ob es organisatorische Defizite in der Fachauf- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Na, wenn es sicht gegeben hat. Und wenn ich mir anschaue, zwei sind, dann kriegen wir die auch noch hin. dass Themen auftauchen und man keinerlei Ver- Aber wenn es mehr als zwei sind, dann würde - - anlassung sieht, proaktiv mal diese Themen strukturiert anzugehen, nachzufragen - Mitarbei- Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau. Sie entschei- ter, eine ganze Abteilung ist dafür da, Herr Frit- den darüber. Ich bin noch aussagefähig. sche als neuer Staatssekretär ist extra im Januar 2014 eingesetzt worden -, und man dann im März Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und ich 2015 relativ überrascht tut: „Oh, oh, da gibt es ja würde dann nach der nächsten Fragerunde mal Probleme mit den Selektoren; wussten wir gar 20 Minuten Pause machen, - nicht“: Ich finde das nicht nachvollziehbar. Zeugin Dr. Angela Merkel: Okay. Zeugin Dr. Angela Merkel: Okay. Diese Bewer- tung nehme ich zur Kenntnis, und ich glaube Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - dass wir auch, dass man auch im Bundeskanzleramt in uns noch mal alle sammeln und mit Kraft in die der entsprechenden Abteilung aus den Vorgän- nächste Runde - oder zwei oder drei - dann ge- gen gelernt hat, dass sich die Dinge nicht wieder hen. - Es beginnt aber Frau Kollegin Renner in so wiederholen werden. dieser vierten Runde.

Und im Übrigen will ich noch einmal darauf hin- Martina Renner (DIE LINKE): Frau Bundeskanz- weisen: Herr Fritsche ist nicht nur wegen, er ist lerin, ich will noch mal auf das Sommerinter- auch - das hat noch eine zusätzliche Begründung view 2013 zurückkommen. Sie haben in dem gebracht - wegen der Empfehlung des Parlaments Interview mehrfach erwähnt, dass Präsident ins Kanzleramt gekommen, - Obama Akten deklassifizieren werde. Was war denn genau damit gemeint? Sind denn Akten Christian Flisek (SPD): Ja. dann wirklich herabgestuft worden? Für wen?

Zeugin Dr. Angela Merkel: - die Arbeit der Nach- Zeugin Dr. Angela Merkel: Können Sie es mir richtendienste besser zu koordinieren. noch mal vorlesen?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir wären Martina Renner (DIE LINKE): Ich kann Ihnen das mit der Zeit durch. gerne noch mal vorlesen.

Christian Flisek (SPD): Danke. Vielen Dank erst Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe die - - weil mal. ich es jetzt - -

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir wären Martina Renner (DIE LINKE): Die Stelle aus dem jetzt am Ende der dritten Fragerunde. Ich würde Interview? vorschlagen, wir machen noch eine Fragerunde, und wenn dann noch Fragen im öffentlichen Teil Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. sind, dann würde ich aber vorher eine Pause ma- chen, sodass wir mal eine 20-minütige Pause ha- Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Dann - - ben; ich glaube, das tut uns allen gut. Aber, ich glaube, eine Fragerunde schaffen wir noch, und Zeugin Dr. Angela Merkel: Was ist das? Sommer- dann wird sich klären, ob noch weitere Fragen PK oder - - bestehen oder nicht.

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Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, sie war gut ge- meint, aber - Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. - Lesen Sie es mir einfach nur vor. Martina Renner (DIE LINKE): Der BND hat leider aber sich nicht dran gehalten. Martina Renner (DIE LINKE): Dann lasse ich das gerade mal raussuchen - Zeugin Dr. Angela Merkel: - der Gedanke, dass man irgendwo mal 100 Prozent relevante Infor- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ach so. mationen an irgendeiner Stelle findet und die nicht abschöpfen darf, ist auch komisch, wenn Martina Renner (DIE LINKE): - und würde mit Sie dem G-10- - aber - - einer zweiten Frage weitermachen, und zu der kommen wir dann gleich noch mal zurück. - Sie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nur zur Info: haben auch in dem Interview gesagt - aber wenn Wir haben hier im Ausschuss auch - - ich das dann auch vorlesen soll, dann müssen wir das auch suchen -, dass das G-10-Gesetz ein Zeugin Dr. Angela Merkel: Entschuldigung! Ich sehr gutes Gesetz sei, und erwähnten explizit, will nicht das G- - Das werden Sie richtig bewer- „maximal“ - das ist ein Zitat von Ihnen - „dürfen ten. 20 Prozent der Informationen abgeschöpft wer- den“ (?). So war ja auch der Wille des Gesetz- Martina Renner (DIE LINKE): Aber, wie - - Ich gebers gemeint. Wissen Sie mittlerweile, dass der habe jetzt die Stell- - BND exakt diese 20-Prozent-Regelung umgangen hat? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir haben hier im Ausschuss auch über die Auslegung die- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. ser 20 Prozent intensiv mit divergierenden An- sichten diskutiert. Martina Renner (DIE LINKE): Er hat nämlich nicht, wie der Gesetzgeber es wollte - und da Martina Renner (DIE LINKE): Ja, genau. Es gibt kann man in der Kommentierung zum Gesetz aber eine Kommentierung zum Gesetz, und die eindeutig nachlesen -, nur 20 Prozent eines ist eindeutig. - ARD-Sommerinterview, und da Kabelansatzes zur Grundlage gelegt. Also, der geht es um Minute 8:57. Sie sagen: Gesetzgeber hat gemeint: 20 Prozent eines Kabel- ansatzes; der BND hat einfach gesagt: Wenn ich Wir sind ja dabei, den Sachverhalt nur 20 Prozent des weltweiten Internetverkehrs aufzuklären. Mir ist so etwas bis- nehme, ist es okay. lang nicht bekannt. Aber deshalb sprechen unsere Experten in Ame- rika mit den Vereinigten Staaten Zeugin Dr. Angela Merkel: Hm. von Amerika. Und ich finde es ein wichtiges Zeichen, dass Präsident Martina Renner (DIE LINKE): Und damit hat er Obama auch gesagt hat, dass diese das Gesetz, also, man kann sagen, gebeugt oder Deklassifizierung von Akten, an fehlinterpretiert, aber auf jeden Fall die 20-Pro- die wir bis jetzt überhaupt nicht zent-Regel gebrochen. Wussten Sie das? herangekommen sind, stattfindet.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ich habe Was - - mich - - Wie gesagt, ich wurde mal informiert über diese 20-Prozent-Regel. Ich weiß nicht, wie Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, dann wird - - Also, Sie die finden; ich finde sie - - es muss ja dann auf eine Äußerung von Präsident Obama zurückgehen. Martina Renner (DIE LINKE): Die war eigentlich ganz gut gemeint, ja. Martina Renner (DIE LINKE): Ja.

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Und - - Martina Renner (DIE LINKE): „Eikonal“, die Operation bei der Deutschen Telekom. Martina Renner (DIE LINKE): Die Sie ja viel- leicht kennen und ich nicht. Aber um welche Ak- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich sage ja - - Aber ten geht es denn da? Vielleicht sind die ja für den ich kann hier nur darüber berichten, was ich Ausschuss von Relevanz. sozusagen aus dem Kanzleramt an Informationen bekommen kann. Ich lese natürlich auch Zeitung Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, dass Sie und da - - Für die Details ist derjenige zuständig, alles bekommen haben, was Sie bekommen kön- der die Fach- und Rechtsaufsicht über den BND nen. innehat.

Martina Renner (DIE LINKE): Aber haben Sie Martina Renner (DIE LINKE): Also, die Koopera- denn mal deklassifizierte Akten - - tion wurde ja mal zwischenzeitlich einge- schränkt. Dann ist sie wieder voll aufgelaufen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich habe mich Zwischenzeitlich wurden mal keine IP-Daten mit der Deklassifizierung von Akten nicht be- mehr genutzt. Dann wurde das wieder rückgängig schäftigt. gemacht. Mittlerweile läuft sie wieder. Ich hatte ja vorhin schon gefragt, ob es nicht unter der Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, es geht ja um neuen US-Administration, unter dem neuen US- den Vorgang - - Präsidenten möglicherweise auch Reflexionen im Bundeskanzleramt darauf gibt: Wir leiten ja jetzt Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe Ihnen ja ge- im Zuge dieser Kooperation weiterhin täglich zig- sagt, dass Präsident Obama umfassend angesichts fach Daten an die USA, und der BND durchsucht von Herrn Snowden die Frage „Wie arbeiten die weiterhin seine Datenbank mit NSA-Suchbegrif- amerikanischen Dienste?“ in Angriff genommen fen nach bestimmten Treffern, und, wie mein hat. Und dazu könnten solche Dinge auch gehö- Kollege Dr. Hahn ja schon ausführte, 30 Prozent ren. Aber ich kann im Einzelfall dazu nichts sa- dieser Suchbegriffe werden technisch gar nicht gen. verstanden. Ich meine, in der Situation, in der wir jetzt stehen - - Wir können doch möglicher- Martina Renner (DIE LINKE): Wissen Sie eigent- weise gar nicht ausschließen, dass die NSA eben lich, wie die Kooperation der NSA mit dem Bun- auch nach Journalisten sucht, Nichtregierungs- desnachrichtendienst in Bad Aibling aussah? organisationen, nach befreundeten Regierungen, nach Ähnlichem mehr und dass diese Daten Zeugin Dr. Angela Merkel: Im Detail nicht, nein. dann eben auch von Deutschland an Trump über- geben werden. Martina Renner (DIE LINKE): Und in groben Zü- gen? Um was es da ging? (MR Philipp Wolff (BK) meldet sich zu Wort) Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Ich habe mich nicht mit den Einzelheiten der NSA-Kooperation Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber das sind doch mit dem BND beschäftigt. jetzt Unterstellungen, die - -

Martina Renner (DIE LINKE): Mhm. Also, es ist Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr ja Hauptgegenstand dieses Untersuchungs- Wolff von der Bundesregierung. ausschusses und auch des BfDI-Prüfberichtes ge- wesen und auch Hauptgegenstand der öffentli- MR Philipp Wolff (BK): Also, ich wollte nur kurz chen Berichterstattung in den letzten Monaten. anmerken, dass ich die Frage so als Vorhalt auch für falsch halte, wenn Sie über aktuelle Daten Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, habe ich zur - - sprechen, und wollte das auch nur der Zeugin zu erkennen geben, -

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1. Untersuchungsausschuss

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Martina Renner (DIE LINKE): Es werden doch die man selbst nicht versteht, natürlich damit so- Daten weiterhin geliefert. wohl Treffer erzielt werden, die ausgeleitet wer- den an die USA, zum anderen aber auch in MR Philipp Wolff (BK): - dass die Lesbarkeit sich Grundrechte eingegriffen wird, und das ohne definitiv nicht auf die aktuelle Tätigkeit er- Kontrolle seitens des Bundesnachrichtendiens- streckt, - tes; das war ihre Kritik damals.

Martina Renner (DIE LINKE): Aber die Lesbar- Aber wir stehen ja jetzt unter veränderten außen- keit - - politischen Bedingungen und auch unter verän- derten innenpolitischen in den USA, und die MR Philipp Wolff (BK): - genauso wenig wie der Frage ist: Sollte man einen Datentransfer in die Untersuchungsausschuss - USA heute nicht noch mal einer politischen Re- vision unterziehen? Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da muss ich MR Philipp Wolff (BK): - sich auf die aktuelle aber wirklich sagen: Das ist nicht Gegenstand Tätigkeit erstreckt. dieses Untersuchungsausschusses. So sehr, wie es mich interessieren würde - - Martina Renner (DIE LINKE): Das würde mit Frau Kanzlerin zu weit führen. Man hat eine Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber Herr Vor- Deutung angefügt an die Selektoren, aber man sitzender, da muss ich mal sagen: Vorhin haben kann immerhin weiterhin einen bestimmten An- auch Kollegen gefragt: Bietet denn das neue BND- teil an Selektoren, insbesondere aus Messenger- Gesetz - - systemen usw. - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Auch da bin MR Philipp Wolff (BK): Nein, das ist nicht kor- ich ja eingeschritten, als die Kollegen - - rekt, - Martina Renner (DIE LINKE): - jetzt Gewähr ir- Martina Renner (DIE LINKE): Ja. gendwie, dass alle -

MR Philipp Wolff (BK): - was die aktuelle Vorge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann doch mal hensweise betrifft. das, was ich - -

Zeugin Dr. Angela Merkel: So, also. Martina Renner (DIE LINKE): - Konsequenzen gezogen wurden? - Die Fragen sind dann immer Martina Renner (DIE LINKE): (… akustisch un- okay und meine nicht; das geht eben nicht. verständlich) Okay, wir müssen das Technische hier nicht diskutieren. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, doch. Ge- nauso wie beim Kollegen Ostermann die Frage Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten nicht okay war, ist diese auch ganz deutlich au- schon aus der Vergangenheit sagen, damit es un- ßerhalb des Untersuchungszeitraums. Wenn die tersuchungsgegenständlich ist. Bundeskanzlerin aber ein allgemeines politisches Statement heute abgeben möchte, dann bin ich Martina Renner (DIE LINKE): Genau. In der Ver- der Letzte, der ihr das Wort abschneidet oder das gangenheit war es so, dass die NSA-Selektoren zu Mikro abdreht. einem bestimmten Prozentsatz nicht verstanden wurden. Und das ist natürlich besonders kritisch, Zeugin Dr. Angela Merkel: So, und da ich ver- hat auch die Datenschutzbeauftragte intensiv kri- meiden möchte, dass der Eindruck entsteht, dass tisiert, dass, wenn man Suchbegriffe laufen lässt, unter der neuen amerikanischen Administration die Zusammenarbeit der Nachrichtendienste

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Nur zur dienstlichen Verwendung nicht mehr erfolgen wird, will ich hier ganz ein- schon von den Vollständigkeitserklärungen ge- deutig sagen, dass ich erstens glaube, dass wir sprochen, die jeweils abgegeben werden von den aus eigenen Interessen auf diese Zusammenarbeit Behörden. Aus den Erfahrungen - haben wir aber angewiesen sind, und dass ich davon ausgehe, nun heute auch schon gesprochen - sind ja auch dass sie fortgesetzt wird. Veränderungen vorgenommen worden dahin ge- hend, dass man die Transparenz sicherlich im (Dr. André Hahn BND verbessert. Und es ist sehr misslich, dass (DIE LINKE): Egal, wer solche Vollständigkeitserklärungen abgegeben Präsident ist?) wurden und im Nachhinein herauskam, dass sie nicht vollständig waren. Martina Renner (DIE LINKE): Gut. Okay. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Sie kriegen dann die letzte Frage gewesen sein. noch eine Frage. Martina Renner (DIE LINKE): Aber der Umstand, Zeugin Dr. Angela Merkel: Dass ich unter der dass zum Beispiel auch Anfragen falsch beant- neuen Administration - wortet wurden, war der Ihnen bekannt?

Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Zeugin Dr. Angela Merkel: Habe ich in der Zei- tung gelesen. Zeugin Dr. Angela Merkel: - davon ausgehe, dass die nachrichtendienstliche Zusammenarbeit fort- Martina Renner (DIE LINKE): Danke. gesetzt wird. Das ist mir sehr wichtig, dass da nicht irgendwelche Zweifel aufkommen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- lichen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur - - Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Ist eine Ant- wort. - Wir haben ja jetzt viel über das Bundes- Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie können mal da- kanzleramt gesprochen und eben auch über - aus von ausgehen, dass das Kanzleramt nicht wis- unserer Sicht - die Vernachlässigung seiner Auf- sentlich eine falsch beantwortete Kleine Anfrage sichtspflichten. Ich wollte noch mal ein bisschen rausgehen lässt. über das Parlament sprechen. Wir haben im Rah- men unseres Untersuchungsausschusses natür- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. lich auch prüfen müssen, inwieweit in der Ver- gangenheit Kontrollgremien oder aber auch ein- Martina Renner (DIE LINKE): Ich weiß nicht, ob zelne Abgeordnete, Fraktionen nicht richtig oder ich das - - nicht rechtzeitig informiert wurden, und haben zum Beispiel festgestellt, dass es mindestens Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, wir sollten uns sechs Kleine Anfragen gibt von Abgeordneten, ja jetzt nicht Dinge unterstellen, die wir gegensei- die in Teilen aus heutiger Sicht falsch beantwor- tig nicht wollen. tet wurden. Und dafür trägt ja das Bundeskanz- leramt letztendlich die Verantwortung, selbst Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen wenn die fehlerhaften Zuarbeiten vom Bundes- aber jetzt zu den Fragen der CDU/CSU-Fraktion. - nachrichtendienst kamen. Ist diese Problematik Ich hätte eine Nachfrage, auch da wieder zum so- mal im Bundeskanzleramt besprochen worden, genannten No-Spy-Abkommen, weil wir ja im- dass man in Zukunft dem Parlament wahrheits- mer noch zwischen zwei Polen changieren: Gab gemäß berichten möchte? es das wirklich, oder gab es das nicht? Und es wurde dann E-Mail-Verkehr von Frau Karen Don- Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir berichten immer fried zitiert. Ich habe mir den gesamten Mailver- nach bestem Wissen und Gewissen. Ich habe erst kehr von vielen, vielen Seiten mal geben lassen vom Sommer 2013 bis Anfang Februar 2014. Also

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über irgendwas haben die anscheinend da ge- und die Bundesregierung hat da nur Potemkin- schrieben. Wenn es das gar nicht gegeben hat, sche Hausfassaden aufgebaut? Oder hat es das dann haben die viel Zeit mit einem Chat ver- wirklich gegeben, wovon hier fast alle Zeugen be- bracht. Aber irgendwie geht es immer um dieses richtet haben? Und den E-Mail-Verkehr, den Übereinkommen. könnte ich sogar vorlegen, den ich hier in der Hand habe, den scheint es irgendwie auch gege- Und dann habe ich mir noch mal die Zeugenaus- ben zu haben. Oder Herr Wolff hat ihn heimlich sage von Herrn Schindler, die letzte, geben las- nachts getippt. Wie schaute es aus? sen, wo er befragt wird auch über dieses No-Spy- Abkommen und die Frage gestellt kriegt: Wie ist Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, ich habe ja - - das denn alles zustande gekommen? Und dann sagt Herr Gerhard Schindler - und das ist das Pro- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht, tokoll der Zeugenvernehmung vom, wäre schön, dass Sie es jetzt noch einmal zum x-ten Male wenn das so draufstünde, dass das auch ein Ab- sagen. geordneter schnell findet, 21. Mai, Seite 122 -: Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, also, ich - - Herr Dieser Begriff „No Spy“ ist keine Sensburg, ich habe ja nicht die geringste Veran- Erfindung der deutschen Seite. Ich lassung, an der Ernsthaftigkeit dieser Verhand- habe diesen Begriff erstmalig ge- lungen zu zweifeln. Ich habe zum ersten Mal die- hört in einem ersten Gespräch, als sen Begriff „No-Spy-Abkommen“ gehört im Zu- es darum ging, eine Vereinbarung sammenhang mit den öffentlichen Äußerungen zu schließen. Dieses Angebot kam von der US-Seite, das Vereinba- des Kanzleramtsministers nach der PKGr-Sit- rungsangebot, und dabei wurde zung. Wenn er früher schon gefallen ist, dann um der Begriff „No Spy“ verwendet. so besser, dann ist er auch nicht sozusagen von der deutschen Seite ins Gespräch gebracht wor- So sagte es Herr Schindler; so sagte es übrigens den. auch in seiner Vernehmung Herr Fritsche. Das mag sein, dass die sich irren. Mir ist eigentlich Ich kann nur sagen: Wenn ich einen Vermerk be- auch egal, wer den Begriff zuerst benutzt hat. komme, wo gesagt wird: „keine gegenseitige Irgendwie schien er benutzt worden zu sein. Spionage stattfinde“ und „ein ‚Agreement‘ in Frage“ kommt, „in dem beide Seiten“ zustim- Wenn Sie jetzt auch aussagen, dass Sie von den men, dann ist es zu dem Wort „No-Spy-Abkom- Verhandlungen über ein No-Spy-Abkommen men“ nicht so weit, sodass es auch sehr gut mög- wussten, dann frage ich mich, warum wir das die lich sein kann, dass das dann auf der amerikani- ganze Zeit hier weiterhin nachfragen. Es scheint schen Seite gefallen ist. Über die Motive kann ich es irgendwie gegeben zu haben, und auf zwei nicht spekulieren. Es ist jedenfalls festzustellen, Ebenen scheint verhandelt worden zu sein. Trau- dass ganz offensichtlich - und Sie untermauern rig ist, dass es dann nicht zu einem Abschluss ge- das ja noch mal - intensiv gesprochen wurde auf kommen ist, weil es wäre vielleicht etwas, was den verschiedensten Ebenen. mustergültig hätte sein können, weil es so was noch nicht gibt. Und deswegen hatte ich oft viel- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und dann leicht auch nach den Beweggründen gefragt, weil würde ich im Zweifel in der nächsten Runde, ich tatsächlich die Meinung habe und die Vermu- nach gegebenenfalls einer Pause, dann noch mal tung habe, die amerikanische Seite war 2013 so auf die Probleme und Versäumnisse im BND zu unter Druck aufgrund dieses Datenleaks, dass sie sprechen kommen, die ich nämlich, wie gesagt, so etwas eingegangen wären. Haben Sie den Ein- für sehr relevant halte. druck, wir täuschen uns, Wir kommen jetzt zur nächsten Fraktion, und das (Christian Flisek (SPD): ist die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen. Herr Man definiere „wir“!) Kollege von Notz.

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Snowden zutreffend sind, dass das echte Doku- NEN): Nein, ich, Herr Vorsitzender, bin dran. mente aus der NSA sind, vielleicht da nicht irgendwie in einem Ordner abgeheftet, aber in Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Entschuldi- den Netzen und dann abgedruckt worden sind? gung! Sie sehen heute so jung aus, Herr Kollege. - Ab wann sind Sie davon ausgegangen? Ich stelle Herr Kollege Ströbele ist das natürlich. diese Frage, weil ich da ja auch sehr engagiert war schon in den ersten Wochen und immer ent- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gegengehalten wurde: „Wir wissen doch gar NEN): Okay. - Frau Merkel, ich komme noch mal nicht, ob das richtig ist, ob da nicht einer was auf den Anfang zurück. Also, das war ja das ent- erfunden und nachgemacht hat“, und so. Diese scheidende Jahr, Frühsommer und dann Sommer Gedanken werden Sie sich ja auch gemacht 2013. Dieser berühmte Satz ist von Ihnen da haben, wenn da so plötzlich Dokumente auftau- kreiert worden. Ich habe Sie so verstanden, bevor chen. Seit wann sind Sie davon ausgegangen, da Sie das gesagt haben, dass das gar nicht geht, ha- ist was dran an den Dokumenten, die sind wirk- ben Sie nicht irgendwie mit Ihrem Dienst, also lich aus der NSA? mit dem Bundesnachrichtendienst, oder Leuten aus ihrem Kanzleramt geredet, ob das vielleicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich glaube, die doch ist, sondern Sie haben den irgendwie ganz Presseveröffentlichungen waren so - jedenfalls spontan entwickelt aus eigener politischer und nach meiner Erinnerung, und man hat ja auch moralischer Meinung und Empörung. keinerlei Dementis gehört von substanzieller Art -, dass ich zumindest der Meinung war, dass Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe ihn als wir uns damit auseinandersetzen müssen. meine politische Überzeugung gesagt, ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber wie jetzt? Also, - NEN): Ja, so habe ich es auch verstanden. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, wie? Zeugin Dr. Angela Merkel: Und ich habe ihn auch aus der Meinung gesagt, dass dies keine nur Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- von mir geteilte politische Überzeugung ist. NEN): - Sie haben ja auch mehrere Delegationen in die USA geschickt. Herr Friedrich war mal da, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Chefs der Dienste waren da und haben dann NEN): Ja, ja. Herr Seibert hat das ja auch gesagt, - berichtet. Was haben die denn zurückgebracht? „Die Amerikaner bestreiten das nicht und sagen Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. auch: ‚Mist, dass das passiert ist, und hoffentlich kommt da nicht noch mehr‘“, oder? Wie war Ihre Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Informationslage im Sommer, sagen wir mal, Juli NEN): - und Sie können mich da mit einschlie- 2013? ßen. Also, ich finde das auch nicht richtig. Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, die war so, dass Also, das war praktisch eine Kritik an dem, was ich ja von der Vorlage zu Prism und Tempora da vorgeworfen wurde nach den Dokumenten von Nachfragen gestellt hatte aufgrund der Presse- Edward Snowden - wenn das stimmte. Das ist berichterstattung. Habe dann gehört, dass darüber jetzt meine erste Frage: - noch keine abschließenden Bewertungen zu hö- ren sind. So richtig abschließend sind sie ja dann Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig. auch danach nicht sofort geworden. Und insofern habe ich mich dann auf die politische Weichen- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- stellung und die politische Einschätzung und die NEN): - Seit wann sind Sie davon ausgegangen, politischen Maßstäbe konzentriert. dass die Dokumente aus dem Besitz von Edward

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jetzt ist damals - ich erinnere mich da NEN): Ja, haben die Sie positiv so informiert, noch ziemlich genau - als erste Reaktionen auch dass sie gesagt haben: - aus der Bundesregierung mitgeteilt worden: „Wir haben eine ganze Reihe von Fragen“, die wurden Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich sage - - ich auch zum Teil veröffentlicht, „an die USA ge- habe ihnen - - stellt, die wir jetzt beantwortet bekommen sol- len.“ Und dann sind Herren dahin gefahren, ha- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben das mit der NSA besprochen, und dann ka- NEN): - „So was machen wir nicht“? men sie wieder und haben gesagt: „Ja, ja, die wer- den beantwortet; das dauert auch nicht mehr Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Sie kennen ja lange“, weil wir als Abgeordnete ja immer drauf alle Informationen, die ich bekommen habe. warteten, was kommen denn aus den USA dazu für Reaktionen. Da wurde uns immer gesagt: Na Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ja, die müssen noch runtergestuft werden; das NEN): Ja, aber ich finde da nie, dass die sich da- dauert aber nicht lange, ein paar Wochen oder so, mit auseinander gesetzt haben: „Wir machen das und dann sehen wir. - Wissen Sie was aus den auch“, oder: „Wir machen das ein bisschen, nicht Fragen und den Antworten geworden ist? so schlimm wie die Amerikaner“, oder so.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Zeugin Dr. Angela Merkel: Herr Ströbele, ich kann nur sagen: Ich habe die Vorlagen, die in Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dem Zusammenhang an mich gegangen sind, hier NEN): Wenn ich Ihnen sage: „Sie sind bis heute dargelegt, und darüber hinaus habe ich keine Er- nicht beantwortet“, wundert Sie das? kenntnisse gehabt.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nehme ich zur Kennt- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nis. NEN): Sie haben sich auch nicht bemüht - darum geht es mit jetzt -, Erkenntnisse zu gewinnen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nehmen Sie zur Kenntnis. - Ja, deshalb ha- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich bin davon ben wir lange Zeit natürlich auch immer Vermu- ausgegangen, dass die notwendigen Aufklärungs- tungen angestellt. Und ich vermute, dass Sie, arbeiten auf der Fachebene laufen, - nachdem dann auch Herr Seibert, Ihr Pressespre- cher, in einer Pressekonferenz Ihren wichtigen Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Satz gesagt hat und dann gefragt worden ist: NEN): Ja. - Und jetzt kommen wir noch mal zu „Stimmt das denn auch? Machen das die Deut- dem 12. August. schen nicht auch so?“, vielleicht spätestens zu diesem Zeitpunkt nachgefragt haben bei den Leu- Zeugin Dr. Angela Merkel: - zumal der amerika- ten, die das wissen mussten, also im Kanzleramt nische Präsident - und er hat ja dann auch in der bei Ihrer Abteilung oder vielleicht sogar den Folge einiges gemacht - bei seinem Besuch - - Da- BND-Chef gefragt haben: „Sagt mal, könnte es rauf können wir auch noch mal zurückkommen - sein, dass da bei uns auch so was läuft, dass wir der warda am - - da Ärger kriegen?“ (Die Zeugin blättert in Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe solche Nach- ihren Unterlagen) fragen nicht gestellt. Ich habe mich an das, was - - man mich informiert hat, gehalten. warten Sie mal - - Hier: Am 19. Juni war ja der Besuch des Präsidenten Obama, wobei

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wir einen offenen Informations- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Kann man austausch zwischen unseren Mit- die Fundstelle mal haben? Weil ich habe das jetzt arbeitern sowie auch zwischen auch nicht vor mir liegen. den Mitarbeitern des Innenminis- teriums … und den entsprechen- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den amerikanischen Stellen ver- einbart haben. Ich denke, dieser NEN): Das war nach dem 08.08. Ich glaube - - Dialog wird weitergehen. (Martina Renner (DIE Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- LINKE): Das war aus dem Pressestatement, 12.08.! - NEN): Ja. - Jetzt komme ich auf den 12. August Dr. André Hahn (DIE noch mal, der ja schon mehrfach hier zitiert wor- LINKE): Der Satz von den ist, also das Pressestatement - - vorher im Pofalla!) PKGr und dann ein Pressestatement von Pofalla. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, aber ich War Ihnen bekannt, dass in diesem Statement würde ihn halt auch gerne lesen. Das ist immer von Herrn Pofalla auch der Satz stand: hilfreich. Weil die meisten sind Juristen, und die wissen, dass ein Blick ins Gesetz die Rechtsfin- Die NSA hat uns schriftlich versi- dung erleichtert, auch in Texte. chert, dass sie Recht und Gesetz in Deutschland einhält. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, das war ja - - Ich weiß nicht, beziehen Sie sich auf seine öffent- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Irgendeine lichen Äußerungen? MAT-Nummer. Dann können wir es suchen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dr. André Hahn (DIE NEN): Ja, ja. LINKE): Das hat keine MAT-Nummer!) Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. - Na ja, gut, es stand für mich in keinem Widerspruch zu der Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorlage vom 7. August, die ich ja nun auch schon NEN): Das ist das Dokument: Die Bundesregie- mehrfach zitiert hatte: rung, Mitschrift Pressekonferenz. Und da steht dann unter vierter Absatz, erster Satz: … eine Zusicherung abzugeben, dass auf deutschem Boden jeder- 1. Die NSA hat uns schriftlich ver- zeit deutsches Recht respektiert sichert, dass sie Recht und Gesetz werde und keine gegenseitige in Deutschland einhält. Spionage stattfindet (Dr. Konstantin von Notz Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Hier soll ja positiv - - Die NSA soll ja NEN): Das ist ein diese Zusage gegeben haben, dass sie es nicht Dokument der machen. So kann man - - Anders kann man das Bundesregierung!) nicht verstehen: - Ja. Die NSA hat uns schriftlich versi- chert, dass sie Recht und Gesetz in (Dr. André Hahn (DIE Deutschland einhält. LINKE): Internet!)

