ALCHEMISCHE EMBLEMATIK

Michael Maiers fugiens (1618)

Diplomarbeit

zur Erlangung des akademischen Grades

einer Magistra der Philosophie

an der geisteswissenschaftlichen Fakultät der

Karl-Franzens-Universität Graz

eingereicht von

Viktoria BAUER

am Institut für Kunstgeschichte

Begutachter Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Augustyn

Graz, 2012 1

INHALTSVERZEICHNIS

1. Vorwort...... 4 2. Alchemie……………………………………………………………………………………7 2.1. Etymologie…………………………………………………………………………..…..9 2.2. Arten von Alchemie………………………………………………………………..……9 2.3. Chemie…………………………………………………………………………………10 2.4. Beginn der Alchemie………………………………………………………………..…10 2.5. Tabula Smaragdina……………………………………………………………………11 2.6. Arabische Alchemie…………………………………………………………………...11 2.7. Schwefel-Quecksilber-Theorie……………………………………………………...…12 2.8. Aristoteles…………………………………………………………………………...…13 2.9. 12. Jahrhundert………………………………………………………………………...13 2.10. Renaissance…………………………………………………………………………..14 2.11. Iatrochemie………………………………………………………………………..….15 2.12. ……………………………………………………………………..15 2.13. Christliche Komponente der Alchemie……………………………………………....16 2.14. 17. Jahrhundert……………………………………………………………………….16 2.15. 18. Jahrhundert……………………………………………………………………… 17 2.16. 19./20. Jahrhundert……………………………………………………………...……17 2.17. Alchemische Terminologie………………………………………..…………………17 3. Emblematik…………………………………………………………………………….…20 4. Mythoalchemie...... 25 5. Alchemie und Musik…………………………………………………………………..…29 6. ………………………………………………………………………….…35 6.1. Biografie…………………………………………………………………………….…35 6.1.2. Nachwirkung………………………………………………………………….…38 6.2. Wappen Maiers´…………………………………………………………………….....38 6.3. Zeittafel ´Werke´………………………………………………………………………40 7. Atalanta fugiens...... 43 7.1. Inhalt………………………………………………………………………………...... 43 7.2. Aufbau………………………………………………………………………………....44 7.3. Nachwirkung…………………………………………………………………………..44 7.4. Musik………………………………………………………………………………..…46 2

7.4.1. Aufbau der Fugen……………………………………………………………..…48 7.5.Johann Theodor de Bry……………………………………………………………...…52 7.6. Bildbeschreibungen……………………………………………………………………54 7.6.1. Emblem I – X…………………………………………………………………54-70 7.6.2. Emblem XI – XX……………………………………………………………...70-85 7.6.3. Emblem XXI – XXX………………………………………………………....85-103 7.6.4. Emblem XXXI – XL………………………………………………………..103-117 7.6.5. Emblem XLI – L………………………………………………………...…118-134 8. Schlussbetrachtung...... 135 9. Abbildungen………………………………………………………………………….…139 10. Literaturverzeichnis………………………………………………………………….…184 11. Abbildungsverzeichnis……………………………………………………………….…188 12. Bildnachweis...... 194

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1. VORWORT

Die Entscheidung für das Thema dieser Diplomarbeit resultierte aus dem schon langjährig bestehenden Interesse an der Alchemie meinerseits. Die Faszination, die von dem alten überlieferten alchemischen Bildgut ausgeht, hatte mich schon lange in ihren Bann gezogen, und nach reiflicher Überlegung erschien es mir sinnvoll, mich mit der alchemischen Emblematik, im speziellen Fall von Michael Maiers Schrift Atalanta fugiens (1618), innerhalb meines Abschlussthemas auseinanderzusetzen, da die Emblematik ihrerseits im kunsthistorischen Kontext einen wichtigen Stellenwert ausmacht. Zudem bietet das von dem Universalgelehrten Michael Maier (1568-1622) verfasste Werk prachtvolle Kupferstiche, deren künstlerische Qualität nicht zu bezweifeln ist und einer näheren Untersuchung bedarf. Zusammen mit den im Buch abgebildeten Notenblättern und den Diskursen, in denen Maier sich als Mythopoet zu erkennen gibt, ist die Atalanta fugiens in die Liste der frühen Gesamtkunstwerke einzureihen. Maiers Intention lag darin, Ton, Wort und Bild so zu vereinen, dass dem Leserpublikum das Thema der Alchemie verständlicher gemacht wird. Die Musikstücke und Illustrationen sind ihm hilfreiche Mittel die Sinne zu erfassen um dann den Verstand anzusprechen. Er wollte eine synästhetische Wirkung bezwecken, die für den Beginn des 17. Jahrhunderts und in Zusammenhang mit der Alchemie einmalig ist.

Ich habe in der vorliegenden Arbeit versucht, jene Themen, die mir für das Untersuchen der Atalanta essentiell erschienen, in den verschiedenen Kapiteln darzustellen und dem besseren Verständnis wegen nichts außer Acht zu lassen, um einen Gesamtüberblick zu gewähren.

Ohne eine allgemeine Kenntnis über die alchemische Theorie ist es eigentlich unmöglich das Werk von Maier zu begreifen, weswegen ich zu Beginn dieser Arbeit einen historischen Überblick über die Alchemie gebe, der von der Antike bis in das 20. Jahrhundert reicht. Die Denkweisen der Alchemisten, ihre Vorbilder, sowie wichtige alchemische Begriffe sollen vorneweg vorgestellt werden, denn im Laufe der Arbeit und vor allem im Hauptabschnitt über die Emblembeschreibungen, wird davon häufiger die Rede sein.

Im nächsten Kapitel wird zuerst die Emblematik im Allgemeinen, ihre Ursprünge, Einflüsse und der Aufbau eines Emblems durchleuchtet, um dann schließlich auf die

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Gattung der alchemischen Emblembücher überzugreifen. Die Atalanta fugiens gilt nämlich als das erste von insgesamt drei alchemischen Emblembüchern überhaupt und hegte Einfluss auf die nach ihr entstandenen Werke, wie man noch in Erfahrung bringen wird.

Da Maier als exemplarischer Komponent der Mythenallegorese gilt, darf auf die Behandlung des Themas der Mythoalchemie nicht verzichtet werden. Die vor allem im Humanismus in Mode gekommene Verbindung von Mythologie und Alchemie drückte sich in der Überzeugung aus, dass die alten Gelehrten die Geheimnisse der Natur, über die es auch dem Untertitel der Atalanta fugiens zufolge geht, dichterisch und symbolisch verschlüsselt hätten, und die Alchemisten machten es sich zur Aufgabe diese ´chymischen´ Geheimnisse zu enträtseln. Die Metamorphosen des Ovid boten beliebte Sujets, die alchemisch gedeutet werden konnten. So hatte auch die Atalanta fugiens eine ´Ovidsche´ Geschichte, der Wettlauf zwischen der im Wald lebenden Königstochter mit dem listreichen , zur Rahmenhandlung.

Die vor Hippomenes ´flüchtende´ Atalante (´Atalanta fugiens´) findet ihre Entsprechung in der von Maier selbst komponierten Musik des Werkes, den insgesamt fünfzig Fugen/ Kanons. Im Kapitel über die Musik der Atalanta wird dies in Anbetracht des Fugenaufbaues näher ergründet werden.

Die Frage, inwiefern die Musik für den Alchemisten allgemein eine Rolle gespielt hat, nimmt in dieser Arbeit einen hohen Stellenwert ein. Gibt es Hinweise auf musiktheoretische Überlegungen im alchemischen Schrifttum oder sogar vertonte alchemische Texte vor Maiers Atalanta?

Selbstverständlich wird auch genauer auf die Biografie von Michael Maier eingegangen, war er doch als Arzt, Schriftsteller, Poet, Alchemist und Komponist ein Universalgelehrter seiner Zeit, ständig im wissenschaftlichen und künstlerischen Austausch stehend, sowie in Herrscher- und Fürstenhäusern gern gesehen.

Im zweiten Teil der Arbeit wird die Atalanta mit ihrem Inhalt, Aufbau und Werdegang ergründet. Die Bildbeschreibungen machen dann den Hauptteil aus, wobei die Bemühungen darin lagen, ein jedes Emblem in seiner Darstellung und mit dem angefügten schriftlichen Teil (Discursus) zu analysieren.

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Wie Maier im Untertitel der Atalanta verkündet („singulari jucunditate videnda“)1, will er uns mit seinem ´Gesamtkunstwerk´ durch das Hören der Fugen, das Schauen der emblematischen Bilder und das Lesen der schriftlichen Ausführungen ein einzigartiges Vergnügen bereiten.

Ich hoffe mit dieser Arbeit das Interesse des heutigen Lesers zu wecken, sich mit der Atalanta fugiens auseinanderzusetzen, damit das Werk selbst nach Jahrhunderten noch den von Maier gewünschten Zweck erfüllt.

1 Maier (zit.) 1617, Titelkupfer. 6

2. ALCHEMIE

Mit dem Begriff ´Alchemie´ sind viele Assoziationen verbunden, von denen diejenigen vom Mythos der Goldherstellung und der Suche nach dem ´Stein der Weisen´ am geläufigsten sind. Bei der Vorstellung davon, und in Erinnerung an alte Bilddarstellungen von Alchemisten, denkt man an den Adepten, der in seinem Labor geheimen Tätigkeiten nachgeht. Er hantiert dabei mit allerlei Gerätschaften, und ganz nach dem Motto ora et labora et lege studiert er die alten Schriften, die für ihn die Kenntnisse alter Weisen bergen, um das ´Große Werk´ (Opus Magnum) zu vollbringen und den Stein der Weisen zu finden. Jener, auch Lapis Philosophorum genannt, ist das große Ziel der Alchemie, und er sollte den gelungenen Abschluss eines Arbeitsprozesses bilden, bei dem die Umwandlung von einem unedlen Stoff in einen edleren, die Transmutation, gelingen sollte. Nicht umsonst umgaben sich Könige und Fürsten auf ihren Höfen mit Alchemisten, da sie darin eine Möglichkeit sahen ihren finanziellen Status aufzubessern und sie die Hoffnung hatten dadurch ihren verschwenderischen Umgang mit Geld wieder auszugleichen.

Obwohl Michael Maier vorrangig als Arzt an mehreren Fürstenhöfen angestellt war und zudem selbständig als solcher tätig war, wurde seine alchemische Fachkenntnis, wovon etliche seiner Werke, die um das Thema der Alchemie kreisen, Zeugnis geben, sicherlich geschätzt. Und wie aus seiner Biografie eindeutig hervorgeht, bemühte auch er sich als Alchemist um die Gunst der Herrscher, doch grenzte er sich, wie es an manchen Stellen in der Atalanta fugiens zum Ausdruck kommt, dabei eindeutig von den Scharlatanen, die von sich behaupteten Gold herstellen zu können, ab. Ebenso distanziert er sich von der ´Magie´ und ihrer Praktiken, welche oftmals mit der Alchemie in Verbindung gebracht wurden.

Obwohl die Transmutationsalchemie eine von Maiers Hauptinteressen war, kann man behaupten, dass sein Ziel nicht in der materiellen Wandlung eines Stoffes lag, sondern er die Transmutation auf geistiger Ebene erstrebte.

Die letzten Jahrhunderte war die Forschung der Alchemie gegenüber skeptisch eingestellt, und ihre Bewertung fiel eher negativ aus, denn die mit ihr assoziierte ´Goldmacherei´ galt als „Ausfluß eines eigensüchtigen Materialismus“2. Außerdem war und bleibt es teilweise heute noch eine schwierige Angelegenheit, in Anbetracht der Fülle des überlieferten alchemischen Schrifttums und dessen komplexer, hermetischer Symbolik, sich mit ihren Inhalten auseinanderzusetzen.

