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Zoologisch-Botanische Datenbank/Zoological-Botanical Database

Digitale Literatur/Digital Literature

Zeitschrift/Journal: ÖKO.L Zeitschrift für Ökologie, Natur- und Umweltschutz

Jahr/Year: 1992

Band/Volume: 1992_2

Autor(en)/Author(s): Huss Herbert

Artikel/Article: Die Traunauen zwischen Lambach und - Dokumentation einer bedrohten Flußlandschaft 3-11 © Naturkdl. Station Stadt /; download unter www.biologiezentrum.at

AUWALD- UND FLIESSGEWÄSSERSCHUTZ ÖKOL15/2(1992):3- 11 Die Traunauen zwischen Lambach und Wels - Dr. Herbert HUSS Gmundner Straße 9 Dokumentation einer A-4651 Stadl-Paura bedrohten Flußlandschaft

In Oberösterreich sind sämtliche großen Flüsse wie Donau, Inn, Enns und die untere bereits in geschlossenen Kraftwerksketten ausge- baut. Nunmehr plant die OKA an der Traun die Errichtung der Kraft- werke Lambach und Saag (Abb. 1, 3). Von dem Projekt unmittelbar be- troffen sind das Auen-Naturschutzgebiet Fischihamer Au (Abb. 2), das geplante Naturschutzgebiet Stögmühlbach - Zauset - Planasee (Abb. 4), das geplante Landschaftsschutzgebiet Sperr - Saag, die und der Agerspitz. Was aber besonders schwer wiegt: Es würde die letzte bedeutende Auen- fließstrecke Oberösterreichs mit noch weitgehend intakter Geschiebe- dynamik im Stau versinken.

Der Flußlauf der Traun sich schluchtartig in die eiszeit- lichen Konglomerate eingegraben Die Traun entspringt in den Nördli- und an einigen Stellen, unbehelligt chen Kalkalpen des oberöster- von Flußregulierung oder Kraft- Abb. 1: Die Lage der durch die Kraft- reichisch-steirischen Salzkammer- werksbauten, ihr ursprüngliches Aus- werksplanungen Saag und Lambach be- gutes. Durch das enge Koppental sehen bewahren können. Ab Stadl- drohten Traunauwälder in Oberösterreich. fließt sie in den Hallstätter See und Paura floß sie früher, aufgegliedert weiter in den . Zwischen in zahlreiche Seitenarme und Alt- ten Auwaldgürtel der Donau zu. und Stadl-Paura hat sie wässer (Abb. 5), in einem brei- Während die Traun unterhalb von

KW IN PLANUNG KW IN BETRIEB

KW IM BRENNPUNKT

Abb. 3: Übersichtsplan der Kraftwerksnutzung an der Traun mit den derzeit aktuellen Brennpunkten der Diskussion: KW Saag und KW Lambach. Nach EILMANSBERGER (1982), leicht verän- dert.

Legende: Abb. 2: Bestehende bzw. geplante Schutzgebiete (unterschiedli- (T) bestehendes Naturschutzgebiet Fischihamer Au cher Kategorien) im unmittelbaren Einflußbereich des geplan- ten Kraftwerkes Saag (mit einer Kette von ökologisch negativen (2) geplantes Naturschutzgebiet Stögmühlbach-Zauset-Planasee Auswirkungen) zeigen die ökologisch hochsensible bzw. natur- (3) geplantes Landschaftsschutzgebiet Sperr-Saag schutzrelevante Bedeutung des Traunauenzuges in diesem Be- (4) geplanter geschützter Landschaftsteil Saagerdamm reich auf. (5) geplanter Standort KW Saag Entnommen aus Oö. Raumordnungskataster (EDV-Verzeichnis © Ende der KW Saag - Auswirkungen durch Flußeintiefung l.I.I-B).

