Lothar Neinass

Waldfriedhof in Aumühle

1911 – 2011

Blick in die hundertjährige Geschichte des Waldfriedhofes

Vier Kapitel

Kapitel 1

Auch auf dem Friedhof in Aumühle ist die Zeit nicht stehen geblieben.

Im Jahre 1909 lösten sich Aumühle von und von , um eine gemeinsame Kirchenge- meinde zu bilden. Zu der neu- en Kirchengemeinde sollte auch ein Friedhof gehören, denn bisher wurden Wohltorfer auf dem Friedhof von Hohenhorn und Aumühler auf dem in Brunstorf beerdigt.

Seit März 1911 gibt es den Waldfriedhof in Aumühle. Die Witwe von Fürst Herbert von Bismarck, Marguerite von Bismarck, überließ im Namen ihres damals 12-jährigen Sohnes Otto der Kirchengemeinde Aumühle kostenlos ein Waldgelände von 18.000 qm für den Friedhof und weitere 17.000 qm für den Bau der Kirche und eines Gemeindehauses. In der Überlassungsurkunde für den Friedhof wurde beiden Kirchengemeinden das dauernde Nutzungsrecht übertragen.

Das Eigentum der Waldfläche für den Friedhof einschließlich der Bäume auf dem Gelände blieb bei der Familie von Bismarck.

Als sich die Kirchengemeinde Wohltorf von Aumühle löste, wurde am 20. März 1928 urkundlich abgesichert, dass für die Mitglieder beider Kirchengemeinden die gleichen Rechte auf dem Friedhof gelten sollen. Auf dem Friedhof sollten die Verstorbenen aus den beiden politischen Gemeinden, egal ob sie einer Kirche angehören oder nicht, bestattet werden. Während die Anlage des Friedhofes bereits ab 1911 umgesetzt wurde, konnten die Kirchen in Aumühle und Wohltorf erst in den Jahren von 1928 bis 1930 gebaut werden. Auf den zunächst geplanten Bau einer gemeinsamen Friedhofskapelle wurde aus finanziellen Gründen verzichtet. Auch heute arbeiten die beiden Kirchengemeinden, wie es die erste Friedhofsordnung im Jahre 1913 festlegte, bei der Verwaltung und Ge- staltung des Friedhofes eng zusammen. Mitglieder aus beiden Kirchengemeinden bilden einen Friedhofsausschuss.

Forstmeister Hugo Titze, von 1898 bis 1931 Leiter der Fürstlich von Bismarck’schen Forstverwaltung in Friedrichsruh, und der damals bekannte Hamburger Gartenarchitekt Rudolph Jürgens erarbeiteten den Plan für den Waldfriedhof. „Unter den hohen Bäumen verschwinden die Unterschiede zwischen den einzelnen Gräbern und Grabfeldern zugunsten des Eindrucks einer Gemeinsamkeit. Unser Aumühler Friedhof liegt mitten in den Wald eingebettet. Durch diese besonders schöne Lage entsteht gleichzeitig der Eindruck von Großzügigkeit und Geborgenheit“, heißt es in der Präambel zur Friedhofsordnung. „Der Waldfriedhof in Aumühle gehört wohl zu den schönsten Friedhöfen in Deutschland“, wird immer wieder von Besuchern bestätigt. Die erste Beerdigung auf dem Friedhof im Sachsenwald war am 25. März 1911. Im Laufe des Jahres wurden bereits 15 Aumühler und Wohltorfer Bürger auf dem damals noch tief im Wald gelegenen Friedhof beigesetzt. Nach der Friedhofsordnung gab es Kauf-, Familien-, Wald- und Einzelgräber. Waldgräber mussten mehr als zwei Grabstellen haben. Die Ruhezeit der Gräber betrug in der Regel 25 Jahre. Eine Besonderheit waren die Kaufgräber. Sie konnten für die Dauer des Bestehens des Friedhofes erworben werden. Diese Bestimmung wurde erst im Jahr 1950 aufgehoben. In den Jahren seines hundertjährigen Bestehens haben die Kirchenvorstände aus Wohltorf und Aumühle darauf geachtet, dass der Stil des Friedhofes erhalten bleibt.

Der heutige Vorsitzende des Friedhofsausschusses, Dr. Hinrich Jenckel, führt dieses nicht zuletzt auf die strengen Vorschriften der Friedhofsordnung zurück, die seit hundert Jahren Bestimmungen über Grabmale und Bepflanzungen festlegt. Besonders prägend sind die ältesten Teile des Friedhofes, rechts und links des Hauptganges. Hier befinden sich große, besonders gestaltete Familiengrabanlagen.

Mit dem Bevölkerungswachstum nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Friedhof zu klein und musste erweitert werden. Fürst Otto von Bismarck stellte 1950 erneut eine Fläche von rund 18.000 qm Wald kostenlos zur Verfügung. Der Friedhof hatte jetzt eine Größe von 36.000 qm.

Bei dem Entwurf der neuen Friedhofsfläche entstand planerisch ein Bruch, denn die von Forstmeister Hugo Titze entwickelte Friedhofsfläche war in sich abgerundet und sah keine Erweiterung vor. Auf dem neuen, südlichen, Teil wurden daher, losgelöst von dem Ur- sprungsplan, durch den Gartenarchitekten Carl von Schierstedt großzügige, bogenförmige Wegegruppen angelegt. Carl von Schierstedt leitete nach dem Zweiten Weltkrieg den Friedhof in Neumünster. Darüber hinaus entwarf und gestaltete er für verschiedene Gemeinden im Hamburger Umland Friedhöfe.

Wer heute über den Aumühler Friedhof geht, kann die Grenze zwischen dem alten Teil und dem neuen, südlichen, Friedhofsteil kaum erkennen.

Um 1980 befürchtete der Friedhofsausschuss, mit den vorhandenen Friedhofsflächen nicht auszukommen. In Aumühle lebten damals rund 3000, in Wohltorf 2.500 Menschen und im Reinbeker Ortsteil Krabbenkamp 1000 Einwohner, von denen rund 300 der evangelischen Kirche Wohltorf angehörten.

Obwohl ein Wachsen der Bevölkerungszahl in den Gemeinden nach den Vorgaben der Landesplanung kaum möglich war, kam es in der Kirchengemeinde Aumühle zur Sorge, die Friedhofsfläche könnte auf Dauer nicht ausreichen. Diese Bedenken wurden dadurch noch verstärkt, dass der Reinbeker Ortsteil Krabbenkamp im Jahre 1979 der Kirchengemeinde Wohl- torf zugeordnet wurde und die 300 Kirchenmitglieder vom Krabbenkamp die Mög- lichkeit bekamen, auf dem Friedhof in Aumühle beigesetzt zu werden.

Friedhofsplan von Carl Schierstedt Die politische Gemeinde Aumühle und Bürgermeister Otto Prueß schlossen sich den Be- denken des Friedhofsausschusses an. Es wurde eine sehr großzügige Erweiterung von jetzt 36.000 um weitere 45.700 qm auf dann 81.700 vorgesehen.