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich habe jetzt ja (Dr. Konstantin von Notz nur versucht, zu sagen, dass ich darin keinen Wi- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- derspruch zu der Vorlage, die mich erreicht hat, NEN): Das stimmt so vom 7. August sehe. Darüber hinaus kann ich nicht!) dazu nichts sagen. So habe ich meine - - Vielleicht ist meine Erinne- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rung falsch, aber - - so - - NEN): Auch die anderen Sachen, die sind schon mehrfach vorgehalten worden, dass Herr Pofalla Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dann erklärt hat, an der ganzen Sache ist nichts NEN): Ja, ja. dran. (Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Finden Sie die Überlegung - ich sage das mal NEN): Das ist ein relevanter ganz vorsichtig -, dass der 12. August fünf Wo- Punkt!) chen vor der Bundestagswahl war und da Ihr Kanzleramtsminister an die Öffentlichkeit geht, Zeugin Dr. Angela Merkel: Zweitens kann ich mit sehr vehementen Worten - ich stand selber jetzt nur auf das verweisen, was ich am 7. August dabei; ich habe das selber gehört - gesagt hat: „An hier habe von Herrn Heiß. Und ich hatte den Ein- den Vorwürfen ist nichts dran“ und dann solche druck, dass sich Herr Pofalla jedenfalls in Bezug Sätze gesagt hat, ein No-Spy-Abkommen sei an- auf die Aussagen zum No-Spy-Abkommen darauf geboten worden, bezogen hat. Und ansonsten kann ich dazu weiter keinen Kommentar abgeben. Ich weise jedoch die (Dr. André Hahn (DIE Behauptung oder die Insinuierung - oder was im- LINKE): Beruhigungspille!) mer das ist -, den Verdacht, man hätte nichts wei- ter zu tun gehabt, als das Thema aus dem Wahl- und dann so einen Satz gesagt hat, wo mir dann kampf rauszuhalten, zurück. erst mal die Worte fehlten - - Wenn das alles so ist - - Nun wissen wir heute, das stimmt gar Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht. Kann das sein, dass das wahlkampfmoti- NEN): Den weisen Sie zurück. viert war oder dass man das Thema aus dem Wahlkampf nun wegkriegen wollte, was übrigens Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. ja weitgehend gelungen ist? Und dann fand die Wahl statt am 18. September. Und danach ging es Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- erst wieder los, als im Oktober bekannt wurde, NEN):Haben Sie denn vor der Pressekonferenz dass Ihr Handy abgehört wurde. Also - - oder vor diesem Pressegespräch - ich weiß gar nicht, ob das geplant war oder von Herrn Pofalla Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, noch mal - ich spontan nach der PKGr-Sitzung abgegeben wor- glaube, Herr Sensburg hatte darauf schon hinge- den ist - mit ihm mal darüber geredet? Oder hat wiesen -: Wenn ich mich recht erinnere, stand ja er Ihnen vorher oder nachher gesagt: „Wir haben damals der Vorwurf der massenhaften Ausspä- das jetzt abgeräumt. Ich hoffe, das Thema sind hung von Bundesbürgern im Raum. wir jetzt los“?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, so hat er nicht NEN): Ja. gesprochen, sondern er ist ins PKGr mit seinen Erkenntnissen gegangen - Zeugin Dr. Angela Merkel: Und im Laufe des Sommers, wenn ich mich richtig erinnere, hat Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sich dieser Vorwurf dann doch entkräftet. NEN): Ja. Daran erinnere ich mich auch.

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Zeugin Dr. Angela Merkel: - und hat dann nach- Zeugin Dr. Angela Merkel: - und dazu sage ich her, wie andere auch, eine Stellungnahme abge- ein entschiedenes Nein. geben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, sagen Sie ein entschie- - NEN): Ja. - Aber Sie haben nie mit Herrn Pofalla in dem Sinne geredet: „Das müssen wir jetzt ir- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und jetzt gendwie vom Tisch kriegen“? müssten wir noch mal wechseln.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Darf ich noch eine Frage danach stellen; - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ist ja verständlich, nachzuvollziehen. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Eine Frage -

Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, ich bitte Sie! Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): - denn sonst muss ich nachher wieder von Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorn anfangen. NEN): Ja, natürlich. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: - kriegen wir Zeugin Dr. Angela Merkel: Glauben Sie, dass so hin. Nein, die eine machen wir noch. was Erfolg hat? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Frau Merkel, dann interessiert mich: NEN): Ja, das war erfolgreich, ziemlich jedenfalls. Dann haben Sie sehr viel später, nach dem März 2015, von Herrn Altmaier erfahren, von seinem Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Besuch usw. und im Laufe der nächsten Wochen wahrscheinlich auch mehr. Fühlten Sie sich (Dr. André Hahn (DIE nicht da - also, mir wäre das so gegangen, oder LINKE): Doch!) mir ist das sogar so gegangen - reingelegt von Ih- rem Dienst, dass plötzlich rauskommt - - Sie wie- Wir haben - - derholen immer wieder diesen berühmten Satz, diesen richtigen Satz, und nun kommt raus, dass Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- genau das, wo Sie sagen: „Das geht gar nicht“ - NEN): Weil er ziemlich starke Sätze gesagt hat und alle Welt geht davon aus, dann wird das na- und man sich nicht vorstellen konnte, dass die türlich auch von Deutschen nicht praktiziert; Sätze falsch waren, zu dem da- - dass immerhin sonst würde die Kanzlerin das nie sagen - vom ein Kanzleramtschef so was sagt, - BND praktiziert worden ist mit einigen Ländern - ich kann sie Ihnen auch noch mal alle aufzählen; Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, gut, Sie haben ich habe die sehr gut in Erinnerung -: Nachbar- mich gefragt, - länder und Regierungen und Parlamente und - -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Jeder einzelne Fall NEN): - was nicht stimmt. reicht.

Zeugin Dr. Angela Merkel: - ob ich in dem Sinne Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit ihm gesprochen habe, - NEN): Bitte?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Jeder einzelne Fall NEN): Ja, Sie sagen - - reicht; Sie brauchen mir nicht alle aufzuzählen. Ich - -

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fühlen uns gar nicht in der Lage, zu beurteilen, NEN): Ja. - Waren Sie da nicht empört? Sind Sie was deutsches Recht ist“, und gleichzeitig der nicht im Karree gesprungen? Man lässt Sie in Chef des Bundeskanzleramtes vor der deutschen diese Falle laufen und in dieser Falle sitzen blei- Öffentlichkeit sagt: „Wir haben eine schriftliche ben. Zusage der US-Administration und der Geheim- dienste, sich an deutsches Recht zu halten“? Zeugin Dr. Angela Merkel: Es ist nicht meine Können Sie nachvollziehen, dass wir hier, ich Art, im Karree zu springen. sage mal, eine gesunde Skepsis, ja, Zweifel ha- ben, dass diese Widersprüche - - Die sind nicht Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ausgeräumt. NEN): Das glaube ich Ihnen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie haben ja - - Herr Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber ich fand es so, Sensburg hat ja dankenswerterweise aus dem dass man es unbedingt und endgültig abstellen Fundus von Aussagen, die Sie hier gehört haben, muss. auch berichtet. Da ich die alle nicht kenne, kann ich mich immer nur auf das beziehen, was mir Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vorliegt. Und insofern gibt es doch sehr starke NEN): Ja. - Haben Sie nicht gesagt: „Hol mal die Grundlagen dafür, dass hier ernsthaft verhandelt alle her! Ich will denen mal den Kopf waschen“? wurde. Und dass da natürlich nicht am 8. Juli - oder von wann die E-Mail, aus der Sie zitieren, Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, das habe ich ist -, alle Fragen ausgeräumt waren, das liegt dem Chef des Kanzleramts überlassen. doch in der Natur der Sache. Das war auch am 7. August nicht der Fall. Aber hätte man - - Ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe selbst im Januar noch gesagt: Sollte man NEN): Sie haben das cool zur Kenntnis genom- denn angesichts des doch, wie ich nach wie vor men, haben gesagt: „Da müssen wir mal sehen, finde, sinnvollen Unterfangens ungefähr einen was wir machen“? Monat nach Bekanntwerden der Vorwürfe gleich alle Bemühungen einstellen? Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. „Da müssen wir entschieden handeln.“ Da habe ich den Kanzler- Christian Flisek (SPD): Das verlangt niemand. amtsminister drin bestätigt; da brauchte ich ihn aber auch nicht weiter anzufeuern, sondern das Zeugin Dr. Angela Merkel: Deshalb ist es - war ihm selber ein Verlangen. Christian Flisek (SPD): Die Frage - - Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Jahrelang tappten Sie in der Irre rum. Zeugin Dr. Angela Merkel: - doch, glaube ich, das natürliche Herangehen eines Untersuchungs- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich glaube, ausschusses, dass man auch Skepsis und Zweifel das war die eine Frage. Ganz herzlichen Dank. - hat. Das habe ich nicht zu bewerten. Ich kann Und wir kommen jetzt in dieser Runde abschlie- Ihnen nur sagen, wie es bei mir war und wie ich ßend zur Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. das gesehen habe. Ich hielt das Projekt für poli- tisch sinnvoll. Und das, was ich dazu erfahren Christian Flisek (SPD): Ja, danke, Herr Vorsitzen- habe, war jedenfalls bis Januar nicht so, dass ich der. - Frau Bundeskanzlerin, auch noch mal zu sage: Deshalb nehmen wir davon Abstand. dem Komplex „No Spy“. Ich frage Sie mal: Kön- nen Sie unsere Zweifel nachvollziehen, wenn wir Christian Flisek (SPD): Gut. Lassen wir das mal aufgrund der Aktenlage - ich nenne jetzt nur ein dann. Wir haben natürlich auch noch mal eine Beispiel - Widersprüche haben, eben beispiels- andere Bewertung, als der Vorsitzende das gerade weise dass Ihr Abteilungsleiter 2 E-Mails aus mit seinen Zitaten hier zum Besten gegeben hat. dem Weißen Haus bekommt, wo drinsteht: „Wir

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Bezogen noch mal auf das, was mit Ihrem Handy Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, das ist ja nun passiert ist und bekannt wurde: Haben Sie die eine Bewertung, mit der ich mich natürlich offiziellen Stellungnahmen aus dem Weißen nicht - - Haus, beispielsweise bei der Regierungspresse- konferenz vom 24.10. - - Da hat der Pressespre- Christian Flisek (SPD): Ja. Es war einer, der die cher gesagt: NSA -

The President assured the Chan- Zeugin Dr. Angela Merkel: - - die ich erst mal zu- cellor that the United States is not rückweise. monitoring and will not monitor the communications of the Chan- Christian Flisek (SPD): - mit der NASA verwech- cellor … selt hat. Also, er hat gesagt: Momentan machen wir es Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ja. Gut. - Die Gene- nicht, und wir werden es auch in Zukunft nicht ralbundesanwaltschaft ist eine Institution, die machen. wir alle achten sollten. Zeugin Dr. Angela Merkel: Das habe ich ja - - Christian Flisek (SPD): Die Veröffentlichungen der New York Times vom 18.12. - - Da wird be- Christian Flisek (SPD): Haben Sie das intern so richtet aus einem Gespräch, dass der Präsident interpretiert, als Eingeständnis, dass es in der Obama sich bei Ihnen entschuldigt haben sollte Vergangenheit eben gemacht wurde. und es angeblich ein Zitat von Ihnen gegeben hätte, wo Sie das als „This is like the Stasi“ be- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe das mit Inte- werten. Ist das zutreffend? resse verfolgt. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich berichte nicht aus (Vereinzelt Heiterkeit) meinen Telefonaten, - Und ich habe ja mehrfach schon in einer ver- suchten deutschen Übersetzung den Sachverhalt Christian Flisek (SPD): Okay. auch dargestellt. Er war, wie er war. Zeugin Dr. Angela Merkel: - und zum anderen Christian Flisek (SPD): Sie gehen davon aus, dass habe ich mich an anderer Stelle öffentlich dazu Sie überwacht worden sind bis zu diesem Zeit- geäußert, dass ich die NSA nicht mit der Staats- punkt. sicherheit vergleiche. Und ich möchte mir gar nicht vorstellen, dass die Staatssicherheit - so Zeugin Dr. Angela Merkel: Das habe ich nicht ge- habe ich, glaube ich, sinngemäß gesagt - über die sagt. Wir haben keine Indizien. Und deshalb Instrumente technischer Art verfügt hätte, die es nehme ich das, was gesagt wurde - - heute gibt.

(Dr. André Hahn (DIE Christian Flisek (SPD): Ich möchte dann noch LINKE): Keine Indizien!) mal zurückkommen - ich verlasse jetzt mal den ganzen Bereich „No Spy“ - - Auch noch mal, was - Oder: „Wir haben keine Indizien“, ist falsch. uns natürlich hier auch umtreibt, ist die Frage: Wir haben - - Auch der Generalbundesanwalt ist Wie ist sozusagen das Innenleben im Kanzleramt, zu keiner abschließenden Feststellung gekommen Abteilung 6, jetzt Staatssekretär Fritsche, Chef und - - des Kanzleramtes und dann Sie als Bundeskanz- lerin, im Kontext der Geheimdienstaufsicht? Christian Flisek (SPD): Das wundert uns beim Also, ich möchte nur mal zusammenfassen: Wir damaligen Generalbundesanwalt nicht. haben im Oktober nach Ihrem Zitat die mündli-

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Nur zur dienstlichen Verwendung che Weisung gehabt, eine Weisung, die nie ir- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. - Was ist jetzt die gendwo in Dokumenten des Kanzleramtes auch Frage? nur ansatzweise verschriftlicht wurde. Christian Flisek (SPD): Ja, wie soll er das sicher- Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie meinen jetzt das stellen nach Ihrer Auffassung? von Herrn Pofalla. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wie soll man so Christian Flisek (SPD): Von Herrn Pofalla genau. was in Zukunft sicherstellen, -

Zeugin Dr. Angela Merkel: Mhm. Christian Flisek (SPD): Also, Sie sagen es - -

Christian Flisek (SPD): Eine mündliche Weisung. Zeugin Dr. Angela Merkel: - dass solche Dinge Ich habe Verständnis dafür, dass man, wenn es nicht passieren? Oder wie? eilbedürftig ist, in Gesprächen eine mündliche Weisung erteilt. Aber wir haben auch nichts jetzt Christian Flisek (SPD): Ja. - Würden Sie das in den Unterlagen, Dokumenten des Kanzleram- denn - - Ich frage es mal andersrum. Sie haben ja tes, wo irgendwo mal eine Verschriftlichung die- oder das Kanzleramt hat ja organisatorische Defi- ser mündlichen Weisung von Herrn Pofalla zu zite im BND festgestellt. Würden Sie einen sol- finden ist. Wir haben diese ominösen Vorgänge chen Ablauf als ein organisatorisches Defizit im um einen angeblich angeforderten Bericht, und Kanzleramt beurteilen? wir haben gehört, dass der aktuelle Chef des Bun- deskanzleramtes, Herr Bundesminister Altmaier, Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, es gehört si- gesagt hat, er hat ein Übergabegespräch mit Herrn cherlich wieder - - wie ich erst schon sprach von Pofalla gemacht, und da ist über alles gesprochen den Ermessensentscheidungen, was man bei der worden, über Abläufe, aber über das auch eben Amtsübergabe weitergibt. Und ich will mich jetzt nicht. nicht hier an Vermutungen und Spekulationen beteiligen. Ich meine, wir haben eine Situation, So, jetzt frage ich mich: Unterstellt, Herr Alt- dass der BND ja auch nicht begonnen hat mit den maier hätte vielleicht eine völlig andere Einschät- Veröffentlichungen von Herrn Snowden, irgend- zung der Sachlage in Bezug auf, was da passiert welche eigenen Selektoren zu steuern, sondern ist im Oktober 2013 gehabt: Wie ist eigentlich si- das, glaube ich, schon etwas länger getan hat. chergestellt, dass jemand wie Herr Altmaier über- Und insoweit kann man auch sagen: Wie konnte haupt eine solche Information erhält? Denn aus das eigentlich passieren, dass die Vorgängerregie- den Akten des Kanzleramtes findet er nichts von rung an Herrn Pofalla überhaupt das übergeben einer Weisung, ein Bericht ist nie gekommen, hat, ohne nicht [sic!]2 zu fragen? - Also, Sie kön- weil - so meine Bewertung - er nie angefordert nen jetzt lange zurückfragen: Wie konnte das al- wurde, und in einem Übergabegespräch findet les so passieren, dass es so war, wie es war? Es das auch thematisch - - überhaupt spielt das hatte viele Unzulänglichkeiten, wenn man die keine Rolle. Wie soll jemand wie Herr Altmaier Dinge im Rückblick sich anguckt. Und ich würde überhaupt die Informationen bekommen, die er auch als eine Lehre aus diesem ganzen Unter- vielleicht braucht, um sich eine eigene Meinung suchungsausschuss und dem, was wir dabei alles zu bilden, um ein eigenes Urteil und eine eigene mitbekommen haben, sagen, dass man solche Bewertung abzugeben zu diesem ganzen Kom- Übergabegespräche möglichst detailliert macht plex? Hinzu kommt, dass der Abteilungsleiter 6, oder bestimmte Dinge vielleicht auch verschrift- Herr Heiß, zu dem ganzen Thema schweigt. licht.

Allerdings: Wenn der BND selber davon spricht, dass er Selektoren hatte - so erscheint es jetzt ja

2 Änderung der Zeugin: streichen von „nicht“

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nach dem, was wir alles hören und was Herr Zeugin Dr. Angela Merkel: Gut. Diese Bewertung Pofalla dann angewiesen hat -, gehört es auch werden Sie ja dann sicherlich auch vornehmen, dazu - - oder ist es auch erstaunlich, dass dann und wir werden uns die zu Herzen nehmen. nicht vollständig gearbeitet wurde. Also, wenn man schon sozusagen selber, nicht erst durch - - Christian Flisek (SPD): Ich hätte nur noch eine Sie haben ja dann praktisch noch mal alle Se- Frage: Was ist denn nach Ihrer - - Im März 2015 lektoren sehen wollen, wenn ich das richtig ver- wurden Sie ja direkt dann informiert, nicht? standen habe. Und dabei ist dann ja heraus- gekommen, dass es noch viel mehr gab als das, Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, von Herrn Alt- worüber im Oktober gesprochen wurde. Und so maier darüber, dass - - Da waren es aber dann erst etwas darf in Zukunft sich nicht wiederholen; mal die NSA-Selektoren. das ist doch gar keine Frage. Christian Flisek (SPD): Mhm. - Aber was ist Christian Flisek (SPD): Ja, da stimme ich zu, Frau sozusagen - - Ich meine, immerhin - - Sie haben Bundeskanzlerin. Nur, die Überlegung, die wir ja gerade auf die Frage: „Wer entscheidet, was Sie natürlich in unserer Arbeit hatten und wo wir an Informationen bekommen?“, gesagt, das liegt auch gar nicht so lange für gebraucht haben, um im Ermessen. - Herr Altmaier hat keine Sekunde darauf zu kommen, ist natürlich eine Überlegung, offensichtlich im März gezögert, die Information die ich auch gerne im Bereich der Aufsicht gese- an Sie heranzutragen, während Herr Pofalla diese hen hätte, dass man mal sagt: Ich möchte jetzt Informationen zurückgehalten hat. mal alle Selektoren sehen, und sei es auch nur über eine Stichprobe. Ich möchte da mal ein paar Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Mitarbeiter dransetzen, die eine Auswertung ma- chen. - So, das ist unter Pofalla nicht passiert. Sie Christian Flisek (SPD): Hat Herr - - sind nicht informiert worden. Und Herr Altmaier hat hier gesessen und sehr glaubhaft versichert, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ermessensentschei- dass das Thema „Selektoren“, überhaupt der Be- dungen können unterschiedlich gefällt werden. griff „Selektor“ für ihn erstmals im März 2015 virulent geworden ist. Christian Flisek (SPD): Hat Herr Pofalla ermes- sensfehlerhaft gehandelt? Na ja, Sie können trotz- Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, das galt für mich dem überprüft werden, zumindest juristisch. auch, ja. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe mehrfach Christian Flisek (SPD): Das galt dann im Zweifel jetzt mein Vertrauen ausgedrückt. Ich kann es jetzt auch für Sie, Frau Bundeskanzlerin, und das gerne noch mal wiederholen. heißt - noch mal -: Obwohl dieses Thema im Ok- tober mit voller Wucht da war, ist es - so würde (Hans-Christian Ströbele ich jetzt mal das bewerten - aufgrund organisato- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rischer Defizite im Kanzleramt nicht weiter fort- NEN): Da kann man ma- geführt worden durch Herrn Altmaier. Über chen, was man will!) einen längeren Zeitraum hat man wieder einen Zustand gehabt im BND, von dem man gar nicht Christian Flisek (SPD): Gut. - Ich würde mit wusste, was passiert eigentlich, um dann auch Ihnen eigentlich noch mal auch auf Ihr Eingangs- mehr oder weniger durch einen Zufall anlässlich statement zurückkommen. Da haben Sie davon eines Besuches in Pullach im März 2015 zu er- gesprochen, dass Freiheit und Sicherheit auszu- fahren: Oh, wir haben auch noch ein Problem mit balancieren sind, bei einem sehr schwierigen den BND-Selektoren. Thema. Wir haben uns hier im Ausschuss sehr intensiv mit der wichtigen - ich betone das: wich- tigen - Kooperation von Nachrichtendiensten - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 78 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung unterhalten. Ich persönlich habe aus dieser Ar- zu machen. Aber ich glaube, dass hier das Sicher- beit jedoch eine Sorge; ich habe das immer das heitsbedürfnis und die Sicherheitsverantwor- Elefantenargument genannt, das da lautet: Wenn tung, die wir haben, eine sehr große Rolle spie- wir eine Kooperation haben beispielsweise zwi- len. schen BND und der NSA, wie weit sind wir be- reit, mit unseren Ansprüchen an die Kooperation Das Zweite und das Wichtigere ist ja jetzt: Was zu gehen, wenn sozusagen die Gefahr über uns sind wir bereit in - - Also, erst mal: Was machen wie ein Damoklesschwert hängt, dass irgend- wir selber? - Da sind wir ja frei. Und da würde wann die NSA sagt: „Wir haben die Nase voll“, ich eben sagen, dieses Ausspähen von Freunden und am Ende vielleicht nur eine einzige Informa- geht nicht. Da haben wir ja Dinge getan, die sind tion, die einen Anschlag verhindern könnte, völlig irrelevant für die Frage, ob wir gut mit den dann aus welchen Gründen und welcher Motiva- Vereinigten Staaten von Amerika zusammen- tion auch immer nicht weitergereicht wird? arbeiten können.

Das ist so ein Argument; ich nenne es deswegen Und dann muss man im Einzelfall gucken, wel- Elefantenargument, weil das eigentlich alle Be- che Konditionierung die Partner an uns setzen, denken platttrampeln kann, weil keiner - wirk- was wir denn zu tun haben und nicht zu tun ha- lich niemand -, glaube ich, die Verantwortung ben. Und dafür haben wir jetzt ja sehr klare Ge- übernehmen möchte, dass er eine Information setze. Und wenn auf der Basis des BND-Gesetzes, hätte bekommen können, die einen schrecklichen neue Fassung, unter Einhaltung der Vorausset- Anschlag in Deutschland oder anderswo hätte zungen die Kooperation möglich ist, dann würde verhindern können. ich sie machen.