ÖKOL 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Abb. 4: Unterwasserbereich des geplanten Kraftwerkes Saag. Das letzte großflächige Augebiet an der Traun mit einer noch intakten Auendynamik und einer Reihe seltener, durch den Kraftwerksbau bedrohter Tier- und Pflanzenarten. - Vor uns liegt mit der Zause- ter Au eines der ökologisch wertvollsten Gebiete von Oberösterreich. Rechts unten das silbrige Band der Traun; zwischen der (zen- tralen) Straße und der Traun liegt das vom Stögmühlbach (von der Alm gespeist) durchflossene Auwaldgebiet mit Flutmulden und Altarmsenken. Im Hintergrund glitzert das Naßbaggerungsgebiet der z. T. vom Wasserschisport genutzten Planaseen. Letztere bil- den u. a. ein wichtiges lokales Uberwinterungszentrum der Wasservogelfauna. Vergleiche dazu Abb. 2, welche die Schutzbestre- bungen für diesen Landschaftsteil in einen größeren Zusammenhang stellt. Mittels entsprechender Konzepte lassen sich u. a. stand- ortgemäße Renaturierungsvorgänge in die Wege leiten. Foto: Verfasser

Abb. 5: Karte der Traun bei Wels aus dem 18. Jhdt. Ein weitläufiges Altarmsystem und ausgedehnte Schotterinseln prägten das Landschaftsbild der Traun in ihrem ursprünglichen Zustand. A ÖKO-L 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Wels durch die beiden Kraftwerke Marchtrenk und Pucking eine „auto- bahnähnliche" Gestalt angenommen hat (Titelbild. Abb. 22), ist anschlie- ßend an die Stauwurzel des Welser Wehrs ein Auengebiet erhalten ge- blieben, das uns auch heute noch ei- nen Eindruck von der ursprünglichen Schönheit der Traunauen zu geben vermag. Die geplanten Kraftwerke sollen zwischen der Stauwurzel des Welser Wehrs und Stadl-Paura er- richtet werden, umfassen somit zur Gänze den noch verbleibenden 12,5 km langen Rest der freien Auen- fließstrecke der Traun (Abb. 8-10). Über Jahrtausende war die Traun be- deutende Lebensader dieses Landes. Die Schiffahrt, insbesondere die Salzschiffahrt, prägte das kulturelle und wirtschaftliche Leben zahlrei- cher Gemeinden. Ihr Fischreichtum Abb. 6 :Ein Verbreitungsschwerpunkt des überall bereits selten gewordenen Laubfro- war legendär, ebenso die Schönheit sches befindet sich aufgrund der noch zahlreichen stehenden Kleingewässer in dem ihrer Aulandschaft. Wenngleich die bedrohten Auwaldgebiet. Foto: W. Schweiger um die Jahrhundertwende erfolgte Regulierung ein schmerzhafter Ein- griff war, ist von der ökologischen Wertigkeit dieses Gebietes dennoch 0 überraschend viel erhalten geblieben.

Flutmulden sorgt für die auentypi- f -er •— sche Standortsvielfalt und eröffnet o ~\ durch Anbindung dieser Altarme an \ V den Fluß die große Chance einer \ Rückregulierung. 0 un 0 //