2 Hartlaub (zit.) 1959, 13. 7

„Wir finden ein aus allgemeinen Begriffen entspringendes, auf einen gehörigen Naturgrund aufgebautes Märchen. Etwas Materielles muß es sein, aber die erste allgemeine Materie, eine jungfräuliche Erde. Wie diese zu finden, wie sie zu bearbeiten, dieses ist die ewige Ausführung alchimischer Schriften, die mit einem unerträglichen Einerlei, wie ein anhaltendes Glockengeläute, mehr zum Wahnsinn als zur Andacht hindrängen.“ (J. W. Goethe)3

Allerdings wurden alchemische Nebenprodukte, die sozusagen ´zufällig´ auf der Suche nach der Quintessenz entstanden waren (Bsp. Porzellan, Kenntnis der Destillation), überaus geschätzt.

Eine positive Aufwertung erfuhr die Alchemie Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts durch ihren tiefenpsychologischen Aspekt, und die Psychoanalytiker (vor allem C. G. Jung) begannen sich mit ihren Symbolen und Allegorien auseinanderzusetzen um sie zur Bilderwelt des menschlichen Unterbewusstseins in Entsprechung zu setzen. Man ging davon aus, dass die Tätigkeiten und komplexen Versuche im Labor hauptsächlich eine symbolische Bedeutung gehabt hätten, das heißt, die ´Königliche Kunst´ wäre nur sinnbildlich zu verstehen.

„Nicht um die materielle Läuterung, Reinigung, Sublimation der Stoffe habe es sich für die Eingeweihten gehandelt, sondern um ihre eigene Verwandlung durch den innerseelischen Prozess einer Meditation […]“4

Die Aufgabe des Alchemisten bestand darin, die Natur und deren Geheimnisse (worum es Maier dem Untertitel der Atalanta fugiens zufolge geht: Emblemata nova de secretis naturae chymica […]) zu erforschen, sie nachzuahmen und zu beschleunigen. Er imitiert ihren Entwicklungsprozess, den man sich vom Blei ausgehend (unterste Stufe, dem Planeten Saturn zugeordnet) über das Quecksilber (Quecksilber) bis hin zum Gold (Sonne) vorstellte. Dies sollte von ihm in einem kleinen Maßstab im isolierenden Gefäß wie der Retorte, eines der Hauptsymbole der Alchemie, vollbracht werden.5

Stets bleibt es wichtig, ein Dokument aus dem Geist seiner Zeit heraus zu betrachten. Dies ist auch für die inhaltliche Auseinandersetzung mit der Alchemie bedeutungsvoll.

„Um das Wesen der Alchemie richtig zu erfassen und zu beurteilen, muß man sich daran erinnern, daß man bis zum sechzehnten Jahrhundert die Erde für den Mittelpunkt des Weltalles hielt; das Leben und die Schicksale der Menschen wurden

3 Goethe (Gedenkausgabe der Werke) 1948 ff., 392. 4 Hartlaub (zit.) 1959, 15. 5 Hartlaub 1959, 17. 8

als in engster Verbindung stehend mit der Bewegung der Gestirne betrachtet. Die Welt war ein großes Ganzes, dessen Glieder in ununterbrochener Wechselwirkung standen. ´Nach der Erde hin strahlen von allen Enden des Himmels die schöpferischen Kräfte und bestimmen das Irdische´ ().“6 (Justus von Liebig (1803-1873))

2.1. Etymologie

Das Wort ´Alchemie´ hat seinen Ursprung im Griechisch-Arabischen, wobei als „Salz“ und kimiya „ich gieße“ oder „ich schmelze“ bedeutete. Andererseits könnte kimiya auch vom ägyptischen kemet („schwarze Erde“) abgeleitet werden, welches mit den Schlickablagerungen am Nil in Zusammenhang zu bringen ist.

Es gibt zudem viele Synonyme für die Alchemie, die sich im Laufe der Zeit herausgebildet haben. So wird sie auch als Ars regia, Ars sacra, Scientia Die, Chrysopeia („Kunst der Goldherstellung“) etc. bezeichnet.7

2.2. Arten der Alchemie

In der Auseinandersetzung mit der Alchemie ist es vorerst einmal wichtig die verschiedenen Aspekte dieser Ars divina herauszukristallisieren und sie in verschiedene Bereiche zu unterteilen. Grob gesagt kann man von der praktischen (technisch- wissenschaftlichen) und der spirituellen (theoretisch-mystischen) Alchemie sprechen. Erstere wird als Vorläuferin der neuzeitlichen Chemie gesehen. Sie setzte sich früh mit den Kenntnissen der Materie und ihrer Elemente auseinander, wobei die Rezeption des aristotelischen Lehrgebäudes hier von besonderer Bedeutung ist.8 Durch das Wissen von der Zusammensetzung von Substanzen führte sie - gewissermaßen als Nebeneffekt - zur Herstellung von Porzellan, Glas, zur Alkoholdestillation und zur Entwicklung des Schießpulvers.

Im Gegensatz zur experimentierenden Alchemie lag das Bestreben der spirituellen darin, die Seele selbst zu läutern und zu vervollkommnen. Das Ziel galt sozusagen der ´Erlösung´ der Materie.9

6 von Liebig (zit.) 1878, Dritter Brief. 7 Battistini 2005, 252. 8 Malaka 2008, 212. 9 Priesner/Figala 1998, 22. 9

Neben der praktischen und theoretischen Alchemie gibt es außerdem noch die konkret naturphilosophische, die mystische und medizinische. So konnten Alchemisten nüchterne Naturforscher, Mediziner, mystische Wahrheitssucher, ebenso aber Scharlatane sein.

2.3. Chemie

Der Begriff der heutigen „Chemie“ hat ihren Ursprung in der Alchemie. In den antiken alchemischen Schriften ist meist von der Tätigkeit des Alchemisten als chymeia oder chemeia die Rede. Etymologisch könnte dies mit chyma („Metallguss“) zusammenhängen. Im 17. Jahrhundert, als die Alchemie von der modernen Chemie verdrängt wurde, wurde zur Unterscheidung einfach das arabische Präfix al (arab. al-kimiya) weggelassen.10

Das erste universitäre Lehrbuch der Chemie wurde mit Alchemia (Andreas Libavius, 1597) betitelt.

2.4. Beginn der Alchemie

Die Wurzeln der Alchemie lassen sich im alten Ägypten finden, woher die ältesten alchemischen Überlieferungen stammen. Man geht davon aus, dass jene dort im 1. Jahrhundert nach Christus entstanden ist. Das um 300 vor Christus gegründete Alexandria versammelte damals als das geistige Zentrum Ägyptens eine Vielfalt verschiedenster Religionen, Mythen, Philosophien und Wissenschaften. Die geistigen Voraussetzungen der ´Hermetik´, ein Begriff der mit der Alchemie (ars ) synonym geht und allgemein die Geheimwissenschaften bezeichnet, wurden hier geschaffen. Jene verband gnostisch-neuplatonisches Gedankengut mit griechischer Naturphilosophie und integrierte die ägyptische Mythologie. Im Begriff der ´Hermetik´ steckt der Name des ´ersten´ Alchemisten namens Hermes Trismegistos (griech. „Hermes der Dreimal-Größte“). Es handelt sich hierbei um den mit dem ägyptischen Gott ´Thot´ identifizierten, griechischen Hermes, dem Schöpfer der Künste und Wissenschaften. Allerdings hat eine historische Persönlichkeit mit diesem Namen höchstwahrscheinlich nie gelebt.11 Eine Vielzahl von Schriften, zusammengefasst als Hermetica (Corpus Hermeticum, Asclepius-Dialog, Tabula Smaragdina), die im Zeitraum 100 – 300 nach Christus entstanden sein sollen, wurden jener sagenhaften Gestalt zugeschrieben.12

10 Priesner/Figala 1998, 25. 11 Priesner/Figala 1998, 173. 12 Priesner/Figala 1998 , 176. 10

2.5. Tabula Smaragdina

Die Tabula Smaragdina ist wohl die berühmteste Schrift aus dem Hermetica-Komplex und diente als Basis für das theoretische Lehrgebäude der Alchemie. Wie viele andere Alchemisten zitierte auch Michael Maier, wie man noch im Laufe der Arbeit sehen wird, aus diesem Werk. Wegen dessen großen Einflusses auf andere alchemische Schriften und der breiten Rezeptionsgeschichte, sollen an dieser Stelle die zwölf Hauptthesen daraus zum besseren Verständnis der Alchemie an dieser Stelle zitiert werden:

„Wahr, wahr, ohne Zweifel und gewiß:/ Das Untere gleicht dem Oberen, und das Obere dem Unteren, zur Vollendung der Wunder des Einen./ Und wie alle Dinge aus dem Einen sind, aus der Meditation des Einen, so werden auch alle Dinge aus diesem Einen durch Abwandlung geboren./ Sein Vater ist die Sonne, seine Mutter der Mond; der Wind hat es in seinem Bauch getragen; seine Säugamme ist die Erde./ Es ist der Vater aller Wunderwerke der ganzen Welt. Seine Kraft ist vollkommen, wenn es in Erde verwandelt worden ist./ Scheide die Erde vom Feuer und das Feine vom Groben, sanft und mit großem Verstand./ Es steigt von der Erde zum Himmel empor und kehrt von dort zur Erde zurück, auf daß es die Macht der Oberen und Unteren empfange. So wirst du die Herrlichkeit der ganzen Welt besitzen, und alle Finsternis wird von dir weichen./ Dies ist die Kraft aller Kräfte, denn sie besiegt alles Feine und durchdringt das Feste./ So wurde die Welt erschaffen./ Daher werden wunderbare Abwandlungen und Anwendungen bewirkt, zu denen hier die Mittel gegeben./ Und Hermes Trismegistos bin ich genannt, weil ich die drei Teile der Weisheit der ganzen Welt besitze.“ (Tabula Smaragdina)13

2.6. Arabische Alchemie

Bevor die Alchemie in Europa Fuß fassen konnte, fanden im 8. Jahrhundert Übersetzungen alchemischer Schriften aus dem Griechischen ins Arabische statt. Allerdings sollten in den zwei darauffolgenden Jahrhunderten arabische Autoren auch bedeutende eigenständige Werke der Alchemie liefern. Mit (lat. Geber; 8. Jahrhundert) und Muhammad ibn Zakariyya al-Razi (Rhazes, um 864-925) wären die zwei Wichtigsten genannt, die mit ihren Schriften Einfluss auf die weitere Alchemie-Entwicklung nahmen.14 Die das Mittelalter beherrschende Schwefel-Quecksilber-Theorie, die mit der Elementenlehre des Aristoteles vereinbar ist, geht auf die Araber zurück.