Wie gehen wir in einem Staat, der trotzdem an Aber dass wir jetzt sozusagen von uns aus, von seinen Ansprüchen ja festhält, die Sie auch in Ih- Deutschland aus alle und sofort bekehren - - Wir rem Eingangsstatement formuliert haben, mit die- wissen ja, dass es oft lange Argumentationsketten sem Konflikt um? Weil, ich glaube, da kommen benötigt, um auch international Standards und wir an einen Punkt, wo wir nicht mehr mit der Gemeinsamkeiten festzulegen. Und das werden Formel „Freiheit und Sicherheit müssen aus- wir nun nicht ganz alleine schaffen. balanciert werden“ weiterkommen, sondern da geht es in ganz konkreten Situationen um ganz Christian Flisek (SPD): Und Sie glauben, dass der konkrete Entscheidungen. Was würden Sie dazu BND gerüstet ist, um verantwortungsvoll gerade sagen? mit diesem schwierigen Argument umzugehen?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, also, ich kann Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Inklusive der dazu jetzt kein abschließendes Statement abge- Fachaufsicht, ja, und der Kontrolle der Parla- ben. Ich würde dazu Folgendes sagen: Dass wir mente, des neuaufgestellten PKGr. auf diese Kooperation angewiesen sind, das ist ganz offensichtlich - das haben uns bis jetzt die Christian Flisek (SPD): Vielleicht noch mal ganz Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten von kurz zurück. Was - - Amerika ja gezeigt -, dass diese Kooperation nicht auf einer Basis zu unseren Konditionen, Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn ich das nicht sage ich mal, wie ich sie gerne hätte, ablaufen glaubte, dürften wir ja nicht kooperieren. kann. Das heißt, die Dienste unterliegen unter- schiedlichen nationalen Bewertungen. Mich hat Christian Flisek (SPD): Das ist durchaus eine sehr zufriedengestellt, dass Präsident Obama Frage - - bzw. ob wir solche Kooperationen nicht wichtige Schritte unternommen hat, um auch einem anderen Verantwortlichkeitsregime auch eine Veränderung der Arbeit der Dienste in den unterstellen müssen. Vereinigten Staaten von Amerika nach Snowden Zeugin Dr. Angela Merkel: Welchem denn noch?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 79 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Christian Flisek (SPD): Na ja, gut. Das werden Christian Flisek (SPD): Weil über diese Klausel Fragen sein, die wir natürlich auch in unserem kann ja am Ende sehr, ich sage mal, auf vertrag- Empfehlungsteil erörtern. licher Basis bestimmt werden, was der Kontrolle des Parlaments entzogen wird und was nicht. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich halte - - Also, ich - Zeugin Dr. Angela Merkel: Das glaube ich schon. Man hat ja dann mit der sachverständigen Person Christian Flisek (SPD): Ich komme - - ich sage - - oder unabhängigen sachverständigen Person auch einen Weg gefunden. Das Ganze ist vom Zeugin Dr. Angela Merkel: - persönlich halte das Bundesverfassungsgericht beurteilt worden und PKGr, um das jetzt mal zu sagen, für - - jetzt will als verfassungskonform gefasst worden. Und des- ich - - halb glaube ich, dass man da sogar einen sehr intelligenten Weg gefunden hat und dass man auf Christian Flisek (SPD): Gut, dann frage ich da diesem Weg weiterschreiten kann, ja. Und es gibt mal konkret vielleicht nach mit einem Beispiel, halt auch einen bestimmten exekutiven Bereich; das uns hier auch teilweise ein Stück weit geär- das hat ja das Bundesverfassungsgericht, wenn gert hat. In diesen Kooperationsvereinbarungen ich das richtig in Erinnerung habe, auch recht gut gibt es eine sogenannte Third-Party-Klausel. Ha- herausgearbeitet. ben Sie wahrscheinlich vielleicht schon mal was davon gehört. Also, das - - Christian Flisek (SPD): Gut, vielen Dank erst mal.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Die habe ich sogar zi- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir sind jetzt tiert. am Ende der vierten Fragerunde. - Ich würde jetzt vorschlagen, wie ich es eben auch gesagt habe, Christian Flisek (SPD): Genau. - Der Punkt ist, dass wir jetzt für 15 Minuten mal eine kurze dass Material des jeweils anderen Dienstes soge- Pause machen. Wir würden uns dann um nannten Dritten nur dann vorgelegt werden kann, 16.05 Uhr hier wieder im Ausschussraum treffen. wenn der jeweilige Dienst ausdrücklich zustimmt Dann können sich auch alle mal mit Getränken in einem - - was das auch immer für ein Verfah- versorgen; das ist auch sicherlich für die Öffent- ren ist. Und das Bundeskanzleramt stellt sich ja lichkeit ein ganz wichtiger Punkt, nicht dass mir auf den Standpunkt, dass „Dritte“ im Verhältnis hier noch einer dehydriert. zum Kanzleramt eben auch in dem Fall zum Bei- spiel ein Gremium des Parlaments ist, das heißt Die Sitzung ist damit unterbrochen. Sie wird um ein Untersuchungsausschuss oder ein anderes 16.05 Uhr fortgesetzt. Gremium. (Unterbrechung von Zeugin Dr. Angela Merkel: Mhm. 15.50 bis 16.09 Uhr)

Christian Flisek (SPD): Halten Sie angesichts Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Die unterbro- dessen, weil Sie gerade das Parlament einbezo- chene Sitzung des 1. Untersuchungsausschusses gen haben und gesagt haben, das ist ja eine ganz wird fortgesetzt. Wir beginnen mit einer neuen wichtige Rolle, die wir wahrnehmen bei der Kon- Fragerunde. - Die Damen und Herren, die jetzt trolle solcher Kooperationen, das für sachge- noch reinkommen, bitte ich, sich doch zügig zu recht? setzen, damit wir das auch ruhig fortführen kön- nen. - Und Frau Kollegin Renner beginnt für die Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Müsste Ihre Fraktion Die Linke mit ihren Fragen. letzte Frage sein. Martina Renner (DIE LINKE): Frau Bundeskanz- lerin, die Leiterin Ihres Büros, Frau Baumann,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung hat am 17. Juli 2013 ausweislich unserer Unterla- Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe ganz lang- gen - das ist MAT A BK-1-3a_19.pdf, Seite 38 - sam gesprochen. Günter Heiß und Christoph Heusgen um Aus- kunft über ein in der Presse erwähntes Abkom- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe ja men gebeten. In der Rheinischen Post war wohl angehalten. - Wir suchen das Dokument gerade, die Rede davon, dass Ex-Kanzler Schröder ein wenn wir es nur digital - - Abkommen durchgesetzt habe, mit dem er deut- lich gemacht habe, dass die amerikanischen Martina Renner (DIE LINKE): Vielleicht fangen Geheimdienste kein deutsches Recht brechen wir so schon mal so weit an: Erinnern Sie sich an dürften. Sie fragt dann, um was für ein Abkom- dieses Gespräch mit Frau Baumann oder Herrn men es sich dabei handelt und ob das noch gel- Seibert, dass es darum ging: Was ist mit diesem ten würde. - Offenbar diente diese Korrespon- Abkommen aus 99 von Herrn Schröder? Gibt es denz auch zur Vorbereitung der Sommerpresse- das? Können wir das nutzen? Können wir damit konferenz. argumentieren?

Und dann antwortet aus dem Bundesnachrich- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß, dass der da- tendienst am nächsten Tag - - malige SPD-Kanzlerkandidat, Herr Steinbrück, öfter von solchen Abkommen gesprochen hat Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Können wir und mir Vorhaltungen gemacht hat, dass wir so noch mal ganz kurz die Fundstelle - - Ich habe was nicht haben. Nach meiner Erinnerung kann die E-Mail zwar eben auch gesehen, aber jetzt ist damit nur dieses MoA - oder wie das heißt - in sie mit wieder weggehuscht. Vielleicht können Bad Aibling gemeint sein. Das ist aber dann in Sie es kurz sagen. der Rheinischen Post wahrscheinlich auch falsch beschrieben worden, also die Antwort, dass ein Martina Renner (DIE LINKE): MAT A solches Abkommen nicht existiert. Das Einzige, BK-1-3a_19.pdf, Seite 38. - Und dann antwortete was man irgendwann gefunden hat, ist ein Me- am nächsten Tag Frau Polzin, die das für die Ab- morandum of Agreement - oder wie das heißt - teilung 6 übernommen hatte - vielleicht kennen aus Bad Aibling, was zum Teil als Vertraulich Sie sie ja auch -, dass im BND auch mit Blick auf und zum Teil als Sehr Vertraulich, glaube ich, die Kürze der Zeit keine Erkenntnisse zu einem eingestuft war oder was. Jedenfalls Verträge, wie entsprechenden Abkommen vorliegen würden. Herr Steinbrück sie damals immer wieder er- Es habe aber eine - - wähnt hat, sind nicht aufgefunden worden.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz kurz, Martina Renner (DIE LINKE): Genau. Und die Frau Renner. - Herr Wolff. Wahrscheinlich bezüg- Frage für mich ist: War vielleicht diese An- lich der Fundstelle. nahme, dass es solche Verträge gibt, Hintergrund Ihrer Aussage, dass auch die Amerikaner sich auf MR Philipp Wolff (BK): Ich finde es superhilf- deutschem Boden an deutsches Recht halten reich, wenn es auch dann vorliegt, wenn der müssen? Oder haben Sie das ganz allgemein ge- Zeuge das mitplotten kann, falls wir gerade noch meint, unabhängig von der Frage, ob das denen ein Exemplar haben; sonst ist es sehr mühsam mal irgendwann verdeutlicht wurde? mit so langen Vorhalten. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe jetzt die Martina Renner (DIE LINKE): Ja, dann muss das Frage nicht ganz verstanden. - Ich wollte übri- Ausschusssekretariat das mal suchen. gens noch zu Beginn der Sitzung sagen, dass ich mich bei meiner Namensgebung etwas verkürzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir suchen. geäußert habe. Es handelte sich nur um den Ge- Aber Sie haben eine Geschwindigkeit drauf, Frau borenen-Namen, aber nicht den aktuellen. Also, Renner. Ich habe doch die Zeit angehalten. Angela Dorothea Merkel, geborene Kasner. Da ich das Dorothea gemeinhin nur im Zusammenhang

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung mit meinem Mädchennamen verwende - - und Haushaltsvolumen von 830 Millionen Euro; da sonst so selten vorkommt, muss ich das richtig- geht es um Tausende von Mitarbeitern. Das ist ja stellen. nichts, wo man sagt: Das sollte uns mal besser nicht interessieren. - Wie ist dieses Prinzip Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe heute? Wird heute tatsächlich auch so agiert, insoweit auch die Zeit der Fraktion Die Linke dass man sagt: „Wir fragen aktiv nach und warten angehalten für diese Klarstellung, die uns allen, nicht darauf, ob uns irgendwas mal berichtet glaube ich, klar war. - Frau Kollegin Renner wird“? macht mit den Fragen weiter. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, erstens: Ganz Zeugin Dr. Angela Merkel: Könnten Sie Ihre offensichtlich hat ja nicht nur während meiner Frage noch mal wiederholen? Regierungszeit, sondern überhaupt noch nie ei- ner danach gefragt gehabt. Das kann man im Martina Renner (DIE LINKE): Ist der Umstand, Rückblick, wenn man jetzt die gesamte Kenntnis dass Frau Baumann dann eben versucht nach hat, bewerten - wie Sie das für richtig halten - diesem Artikel in der Rheinischen Post, unbe- und sicherlich auch unterschiedlich bewerten. dingt bei Herrn Heiß oder bei Frau Polzin diese Sie haben eben von 2013 gesprochen. Das Kanz- Grundlage möglicherweise zu ergattern, dass die leramt hatte - Oktober, durch Herrn Pofalla -, aber US-Amerikaner zugesichert hätten, sich an Recht dann ja umfassend erst ab 2015 davon Kenntnis. und Gesetz zu halten und Ähnliches mehr, mög- Und ich richte jetzt meinen Blick in die Zukunft. licherweise Grundlage der Aussage dann im Da glaube ich, dass wir auch durch das neue Sommerinterview kurz danach, wo Sie sagen: BND-Gesetz und auch andere Dinge Sicherheit „Auch die Amerikaner müssen sich auf deut- darüber haben, dass die Steuerung klarer ist. schem Boden an deutsches Recht halten“? Martina Renner (DIE LINKE): Aber das ist mir Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Das war meine jetzt noch so ein bisschen allgemein. Also, gibt es Überlegung immer. Es ist nur mir, nach meiner tatsächlich irgendwelche greifbaren Veränderun- Erinnerung - - damals vorgeworfen im Wahl- gen in der Arbeitsweise der Abteilung 6, von de- kampf, warum ich oder die jetzige Bundesregie- nen Sie uns berichten können, wo wir beruhigt rung so schwach sind, wo doch Herr Schröder sein würden, dass so etwas nicht mehr passiert, schon weitreichende Verträge abgeschlossen hat. dass man eben 2015 sagt: „Was? Es gibt Selek- Und bei näherer Betrachtung war dem nicht so. toren, das ist ja neu!“? - Und wir wissen heute: Und dass mich das interessiert hat, ist ja klar. Das ist ein zentrales Element einer globalen Über- Und deshalb habe ich meine Büroleiterin gebe- wachungstechnik, das die NSA nicht nur in ten, die Erkundungen einzuholen. Deutschland einsetzt, sondern in vielen anderen Ländern auch. Und da kann es ja nicht sein, dass Martina Renner (DIE LINKE): Wir haben ja das man dann 2015 sagt: Ach, das hat uns niemand Thema „Rechts-, Fach- und Dienstaufsicht“ hier gesagt. jetzt in vielen Runden und durch unterschiedli- che Fragestellungen immer wieder versucht zu Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn ich recht infor- thematisieren. Bei alledem, wenn am Ende des miert bin, ist das neue BND-Gesetz schon so aus- Tages bleibt, der Bundesnachrichtendienst hat gelegt, dass das, was damals passiert ist, über- einfach das Bundeskanzleramt vor 2013 nicht haupt nicht mehr passieren kann. vollständig informiert, hat das Bundeskanzleramt nicht auch so etwas wie eine Holschuld? Also, Martina Renner (DIE LINKE): Das kann nicht hätten diese nicht all die Jahre aktiv werden müs- mehr passieren? sen, um zu erfahren zum Beispiel, was in Bad Aibling passiert? Ich sage das eben vor dem Hin- Zeugin Dr. Angela Merkel: Jedenfalls ist die tergrund: Der Bundesnachrichtendienst ist ja Rechtsgrundlage so ausgeführt. Und jetzt wird nicht irgendeine Behörde. Da geht es um ein

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung auch die Abteilung 6 ihre Schlussfolgerungen da- dass diese seit Monaten, ja, seit Jahren, ausste- raus ziehen, und der BND selbst wird vor allen hende Entscheidung des Justizministeriums end- Dingen seine Schlussfolgerungen daraus ziehen. lich gefällt wird, sagen wir, bis Ende dieses Mo- Da bin ich ganz sicher. nats, dass klar wird, ob Herr Snowden hier ver- haftet wird und ausgeliefert wird, oder ob das Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, auf den BND nicht der Fall ist? Da prüft man jetzt seit über selbst zu vertrauen, das hat bisher nicht so gut zwei Jahren, und die Legislaturperiode geht zu funktioniert. Ende. Man hat den Eindruck, man will das hinausschieben. Deshalb meine ganz klare Frage Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, gut, aber wenn ich an Sie: Sind Sie bereit, Ihre Richtlinienkompe- kein Vertrauen in den BND hätte, dürfte ich nicht tenz - nicht gegenüber der Justiz oder so, sondern mehr jetzt Bundeskanzlerin sein. gegenüber dem eigenen Ministerium - zu nutzen, dass dieser Ausschuss bis Ende des Monats dazu Martina Renner (DIE LINKE): Okay. - Mein Kol- eine klare Aussage bekommt: Wird er hier freies lege, Dr. Hahn, hat, glaube ich, noch Fragen. Geleit bekommen, oder wird er festgenommen und ausgeliefert? Diese Frage muss doch zu be- Zeugin Dr. Angela Merkel: Das schließt nicht antworten sein, auch gerade angesichts der neuen aus, dass weiter kontrolliert wird und die Rechts- Administration in den Vereinigten Staaten. und Fachaufsicht auch intensiv ausgeübt wird; das schließt es nicht aus. Aber jetzt dem BND Zeugin Dr. Angela Merkel: Das unterfällt nicht mein Misstrauen auszusprechen, das halte ich für meinem Verständnis von Richtlinienkompetenz, falsch, und dazu gibt es auch keinen Anlass. also nein.

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, Frau Bundes- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wenn eine Be- kanzlerin, ich will noch mal auf Edward Snow- hörde, wo Sie als Kanzlerin - - den zurückkommen, weil da vorhin ein Zungen- schlag drin war, der, glaube ich, nicht ganz rich- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ein Ministerium. tig war, und ich will Ihnen da auch die Möglich- keit geben, das noch mal zu korrigieren und viel- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ein Ministerium. leicht auch hier jetzt mal eine klare Ansage zu Auch eine Behörde, aber - - machen. Und zwar haben Sie vorhin gesagt, wenn ich das mir richtig mitgeschrieben habe: Zeugin Dr. Angela Merkel: Ein Verfassungs- Die Voraussetzungen für Asyl liegen nicht vor. - ministerium. Das war Ihre Aussage von vorhin. Ich glaube, da ist insofern ein Missverständnis, da es ja in erster Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wunderbar. Wir Linie - so habe ich es bisher verstanden - nicht haben auch ganz viele Verfassungsgrundsätze, um die Frage „Asyl oder nicht Asyl“ geht - das die nicht eingehalten worden sind in den letzten könnte man auch extra diskutieren -, sondern um Jahren - durch den BND beispielsweise; sagt die die Frage, ob Herrn Snowden für eine Aussage Datenschutzbeauftragte. - Ich möchte einfach hier freies Geleit gewährt wird, das heißt sicheres wissen - und das ist ja die Frage, die - Geleit, dass er hier einreisen und aussagen kann, hier nicht festgesetzt und an die USA ausgeliefert Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste wird. Das ist ja noch etwas anderes als Asyl. Das dann die letzte Frage sein, wir liegen bei 9 Minu- hat man ja in anderen Fällen auch schon ge- ten und 30 Sekunden. macht. Dr. André Hahn (DIE LINKE): - auch die Öffent- Und da ist meine Frage an Sie: Sind Sie bereit, lichkeit interessiert -: Sie sind die Kanzlerin, als Bundeskanzlerin - Sie haben die Richtlinien- auch für die Ministerien verantwortlich, mit der kompetenz in diesem Land - gegenüber dem Jus- politischen Richtlinienkompetenz, und das Jus- tizministerium klar und deutlich zu machen,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung tizministerium verweigert schlichtweg die Ar- Zeugin Dr. Angela Merkel: Was heißt „im Vor- beit. Und ich möchte von Ihnen wissen, ob Sie feld agieren“? Wie? Inwieweit? Die agieren im- bereit sind, gegenüber dem Justizministerium mer, - deutlich zu machen, dass wir einen Anspruch darauf haben als Untersuchungsausschuss, eine Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Entscheidung zu bekommen. NEN): Hoffentlich.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe dem, was Zeugin Dr. Angela Merkel: - den ganzen Tag. ich eben gesagt habe, nichts hinzuzufügen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also nein. NEN): Genau. - Also, ich mache Ihnen mal einen stillen Aktenvorhalt. So nennen wir das hier, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. Herz- weil das unverständlicherweise VS-Vertraulich lichen Dank. - Dann sind wir bei der Fraktion Die eingestuft ist, dieses Papier hier, vom 31. Juli Linke insoweit mit der Zeit zu Ende. 2013. Das ist eine Mail - ich glaube, das darf ich sagen - von Herrn Flügger an Frau Donfried. Und Nur eine kurze Ergänzung. Ich bitte bei Vorhalten das Aktenzeichen ist Tagebuchnummer 43/14, auch zu berücksichtigen, dass sie stimmig sind. MAT A BK-1/7c, und dann ist das die Anlage 5, Freies Geleit, müsste Ihnen bewusst sein, zumin- und dann ist es Blatt 61. Sie können es einmal le- dest wenn man bei Wikipedia googelt oder in ei- sen. Ich glaube, ich darf es abstrahiert zusam- nem entscheidenden Rechtskommentar zu den menfassen, was da steht. entsprechenden Stellen, kann nur das Gericht, was auch die Strafverfolgung betreibt - - Das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde müsste ein amerikanisches Gericht sein, Herr vorschlagen, wir geben es der Kanzlerin. Ich habe Kollege Hahn. auch die Zeit angehalten.

Wir kommen zur Fraktion der CDU/CSU. - Die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hat keine Fragen. - Dann kommen wir zur Frak- NEN): Genau. Herr Wolff kann ja einen Blick tion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege von drauf werfen. Ich würde es nicht im Wortlaut - - Notz. aber ich würde paraphrasieren, was da - -

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Der Zeugin werden NEN): Vielen Dank, Herr Vorsitzender. - Ich Unterlagen vorgelegt - Die wollte noch mal auf diese Erklärung von Herrn Zeugin und MR Philipp Pofalla am 12.08. zu sprechen kommen. War das Wolff (BK) nehmen Einblick) mit Ihnen abgestimmt, dass er sich an dem Tag ausführlich erklären wird, nach dieser Sitzung Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt allge- des PKGr? mein würde das nicht die Geheimhaltung aushe- beln; aber, ich glaube, mit Zustimmung des Kanz- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nach meiner Erinne- leramtes werden wir den Sachverhalt so darstel- rung nein. Das hat er eigenständig gemacht. Ich len können. habe das aber jetzt auch nicht zu kritisieren. Ich sage nur, das war nicht abgestimmt, sondern es Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- fällt in die eigenständige Verantwortung - nach NEN): Mir geht es um den dritten Absatz, der mit meiner Erinnerung. „On“ anfängt. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Die Zeugin liest in den ihr NEN): Und wenn im Vorfeld Herr Heusgen und vorgelegten Unterlagen) Michael Flügger agieren, dann tun die das in sei- nem oder in Ihrem Namen oder Auftrag?

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Ich frage jetzt mal etwas nebulös, um mich hier Zeugin Dr. Angela Merkel: Da geht es um Annul- streng an die Dinge zu halten. Also, ich finde, aus lierungen, das ist ja dann auch passiert. dem Absatz geht klar hervor, dass man auf diese Erklärung hinarbeitet am 12. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja, aber es geht darum, dass - ich sage es Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. jetzt einfach mal abstrahiert - dieses Statement von Herrn Pofalla vorbereitet wird, und zwar Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 13 Tage vor - - NEN): Nein? Zeugin Dr. Angela Merkel: Ach so. Darauf wol- Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn das mit „On“ len Sie hinaus. der Absatz ist, dann geht es um was ganz ande- res. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir müssten nur gucken, dass keiner ihn jetzt vorliest. Das Zeugin Dr. Angela Merkel: Gut. - Also, einer mei- wäre mir wichtig. ner Punkte in der Pressekonferenz -

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage doch nur, da Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- geht es um was anderes. Da geht es um nichts NEN): Ja. Aktuelles. Zeugin Dr. Angela Merkel: - unter den acht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Punkten - NEN): Nichts Aktuelles? Also, die ist vom 31. Juli 2013, 17.52 Uhr, diese Mail, und bezieht sich auf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- den 12. - NEN): Ja.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Und beginnt mit Zeugin Dr. Angela Merkel: - war, wenn ich mich „12th August“ recht erinnere, die Annullierung der alten Ab- kommen, die nach der deutschen Einheit nicht Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mehr angewandt wurden. So. NEN): - genau - August, also auf etwas, was 13 Tage später passieren wird. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das war was Symbolisches, würde ich sa- Zeugin Dr. Angela Merkel: Gucken Sie doch mal gen. in die dritte Zeile, um welches Jahr es da geht. Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig, aber über die Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ist damals sehr viel gesprochen worden. Da hat NEN): Ja, da geht es nicht um den 12. August man gesagt: Sind wir immer noch nicht souve- 1968. Das wäre lustig, aber - - rän? Was ist da los? Und die Amerikaner - - Also, es war nicht so - - So. Und deshalb haben wir uns Zeugin Dr. Angela Merkel: Da geht es doch um bemüht, die zu annullieren. Und jetzt geht es um diese alten Sachen, die - - die Frage: Was kann der Kanzleramtsminister bei seinem Auftritt in der PKGr-Sitzung dann ver- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- künden? Und da schien einer dieser Punkte, NEN): Nein, nein, nein. nämlich der mit dem 68er-Abkommen, eine, würde man sagen, „low-hanging fruit“, - (Heiterkeit) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- - Mist. NEN): Genau.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 85 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeugin Dr. Angela Merkel: - und die Briten hat- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. ten schon reagiert. Und da hat halt Heusgen als guter Beamter versucht, diesen Fall, wo er aufsei- MR Philipp Wolff (BK): Mehr steht da nicht drin. ten Großbritanniens schon geklärt war, auch für diese PKGr-Sitzung zu erklären. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, der Sach- verhalt - - Herr von Notz, ich verstehe Sie jetzt so, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass Sie sozusagen nahelegen wollen, dass sich NEN): Richtig. Und das war auch erfolgreich, das Kanzleramt sehr bewusst auf den 12.08. vor- weil das - genau - eine sehr, sehr „lowe fruit“ bereitet hat. war. Aber es ging eben auch um die Zusage, dass auf deutschem Boden deutsches Recht eingehal- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten wurde. NEN): Richtig.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber das steht in dem Zeugin Dr. Angela Merkel: Und das ist doch das, Absatz nicht drin. was ein Kanzleramtsminister, bevor er ins PKGr geht, auch tut. Nun hat die Bundeskanzlerin am Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- 19. Juli erklärt, sie möchte gerne, dass diese Ab- NEN): Nein, das steht in der Kommunikation ins- kommen annulliert werden. Und dann konnte gesamt drin. Mir geht es um den Punkt, Frau man ja davon ausgehen, dass damals, so wie die Bundeskanzlerin, dass vonseiten des Bundes- Stimmung war, man auch mal nach den acht kanzleramtes - nicht von Ihnen, aber von Herrn Punkten der Bundeskanzlerin fragt und da noch Pofalla - diese Erklärung vorbereitet wurde über nicht alle acht erfüllt waren, man sich vielleicht mehrere Wochen und dass man genau auf diesen wenigstens Mühe gegeben hat, diesen einen, der Punkt, den 12.08., zugearbeitet hat, um an dem immerhin von einem Partner, nämlich Großbri- Punkt fünf Wochen vor der Bundestagswahl das tannien, schon positiv beschieden war, dann Thema abzuräumen - in Klammern: was ja auch auch noch positiv zu bescheiden. funktioniert hat. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Entschuldigung, aber NEN): Korrekt. am 19. Juli sage ich etwas. Wir bitten die Briten und die - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Und nach nichts an- derem hat sich Herr Heusgen erkundigt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Bundes- kanzlerin, Entschuldigung, dass ich Sie unterbre- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- che; aber Herrn Wolff würde ich gerne noch hö- NEN): Das stimmt, und das leuchtet mir auch ren, weil ich nicht weiß, was er sagen will dies- ein. - Mir ging es um den Grundgedanken. Aber mal. weil Herr Wolff mich jetzt so korrigiert hat, muss ich Ihnen noch mal einen Aktenvorhalt machen, MR Philipp Wolff (BK): Ich muss wirklich den nämlich dann die nächste Seite. Dafür brauchen Vorhalt auch noch mal korrigieren, weil in dem wir den Ordner. - Haben Sie den Ordner noch? Absatz steht das einfach nicht drin. Da steht drin, Nein, Herr Wolff hat den noch. Ich glaube, das ist dass man tatsächlich am 12. August eine Erklä- unser Ordner, Herr Wolff. rung abgeben will - so viel können wir sicher auch offenlegen -; aber da geht es natürlich mit- Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist ja unfassbar. nichten um die anderen Punkte, sondern es geht genau darum, was wir üblicherweise heute auch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und ihr habt als Konsultationsverfahren kennen, dass ich na- unseren. türlich nicht über etwas sprechen kann, wenn ich den Partner nicht vorher informiert habe bzw. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ein einnehmendes seine Haltung abgefragt habe. Wesen, Herr Wolff.

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1. Untersuchungsausschuss

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Absolut nicht. Nicht NEN): Und wenn man jetzt auf die nächste Seite, dass ich meinen jetzigen Kanzleramtsminister Blatt 62, geht, dann steht da im letzten Absatz et- nicht schätze, aber ich wäre sehr glücklich gewe- was von einer „written confirmation“ und von sen, Herr Pofalla hätte sich entschieden, auch anderen Dingen und einer „helping hand“. weiter dort zu bleiben.