Ferdinand von Bismarck war nicht abgeneigt, die Wünsche zur Friedhofserweiterung zu erfüllen. Für die Errichtung oder die Erweiterung eines Friedhofes ist ein formelles Bauleitplanverfahren vorgeschrieben. Von der Gemeindevertretung ist ein Bebauungs- plan, zumindest aber ein Flächennutzungsplan aufzustellen. Am 10. Februar 1983 beschloss die Aumühler Gemeindevertretung die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes zur Erweiterung des Friedhofes. Doch mehrere Fachbehörden, die Landesplanung und auch die Forstbehörden widersprachen der Erweiterung des Friedhofes um 45.700 Quadratmeter. Einen so massiven Eingriff in den Sachsenwald hielten sie für nicht vertretbar. Auch das Argument, die Waldfläche bliebe ja erhalten, konnten die Kieler Behörden nicht umstimmen. Die Gemeinde reduzierte daher die Erweiterungsfläche. Es wurde nur noch ein Streifen östlich des jetzigen Friedhofes in einer Größe von rund 11.000 Quadratmetern im Entwurf des Flächennutzungsplanes ausgewiesen. Das Planverfahren wurde dann am 17. Dezember 1987 vom Innenminister genehmigt.

Unabhängig von der Ausweisung der 11.000 qm im Flächennutzungsplan wurde im Herbst 1984 auf Bitte der Kirchengemeinde und des damaligen Bürgermeisters Otto Prueß mit Ferdinand von Bismarck ein notarieller Nutzungsvertrag abgeschlossen. In dem Vertrag erhielt die Kirchengemeinde das Recht, über die im Flächennutzungsplan hinaus vorgesehene Erweiterung (11.000 qm) eine Fläche von 34.700 Quadratmetern für Friedhofszwecke kostenlos auf Dauer zu nutzen. 23.000 qm schlossen sich auf der östlichen Seite an den Friedhof an. Die weitere Vergrößerung um 22.700 qm war nördlich des Friedhofes vorgesehen und reicht bis zum Gelände des Sportplatzes. Der auf dem Grundstück befindliche Baumbestand blieb im Eigentum der Bismarck’schen Forstverwaltung.

Durch diese privatrechtliche Vereinbarung sollte ausgeschlossen werden, dass die politische Gemeinde ohne Zustimmung der Kirche die Flächen zwischen Sportplatz und Friedhof für eine Bebauung umwandeln kann. Bürgermeister Otto Prueß und Pastor Hans- Jochen Arp brachten 1985 den Gedanken in die Diskussion, die Gemeinde Wohltorf möge in der Nähe ihrer Kirche einen eigenen Friedhof errichten. Damit wäre eine Friedhofserweiterung in Aumühle nicht notwendig. Bei Durchsicht der alten Akten und Protokolle stellt man fest, dass bei den Politikern in Aumühle der Wunsch nach Trennung eher skeptisch gesehen wurde. Ganz entschieden sprachen sich Wohltorfs Kirchen- vorstand und die Vertreter der politischen Gemeinde gegen einen eigenen Friedhof aus.

Deutliche Widersprüche kamen auch von Martin Fischer, dem Beauftragten für das Friedhofswesen im Kirchenkreis Herzogtum , und Propst Dr. Hermann Augustin aus sowohl gegen eine Erweiterung als auch die Neueinrichtung eines Friedhofes. Beide befürchteten, ein so stark erweiterter Friedhof könne zu groß und nicht wirtschaftlich betrieben werden. In der heutigen Zeit würden sich die Menschen immer mehr zu kleineren Grabstätten entschließen. Große Familiengräber, wie sie einmal üblich waren, werden nicht mehr gewünscht. Daher würden auslaufende Belegungsrechte für diese Grabstellen häufig nicht mehr verlängert. Auch nach verschiedenen Gesprächen blieben die beiden Vertreter des Kirchenkreises bei ihrem eindeutigen „Nein“, sowohl für eine große Erweiterung der Friedhofsfläche, vor allem aber für einen neuen Friedhof in Wohltorf.

Trotz der Bedenken der Fachbehörden und des Kirchenkreises wurde der Friedhof bereits während des laufenden Verfahrens zur Änderung des Flächennutzungsplanes im Jahre 1984 Richtung Osten durch eine Einzäunung erweitert. Bei einer Ortsbesichtigung hat man den Eindruck, als wären nicht nur 11.000 Quadratmeter gemäß Flächen- nutzungsplan, sondern 23.000 qm eingezäunt worden. Erst mit Erlass vom 17.12.1987 erfolgte dann die offizielle Genehmigung des Innenministers für die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes mit der Erweiterungsfläche von 11.000 Quadratmetern. Eine Erweiterung des Friedhofs war nur in Richtung Osten möglich. Bereits im Jahr 1950 bei der ersten Vergrößerung gab es Probleme mit dem alten Plan von Forstmeister Hugo Titze. Der Plan von Hugo Titze sah – wie schon erwähnt - keine Möglichkeiten vor, brei- tere Wege vom alten in einen neuen Teil anzulegen. Der Hauptweg war abgeschlossen durch das Ehrenmal für die Kriegstoten. Nur durch die Verlegung eines mit Dauerrecht versehenen Kaufgrabes konnte ein breiterer Zugang zum erweiterten Teil geschaffen werden.

Mit der Belegung der Erweiterungsfläche wurde erst 1990 begonnen, denn trotz der Befürchtungen, der Friedhof würde nicht ausreichen, gab es keine Engpässe. Bei einem Spaziergang über den Friedhof kann man heute immer mehr freie Flächen sehen. „Da es im alten Friedhofsteil inzwischen zahlreiche frei gewordene Grabstellen gibt, kann die Friedhofsverwaltung den Wunsch, eine Grabstelle auf dem alten Friedhofsteil zu be- kommen, problemlos erfüllen, bestätigt Friedhofsgärtner Jerzy Amtsberg. Die Erweiterung des Friedhofes in Richtung Osten und die in letzter Zeit vermehrt frei wer- denden Grabflächen auf dem alten Teil des Friedhofes können für die Fried- hofsverwaltung zu einem wirtschaftlichen Problem werden.

Jahrzehnte lang durften nur Bürger aus Aumühle und Wohltorf sowie Kirchenmitglieder aus dem Reinbeker Krabbenkamp auf dem Friedhof beerdigt werden. Bei Ausnahmen legte die Kirchengemeinde sehr strenge Maßstäbe an, die nicht selten zu Verstimmungen und Ärger geführt haben. Heute gibt es diese Beschränkung nicht mehr. Wer will, kann sich auf dem Friedhof im Sachsenwald beerdigen lassen.

Pastor Dirk Süssenbach begründet das mit den Kosten der Friedhofs- unterhaltung: “Die Zahl der Beerdigungen aus unseren Gemeinden war so gering, dass sich der Kirchenvorstand ent- schlossen hat, die Be- schränkung aufzuheben. Die rund 80 Beerdigun- gen pro Jahr tragen zwar die laufenden Kosten für Betrieb und Verwaltung des Friedhofes. Für notwendige Investitionen und größere Instand- setzungsarbeiten reichen die Friedhofsgebühren aber nicht aus, da muss sich die Gemeinde um zusätzliche Einnahmen bemühen, denn ein Zuschuss aus Mitteln der Kirchensteuern ist nicht zulässig. Auch die Gebühren für die Friedhofsnutzung können nicht unbegrenzt steigen.“ Genau die Befürchtungen von Propst Dr. Hermann Augustin und Martin Fischer aus dem Jahr 1985 sind auf dem Aumühler Friedhof heute deutlich geworden.