13 Roob (zit. n.) 2006, 9. 14 Priesner/Figala 1998, 26. 11

2.7. Schwefel-Quecksilber-Theorie

Schwefel und Quecksilber bilden die beiden polaren Prinzipien, die es nach der alchemischen Theorie zu vereinigen gilt, damit die Herstellung des ´Großen Elixiers´, einer roten Tinktur (aus der Verbindung des Quecksilbers mit dem Schwefel geht chemisch gesehen das rote Zinnober hervor) gewährleistet wird. Der Schwefel, Sulfur genannt, bildet dabei das Prinzip des Brennbaren, ist aktiv-männlich und steht für die fixierende und formgebende Kraft. Dagegen ist das Quecksilber (Mercurius) schmelzbar, passiv-weiblich und repräsentiert die flüchtige, wandelbare Kraft. Die traditionelle Lehre von der Dreiteilung des Kosmos in Geist, Seele und Körper wurde in alchemische Analogie zur Schwefel-Quecksilber-Theorie gebracht, wobei Sulfur als das formgebende Prinzip mit dem Geist und Mercurius als das lösende und belebende Prinzip mit der Seele gleichgesetzt wurde.15

„Das Quecksilber wurde aufgrund seiner Fähigkeit, mit anderen Metallen Amalgame zu bilden, zum lösenden und belebenden Prinzip. Indem es den Stoff aus der Erstarrung löst und empfänglich macht für die neue Form, wurde es als eigentlicher Träger der letzteren gleichgesetzt mit der Seele. Diese bedarf als das Prinzip der lebendigen Wandelbarkeit der Formgebung durch den fixierenden Schwefel. Dieser ist die gestaltende Ursache, das schöpferische Prinzip, das dem Quecksilber die neue, ´edlere´ Form verleiht. Als formgebendes Prinzip wurde Schwefel dem Geist gleichgesetzt.“16

Darauf hinzuweisen wäre, dass es auch eine reine Quecksilbertheorie gab, Ende des 13. Jahrhunderts durch den lateinischen Geber (Summa perfectionis magisterii) initiiert. Dieser zufolge ist Mercurius der alleinige Grundstoff der Metalle und Sulfur besitzt eine verunreinigende Eigenschaft. Allerdings konnte sich im 15. Jahrhundert die Zwei- Prinzipienlehre wieder durchsetzen, und Darstellungen der ´Chymischen Hochzeit´, für die die Vereinigung des männlichen Sulfur (Vater) und des weiblichen Mercurius (Mutter) bezeichnend ist, wurden häufiger.17

Paracelsus (Theophrastus von Hohenheim, 1493/94-1541) war es dann, der Sulfur und Mercurius als drittes Prinzip Salz (Sal) zufügte. Jenes entsprach der Form-empfangenden Materie, wobei es die Festigkeit zur Eigenschaft hatte. Bei allen drei Prinzipien handelt es sich nicht um stoffliche Zustände, sondern es geht um gestaltende Prozesse, formende

15 Malaka 2008, 230. 16 Malaka (zit.) 2008, 230. 17 Priesner/Figala 1998, 298. 12

Prinzipien, und, wenn sie kombiniert werden, bringen sie ein jedes Ding mit spezifischen Eigenschaften hervor.18

„In jedem Fall war die Schwefel-Quecksilber-(Salz)-Lehre als theoretische Basis der erstrebten Transmutation der Metalle Abbild der traditionellen kosmologischen und anthropologischen Vorstellungen, in denen der Mensch als Einheit von Körper, Seele und Geist die mikrokosmische Entsprechung des gleichfalls dreigeteilten Makrokosmos ist.“ 19

Ihre Wurzeln hatte die Schwefel-Quecksilbertheorie bereits bei Aristoteles (vgl. Meteorologica III. 6), der zwei Ausdünstungen beschreibt, aus welchen, einerseits trocken und rauchartig, andrerseits feucht und dampfartig, die Metalle in der Erde gebildet werden.20

2.8. Aristoteles

Aristoteles (384-322 vor Christus) schuf mit seinem Konzept der Naturphilosophie den Grundstein des theoretisch alchemischen Lehrgebäudes. Zuerst steht für ihn die sinnliche Erfahrung, die er dann durch den Verstand analysiert, womit er Begriffe entstehen lässt. Die ´Form´ (eidos) als aktive und strukturbestimmende, und der ´Stoff´ (hyle) als passive Kraft bilden für ihn die zwei Prinzipien, die, wenn sie zusammentreffen, ein jedes Ding entstehen lassen.21 Jede Substanz wird aus den vier Elementen zusammengesetzt, welchen jeweils zwei von vier ´Qualitäten´ zugeschrieben werden (Erde: trocken und kalt; Wasser: kalt und feucht; Luft: feucht und warm; Feuer: warm und trocken). Durch ihre Aktivität werden qualitative Veränderungen hervorgerufen. Somit werden die Transformationsprozesse der Natur von Aristoteles als Zusammenspiel der Qualitäten und Elemente gedeutet. In der Natur strebe alles nach vollkommeneren Formen, und die reinste und stoffloseste Form sei Gott, der gleichzeitig das letzte Ziel, sowie auch die erste Ursache aller Bewegungen wird. Dieser ´Urstoff´ galt den Alchemisten als Ausgangsmaterial des Opus Magnum und wurde als Prima Materia zu einem bedeutenden Begriff der Alchemie.22

18 Malaka 2008, 241. 19 Malaka (zit. n.) 2008, 230. 20 Priesner/Figala 1998, 289. 21 Malaka 2008, 225. 22 Malaka 2008, 226. 13

2.9. 12. Jahrhundert

Im 12. Jahrhundert wurde das Interesse der europäischen Gelehrten an der Alchemie durch lateinische Übersetzungen aus dem Arabischen geweckt. Fundamentale Erkenntnisse im Bereich der Mineralogie, der Botanik, der Metallurgie, der Farbstoff-Erzeugung und der Destillation wurden jenen zugänglich gemacht.23

Der Universalgelehrte (ca. 1200-1280) konnte der Alchemie zu einem Durchbruch verhelfen, indem er bestrebt war, die christliche Theologie mit der antiken, aristotelischen Philosophie zu versöhnen. Im Bereich der Naturphilosophie bekam die Alchemie für ihn den höchsten Stellenwert. Albertus Magnus (De Mineralibus) war der Meinung, dass die Alchemie von allen ´Künsten´ der Natur am nächsten komme, weil sie jene am besten nachahme.24

Allerdings waren der Alchemie nicht immer nur Gönner beschieden, so hatte sie ab dem 13. Jahrhundert verstärkt gegen Angriffe geistlicher Orden zu kämpfen.25 Papst Johannes XXII. erließ um 1317 die Bulle Spondent quas non exhibent, die sich zwar nicht allgemein gegen die Alchemie, jedoch gegen die alchemisch praktizierenden Münzfälscher richtete.26 Auch wenn viele Kleriker die Alchemie verurteilten, so trug das letztendlich nicht dazu bei, dass jene an Interesse und Ausübung eingebüßt hätte.

2.10. Renaissance

Vor allem in der Renaissance, als die klassischen Denktraditionen wieder aufgenommen wurden, blühte das Interesse an der Alchemie, der Hermetik und dem Neuplatonismus, welcher mit seiner Kosmologie als das Hauptmerkmal der Alchemie dieser Zeit galt, wieder auf. Der Glaube an die drei spirituellen Wesenheiten Geist, Seele und Weltseele, die zwischen Gott und der Schöpfung vermittelten, bot eine Alternative zur Naturphilosophie des Aristoteles.27

Paracelsus lieferte hier einen wichtigen Beitrag, indem er meinte, dass eine Quintessenz (geistige, körperlose Essenzen) im gesamten Kosmos bestehe und diese für die Kräfte und das Wesen der Stoffe verantwortlich sei. Alchemie bedeutete für Paracelsus die Erkenntnis der inneren Natur der Dinge und somit könne sie das Werk der Natur fortsetzen und

23 Priesner/Figala 1998, 26/27. 24 Malaka 2008, 232. 25 Priesner/Figala 1998, 28. 26 TRE 1993, 208. 27 Priesner/Figala 1998, 29. 14 vervollkommnen.28 Der Philosoph müsse im ´Buch der Natur´ lesen können, um die jener innewohnenden, geheimen Gesetzmäßigkeiten zu gewinnen. Naturerkenntnis geschehe demnach nicht durch göttliche Offenbarung, sondern im ´Licht der Natur´, womit Paracelsus eine Trennung von Naturkunde und Theologie im Sinne hat.29

Für ihn und dessen Schüler lag das Ziel nicht in der Goldherstellung, sondern in der Suche nach den sogenannten Arcana („Geheimmittel“), die Leib wie Geist gleichermaßen heilen konnten. Begründet wurde damit eine neue Richtung der Alchemie, der Chemiatrie oder Iatrochemie.30

2.11.Iatrochemie

Die Iatrochemie spezialisierte sich auf die Erzeugung wirksamer Heilmittel. Ihren Anfang fand sie bei den arabischen Alchemisten, die sich zur Aufgabe machten, ein universelles Heilmittel für alle menschlichen Krankheiten, ein sogenanntes Panazee (eine Art ´Elixier´), zu finden, wobei mit organischen Substanzen experimentiert wurde.31

2.12. Andreas Libavius

Im Gegensatz zu Paracelsus und seinen Anhängern gab es eine andere Gruppe von Alchemisten, die Bemühungen anstellten, die Alchemie völlig ihrer mystischen und religiösen Elemente zu entkleiden. Andreas Libavius (1555-1616) gelang mit seiner Alchemia ein Werk, das keinerlei mystische Aspekte der Alchemie, sondern nur laborpraktische Beobachtungen beinhaltete.32

2.13. Christliche Komponente der Alchemie

Das Integrieren christlicher Symbole in der Alchemie fand bereits im Mittelalter statt, verstärkt im Laufe der Reformation. Martin Luther (1438-1546) war der Meinung, dass die Alchemie die Mysterien des Christentums allegorisch widerspiegelte, und auch die Calvenisten setzten sich mit der Scientia Dei auseinander, wie dies beispielsweise am Hofe des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel geschah, dessen Gunst sich auch Michael Maier erworben hatte.33

28 Priesner/Figala 1998, 29. 29 Malaka 2008, 235. 30 Priesner/Figala 1998, 208. 31 Malaka 2008, 228. 32 Priesner/Figala 1998, 29. 33 Priesner/Figala 1998, 29. 15

Ein wichtiger Ansatz, den Paracelsus mit seiner alchemischen Interpretation der biblischen Genesis lieferte, fand unter seinen Anhängern weite Verbreitung. Demnach wurde die Schöpfung als Abscheidungsvorgang verstanden, sozusagen im Sinne der Trennung des Oberen und Unteren, des Guten und Bösen, des Männlichen und Weiblichen etc.34

Ein anderes Beispiel für die Verbindung der christlichen Religion mit alchemischem Inhalt bot der Paracelsist (um 1560-1605), wenn er das Universum als Ergebnis einer göttlichen Alchemie auffasste und im Opus Magnum eine Läuterung und Reinigung des Menschen und der Natur sah.35

Mit seinen Darstellungen des alchemischen Prozesses bot Das Buch der heiligen Dreifaltigkeit (1415-1419), welches dem Autor Ulmannus zugeschrieben wird, ein frühes Zeugnis für die Verknüpfung christlicher Mystik und Ikonographie. Die Vorgänge im Labor wurden dort als Sinnbild des christlichen Heilgeschehens gesehen.36

2.14. 17. Jahrhundert

Mit dem Beginn der wissenschaftlichen Revolution im 17. Jahrhundert wurde eine mögliche Metalltransmutation im Licht atomistischer Materiemodelle diskutiert.37 Besonders für (1627-1691) bot das korpuskulare Materiekonzept eine neue theoretische Begründung für die Umwandlung von Metallen. Schon früh bestand die Vorstellung von der Zerlegung der Materie in eine Urform, und deren anschließende Neuformierung war mit der Korpuskulartheorie in Verbindung gebracht worden. Auch (1642-1643) sprach davon, dass, um eine Transmutation zu ermöglichen, die größeren Metall-Teilchen in ihre Grundbestandteile zerlegt werden müssten.38 Übrigens hatte Newton, der sich bekanntlich mit der Alchemie auseinandersetzte, Michael Maier sein längstes alchemisches Manuskript gewidmet.39