Auwald f

Das vorhin angesprochene Auenge- biet liegt im Unterwasserbereich des Amphibienarien Laichgewässer <# pro Quadrant pro Quadrant geplanten KW Saag. Im Flußbett an- 9 stehende Konglomerate konnten hier • 1 >1 % o n ° die Eintiefung der Traun deutlich 0 bremsen, so daß diese Au auch heute f (h 2 O 3 O 6-10 noch großflächig überflutet wird und %9 * eine weitgehend intakte Auendyna- O 4 O 3-5 mik gewährleistet ist. \gk\m Von den an der Traun ursprünglich h ^6 © 1-2 weit verbreiteten Weichholzauen Q Laichvorkommen \ erloschen (Abb. 9) ist hier ein letzter Rest einer 1 Weiden-Pappel-Au mit mächtigen , 1km , Exemplaren der Schwarzpappel und Silberweide erhalten geblieben. Ne- \ ben kleineren Grauerlenbeständen Abb. 7: Deutlich tritt die Wichtigkeit des vom Kraftwerksbau bedrohten dominiert die Hartholzau, die als Ei- Auwaldareals als lokales Amphibienzentrum im Trauntal (gelb) zwischen Wels chen-Linden-Au, Eichen-Eschen-Ul- (linierte Stadtgrenzen) und Lambach in Erscheinung. Entnommen aus SCHUSTER men-Wald oder als Mischwald mit (1987). ÖKO-L 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Berg-Ahorn ausgebildet ist. Altarme, Auentümpel, Schilfröhrichte und Heißländen durchziehen die Au, so daß insgesamt ein in sich verzahntes Muster verschiedenster Struktur- typen und Lebensräume besteht. Besonders sensibler Gradmesser für die Wertigkeit solcher Lebensräume sind die Amphibien, da sie, bedingt durch ihre Biologie, sowohl den Zu- stand terrestrischer Lebensräume wie auch der von ihnen aufgesuchten Kleingewässer widerspiegeln. Vergleiche dazu die Abb. 7, aus der die besondere Bedeutung dieses Ge- bietes als das Amphibienzentrum des Trauntales zwischen Wels und Lam- bach und damit die besondere Schutzwürdigkeit dieses Raumes Abb. 8: Traun im Bereich des Naturschutzgebietes lischlhumer Au. Anstehende hervorgeht. Koglomerate konnten hier die Eintiefung der Traun bremsen, sodaß auch heute noch Der wohl interessanteste Bewohner großflächige l'berflutungen der Au gewährleistet sind. Foto: A. Schuster der Auentümpel ist der Alpenkamm- molch, der in der Auenstufe in insge- amt 15 Laichgewässern anzutreffen ist (mündl. Mitteilung A. Schu- ster), während er in den außerhalb gelegenen Tümpeln fast gänzlich fehlt. Er ist an die Lebensbedingun- gen in der Au ganz besonders gut an- gepaßt. So waren die Kammolchlar- ven eines Auentümpels, der während des Sommerhochwassers 1991 min- destens einen Meter von starker Strö- mung überflutet wurde, auch noch nach dem Hochwasser in ihrem Tüm- pel zu finden. Da diese Molche in einem kleinen, isolierten Auwald bei Stadl-Paura leben, ist auszu- schließen, daß diese Larven von an- deren Tümpeln ausgeschwemmt wurden. Sie hatten das Hochwasser hier offenbar unbeschadet über- Abb. 9: Blick auf die im Raum Lambach noch freifließende Traun. Vier Meter hohe dauert. Dämme sollen hier die letzten Weichholzauen zerstören. Auch der bereits selten gewordene Laubfrosch (Abb. 6) laicht noch in zehn Gewässern, der Springfrosch in insgesamt 63 Gewässern (SCHUSTER 1987). Neben den genannten Arten bevölkern auch noch Teichmolch. Erdkröte, Gelbbauchunke und der Grasfrosch die Au. Auch die Vogelfauna unterstreicht eindrucksvoll die große ökologische Bedeutung dieser Auen. Von den Brutvögeln sei an erster Stelle der Schwarze Milan (WINKLER U. SCHU- STER 1987 - Abb. 11) genannt, der als Vertilger von Fröschen. Mäusen und Fischen sowie Aas in der Au ideale Lebensbedingungen vorfindet. Fer- ner brüten Wespenbussard. Baum- falke. Sperber, Habicht. Wasserralle. Gänsesäger. Tüpfelsumpfhuhn. Mit- telspecht (Abb. 13), Hohltaube, Abb. 10: Die Auuaiuci Madl-Pauru unterliegen noch der Hochwasserdynamik Schlagschwirl, Feldschwirl und Gar- (Dezember 1991). Abb. 9. 10: Verfasser tenrotschwanz. ÖKOL 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Abb. 11: Der Brutnachweis des Schwarzen Milan belegt die (noch) intakten Verhältnisse der Traunauen oberhalb von Guns- kirchen. Foto: WWF-Archiv

Abb. 12: Der tropisch anmutende Eisvogel, ein Kleinod unserer Gewässer, ist überall an den Fließgewässern des Gebietes ganzjährig zu beobachten. Foto: WWF-Archiv