Zwischen Dr. Hinrich Jenckel und Pastor Dirk Süssenbach besteht Einigkeit darüber, dass man sich neuen, von den Menschen gewünschten Ritualen und Formen der Beerdigung nicht grundsätzlich verschließen kann. Doch an dem einmaligen Charakter des Waldfriedhofes darf nicht gerüttelt werden. Um das zu gewährleisten, sieht die Friedhofsordnung weiter strenge Gestaltungen für Familien- oder Reihengräber vor. So sind nach der Friedhofsordnung nur naturbelassene Findlinge zugelassen. Polierte und fein geschliffene Steine sind auf dem Friedhof unerwünscht und werden nicht genehmigt. Umgrenzungen der Gräber durch Hecken oder Zäune sind nach der Friedhofsordnung nicht erlaubt, um den großzügigen Charakter des Friedhofes nicht zu zerstören. Durch die einmalig zu zahlenden Grabnutzungsgebühren für 25 Jahre wird die Un- terhaltung des Friedhofes finanziert. Die nachfolgend genannten Zahlen gelten ab 1. Oktober 2011. So sind 625,00 € zu zahlen für eine Reihengrabstätte. Höher sind die Gebühren für eine Wahlgrabstätte (Familiengrab). Sie beträgt 750,00 € pro Grabbreite. Hinzu kommen die Kosten für das Ausheben des Grabes in Höhe von 550,00€. Nicht eingeschlossen in diese Preise sind die Kosten für die fünfundzwanzigjährige Pflege des Grabes. Sie kann von den Angehörigen durchgeführt oder bei einem Gärtner in Auftrag gegeben werden. Auf die Frage, was neben den Friedhofsgebühren an Kosten für eine Beerdigung entsteht, nannte der Aumühler Beerdigungsunternehmer Klaus Dieter Hüttmann rund 3.500 Euro für eine normale Bestattung: „Durch individuelle Wünsche kann sich der Betrag erhöhen.“

Auf dem neuen Teil des Friedhofsgeländes bietet der Kirchenvorstand die Möglichkeit, anonym bestattet zu werden. Die Kosten betragen für eine Erdbestattung 1.150 Euro und für einen Urnenplatz 975,00 Euro.

Daneben gibt es aber auch ein Gräberfeld (Reihengräber mit einheitlicher Gestaltung), das von der Friedhofsverwaltung gepflegt wird. Anders als auf dem anonymen Gräberfeld weisen Gedenksteine auf die Verstorbenen hin. „Wir haben uns zu diesem Angebot entschlossen, weil immer mehr Menschen nach einer würdigen Form der Beisetzung gesucht haben, bei der die Grabpflege für die Dauer der fünfundzwanzigjährigen Ruhezeit durch die Friedhofsverwaltung gesichert ist“, führt Pastor Dirk Süssenbach aus, und er ergänzt: “Vielfach haben Menschen keine Familienangehörigen, die sich um die Grabpflege kümmern können.“

In diesen Fällen entstehen Kosten von einmalig 1.050,00 € bei einer Erdbestattung oder 875,00 € für eine Urnenbeisetzung. Eingeschlossen in diese Gebühren ist die fünfundzwanzigjährige Grabpflege durch die Friedhofsverwaltung. Ein einheitlicher Kissenstein mit den persönlichen Daten des Verstorbenen kann in Auftrag gegeben werden. Er kostet 500,00 Euro.

Seit November 2006 gibt es in Aumühle die Möglichkeit, Urnen in einem Kolumbarium auf dem Friedhof beisetzen zu können (Siehe ausführlichen Bericht zum Kolumbarium). Nachdem in umliegenden Wäldern in letzter Zeit verstärkt „Friedwälder“ ausgewiesen werden, überlegt der Friedhofsausschuss, ob in einem Teil des Friedhofes ein Bereich eingerichtet werden kann, in dem Beisetzungen unter Bäumen möglich sind. Es würde dort keine Gräber mit Grabsteinen geben. Der Wald bliebe in seiner ursprünglichen Art weitgehend erhalten. Unter den Bäumen würden Urnen beigesetzt. Lediglich eine kleine Tafel, an dem Baum angebracht, würde an den Verstorbenen erinnern. Arno Flügge, Vorsitzender des Wohltorfer Kirchenvorstandes, steht einer solchen Form der Beisetzung durchaus positiv gegenüber, zumal nach seiner Meinung entsprechende Flächen und Bäu- me vorhanden sind. Voraussetzung muss aber sein, dass der Charakter einem kirchlichen Friedhof entspricht.

Wenn auch die 6. Änderung des Flächennutzungsplanes nur eine Erweiterung des Fried- hofes um rund 11.000 Quadratmeter in östlicher Richtung vorsieht, blieb es aber bei der privatrechtlichen Zusage von Ferdinand von Bismarck, der Kirche auch das Waldstück zwischen Sportplatz und Friedhof als Friedhofserweiterungsfläche auf Dauer zur Verfü- gung zu stellen.

Wie aus dem Schriftwechsel zwischen Kirche und politischer Gemeinde hervor geht, sollte verhindert werden, dass „selbst spätere Gemeindevertretungen nicht an diese Fläche heran könnten, um eine andere Nutzung (z.B. Bauland) zu erreichen“. Dieses schien im Jahre 2008 in der Gemeindevertretung, bei der Bismarck‘- schen Verwaltung und auch bei der Kirchengemeinde in Vergessenheit geraten zu sein. Die politische Gemeinde suchte eine Fläche für ein Baugebiet, um in der Zukunft Bauplätze für junge Aumühler Bürger zu bekommen. Die Landesregierung hatte angekündigt, Baugebiete nur noch in großen Gemeinden zuzulassen. Nach zahlreichen Gesprächen schlug die Landesplanung das 37.000 qm große Gebiet zwischen Sportplatz und Friedhof vor. Der Bereich ist im Flächennutzungsplan zur Zeit als Wald- und Forstfläche ausgewiesen. Bei der Bürgeranhörung zur Änderung des Flächennutzungsplanes gab es erheblichen Protest von Anliegern, die sich durch die geplante Erschließung des Wohngebietes beeinträchtigt fühlten.

Es ist zweifelsfrei, dass eine Gemeinde ohne Berücksichtigung der Eigentumsverhältnisse eine Ortsplanung durchführen kann. Erstaunlich ist aber, dass es zwischen den Beteiligten vor Beginn der Bauleitplanung nicht zu Gesprächen gekommen ist, in denen geklärt wurde, ob die Kirche bereit wäre, auf ihr privatrechtliches Recht der Friedhofserweiterung zu verzichten. Im Oktober 2011 hat die Gemeindevertretung die Fortsetzung der Bauleitplanung mit der Zurückweisung der vorgetragenen Anregungen und Bedenken gegen den Flächennutzungsplan beschlossen. Auch wenn der Waldfriedhof in diesem Jahr offiziell 100 Jahre alt ist, wurden hier im Wald schon vor Jahrtausenden Menschen bestattet. Wie die Bergedorfer Zeitung am 12. März 1969 berichtete, entdeckten Arbeiter auf dem Friedhof Scherben. Eine gründliche Prüfung ergab, dass es sich um Scherben von drei Gefäßen handelt, an denen Reste von Leichenbrand festgestellt werden konnten. Altertumsforscher glauben, dass die Gefäße aus der jüngeren Bronzezeit stammen; dies wäre um 1000 vor Christi. Auf noch frühere Beerdigungen deuten die vier prähistorischen Grabhügel auf dem Friedhofsgelände hin. Sie sind wahrscheinlich 4000 bis 5000 Jahre alt. Reihengräber in Waldlage, werden von der Friedhofsverwaltung gepflegt Kapitel 2

Das Kolumbarium ein Urnenhaus auf dem Aumühler Friedhof

Seit November 2006 Jahres gibt es auf dem Aumühler Friedhof eine in Deutsch- land bisher noch relativ unbekannte Möglichkeit der Beisetzung, das Kolumbar- ium. Es handelt sich um ein Gebäude, in dem in spezielle Fächer Urnen eingestellt werden können. Was für die Menschen in Norddeutschland recht neu ist, hat seinen Ursprung im ersten und zweiten Jahr- hundert in Rom. Man schuf diese Form für kosten- günstige Bestattungen, denn die „Eigentümer“ von Das unter hohen Bäumen versteckte Mausoleum der Familie von Dassel wurde 2006 von der Kirchgemein- de zu einem Kolumbarium umgestaltet.