2.15. 18. Jahrhundert

Obwohl die Alchemie es immer schwerer hatte dem Rationalismus standzuhalten und sich gegen dessen Angriffe zu wehren, blieb sie selbst im 18. Jahrhundert noch Gegenstand

34 Priesner/Figala 1998, 30. 35 Priesner/Figala 1998, 30. 36 Malaka 2008, 234. 37 Priesner/Figala 1998, 32. 38 Priesner/Figala 1998, 42. 39 Priesner/Figala 1998 , 254. 16 wissenschaftlicher Diskussionen. Doch später verlor sie ihre Bindung zur Naturphilosophie und den Status als eigene Wissenschaft, woraufhin sie nur noch für Geheimgesellschaften, wie die der Rosenkreuzer und Freimaurer und später der Illuminaten, ein wichtiger Bestandteil blieb.40

2.16. 19./20. Jahrhundert

Im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert kam es zu etlichen, gut dokumentierten historischen Darstellungen der Alchemie, und Autoren wie Hermann Kopp (1817-1892), Edmund von Lippmann (1857-1940) oder Marcelin Berthelot (1827-1907) behandelten sie in Zusammenhang mit ihrer Rolle als Proto-Chemie. Im Gegensatz dazu lag das Augenmerk für Ethan Allen Hitchcock (Remarks upon and Alchemists, 1857) auf der psychologischen Interpretation der Alchemie, welche zur Metapher für die Erlösung und Wandlung des Menschen wurde. Vor allem im 20. Jahrhundert, durch die Psychoanalytiker Herbert Silberer (1882-1923) und Carl Gustav Jung (1875-1961), wurde diese Denkrichtung weitergeführt. Für Letzteren war das Opus Magnum die Metapher der Selbstwerdung des Individuums schlechthin, und nach ihm lag das alchemische Ziel in der Erlösung der Welt.41

2.17. Alchemische Terminologie

Die alchemische Terminologie umfasst ein weites Spektrum an Begriffen. Diejenigen, die im Zusammenhang mit Maiers Atalanta fugiens am häufigsten vorkommen, sollen hier kurz vor den eigentlichen Emblembeschreibungen, bei denen ausführlicher auf die alchemischen Symbole eingegangen wird, erläutert werden.

Lapis Philosophorum („Stein der Weisen“)

Es ist das ersehnte Ziel der Alchemisten, den Stein der Weisen herzustellen. Er verwandelt unedle Metalle in Gold, heilt Krankheiten und verlängert das Leben. 42

Opus Magnum („Große Werk“)

Das Große Werk (lat. Magisterium) dient der Herstellung des Lapis. Es wird mit vier Phasen beschrieben, welche durch bestimmte Farben gekennzeichnet werden. Die (Schwärzung) bildet dabei die erste Phase, die (Weißung) die zweite, die

40 Priesner/Figala 1998, 33. 41Priesner/Figala 1998 , 35. 42 Battistini 2005, 332. 17

(Gelbung) die dritte und die (Röte) die vierte und letzte Phase. Die verschiedenen Farbbezeichnungen haben ihren Ursprung in den antiken Praktiken der Metallbearbeitung, und jede Farbe hat mit dem Zustand der Metallschmelze zu tun: Schwarz steht für das Anfangsstadium, Weiß für die Erhitzung, Grün für die Oxidation, Gelb für die Erreichung des Schmelzpunktes und Rot für die Verflüssigung. Außerdem werden jedem Stadium ein Planet, ein Tier, eine Gottheit und ein Gründungsmythos zugeordnet.43

Im Labor erstrebte der Alchemist die Destillation einer reinen Substanz (Quintessenz), wobei die Materie geläutert wurde. Psychologisch gesehen symbolisiert das Opus Magnum die Läuterung des Menschen.44 Die Anzahl der Phasen des Magisteriums können variieren, doch meistens ist von sieben Phasen die Rede:45

1. Calcinatio (Einäscherung) 2. Sublimatio (Verfeinerung) 3. Solutio (Auflösung) 4. Putrefacito (Fäulnis) 5. Distillatio (Destillation) 6. Coagulatio (Gerinnung) 7. Tinctur (Färbung)

Man sollte sich vor Augen führen, dass die Stufen des alchemischen Prozesses im Laboratorium des Alchemisten praktische Ausführung fanden. Zuerst wurde versucht die Materia Prima in einem gläsernen Gefäß (z.B. Retorte) durch die Hauptelemente der Alchemie (Sulfur und Mercurius) herzustellen. Dann konnten die weiteren Phasen eingeleitet werden. Der Alchemist benutzte hierfür verschiedenste Instrumente, (Phiolen, Brennöfen, Retorten etc.), wovon ein jedes seine praktische und symbolische Bedeutung hatte. Die Retorte, ein kugelförmiges Gefäß, das einem Ei glich, war dabei eines der Wichtigsten. Das Ziel war es, in dieser die Entstehungsphase des kosmischen und natürlichen Lebens nachzuahmen.46

43 Battistini 2005, 320. 44 Battistini 2005, 316. 45 Battistini 2005, 317. 46 Battistini 2005, 346. 18

Quintessenz

Die Quintessenz (lat. quintia essentia = „fünftes Wesen“) repräsentiert die Essenz der fünf Destillationsvorgänge. Es handelt sich dabei um einen universellen Stoff und das Lebenselixier schlechthin.47

Chymische Hochzeit (Vereinigung, Coniunctio, Hierogamie)

Bei der ´Chymischen Hochzeit´ werden die zwei gegensätzlichen Prinzipien (König und Königin, Sol und Luna, Bruder und Schwester, Schwefel und Quecksilber, Wasser und Feuer) vereinigt, wobei sie im Hochzeitsbad oder sich küssend und umarmend dargestellt werden. Diese Coniunctio verweist auf die Zeugung des Lapis. Bereits Zosimos von Panopolis (um 300 nach Christus) und Olympiodoros (5. Jahrhundert) benutzten die sexuelle Metapher dazu auf die Zeugung der Elemente anzuspielen. In psychologischer Hinsicht soll bei der Vereinigung der männliche (animus) und weibliche Teil der Psyche (anima) versöhnt werden. Aus aristotelischer Sicht zerfallen nach der Vereinigung die Elemente Feuer (solar-trocken) und Wasser (kalt- feucht) in ihre Bestandteile (aristotelisch). Erzeugt werden durch die Verdampfung die Luft (heiß-feuchte Prinzip) und die Erde (kalt-trockenes Prinzip). Mit dem Hohelied knüpfte die Chymische Hochzeit auch an die erotische Mystik des Alten Testaments an.48

Christus-Lapis

Der Begriff des ´Christus-Lapis´ wurde erstmals im 13. Jahrhundert von Arnoldus von Villanova (um 1235-1311) in seinem Werk De lapide philosophorum genannt. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts führte ein Dichter namens ´Gratheus filius philosophi´ diesen Begriff als Metapher ein. Der Lapis wurde mit Christus gleichgesetzt, und der alchemische Prozess wurde anhand der biblischen Geschichte interpretiert. Der Lapis hat demnach ebenso wie Christus eine Erlösungsfunktion, und die Lebensstationen Christi (Geburt, Leiden, Tod, Auferstehung) kann man in Analogie zum Marter des Quecksilbers (der Geist wird vom Körper des Metalls getrennt) und der Fixierung des Schwefels setzen.49

47 Battistini 2005, 292. 48 Battistini 2005, 236. 49 Battistini 2005, 270. 19

3. EMBLEMATIK

Maiers Atalanta fugiens zählt zu einem der wenigen alchemischen Werke, die in der Literaturgattung der Emblembücher geschrieben wurden. Um das Verständnis der alchemischen Emblematik zu erleichtern, ist es zuerst einmal von Vorteil, die Emblematik mit ihrer Geschichte, Entwicklung und Bedeutung, in einem kurzen systematischen Überblick darzustellen.

In seiner etymologischen Bedeutung bezeichnet der aus dem Griechischen kommende Begriff der Emblematik „das An- oder Eingesetzte/ Einlegearbeit“50, und das ´Emblem´ selbst wird weitgehend als ´Sinnbild´ oder ´Denkbild´ bezeichnet, da der dahinterliegende Sinn durch die Form des Emblems, einer allegorisierenden Kombination von Bild und Wort, vermittelt wird.

Ausgebildet wurde die Emblematik von italienischen Humanisten der Hochrenaissance, wobei jene vor allem von der spätmittelalterlichen Allegorik und Frührenaissance angeregt wurden. Es können mehrere Voraussetzungen für die Entwicklung der Emblematik genannt werden:51

- Hieroglyphik - mittelalterliche, religiöse Exempel- und Heilsspiegelliteratur - moralisierend, didaktische Literatur - spätritterliche, höfische, französische und burgundische Devisensymbolik - spätantike naturkundliche Literatur (Bsp. Physiologus) - griechische Epigrammatik

Die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit den Hieroglyphen, die sogenannte ´Hieroglyphik´, war es, die die Emblematiker am meisten beschäftigte. Das Interesse dafür begann, als die berühmte Hieroglyphica des Horapollo, eine griechische Schrift, die im 2. Jahrhundert vor Christus entstanden sein soll, 1419 nach Italien gelangte.52 Es handelt sich hier um ein Buch zur Erklärung der Hieroglyphen, aber zu unterstreichen wäre, dass die Hieroglyphe im Unterschied zum Emblem kein ´Bild´, sondern lediglich ein codiertes Zeichen bietet.53 Die Gelehrten der Antike bis zur Renaissance waren sich einig, dass in jenen das geheime, altägyptische Wissen verborgen liege, und mittels der Symbolzeichen

50 Seemann Bd. II (zit. n.) 2004, 317. 51 Seemann Bd. II 2004, 317. 52 Seemann Bd. II 2004. 53 Hofmeier 2007, 41. 20

wurde, um ein Sinnbild mit tiefsinnigem Gehalt auszudrücken, die Methode der Hieroglyphik immer mehr geschätzt.54

Vom Inhalt der Embleme her handelt es sich meist um versteckte moralisierende Botschaften, um Geheimnisse der Natur oder universale Zusammenhänge. In der Renaissance war vor allem die Vorstellung der Einheit von Kunst und Wissenschaft beliebt.

Eine erste zusammenfassende Darstellung der Emblematik gelang dem italienischen Humanisten Andreas Alciatus (1492-1550) mit seinem Emblematum Liber (Abb. 1), das 1531 in Augsburg erschienen ist. Übrigens soll die französische Ausgabe davon (Jean Jacques Boissard, Emblematum Liber (Abb. 2)), welche in Frankfurt 1593 durch Theodor de Bry verlegt wurde, von Maier sorgfältig studiert worden sein.55 Alciatus war jedenfalls der Erste, der die für das Emblem aus drei Elementen bestehende typische Struktur formulierte:56

1. Motto (griech. ´Lemma´; inscriptio) 2. Bild (griech. ´Icon´) 3. Epigramm (subscriptio)

Das Motto bezeichnet einen knappen lateinischen oder griechischen Wahlspruch, der einen ethischen Sinn beinhaltet. Zusammen mit dem Icon, einem allegorisierenden Bild, können diese zwei Elemente ein Rätsel aufgeben, das dem Betrachter erst durch das Lesen des dritten emblematischen Bestandteils, dem Epigramm, offenbart wird.