Abb. 13: Der Mittelspecht, eine Besonderheit der oö. Vogel weit, Abb. 14: Der Graureiher zählt zu den regelmäßigen, z. T. in ist u. a. in seinem Vorkommen auf strukturreiche Hartholzauen größerer Zahl auftretenden Besuchern des Gebietes. beschränkt. Foto: A. Wünschek Foto: F. Antonicek ÖKOL 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Ein wichtiger Sekundärlebensraum diesen Organismen, die letztlich zum (Ophioglossum vulgatum) und die ist das im Bereich der Au gelegene Nachweis einer Moostierchenkolonie Schopf-Traubenhyazinthe (Muscari Schotterabbaugebiet Planaseen, wo in einem Altarm der Traun bei Lam- comosum). Haubentaucher, Knäkente (Abb. 19), bach führte. Beide Netzflügler wur- Insgesamt müssen diese Trocken- Flußuferläufer, Flußregenpfeifer den am Rand eines kleinen Auenge- rasen als für Oberösterreich absolut (Abb. 20) und Eisvogel (Abb. 12) biets in Stadl-Paura gefunden, in dem schützenswerte Rarität angesehen (SCHUSTER 1990), nach Schuster vier Meter hohe Kraftwerksdämme werden (SCHRAMAYR 1986). An einer (mündl. Mitteilung) neuerdings auch errichtet werden sollen, wodurch ein Stelle, wo Hummelragwurz, Fliegen- Uferschwalbe und Blaukehlchen brü- großer Teil dieser Au unmittelbar ragwurz (Abb. 18, 21) und Nattern- ten. zerstört würde. zunge wachsen, soll das Krafthaus Ausgerechnet hierher sollen über des Kraftwerks Saag errichtet werden. eine quer durch die Au zu errichtende Trockenrasen Auf die gesamte Flora der Auen kann Straße 1,2 Millionen Kubikmeter hier nicht eingegangen werden. Es Aushubmaterial aus dem Unterwas- Trockenrasen sind insbesondere ent- sei lediglich noch auf den im zeitigen ser des geplanten KW Saag gebracht lang des linken Traunufers im Be- Frühjahr blühenden Traun-Blaustern und zum Teil auch deponiert werden. reich der Ortschaft Edt verbreitet. (Scilla drunensis - Abb. 15) verwie- Sämtliche bisher genannten Brut- vogelarten sind in ihrem Bestand in Österreich gefährdet (BAUER 1989). Weitere bemerkenswerte Brutvögel sind die Krickente, Wasserralle. Schwarz-, Grau-, Grün- und Klein- specht, Pirol, Rohrammer, Garten- grasmücke, Weidenmeise, Mistel- Abb. 15: drossel und Gartenbaumläufer. Zu Eine Charakter- den häufigen Arten zählen Buchfink. art der Traun- auen ist der im Mönchsgrasmücke, Fitis, Zilpzalp zeitigen Früh- und Sumpfrohrsänger. Als besondere jahr blühende Sommergäste an der Traun sollen Traun-Blaustern noch der Nachtreiher sowie ein bal- (Scilla dru- zendes Fischadlerpaar erwähnt wer- nensis). den (SCHUSTER 1990). Foto: F. Speta Über die Säuger der Auen ist kaum etwas bekannt. In den letzten Jahren hat sich allerdings ein Biber (Abb. 17) durch das Fällen von Bäumen be- merkbar gemacht. Er dürfte vom Almsee zugewandert sein. Über die mitunter sehr lästigen aube- wohnenden Insekten weiß man Meist handelt es sich um, zumin- sen. Insgesamt konnten 72 Pflanzen- ebenfalls wenig. Daß aber mit inter- dest früher als Streuwiesen genutzte arten nachgewiesen werden, die in essanten Funden zu rechnen ist, be- Trespen-Pfeifengras-Wiesen, Fieder- der Roten Liste gefährdeter Pflanzen weist der vor kurzem erfolgte Nach- zwenken-Trespen-Trocken wiesen Österreichs (NIKLFELD 1986) enthal- weis von zwei für Oberösterreich oder extreme Trockenrasen mit Fur- ten sind. Bisher wurden 50 Pflanzen- neuen Netzflüglern: Psectra diptera chenschwingel (Festuca rupicola) arten gefunden, die in Oberösterreich und Hügelmeister (Asperula cynan- einen konkreten Schutzstatus ge- chica), die mit Buschwald mosaikar- nießen. Dies entspricht 40 Prozent tig verzahnt sind. aller geschützten Pflanzenarten die- Kennzeichnend ist ihr Artenreich- ses Bundeslandes auf einer Fläche tum, insbesondere an seltenen Orchi- von nur vier Quadratkilometern. 32 deen. Erwähnt seien die in Ober- dieser Arten sind in Oberösterreich österreich nur mehr an der Traun ver- vollkommen geschützt. breitete Hummel-Ragwurz (Abb. 18), Schotterbänke die Fliegen-Ragwurz (Ophrys insec- Schotterbänke sind nicht nur ein cha- Abb. 16: In den Traunauen bei Siadl- tifera - Abb. 21). das Dreizähnige Paura liegt das einzige Vorkommen in Knabenkraut (Orchis tridentata), das rakteristisches Element der Flußland- Oberösterreich des sehr seltenen Netz- Brand-Knabenkraut (Orchis ustu- schaft der Traun, sie sind besonders fliiglers Psectra diptera. Foto: M. Stelzel lata). das Helm-Knabenkraut (Orchis während des Winters auch wichtiger militaris), die Pyramiden-Hundswurz Rast- und Nahrungsplatz für zahlrei- und das Schwammhaft Sisyra fus- (Anacamptis pyramidalis) sowie die che Vogelarten. Beobachtet wurden cata (Huss 1989). Da die Larven der mitunter sehr häufig auftretende Stockente. Mittelsäger, Gänsesäger letztgenannten Art auf Süßwasser- Sumpfwurz (Epipactis palustris). die (Brutvogel an der Traun!), Fischad- schwämmen beziehungsweise Moos- Händelwurz (Gymnadenia conopsea) ler. Habicht. Flußuferläufer (unregel- tierchen parasitieren. war der Fund und die Waldhyazinthe (Piatanthera mäßiger Brutvogel), Waldwasserläu- Anlaß für eine intensive Suche nach bifolia) sowie die Natternzunge fer, Grünschenkel, Wasserpieper. ÖKO-L 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Abb. 17: Ein UUN dem Almbereich?) zugewanderter Biber be- legt die hohe ökologische Wertigkeit des Zauseter Augebietes als möglichen Wiederbesiedlungsraum. Foto: M. Martys