Sklaven mussten für deren Beerdigung sorgen. Die Leichen wurden verbrannt und deren Asche in Tonkrüge getan, die dann in Mauernischen versenkt wurden. In Deutschland wurden die ersten Kolumbarien errichtet, nachdem ab 1879 die katholische Kirche die Feuerbestattung zugelassen hatte.

Dass diese Form der Beisetzung noch ungewöhnlich ist, zeigt sich auch darin, dass im Kolumbarium in Aumühle seit der Einweihung im November 2006 bisher nur zwei Urnen eingestellt und für vier Urnen Reservierungen vorgenommen wurden. Friedhofs- auschussvorsitzender Dr. Hinrich Jenckel ist aber sicher, dass ein Kolumbarium auch auf dem Aumühler Friedhof Interessenten finden wird: „Das Kolumbarium auf dem Ohlsdorfer Friedhof in Hamburg wird sehr gut angenommen.“

Im Aumühler Kolumbarium gibt es 60 Einzel- und 10 Doppelfächer für die Einstellung von Urnen. Diakon Hans Walter (früher Ansverus-Haus) und der Aumühler Schlossermeister Dieter Villwock haben den Raum künstlerisch so gestaltet, dass er hell und freundlich wirkt. Die Urnen werden in Fächern hinter Glasscheiben stehen, in die die persönlichen Daten der Verstorbenen eingraviert werden können. Die Ausstattung mit den Glasfenstern wurde gewählt, um die Anonymität der Verstorbenen aufzubrechen. Es soll den Angehörigen die Möglichkeit gegeben werden, im Kolumbarium der Toten in würdigem Rahmen zu gedenken.

Die Kosten für das Einstellen einer Urne mit einer Nutzungsdauer von 25 Jahren beträgt 1.200 Euro. Die Kirchengemeinde konnte die Errichtung des Kolumbariums nur realisieren, weil sich auf dem Friedhof das Mausoleum der Familie von Dassel befindet, für das die Nachfahren seit langem eine sinnvolle Nutzung suchten, um sich von den hohen Unterhaltungskosten für das unter Denkmalschutz stehende Gebäude zu entlasten. Innenansicht des Kolumbariums Kaum ein Aumühler kennt das Mausoleum in der hinteren Ecke des Friedhofes, und noch weniger Menschen können sich an die Eheleute von Dassel erinnern, die von alten Aumühlern als „Exzellenzen“ bezeichnet wurden. Viele Jahrzehnte war der klassizistische Sandsteinbau unter den hohen Buchen kaum beachtet worden. Er verfiel zusehends.

Schlagzeilen gab es nur, als Diebe gleich nach dem Zweiten Weltkrieg die kupfernen Dachrinnen stahlen und als Anfang der siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Ein- brecher in das Mausoleum eindrangen und aus den Gräbern die edelsteinverzierten Orden sowie den Säbel Hanno von Dassels raubten. Nach dem Diebstahl war der Zinksarg wieder fachgerecht verschlossen worden. Die Tat wäre wohl niemals aufgedeckt worden, wenn die aus Lübeck stammenden Diebe sich nicht selbst verraten hätten.

Die Eheleute von Dassel sind um 1900 nach Aumühle gekommen. Sie bauten ihre weiße Villa an der Ecke Bismarck-Allee / Hofriedeallee. Hanno von Dassel war junger Leutnant im Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Später wurde er erster Quartiermeister des kaiserlich-königlichen Heeres unter Reichskanzler Otto von Bismarck und stieg in dieser Zeit bis zum Generalleutnant auf. Nach dem preußischen Hofreglement war er daher als „Exzellenz“ anzusprechen.

Seine Frau Anna Charlotte von Dassel en- gagierte sich auf sozialem Sektor. Sie gründete 1911 den Vaterländischen Frauenverein, das heu- tige Rote Kreuz, in Aumühle. Schirmherrin für den Ortsverein in Aumühle wurde die letzte deutsche Kaiserin Auguste Victoria.

Wie Gemeindearchivar Friedrich Nehlsen in alten Bauunterlagen fand, wur- de das Mausoleum 1914 errichtet. Geplant hat es der Hamburger Architekt Emil Neupert. Bauunternehmer war der Aumühler Baumeister Heinrich Hackmack. Archivar Friedrich Nehlsen stellte weiter fest, dass das Gebäude 12.000 Goldmark gekostet hat. „Das war damals ein Vermögen“, ergänzte er. Im Jahr 1918 starb Generalleutnant von Dassel. Er wurde in einem großen Trauerakt in seinem Mausoleum beigesetzt. Charlotte von Dassel starb 1955. Sie wurde ebenfalls im Mau- soleum bestattet.

Im Jahre 1970 übertrug der letzte Nachfahre der Familie von Dassel das Mausoleum auf dem Friedhof an die Kirchengemeinde Aumühle. Das Ehepaar von Dassel wurde vor gut zwanzig Jahren neben dem Mausoleum beigesetzt.

Kapitel 3

Wandel von der Heldenverehrung zum Gedenken der Opfer von Krieg und Gewalt

Bereits bei der gärtnerischen Planung des Waldfriedhofes durch Forstmeister Hugo Titze war an zentraler Stelle ein Ehrenmal vorgesehen. Vom Eingang aus sollte man einen Blick auf das gegenüberliegende Denkmal haben. Wer bedenkt, aus welchem konservativ politischen Umfeld Hugo Titze kam, kann sich gut vorstellen, dass er bei den Planungen im Jahre 1909 wohl davon ausgegangen war, ein Denkmal nicht nur zu Ehren der Das heutige Ehrenmal auf dem Waldfriedhof gefallenen Soldaten, sondern für die „siegreichen Helden“, also alle Kriegsteilnehmer aus den Kriegen 1864, 1866 und 1870/71 zu errichten. Als Vorbild dürften ihm die in fast allen größeren Gemeinden errichteten Kriegerdenkmale gedient haben. Das Totengedenken blieb im Hintergrund.

Der Platz für das Ehrenmal auf dem Aumühler Friedhof war bereits 1909 vorhanden, doch das Denkmal wurde erst im Jahre 1924 geschaffen. Inzwischen waren die Kriege der Bismarck’schen Zeit in den Hintergrund getreten. Das Deutsche Reich hatte den Ersten Weltkrieg verloren. Es waren 2 Millionen Tote zu beklagen.