So können die einzelnen Bestandteile oft vollkommen unverständlich sein, währenddessen sie sich in Kombination gegenseitig ergänzen und sich im Idealfall die Kommentarbedürftigkeit aufhebt.

Nach dem Emblematum Liber entwickelte sich die Emblematik zu einer weit verbreiteten Literaturgattung, welche im 16. und 17. Jahrhundert ihre Blüte erreichte. Zu dieser Zeit fand auch die Alchemie Eingang in das emblematische System, was nicht verwunderlich

54 Hofmeier 2007, 40-41. 55 de Rola 1996, 14. 56 Seemann Bd. II 2004, 317. 21 ist, da die Emblematik dem „bildlichen Denken der Alchemisten in jeder Hinsicht entspricht“57.

Insgesamt sind drei Emblembücher, die für die Alchemie von Bedeutung sind, erschienen, und Maiers Atalanta fugiens ist eines davon, das auf die später publizierten großen Einfluss ausübte. Zu erwähnen sind hier zwei Werke von Daniel Stolz von Stolzenberg/ Stolcius (1597/1600 - nach 1644), der damals als böhmischer Medizinstudent 1624 sein Viridarium chymicum (´Chemisches Lustgärtlein´) und 1627 den Hortulus hermeticus (´Hermetische Garten´) veröffentlichte. Sein Werk bietet allgemein ein ausgezeichnetes Kompendium der theoretischen Alchemie zu Beginn des 17. Jahrhunderts, denn Stolcius bemühte sich um einen Gesamtüberblick der alchemischen Lehren, wobei er aus dem Fundus älterer alchemischer Bild-Traktate schöpfte. Von Maier übernahm er viele Kupferstiche, was naheliegt, da Stolcius die gleichen Verleger hatte wie dieser.58

Die neue Kommunikationsform der Emblematik war jedenfalls wie geschaffen für die Alchemisten, denn sie konnten nun Bild und Wort so miteinander verschmelzen, dass sie zu immer komplexeren Ausdrucksformen gelangten.59

Auffallend ist, dass Alchemie und Hieroglyphik, aus der sich schlussfolgernd die Emblematik entwickelt hat, die gleichen altägyptischen Wurzeln haben. Maier war sich dessen bewusst. In einem seiner alchemischen Werke setzt er sich mit der Hieroglyphik auseinander, wie man im folgenden Titel vermuten kann: Arcana Arcanissima Hoc est Hieroglyphica Aegyptio-Graeca. In seiner Atalanta fugiens setzt er dann, speziell im Emblem XXV und XXXVI, die ´Hieroglyphe´ mit dem Wort ´Gleichnis´, ´Sinnbild´ oder ´Allegorie´ gleich.60

Dass die Emblematik zu Maiers Zeit sehr in Mode war, bezeugt der Umstand, dass dessen Verleger Johann Theodor de Bry und Lucas Jennis auch andere Emblembücher mit prachtvollen, unter anderem Matthias Merian dem Älteren zugeschriebenen Kupferstichserien, veröffentlicht haben. Dabei handelt es sich nicht nur um alchemische Bücher.61

57 Priesner/Figala 1998, 128/129. 58 Priesner/Figala 1998, 128/129. 59 Hofmeier 2007, 41. 60 Hofmeier 2007, 42. 61 Hofmeier 2007, 42. 22

Michael Maier bedient sich in der Atalanta fugiens der Emblematik. Hinweise zu den Gründen dazu lassen sich bereits in der Einleitung (Praefatio ad Lectorem) der Schrift finden. Er beschreibt hier sozusagen die Erkenntnisfunktion der Emblematik:62 „[…] der gütige Werckmeister und grosse Gott“ habe unendlich große Geheimnisse in die Natur gelegt, „welche der Mensch durch Kunst und Verstand“63 ergründen solle. Damit ihm dies gelingen konnte, wandte Maier in seinem Werk das emblematische System an, mit dessen Hilfe der unkundige Leser durch Vernunft und Verstand, das „große Geheimnuß“ leichter entschlüsseln konnte.64 Im Unterschied zur heutigen Bedeutung von ´Vernunft´, bezeichnete das Wort im älteren Deutsch die „sinnliche Einsicht“. Zum Verstehen alchemischer Bilder bedarf es also zuerst des Verstandes und dann des bildlichen Denkens. Von beiden macht der Leser letztlich Gebrauch, wenn er sich in die Atalanta vertiefen will.

„Wir haben auch Vernunfft und Verstand zusammen gefast, und diese edle Wissenschafft der Chymie mit raren Chymischen Figuren und Sinnbildern ausgezieret.“65

Maier meint in seiner Vorrede, er würde die übrigen Künste, die, obwohl sie durch emblemische Figuren auch anderes vorstellten, ohne jedoch das Geheimnis der Natur außer Acht zu lassen, nicht schätzen. Denn die „Chymie“ sei „eine zarte keusche Jungfrau und gleichsam die Diana, die ohne Veränderung oder Farben ihres Kleides nicht zu schauen (…)“66. Maier vergleicht die Alchemie mit der Göttin Diana.

„Dieses nun sind Poetische Gedichte, verblümte Redens-Arten, Bilder und Emblemata der Göttin Venus oder dem Kupffer nicht ohne die Venus oder Begünstigung eingegrabenen Chymische Geheimnuß sind es, die allein nach dem Verstand ergründet, und auff einmahl zugleich in das Buch einverleibt und genutzet werden wollen, und weilen ihre Wissenschafft mehr auff die Vernunfft als den blossen äusserlichen Verstand gegründet ist, so ist auch ihr Gebrauch um so viel nützlicher und angenehmer. Sollten aber selbige am Anfang auff den Verstand fallen, so ist leicht zu glauben, daß sie sich als dann gleich als durch eine Thür auch von dem Verstand zur Vernunfft wenden werden. Nichts ist im Verstand zu finden, welches nicht vorher die Sinnen durchwandert.“67

62 Bachmann/Hofmeier 1999, 50. 63 Hofmeier (zit. n.) 2007, 76. 64 Bachmann/Hofmeier 1999, 50. 65 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 66 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 67 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 23

Die Göttin Diana sei also von niemandem zu erschauen, der ihr farbveränderndes Kleid, das aus poetischen Gedichten, verblümten Redensarten, Bildern und Emblemata zusammengesetzt ist, nicht wahrnehme.

24

4. MYTHOALCHEMIE

Mit dem Begriff ´Mythoalchemie´ bezeichnet man die Verbindung von Alchemie und Mythologie. Zur Zeit des Humanismus, als man die antike Mythologie wiederentdeckte und neubewertete, war es eine gängige Methode auch im alchemischen Schrifttum die alten Mythen zu rezipieren.68

Es galt die Überzeugung, dass die alten Gelehrten die Geheimnisse der Natur dichterisch und symbolisch verschlüsselt hätten, und die Aufgabe des Alchemisten bestand darin, den dahinterliegenden Sinn zu enträtseln sowie das ursprüngliche Wissen, die Sapienta prisca, wiederzuerlangen.69

Bereits in der Spätantike lässt sich mit Zosimos von Panopolis (ca. 350 - ca. 420), dessen überlieferte Schriften zu den ersten mit alchemischem Inhalt zählen, der Hinweis finden, dass er sich als Alchemist mit Mythologie auseinandergesetzt hat.70

Die byzantinische Enzyklopädie Suidas stand dann mit ihrem Mythos des ´Goldenen Vlies´ gänzlich unter alchemischer Deutung.71

Für das Mittelalter gibt es einige Belege dafür, dass antike Sagengestalten in der Alchemie eine Rolle gespielt haben. Der Enzyklopädist Vinzenz von Beauvaix (13. Jahrhundert) beispielsweise zählte Vergil zu den ´magistri´ der Alchemie. Anzuführen wäre auch , der im 14. Jahrhundert in seiner Pretiosa margarita novella („Wertvolle neue Perle“, um 1330) Homer, Vergil und Ovid mit Alchemie in Verbindung setzte.72 Und selbst bei Albertus Magnus (um 1200-1280), der als experimentierender Naturwissenschafter der Alchemie gegenüber eher kritisch eingestellt war, jedoch mit seiner Schrift De mineralibus einen wichtigen Beitrag zur alchemischen Transmutationstheorie lieferte,73 ist eine Mythenassimilation in Bezug auf die Geschichte von Pyrrhus und Deucalion zu finden.74

Ein anderes Beispiel der Mythenallegorese findet man im Rätselgedicht vom Stein der Weisen, das im 15. Jahrhundert von einem unbekannten Autor verfasst wurde. Dort wird

68 Priesner/Figala 1998, 247. 69 Priesner/Figala 1998, 247. 70 Reiser 2001, 22. 71 Reiser 2001, 22. 72 Telle 1980, 138. 73 Priesner/Figala 1998, 21. 74 Reiser 2011, 22. 25 der Sohn Poseidons und der phrygischen Göttin Kybele Antaios als ´´(Quecksilber)- Personifikation gesehen.75

Erst der Neoplatonismus mit seinen Mitgliedern wie Marsilio Ficino (1433-1499) und Pico della Mirandola (1463-1494) brachte die Mythoalchemie zur Blüte, indem er im 16. Jahrhundert das Integrieren der Mythologie in alchemische Werken förderte. Man ließ sich nun vermehrt auf die alchemische Deutung der antiken Götter mit ihren Geschichten ein.76 Der Mythos wurde hier als eine Variante des Euhemerismus aufgefasst, eine nach dem griechischen Philosophen Euhemeros aus Messene (um 340 – um 260 vor Christus) benannte Theorie, die davon ausging, dass Mythen und Götter auf reale, historische Personen und Ereignisse zurückgehen. Euhemeros verfasste um 300 vor Christus einen fiktiven Reisebericht, worin er beschreibt, dass die Olympischen Götter nur deifizierte Könige der Vorzeit gewesen wären. Vor allem für christliche Kirchenväter wie Augustinus war dies in seiner antipaganen Polemik ein willkommenes Erklärungsmuster.77

Allerdings waren die Mythologen nicht immer zufrieden mit der alchemischen Deutung. Zur Zeit der Hochrenaissance wetterte beispielsweise der berühmte Natale Conti (um 1520-1582) gegen die seiner Meinung nach gottlosen wie unsinnigen Deutungen der ´metallorum tortores´ (in: Mythologiae libri X). Übrigens war es dann Michael Maier, der fast hundert Jahre später in seiner Arcana Arcanissima Bezug zu dessen Kritik nimmt. Man muss dazu sagen, dass trotz dieser kritischen Stellungnahme, Maier von Conti gewissermaßen dadurch abhängig war, dass er dessen Schriften als Hauptquellen benutzte. Schließlich konnte er beim Lesen seine eigene Hermeneutik anwenden und war nicht angewiesen auf Contis historisch-christlich-moralischen Euhemerismus.78

Eine erste systematische Zusammenstellung von mythoalchemischen Deutungen gelang dem spanischen Regenten Siziliens namens Vincenzo Percolla (gest. 1572), dessen nur als Handschrift erhaltenes Werk Auriloquio. Nel quale si tratta dello ascoso secreto dell´ Alchimia eine im Volgare verfaßte alchemische Mythologie darstellt.79

75 Telle 1980, 138. 76 Priesner/Figala 1998, 247. 77 Reiser 2011, 23. 78 Reiser 2011, 23. 79 Reiser 2011, 24. 26

Ein anderes mythologisches Kompendium schuf Giglio Gregorio Giraldi (1479- um 1552) mit seinem De deis gentium historia, und im Gegensatz zur orthodoxen Lesart eines Conti, betrachtete er die Argonautica unter alchemischem Aspekt.80

Ein Brescianer namens Antonio Ricciardi (um 1520-1610) führte schließlich die alchemische Deutungstradition fort, und sein Werk Commentaria Symbolica blieb dem Abendland als ein umfangreiches Symbollexikon erhalten.81

Die heute als die bekanntest geltenden alchemischen Mythologien hat der Franzose Antoine-Joseph Dorn Pernety (1716-1796) verfasst (Fables égyptiennes et grecques devoilées; Dictionnaire mytho-hérmétique). Jener war eine Zeit lang der Bibliothekar Friedrichs II., und die Mitgliedschaft bei den Illuminaten kann ihm zugewiesen werden. Dass er eine französische Übersetzung von Maiers Arcana Arcanissima geliefert hat, wird ihm ebenso nachgesagt.82

Selbst große Persönlichkeiten wie Isaac Newton beschäftigten sich mit den Fabeln der Antike um darin alchemische Weisheit zu finden.83

Beliebte alchemische Deutungsversuche wurden vor allem mit den Metamorphosen des Ovid begangen, was darauf beruht, dass mit den dort beschriebenen Verwandlungen von Mensch und Tier Analogien zur Transmutation der Metalle konstruiert werden konnten.84

Laut der Vorrede des Werks Microcosmischen Vorspiele des Neuen Himmels und der Neuen Erde von 1744 seien die Metamorphosen nichts anderes als die „Verwandlung und Veränderung der Dinge, so von dem Chaos anhebt und biß zur gäntzlichen Bereitung (des Elixiers) fortgehet“85.