(MR Philipp Wolff (BK) Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- begibt sich zum Platz der NEN): Aber was sagen Sie denn dazu, dass er ver- Zeugin und legt ihr Unter- sucht hat, auf diplomatischem Wege eine solche lagen vor - Die Zeugin und schriftliche Zusicherung zu bekommen? Er hat MR Philipp Wolff (BK) sie nicht bekommen, und trotzdem sagt er am lesen in den Unterlagen) 12.08., dass er sie bekommen hat. Und ich kann es jetzt nicht konkreter sagen; des- wegen sage ich es so nebulös. Aber ich finde, Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir reden jetzt hier wenn wir schon darüber sprechen, dann muss über einen Briefwechsel oder einen Mailwechsel das irgendwie auch - - Es geht eben auch darum, von der Europa-Verantwortlichen im Nationalen es schriftlich von den Amerikanern zu bekom- Sicherheitsrat des Weißen Hauses. Und ich habe men, - Ihnen vom 7. August die Vorlage - über die haben wir viel gesprochen - - Das waren Gespräche, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ja. die - - Clapper hat wohl auch im Weißen Haus gesessen, so wie Herr Fritsche im Innenministe- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- rium gesessen hat - - aber ansonsten auch ganz NEN): - dass auf deutschem Boden deutsches anders in der personellen Gruppe zusammenge- Recht gilt. Und die Amerikaner haben das nicht setzt war. Und im Übrigen wird auf der Seite 62 zugesichert, und zwar bis zum 12.08. nicht. Und auch genau darauf hingewiesen, dass da eine sol- Herr Pofalla hat es trotzdem gesagt; er hat es che Gruppe kommen wird - „am Beginn der trotzdem gesagt, dass es eine schriftliche Bestäti- nächsten Woche“ steht dann da -, gung gebe, weil das natürlich die Tür zugemacht hat. Und jetzt sagen Sie ja, Sie haben mit diesem Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Prozess nichts zu tun gehabt, Frau Bundeskanzle- NEN): Ja. rin. Das glaube ich Ihnen auch. Aber ich frage Sie jetzt mal andersrum: Zu welchem Zeitpunkt war Zeugin Dr. Angela Merkel: - und dann wird das denn klar, dass Herr Pofalla nicht mehr Bundes- Ziel der Gruppe so und so sein. Und dann sind ja kanzleramtschef bleibt? hier ganz verschiedene - -

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe das sehr be- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich bin so ein dauert. Und zu einem sehr, sehr späten Zeit- bisschen in Sorge, dass wir aus den eingestuften punkt. Dingen jetzt doch vortragen.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Im November, Dezember, oder? NEN): Ja, ich nicht.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Zum Ende der Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wenn es jetzt Koali- - Als wir die Personalien besprochen total relevant ist, dann müssten wir eine einge- haben. stufte Sitzung machen, dann müssten wir diesen Punkt in nichtöffentlicher Sitzung ansprechen. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Und das hatte nichts mit der BND/NSA- Zeugin Dr. Angela Merkel: Mein außenpoliti- Affäre zu tun? scher Berater bittet, dass die Gespräche, die dann

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 87 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung nächste Woche stattfinden, positiv begleitet wer- nichtöffentlicher Sitzung machen, wenn das ein den. Das gehört doch zu den Selbstverständlich- kriegsentscheidender Punkt ist. keiten. Dann zählt er die einzelnen Themen auf. Zu dem Thema 1, dieses alte Abkommen, was ja Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nun wirklich echt nicht so geheimnisvoll ist, NEN): Also, ich glaube, die Frau Bundeskanzle- weil ich es selbst erwähnt habe, haben wir ja rin und ich sind uns - dann irgendwann - ich weiß nicht, ob schon am 12. August im PKGr oder später - eine Annullie- Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir sind uns eigent- rung durch die Vereinigten Staaten bekommen. lich einig.

Und dann die Woche nach dem 31., am 7., waren Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- diese von Herrn Heusgen schon avisierten Exper- NEN): - einig über den Inhalt, und wir haben das ten da. Und von dieser Runde kriege ich dann die jetzt so gut geklärt miteinander. Aber vielen Mitteilung, die wir jetzt hier schon vielfach ge- Dank, Herr Vorsitzender. macht haben, „eine Zusicherung abzugeben, dass auf deutschem Boden jederzeit deutsches Recht Zeugin Dr. Angela Merkel: Jetzt wäre nur noch respektiert wurde“. Das konnte aber Herr Heus- interessant, was Herr Wolff da noch zu bieten gen am 31. - - Da hat er ja gar nichts davon ge- hat. wusst, er hat nur gesagt: „Die kommen“, und: „Redet mit denen konstruktiv!“ Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Das sollten wir uns jetzt noch an- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gucken; aber das können wir ja öffentlich tun. NEN): Genau. Aber das war halt falsch. (MR Philipp Wolff (BK) Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich habe die begibt sich zum Platz der Uhr mal angehalten. Vielleicht kann Herr Zeugin und legt ihr Wolff - - Unterlagen vor)

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ob es falsch war oder Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. nicht, er hat es halt gemacht, und das war in mei- nem Interesse. Zeugin Dr. Angela Merkel: Interessiert mich jetzt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- MR Philipp Wolff (BK): Ich will nur anmerken, NEN): Bis wir dieses Dokument finden, was da dass es natürlich ein Dokument gibt, dass sich jetzt verhandelt wird - - dann auch darauf bezieht, und zwar ist das MAT A BK-1/2j, Blatt 18. Das ist die entspre- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ihr seid chende Zusicherung der US-Seite. Da kann man schon deutlich über der Zeit. über einen anderen, sprachlichen Punkt dann streiten. Da tun wir uns wahrscheinlich auch Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- leichter, weil das ist nicht eingestuft. NEN): Ach so. Ja, gut. Es sind ja viele Runden, die wir noch haben. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich würde mal folgenden Vorschlag machen - auch im Sinne Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir haben ja jetzt der Opposition -: Wenn dieses Dokument auch Stenografen bis weit nach Mitternacht nicht eingestuft ist, wenn wir es uns in der Ge- heute. samtschau anschauen wollen und wenn die Frak- (Die Zeugin und tionen die gravierende Wichtigkeit dieses Punk- MR Philipp Wolff (BK) tes erkennen, dann müssen wir es in Gänze in lesen in den Unterlagen)

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Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Das legt es noch nicht NEN): So. Wo steht jetzt die schriftliche Zusiche- nahe. Es waren aber mit diesem Dokument ja die rung? Verhandlungen auch noch nicht beendet.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir haben ja erst das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dokument schon mal beim Wickel gehabt, wo NEN): Ja. - Aber eben am 12.08. nicht. Und das, dann - - was Herr Pofalla gesagt hat, nämlich dass es eine schriftliche Zusage gegeben habe, das war nach- NSA is not doing anything to weislich falsch. Das war nicht so. Und das war harm German interests. eine Irreleitung der Öffentlichkeit, von der Sie … NSA currently abides - and has offenbar nichts wussten, aber die eben in Ihrem always abided - by any and all Namen irgendwie geschehen ist. Und deswegen agreements it has entered into wundere ich mich so ein bisschen im Hinblick with the German government, as darauf, wie man jetzt auf dieses Statement von represented by the German intelli- Herrn Pofalla in der Rückschau guckt. Damals hat gence services. es geholfen, na klar. Aber im Nachhinein ist es …Any joint operation conducted doch ein Schaden, wenn damals eben die Öffent- by NSA and the German intelli- lichkeit nicht zutreffend informiert worden ist. gence services has been in accord- ance with German and U.S. law. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich muss ganz ehrlich sagen: Jetzt müssen wir die Sachverhalte Das ist das, wo - - schon auseinanderhalten. Ich habe von dem Statement von Herrn Pofalla im Zusammenhang Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit der erstmaligen Erwähnung des Wortes „No- NEN): Aber halt! Spy-Abkommen“ gesprochen. Darüber haben wir lange Zeit gesprochen, ob das gerechtfertigt ist Zeugin Dr. Angela Merkel: Daraus hat einer von oder nicht gerechtfertigt. Und dann haben Sie ge- Ihnen - ich weiß nicht mehr, wer es war, ob Herr sagt, dass Herr Pofalla eine lange Erklärung abge- Flisek oder Sie - geschlussfolgert: „Tja, die ge- geben hat, über die Sie sich sehr gewundert ha- meinsamen Operationen, ja; aber wenn sie al- ben und in der dies und jenes und noch was leine agieren, dann nein“, oder: „Das ist damit stand, und ob ich die kannte und ob ich daran nicht abgedeckt.“ So. mitgewirkt usw. usf. habe. - So ist jedenfalls meine Erinnerung aus unseren jüngsten Diskus- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sionen hier. NEN): Das sind gar nicht - - weder Christian Fliseks noch meine Gedanken, sondern das hat Und jetzt sprechen wir über einen ganz anderen uns Herr Altmaier hier so das letzte Mal gesagt. Teil der Erklärung von Herrn Pofalla. Und ich be- ziehe mich einzig und allein in meiner Beurtei- Zeugin Dr. Angela Merkel: Oder das. Ist ja lung der Frage auf die Vorlage vom 07.08., in der auch - - Herr Heiß sagt - was Sie auch infrage stellen; ich beziehe mich aber trotzdem auf das, was Herr Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Heiß sagt, weil es mein Bezugspunkt ist - - NEN): Und das hat mir hochgradig eingeleuchtet, dass er gesagt hat, diese Betonung auf „joint“, das eine Zusicherung abzugeben, dass lege irgendwie nahe, dass, wenn sie alleine un- auf deutschem Boden jederzeit terwegs sind, sie sich eben nicht an deutsches deutsches Recht respektiert werde Recht halten. Und deswegen ist es ja eben zu die- und keine gegenseitige Spionage ser - - stattfinde, möchte insoweit aber eine beidseitige Erklärung erzie- len. Hier käme ein „Agreement“ in Frage, in dem beide Seiten …

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entsprechende Zusicherungen ma- Zukunft sicherlich manche Dinge anders laufen chen. müssen. Aber da sehe ich vor allen Dingen den Punkt, dass dann die Dinge, die angeordnet wer- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: So. Und an den, auch befolgt werden. der Stelle müssten wir dann jetzt in der nächsten Runde weiterfragen. Christian Flisek (SPD): Also, Sie sehen doch ei- nen Handlungsbedarf dort, dass in Zukunft viel- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- leicht das Ermessen zumindest - - dass es so was NEN): So machen wir es. wie Leitlinien für die Frage gibt, wie das Ermes- sen auszuüben ist. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Wir kommen jetzt zur Fraktion der SPD. Herr Kollege Flisek. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich sehe keine Notwendigkeit, Leitlinien über die Frage zu ma- Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- chen, wann ein Verantwortlicher für die Rechts- der. - Frau Bundeskanzlerin, Sie haben ja auch und Fachaufsicht des BND der Bundeskanzlerin mehrfach heute betont, dass Sie volles Vertrauen Bericht zu erstatten hat. Und ansonsten hat man gegenüber Ihren Mitarbeitern im Kanzleramt ha- ja schon vielfache Änderungen unternommen, ben, die sich mit den Fragen der Geheimdienst- und vielleicht werden Sie uns noch welche nahe- aufsicht befassen. Jetzt haben Sie Ihren berühm- legen, die wir dann - wie ich es erst schon sagte - ten Satz nicht erst im Oktober gesagt, Sie haben wohlwollend natürlich betrachten werden. ihn schon bei der Sommerpressekonferenz ge- sagt. Christian Flisek (SPD): Es gibt einen ziemlich großen Dissens zwischen dem ehemaligen Präsi- Zeugin Dr. Angela Merkel: Da nicht. Am 3. und denten des BND, Herr Schindler, und dem dama- 4. Juli. ligen Chef des Kanzleramtes, Herr Pofalla, und auch dem immer noch aktuellen Abteilungslei- Christian Flisek (SPD): Genau. Sie haben ihn ter 6 im Kanzleramt über den Umfang, wie im mehrfach - vielleicht auch abgewandelt - dazwi- Oktober 2013 informiert worden ist. Herr Schind- schen wiederholt. Und dann zeigen sich diese ler hat hier gesagt, es wurde von ihm ein umfas- Abläufe, die wir, ich denke mal, doch jetzt auch sender Überblick über die Problematik gegeben, herausgearbeitet haben. Und vor allen Dingen, es auch über die Dimensionen. Das wird von beiden zeigt sich, dass Sie über ganz wesentliche Dinge, Mitarbeitern, von Herrn Pofalla und Herrn Heiß, die passieren in diesem Kontext und die einen bestritten. Wir haben Akten des BND, Sprechzet- Bezug haben zu dieser politischen Überzeugung, tel für dieses Treffen, die eher die Auffassung nicht informiert werden, dass Sie erst im März von Herrn Schindler stützen, weil dort sehr de- 2015 überhaupt erstmals über diese ganze Trag- tailliert, wenn auch prägnant und kurz, aber sehr weite vielleicht, was ein Selektor ist, dass Sie detailliert die Reichweite dargestellt wird. Das darüber informiert werden. Haben Sie sich aus- spricht dafür, dass die Auffassung von Herrn reichend über diesen Zeitraum hinweg informiert Schindler zutrifft. Ist diese Thematik an Sie mal gefühlt? Oder würden Sie sagen: „Nein, da hätte herangetragen worden? sehr deutlich ein viel besserer Informationsfluss auch in meine Richtung laufen müssen“? Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Jetzt von Ihnen.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe ja erst schon Christian Flisek (SPD): Das hören Sie zum ersten in meinen Antworten zu ähnlichen Fragen ge- Mal jetzt? sagt, dass ich es bei Herrn Pofalla, was den Okto- ber 2013 anbelangt, für eine Ermessensentschei- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. - Hat Herr Schind- dung halte, und insofern fühle ich mich ausrei- ler dann auch was dazu gesagt, dass er dann die chend informiert. Und dennoch haben wir ja Sachen nicht umgesetzt hat und so viel noch auch schon darüber gesprochen, dass für die 2015 gelöscht werden musste? Aber das ist jetzt

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Nur zur dienstlichen Verwendung nicht meine Aufgabe. Ich bin damit nicht befasst Aber wie gesagt: Die Gründe wurden nicht ge- worden. nannt, und ich glaube, es war der richtige Zeit- punkt für einen Neuanfang vom BND. Christian Flisek (SPD): Herr Schindler war dann - - Nachdem die Weisung da war, hat er ge- Christian Flisek (SPD): Ich fasse noch mal zu- sagt: „Das haben wir gelöscht“, und dann war es sammen: Bei der gesamten Frage - unabhängig erledigt. - Es ist dann aber im März 2015 noch jetzt von den Gründen - „Ablösung von Herrn mal eben virulent geworden. Schindler“, da haben Sie nicht wirklich aktiv mitgewirkt. Das heißt, das war ein Vorschlag Ih- Zeugin Dr. Angela Merkel: Oktober vor allen res damaligen Chefs des Bundeskanzleramtes, Dingen. Stichwort: Wir wollen eine Neuausrichtung ma- chen, und deswegen wollen wir neues Personal. - Christian Flisek (SPD): Na ja, es war dann der Und deswegen gab es dann die Ablösung. Besuch von Herrn Altmaier im März 2015 vor al- len Dingen, sage ich mal, der ausschlaggebende Zeugin Dr. Angela Merkel: Es gab den Vorschlag Punkt, - des Chefs des Kanzleramtes, der Ihnen dazu ja of- fensichtlich auch Rede und Antwort gestanden Zeugin Dr. Angela Merkel: So gesehen ja. hat, einen neuen Präsidenten zu benennen. Und von meiner Seite hat mir eingeleuchtet, dass eine Christian Flisek (SPD): - wo ich davon ausgehe, neue Persönlichkeit nach dieser Zeit gut sein dass dann zumindest - auch wenn die Öffentlich- kann. keit das noch nicht gleich erfahren hat und auch wir noch nicht alles gleich erfahren haben - aber Christian Flisek (SPD): Frau Bundeskanzlerin, im Kanzleramt die neue Problematik auch be- Sie haben in der Sommerpressekonferenz nicht kannt war. Warum hat man eigentlich dann, nur damals Ausspähen unter Freunden ginge wenn man diesen Sachstand aus Sicht des Kanz- nicht, gesagt. Sie haben auch, ich darf jetzt mal leramtes sieht, Herrn Schindler nicht eigentlich zitieren, gesagt: sofort entlassen? Das hat ja immerhin gedauert bis zum 27.04.2016, also über ein Jahr. … die Bürgerinnen und Bürger sind zweifelsohne zurzeit verunsi- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich respektiere chert, und sie müssen sich darauf den Zeitpunkt, zu dem der Chef des Kanzleramts verlassen können, dass die klare staatliche Kontrolle, die es in un- mir den Vorschlag gemacht hat, einen neuen serem Land über die Aktivitäten Chef des BND zu berufen. Und über die Frage der Geheimdienste gibt, auch tat- Gründe oder Nichtgründe kann man - - haben wir sächlich wirkungsvoll greift, und ja schon geredet hier. Und mehr habe ich dazu zwar genau so, wie Recht und Ge- nicht zu sagen. setz unseres Landes das vorsehen … Christian Flisek (SPD): Gut. Also, das bedeutet, Sie sagen an dieser Stelle, ein Problem könnte es Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig. aus dieser Verzögerung von über einem Jahr bis zur Entlassung - - Das halten Sie für einen norma- Christian Flisek (SPD): Was haben Sie seitdem len Vorgang. konkret getan, um die Defizite, die wir hier fest- gestellt haben, im Rahmen der Kontrolle, der Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. staatlichen Kontrolle, wozu auch die Fachauf- sicht und die Rechtsaufsicht gehören, zu verbes- Christian Flisek (SPD): Okay. sern, damit genau dieses Vertrauen der Bürgerin- nen und Bürger gerechtfertigt ist? Zeugin Dr. Angela Merkel: Manchmal müssen Dinge auch erst zu Ende abgearbeitet werden.

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe den Kanzler- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. amtsminister, wer auch immer es war, unterstützt darin, möglichst weitgehende Aufklärung hervor- Christian Flisek (SPD): Also, Sie waren der Über- zurufen. Ich habe über all die Stufen berichtet. zeugung zu diesem Zeitpunkt, dass alles gut Wir haben dann, wie gesagt, auch die Rechts- funktioniert, also dass die staatliche Kontrolle, so grundlage erneuert. Das ist inzwischen parlamen- wie Sie es gesagt haben, auch tatsächlich wir- tarisch bereits - - oder steht schon im Gesetzblatt, kungsvoll in jeder Hinsicht greift. wenn ich recht informiert bin. Und - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Wir hatten die Christian Flisek (SPD): Darf ich kurz einhaken, Snowden-Erkenntnisse, wie gesagt - oder nicht Frau Bundeskanzlerin, gestatten Sie? Erkenntnisse, sondern die Presseberichte da- rüber -, wir wussten, dass wir denen nachgehen Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. mussten; aber es gab für mich keinen Ansatz- punkt, davon auszugehen, dass hier Kontrolle Christian Flisek (SPD): Die Initiative zu dieser nicht ausreichend funktioniert; sonst hätte ich ja BND-Reform, zumindest nach meinem Verständ- aktiv werden müssen. nis, ging aus von der Arbeit dieses Ausschusses. Christian Flisek (SPD): Wir haben uns ja in unse- Zeugin Dr. Angela Merkel: Okay. rer Arbeit hier auch sehr intensiv zum Teil mal mit der G 10-Kommission befasst, die ja bei der Christian Flisek (SPD): Also, insofern würde strategischen Fernmeldeaufklärung, soweit sie ich - - Ich möchte mich nicht darüber streiten, dann eben im G-10-Gesetz geregelt ist, auch zu- wer sich sozusagen hier was ans Revers heften ständig ist, entsprechende Anordnungen zu tref- darf; aber ohne die Arbeit des Ausschusses wäre fen. Ich habe damals ein Stück weit den Eindruck es vermutlich nicht zu dieser BND-Reform ge- gehabt, dass in Reihen der G 10-Kommission der kommen. sehr dramatische technologisch bedingte Wech- sel von der klassischen früheren leitungsvermit- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe doch schon telten Kommunikation, so wie wir das noch aus mehrfach gesagt, dass ohne die Arbeit des Aus- Telefoniezeiten kannten, hin zur internetbasier- schusses vielleicht auch nicht jeder Selektor ein- ten, paketvermittelten Kommunikation nicht zeln betrachtet worden wäre. Und insofern kön- wirklich nachvollzogen wurde. nen wir aber feststellen, dass das Bundeskanzler- amt und die gesamte Bundesregierung die Arbeit Was sagen Sie jemandem, der jetzt mal unterstel- dieses Ausschusses dahin gehend so ernst ge- len würde, dass das vielleicht nicht nur in der nommen haben, dass wir noch vor Abschluss der G 10-Kommission der Fall ist, dass wir sozusagen Arbeiten bereits Schlussfolgerungen gezogen ha- in den 2010er-Jahren eine technische Entwick- ben. Wir haben über die Neubesetzung des BND lung hatten, die auch im Bundeskanzleramt nicht gesprochen. Und das sind ja Erneuerungen. Und nachvollzogen wurde, insofern als dass man viel- über die Veränderungen, die innerhalb auch der leicht sich nicht wirklich mal auseinandergesetzt Abläufe des BND stattfinden, werden Sie sicher- hat mit dem, was SIGINT in Zeiten von Internet- lich auch andere Zeugen befragt haben; damit kommunikation bedeutet? Würden Sie sagen: habe ich mich nicht im Detail befasst. Ich glaube, „Das ist ein unzutreffender Vorwurf“? jedenfalls sagen zu können, dass wir heute einen anderen Stand haben, als wir ihn vor drei oder Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich würde ganz allge- vier Jahren hatten. mein sagen, dass wir alle miteinander in der poli- tischen Rechtsetzung im Augenblick alle Hände Christian Flisek (SPD): Haben Sie denn zu dem voll zu tun haben - um es mal positiv zu bewer- Zeitpunkt, als Sie das gesagt haben, geglaubt, ten -, die jeweiligen technischen Entwicklungen dass es Defizite in der Aufsicht über die Geheim- sofort immer nachzuvollziehen. Das habe ich hier dienste gibt? im Übrigen auch in meinem Statement gesagt. In

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung diesem Sinne habe ich das dann ja auch, was habe sie auch nicht abgefragt auf ihre techni- sozusagen dann auch satirischen - oder wie man schen Fähigkeiten. Ich sage noch mal: Wir kön- das nennt -, ironischen Betrachtungen anheimge- nen nicht die Abteilung 6 zu einem zweiten BND stellt wurde, im Internet von „Neuland“ gespro- machen, sondern wir müssen dann schon auch chen, gerade auch angesichts immer neuer tech- auf die Mechanismen innerhalb des BND ver- nischer Entwicklungen, mit denen unser Rechts- trauen. rahmen nicht immer und schon gar nicht immer sofort so Schritt halten kann, wie wir es wün- Christian Flisek (SPD): Die Abteilung 6 - ich un- schen, sodass wir also tatsächlich Neuland betre- terstelle das mal - steht ja vor einer ähnlichen ten. Problematik wie die parlamentarische Kontrolle auch. Das ist ja auch einer der Hauptkritikpunkte Und hier gibt es auf vielen Ebenen Handlungs- gegenüber der Arbeit, ich sage mal, des PKGr in bedarf. Und ich glaube, da sind wir inzwischen der Öffentlichkeit, dass man sagt, das PKGr war auch den Möglichkeiten und den technischen in der Vergangenheit viel zu reaktiv: Wenn ir- Möglichkeiten näher. Das könnte ich aber auch gendwas hochploppte in der Öffentlichkeit, dann auf andere Teile, von E-Government bis zu ande- gab es eine Sitzung, man hat Fragen gestellt. Die ren Fragen, durchaus fortführen; also das ist jetzt Entwicklung hin zu einer proaktiven, strukturel- nicht nur eine reine Spezialität nur der nachrich- len Kontrolle der Dienste ist jetzt gestärkt worden tendienstlichen Arbeit. Deshalb geht es bei den im PKGr durch den ständigen Bevollmächtigten. Haushaltsmitteln, die bewilligt werden, auch Auf der anderen Seite aber auch die Frage: Was nicht nur um Personalverstärkung, sondern es tut sich im Kanzleramt, damit die Abteilung 6 geht auch um die Frage von technischer Ausstat- auch in der Lage ist, vielleicht nicht nur reaktiv tung. Und deshalb geht es auch bei der Frage un- im Sinne von Herrn Heiß - wir machen nur dann serer gesetzlichen Tätigkeit darum, dass unsere was, wenn es angefragt wird und wenn wir einen Sicherheitsbehörden insgesamt in der Lage sind, Anlass dazu haben - - sondern dass man stärker mit den technischen Möglichkeiten zum Beispiel proaktiv, strukturell diese Dienste auch kontrol- auch von Terroristen überhaupt mitzuhalten. Ein lieren kann? Weil das wäre effizient im Sinne Ih- täglicher politischer Streit. res Zitats anlässlich der Sommerpressekonferenz.

Christian Flisek (SPD): Das ist richtig. Und das Zeugin Dr. Angela Merkel: Erstens gehe ich da- betrifft zuvorderst die Sicherheitsbehörden. von aus, dass ich gute Mitarbeiter und auch auf der Höhe der Zeit befindliche Mitarbeiter in der Zeugin Dr. Angela Merkel: Auch die Polizei, ja. Abteilung 6 habe. Und zweitens gehe ich davon aus, dass der BND nicht eine Institution ist, die Christian Flisek (SPD): Hat sich denn ein wenig sozusagen ohne Kontrolle sich von morgens bis auch, ich sage mal, die Personalsituation in der abends vornimmt, sich nicht an Recht und Gesetz Abteilung 6 geändert? Hat man in der Abtei- zu halten. Da sind Dinge vorgefallen, die auf lung 6 Menschen jetzt beschäftigt, die vielleicht technische und institutionelle Defizite hinwei- nicht nur Juristen sind, sondern die Techniker sen, wie ich es ja schon gesagt habe, was ja auch sind, Informationstechnologie verstehen, die sich als starke Sprache empfunden wurde. Aber daran ein Bild machen können von SIGINT, damit sie ist ja jetzt auch gearbeitet worden. Es gibt eine eben auch auf technischer Augenhöhe mit den neue Führungspersönlichkeit für den BND. Aber Diensten kommunizieren können und, ich sage ich möchte auch nicht so einen Generalverdacht: mal, ein Stück weit nicht immer nur das glauben Wenn man die nicht von morgens bis abends - - müssen, was eventuell dort vorgelegt wird? sozusagen hinter jeden noch einen stellt, dann machen die nur was, was gegen Recht und Gesetz Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich gehe davon aus. ist. - Das glaube ich nicht. Und ich habe sogar ge- Ich habe jetzt die Berufsbilder der Mitarbeiter der hört, dass die rechtliche Klarstellung der Arbeit Abteilung 6 mir im Vorfeld nicht angeschaut, aus dem BND auch sehr gewünscht wurde. Und da habe ich keinen Zweifel daran, dass das so ist.