Die Errichtung eines Ehrenmales für die gefallenen Soldaten erschien den Bürgern in Aumühle und Wohltorf wichtig. In den beiden Gemeinden bildete sich ein Kriegerverein, der eine Erinnerungsstätte für die Gefallenen des Weltkrieges von 1914 bis 1918 schaffen wollte. Die Pläne sahen einen von einer Feldsteinmauer eingefassten runden Hof vor. In der Mitte sollte auf einem ebenfalls aus Feldsteinen gemauerten Sockel ein großer Findling stehen. In den Feldstein eingemeißelt waren ein Stahlhelm und ein Schwert sowie die Jahreszahlen 1914/18. Unterhalb des Findlings war auf einer Steintafel zu lesen: Die Edelsten sind auf deiner Höhe erschlagen. Wie sind die Helden gefallen. 2. Sam. Vers. 19

In der Bibel lautet der Vers. 19 vollständig: „Die Edelsten in Israel sind auf deiner Höhe erschlagen. Wie sind die Helden gefallen“.

Durch freiwillige Leistungen der Handwerker Heinrich Hackmack und Karl Bartels sowie zahlreicher Bürger konnte das Mahnmal 1924 errichtet werden. In einem Aufsatz für das Gemeindearchiv berichtet Wilhelm Brandt, dass der große Findling im Saupark im Sachsenwald gefunden wurde. Auf einem schweren Holzwagen, gezogen von acht Pferden, wurde der Stein zum Friedhof gebracht und dort aufgestellt. Die drei Bronzetafeln in der Mitte des Sockels mit den Namen der im 1.Weltkrieg gefallenen Soldaten aus Fried- richsruh, Aumühle und Wohltorf wurden erst 1932 angebracht.

In der Weimarer Republik versuchte der Volksbund Deutsche Kriegs- gräberfürsorge ab 1919, zu einem Volkstrauertag aufzurufen. Im Jahre 1922 kam es im Reichstag zu einer ersten offiziellen Totengedenkfeier. Nach langen Diskussionen, auch mit den Kirchen, wurde ab 1926 der 5. Sonntag vor Ostern (Reminiscere) zum Volkstrauertag erklärt. Er wurde aber kein offizieller Feiertag. In der Bevölkerung konnte sich ein Volkstrauertag nicht durchsetzen. Die Friedensappelle wurden nicht gehört. Immer stärker wurde der Einfluss der Konservativen und der Nationalliberalen bei der Gestaltung der Gedenkveranstaltungen. Die Nationalsozialisten „übernahmen“ schließlich den Gedenktag. Sie legten den 27. Februar und später einen Sonntag im März als staatlichen Feiertag, als „Heldengedenktag“, fest.

Nicht mehr die Trauer um die Toten, sondern die Heldenverehrung sollte im Mittelpunkt der Feiern stehen. Als äußeres Zeichen der Veränderung ordnete Propagandaminister Joseph Goebbels an, dass die zur Feier mitgeführten Vereinsfahnen und Banner keinen Trauerflor tragen sollten. Alle Fahnen sollten an diesem Tag nicht mehr auf „Halbmast“, sondern auf „Vollstock“ gehisst werden.

Zum Heldengedenktag des Jahres 1932 wurden, wie schon erwähnt, am Sockel des Denkmals drei Bronzetafeln mit den Namen der aus Aumühle, Friedrichsruh und Wohltorf gefallenen Soldaten angebracht.

Es wurde ein pompöser Festakt. Die Vereine und Verbände aus Aumühle und Wohltorf hatten Abordnungen mit den Vereinsfahnen entsandt. Wenn man das Foto von der Veranstaltung sieht, ist sofort klar, das war keine Trauerfeier, keine Mahnung, sondern ein Heldengedenken, so wie es der Zeit des erstarkenden nationalen Gefühls entsprach. Bis zum Jahr 1945 wurde im März der Heldengedenktag vor dem Ehrenmal begangen.

1948 wurde in den drei westlichen Besatzungszonen die alte Form des Volkstrauertages wieder aufgenommen. Er wurde 1952 als staatlicher Gedenktag auf den 2. Sonntag vor dem 1. Advent festgelegt und gehört zu den „Stillen Tagen“. Dieses scheint im Bewusstsein der Bevölkerung heute vielfach nicht mehr bekannt zu sein. Rundfunk und

Heldengedenkfeier 1932

Fernsehen passen ihre Programme kaum dem Sinn des Volkstrauertages an. Ein Blick über die Grenze in die Niederlande zeigt, wie man es anders machen kann.

In den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts setzte sich in den Gemeindevertret- ungen und den Kirchenvorständen von Aumühle und Wohltorf die Auffassung immer stärker durch, dass das Ehrenmal auf dem Friedhof in seiner Form nicht mehr zeitgemäß sei. Die Architekten Bernhard Hopp und Rudolf Jäger aus Hamburg erhielten 1957 den Auftrag, das Denkmal neu zu gestalten. Vorgabe war es, keine Gedenkstätte zur Helden- verehrung zu errichten. Auch sollte auf kirchliche und staatliche Symbole verzichtet wer- den. Die beiden Architekten hielten an dem Feldsteinsockel und der Feldsteinmauer fest. Der Findling wurde vom Sockel gehoben und vor dem neuen Denkmal eingegraben.

An Stelle des Findlings erhielt der Sockel die Umschrift:

Den Opfern von Krieg und Gewalt 1914 – 1918 und 1939 – 1945.

Die drei Tafeln mit den Namen der Gefallenen des 1. Weltkrieges blieben unverändert. Die Umgestaltung des Denkmales kostete 10.000 DM. Die Finanzierung erfolgte durch den Verkauf von „Bausteinen“ in Form von Postkarten mit einem Foto des neuen Denkmales. Da an dem Denkmal keine nationalen oder christlichen Symbole angebracht werden sollten, schlug Pastor Dr. Gerhard Ehrenforth als Alternative vor, „probehalber“ in einem Abstand von einigen Metern hinter dem Ehrenmal ein schlichtes Holzkreuz aufzustellen. Das Holzkreuz stieß auf breite Zustimmung in der Bevölkerung.

Zu den jährlichen Gedenkfeiern am Volkstrauertag luden die politischen Gemeinden Aumühle und Wohltorf ein. In den ersten Jahren nach dem Krieg war die Beteiligung groß. Alle Verbände und Vereine erschienen mit möglichst vielen Mitgliedern. Feuerwehr, DRK und Schützen kamen in Uniform bzw. in Tracht. Jeder Verein legte am Ehrenmal einen Kranz nieder. Die Ansprachen hielten vielfach Prominente aus den Gemeinden. Schüler der Aumühler Schule lasen Gedichte und Texte. Der Gesangverein und die Feuerwehrkapelle umrahmten musikalisch die Veranstaltung.

Auch wenn das Gedenken an die Toten des Krieges und der Gewaltherrschaft immer stärker in den Vordergrund trat, kam doch auch bei einigen Rednern das Heldenge- denken früherer Jahrzehnte durch. So auch 1968, als ein General a.D. aus Wohltorf die Ansprache hielt.