Michael Maier, von dem es heißt „er vereinigte Mythologie und Emblematik zu großartigen poetischen Bildern“86 gilt als exemplarischer Exponent der Mythenallegorese. Eine Interpretation der antiken Mythologie lässt sich bei ihm bereits in seinem hermetischen Werk Arcana Arcanissima von 1614 finden. In den alten mythologischen

80 Reiser 2011, 24. 81 Reiser 2011, 24. 82 Reiser 2011, 24. 83 Priesner/Figala 1998, 248. 84 Priesner/Figala 1998, 248. 85 Bachmann/Hofmeier (zit. n.) 1999, 54. 86 Priesner/Figala (zit. n.) 1998, 248. 27

Überlieferungen seien für ihn die alchemischen Prozesse wiedergespiegelt.87 Zu deuten wären die antiken Mythen als Allegorien naturkundlichen Geheimwissens.88 In seiner Atalanta fugiens gibt sich Maier endgültig als Mythopoet zu erkennen. Allein schon der Titel verweist auf den mythologischen Bezug, und die Ovidsche Geschichte von der flüchtenden Atalante dient dem Buch als Rahmenhandlung.

87 Kuper 2006, 223. 88 Priesner/Figala 1998, 223. 28

5. ALCHEMIE UND MUSIK

In Hinblick auf die Geschichte der Alchemie hat man in der Forschung oftmals zu beweisen versucht, dass die Musik im Leben des Alchemisten eine große Rolle gespielt hat. So postuliert Allison Coudert 1980: „it seems that some alchemists either played music, or hired others to play, as they worked on the philosopher´s stone“89. Musik habe nach ihr einen wichtigen Teil in der alchemischen Theorie eingenommen.

Die Verbindung Alchemie-Musik wurde anhand bildlicher und schriftlicher Quellen erforscht, doch bleibt es bis heute schwierig, historische Belege anzuführen, die die Wichtigkeit der Musiktheorie für die Praxis des Alchemisten herausstellt.

Musiktheoretische Überlegungen gibt es im alchemischen Schrifttum relativ lange, so beispielsweise bei Stephanos von Alexandria im 7. Jahrhundert (De Magna et Sacra Arte). Laut pythagoräischer Zahlentheorie besteht die Einheit, die Eins, als Grundelement sämtlicher Zahlen, und die mathematische Relation von Einheit und Vielfalt wurde von Stephanos mit den Orphischen Melodien gleichgesetzt. Sie würden sich als Widerhall der entsprechenden harmonischen Elementarbewegungen auffassen.90

Aus dem gleichen Jahrhundert ist eine Pseudo-Zosimos-Stelle erhalten, die ebenso von der pythagoräischen Musiktheorie ausgeht. Hier werden die vier Elemente, die das ´Philosophische Ei´ ausmachen, mit den vier Tönen des Tetrachords verglichen. Es geht um die Einheit des alchemischen Prozesses mit der kosmischen Harmonie.91

Wenn man überhaupt von einer alchemischen Musiktheorie sprechen mag, dann in Hinblick auf die platonisch-pythagoräische Lehre, die bis in das 17. Jahrhundert für das Abendland maßgebend war. Laut jener wird das Wesen des Seins in harmonischen Proportionen begriffen.92 Vor allem in der Renaissance ging man numerologischen und kosmologischen Spekulationen nach, die sich mit den musikalisch-harmonischen Verhältnissen zwischen den vier Elementen oder den Metallen auseinandersetzten. Wichtige Persönlichkeiten in diesem Zusammenhang waren Robert Fludd (1575-1637), Johannes Kepler (1571-1630) und der Jesuit Athanasius Kircher (1602-1680). Letzterer

89 Priesner/Figala 1998 (zit. n.), 201. 90 Priesner/Figala 1998, 203. 91 Meinel 1986, 203/204. 92 Meinel 1986, 203/204. 29 verglich in seiner Musurgia Universalis (1650) Gott mit einem Organisten, der die Welt wie eine Orgel spiele. Deren Register stellten die Elemente, den Himmel (etc.) dar.93

Ein anderes Beispiel für die frühe Einbeziehung der Musik in die alchemische Gedankenwelt bietet der englische Dichter und praktische Alchemist Thomas Norton (1433-1513). In seinem Werk Ordinal of Alchemy (1477), ein aus sieben Kapiteln bestehendes Gedicht über die Umwandlung der Metalle, riet er zur Vollbringung des Opus Magnum die Elemente „grammatically“, „rhetorically“, „arithmetically“ und auch „musically“ zu verbinden. Das hermetische Werk wird hier sozusagen als Inbegriff der artes liberales verstanden.94 Übrigens hat Maier im selben Jahr, als seine Atalanta publiziert worden ist, eine Übersetzung dieses Werkes aus dem Englischen ins Lateinische geliefert. Neben anderen Übersetzungen ist sie in seiner Schrift Tripus aureus (1618) zu finden.95

Die musikalische Affektenlehre scheint neben der neuplatonisch-pythagoräischen Musiktheorie in den alchemischen Überlegungen auch eine Rolle zu spielen. Sie entwickelte sich im Mittelalter und der frühen Neuzeit aus der bereits in der Antike bestehenden Ethoslehre, die sich über die Wirkung der Musik auf die Seele Gedanken machte, und basiert auf der Humoralpathologie (Viersäftelehre), die dann von dem antiken griechischen Arzt Galenus (2. Jahrhundert) zur Temperamentenlehre verknüpft wurde, indem er den vier Flüssigkeiten des Körpers je ein Temperament zuordnete.96

Der Alchemist wurde gemeinhin zum saturnisch-melancholischen Typus gerechnet, weswegen er als besonders empfänglich für die psychosomatische Umstimmung durch Musik galt.97

Als Faktoren, die die Melancholie begünstigten, nennt Galenus übermäßiges Denken und Einsamkeit, und als wirksames Gegenmittel schlägt er die Musik vor.98

„Es ist wahrscheinlich, daß die Musik als Gegenmittel gegen alchemistische Niedergeschlagenheit angesehen wurde, da man auch glaubte, sie übe einen begünstigenden Einfluß auf alchemische Prozesse aus.“99 (John Read)

93 Meinel 1986, 206/207. 94 Meinel 1986, 206/207. 95 Hofmeier 2007, 34. 96 Eicken 2000, 4-7. 97 Meinel 1986, 207. 98 Liessem 1969, 155. 99 Liessem (zit. n.) 1969, 154. 30

Die antike Vorstellung der Musik als Heilmittel der Seele war besonders in der Renaissance präsent:

„Mercurius, Pythagoras und Plato heißen das verstimmte Gemüt durch das Spiel der Kithara und durch den Gesang wieder aufzurichten und in Einklang zu bringen. Auch David, der heilige Dichter, hat ja durch Harfenspiel und Psalmengesang Saul von seiner Krankheit befreit. Auch ich, wenn ich mich nennen darf (Ficino), habe oft erfahren, was die Süßigkeit des Harfenspiels und des Gesanges gegen die schwarze und bittre Melancholie vermag.“100 (Marsilio Ficino)

„Die Musik nämlich bewegt die Lebensgeister, damit diese der Seele dienen, wie die Heilkunde jene antreibt, den Körper zu lenken, und die Musik heilt den Körper durch die Seele, wie die Heilkunde die Seele durch den Körper gesund macht.“101 (Pico di Mirandola)

Die ältesten Zeugnisse eines vertonten alchemischen Textes lassen sich im Bereich der Messliturgie finden. Zu nennen wäre das Beispiel der Antiphona (um 1400) des Johannes von Teschen oder Nicolaus Melchior Cibinensis mit seinem Processus sub Forma Missae (vor 1516). Beide Autoren waren Geistliche, die ihre Messliturgie alchemisch umgeformt haben. Teschens Antiphona ist ein einstimmiger, gregorianischer Gesang im phrygischen Modus, welcher als einer der vier alten Kirchentonarten die „besonnen-maßvolle“102 vertritt. Eine liturgische Vorlage konnte dafür nicht gefunden werden. Vor allem Melchior war der Überzeugung, dass in den Evangelien die ganze alchemische Kunst tropicis verbis verborgen sei. Noch dazu setzt er Christus mit dem Lapis Philosophorum gleich (´Christe, Hagie, lapis benedicte artis´)103und deutet die Mariologie alchemisch um.104

Maier war vertraut mit dessen Werk, was naheliegt, wenn man bedenkt, dass er in seiner 1617 erschienenen Symbola aureae mensae duodecim nationum Melchior als einen der zwölf großen Alchemisten nennt, die in dieser ´Alchemiegeschichte´ Argumente zur Verteidigung der Alchemie lieferten. Da Melchior als geistlicher Kaplan und Astrologe am Hofe Wladislaws II. von Ungarn tätig war, vertritt er darin die Natio Hungarica.105

Um auf die Verbindung praktischer Musik mit der hermetischen Kunst hinzuweisen, können in der Forschung einige Bildbeispiele angeführt werden, die Zeugnis davon geben.

100 Liessem (zit. n.) 1969, 155. 101 Liessem (zit. n.) 1969, 155. 102 Eicken (zit.) 2000, 4. 103 Forshaw (zit. n.) 2010, 182. 104 Meinel 1986, 209/10. 105 Meinel 1986, 211/212. 31

In diesem Zusammenhang sollen folgende zwei Kupferstich-Illustrationen erläutert werden:

- Kupferstich in Heinrich Khunraths Amphitheatrum Sapientiae Aeternae, 1595/1609, Vredeman de Vries (Abb. 3)

Dargestellt wird ein allegorisches Interieur mit Oratorium auf der linken und Laboratorium auf der rechten Seite. Zwischen jenen, im Zentrum des Bildes, befindet sich der Arbeitstisch des Alchemisten, auf dem neben allerlei Gerätschaften auch Musikinstrumente (Violine, Harfe, zwei Lauten) erkennbar sind. Die Inschrift auf dem herabhängenden Tischtuch lautet:

Musica sancta, tristitiae spirituumque malignorum fuga, quia spiritus Jehova libenter psallit in corde gaudio pio perfuso. („Die Heilige Musik zerstreut Niedergeschlagenheit und bösartige Geister, weil der Geist Jehovahs in einem mit frommer Freude gefülltem Herzen gerne singt.“)

Vor dem Oratorium kniet der Alchemist und scheint im Gebet zu sein, derweilen sein Blick auf ein Pentagramm, das Kennzeichen der Pythagoräer, geheftet ist.