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Christian Flisek (SPD): Ich teile die letzte Ein- Susanne Mittag (SPD): Im Prinzip rückwirkend schätzung insoweit, aber möchte nur ergänzen: vom Frühjahr 15. Und die Hauptinformationen Also natürlich ist man auch beim BND nicht waren ja 13 bis Ende 13. So dazwischen. Das war sozusagen im systematischen Rechtsbruch unter- ja offensichtlich relativ wenig Information über wegs. Das würde ich auch so einschätzen. Man das, sagen wir mal, was hier im Ausschuss an ist jedoch - das haben wir auch gelernt in der Erkenntnisgewinn dazugekommen ist. Sind Sie Ausschussarbeit - sehr kreativ in der Auslegung denn in irgendeiner Weise zwischendurch über und Anwendung des deutschen Rechts. Also, die diese neueren Erkenntnisse, sagen wir mal, infor- Stichworte „Weltalltheorie“ oder „Weltraumtheo- miert worden? Denn da hätte man doch schon er- rie“ oder auch „Theorie des virtuellen Auslands“ kennen können, dass es vielleicht doch nicht so für den damaligen Zugriffspunkt in Frankfurt, die läuft, wie informell Ihnen angetragen worden ist. sind ja vielleicht auch aus der Presse bekannt. Also, der Erkenntnisgewinn hat ja enorm zuge- Also, wir haben schon auch gelernt, dass in Sa- nommen in den letzten drei Jahren; das muss chen Auslegung der bestehenden Rechtslage im man ja schon sagen. BND eine hohe Kreativität an den Tag gelegt wird, die im Übrigen auch vom Kanzleramt mit Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, der Ausschuss Rückendeckung dann geteilt wurde und wo man wurde eingesetzt im Frühjahr - März, oder was - schon schauen muss, dass das nicht allzu oft al- 2014. Bis dahin hatte ich ja dann verschiedenste leine läuft ohne stärkere Beobachtung. Informationen, insbesondere dann, nachdem wir ja sozusagen die Sache mit dem Abkommen - - Die Kollegin Mittag macht an dieser Stelle mal 7. August - - Dann wurde weiter verhandelt. weiter. Dann kam im Oktober die Sache mit dem Handy. Dann hatten wir das. Dann kamen der 14. Januar Susanne Mittag (SPD): Ich habe eigentlich nur und der 15. Januar, wo ich wieder über den noch eine ergänzende Frage. - Sie haben sich ja Stand der Verhandlungen informiert wurde. nun auf Informationen verlassen, die zugetragen Dann kam die Regierungserklärung. Dann kam wurden, nicht? der Besuch bei Obama, wo wir die Sache mit dem No-Spy-Abkommen als im Augenblick nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist mein Schick- erfolgversprechend eingestuft hatten, am sal. 30. April. Dann vergingen nur wenige Monate. Dann war der 3. Juli, an dem mich der Chef des Susanne Mittag (SPD): Das ist Ihr Schicksal. Und Kanzleramtes - - Also ein Vierteljahr, nachdem dann können Sie nur hoffen und beten, dass Sie Sie Ihre Arbeit begonnen hatten, hat mich der auch alle Informationen kriegen. Ist es denn mal Chef des Kanzleramtes informiert, dass der zwischendurch aufgefallen, dass ja eine riesige Spion - Markus R. oder wie Sie den immer nen- Informationslücke eigentlich da gewesen ist von nen - über einem Jahr - also, der Untersuchungsaus- schuss läuft, es gibt viele Presseberichterstat- Susanne Mittag (SPD): Der Spion, ja. tungen - und dass Ihnen offensichtlich ja relativ wenig Informationen in diesem Rahmen zugetra- Zeugin Dr. Angela Merkel: - aufgedeckt wurde. gen werden? Ich weiß, Sie haben ganz viel zu Dann hatte man damit zu tun. Dann gab es eine tun; das mag auch sein. Aber das ist ja ein relativ Lücke - in der Tat - vom 13. Juli 2014 bis März außergewöhnlicher, sagen wir mal, Vorfall, der 2015 Da wurde ich dann darüber informiert, dass sich über die ganze Zeit - wir haben unseren Un- tersuchungsausschuss ja jetzt schon drei Jahre - -

Zeugin Dr. Angela Merkel: Welchen Zeitraum meinen Sie jetzt genau?

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 94 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Nur zur dienstlichen Verwendung die BND-Selektoren3 waren. Dann haben wir Richtlinienkompetenz irgendwie Gebrauch zu dazu Erklärungen abgegeben. Dann wurde Herr machen. Da möchte ich Sie fragen: Wie finden Graulich eingesetzt; der hat dann im Oktober Sie es denn, wie bewerten Sie es denn, wenn seinen Bericht gemacht. Kurz davor habe ich eines Ihrer Ministerien über zwei Jahre hinweg dann gehört, dass der BND eigene Selektoren nicht imstande ist, zu sagen, ob Herr Snowden gesteuert hat. Also, ich hatte nicht den Eindruck, ausgeliefert werden würde an die Vereinigten dass ich irgendwie langzeitmäßig mit den ganzen Staaten oder nicht? Dingen nichts zu tun hatte. Plus der Dinge, die man natürlich auch in der Zeitung gelesen hat. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu meldet sich Herr Wolff. (Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ganz viele MR Philipp Wolff (BK): Also, wir bewegen uns technische Defizite!) wirklich gänzlich außerhalb des Untersuchungs- gegenstandes, Herr Hahn. Sie können die Frage ja Susanne Mittag (SPD): So gesehen im Nachgang - gerne stellen; aber ich weise jedes Mal darauf Sie haben sich ja noch mal informiert und jede hin - - Menge Informationen noch dazubekommen -: Fühlen Sie sich auch im Nachgang ausreichend Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das machen über den Zeitraum informiert? wir dann in einer Beratungssitzung würde ich vorschlagen. - Herr Kollege Hahn. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Ich habe ja gesagt: Alle wichtigen Dinge, die wir hier diskutieren, Dr. André Hahn (DIE LINKE): Nein, ist ja keine sind auch in meinem Informationsstrang vorge- Beratungssitzung. Ich habe die Kanzlerin gefragt, kommen. Es gibt über die eine Frage, die ich als wie sie diesen - - Ermessensentscheidung beziffere oder bezeich- ne - nämlich über die Frage: Pofalla, Oktober Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich möchte - da ich 2013 -, die Anfrage: War das Ermessen richtig schon sehr generös war in den Antworten auf oder falsch? - Ich habe gesagt, dass ich das für im den Sachverhalt, der gar kein Untersuchungs- Rahmen des Ermessens halte. Und ansonsten bin gegenstand ist - meinen bisher getroffenen Aus- ich über alle wichtigen Punkte informiert wor- führungen nichts hinzusetzen. den. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Er behindert aber Susanne Mittag (SPD): Danke. unsere Arbeit erheblich.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herzli- (Zurufe von Abgeordneten chen Dank. - Wir kommen zur nächsten Frage- der CDU/CSU-Fraktion) runde. In dieser Fragerunde beginnt auch wieder die Fraktion Die Linke. Und Herr Kollege Hahn Zeugin Dr. Angela Merkel: Wie bitte? beginnt. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Er behindert aber Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, vielen Dank, unsere Arbeit erheblich. Ich weiß, dass das unbe- Herr Vorsitzender. - Ich möchte noch mal mit ei- quem ist, aber Sie sitzen - ner Sache fortsetzen, wo ich Sie vorhin zuletzt nach gefragt habe, was Herrn Snowden angeht. Sie haben gesagt, Sie sehen - wenn ich Sie richtig verstanden habe - keine Veranlassung, von Ihrer

3 Änderung der Zeugin: ändern von: „…dass die BND-Selektoren waren.“ in „dass es die NSA- Selektoren waren.“

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich bin doch ganz Das möchte ich tun. Und deshalb ist für mich je- entspannt. Sie können mich das auch weiter fra- mand, der die Dienst- und Fachaufsicht ausübt gen. und in der Abteilung 6 dies tut, nicht per se ver- dächtiger als jemand, der aus der Abteilung 2 Dr. André Hahn (DIE LINKE): - als Regierungs- vielleicht in die Abteilung 6 wechselt oder der chefin hier und sagen: Ich sage dazu nichts. - Uns aus dem Innenministerium kommt. bewegt das und die Öffentlichkeit auch. Und wir haben immer wieder den Sachverhalt, Zeugin Dr. Angela Merkel: Schauen Sie, wir wol- über den man sehr lange sprechen kann: Kann len doch friedlich miteinander umgehen. Obwohl man besser etwas überwachen, wenn man von es nicht zum Untersuchungsgegenstand gehört, der Sache schon mal Ahnung hat? Oder kann habe ich mit Herrn Ströbele heute schon ausführ- man etwas besonders gut überwachen, wenn man lich über Herrn Snowden gesprochen, habe ich davon überhaupt noch nie was von gehört hat? - mit Ihnen ausführlich über Herrn Snowden ge- Und wechselseitig kann man jedes Mal das zum sprochen: Wenn Sie nun aber immer wieder die Vorwurf machen und sagen: „Pass mal auf, da gleiche Frage stellen, ob ich nicht endlich von kontrollieren die, die früher da waren, sich meiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen selbst“, oder ich sage: „Da holt ihr lauter Leute möchte und ob dies und jenes, dann sage ich ein- rein, die haben doch von Tuten und Blasen keine fach, dass ich mich dazu geäußert habe, dass ich Ahnung.“ Und da geht es darum, nach meiner davon nicht Gebrauch machen möchte und dass Auffassung, auch in allen Bereichen der Verwal- das doch eine Antwort für Sie ist. Und jetzt kön- tung, die ich zu verantworten hatte, dass man die nen Sie sagen - - Jetzt können Sie auch wirklich richtige Mischung findet. Wenn keiner mehr Ah- darüber Ihr Unverständnis äußern. Ich wollte nung hat von dem, was er regeln soll, dann wird doch nur sagen, dass ich dazu jetzt mehr nicht die Regelung auch nicht besonders toll. sage. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Also, wenn keiner Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann haben Sie Ahnung hat - - Da haben Sie sicherlich Recht, eben auf eine Frage von Herrn Flisek gesagt: „Wir dass man das auch durchaus überlegen kann in können die Abteilung 6 nicht zu einem zweiten dem einen oder anderen Fall. Wenn ich es richtig BND machen“, wenn ich mir das richtig mitge- sehe, sind ja fast alle Mitarbeiter, die dort tätig schrieben habe. Da will ich Sie mal fragen: Ist sie sind, vorher beim BND gewesen. Es wechseln das nicht in gewisser Weise schon, wenn man auch wieder welche zurück vom Kanzleramt in sich die Zusammensetzung der Mitarbeiter an- den BND. Und das ist unser Problem. Es geht ja sieht? nicht um Verdächtigung. Es sind ja genug Fehler gemacht worden beim BND, wie wir wissen. Und Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ich war auch da ist die Frage: Ist im Kanzleramt die Bereit- schon mal Frauen- und Jugendministerin. schaft da, diese Fehler auch aufzudecken und entsprechend zu korrigieren? Wenn man sich un- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, aber Sie waren tereinander gut kennt, wenn man befreundet ist, nicht beim BND. Ich meine, wenn ich das richtig wenn man zusammen ausgeht - das sind alles Sa- sehe - - zumindest weiß ich das nicht, aber - - chen, die ja inzwischen auch nicht mehr bestrit- ten werden -, da ist für mich die Frage: Kann man Zeugin Dr. Angela Merkel: Da kommt schon wie- dann eine wirksame Kontrolle machen, wenn es der - - Wissen Sie, ich glaube, wir werden nur ei- Freundschaften, Verzwickungen, Verwicklungen nen guten Nachrichtendienst haben, wenn wir gibt zwischen Kanzleramt und BND? die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort, die wahrlich keine einfache Tätigkeit ausüben, ge- Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, dass Arbeitskol- nauso mit Respekt behandeln bis zum Beweis da- legen befreundet miteinander sind und manch- von, dass etwas nicht richtig gelaufen ist, wie je- mal miteinander ausgehen, das ist nicht nur beim den anderen Mitarbeiter im öffentlichen Dienst. BND und der Abteilung 6 so.

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und dann glauben Graulich-Entscheidung zum Beispiel haben wir Sie, es ist eine wirkungsvolle Kontrolle in diesem haben wir im Kabinett gefällt. Über Weiteres sensiblen Bereich nicht gefährdet? möchte ich nicht in der Frage reden.

Zeugin Dr. Angela Merkel: An anderer Stelle Dr. André Hahn (DIE LINKE): Gut, dann nehmen nennt man das eine gute kollektive Atmosphäre. wir nicht das Kabinett. Gab es andere Runden, die zusammen - - Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und die Kontrolle wird dadurch nicht beeinträchtigt? Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Das wird ja immer arkaniger. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, dass ein Beamter - - Die Beamten sind auf bestimmte Prin- (Heiterkeit) zipien verpflichtet. Und ich gehe davon aus - und habe allen Grund aus meiner gesamten politi- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Wie wird es? Hah- schen Erfahrung dazu, im Regelfall auch davon niger? Oder was haben Sie gesagt? auszugehen -, dass man sich an diese Prinzipien hält. (Heiterkeit)

Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ist denn eigentlich Zeugin Dr. Angela Merkel: Man könnte auch das Kabinett mal mit der Frage der BND-eigenen „haariger“ sagen. „Hahniger“ habe ich nicht ge- Steuerung oder der Selektoren befasst worden? sagt. Ich weiß nicht, ich kenne die Abläufe nicht. Des- halb frage ich Sie das. Gibt es da eine Unterrich- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Worauf ich hinaus tung des Kabinetts? Trägt dort der Chef Bundes- will, ist Folgendes, Frau Bundeskanzlerin: Wenn kanzleramt vor oder auch der BND-Präsident, die Information kommt durch den Chef Bundes- wenn ein solch sensibles Thema in der Öffent- kanzleramt: „Der BND steuert Staats-, Regie- lichkeit ist und Sie, wie Sie das ja gesagt haben, rungschefs, Botschaften, europäische Institutio- im März 2015 davon erfahren? Wie werden die nen, internationale Organisationen, NGOs, alles Minister, wie wird die Regierung darüber unter- Mögliche noch darüber hinaus“, da werden doch richtet? alle Mitglieder der Regierung auf so etwas auch angesprochen, öffentlich. Ich möchte jetzt wis- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Wolff sen, ob nicht naheliegend wäre, dass man dann hat dazu auch eine Wortmeldung. sagt: Wir informieren jetzt mal - damit man sprechfähig ist -: Wer ist denn eigentlich auf die- MR Philipp Wolff (BK): Ich weise Sie nur darauf ser Liste, wer wird denn da abgehört? - Weil ich hin, dass die Kabinettsbefassungen in concreto mir vorstellen kann: Sie fahren ins Ausland, Sie zum Kernbereich der Exekutive gehören und des- treffen andere Regierungschefs oder Staatschefs, wegen insofern auch keine Aussage getätigt wer- die möglicherweise auf der Liste sind oder glau- den kann. ben, dass sie drauf sind und vielleicht auch nicht sind. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ich habe im Mo- überhaupt nicht zur Sprache kommt. Das heißt, ment gefragt, ob das Kabinett damit befasst war. konkrete Frage: Mussten Sie nicht sich informie- Das ist doch nur - - ren und vielleicht auch andere Minister informie- ren, wer tatsächlich auf den Listen des BND MR Philipp Wolff (BK): Doch. Genau das haben stand und zeitweise oder über längere Zeit über- Sie gefragt. wacht worden ist?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, wenn die Kabi- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. nettsentscheidungen in die Exekutive fallen - - Ich habe aber schon einen Hinweis gegeben, die

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Dr. André Hahn (DIE LINKE): Es hat Sie auch gibt es keine Fragen derzeit. - Dann kommen wir überhaupt nicht interessiert? zur Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kol- lege Ströbele. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Hat der Außen- NEN): Ja, tut mir leid, aber ich muss doch noch minister, der ja nun noch mehr im Land rum- mal bei Snowden nachhaken. kommt und dann kurz danach Frankreich be- sucht hat, wenn ich das richtig im Kopf habe, wo Zeugin Dr. Angela Merkel: Das braucht Ihnen das in den Medien stand, dass auch Frankreich doch nicht leidzutun. und möglicherweise nicht nur der Außenminis- ter, sondern noch darüber hinaus - - Auch da gibt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- es nach Ihrer Kenntnis keine Absprache, bevor NEN): Ich will Ihnen auch sagen, warum ich die der dort nach Frankreich fährt: Ist denn Frank- Frage stelle noch mal. Die Frage ist doch für mich reich auch betroffen von diesen Überwachungs- und wahrscheinlich viele andere auch: Können maßnahmen? Stimmt das, was in der Zeitung wir noch hoffen, dass Herr Snowden hierher steht? kommt, oder können wir das Kapitel schließen? Oder müssen wir letztlich die Entscheidung der Zeugin Dr. Angela Merkel: Dazu kann ich nichts Gerichte abwarten? Deshalb meine klare Frage an sagen. Ich kann nur das sagen, was ich eben zu Sie: Sind Sie als Bundeskanzlerin nun dafür und mir und zu meinem Verhalten gesagt habe; aber bereit, Herrn Snowden nach Deutschland zu ho- ich gehe davon aus, dass es nicht anders ist. len zur Aussage hier und aus den anderen Grün- den, damit er nicht in Moskau weiter im Exil Dr. André Hahn (DIE LINKE): Und Sie wollten bleiben muss, ja oder nein? Können Sie das be- nicht wissen, wen der BND ausgeforscht hat von antworten? Ihren Gesprächspartnern möglicherweise? Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich finde, dass ich zu Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich wollte nur sicher- dem Komplex - über den eigentlichen Gegen- stellen, dass es aufhört. stand des Untersuchungsausschusses hinaus - er- schöpfend mich geäußert habe. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann würde ich gerne noch mal zu dem Thema „geheimer Krieg, Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Drohnenkrieg“ kommen. NEN): Dann stelle ich die Frage, wenn Sie es für jetzt nicht beantworten wollen: Wie war das Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wäre denn in den Jahren 2013, 2014, 2015, als Sie dann die letzte Frage. dann auch von den Selektoren - NSA-Selektoren und BND-Selektoren - gehört haben, wo man ja Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja. Die ist aber ein auch die Schlussfolgerung ziehen konnte: bisschen lang. „Stimmt ja alles, was der gesagt hat“, und: „Das wüssten wir alles nicht, wir wüssten nicht, was Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, das be- unsere Dienste, also was unser Bundesnachrich- fürchte ich, weil in zwei Sekunden die Zeit näm- tendienst treibt, was die NSA treibt hier, wenn es lich um ist. Und das ist jetzt der Fall. Dann Snowden, diese Papiere nicht gegeben hätte“? würde ich es in der nächsten Runde machen. Haben Sie in dieser Zeit jemals gedacht oder viel- leicht sich sogar dafür eingesetzt, dass Snowden Dr. André Hahn (DIE LINKE): Dann mache ich es hierher kommen kann aus den beiden Gründen, in der nächsten Runde. die ich genannt habe?

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Genau. - Wir kommen jetzt zur Fraktion der CDU/CSU. Dort

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich bleibe da- und will Ihnen da noch mal aus der Erklärung bei: Es sind Angebote gemacht worden seitens von Herrn Pofalla was vorhalten mit einer an- des Untersuchungsausschusses - - schließenden Frage. Also, das habe ich ja vorhin schon mehrfach gefragt - - „NSA hat uns schrift- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- lich versichert, dass sie Gesetz und Recht in NEN): Nein. Hierher kommen. Deutschland einhält.“ Da geht es dann nachher weiter, einige weitere Passagen. Ganz am Ende Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage doch: Für dieses Absatzes steht dann: mich waren die Angebote, die gemacht wurden vonseiten der Mehrheit des Untersuchungs- Das haben wir jetzt nicht nur ausschusses, solche, von denen man hätte Nut- mündlich, sondern auch noch ein- zen ziehen können. mal schriftlich bestätigt bekom- men. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Der Ausschuss hat nie vorgeschla- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ist das jetzt gen, dass er hierher kommen kann. wieder diese Bundespressemeldung?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Das weiß ich. Ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- habe aber doch gesagt, dass die Mehrheit des NEN): Das ist die Bundesregierung mit Adler, Ausschusses andere Vorschläge gemacht hat, - Montag, den 12. August 2013.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke. NEN): Ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: - die Sie verworfen NEN): Mitschrift der Pressekonferenz, nicht von haben. Das ist ja Ihr Recht. mir, sondern von der Bundesregierung. - Reicht Ihnen das? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Nein. Snowden hat gesagt, er kann und Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Da vertraue will das nicht. ich erst mal, dass es stimmt; aber ich hätte es auch gerne gesehen, deswegen - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie haben mir erklärt, warum Herr Snowden Ihrer Meinung nach das Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht konnte. Diese Argumente leuchten mir NEN): Zweifeln Sie das an? Dass ich das gefälscht nicht ein. Und deshalb bin ich sozusagen auf der habe? Linie derer, die vorgeschlagen haben, dass man anderweitig versucht, Herrn Snowden zu befra- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein. - Herr gen. Kollege Ströbele, das Dokument möchte ich halt auch vor mir liegen haben. Deswegen frage ich Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nach der Materialnummer oder dem Datum. NEN): Also ich fasse zusammen: Sie wollen ihn da hängen lassen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Steht keine Seitenzahl drauf. Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist Ihre Bewer- tung, an der kann ich Sie nicht hindern. Teile ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, wir natürlich nicht. hatten es doch eben auch schon. Wir finden es.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Gut. - Dann komme ich noch mal zu dem NEN): Jetzt geht das dann hinten weiter - da Thema, was wir auch schon ausführlich hatten,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung kommt dann meine Frage -, auf der dritten Seite habe ich auch gedacht: Na ja, muss man mal gu- geht das weiter: cken, aber hört sich ja erst mal ganz gut an. - Können Sie das nachvollziehen? Und können Sie Deshalb glaube ich, dann nicht nachvollziehen, dass man dann den Verdacht hat - weil Herr Pofalla hat das ja nicht - Pofalla - alles zufällig gemacht, weil er nachts so was ge- träumt hat, sondern ganz bewusst da hingesetzt -, dass wir hier übrigens bei der Zu- dass das irgendwie was mit Wahlkampf zu tun sammenarbeit der Dienste die ein- hat? malige Chance haben, einen Stan- dard zu setzen, der mindestens Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage noch mal: unter den westlichen Diensten stilbildend sein könnte für die zu- Herr Pofalla kam aus einer Sitzung des PKGr, wo künftige Arbeit. ja die Dinge auch sicherlich von ihm genau so dargestellt wurden. Also, für die ganzen westlichen Dienste eine ganz tolle Geschichte. - Und dann sagt er zum Ab- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schluss: NEN): Das darf ich nicht sagen.

Deshalb fasse ich zusammen: Zeugin Dr. Angela Merkel: Es gab - - Er hat, Recht und Gesetz werden in wenn ich das richtig eben von Ihnen vernommen Deutschland nach Angaben der habe, von einer Chance gesprochen. Ich finde, NSA und des britischen Nachrich- das ist durch meine Vorlage, die ich erhalten tendienstes eingehalten. Die habe, vom 7. August gedeckt. Wir sind dann jetzt Grundrechte unserer Bürgerinnen in der Tiefe der Dinge von dem Dokument mit und Bürger in Deutschland wer- Joint Operations und Einhaltung des Rechts und den gewahrt. Selbstverständlich handeln auch unsere Nachrichten- dem, was ich am 7. August gesehen habe, dass dienste nach Recht und Gesetz. man auch bereit ist, deutsches Recht insgesamt einzuhalten. Also, ich halte das für vertretbar, Frau Merkel, wenn Sie sich jetzt mal vorstellen, und ich sage noch mal: Unser Vorgehen wäre ge- Sie wären normale Bürgerin, also Sie sind viel- nauso gewesen, wenn kein Wahlkampf gewesen leicht Journalistin in Stralsund und Bürgerin in wäre. Stralsund und nehmen hier an diesem ganzen Betrieb nicht teil, haben sich aber darüber aber Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- empört und vielleicht auch an die Kanzlerin da- NEN): Ach so. mals getwittert oder eine SMS geschrieben, dass Sie das alles ganz schlimm finden, was da jetzt Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie insinuieren da durch die Enthüllungen Snowdens bekannt ge- immer, das hat man alles wegen des Wahlkampfs worden ist, als Journalist - und schreiben das gemacht. Und das bestreite ich, - dann so, wie ich es jetzt vorgelesen habe - und dann als Bürgerin - und lesen das. Müssen Sie Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht dann zu dem Schluss kommen: „Dann ist ja NEN): Ja. alles paletti, wir sind ja jetzt auf dem Weg sogar beispielhaft für die westlichen Dienste was zu Zeugin Dr. Angela Merkel: - und zwar entschie- leisten. Also können wir die Sache abschließen, den. und ich kann in Ruhe CDU wählen“? Ist das nicht ein naheliegender Schluss dann, dass man Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- vielleicht versucht hat - - hier zu erreichen, in- NEN): Dass man so unwahre Geschichten in die dem man falsche Tatsachen mit der Autorität des Welt setzt - - Und jetzt komme ich an den An- Chefs des Kanzleramtes in die Welt setzt? Und hang. Aber bitte, ich will Sie nicht - - ich muss sagen, als ich das damals gehört habe,

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Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich wollte nur sagen, Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich habe Ihnen dass die Bewertung auch dessen, was ich am ja vorgelegt oder vorgelesen, dass am 15.Januar 7. August gelesen habe, von einer Chance für ein der Staatssekretär Fritsche mit Frau Monaco tele- einmaliges Abkommen zu sprechen - - foniert hat.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Hier stehen Tatsachen: „Hat uns schrift- NEN): Nicht Fritsche. Altmaier. lich versichert“. Zeugin Dr. Angela Merkel: Warten Sie doch mal Zeugin Dr. Angela Merkel: Zu dem zweiten Teil ab! Entschuldigung, darf ich jetzt auch noch hatte ich dann ja eben auch schon Stellung ge- mal. - Gut. Dann sage ich nur meine Schlussfol- nommen; das brauche ich nicht noch mal zu wie- gerung aus der Sache heraus. Sie wollten doch derholen. mich fragen, ob ich nicht hätte was sagen sollen.

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Jetzt kommt die nächste Anschluss- NEN): Ich habe Ihnen aber Altmaier vorgehalten frage daran: Seit Januar 2014, also ein knappes und nicht Frische. halbes Jahr später - das hat uns auch Herr Alt- maier hier bestätigt -, wussten die Bundesregie- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege, rung und das Kanzleramt, nämlich in Person von lassen Sie die Kanzlerin doch mal umfassend Herrn Altmaier, dass genau das Gegenteil der Fall antworten. war: dass die US-Administration, das Weiße Haus mitgeteilt hat, ihm auch mitgeteilt hat - das Zeugin Dr. Angela Merkel: Was hat Herr Alt- gab es sogar schriftlich -, dass sie zu einem No- maier gesagt? Spy-Abkommen - - überhaupt nur darüber reden wollen, wenn diese Klausel „Wir halten uns an Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Gesetz und Recht in Deutschland“ nicht drin- NEN): Herr Altmaier hat hier erklärt, seit Januar steht. Also, das Gegenteil war richtig. Hätten Sie 2104 hätte er gewusst, dass dieses Abkommen da nicht - Sie jetzt auch als Person, die da enga- scheitert, weil die Amerikaner genau diese Klau- giert war, und Bundesregierung und Chefin des sel nicht drinhaben wollen. Kanzleramtes - sagen müssen: „Da haben wir lei- der vor einem halben Jahr was Falsches erzählt. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu Herr Jetzt haben wir von den USA gehört, das stimmt Wolff, der in der Sitzung da war. gar nicht. Daran scheitert jetzt unser tolles No- Spy-Abkommen oder unser Abkommen, weil die Zeugin Dr. Angela Merkel: Und ich habe im Ja- Amerikaner jetzt noch mal Tacheles geredet ha- nuar - - ben. Wir haben damals leider zu Unrecht be- hauptet, dass wir es von ihnen schriftlich hätten, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Frau Bundes- sonst hätten wir es ihnen ja jetzt vorhalten kön- kanzlerin. - Herr Wolff. nen“? MR Philipp Wolff (BK): Der Vorhalt ist einfach Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das müsste falsch, dann würde ich bitte - - dann die letzte Frage sein. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Was? NEN): Kommt Ihnen da nicht bei so einer Ge- schichte mal irgendwie - - dass das irgendwie MR Philipp Wolff (BK): Die Protokollstelle. Das nicht mit rechten Dingen zugeht und beanstan- hat er so nicht erklärt. Ich war in der Sitzung denswert ist? Was das okay auch anwesend. Genau so hat er es nicht erklärt

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Nein, jetzt NEN): Doch. bei elf Minuten nicht mehr. Da sind wir schon deutlich über den zugesagten acht Minuten. - Zeugin Dr. Angela Merkel: Das kann ich mir Und wir kommen jetzt zur Fraktion der SPD. Und auch schwerlich vorstellen. es stellt die Fragen Herr Kollege Flisek.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Besorgen Sie Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- doch die Fundstelle. Dann machen wir das so. der. - Frau Bundeskanzlerin, ich würde Sie gerne Dann können wir es als Vorhalt machen aus dem mal fragen: Aus Ihrer jetzigen Kenntnislage Protokoll. heraus, wäre es verantwortungsvoll, in der jetzi- gen Situation mit befreundeten Staaten - nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir brauchen uns nur mit den USA - ein Abkommen dergestalt zu jetzt da doch auch mit Herrn Altmaier gar nicht schließen, dass man wirklich sich verpflichtet aufzuhalten. Die Frage geht an mich. Und ich auch vonseiten der Bundesregierung - nicht von- habe, Herr Ströbele, am 29. Januar in meiner Re- seiten der Bundesregierung, aber vonseiten der gierungserklärung gesagt, zu Beginn der Legisla- deutschen Dienste -, keine aktive Spionage um- turperiode der Großen Koalition: fänglich mehr durchzuführen?