Im Jahre 1969 kam es zu einem Eklat bei der Gedenkstunde. Die Aumühler Pfadfinder hatten sich bereit erklärt, die Veranstaltung zu organisieren. Sie hatten sich zum Ziel gesetzt, nicht auf die Heldenverehrung, sondern auf die Schrecken der Gewalt in aller Welt hin- zuweisen, z.B. auf den sinnlosen Krieg in Vietnam oder das Wettrüsten der Großmächte. Die von Ihnen vorge- tragenen Texte empfanden viele ältere Aumühler und Wohltorfer als Provo- kation. Die Gedenkstunde wurde vom damaligen Bürgervorsteher Kurt Zoellner abgebrochen. Aumühles Pfadfinder hatten aber erreicht, dass über das Gedenken der Toten des Zweiten Weltkrieges hinaus über die kriegerischen Auseinandersetzungen und die Gewalt in unserer Zeit diskutiert wurde, und sie machten vielen bewusst, dass das Sterben auf Kriegsfeldern 1945 nicht aufgehört hat. Die Gemeinden Aumühle und Wohltorf zogen aus dieser Diskussion die Lehre, dass nur die beiden Bürgermeister im Wechsel eine Ansprache bei der Gedenkstunde halten sollten. Auf die Beteiligung der Schule und der Feuerwehrkapelle wurde verzichtet. Es sollte nur noch eine schlichte Gedenkfeier sein. Der frühere Vorsitzende des Friedhofsausschusses Dr. Christian Luther wollte sich nicht damit abfinden, dass der Findling aus dem Jahr 1929 vor dem Gedenkstein vergraben blieb. Er überzeugte den Kirchenvorstand, den Feldstein 1978 wieder ausgraben zu lassen. Mit seinem Plan, den Stein wieder auf das Denkmal zu stellen, konnte er sich nicht durchsetzen. Nachdem der Findling von den Friedhofsgärtner ausgegraben worden war, wurde er in einer Hilfsaktion der Feuerwehr Hamburg auf einen Sockel rechts neben das Denkmal gestellt. Kosten sind für diese Aktion nicht entstanden.

Die Bergedorfer Zeitung berichtete am 23. November 1978:

AUMÜHLE (ma) Der Volkstrauertag 1978 stand für 150 Aumühler Bürger, die sich auf dem Waldfriedhof eingefunden hatten, unter einem besonderen Aspekt: Ein Gedenkstein für die Gefallenen des 1. Weltkrieges, der 1950 von seinem Sockel gestoßen und vergraben worden war, steht an neuer Stelle. Seitlich versetzt von dem Denkmal für die toten Soldaten aus Aumühle, Wohltorf und Friedrichsruh.

Pastor Hans-Jochen Arp erläuterte, warum dieser Findling mit Stahlhelm und Bajonett an einem neuen Platz wieder aufgestellt wurde: „Mit dieser Aktion wollen wir der typisch deutschen Untugend, die Vergangenheit zu begraben, entgegenwirken. Wir müssen uns mit unserer Geschichte auseinandersetzen.“

Als in den 50iger Jahren der Stein auf Beschluss der politischen Gremien beseitigt wurde, habe man versucht, den Stein des Anstoßes, den Fels des Ärgers, einfach zu beseitigen, anstatt „ihn für die Versöhnung der Völker zu nutzen“.

Pastor Arp sagte, er verstehe zwar die Gefühle der Bürger, denn wir alle waren damals von der Schmach des Versailler Diktats tief erfüllt“. In Zukunft komme es aber darauf an, miteinander auszukommen; denn: „Wer heute schießt, rührt ein Feuer an, das nicht mehr zu löschen ist.“

Der vor zwei Jahren in der Wohltorfer Gemeindevertretung diskutierte Vorschlag, eine Bronzeplatte mit den Namen der gefallenen Soldaten des Zweiten Weltkrieges anzubringen, fand in den Gemeindevertretungen bisher keine Zustimmung, da es sehr schwierig ist, festzulegen welche Namen auf der Tafel festgehalten werden sollen. Sollen nur die Namen der aus Aumühle, Friedrichsruh und Wohltorf stammenden Gefallenen aufgeführt werden? Was ist mit den vielen Menschen, die nach dem Krieg z.B. aus den deutschen Ostgebieten nach Aumühle gekommen sind und die häufig auch Familienangehörige im Krieg verloren haben?

So wie das Denkmal 1957 gestaltet worden ist, hat jeder die Möglichkeit, dort zu trauern und der Verstorbenen zu gedenken, egal ob sie im Kampf als Soldat oder durch andere Gewalt zu Tode gekommen sind. Im Laufe der Jahre sind die Mauer und das Denkmal durch Witterungseinflüsse beschädigt worden. Für rund 5000 Euro haben die politischen Gemeinden Aumühle und Wohltorf, die sich für das Denkmal verantwortlich fühlen, im Sommer 2011 Reparaturen durchführen lassen. Kapitel 4

Kriegsgefangenenlager in der „Bauernstube“ Gedenkstein auf dem Friedhof

Seit dem 7. Oktober 2001 steht auf dem neuen Teil des Friedhofes in Aumühle ein Gedenkstein mit der Aufschrift: „In den Jahren von 1941 – 1942 wurden mehr als 30 unbekannte russische Kriegsgefangene auf dem Friedhof Aumühle beigesetzt. Sie wa- ren im Lager Oedendorf untergebracht und arbeiteten im Forst Sachsenwald. Zwischen 1950 und 1960 wurden die meisten auf rus- sische Soldatenfriedhöfe umgebettet.“

In der Zeitschrift „Aumühle & Wohltorf aktuell“ wird von Gemeindearchivar Friedrich Nehlsen ausführlich über die Enthüllung des Gedenksteines im Oktober 2001 berichtet (11/2001). Anwesend waren neben den Aumühler Kirchenvertretern Prof. Dr. Hartmut Goethe (Vorsitzender des Friedhofsausschusses) und Pastor Dr. Martin Rößler der damalige russische Vizekonsul Alexander Kuzmin, Helmut Kähler als Vertreter des Volksbundes Deutscher Kriegsgräberfürsorge sowie die Pianistinnen Svetlana Tersinskich und Galina Kaganovskaya. Leider kann sich keiner der damals beteiligten Kirchenvorstandsmitglieder und Pastoren daran erinnern, was im Jahr 2001 zur Aufstellung des Gedenksteines geführt hat. In den Kirchenunterlagen gibt es nur einen Beschluss des Friedhofsausschusses vom 26. Mai 2000, in dem beschlossen wird, den Gedenkstein aufzustellen. Wohltorfs ehemaliger Pastor Erich Zschau entwarf die Aufschrift für den Stein.

Auch beim Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge in Hamburg gibt es zu dem Gedenkstein keinen Schriftwechsel. Es lässt sich nicht dokumentieren, wie und warum es im Jahr 2001 zu der Aufstellung des Gedenksteines gekommen ist. Der Text auf dem Gedenkstein ist nicht schlüssig. Warum sind nur die im Lager Oedendorf und nicht auch die im Aumühler Lager gestorbenen Zwangsarbeiter auf dem Aumühler Friedhof beerdigt worden?

Auf dem Friedhof sind während der Kriegsjahre keine Zwangsarbeiter oder Gefangene beerdigt worden, weder aus Oedendorf noch aus Aumühle. Wenn, wie auf dem Stein zu lesen ist, die meisten der dreißig Toten später auf russische Friedhöfe umgebettet wurden, müsste die Friedhofsverwaltung die Gräber der Verstorbenen registriert haben. Aber auch dafür gibt es in den Kirchenbüchern keine Hinweise, genauso wie für die Umbettungen.