Abb. 18: Die Hummel-Ragwurz ist eine der botanischen Kost- barkeiten der Traunauen. Foto: A. Schuster

Abb. 19: Die Knäkente zählt zu den Durchzüglern (Frühjahr) und nutzt u. a. Schotterbänke und Kleingewässer als Rastplatz. Foto: WWF-Archiv

Abb. 20: Der Flußregenpfeifer besiedelte einst die Schotter- Abb. 21: Die Fliegen-Ragwurz (siehe auch Titelbild) zählt zu bänke und -inseln. Heute nutzt er zum Großteil Schottergruben den Besonderheiten unter den 18 bisher festgestellten Orchi- (z. B. Planasee-Gebiet) als Brutareal. Foto: WWF-Archiv deenarten. Foto: W. Schweiger ÖKOL 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

Waseramsel, Zaunkönig, Saatgans, Fischreiher, Tafelente. Krickente, Bläßhuhn, Eisvogel, Bach- und Ge- birgsstelze (HOZANG U. PROKSCH 1988). In sehr kalten Wintern, in denen die Stauseen und Seen zuge- froren sind, sind Schotterbänke und angrenzende Fließwasserbereiche außerdem wichtige Refugien für zahlreiche Wasservogelarten. Bei Errichtung der Kraftwerke wür- den sämtliche Schotterbänke einge- staut und das über und Alm ein- getragene Geschiebe in den Geschie- berückhaltebecken bzw. Stauräumen zurückgehalten. Als Folge davon ist im Bereich der Fischlhamer Au mit einer verstärkten Erosion der Fluß- sohle und damit verbunden mit einer Grundwasserabsenkung zu rechnen. Abb. 22: Blick auf den Stauraum des Traunkraftwerkes Pucking. Freigegeben vom Insgesamt bedeutet die Errichtung BMfLV mit ZI. 13088/31 - 1. Juni 1988. Foto: Verfasser der Kraftwerke Lambach und Saag einen schweren Eingriff in ein ökolo- verfahren erhobenen Sachverständi- noch verbliebenen Naturschätze, wie gisch hochwertiges Gebiet mit nega- genforderungen ist das Kraftwerk im vorliegenden Fall, unnotwendi- tiven Auswirkungen auf Flora und Saag aus betriebswirtschaftlicher gen energiepolitischen Maßnahmen Fauna, die durch die geplanten Sicht unwirtschaftlich (WIEDEMANN opfern und die letzten, winzigen landschaftsökologischen Begleit- 1989, SCHAUER 1990). Reste einer noch naturnahen Auland- maßnahmen nicht kompensiert wer- Im Energiebericht der Bundesregie- schaft seinen Nachkommen nicht er- den können (HOFBAUER 1991). rung ist auf Seite 134 zu lesen: „Die halten und sichern würde! Bundesregierung stellt unmißver- Energiepolitische Aspekte ständlich klar, daß im Rahmen der energiepolitischen Strategien dem Literatur: Angesichts des hohen Ausbaugrads Energiesparen erste Priorität zu- der Wasserkraft in Oberösterreich kommt." ANONYM, O. J.: Energiebericht 1990 der mit einer Nutzung von 91 Prozent österreichischen Bundesregierung. BM Ob dies angesichts weltweiter Na- des Wasserkraftpotentials der heimi- f. wirtschaftliche Angelegenheiten turzerstörung nicht der bessere (Hrsg.); Wien. schen Flüsse (SCHILLER 1988) erhebt Weg wäre? sich die