Die Vorstellungen sind heute weit Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Mit bestimmten auseinander. Viele sagen, die Ver- Partnern, ja. suche für eine solche Vereinba- rung seien von vornherein zum Christian Flisek (SPD): Das bedeutet also - - Scheitern verurteilt, ein unrealisti- sches Unterfangen. Mag sein. Mit Sicherheit wird das Problem nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn man Vertrauen schon durch eine Reise von mir hat und Hinweise hat, dass irgendwas nicht läuft, gelöst und abgeschlossen sein. dann kann man es ja mit dem Partner bespre- chen, und dann kann der das ja mit seinen In- Ich führe - und das mit allem landsdiensten aufklären. Nachdruck - diese Gespräche mit der Kraft unserer Argumente, nicht mehr und nicht weniger. Christian Flisek (SPD): Und das bedeutet am Aber ich glaube, wir haben davon Ende aller Tage aber auch in der Konsequenz: mit gute. dieser Tragweite und diesem Umfang.

Das war meine Einschätzung zum damaligen Zeugin Dr. Angela Merkel: Was heißt „mit dieser Zeitpunkt. Die Positionen liegen oder die Vorstel- Tragweite und in diesem Umfang“? lungen sind weit auseinander. Ich habe also voll- kommen klargemacht, - Christian Flisek (SPD): Na ja, mit dem Umfang - lassen Sie mich mal gerade vielleicht auch, Frau Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bundeskanzlerin, die Frage versuchen zu Ende NEN): Ja, sehr gut. zu formulieren -, -

Zeugin Dr. Angela Merkel: - wie das ist, und Zeugin Dr. Angela Merkel: Entschuldigung. habe da nichts hinterm Berg gehalten. Christian Flisek (SPD): - wenn man sagt: „Ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Und nach elf will diese Reichweite“, dass wirklich umfassend Minuten, Herr Kollege, müssten wir jetzt wieder keine nachrichtendienstliche Tätigkeit gegensei- zur nächsten Fraktion kommen. tig mehr ausgeübt wird. Das würde sich ja zum Beispiel eben auch auf Botschaften dieser Länder Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- beziehen - in welchen Ländern auch immer. NEN): Darf ich den einen Satz noch? Also, konkret: Nehmen wir mal an, wir würden

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Nur zur dienstlichen Verwendung morgen mit Frankreich ein solches Abkommen Zeugin Dr. Angela Merkel: Mit Herrn Heusgen verhandeln, die Franzosen wären bereit, darüber nicht, nein. zu reden - alles jetzt mal im Konjunktiv -, würde die deutsche Regierung wirklich sagen: „Wir Christian Flisek (SPD): Obwohl er derjenige ist, würden, zum Beispiel mit einem sehr engen Ver- der sozusagen ja eher der Koordinator - ich nenne bündeten wie Frankreich, darauf verzichten, in das jetzt mal so untechnisch; ich will da jetzt Zukunft französische Botschaften in durchaus nicht festgenagelt werden - - der das transatlanti- problematischen Ländern, in Afrika, zu über- sche Verhältnis ja koordiniert. wachen, die Kommunikation, mit dem Ziel, auch Informationen über diese Länder zu bekommen, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, der dann eben weil das wäre ja die Reichweite“? auch mal sagt: Das und das wird gerade disku- tiert zwischen den Fachleuten. Kann man das Zeugin Dr. Angela Merkel: Ein solches Abkom- und das beschleunigen, oder - - Das kann schon men basiert doch dann auf dem Verständnis, dass alles sein. Aber der eigentliche Inhalt eines sol- die andere Seite, wenn es problematische Dinge chen Abkommens liegt nicht in der Zuständigkeit gibt, die auch als problematisch einschätzt und von Herrn Heusgen. dann auch bereit ist, die abzustellen. Also, man müsste - natürlich jetzt wieder hypothetisch - mit Christian Flisek (SPD): Und wann ist Ihnen dann Frankreich besprechen, dass, wenn wir feststel- klar geworden: „Das wird nix“? len, dass eine terroristische Aktivität in irgend- einem Land, einer französischen Botschaft statt- Zeugin Dr. Angela Merkel: Zwischen - genauer findet, Frankreich selber ein Interesse daran gesprochen - meiner Regierungserklärung am hätte, einem solchen Hinweis nachzugehen. Das 29. Januar und dem 30. April. Eher hin zum finde ich nicht so schwierig. 30. April, als wir dann gesagt haben vor meiner Reise nach Washington, dass es jetzt nicht sinn- Christian Flisek (SPD): Wir haben halt hier ge- voll ist, das im Augenblick weiter zu verfolgen. lernt, dass es eben ein hohes Interesse gibt, durchaus Botschaften befreundeter Staaten in Christian Flisek (SPD): Woran lag das, dass das solchen Ländern ins Visier zu nehmen. Und ich dann eher im April auftauchte? Lag das daran, unterstelle mal, das passiert nicht ohne Grund. dass das Thema bei Ihnen sozusagen nicht Und der Verzicht darauf hätte natürlich schon wöchentlich auf dem Tisch lag? eine Tragweite. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kriegte nicht Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja klar. - Aber wir wöchentlich Vorlagen. Aber dann war es klar, sprechen jetzt ja auch hypothetisch über die dass vor meiner USA-Reise auch kein Fortschritt Möglichkeit, ob man solche Abkommen abschlie- gegenüber Januar erzielt wurde. ßen kann. Und das würde ja dann nicht bedeu- ten, dass man einfach wegguckt und nichts mehr Christian Flisek (SPD): Also, die USA-Reise war macht, sondern dass man mit dem anderen über- quasi der Anlass, - einstimmt, dass der dann was macht. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, klar. Noch mal zu Christian Flisek (SPD): Mhm. - Haben Sie eigent- fragen - - lich über das Abkommen selber irgendwann mal mit Herrn Heusgen gesprochen? Christian Flisek (SPD): - dieses Thema mal in Form eines Briefings aufzuarbeiten: Was steht Zeugin Dr. Angela Merkel: Über das, was man jetzt damit? No-Spy-Abkommen nennt? Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Christian Flisek (SPD): Ja, genau. Und das Agree- ment, wenn ich es - -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 103 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Christian Flisek (SPD): Und dazwischen ist auch Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. nicht recht viel mehr dann passiert. Okay. - Ich würde Sie ganz gerne mal fragen: Herr Staats- Christian Flisek (SPD): - und es ist nicht Thema sekretär Fritsche hat hier gesagt, dass er sich an gewesen? ein Gespräch mit Ihnen erinnern kann, wo es um die BND-Selektoren gegangen ist. Er hat gesagt, er Zeugin Dr. Angela Merkel: Und dem PKGr, ja. sprach sonst immer mit dem jeweiligen Chef-BK; aber einmal hat er mit Ihnen ein Gespräch ge- Christian Flisek (SPD): Gut, also Sie haben sich führt, vermutlich so im Juni 2015, zum Thema aktiv nicht mit diesen Ergebnissen des Graulich- BND-Selektoren. Haben Sie daran Erinnerungen? Berichts beschäftigt?

Zeugin Dr. Angela Merkel: NSA-Selektoren? Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein.

Christian Flisek (SPD): BND-Selektoren. Christian Flisek (SPD): Ich habe eigentlich eine letzte Frage, weil wir unterhalten uns hier natür- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, BND, aber - - lich sehr viel über das Thema „NSA und USA“. Wir haben aber natürlich den Auftrag, uns um Christian Flisek (SPD): BND ja. die Five Eyes insgesamt zu kümmern, also auch beispielsweise eben um Großbritannien. Jetzt ha- Zeugin Dr. Angela Merkel: Von den BND- ben Sie gerade so - - Aufgrund Ihrer Mimik: Ist Selektoren beim BND habe ich überhaupt erst im der Begriff „Five Eyes“ geläufig? Oktober 2015 erfahren. Er kann dabei gewesen sein, als es mal zum Beispiel um einen unabhän- Zeugin Dr. Angela Merkel: Natürlich ist mir der gigen Sachverständigen ging, aber - - Das schließe Begriff „Five Eyes“ aus den Zeitungen geläufig. ich nicht aus. Da ist ja viel drüber gesprochen worden.

Christian Flisek (SPD): Haben Sie damals - - Christian Flisek (SPD): Haben Sie in Ihren Kon- takten mit Großbritannien - - Ist das jemals ein Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber jetzt kommen Thema gewesen? Ist der Versuch unternommen wir schon wieder an den Arkanbereich, wie wir worden, mit Großbritannien über ein solches unsere Meinungsbildung machen. Thema aktiv zu sprechen?

Christian Flisek (SPD): Gut. - Aber das war der Zeugin Dr. Angela Merkel: Über welches Thema Kontext mit der Benennung der unabhängigen jetzt? Vertrauensperson, der sachverständigen Vertrau- ensperson? Christian Flisek (SPD): Über das Thema, das uns hier beschäftigt, was untersuchungsgegenständ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Das könnte sein, ja. lich ist.

Christian Flisek (SPD): Haben Sie selber sich Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja gut, die Fachleute über den Inhalt des Graulich-Berichts informie- haben natürlich - - Wir haben ja gesprochen von ren lassen? dem Abkommen 68 angefangen zur Annullierung bis hin - - Ich habe von Prism und Tempora - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Nicht im Detail. Über Tempora ist natürlich von den Fachleuten auch gesprochen worden. Insofern hat Großbri- Christian Flisek (SPD): Darf ich nachfragen, was tannien auch immer wieder in gewisser Weise das heißt: „nicht im Detail“? Heißt das eher, Sie eine Rolle gespielt, aber für mich nicht im Detail. haben das Thema auch in der Auswertung dem Chef BK überlassen, -

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 104 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Christian Flisek (SPD): Das bedeutet, in den Kon- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- sultationen - beispielsweise mit Herrn Cameron - lichen Dank. - Dann kommen wir jetzt zur nächs- war das nie ein Thema? ten Runde schon wieder, und es beginnt die Fraktion Die Linke. Herr Kollege Hahn beginnt Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. schon wieder.

Christian Flisek (SPD): Gut, Frau Bundeskanz- Dr. André Hahn (DIE LINKE): Frau Bundeskanz- lerin. lerin, ich hatte ja angekündigt, noch mal zum ge- heimen Krieg, zum Drohnenkrieg, zu kommen, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Nein. weil der Bundesnachrichtendienst und auch das Bundesamt für Verfassungsschutz bestimmte Da- Christian Flisek (SPD): Wollten Sie noch? ten - Handynummern, Geodaten usw. - regelmä- ßig an die Amerikaner - insbesondere die NSA - Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, ich wollte nur geben und die Frage ja ist: Inwieweit können sie sagen, dass die britische Regierung hier noch här- zur Ortung von Menschen genutzt werden? Es tere Linien, glaube ich, hat, was sie überhaupt gibt auch diverse Gutachten zu dieser Frage. Da nach außen sagt, als die doch beachtliche Breite geht es leider nicht immer nur um gesuchte Ter- der Gespräche mit den Vereinigten Staaten von roristen bei denjenigen, die unter die Opfer kom- Amerika. men. Das britische Bureau of Investigative Jour- nalism dokumentiert seit vielen Jahren die Zah- Christian Flisek (SPD): Ja, vielleicht ergibt sich ja len dieser Drohnenopfer in Pakistan, Jemen, So- manchmal so die Gelegenheit - malia, Afrika und zählt dabei insbesondere, wie viele zivile Opfer es gibt und wie viele Kinder Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, ja, klar. darunter waren.

Christian Flisek (SPD): - bei fortgeschrittener Ich halte es für wichtig, bevor ich Ihnen dann die Nacht in Sitzungen - Frage stelle, die Zahlen einfach auch mal zu nen- nen: In Pakistan starben durch Drohnen seit 2004 Zeugin Dr. Angela Merkel: Genau. mindestens 424 Zivilisten - manche Zahlen sagen sogar die doppelte Opferzahl aus -, mindestens Christian Flisek (SPD): - in Brüssel, dass man darunter 172 Kinder. Im Jemen starben durch mal den Herrn Cameron zur Seite nimmt und Drohnen seit 2002 mindestens 65 zivile Opfer - fragt: Was macht ihr eigentlich? es geht bis 101, die Zahl von anderen Quellen -, darunter mindestens acht Kinder. In Somalia Zeugin Dr. Angela Merkel: So unter dem Motto: starben durch Drohnen seit 2007 mindestens 242 Wer gemeinsam ausgeht, der erzählt sich auch zivile Opfer - andere gehen von über 400 aus -, immer alles, ja. darunter wohl auch zwei Kinder. In Afghanistan starben seit 2015 mindestens 142 - andere sagen (Heiterkeit) 200 - zivile Opfer, darunter mindestens 24 Kin- der. Die letzten tödlichen Drohnen flogen in der Christian Flisek (SPD): Gut. vergangenen Woche, am 9. und am 10. Februar. Es gab wahrscheinlich 18 zivile Todesopfer, Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, nein. schreibt die UN-Hilfsmission in Afghanistan, UNAMA. Fast alles waren Frauen und Kinder. Christian Flisek (SPD): Erst mal vielen Dank. Insgesamt hat es also mindestens 900 zivile Opfer Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir kennen unsere gegeben, vermutlich aber sehr viel mehr. 200 da- Verantwortung. von waren Kinder. Sie haben alle Namen, sie ha- ben Gesichter, und sie haben Familien. Deshalb meine Frage: Wollen Sie als Bundeskanzlerin

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung sich tatsächlich weiter hinter den hier von vielen Bundesregierung selbst gekommen sind auf eine Vertretern der Bundesregierung vorgetragenen Anfrage im Bundestag, dass man zugegeben hat, Aussagen, den Textbausteinen der Bundesregie- dass es Relaisstation ist und dass darüber die rung, verstecken, es gebe keine Hinweise, von Steuerung, über diesen Weg, auch erfolgt - ande- Ramstein aus würden keine Drohnen geflogen? res haben wir auch nie behauptet -, möchte ich wissen: Was unternimmt die Bundesregierung, Wir haben vom Außenministerium auf eine Frage um das zu unterbinden, dass über deutschem Bo- jetzt entsprechend neue Informationen auch be- den Drohnen gelenkt werden und Zivilisten ge- kommen. Von uns hat nie jemand behauptet, tötet werden? Das ist doch eine Frage, zu der die dass Ramstein die Stelle ist, von der Drohnen ge- Bundeskanzlerin der Bundesrepublik Deutsch- steuert werden oder wo geschossen wird. Aber es land eine Meinung haben muss. ist eben die Relaisstation - auch nach Bestätigung durch die Bundesregierung -, die für die Steue- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, und das ist die rung zwingend notwendig ist. Wir wissen nicht Meinung, die von der Bundesregierung insgesamt genau, was in Ramstein alles passiert; aber wir geäußert wird. Ich will hier ganz deutlich sagen, wissen, dass ohne Ramstein die Drohnen nicht damit kein falscher Eindruck entsteht, dass ich ihr Ziel erreichen können und umgekehrt die Sig- gegen jedes zivile Opfer bin und um jedes zivile nale also zur Steuerung und zum Abschuss auch Opfer trauere. Zivile Opfer gibt es nicht nur über Ramstein laufen. Deshalb möchte ich Sie durch Drohnenangriffe. Die gibt es auch durch einfach fragen: Wollen Sie weiter die Verantwor- andere Angriffe - leider -, in sehr schwierigen Si- tung dafür tragen, dass unter deutscher Beteili- tuationen. Ansonsten kann ich der Einschätzung gung in einem nie erklärten Krieg Unschuldige der Bundesregierung nichts hinzufügen. umgebracht werden von deutschem Boden aus und über deutschem Boden aus? Dr. André Hahn (DIE LINKE): Werden Sie denn vielleicht Herrn Altmaier als Ihren Kanzleramts- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu, glaube chef mal nach Ramstein schicken, um dort zu ich, macht es schon Sinn, Herrn Wolff jetzt zu prüfen, was dort tatsächlich passiert? Offenkun- hören. Sonst hätte ich auch was gesagt. dig hat es ja niemand getan von der Bundesregie- rung. MR Philipp Wolff (BK): Das ist und bleibt eben weiterhin nicht untersuchungsgegenständlich. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich kann dem, was Ich will auch einfach noch mal auf den Text ver- ich jetzt gesagt habe, nichts hinzufügen. weisen, den Sie im Plenum auch als Fraktion mitgetragen haben, und da ist eben die Rede da- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Vielleicht von, dass Drohnenangriffe von Deutschen auf von mir eine Anregung, weil Sie auch im PKGr deutschem Staatsgebiet oder von diesem aus- sitzen. Sie könnten es doch mal auf die Tagesord- gehend durchgeführt oder veranlasst werden. Das nung im PKGr nehmen. Da würde es doch hin- sehen wir einfach nicht. Ich will damit jetzt auch gehören. nicht in keinerlei Weise irgendwie infrage stel- len, was Sie zu Beginn Ihrer Ausführungen gesagt Martina Renner (DIE LINKE): Wenn wir noch haben; nur will ich das einfach noch mal klarstel- Zeit haben, hätte ich noch einige Fragen. len. Wir haben auch schon intensiv darüber dis- kutiert, zuletzt am Montag. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, drei Minu- ten. Dr. André Hahn (DIE LINKE): Ja, Herr Wolff, ich will nur noch einmal ergänzen: Wir haben die Martina Renner (DIE LINKE): Am 23.10. war die Fragen auch - ich selbst - Herrn Steinmeier ge- Veröffentlichung im Spiegel, mit der berichtet stellt, anderen - die sind auch im Übrigen zuge- wurde, dass offenbar Ihr Handy Gegenstand einer lassen worden -, und die Frage ist: Nachdem wir Ausspähmaßnahme der NSA ist. Am nächsten jetzt neue Informationen haben, die ja von der

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1. Untersuchungsausschuss

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Tag gab es vielfältige Treffen im Bundeskanzler- Martina Renner (DIE LINKE): Nein, das kann amt. Haben Sie selbst mal an so einer Runde teil- man nicht immer ziehen, die Karte, ja. genommen, wo man ganz - ich sage mal - zeitnah auf diese Veröffentlichung reagiert hat? Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich ziehe sie ja auch erwiesenermaßen heute nicht immer. Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, ich bin ja vom Regierungssprecher informiert worden, als die Martina Renner (DIE LINKE): Nein, aber da muss beiden Spiegel-Journalisten bei ihm waren. man dann auch unterscheiden: abgeschlossene Vorgänge, nicht abgeschlossene Vorgänge. Wir Martina Renner (DIE LINKE): Ja, das war ja da- können da gerne eine verfassungsrechtliche Dis- vor. kussion mal anschließen.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich kann mich an keine einzelne Runde erinnern, und im Übri- Martina Renner (DIE LINKE): Die müssen ja im- gen, wenn ich mich erinnern könnte, würde ich mer so eine Vorwarnzeit einhalten. es jetzt nicht sagen. Aber ich kann mich auch nicht erinnern, wenn es Sie zufriedenstellt. Ich Zeugin Dr. Angela Merkel: Was heißt „Vorwarn- habe das veranlasst, und ich habe dann später die zeit“? Einschätzung bekommen über den Generalbun- desanwalt. Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, Journalisten müssen - - „Konfrontieren“ nennt man das. Die Martina Renner (DIE LINKE): Aber außer, dass müssen das Bundeskanzleramt mit einer Mel- Sie jetzt mal hier - - dung, die kommen wird - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Und dann habe ich Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe sofort nach noch mit dem amerikanischen Präsidenten telefo- dem 17. Oktober daraufhin gebeten, den Sachver- niert. halt an die Fachebene des Bundeskanzleramts zur Prüfung und Sachaufklärung weiterzugeben. Martina Renner (DIE LINKE): Haben Sie denn eigentlich mal - - oder hat Ihr Haus denn auch Martina Renner (DIE LINKE): Ja. Jetzt haben zugearbeitet, aktiv bei den Ermittlungen der Ge- wir - - Das ist, glaube ich, ein bisschen Missver- neralbundesanwaltschaft, und hat gesagt: „Da hältnis zwischen uns. müssen wir aber wirklich alles geben irgendwie, damit das zum Erfolg führt“? Zeugin Dr. Angela Merkel: Und - - Zeugin Dr. Angela Merkel: Das normale Verfah- Martina Renner (DIE LINKE): Darf ich mal kurz ren ist so: Wenn der Generalbundesanwalt etwas was erklären? Es nützt mir nichts, wenn ich tut, dann stellt er Fragen, und diese Fragen - - frage: „Können Sie sich an den Tag nach der Spiegel-Veröffentlichung an Runden erinnern?“, Martina Renner (DIE LINKE): Ja, aber es gibt wenn man dann in eine geschriebene Chronik auch Geschädigte. Die haben auch ein Eigen- guckt und sagt: „Ah, am 17. haben wir das und interesse, dass die Ermittlungen erfolgreich ver- jenes veranlasst“. Weil es geht hier auch darum - laufen. und das ist Usus auch in Untersuchungsaus- schüssen -, das Erinnerungswissen zu erfragen Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich verlasse mich da von unseren Zeugen und Zeuginnen. voll auf meine Beamten.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Richtig. Aber das ist Martina Renner (DIE LINKE): Ich will trotzdem ja Erinnerungswissen aus dem Arkanbereich. noch mal zu dieser Frage - - Gibt es auch Abspra- chen außer: „Ich rede mit Herrn Pofalla, Herrn

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1. Untersuchungsausschuss

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Altmaier, Herr Fritsche“? Nehmen Sie in gewis- Martina Renner (DIE LINKE): Die Bestellung von sen Maßen auch an Besprechungen teil, wo es Herr Graulich ist nun abgeschlossen. Deswegen zum Beispiel um die Frage geht: „Jetzt sind diese könnten wir zu dem Bereich fragen bis morgen Snowden-Dokumente aufgetaucht. Was heißt das früh. für uns?“, oder: „Jetzt meldet Der Spiegel, das Kanzlerinnenhandy wird abgehört“? Sind Sie MR Philipp Wolff (BK): Nein, könnten Sie nicht - Teil von solchen Beratungen, oder ist das alles aber das sei dahingestellt -, weil es nicht untersu- darunter? chungsgegenständlich ist.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich bin - - Sie sehen Martina Renner (DIE LINKE): Gut. - Ich habe ja - - haben einen kleinen Einblick schon bekom- noch eine weitere Frage. men, indem zum Beispiel ich am 27. Juni diese Vorlage bekommen hatte, Prism und Tempora. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Das wird die Darum hatte ich auch gebeten, dass ein solcher letzte sein. Überblick erstellt wird. Oder Sie haben erst meine Büroleiterin zitiert, wo ich eine Nachfrage Martina Renner (DIE LINKE): Sie bekommen zu einer Presseveröffentlichung gestellt habe. auch die Meldungen des Bundesnachrichten- Aber sehr, sehr viel erfolgt auf schriftlichem dienstes, die der Bundesnachrichtendienst selbst Wege. „Produkt“ nennt. Waren unter diesen Meldungen zu Vorgängen politischer Art, wirtschaftlicher Martina Renner (DIE LINKE): Okay. Das war Art und Ähnliches in anderen Ländern oder zu nämlich genau auch meine Frage, weil man be- anderen Regierungen mal Meldungen, als Sie die kommt einen Vermerk mit einer Inhaltsangabe, auf den Tisch bekommen haben vom Bundes- aber in solchen Runden geht es ja auch um strate- nachrichtendienst, wo Sie sich gefragt haben: gische Fragen: Wie gehen wir politisch mit der „Hoppla, wie kommen die denn zu dieser Er- entstandenen Situation um, und wer entscheidet kenntnis“? dann auch diese strategischen Fragen? Zeugin Dr. Angela Merkel: Das bin ich ja erst Zeugin Dr. Angela Merkel: Gut, aber das ist nun sinngemäß schon mal gefragt worden. Da habe wirklich die interne Meinungsbildung der Bun- ich schon gesagt: Nein. Ich nehme von Zeit zu desregierung, glaube ich. Zeit BND-Berichte natürlich zur Kenntnis, die uns gegeben werden zu bestimmten Sachverhal- Martina Renner (DIE LINKE): Ja, und wenn sie ten, aber ich habe mich nicht gefragt, wie sie nun abgeschlossen ist - - genau erstellt werden.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist keine Karte, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen die ich ziehe, sondern das ist Meinungsbildung. Dank. - Wir kommen zur nächsten Fraktion, der Fraktion der CDU/CSU. Frau Kollegin Warken. Martina Renner (DIE LINKE): Na ja, wenn sie ab- geschlossen ist, können wir natürlich dann auch Nina Warken (CDU/CSU): Vielen Dank. - Ich irgendwann dazu fragen. muss, Frau Bundeskanzlerin, an der einen Stelle doch noch mal nachfragen, weil da, glaube ich, Zeugin Dr. Angela Merkel: Na klar. vorhin bei einem Vorhalt ein falscher Eindruck entstanden ist. Es geht noch mal um das Thema Martina Renner (DIE LINKE): Genau. „No Spy“. Es geht um eine Vorlage an Sie vom 14. Januar 2014 zum Stand der No-Spy-Verhand- Zeugin Dr. Angela Merkel: Zu welchen Schluss- lungen mit den USA. Das ist MAT BK-1-7b_9, folgerungen wir gekommen sind. Das können Sie Blatt 62 ff. Das wurde vorhin schon zitiert und fragen. so, wie ich es verstanden habe, von den Kollegen als Beweis dafür genommen, dass da im Prinzip