Durch nachfolgenden Text soll versucht werden, mehr Klarheit in die Vergangenheit zu bringen.

Es gab zwei Lager für russische Kriegsgefangene. Eines in Aumühle und das zweite in Oedendorf, auf der Nordseite des Sachsenwaldes. Oedendorf ist ein Ortsteil der Gemeinde Kuddewörde.

Eine weitere Unterkunft für ausländische Arbeiter befand sich im Aumühler Ortsteil Krim. Nach einer Aufstellung des damaligen Amtsvorstehers waren dort am 1. Dezember 1944 27 Männer mit polnischer Staatsangehörigkeit in einer Baracke untergebracht. Diese Männer, alle um 40 Jahre alt, waren vermutlich als Waldarbeiter im Sachsenwald oder als Hilfsarbeiter im Dampfsägewerk eingesetzt. Einzelheiten über das Lager in der Krim und die Schicksale der Arbeiter sind nicht bekannt. Auf eine schriftliche Anfrage vom August 2007 an den Gutsvorsteher des Forstguts- bezirkes Sachsenwald mit der Bitte um Auskünfte aus dem Archiv des Forstgutsbezirks gab es keine Antwort. In dem Buch „Verschleppt zur Sklavenarbeit“ führen Gerhard Horch und Rolf Schwarz alle bekannten Kriegsgefangenen- und Zwangsarbeiterlager in Schleswig-Holstein auf. Darunter auch das Lager in Oedendorf. Es ist in der Liste als Kriegsgefangenenlager aufgeführt, in dem 30 Gefangene aus der Sowjetunion in einer ehemaligen Scheune untergebracht worden waren. Die Männer wurden in erster Linie als Arbeiter im Sachsenwald eingesetzt.

Magda Remus (gestorben im August 2011), die die Kriegsjahre in Kuddewörde erlebte, erinnerte sich daran, dass das Lager unter der Aufsicht von Revierförster Olschewski stand. Auch über das Lager in Oedendorf gibt es keine Akten. „Nach dem Krieg wurden viele Schriftstücke verbrannt oder in einen Teich geworfen“, berichtete Magda Remus. Sie erinnerte sich, dass Gefangene, die im Lager verstarben, auf einer Karre nach Aumühle gebracht wurden.

Das Kriegsgefangenenlager in Aumühle ist in der Schleswig-Holsteinischen Liste der Gefangenenlager von Horch und Schwarz nicht erwähnt. Die von einigen Aumühlern ge- äußerte Vermutung, das Lager könnte eine Außenstelle des Konzentrationslagers Neuen- gamme gewesen sein, bestätigte sich nicht, wie die KZ-Gedenkstätte Neuengamme auf Anfrage im Juni 2010 mitteilte.

Das Aumühler Kriegsgefangenenlager wurde (vermutlich 1940) in einem ehemaligen Tanzsaal, der „Bauernstube“, eingerichtet. Die Bauernstube war eine Gastwirtschaft. Sie stand gegenüber dem Restaurant „Waldesruh am See“ neben dem Hotel „Fischerhaus“ (heute Italia). Eigentümerin des Gebäudes „Bauernstube“ war die Familie von Bismarck. Nach dem Krieg waren in der Bauernstube vorübergehend Heimatvertriebene unterge- bracht, bevor sie bei Aumühler Familien einquartiert wurden. Ab etwa 1955 nutzte der Aumühler Sportverein das Gebäude als Turnhalle, bis es wegen Baufälligkeit abgebrochen wurde.

Es gibt im Archiv der Gemeinde Aumühle keine Unterlagen über das Kriegsgefangenen- lager in der Bauernstube in Aumühle.

In einer Dokumentation über Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene in der Stadt Mölln schreibt Stadtarchivar Christian Lopau, dass mit einem Schreiben des Landrats des Kreises vom 20. September 1939 die Ortspolizeibehörden und Bürgermeister aufgefordert wurden, in möglichst jeder Gemeinde oder jedem Amtsbezirk ein Kriegsgefangenen-Außenlager (zu je 50 Mann) einzurichten. Ziel war es, die Kriegsgefangenen als billige Arbeitskräfte für die deutsche Wirtschaft zu nutzen. Die Lager unterstanden organisatorisch den Gemeinden bzw. Amtsverwaltungen. Die Zuweisung der Gefangenen erfolgte durch die Arbeitsämter. Für die Bewachung und Sicherheit sorgte die Wehrmacht. Das Kriegsgefangenenlager in der Bauernstube unterstand wahrscheinlich dem „Kommandeur der Kriegsgefangenen im Wehrkreis X“ und ab Oktober 1944 dem Reichsführer SS und Befehlshaber des Ersatzheeres Heinrich Himmler.

Die Aufsicht durch die deutschen Soldaten soll sehr freizügig gehandhabt worden sein. Die Türen seien auch nachts nicht verschlossen gewesen. Nach Berichten von Aumühlern waren dort etwa 30 - 50 Männer untergebracht. Sie sollen überwiegend im Sachsenwald gearbeitet haben.

Aber auch Aumühler konnten Kriegsgefangene anfordern, um sie bei der Gartenarbeit oder als Hilfskräfte bei anderen Arbeiten einzusetzen. So berichtet Ilse Graßmann in ihrem Tagebuch „Ausgebombt“, dass beim Bau ihres Hauses in der Alten Hege Kriegsgefangene aus dem Lager geholfen haben: „Für eine Mark pro Tag und Russe kann man Hilfskräfte ausleihen. Es sind nette Leute und sie kommen gern. Natürlich erwarten sie, dass man ihnen zu essen gibt und etwas zum Rauchen.“ Ilse Graßmann In einer späteren Eintragung vom 15. Oktober 1944 schreibt Ilse Graßmann: „Der Lagerleiter der Russen hat sich wieder gemeldet. Ob wir nicht gegen etwas zu essen und zu rauchen wieder Arbeit für seine Gefangenen haben. Es geht ihnen sehr schlecht. Die Rationen sollen fürchterlich klein sein. Aber das Brot ist auch für uns knapp geworden.“

Ein weiteres tragisches Ereignis beschreibt Ilse Graßmann in ihrem Tagebuch unter dem 29. April 1945. Am 23. April war der Ehemann von Ilse Graßmann von Wietzendorf (bei Lüneburg) nach Aumühle als Kommandant des Gefangenenlagers abkommandiert worden. Doch wenige Tage später erhielt er den Befehl, sich in Lübeck zum Einsatz an der Front zu melden. An der Holzhofkreuzung zwischen Aumühle und Friedrichsruh sollte er sich einfinden, um dann mit drei weiteren Soldaten nach Lübeck gebracht zu werden. Als sie an der Kreuzung auf das Auto warteten, wurden sie von zwei Tieffliegern beschossen.

Verletzt wurde niemand, doch nach wenigen Augenblicken hörten sie Explosionen und sahen, dass das Schloss Friedrichsruh brannte. Die Tiefflieger hatten das Bismarck’sche Schloss bombardiert. Kurt Graßmann und die anderen Soldaten liefen Richtung Schloss, um zu helfen.

Seinen Sohn, der den Vater begleitet hatte, schickte Kurt Graßmann zum Kriegs- gefangenenlager nach Aumühle, um die russischen Gefangenen zum Helfen zu holen. Bei dem Bombenangriff kamen der Schweizer Generalkonsul Adolf Zehnder, seine Ehefrau und die Hausangestellte Else Schuldt ums Leben.