Frage, ob der weitere Aus- BAUER, K., 1989: Rote Listen der gefähr- bau der Wasserkraft in Oberöster- deten Vögel und Säugetiere Öster- reichs, pp 58, Österr. Ges. Vogelkunde; reich energiepolitisch überhaupt Schiußgedanken Wien. noch sinnvoll ist, da die Stromver- brauchszuwächse in erster Linie in 0 Der Bau der beiden Kraftwerke EILMANSBERGER, F., 1982: Der „Neue Lambach und Saag - unter Einsatz Rahmenplan Traun". ÖZE 35, Heft 3, den Wintermonaten zu verzeichnen S. 132-147. sind und selbst die hundertprozentige von 1,6 Milliarden Schilling - würde „Verkraftwerkung" der heimischen das Ende der Fließstrecke mit all HOFBAUER, M.. 1991: Bauvorhaben ihren Qualitäten bedeuten. Traunkraftwerke Lambach/Saag; natur- Flüsse, bei geschätzten Kosten von schutzbehördliches Verfahren - Stel- ca. zehn Milliarden Schilling, nur 9 Auch die als Naherholungsgebiet lungnahme der Oö. Umweltanwalt- mehr einen Gewinn von zusätzlichen besonders geschätzte Alm wäre auf schaft; S. 1-81; Linz (unveröffent- 35 MW an wertbarer Winterleistung eine Länge von 900 Metern vom licht). bringt. Aufstau betroffen. HOZANG, B. U. Th. PROKSCH, 1988: Dies ist beispielsweise die Leistung, • Durch die drastische Einschrän- Beiträge zur landschaftsökologischen die eine vor kurzem in der Papier- kung der Grundwasserdynamik wäre Begleitplanung KW Lambach/KW das Ende der Au vorprogrammiert. Saag; Oberösterr. Kraftwerke AG; fabrik Steyrermühl angeschaffte An- Linz. lage zur Aufbereitung der Zellulose- 55 Hektar Auenfläche werden für fasern (TMP-Anlage) benötigt. den Bau beansprucht. Darunter be- Huss, H., 1989: Psectra diptera BURM. und Sisyra fuscata FABR., zwei für Außerdem zeigt das Projekt Lam- finden sich noch einige ausgespro- chen wertvolle Biotope mit einer Oberösterreich neue Neuropteren aus bach/Saag. daß der weitere Ausbau den Traunauen bei Stadl-Paura (In- der Wasserkraft bereits an die Gren- (noch) äußerst vielfältigen, allerdings secta: Neuropteroidea: Planipennia: zen wirtschaftlicher Sinnhaftigkeit vom Aussterben bedrohten Flora und Hemerobiidae: Sisyridae). Linzer biol. stößt. Die Ausbaukosten pro kW in- Fauna. Beitr. 21/2, S. 577-582. stallierter Leistung sind bei Kraft- 9 Es wäre eine kulturelle Schande NIKLFELD. H., 1986: Rote Listen gefähr- werk Saag mit 61.250 Schilling um für dieses an Kulturgütern so reiche deter Pflanzen Österreichs, Bd. 5, 30 Prozent höher als beim Donau- und um deren Erhaltung (z. B. Stift Grüne Reihe d. BM f. Umwelt; Wien. kraftwerk Wien-Freudenau. Bei St. Florian) so bemühte Land Ober- SCHAUER, R.. 1990: Gutachten über die Berücksichtigung der im Behörden- österreich, wenn es die wenigen energiewirtschaftliche Zweckmäßig- 10 ÖKOL 15/2 (1992) © Naturkdl. Station Stadt Linz/Austria; download unter www.biologiezentrum.at