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung die Verhandlungen schon gescheitert waren und seien an einem kritischen Punkt - und dann es deswegen - ich drücke es mal in meinen Wor- Zitat -, die USA seien ten aus - unredlich war, danach noch von Ver- handlungen zu sprechen. So wie ich die Vorlage nicht bereit, den völligen Aus- verstehe, ist darin aber lediglich die Rede davon, schluss von unilateralen SIGINT- dass die Verhandlungen an einem kritischen Aktivitäten der NSA innerhalb Punkt seien, dass eben die USA nicht bereit von Deutschland zuzugestehen. seien, einen völligen Ausschluss von unilateralen SIGINT-Aktivitäten der NSA innerhalb Deutsch- Der Vorwurf war ja immer, dass es in dem Ver- lands zuzugestehen. merk bereits eine Einsicht in das Scheitern der Verhandlungen geben würde, dass in dem Ver- (Dr. Konstantin von Notz merk schon vom Scheitern der Verhandlungen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Rede ist und man daraus den Schluss schon NEN): Halten Sie das mal ziehen könnte und dass das deswegen auch etwa vor!) im Vorfeld Ihres Besuchs in den USA im Mai 2014 der Öffentlichkeit verschwiegen worden sei. - Bitte? Jetzt wäre einfach meine Frage an Sie: Ich kann (Zuruf des Abg. den Vorwurf, dass man dort schon das Scheitern Dr. Konstantin von Notz herauslesen kann, jetzt so nicht herauslesen aus (BÜNDNIS 90/DIE der Vorlage. Ich denke, kritische Punkte sind im- GRÜNEN)) mer Bestandteil von Verhandlungen. Strittige Punkte sind immer Bestandteil von Verhandlun- - Ich habe gerade zitiert aus der Vorlage. Das gen. Wie verstehen Sie das? kann jeder mitlesen. Ich habe die Vorlage vorher genannt. Zeugin Dr. Angela Merkel: Na ja, ich verstehe das genauso, zumal ja dann in der Vorlage noch Zeugin Dr. Angela Merkel: 14. Januar. gesagt wird, dass ein Telefonat bevorsteht mit der stellvertretenden Sicherheitsberaterin für Terro- Nina Warken (CDU/CSU): Das konkrete Zitat in rismus, Lisa Monaco. Dann wurde eine weitere der Vorlage ist - - Vorlage am 15. Januar gefertigt und mit einem Ergebnisvermerk genau von diesem Telefonat. (Dr. Konstantin von Notz Darin heißt es unter anderem - das habe ich erst (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sag noch mal bitte zitiert -: das Aktenzeichen!) Frau Monaco unterstrich, dass - 62 ff. aus MAT A BK-1-7b_9, Blatt 62 ff. kurzfristig … aus US-Sicht keine Einigung auf politischer Ebene möglich sei. Gleichzeitig betonte (Dr. Konstantin von Notz sie, dass die Verhandlungen auf (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Ebene der Nachrichtendienste NEN): Anlage 5!) fortgesetzt werden müssten. Im Lichte der Ergebnisse dieser Ver- - Anlage 5? Es gibt keine Anlage 5. handlungen könne dann später ge- prüft werden, inwieweit sich da- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, das ist eine an- raus ausreichende Substanz für dere Vorlage. 14. Januar. die Gespräche auf politischer Ebene ergebe. StF stimmte zu, Nina Warken (CDU/CSU): Genau, 14. Januar. In dass noch vor der Rede des US- der Vorlage steht sinngemäß, die Verhandlungen Präsidenten eine Einigung auf po- litischer Ebene nicht möglich sei.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 109 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

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Die war ja dann irgendwie, diese Rede, sehr bald. der nächsten Fraktion, Bündnis 90/Die Grünen. Herr Kollege von Notz. Gleichzeitig betonte StF, dass ne- ben den Verhandlungen auf Ebene Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der Nachrichtendienste auch - NEN): Ich will mich noch mal mit dem Oktober möglicherweise in einem späteren 2013 beschäftigen. Eben wurde ja das Bekannt- Stadium - die Verhandlungen auf werden der Überwachung Ihres Handys ange- politischer Ebene fortgesetzt wer- den müssen. Dies gelte insbeson- sprochen, und ich wollte jetzt noch mal auf einen dere mit Blick auf den bevor- anderen Zusammenhang kommen, warum ich stehenden Besuch der BK‘n bei glaube, dass es für Herrn Pofalla insgesamt kein Präs. Obama. guter Monat war, der Oktober. Da beziehe ich mich jetzt auf das Stenografische Protokoll der Es war also eine ganz klare Abmachung, dass zu- 126. Sitzung. Da haben wir Herrn Schindler ver- mindest auf Ebene der Nachrichtendienste wei- nommen. Kann jemand das Protokoll vorlegen? - terverhandelt wird und dann entschieden wird, Das Protokoll kommt sofort. Da geht es mir um ob man auf die politische Ebene geht. Beides Seite 26. zeigt ja, dass beide Sachen noch im Rennen waren sozusagen. Darauf fußt dann ja meine am (Der Zeugin werden 29. Januar gehaltene Regierungserklärung, in der Unterlagen vorgelegt) ich sage, die Auffassungen sind weit auseinan- der. Es ist aber nicht an dem Punkt, dass ich sage: Genau. Da geht es um eine Liste. Ich diskutiere Ich gebe das jetzt auf, zumal ich meine Argu- da mit Herrn Schindler. Sonst firmiert die unter mente richtig finde. - So jetzt von mir sinngemäß dem Namen der 700er-Liste. Ich steige da mal zusammengefasst. ein: 24., 25., 26., frage ich ihn, und dann sagt Zeuge Schindler: Nina Warken (CDU/CSU): Gut. Also bestimmt nicht am Tag da- Zeugin Dr. Angela Merkel: Zum Besuch dann: nach, sondern wahrscheinlich zwei, drei Tage später. Kurz vor dem Besuch haben wir einen Status ge- macht und gesagt, dass wir feststellen müssen, Ich frage ihn: dass die Fortschritte nicht so waren, dass ich jetzt das weiter aufrechterhalte. Und die sagten: „Wir haben ein- -

Nina Warken (CDU/CSU): Genau. Das ist auch Zeugin Dr. Angela Merkel: Warten Sie mal, das, was ich dann aus der Aussage des Zeugen wo - - Sie sind auf der Seite 26? Altmaier herausgelesen habe, dass dann eben vor Ihrem Besuch die Öffentlichkeit noch mal infor- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- miert worden ist, dass es sich hier eben doch an- NEN): Ja, genau. ders darstellt. So habe ich Sie jetzt eben verstan- den. Zeugin Dr. Angela Merkel: Und wo jetzt genau?

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, weil wir dann Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- noch mal im Januar, Februar, März, April Zeit NEN): Linke Spalte, irgendwie sechstes Kästchen hatten und ich dann der Meinung war, dass man oder so. jetzt mal den Status auch klar benennen muss. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ach, hier. Jetzt habe Nina Warken (CDU/CSU): Vielen Dank. ich es, ja.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herzlichen Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Dank. - Dann kommen wir jetzt zu den Fragen NEN):

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1. Untersuchungsausschuss

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Und die sagten: „Wir haben ein (Heiterkeit) Problem“, oder hatten die schon eine Liste in der Hand? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Wir können es auch mit vertauschten Rol- Da sagt Schindler: len lesen, wenn Sie wollen. Ich mache Schindler, und Sie übernehmen meinen Part. - Dann sagt Das weiß ich nicht mehr. Ich weiß Schindler: auf jeden Fall, dass in einer Be- sprechung eine solche Liste exis- Nicht unter dem Gesichtspunkt: tierte, - Wir tun hier etwas …(akustisch unverständlich) Dann unterbreche ich ihn: Dann frage ich noch mal nach: Ja. Das habe ich verstanden. Aber ha- Und er sagt weiter in Bezug auf diese Liste: ben Sie dieses politische Problem gesehen? - die ich mir dann auch angesehen hatte. Die kam auch nicht in dem Daraufhin sagt der Zeuge Gerhard Schindler: Sinne - um das noch mal deutlich klarzustellen -: „Wir haben ein Sonst hätte ich es nicht Herrn Problem, weil wir etwas Ungesetz- Pofalla berichtet. liches machen, weil wir etwas Fehlerhaftes machen“, sondern sie haben nur auf die Problematik Und ich sage: hingewiesen, dass doch eine be- achtliche Anzahl von EU- und So. Und wie haben Sie es genau NATO-Zielen gesteuert wird im Herrn Pofalla berichtet? Bundesnachrichtendienst und das unter dem Gesichtspunkt der poli- Schindler sagt: tischen Äußerung der Kanzlerin möglicherweise - Ja, ich bin hingefahren und habe es ihm gesagt. Dann unterbreche ich ihn: Ich frage: Ein Problem ist. Hingefahren ins Bundeskanzler- Und er sagt: amt.

- ein Problem werden könnte. Er sagt:

Und ich frage: Ja.

Und - Ich:

Er sagt: Wann war das?

Unter diesem Gesichtspunkt. Er sagt:

Dann unterbreche ich ihn wieder. Das weiß ich eben nicht mehr.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Wir hätten ja ein Und dann sagt er zwei Spalten darunter: Duett singen können da.

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... wir glauben, dass es der 28. Nachricht voraussichtlich morgen war. in Druck gehen.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Oktober dann, oder Dazu merkt der Resident an: was? Die Berichterstattung von Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Also, am 28. Oktober kommt Das ist dann geschwärzt. Das ist die Journalistin, Schindler ins Bundeskanzleramt und sagt wohl die diesen Artikel geschrieben hat: Ellen unter der Anwesenheit von Heiß mit dieser Liste Nakashima und Karen DeYoung heißen die. in der Hand oder zumindest im Gepäck, dass man eine beachtliche Anzahl von EU- und Die Berichterstattung von ... in der NATO-Zielen gesteuert hat im Bundesnachrich- Vergangenheit macht deutlich, tendienst. Nach dem Kanzlerinnenhandy ist das dass sie über exzellente Zugänge zur US-IntCom und zum Weißen eben eine weitere sehr missliche Botschaft für Haus verfügt. Ihr wurden mit an Herrn Pofalla, weil das sein Statement aus dem Sicherheit grenzender Wahr- August maximal zerschießt. scheinlichkeit tatsächlich die oben angesprochenen Informatio- Um das dann zu ergänzen, mache ich Ihnen noch nen von Seiten der Administra- einen Vorhalt. In Bezug auf den von mir vorhin tion zur Verfügung gestellt. Die schon mal angesprochenen Artikel in der Residentur bewertete diese Maß- Washington Post. Das ist nämlich auch im Okto- nahme als „US-Gegenangriff“ auf ber. Das ist jetzt MAT A BND-1-9i. Vielleicht gibt die aus Europa, nicht zuletzt Deutschland, kommenden Vor- es das irgendwie noch mal. - Ich gucke es mir würfe. elektronisch an, und Sie kriegen meine Vorlage. Das ist dieser Bericht des BND-Residenten. Der (Der Zeugin werden muss ja auch im Bundeskanzleramt aufgeschla- Unterlagen vorgelegt) gen sein und sicherlich Herrn Pofalla auch viele Das ist wieder von dem Residenten in Washing- Bauchschmerzen gemacht haben, weil daran ton, dem BND-Residenten in Washington. Der eben deutlich wird, dass die deutsche Seite zu- schreibt - das ist nicht eingestuft -: „Angebliche mindest 2008 300 US-Telefonanschlüsse - unter deutsche Abhörmaßnahme gegen US-Ziele“. Da anderem vom Weißen Haus - getargeted hat. Und steht - ich zitiere -: auch das widerspricht der Erklärung vom 12.08. natürlich massiv. ... unterrichtete heute, 29.10.2013, die Presseabteilung der Deutschen Deswegen frage ich mich doch, Frau Merkel, Botschaft über ihr zur Verfügung ob - - Ich meine, vielleicht ist es ja nicht offen gestellte Informationen, dass der kommuniziert worden. Aber was könnte der BND im Rahmen des Informa- Grund sein, warum Herr Pofalla heute nicht mehr tionsaustausches den US-Nach- Kanzleramtschef ist? richtendiensten unabsichtlich eine Liste von mindestens 300 Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, jetzt vielleicht „Targeted US-Telefonanschlüs- erst mal den Sprung noch mal wegnehmen. sen“ darunter einige von White House Personal übermittelt habe. Bundeskanzlerin Merkel wäre mit Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dieser Information konfrontiert NEN): Ja. worden als im Sommer dieses Jah- res Enthüllungen über US-Lausch- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich bin mit dieser In- angriffe publik worden. Die formation nicht konfrontiert worden, weil - - Je- Washington Post wird mit dieser denfalls habe ich daran keine Erinnerung, aber

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Nur zur dienstlichen Verwendung auch absolut keine. Zweitens wird hier in der habe im Oktober 2013 das Bundeskanzleramt in- Befragung, die Sie jetzt mit Herrn Schindler vor- formiert, und zwar Pofalla und auch Heiß“, der gelesen haben, im Grunde der Hergang des Sach- heute noch Abteilungsleiter 6 ist. verhalts, über den wir ja einig sind, dass im Ok- tober usw. - - und dass das dann auch im März Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, aber woher soll es 2015 auch Herrn Altmaier bekannt wurde und denn Herr Pofalla sonst gewusst haben, wenn es dann auch mir. Da sagt Herr Schindler, wie das Herr Schindler ihm nicht erzählt hat? Das ist gelaufen ist. Das steht ja in keinem Widerspruch doch jedenfalls eine Möglichkeit. zu dem, was sonst über diesen Sachverhalt hier heute diskutiert wurde. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Genau. Aber wie kann es sein, dass Pofalla Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- und Heiß es wissen seit Oktober 2013 und es er- NEN): Na ja, Frau Bundeskanzlerin, wir reden reicht Sie nicht? Es sei denn, es ist von Ihnen hier über den 28. Oktober 2013. ganz bewusst ferngehalten worden und Pofalla hat das halt auf sich genommen und ist damit Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich weiß. dann zur Deutschen Bahn gegangen, damit Sie damit nicht beschädigt werden. Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Sie sagen ja nicht, dass Sie ab dem Okto- Zeugin Dr. Angela Merkel: Und jetzt habe ich ber 2013 - doch lediglich darauf hingewiesen, dass wir diese Frage heute schon vielfach diskutiert ha- Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. ben - auch die Bahn und das Weggehen waren auch schon mal angeklungen -, dass ich danach Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- gefragt worden bin, wie ich das finde, und ich NEN): - davon wussten, dass der Bundesnach- gesagt habe: Im Rahmen der Ermessensentschei- richtendienst - - dung halte ich das von einer Ermessensentschei- dung gedeckt. - So. Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. Nein. Ich sage doch nur: Hier, in diesem Stück der Befragung Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mit Herrn Schindler, - NEN): Dass er es für sich behält und Sie nicht in- formiert? Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. Zeugin Dr. Angela Merkel: Dass er damals das für sich behalten hat, aber angewiesen hat, dass Zeugin Dr. Angela Merkel: - wird doch nur noch diese Praxis abgestellt wird. mal das Detail dessen herausgearbeitet, was heute schon vielfach Gegenstand der Befragung Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- war, nämlich: „Finden Sie es richtig, dass Herr NEN): Ist sie aber nicht. Pofalla Ihnen das nicht gesagt hat? War das Er- messensspielraum, oder war das keiner mehr?“, Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja gut, das ist wieder wo ich gesagt habe, ich halte es für Ermessens- eine andere Sache. Aber so, wie er es berichtet, spielraum, dass er mich davon nicht informiert sollte es ja wohl abgestellt werden. So. Und jetzt hat. ist dann - - Jetzt haben Sie dann ja noch was da- zugetan, - Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber Herr Heiß war anwesend, und das Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Bundeskanzleramt - - Herr Schindler sagt in die- NEN): Ja. ser Aussage - da kann man ja viel draus lesen jetzt als Betrachter des Vertrauensverhältnisses Zeugin Dr. Angela Merkel: - nämlich diese an- zwischen Bundeskanzleramt und BND -: „Ich dere Sache, und da habe ich jetzt mal nur zu der

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Thematik, bei der mein Name auftaucht, gesagt, Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dass ich mich an eine solche Konfrontation nicht NEN): Ja, nur - - erinnern kann. Mehr kann ich dazu nicht sagen. Zeugin Dr. Angela Merkel: Was Sie daraus dann Jetzt insinuieren Sie, Herr Pofalla musste das machen würden, das ist Ihre Sache. Ich wollte Kanzleramt verlassen. Musste er wohl gar nicht, nur meine Antwort sagen. weil ich es ja gar nicht wusste. Also konnte es für mich überhaupt gar kein Motiv sein. Ich glaube Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- aber auch nicht, dass es für Herrn Pofalla ein Mo- NEN): Also, ich bin der festen Überzeugung, tiv war, nach allem, was ich damals mit ihm be- wenn ich darauf dann noch einmal antworten sprochen habe. Ich glaube nicht, dass ich im Rah- darf, dass er seit mehreren Monaten nicht mehr men des Untersuchungsausschusses über die Kanzleramtschef wäre, weil natürlich diese Des- Frage, warum Herr Pofalla nicht mehr Kanzler- information, die hier nun vielfach dokumentiert amtsminister sein musste, Auskunft geben muss. wird - diese Aussagen waren alle falsch -, das Nach meinem Kenntnisstand darf ich Ihnen nur hätte zu politischen Konsequenzen führen müs- sagen, dass es mit diesen Sachverhalten nichts, sen. Insofern - - Aber ich gebe Ihnen offen zu, aber auch gar nichts zu tun hat. Frau Bundeskanzlerin: Es ist eine hypothetische Frage; denn es ist nicht so. Aber die Koinzidenz Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- der sehr späten Klärung, dass Herr Pofalla nicht NEN): Das nehme ich zur Kenntnis. Aber ich darf mehr Chef BK wird für die GroKo in der auch anmerken, dass wir uns alle mal eine Mi- 18. Wahlperiode, und die schlechten Nachrich- nute ausmalen könnten, wie es wäre, wenn Herr ten im Oktober 2013 - Pofalla heute noch Kanzleramtschef wäre. Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber ich muss jetzt - - Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Jetzt muss ich mal ganz kurz unterbrechen. Da werden ja Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- keine Fotos von der Tribüne gemacht, nicht, Herr NEN): - legen einen wahrscheinlichen Kausalver- Kollege Decker? Das war mehr so zum Lüften des lauf nahe. Handys gedacht. Das Lüften des Handys ist si- cherlich sinnvoll bei der doch warmen Luft hier Zeugin Dr. Angela Merkel: Aber, Herr von Notz, drin. - Herr von Notz. jetzt muss ich wirklich zum Schutz der Person von Herrn Pofalla sagen: Wir wissen doch über- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- haupt nicht - ich habe hier nicht die Befugnis, NEN): Ja, ich war eigentlich so weit fertig. darüber zu sprechen -, wie lange Herr Pofalla sich schon mit der Frage getragen hat, ob er noch Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dann kom- eine weitere Legislaturperiode Kanzleramtschef men wir zur nächsten Fraktion. Das ist die Frak- sein möchte. Dass der erste Gedanke, nicht mehr tion der SPD, wenn einer will. - Herr Kollege Kanzleramtschef sein zu wollen, im Oktober ge- Flisek. kommen ist, das ist nun wirklich nicht der Wahr- heit entsprechend. Die Entscheidungen wurden Christian Flisek (SPD): Ich glaube - - sehr spät gefällt, weil Personalentscheidungen immer erst spät gefällt wurden und ich ihn auch Zeugin Dr. Angela Merkel: Wenn er - - Nur, um gerne überredet hätte, noch zu bleiben. Aber Herr noch eine Antwort nachzuschieben an Herrn von Pofalla hat völlig unabhängig von dieser Ende Notz. Meine Antwort, wenn er heute noch Kanz- Oktober auftauchenden Information sich sehr leramtsminister wäre, was ja alles völlig hypothe- viel früher mit der Frage beschäftigt. Davon kön- tisch ist, wäre weiter die, dass es von dem Ermes- nen Sie ausgehen. sen gedeckt ist.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 114 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Jetzt mit dem Thema an den Tag legen, dann, sage ich, sind wir bei der Fraktion der SPD. Herr Kollege ist das keine effiziente Aufsicht. Denn wenn Herr Flisek. Schindler wieder nach Hause fährt mit der Ein- stellung, wie er es hier gesagt hat: „Auftrag war: Christian Flisek (SPD): Danke, Herr Vorsitzen- Löschen, zack, und das war’s, Thema erledigt“, der. - Ja, ich denke, die Rolle von Herrn Pofalla und die ganzen Selektoren blubbern munter wei- haben wir jetzt ausführlich herausgearbeitet, ter, alle kritischen Selektoren blubbern munter auch durch die Befragung von ihm selber und weiter angesichts des politisch ja doch massiven auch durch eine Reihe von nach wie vor unge- Vorwurfs, der im Raum stand, der Massenausspä- klärten Komplexen. Der Punkt ist einfach: Ich hung deutscher Bürger - - verzweifle, sage ich ganz offen, auch als Parla- mentarier, wenn mir ein ehemaliger Chef des Ich sage es Ihnen ganz offen: Ich kann mir daraus Kanzleramts sagt, er hat einen Bericht angefor- keinen Reim machen in Sachen, wie man dieses dert, von dem alle, die irgendwie damit zu tun Thema, dieses Problem, diese Krise vielleicht haben könnten, sagen, den gibt es nicht, und der auch der eigenen Nachrichtendienste, wie man uns auch nicht vorliegt. Dann kommt sehr die damals im Kanzleramt gemanagt hat, sich schnell ein Punkt, wo ich natürlich schon mir die hinzusetzen und zu sagen: „Wir haben nur die Frage stelle: Funktioniert das Ganze in der Per- und die Information bekommen, das war’s - - son dort wirklich, und ist das in guten Händen? Und dass Sie jetzt sagen: „Ich habe nur volles Vertrauen in die Mitarbeiter und glaube, dass Unser Eindruck - ich möchte auch noch mal an- alles hervorragend lief“, das trifft, offen schließen an das, was Herr von Notz gerade ge- gesprochen, nicht den Kern. Ist es nicht der fragt hat -: Zwischen Herrn Schindler und den Zeitpunkt, da auch mal offen zu reden, welche beiden im Kanzleramt - Heiß und Pofalla - gab es Fehler gemacht worden sind im späten Jahr 2013, im Oktober 2013, wie ich finde, eine Art Schwar- wirklich mal eine Bestandsaufnahme, auch eine zer-Peter-Spiel. Man hat sich das also hier auf- ehrliche Bestandsaufnahme der Probleme, die grund der Zeugenaussagen, die wir hier vorge- stattgefunden haben? funden haben, hin- und hergeschoben, die Ver- antwortung: Wurde umfassend informiert? Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich bin jetzt ein Wurde nicht umfassend informiert? bisschen verwundert. Wir sprechen doch - ich weiß nicht, seit wie vielen Stunden - über fast Egal, sage ich jetzt mal, was Herr Schindler selber nichts anderes. Da sind doch auch Maßnahmen gesagt hat - ich habe Ihnen ja bereits gesagt: Auf- eingeleitet worden. Aber ich weiß nicht, ob ich grund der Aktenlage, die wir aus dem BND ha- das jetzt zum x-ten Mal wiederholen soll. ben, aufgrund seiner Vorbereitung, seines Sprechzettels für dieses Gespräch, spricht zumin- Erster Punkt war: Die Veröffentlichungen von dest mal dafür, dass er genau das auch gesagt hat, Herrn Snowden hatten erst mal nichts mit den was er dort aufgeschrieben fand -, ist für mich die vom BND gesteuerten Selektoren zu tun. Dass Frage, warum dann trotzdem nach wie vor nicht dort etwas stattfand auf unserer Seite, das war aktiver struktureller dort eingegriffen worden ist nicht in meiner Vorstellungswelt, um das ganz und warum man nicht aktiv nachgefragt hat, wa- klar zu sagen. Da können Sie heute sagen: Wie rum man eben nicht im BND mal gesagt hat: Was konnte das nicht in Ihrer Vorstellungswelt sein? - läuft dort in diesem Bereich Signals Intelligence? Ich habe auch noch nie einen bis dahin gehört ge- Welche Rollen spielen die Selektoren? habt, in dessen Vorstellungswelt es war, dass der BND befreundete Leute abhört. Das war nicht in Ich sage es mal so, Frau Bundeskanzlerin: Wenn meiner Vorstellungswelt. Deshalb habe ich in Sie sagen: Ich habe volles Vertrauen darin, dass voller Überzeugung meinen Satz gesagt, und der die Mitarbeiter, die sozusagen delegiert das in richtete sich an die Amerikaner und nicht an die ihrem eigenen Verantwortungsbereich wahrzu- Deutschen. So. nehmen haben - - dann einen solchen Umgang

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 115 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Dann habe ich zum ersten Mal davon gehört im Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich sage, dass sehr Herbst des Jahres 2015, und seitdem ist ja auch viele Dinge - - Also wenn Dinge an mich herange- einiges geschehen. Das PKGr hat die Sache dann tragen werden, dann werden sie meistens auch in die Hand genommen, hat die Taskforce gebil- zeitnah an mich herangetragen. Ansonsten habe det. Das brauche ich jetzt nicht alles wieder dar- ich gesagt, dass es in gewisser Weise ein Ermes- zustellen. sen ist, was an mich herangetragen wird, ja. Das liegt im Verantwortungsbereich des jeweiligen Beschäftigt haben wir uns mit den amerikani- Kanzleramtsministers. schen Fragen, und da sind ja auch umfassende Aufklärungsarbeiten gemacht worden. Dass man Christian Flisek (SPD): Gut. Wir haben jetzt erst da nicht jeden Selektor, dessen Fachbezeichnung mal jetzt keine weiteren Fragen mehr. ich bis dahin noch gar nicht kannte, einzeln un- tersucht hat, da können Sie heute fragen: Wie Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- konnte das sein, und warum ist das nicht besser lichen Dank. - Damit wären wir am Ende der gemacht worden? - Diese Fragen sind ja auch ge- siebten Fragerunde. Ich würde vorschlagen, stellt. Die haben Sie umfassend hier allen Zeugen wenn wir jetzt weitermachen, dass alle mal gestellt, und dann haben Sie auch Ihre Vermu- schauen, wer noch welche Fragen hat, weil ich tung geäußert, dass bestimmte technische Ab- tendenziell nach der zehnten Runde wieder eine läufe oder Fortschritte nicht ausreichend verifi- Pause machen würde. Vielleicht kriegen wir es ja ziert wurden. hin - jede Runde dauert eine Stunde -, dass wir innerhalb dieser Runden die Fragen, die wir Jetzt ist Ihre Bewertung doch, dass Sie das nicht noch haben, vielleicht klären können. Sonst gut finden und unzureichend finden, richtig, und würde ich eine Pause machen, bevor wir hier von jetzt müssen wir doch in die Zukunft schauen den Sesseln kippen. Ansonsten: Wer früher eine und gucken, dass es in Zukunft besser ist. Pause braucht, kann das auch anzeigen. Das ist dann auch in meinem Ermessen als Vorsitzender. Christian Flisek (SPD): Frau Bundeskanzlerin, Aber es wäre schön, wenn wir die Fragen so bün- eine Frage hätte ich jetzt. Wir haben ja auch deln, dass wir auch die Zeitkontingente halbwegs schon mal ganz kurz noch mal über diesen Vor- vernünftig hinkriegen. fall des Spions, der im Bundesnachrichtendienst enttarnt worden ist, Markus R., gesprochen im Frau Kollegin Renner beginnt mit der achten Fra- Sommer 2014. Ich hatte damals den Eindruck, gerunde. Die Fraktion Die Linke nämlich. dass diese Information ganz schnell, sehr schnell an Sie herangetragen worden ist. Martina Renner (DIE LINKE): Frau Bundeskanz- lerin, mir geht es noch mal um das Thema Konse- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. Und was heißt quenzen. Was für uns tatsächlich ein Problem ist das? in den Abläufen Bundesnachrichtendienst/Bun- deskanzleramt: Seit Frühsommer 2013 stellen wir Christian Flisek (SPD): Weil Sie darauf ja auch an verschiedenen Stellen immer wieder ein und sehr schnell reagiert haben dann in der Öffent- dasselbe Prinzip fest: Irgendwann vor den Ver- lichkeit. öffentlichungen der Snowden-Dokumente fängt man in der TA an, kritische NSA-Selektoren aus- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, die mit dem zusortieren. Darüber weiß dann aber die überge- Handy ist auch schnell an mich herangetragen ordnete Ebene nichts, auch nicht der Präsident. worden. Dann wird man hektisch mit den Snowden-Ver- öffentlichungen, dann kommt eine E-Mail „Lö- Christian Flisek (SPD): Also, Sie bleiben dabei: schen“, und dann will Herr Schindler auch im Was in Sachen Geheimdienste an Sie herangetra- Oktober 2013 das erste Mal von dieser NSA-Se- gen wird, das ist alles Ermessen, wie schnell das lektoren-Problematik wissen, und das setzt sich passiert, was an Sie herangetragen wird? dann immer so fort.