Am 2. Mai 1945 besetzten englische Soldaten Aumühle. Ohne Gegenwehr entwaffneten sie die Wachsoldaten am Kriegsgefangenenlager. Die deutschen Soldaten wurden, nachdem ihre Waffen zerstört worden waren, nach Hause geschickt.

Die Russen waren jetzt frei, blieben sich selbst überlassen. Viele von ihnen bemühten sich, auf eigene Faust in ihre Heimat zurückzukommen.

Joachim Schütte, Sohn des von den Engländern eingesetzten Bürgermeisters Walter Schütte, erinnert sich, dass sein Vater den Russen Blechkisten zum Transport ihrer Habseligkeiten geschenkt hatte.

Die deutschen Behörden scheinen mit Todesfällen im Kriegsgefangenenlager gerechnet zu haben, denn bereits im Herbst 1941 beantragte der Amtsvorsteher, im Sachsenwald, rund 300 Meter östlich des Aumühler Friedhofs, eine Fläche von rund 100 qm als Gräberfeld auszuweisen.

Am 10. Dezember 1941 führte der Amtsarzt aus Ratzeburg eine Besichtigung durch und hatte gegen Beerdigungen auf der Fläche im Sachsenwald keine Bedenken. Außer einem Aktenvermerk im Kreisgesundheitsamt gibt es zum Gräberfeld keine Unterlagen. Bis zum Kriegsende 1945 wurden auf dem kleinen Gräberfeld 17 Verstorbene beerdigt. Es gibt keine Hinweise, wer die Toten waren. Nach Zeugenaussagen kann davon ausgegangen werden, dass sie aus den Kriegsgefangenenlagern Aumühle und Oedendorf kamen. Die Todesursache kann Entkräftung durch mangelhafte Ernährung und schlechte hygienische Verhältnisse in den Lagern gewesen sein.

Aus verschiedenen Berichten geht hervor, dass die nach Schleswig-Holstein gebrachten Kriegsgefangen in erbärmlichem Zustand gewesen sein sollen. Und wenn dann noch, wie Ilse Graßmann in ihrem Buch schildert, die Verpflegungs-Rationen im Lager nicht ausreichten, konnten Todesfälle nicht ausbleiben. Die 17 auf dem kleinen Gräberfeld außerhalb des Friedhofes beigesetzten Toten wurden am 26. Oktober 1960 auf den Russenfriedhof in Gudendorf bei Itzehoe umgebettet.

Das Innenministerium teilt hierzu am 18. Dezember 2007 mit: „Die „Die Kriegsgräberanlage in Gudendorf ist eine zentrale Begräbnisstätte für Kriegstote russischer Staatsangehörigkeit, die auch regelmäßig von russischen Besuchern aufgesucht wird.

Bis zur Umbettung wurde das kleine Gräberfeld von den Friedhofsgärtnern aus Aumühle gepflegt. Die immer wieder gehörte Behauptung, die verstorbenen Russen seien im Sachsenwald „verscharrt“ worden, ist nicht richtig, wie auch das Foto vom Gräberfeld zeigt.

Erstaunlich ist, dass die Sterbefälle scheinbar nirgends beurkundet worden sind. Nor- malerweise werden alle Todesfälle - ob von Deutschen oder Ausländern - bei dem Stan- desamt beurkundet, in dessen Amtsbereich sie gestorben sind. Doch weder beim Standesamt in Friedrichsruh noch in (für Oedendorf) befinden sich Beurkundungen in den Sterbebüchern.

In einem Brief vom 25. Januar 2011 bestätigt das Landesarchiv Schleswig Holstein, dass es eine zentrale Registrierung verstorbener Kriegsgefangener und Zwangsarbeiter nicht Gräberfeld außerhalb des Aumühler Friedhofes gegeben habe: „Eine Registrierung fand in den jeweils örtlich zuständigen Standesämtern statt.“ Und weiter heißt es in dem Brief: „Die alliierten Besatzungsbehörden sind nach dem Kriegsende dem Schicksal der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter nachgegangen und haben über die Kreisverwaltungen Listen anfertigen lassen, die für den Kreis leider nicht überliefert sind.“

Die Deutsche Dienststelle für die Benachrichtigung der nächsten Angehörigen von Gefal- lenen der ehemaligen deutschen Wehrmacht (WASt), Berlin bestätigt auf Anfrage in einem Schreiben vom 15. August 2011, dass ab Mitte 1942 keine Sterbefälle von sowjetischen Kriegsgefangenen mehr bei den Standesämtern beurkundet worden seien. In einigen Standesämtern war die Beurkundung der Sterbefälle bereits im Jahr 1941 eingestellt worden, weil, wie Christian Streit in seinem Buch „Keine Kameraden – Die Wehrmacht und die sowjetischen Kriegsgefangenen 1941 – 1945“ schreibt, die Standesämter wegen des Massensterbens „völlig überlastet“ seien und in den meisten Fällen die Personalien der verstorbenen Sowjetrussen nicht bekannt waren.

Die Entscheidung, keine Beurkundungen durchzuführen, beruhte auf einer Änderung der Personenstandsverordnung (§ 30). Dort wird festgelegt: „Der Reichsminister der Justiz und der Reichsminister des Innern können im Einvernehmen mit dem Chef OKW (Ober- kommandierender der Wehrmacht) die Beurkundungen der Sterbefälle in anderer Weise regeln.“ Und geregelt wurde dann, dass überhaupt keine Beurkundung oder Registrierung erfolgte.

In ihrem Brief vom 15. August 2011 schreibt die Deutsche Dienststelle (WASt) weiter, dass die von der Behörde geführten Akten über sowjetische Kriegsgefangene Mitte August 1945 von sowjetischen Truppen verpackt und mit unbekanntem Ziel fortgebracht wurden. Sie sollen sich jetzt im Zentralarchiv des Ministeriums für Verteidigung der Russischen Föderation in Podolsk bei Moskau befinden.

In der Deutschen Dienststelle werden zurzeit, alphabetisch und nach Nationen geordnet, 1.500.000 Karteikarten mit Namen von fremdländischen Kriegsgefangenen verwaltet. In den der Deutschen Dienststelle zur Verfügung stehenden Lagerverzeichnissen sind Kriegsgefangenenlager in Aumühle und Oedendorf nicht verzeichnet.

Das Kriegsgefangenenlager in Aumühle wird daher wohl für immer ein weitgehend weißer Fleck in der Geschichte der Gemeinde bleiben. Wenn nun klar ist, dass die Schrift auf dem Gedenkstein falsch ist, sollte sie auch berichtigt werden. Und wenn man sich mit dem Gedenkstein befasst, wäre zu überlegen, ihn im Bereich des Ehrenmales neu aufzustellen. Ein angemessener Platz wäre links neben dem Gedenkstein mit dem Gedenken an alle Opfer von Krieg und Gewalt.

Letzte Ergänzung: 12.1.2012

Literatur: Prof. Dr. Hartmut Goethe, Geschichte des Waldfriedhofes (Internet-Seite Kirche Aumühle) Ilse Graßmann, „Ausgebombt“ Christian Lopau, „Der Einsatz ausländischer Arbeitskräfte“ (Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene) in Mölln während des Zweiten Weltkrieges

Fotovermerk: Gemeindearchiv Aumühle: 2 / Erhard Bartels: 1 / übrige Fotos: Lothar Neinass