keit der projektierten Traunkraftwerke BM f. Umwelt. S. 61-62; Wien. WIEDEMANN, M., 1989: Die Wirtschaft- „Lambach" und ..Saag" aus betriebs- SCHUSTER, A., 1987: Herpetologie. In: M. lichkeit der geplanten Laufkraftwerke wirtschaftlicher Sicht, S. 1-26; Linz. JUNGWIRTH u. S. MUHAR: Kraftwerk Lambach und Saag an der Traun (Ober- SCHILLER, G., 1988: Die Bedeutung der Edt/Traun. Landschaftsökologische österreich). S. 1-19; Innsbruck. Wasserkraft für Österreich. ÖZE 41, S. Begleitplanung. S. 154. Oberösterr. WINKLER, H. U. A. SCHUSTER, 1987: 123-128. Kraftwerke AG; Linz. Ornithologie. In: M. JUNGWIRTH U. SCHRAMAYR, G., 1986: Oberösterreichi- SCHUSTER, A., 1990: Die Brutvogelfauna S. MUHAR: Kraftwerk Edt/Traun. sche Trockenrasen - aussterbende Ve- derTraunauen bei Wels und ihre Verän- Landschaftsökologische Begleitpla- getation. In: Österreichischer Trocken- derung im Lauf von 85 Jahren. Jb. Oö. nung, S. 105-108. Oberösterr. Kraft- rasen-Katalog, Bd. 6, Grüne Reihe d. Mus.-Ver. 135, S. 264-304. werke AG; Linz.

FLORA - TRAUNTAL - BIOTOP-, ARTENSCHUTZ ÖKOL 15/2 (1992): 11-20

Morituri te salutant*- Michael STRAUCH Eisenwerkstraße 36/4 Pflanzenarten im Unteren Trauntal A-4020 Linz am Rande des Aussterbens

' Der römische Gladiatorenspruch „Die Todgeweihten grüßen Dich (Kaiser)" beispielhaft auf die heutige Zeit umgesetzt.