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Es entsteht ein Bild, als würde es, wenn es ir- man Informationen zu Missständen so lange ge- gendwo brennt - - Ich sage mal, sowohl die NSA- heim hält, bis es nicht mehr geht, und dass man Selektoren-Problematik wie die BND-Eigenerfas- auch Sie immer erst zu spät oder am Ende einer sung, das waren schon Brände. Dann geht ir- langen Kette informiert, wo schon an vielen an- gendwo eine Brandmauer hoch, und die Info ge- deren Stellen versäumt wurde, aktiv und transpa- langt nicht erst mal zum Abteilungsleiter, nicht rent mit den Dingen so umzugehen, dass man sie zum Präsidenten, nicht zur Abteilung 6, nicht tatsächlich auch beheben kann? zum Geheimdienstkoordinator, nicht zum Bun- deskanzleramtsminister, nicht zu Ihnen. Das lässt Ich sehe von all diesen Maßnahmen, die wir sich für viele weitere Schritte - ich könnte das heute beredet haben, nicht eine, die geeignet ist, jetzt einzeln durchexerzieren - immer wieder zei- dieses Prinzip anzugreifen. Das Prinzip wird bei gen, dass erst mal die Information stockt. Und den handelnden Personen, wenn die im Amt dann, wenn es überhaupt nicht mehr geht - bleiben, weiterlaufen. Ich glaube, da muss nie- manchmal Monate später, manchmal ein Jahr mand hier eine Prophetin sein: Der nächste BND- später -, wird die übergeordnete Ebene infor- Skandal steht dann vor der Tür, weil sich an dem miert, meistens dann, wenn man sagt: Jetzt kön- Prinzip nichts geändert hat. Daran ändert ein nen wir das sowieso nicht mehr begrenzen, den Herr Kahl nichts, und da ändert ein neues BND- Brand, weil - zum Beispiel -: Es hat sich dieser Gesetz nichts dran. Welche Ideen haben Sie, dass Untersuchungsausschuss konstituiert. Jetzt dieses Prinzip der Abschottung von Informatio- kommt dieser Mist raus. Jetzt müssen wir damit nen sich tatsächlich ändert? agieren. - Oder ein anderes Beispiel: Jetzt haben die diesen furchtbaren Beweisantrag gestellt. Jetzt Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ich weiß kommt die Sache raus. Jetzt können wir es nicht nicht, ob Herr Wolff den Fatalismus durchbre- mehr hinter der Brandmauer halten. Jetzt müssen chen will, der hier aufgetreten ist. wir es nach oben mitteilen. Martina Renner (DIE LINKE): Nein, das ist enga- Wir können diese Geschichte ganz ausführlich giert. erzählen. Die würde zu lange gehen, weil wir viele Daten und viele handelnde Akteure benen- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Er meldete nen müssten; die kennen Sie alle gar nicht, diese sich. Deswegen. Herren D. B., W. K. und Herrn Pauland usw. usf. Aber das System ist immer das gleiche und setzt MR Philipp Wolff (BK): Ich will nur darauf hin- sich immer wieder auf einer neuen Ebene fort. weisen, dass die Fragen, Frau Renner, eigentlich Wie gesagt: Die Brandmauer wird immer erst ein- überhaupt keine Zeugenfragen sind. Es sind noch gerissen, wenn man weiß: Jetzt ist der Moment Fragen, aber es sind keine Zeugenfragen. Der da. Wir können es nicht mehr deckeln. Es ist vor- Zeuge soll zu eigener Wahrnehmung befragt bei. Jetzt haben die zum Beispiel das Anrecht, werden, und das sind eigentlich alles Fragen zu diese Unterlagen zu sehen oder Ähnliches. Oder hypothetischen Bewertungen. Da ist ein Zeuge jetzt hat die Presse darüber berichtet. Jetzt vor- nicht geeignet, solche Fragen zu beantworten, wärts! auch wenn es die Bundeskanzlerin ist.

Von all dem, was wir am Ende dieses Untersu- Martina Renner (DIE LINKE): Ich mache eine chungsausschusses - der ist noch nicht zu Ende, einfache Frage daraus: Welche der von Ihnen aber wenigstens in der Beweisaufnahme - an benannten Konsequenzen ist geeignet, die man- Konsequenzen haben, ist die Änderung des BND- gelnde Fehlerkultur im Bundesnachrichtendienst Gesetzes, Herr Schindler ist nicht mehr Präsi- und im Bundeskanzleramt zu beheben? dent, und man sagt, in Zukunft wird es besser. Aber was von diesen Maßnahmen - BND-Gesetz- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich glaube, dass der Novelle, neuer Präsident - ändert was an diesem Gesamthergang inklusive der Arbeiten des Unter- beschriebenen Prinzip, ändert etwas daran, dass suchungsausschusses geeignet ist, die Sensibilität

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 117 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung bezüglich bestimmter Dinge sehr zu erhöhen, Ihre Unterbrechungen: dass man zwischendrin auch bei jeder einzelnen handelnden Person. noch mal in den Unterlagen blättern kann. Wenn Sie davon ausgehen, dass, wenn Fehler in der Vergangenheit passiert sind, handelnde Per- Das, was ich vorhin vorgehalten habe, das Proto- sonen nicht mehr in der Lage sind, sich anders koll haben wir inzwischen gefunden. Herr Alt- zu verhalten, dann hätten wir eine unterschied- maier - - das Altmaier-Protokoll, Seite 83 bis 85. liche Einschätzung. Deshalb spreche ich auch nicht all denen, die kontinuierlich dort sind, ab, Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja, wir haben dass sie sich vielleicht auch an einigen Stellen es Ihnen gegeben. anders verhalten. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Im Übrigen ist die Sache, wie Sie sie jetzt darge- NEN): Sie haben es mir gegeben? Nein, nein, stellt haben, sicherlich eine Facette; aber es gibt nein, nein. Wir haben das hier aus dem Com- eben auch andere. Der Spion ist ja nicht durch puter. irgendeine Veröffentlichung erkannt worden. Was das Handy anbelangt, da hat der BND nun Zeugin Dr. Angela Merkel: Na, ist ja auch egal. echt gar nichts damit zu tun. Man muss unter- scheiden zwischen den NSA-Selektoren, die hät- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ten untersucht werden müssen vom BND, ob sie NEN): Ich will jetzt nicht zwei Seiten oder drei akzeptiert werden, und der Eigenaktivität des Seiten vorlesen, aber ein paar Sätze, die sich da- BND, die nach jetziger Rechtslage völlig ausge- rauf beziehen, dass Herr Altmaier im Januar schlossen ist, nach damaliger Rechtslage viel- 2014, also in dem Monat, in dem er angefangen leicht mit weiter Interpretation jedenfalls, wie hat bei Ihnen als Kanzleramtschef, mit dieser Herr Schindler sagt, noch nicht absolut als un- Frage befasst hat und eben auch Erkenntnisse ge- rechtmäßig klassifiziert werden konnte, wenn ich wonnen hat, die er uns mitgeteilt hat am letzten es auch politisch für vollkommen falsch und ab- Montag. Da sagt er ganz unten auf der Seite 83: wegig halte und auch nicht gedacht hätte. Und die Gretchenfrage ist aber Ich sehe diese Sache nicht so fatalistisch und doch, glaube, dass die gesamte Vorgehensweise - von den Veröffentlichungen bis hin zu den Untersu- - er sagt vieles, aber jetzt kommt die Gretchen- chungen - dazu führt, dass man mit einer ande- frage - ren Sensibilität an die Sache geht. Man hat eine neue Rechtsgrundlage, und es gibt auch einen wenn sich ein Nachrichtendienst neuen Chef des BND. in einem anderen Land betätigt, ob er dann das Recht dieses Lan- des in jedem Falle einhält. Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Noch eine Minute. Genau, sage ich auch:

Martina Renner (DIE LINKE): Ich habe keine Ja, genau. weiteren Fragen mehr. Danke. sagt Ströbele. Dann geht es weiter. Da lasse ich Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Okay. - Die mal einen Absatz weg, weil der etwas anderes be- Fraktion der CDU/CSU hat auch keine weiteren trifft, SIGINT allgemein. Dann sagt Herr Altmaier Fragen. Dann wären wir bei der Fraktion Bündnis als Nächstes: 90/Die Grünen. Herr Kollege Ströbele scheint die Fragen zu stellen. Ich habe jedenfalls, als ich ins Kanzleramt kam, festgestellt, dass Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- die Amerikaner, amerikanische NEN): Ja, Herr Vorsitzender, ein Vorteil haben

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 118 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

1. Untersuchungsausschuss

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Seite nicht bereit war, diese Ga- denen“, passt das eigentlich nicht zusammen. Da rantie in einer solchen Weise zu hätte er doch auch mal eine Korrektur in der da- geben, dass der Abschluss eines maligen Erklärung von Herrn Pofalla, dem vor- solchen Abkommens mir sinnvoll herigen Kanzleramtschef - - wäre angebracht ge- erschien. wesen. Richtig ist, dass Sie dann anschließend sagen - das haben Sie auch schon mehrfach zi- Also, da hat er festgestellt: Die wollen das gar tiert -, Sie selber, für Sie ist das dann auch unge- nicht. Dann sagt der Ströbele: wiss. Aber hat man keinen Grund gesehen, jetzt diese alte Erklärung von Herrn Pofalla entweder Das heißt, wenn ich jetzt nur Ihr Gedächtnis oder Ihre Meinung ab- zu erklären, zu erläutern, wie es dazu gekommen frage, dann sagen Sie, es ist nicht ist, oder aufzuheben und zu sagen: „Mea culpa, sicher, dass die sich immer an Ge- da haben wir uns vertan“ oder - ich sage immer setz und Recht halten. noch -: „Weil da Wahlkampf war, haben wir ein bisschen über die Stränge geschlagen, oder erheb- Daraufhin sagt Herr Peter Altmaier: lich“? Ist das bei Ihnen nicht problematisiert worden? Weil Sie waren dann ja auch schon Ja, ich möchte Sie - - bekehrt und wussten, es sind erhebliche Zweifel. So haben Sie es jetzt mal ausgedrückt. Da habe ich ihn dann leider unterbrochen. Ich sage: Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe mir diese Frage nicht gestellt, und Herr Altmaier hat das Sonst hätten Sie ja auf dieser geantwortet, was ihm da erschien. Ich habe ge- Klausel nicht bestanden, die da sagt in der Regierungserklärung - das haben Sie ja drinsteht, weil das selbstverständ- jetzt auch eben gesagt -: lich ist. Die Vorstellungen sind heute weit Dann unterbricht er mich: auseinander. Viele sagen, die Ver- suche für eine solche Vereinba- Ja. rung seien von vornherein zum Scheitern verurteilt ... Und so weiter. Es geht dann noch ein bisschen weiter; das will ich mir sparen. Aber da sagt Herr Darunter können Sie auch die Einschätzung von Altmaier ganz deutlich - - und Grundlage dessen, Herrn Altmaier subsumieren. Ich führe das mit was Herr Altmaier gesagt hat - das arbeiten wir ja Nachdruck, nicht mehr und nicht weniger, weil auch raus -, war ein Vermerk in den Akten, den ich nach wie vor glaube, dass wir gute Argu- wir nur nicht direkt vorhalten konnten, weil das mente haben, habe aber zugegeben, dass die Vor- Geheim war. Aber da bezieht sich auch Herr Alt- stellungen weit auseinander gelegen haben. Über maier drauf, ohne das ausdrücklich zu nennen, Weiteres habe ich mir dann keine Gedanken ge- und er sagt das ausdrücklich. macht, sondern ich habe das genommen, was mir Anfang Januar mitgeteilt wurde, und das ist et- Zeugin Dr. Angela Merkel: Gut. Also, ich kann - - was anderes, was ich am 7. August gelesen habe. Das ist richtig, ja. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Da wusste also Herr Altmaier: Klappt Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- nicht, weil die schon auch schriftlich mitgeteilt NEN): Ja, genau. haben, dass sie dazu nicht bereit sind. Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe zu jeder Zeit Was ich Sie vorhin gefragt habe, war ja - die dann auch die jeweilige Einschätzung - - Frage wiederhole ich jetzt -: Nachdem Herr Pofalla schon vier Monate, fünf Monate vorher gesagt hat: „Wir haben es sogar schriftlich von

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 119 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- kann mich nicht erinnern, jemals so was gelesen NEN): Aber die Zeiten unterschieden sich ja. Da zu haben. waren Sie in einer neuen Koalition mit neuem Spiel, neuem Glück, und ob Sie dieses Glück ha- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben, wussten Sie im August noch nicht. NEN): Es geht ja jetzt nicht um irgendwas, was in Paris passiert ist - es passiert viel Schlimmes Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich möchte Ihnen auch -, sondern über Ihre Verhandlungspartner, noch mal hier ganz eindeutig sagen: Wir haben also ganz oben oder Außenminister oder - - zu jedem Zeitpunkt und unbeschadet der Frage, ob Wahl war, ob es nach der Wahl war oder vor Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein, nein, nein. der Bildung einer neuen Koalition, nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet. Ich jedenfalls Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- sage das für meine Person. NEN): Nein?

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Keine Erinnerung, so NEN): Ja. - Jetzt habe ich noch zwei andere Fra- was. gen, und zwar: Haben Sie als Kanzlerin zu ir- gendeiner Zeit oder mehrfach vom Bundesnach- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- richtendienst Informationen bekommen - also ein NEN): Da haben Sie keine Erinnerung dran. - Nun Papier oder wie auch immer - über Verhand- tauchte ja dieser Vorwurf auf - der stand auch in lungspartner, die zu den EU-Partnern und Freun- der Presse, in mehreren Zeitungen, und ist hoch den gehören, also auf Regierungsebene? Sie wis- und runter diskutiert worden -: Wie kommen die sen, dass der Vorwurf besteht, dass Sie abgehört darauf? Schon als die NSA-Selektoren bekannt worden sind. Verschiedene Länder - ich will die wurden, tauchte dieser Verdacht auf, dass das da jetzt gar nicht im Einzelnen aufzählen, weil das drinsteht. Wir wissen bis heute nicht, was da immer ein Problem ist; aber welche, die uns sehr drinsteht; aber wir haben es in der Zeitung gele- nahestehen, vor allen Dingen auch Ihnen sehr sen. Haben Sie zu irgendeinem Zeitpunkt dann, nahestehen - sollen abgehört worden sein. Haben wenn Sie mit diesen Partnern und Freunden zu- Sie mal Früchte dieses Abhörens in irgendeiner sammengetroffen sind, das mal erwähnt, oder Weise vom Bundesnachrichtendienst bekommen, wurde Ihnen das vorgehalten? Ich habe Medien- oder können Sie sagen, Sie haben nie was vom berichte gelesen, dass zum Beispiel in Frankreich Bundesnachrichtendienst dazu bekommen, über man sehr ungehalten darüber gewesen sein soll, Meinungen einzelner Personen oder was Sie da als das rauskam. Ist Ihnen so was mal begegnet? erwartet in der Verhandlung? Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, ich zitiere aus Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe erst schon Gesprächen mit politischen Partnern nicht. Das gesagt, dass ich aus dem Lesen von Berichten des gesamte Verständnis besteht, wann immer solche Bundesnachrichtendienstes niemals Ansätze er- Sachen im Raume stehen, dass sich die Nachrich- kannt habe, dass das vielleicht auf unrechtmä- tendienste darüber austauschen und nicht auf der ßige Weise oder auf nicht von mir gedeckte politischen Ebene. Weise - Ausspionieren von Freunden, das macht man nicht - entstanden wäre. Im Übrigen - sage Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich mal von meiner Praxis her - existiert über NEN): Ja, aber es könnte ja hier - - Sie sind ja vor- befreundete Länder wenig. hin auch schon mal gefragt worden, -

Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, könnte. Ich sage ja NEN): Aber es gibt welche? nur, wie es ist.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Nachrichtendienste. - Ich lese sowieso sehr wenig davon. Also, ich

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 120 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- (Dr. Konstantin von Notz NEN): - dass man sagt: „Entschuldigung, wir ha- (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ben das jetzt abgestellt“, oder: „Unverschämtheit NEN): In der letzten war das“, oder irgendwie so ein Wort. Oder ist Kurve!) das überhaupt nie Thema gewesen? - Ja, ja, am Ende doch noch. - Herr Ströbele, Sie Zeugin Dr. Angela Merkel: Die Nachrichten- haben jetzt einen Lauf. dienste sollen sich darüber unterhalten. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Also mache ich weiter. NEN): Bitte? (Zuruf) Zeugin Dr. Angela Merkel: Die Dienste sollen - Das ist ein echter Durchbruch. Das können Sie sich darüber unterhalten. nicht beurteilen, weil Sie nicht immer hier wa- ren. Das hat es noch nie gegeben. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Das haben Sie gesagt? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Man muss auch gönne könne. Zeugin Dr. Angela Merkel: So was würde man dann sagen, wenn solche Fragen auftreten. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. - Jetzt kommen wir zu Ramstein noch Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- mal. War Ihnen bekannt, dass in Deutschland der NEN): Ja. Sind solche aufgetreten? Vorwurf erhoben worden ist und dass es auch Anfragen aus dem Parlament dazu gab, dass Zeugin Dr. Angela Merkel: So was sagt man, Ramstein eine wesentliche Rolle spielt, also diese wenn solche Fragen auftreten. Mehr möchte ich US-Niederlassung in Ramstein eine wesentliche darüber nicht sagen. Rolle spielt bei den Drohneneinsätzen in Afrika vor allen Dingen? Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aha. Gut. Daraus schließe ich: Es war so. Zeugin Dr. Angela Merkel: Es gibt ja die ver- schiedensten - wir haben schon darüber gespro- Zeugin Dr. Angela Merkel: Was Sie schließen, ist chen - Anfragen, - Ihre Sache. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ja. NEN): Ja. Zeugin Dr. Angela Merkel: - und immer wieder Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz kurz, in der Presse. In der RegPK, in der Regierungs- Herr Kollege Ströbele. Ich frage einmal in die pressekonferenz, tauchen diese Fragen immer Runde, ob es noch Fraktionen gibt, die jetzt Fra- wieder auf, und ich habe den Antworten der gen haben. Wenn nicht, könnten Sie nämlich Bundesregierung nichts hinzufügen. weiterfragen. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Aber Ihnen war bekannt, dass solche An- NEN): Oh, das ist aber sehr elegant. fragen da waren und Vorwürfe erhoben worden sind? Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Herr Kollege Ströbele, ja, ich lerne ja auch dazu im Wege der Sitzungen.

18. Wahlperiode Deutscher Bundestag - Stenografischer Dienst Seite 121 von 124 Stenografisches Protokoll 131 I

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Nur zur dienstlichen Verwendung

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja, wenn man Regie- Zeugin Dr. Angela Merkel: Und ich will einfach rungspressekonferenzen und die daraus entste- noch mal sagen, dass ich auch auf diese Frage henden Agenturmeldungen verfolgt, kommt man mit Nein antworte. daran so gut wie nicht vorbei. Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN): Ach so. Mit Nein geantwortet. NEN): Nun haben Abgeordnete ein Interesse da- ran, dass ihre Fragen sachgerecht und richtig be- Wissen Sie - ist Ihnen das denn bekannt? -, dass antwortet werden, ich denke, aber auch einen inzwischen von dem Außenministerium Ihrer Re- Anspruch. gierung dazu eine abweichende Auffassung - - nicht Auffassung, sondern Mitteilung der US- Zeugin Dr. Angela Merkel: Klar. amerikanischen Seite - Informationen, die die da bekommen haben -, auch an das Parlament ge- Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- langt ist. NEN): Haben Sie denn mal, um dafür zu sorgen, dass diese Anfragen auch wirklich profund und Zeugin Dr. Angela Merkel: Das wurde ja erst auf jeden Fall richtig beantwortet werden, Sie schon thematisiert von Herrn Hahn. selber jetzt, an Gesprächen teilgenommen oder das selber zum Thema gemacht, wenn Sie mit Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- US-Personen - insbesondere mit dem Präsiden- NEN): Ja. Also, das ist Ihnen bekannt? ten - zusammen waren? Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich habe auch dazu Zeugin Dr. Angela Merkel: Nein. gesagt - und dann ist es jetzt meine letzte Aus- sage zu dem Thema heute, weil ich es damals Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schon dreimal gesagt habe -, dass ich von der NEN): Zu keinem Zeitpunkt? - Also, wir haben Einschätzung - - dass ich nichts anderes sage als festgestellt, dass im Jahr 2013 Herr Obama hier die Einschätzung der Bundesregierung. war, auch eine Rede gehalten hat und dass er von selber zu dem Thema - wahrscheinlich, weil er Hans-Christian Ströbele (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- auch von Journalisten oder so dazu angesprochen NEN): Ja. Und jetzt frage ich Sie als Bundeskanz- worden ist - sich dazu geäußert hat, immer lerin: Haben Sie, nachdem Sie das zur Kenntnis gleichlautend - das ist wie so eine Formel -: Das bekommen haben - das hat ja auch die Bundes- haben die Amerikaner immer gesagt dazu, dass regierung durch das Auswärtige Amt an das Par- sie keine Drohnen von Deutschland starten las- lament herangetragen -, mal einen Grund gese- sen und auch keine Drohnen von Deutschland hen, zu intervenieren jetzt und zu sagen, Ram- steuern. - Das war immer die Formel. Haben Sie stein, das soll nicht gemacht werden? in diesem Zusammenhang mit ihm, mit Herrn Obama, geredet und vielleicht nachgefragt, ob es Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich wiederhole mich vielleicht andere Arten von Beteiligungen deut- jetzt nicht noch mal. Ich habe dem Komplex jetzt scher Stellen - - nichts hinzuzufügen.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Dazu hätte Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Gut. Herz- ich Herrn Wolff mit einer Wortmeldung. lichen Dank. - Herr Kollege von Notz hat noch eine Frage. MR Philipp Wolff (BK): Entschuldigung, Herr Ströbele, aber ich muss einfach noch mal darauf Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- hinweisen: Auch die wiederholte Fragestellung NEN): Vielen Dank, Frau Bundeskanzlerin. Viel- macht es nicht untersuchungsgegenständlicher. leicht abschließend auch sozusagen aus der Wir haben es vorhin diskutiert, und ich will es Wahrnehmung, die wir jetzt haben - wir haben einfach noch mal in den Raum stellen. hier die letzten drei Jahre viele Menschen befragt,

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung sind auf erhebliche Kontrolldefizite bei der parla- Zeugin Dr. Angela Merkel: Erstens nicht nur eine mentarischen Kontrolle gekommen und andere Tickermeldung. Sie möchten mir nicht ausmalen, Dinge und haben heute gelernt, dass es auch bei was sie sagen. der Fach- und Rechtsaufsicht irgendwie struktu- relle Probleme gibt -: Haben Sie denn neben den Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Veränderungen, die es jetzt personeller Natur ge- NEN): Na ja, das wäre eine deutliche Konse- geben hat, Vorschläge, wie man zukünftig solche quenz. Kontrolldefizite auch bei der Fach- und Rechts- aufsicht vermeiden kann beim Bundesnachrich- Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich achte - - Wenn ich tendienst? hier erkläre, dass der Bundesnachrichtendienst eine wichtige Institution ist, um die Sicherheit Zeugin Dr. Angela Merkel: Schauen Sie, ich bin unserer Bevölkerung zu sichern, dann ist er, der Meinung - um noch eine neue Facette dem glaube ich, beim Bundeskanzleramt schon ganz ganzen Komplex hinzuzufügen, um den wir uns gut aufgehoben. heute auch schon ausführlich gedreht haben; das hat mich auch dazu geleitet, beim 60. Grün- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- dungstag oder Geburtstag des BND zu sprechen -: NEN): Okay. Ich will nur noch erwähnt haben, Am besten macht man es, indem man den BND dass, wenn Sie diesen Ausschuss schon loben, als wichtige Institution auch gesellschaftlich ak- wir all diese Diskussionen und diese Erkennt- zeptiert und wir als Politiker dafür sorgen, dass nisse ohne Edward Snowden nicht gehabt hätten. das nicht irgendeine Ecke ist, in der komische Sachen stattfinden, sondern dass das ein wichti- Zeugin Dr. Angela Merkel: Das ist mir bekannt. ger Teil unseres Schutzes, unseres Schutzes der Bürgerinnen und Bürger ist, dass man die Men- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- schen dort zu Selbstbewusstsein ermuntert und NEN): Insofern sind wir dafür dankbar. Wir wer- damit dann aber auch zu Transparenz und dazu, den ja einen Abschlussbericht schreiben. dass sie zu dem, was sie tun, stehen und es mög- lichst viel rechtliche Klarheit auch gibt. Ich Zeugin Dr. Angela Merkel: Sie könnten auch - - glaube, Sie haben vielleicht ein Stück auf Ihre Art zu dieser Einschätzung auch beigetragen, und Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- ich will das aus meiner Art als Bundeskanzlerin NEN): Da stehen ja vielleicht noch Reformvor- auch tun. schläge drin. - Herzlichen Dank.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ganz herz- NEN): Dafür vielen Dank. Dass man jetzt den lichen Dank. - Ein bisschen haben es ja auch die Bundesnachrichtendienst zum Beispiel vom Bun- Ausschussmitglieder in der Hand. Vielleicht sind deskanzleramt wegnimmt, zum Auswärtigen Amt einige davon demnächst im Parlamentarischen stellt oder so was, das sehen Sie jetzt nicht, son- Kontrollgremium und haben die Möglichkeit, die dern beim Bundeskanzleramt ist das gut aufge- Kontrollfunktion dort auszuüben. hoben? Ich sehe, es gibt seitens des Ausschusses keine Zeugin Dr. Angela Merkel: Also, wissen Sie, weiteren Fragen. Dann sind wir am Ende der Be- wenn wir jetzt sagen würden, wir wollen den weisaufnahme. Bundesnachrichtendienst nicht mehr fachauf- sichtlich - - Frau Dr. Merkel, ich darf mich ganz herzlich bei Ihnen bedanken, dass Sie so lange Rede und Ant- Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- wort auf viele Fragen gestanden haben. Es war NEN): Dann würden Sie noch eine Tickermel- wohl eine der längeren Zeugenvernehmungen dung heute Abend kriegen. mit rund sieben Stunden. Ganz herzlichen Dank dafür, dass Sie uns fast ununterbrochen - mit

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1. Untersuchungsausschuss

Nur zur dienstlichen Verwendung einer kleinen Pause - doch alle Fragen beantwor- tet haben.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Die Sie verordnet haben.

(Heiterkeit)

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Ja. Danke, dass Sie es noch mal erwähnt haben.

Ganz herzlichen Dank. - Das Protokoll dieser Be- weisaufnahme wird Ihnen, wie ich es gesagt habe, zugestellt. Sie haben dann 14 Tage Zeit, et- waige Änderungen oder Korrekturen vorzuneh- men und uns zurückzusenden.

Das war dann auch die voraussichtlich letzte Be- weisaufnahme des 1. Untersuchungsausschusses der 18. Wahlperiode. Ich bedanke mich nicht nur bei der Kanzlerin - das habe ich gerade schon ge- macht -, bei den Kolleginnen und Kollegen, bei dem Ausschusssekretariat, der Bundesregierung und allen anderen Mitarbeitern, sondern auch insbesondere bei der Öffentlichkeit und bei den- jenigen, die doch fast jede Sitzung in den letzten rund drei Jahren besucht haben und immer sach- lich und gut Berichte erstattet haben. Unsere Ar- beit geht jetzt weiter mit dem Abschlussbericht.

Ich wünsche allen heute einen schönen Abend. Alles Gute! Sie werden sicherlich den Abschluss- bericht auch wohlwollend und gründlich zur Kenntnis nehmen.

Die Sitzung ist geschlossen. Einen schönen Abend!

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ich bedanke mich auch und wünsche alles Gute beim Verfassen des Abschlussberichts.

Vorsitzender Dr. Patrick Sensburg: Danke schön. Sie werden ihn von uns bekommen.

Zeugin Dr. Angela Merkel: Ja. No doubt.

(Schluss: 18.29 Uhr)

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