John Read hat dieses Bildbeispiel angeführt und meint:

„Es erscheint wahrscheinlich, daß die geheimnisvollen Alchemisten, um im Verlauf ihrer fortgesetzten Bemühungen jedweden begünstigenden Einfluß auf die Arbeiten zum Großen Werk zu erreichen, oftmals diese Arbeiten unter Begleitung von Gesängen oder musikalischen Anrufungen ausgeführt haben, wie es ihnen von ihrer religiösen Andacht her vertraut war.“106

Die vier Instrumente auf dem Tisch werden laut Peter J. Forshaw, der 2010 einen Aufsatz über Kabbala, Musik und Alchemie verfasste, auch noch mit den Harmonien, die zwischen Himmel und Erde vibrieren, in Zusammenhang gebracht. Bei seiner Auseinandersetzung mit Khunraths Illustration des Laboratorium, zieht er in Erwägung, dass diese Instrumente auf die Harmonie der vier Elemente zu beziehen sind, genauso wie deren Qualitäten in der Natur oder die Balance der vier Körpersäfte im menschlichen Körper.107 Des Weiteren liefert er den Hinweis auf die Waage und die Gewichte, die am selben Tisch liegen, und zitiert dabei den für Alchemisten wie Kabbalisten wichtigen Weisheitsspruch, den der paracelsische Arzt und Kabbalist Khunrath in seinem Amphitheatrum übernommen hat:

106 Liessem (zit. n.) 1969, 153. 107 Forshaw 2010, 173. 32

„Thou hast ordered all things in measure, and number, and weight.“108

Maier spricht in seinen Cantilenae intellectuales von 1622 ebenso davon, wenn er meint, dass „bei einer bestimmten Nummer, Gewicht und Mass alle Himmels- und Erdkörper sich erfreuen wie wenn eine ideale Vermischung von harmonischer Musik, […] wie spirituelle Kreaturen […] geführt von Melodien und symphonischen Intervallen“109.

Die Instrumente, die in der Nähe des Oratoriums liegen, sind Harfe und Lyra. Naheliegend ist die Assoziation mit David, der mit seiner Harfe den Zorn Sauls lindern konnte, beziehungsweise mit Orpheus, der mit seinem Lyra-Spiel die Natur verzauberte.

- Kupferstich in Basile Valentine: Revelation des mysteres des teintures essentielles des sept metaux, Paris 1646, Jacques de Senlecque (Abb. 4)

Das Bild teilt sich in zwei Hälften, wobei auf der linken Basilius Valentinus als Philosoph aus dem Westen und auf der rechten Seite Hermes Trismegistos als Philosoph aus dem Osten im Laboratorium arbeitend dargestellt werden. Die Figur des Hermes hält in seiner rechten Hand eine Armillarsphäre und mit seiner Linken den Hals eines Destillationsgerätes. Neben ihm ist ein großes Saiteninstrument abgebildet, worunter sich eine Inschrift befindet, die derjenigen im vorhin behandelten Kupferstich ähnelt:

Harmonia sancta, spirituum malignorum fuga seu (Saturni) intemperiei Medicina est. („Die Heilige Harmonie zerstreut bösartige Geister oder ist der saturnalischen Zügellosigkeit Medizin.“)

Dieser Ausspruch, in abgewandelter Form („Sie [Musik] zerstreut die Melancholie, mildert die Härte des Herzens, erhebt zur Extase oder zu frommer Kontemplation, reizt zum Übermut oder stimmt zur Besonnenheit.“110), ist in der Schrift Complexus efectuum musices (1473/74) des niederländischen Komponisten Johannes Tinctoris (1435-1511) zu finden. Es handelt sich hierbei um eine erste systematische Abhandlung über die Wirkung von Musik. Interessant ist, dass Tinctoris in seinen Überlegungen auf Mythen, Dichter und die Bibel zurückgreift.111

Im Bildeck über der Inschrift sind sieben Syrinx- oder Orgelpfeifen mit den Planetensymbolen wiedergegeben, welche mit der Sphärenmusik in Zusammenhang

108 Forshaw 2010 (zit. n.), 174. 109 Forshaw 2010 (zit. n.), 174. 110 Eicken (zit. n.) 2000, 7. 111 Eicken 2000, 7. 33 gebracht werden können. Jene, auch Musica mundana genannt, gehört neben der Musica coelestis, Musica humana und Musica instrumentalis zu den vier Arten der Musik, welche in der Musikanschauung von der Antike bis in das Mittelalter präsent waren. Deren Auffassung besagt, dass es eine kosmische Harmonie gibt, die sich auf die harmonische Ordnung im Weltganzen bezieht.112

Über den Orgelpfeifen wird ein weiterer lateinischer Spruch angezeigt. Er deutet die zwischen Himmel und Erde vermittelnde Aufgabe der Musik an:

Psallite Domino in Choris et Organo. („Spiel dem Gott durch Orgel und Chorde.“)

Diejenigen Forscher, die die Verbindung Alchemie-Musik untersucht haben, sind der tragenden Rolle, die die Musik auf den Alchemisten ausgeübt hätte, eher skeptisch gegenüber eingestellt. So kommt beispielsweiseChristoph Meinel zu dem Schluss, dass aufgrund des historischen Befundes, von keiner musikalischen Tradition in der Alchemie ausgegangen werden könne, denn es gäbe zu wenige Hinweise auf musiktheoretische Spekulationen im alchemischen Schrifttum.113 Die Rolle, welche die Musik im Alltag des Alchemisten eingenommen hätte, sei weder größer noch geringer als diejenige, die sie sowieso bei den meisten Gelehrten der damaligen Zeit spielte.114

112 Streich 1973, 366. 113 Meinel 1986, 223. 114 Meinel 1986, 224. 34

6. MICHAEL MAIER

6.1. BIOGRAFIE

Michael Maier wurde 1568/1569 in Holstein, wohl in Rendsburg oder Kiel, geboren. Seine Eltern waren der Seidensticker und Tuchhändler Peter Maier und Anna Maier, welche seine Ausbildung in der Lateinschule bei Kiel weiterfinanzierte, als ihr Ehegatte früh verstarb (wahrscheinlich 1582).115

Wahrscheinlich ist auch, dass er die nötige finanzielle Unterstützung durch Heinrich von Rantzau (1526-1598), einem königlich-dänischen Statthalter, in dessen Diensten sein Vater gestanden war, erhielt.116

Maier fiel schon früh durch seine Sprachbegabung auf, und nachdem er 1586 die höhere Schule absolviert hatte, immatrikulierte er sich 1587 an der Universität Rostock um das Studium der Physik, Mathematik, Astronomie, Logik und Medizin zu beginnen. 1591 unterbrach er aus nicht bekannten Gründen den Aufenthalt an der Universität für ein Jahr, welches er in Kiel bei seiner Mutter verbrachte. In diese Zeit fielen seine ersten eigenen alchemischen Versuche.117

Um das in Rostock begonnene Studium wieder fortzusetzen schrieb er sich 1592 an der Universität Frankfurt an der Oder ein. Im gleichen Jahr erlangte er dort mit seiner Schrift Theses de sensibus internis (1593) den Grad eines ´Magister artium´, ein akademischer Titel, den man im Mittelalter für das erfolgreiche Studium der artes liberales (´Sieben Freien Künste´) erhielt. Es folgten Studienreisen ins Baltikum bis nach Russland, und schließlich verschlug es den Holsteiner 1595 nach Padua, wo er sich dem Medizinstudium widmete. Es dauerte nicht allzu lange, und Michael wurde dort aufgrund seiner ersten lateinischen Gelegenheitsdichtungen die ´Dichterkrone´ mit dem Titel ´poeta laureatus caesareus´ verliehen.118

1596 immatrikulierte er sich in Bologna und besuchte während dieser Lehrzeit auch andere Städte wie Florenz, Siena und Rom. Man geht davon aus, dass er wegen eines Streitfalls mit einem Mitstudenten, bei dem er diesen schwer verletzt haben soll, gezwungen wurde

115 Hofmeier 2007, 15. 116 Leibenguth 2002, 24. 117 Hofmeier 2007, 15. 118 Hofmeier 2007, 16. 35 seinen Standort zu wechseln. Er flüchtete nach Basel und schloß sein Studium mit dem Grad des ´Doktors beider Medizinen´ (Dissertation Theses de epilepsia) ab.119

Im gleichen Jahr noch kehrte der Gelehrte nach Holstein zurück, und als Arzt bereiste er viele Teile Europas. Zeitweilig soll er sich in Rostock (1597), Königsberg und Danzig (1601) aufgehalten haben. Auch nach Schlesien und Ungarn soll er (1603) durch Reisen gekommen sein, bis er 1603 wieder in seiner Heimatstadt landete.120

Ab der Jahrhundertwende etwa begann die Alchemie immer mehr zu seinem Lebensinhalt zu werden, und besonders die Transmutationsalchemie in ihrer Theorie und Praxis interessierte ihn. Genauergesagt soll er im Jahre 1604 mit der alchemischen Arbeit begonnen haben, die er die nächsten Jahre eifrig verfolgte.121

Ein wichtiger Lebensabschnitt folgte 1608 mit dem Umzug nach Prag, der Residenzstadt Kaiser Rudolphs II., welcher im Ruf stand die Künste und Wissenschaften (die Alchemie eingeschlossen) zu fördern. Schon im folgenden Jahr darauf wurde Maier vom Habsburger als Leibarzt in den Dienst genommen, und des Weiteren wurde er von ihm zum Ritter und Pfalzgrafen ernannt, wodurch er das Recht erhielt ein eigenes Wappen zu führen.122

Am kaiserlichen Hof blieb der Kontakt mit berühmten Astrologen, Chemikern, Malern, Alchemisten und anderen, die der Kaiser gern um sich versammelte, nicht aus.123 Angeregt durch den wissenschaftlichen Austausch entstanden in diesem Prager Umfeld einige von Maiers Werken über Alchemie, Medizin und antiker Mythologie.

Man nimmt an, dass er wegen ausbleibender finanzieller Unterstützung 1610 den kaiserlichen Hof in Richtung Heimat wieder verließ. An seinen Kontakten zu anderen deutschen Fürsten, beispielsweise zu Moritz von Hessen-Kassel, hielt er aber mittels Briefform fest.124

1611 gelangte Michael nach England und bemühte sich am dortigen Königshof bei König James I. anzuwerben. Gesichert gilt, dass er bei jenem Audienz bekommt, doch die genaue Situation seiner Anstellung bleibt ungeklärt.125 Wichtig bleibt, dass er nach Prag erneut

119 Hofmeier 2007, 16. 120 Hofmeier 2007, 17. 121 Hofmeier 2007, 17. 122 Hofmeier 2007, 17. 123 Craven 2003, 2. 124 Leibenguth 2002, 45. 125 Hofmeier 2007, 18. 36 eine große Gelegenheit hatte wichtige Persönlichkeiten der Wissenschaft und Alchemie seiner Zeit kennenzulernen und sich mit jenen auszutauschen. Prägung fand er in diesem neuen Umfeld beispielsweise von Robert Fludd (1574-1637), Sir William Paddy (1554- 1634), oder Francis Anthony (1550-1623). Er lieferte englische Übersetzungen ins Lateinische und verfasste eigene Schriften, bei denen besonders auffallend ist, dass Maier sich erstmals mit rosenkreuzerischem Inhalt befasste. Seine wichtigste Publikation in England bleibt jedoch sein Werk Arcana Arcanissima, gedruckt erstmals 1614 in London und gewidmet Sir William Paddy, einem Physiker von König James I..126 In dieser Schrift äußerte er erstmals die für seine Person grundlegende Auffassung „die Mythen der Antike seien in Wirklichkeit als Allegorien naturkundlichen Geheimwissens zu deuten“.127 Die antike Mythologie würde die alchemischen Prozesse wiederspiegeln.