Der enorme Landschaftsverbrauch der letzten Jahrzehnte führte in fast allen Teilen der Erde zu einem starken Rückgang der Artenvielfalt, so auch in unserem Bundesland. Viele Pflanzenarten wurden bereits völlig ausgerottet, viele stehen kurz davor. Die Probleme, derart komplexen Vernichtungsmechanismen effektive Schutzmaßnahmen entgegenzusetzen, liegen nicht im Fehlen dieser, son- dern vielmehr in der wenig überzeugenden Darstellung der ökologischen Zusammenhänge einerseits und den für menschliche Begriffe nur sehr langsam vor sich gehenden Veränderungen in der Natur andererseits, weshalb die Betroffenheit der Menschen, leider auch vieler Politiker, eine meist nur sehr geringe ist.

Der Bauer - ein Naturschützer? alten, Hecken, Raine und Kleinge- wässer ausräumenden und vergiften- Eine positive Entwicklung ist sicher- den Überproduktionslandschaft! lich in der verstärkten Erfassung des Die Behauptung, Natur brauche den Abb. 1: Die Lage des Untersuchungsge- noch vorhandenen Biotopinventars in Bauern (KLETZMAYR 1992) argumen- bietes in Oberösterreich. Form von Biotopkartierungen zu se- tiert daher mit falschen Begriffen. hen. Daß dennoch ein Großteil der in Nur die Kulturlandschaft braucht den sen um die Zusammenhänge im Na- Oberösterreich bisher durchgeführten Bauern. Der Natur im Sinne einer turgeschehen die Möglichkeit wahr- Struktur- und pflanzenökologischen großen Arten- und Strukturvielfalt nehmen, durch ausgewogene Bewirt- Kartierungen weitgehend „brach- wird in der „modernen" Kulturland- schaftung ihrer Wiesen, Felder und liegt", hängt mit der nach wie vor un- schaft aber nur mehr wenig Platz ein- Wälder ein harmonisches Nebenein- zureichenden Aufklärung vor allem geräumt. Ja, die Landwirtschaft ander von Mensch und Natur zu in politischen Kreisen über die Tat- trachtet nach wie vor danach, selbst schaffen und zu bewahren. sache zusammen, daß Natur kein un- die letzten natürlichen Oasen in „In- Noch geht das Sterben der Arten aber erschöpfliches Gut ist und daß es an tensivkulturen" umzuwandeln. Sei- weiter, und die folgenden Zeilen sol- der Zeit wäre, dem Naturschutz nem Bedürfnis nach Entwässerun- len dies am Beispiel des Unteren (nicht dem Landschaftsschutz im gen, monotonen, einartigen Auffor- Trauntales (Abb. 1) dokumentieren. Sinne der Erhaltung einer gepflegten stungen mit standortfremden Baum- arten (insbesondere Hybridpappeln - das heißt zum derzeitigen Zeit- Das Untere Trauntal - in Auwaldbereichen und Fichten in punkt: intensivst bewirtschaftete - ein vielfältiger Naturraum Nutzlandschaft) die notwendige Prio- den übrigen Gebieten) sowie Auf- rität einzuräumen. Naturschutz kann düngung von Trocken- und Magerra- Mit seinen fast 1000 Gefäßpflanzen heute nur bedeuten: Erhaltung der sen zufolge, erscheint der „land- ist das Untere Trauntal der wahr- Arten und ihrer Lebensräume schaftspflegende" Bauer von heute scheinlich artenreichste Naturraum (SCHWARZ, 1991). Das sind natürli- keineswegs dafür geeignet zu sein, Oberösterreichs. Der Ursprung dieser che und naturnahe Struktur- und Bio- die Rolle des Naturschützers in unse- Vielfalt liegt einerseits in der außer- topformen einer jahrtausendelang rem Land zu übernehmen. gewöhnlichen geographischen und traditionell bewirtschafteten und ge- Rühmliche Ausnahmen stellen nur klimatischen Lage des Gebietes, an- wachsenen Natur- und Kulturland- jene Landwirte dar, die im überliefer- dererseits in der hohen Dichte unter- schaft; nicht einer wenige Jahrzehnte ten (oder wiedergewonnenen) Wis- schiedlichster Standorte. ÖKOL 15/2 (1992) 11