1616 verließ er England, gelangte nach Frankfurt am Main mit dem Wunsch sesshaft zu werden und heiratete dort im Jahr darauf. 1617 entstand ein Großteil seiner bekannten Werke, darunter seine Atalanta fugiens. Die Herausgabe jener erfolgte in Zusammenarbeit mit den Verlegern Johann Theodor de Bry (1561-1623) und dessen Neffen Lucas Jennis (1590- nach 1630) in Oppenheim.128 Zudem schreibt die ältere Literatur die künstlerischen Illustrationen dem Kupferstecher Matthaeus Merian dem Älteren (1593-1650) zu, was allerdings durch die neuere Forschung revidiert wurde.

Inhaltlich beschäftigten sich seine Schriften mit Alchemie, Antiker Mythologie, Naturphilosophie, Geschichte sowie Medizin. Ein wichtiges alchemisches Werk, das sich mit Geschichte auseinandersetzte, gelang Maier mit seiner Symbola aureae mensae, sozusagen einer ´Literaturgeschichte´ der Alchemie, für die er die schriftlichen Quellen der Alchemie erforschte.129

1618 folgte eine kurzzeitige Anstellung beim Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel als alchemischer Korrespondent ´Medicus und Chymicus von Hauß aus´. 1611 hatte ihm Michael bereits alchemische Abhandlungen zukommen lassen, die ihrerseits ursprünglich für Kaiser Rudolph II. bestimmt waren (Von der Waren Weisse), und 1616 widmete er seinem Gönner die Schrift De Circulo.130

126 Craven 2003, 3. 127 Priesner/Figala (zit.) 1998, 233. 128 Hofmeier 2007, 19. 129 Priesner/Figala 1998, 233. 130 Hofmeier 2007, 19. 37

Als Schriftsteller und Arzt war er dann noch in Magdeburg, seinem letzten Wohnsitz, tätig. 1622 starb er an den von der Forschung vermuteten Folgen des bei ihm bereits im Jahre 1617 aufgetretenen Quartanfiebers.131

6.1.2. Nachwirkung

Vor allem in Deutschland und England hatte Maiers Werk, das aus über vierundzwanzig Bänden besteht, große Verbreitung gefunden.132 Dies wundert nicht, da er schon zu Lebzeiten an Kaiser-, Königs- und Fürstenhöfen verkehrte und im wissenschaftlichen Austausch stand. Er kam in Kontakt mit den wichtigsten Gelehrten seiner Zeit, wodurch er in seiner Arbeit und seinem Denken sicherlich in fruchtbarem Austausch stand. Beispielsweise wurde ihm nachgesagt, dass er Robert Fludd zu seinem 1617 veröffentlichten Tractatus Theologo-Philosophicus veranlasste, welches er den ´Brüdern des Rosenkreuzes´ widmete.133 Dies gilt allerdings ebenso wenig gesichert wie die Behauptung, Maier wäre ein Mitglied dieses Ordens, den er als eine Art Geheimbruderschaft von Naturforschern bezeichnete, gewesen.134 Hinweise darauf sind in einigen seiner Schriften wie in der Themis Aurea Silentium post clamores (1617) oder der Symbola aureae mensae (1617) gegeben.135 Maiers Bezug zu den Rosenkreuzern soll allerdings nicht das Thema dieser Arbeit sein.

6.2. WAPPEN MAIERS

Auf dem Kupferstich-Porträt von Maier von 1617 (Abb. 5), das der Atalanta sowie seinen Werken Symbola aureae mensae (1617) und Septimana philosophica (1620) vorangestellt wurde, findet man im oberen rechten Bildeck sein eigenes Wappen (Abb. 6), welches durch die Ernennung zum Pfalzgrafen ihm zu führen erlaubt war.

Bei der Betrachtung dessen wird man mit alchemischen Symbolen konfrontiert, die erklärungsbedürftig erscheinen. Glücklicherweise hat Maier selbst der Forschung eine Erklärung geliefert, denn als das Wappen in Planung war, hat er in einem Dankes-Brief an

131 Hofmeier 2007, 20. 132 Kuper 2006, 223. 133 Craven 2003, 6. 134 Priesner 1998, 223. 135 Craven 2003, 7. 38

Kaiser Rudolf II. dessen Darstellung geschildert, wobei er auch auf den alchemisch- hintersinnigen Inhalt eingeht.136

Auf der rechten Wappenseite befindet sich ein fliegender Adler, der durch eine Kette mit einer Kröte verbunden ist. Dieses Bildelement findet Erwähnung in dem mittelalterlichen Text Porta elementorum des Pseudo-. Der Adler steht für den flüchtigen Teil des lebendigen Silbers (argentum vivum/ Quecksilber) und die Kröte für den fixen Teil der Erde. Gemeinsam stehen sie für die Meisterschaft in alchemischen Dingen.137

Auf der linken Wappenseite ist ein breiterer Ast aus dem drei Lorbeerzweige wachsen dargestellt. Höchstwahrscheinlich versinnbildlichen sie die drei in der Bildunterschrift angegebenen Titel Maiers.

Tres schola, tres Coesar titulos dedit; Haec mihi restant, Posse bene in Christo vivere, Posse mori. Michael Maierus Comes Imperialis Consistorii etc. Philosoph.eEt Medicinarum Doctor, P. C. C. Nobil. Exemptus For. Olim Medicus Caes. etc. „Drei Titel hat mir die Schule gegeben, drei der Kaiser; Diese Aufgaben bleiben mir, gut in Christus leben können, sterben können. Michael Maier kaiserlicher Kammerherr usw., Doktor der Philosophie und der Medizinen, kaiserlicher bekränzter Dichter, steuerbefreiter Edler, vormals kaiserlicher Arzt usw.“

Oberhalb des Wappens, von jenem getrennt durch gewundene Akanthusblätter, wiederholen sich die drei Lorbeerzweige, diesmal auf einer Krone gelegen. Dies könnte auf die drei kaiserlichen Titel Bezug nehmen, die Maier neben den akademischen inne hatte.

Rechts davon, ebenfalls auf einem bekrönten Helm, erkennt man einen von Maier als ´Turteltaube´ bezeichneten Vogel, der einen Ring im Schnabel trägt. Die Taube als häufiges Motiv in der christlichen Kunst ist das Symbol für den Heiligen Geist (Göttliche Erkenntnis).

136 Hofmeier 2007, 13/14. 137 Hofmeier 2007, 13/14. 39

6.3. ZEITTAFEL ´WERKE´138

1591

 Eidyllion de obitu… Caii Ranzovii, (an Rantzau)

1592

 Carmina Gratulatoria (an Nicolaus Barchmann)

1593

 Theses de sensibus internis (gedruckt)  1596, Theses de epilepsia (Dissertation)  Carmina votiva honori (Gratulation an Peter Wilhelm)  Eidyllion Gratulatorium (an Johann Schütz)  Musa quinquertii (an Mitstudenten)  Melos, Apollini Rauraco  Gloria virtutis (an Doktorvater Caspar Bauhin)

1597

 Verba nupta (zur Hochzeit von Martin Brasch)

1601

 Ad pestem remedia

1609

 Coelidonia (mit autobiographischem Bericht)  Von der Waren Weisse (Abhandlung für Kaiser Rudolf II., die aber 1611 an den Landgraf Moritz von Hessen-Kassel ging)  Dankschreiben an den Kaiser für die Ehrentitel, darin enthalten die Bitte um Bewilligung des Wappens mit Kröte und Adler  Hymnosophia (verschollenes Lehrgedicht unter dem Pseudonym ´Res mea lucis mihi´)

138 Hofmeier 2007, 15-21. 40

1611

 Abhandlungen an Moritz von Hessen-Kassel: Von der Waren Weisse (war 1609 für den Kaiser bestimmt)  Scala arcis philosophicae  De radicibus mere innatis  Modi inventionis;  Hermetis melica  Strena natalitia (Horoskop für König James I. von England)

1612

 Strena natalitia (Horoskop für Prinz Henry Stuart)  Epithalamium (Gratulation zur Hochzeit an Friedrich V. von der Pfalz und Elisabeth Stuart)

1613

 Versus biblicus antiquiores (Beiwerk zu Conrad Hojer)

1614

 Arcana arcanissima (erscheint in London bei Thomas Creede)

1616

 Circulus physicus  Lusus serius

1617

 Aquila germanica: Flugblatt gegen die deutsch-feindlichen Äusserungen englischer Autoren und Ankündigung des Verum inventum  Symbola  Subtilis allegoria  Atalanta fugiens  Examen fucorum pseudochymicorum  Iocus severus  Silentium post clamores

41

1618

 Tripus aureus  Themis aurea  Viatorium  Beiwerke zu Francis Anthonys´ Panacea aurea unter dem Pseudonym ´Hermes Malavici´ in apologiam auri; Spongia muriatica und weitere Gedichte  Memoriale für Moritz von Hessen-Kassel

1619

 De volucri arborea. Verum inventum (Brief an Moritz von Hessen-Kassel; Caspar Dornau druckt den Text des Lusus serius vollständig aber in veränderter Reihenfolge in seinem Amphitheatrum ab)

1620

 Septimana philosophica, Compendium miraculorum (De volucri arborea dt.; Empfehlungsbrief mit Cubus metricus und Cantilena Maieriana de mercurio philosophico in Matthias Untzer, Anatomia mercurii spagyrica)

1621

 Civitas corporis humani. Morienes Romanus (Widmungsgedicht an Joachim Morsius, in Cornelis Jacobszoon Drebbel, De quinta essentia.)

1622

 Cantilenae intellectuales (mit Widmung aus Rostock)

42

7. ATALANTA FUGIENS

Michael Maiers Werk Atalanta fugiens („die flüchtende Atalante“) gilt als eines der schönsten Emblembücher des Barock und zudem als frühes Gesamtkunstwerk, da es kunstvoll Wort, Bild und Ton in sich vereint. Dem Verfasser war es ein Anliegen, die Alchemie dem Leserpublikum so gut wie möglich nahe zu bringen, und, entsprechend dem Untertitel des Buches („[…], singulari jucunditate videnda, […]“)139, sollte es ihm ein „einzigartiges Vergnügen“ bereiten. Durch das Hören der Musik, die Maier selbst komponiert hat und die unter anderem auch die Einzigartigkeit des Buches ausmacht, das Sehen der emblematischen Bilder und das Lesen der erläuternden Texte, konnte er dem Publikum das Verstehen des alchemischen Prozesses erleichtern.

Verfasst wurde die Schrift im Jahre 1617 (die Jahreszahl ist der Widmung Maiers entnommen), und 1618 wurde sie durch die Verleger Johann Theodor de Bry und Lucas Jennis in Oppenheim publiziert. Der älteren Forschung zufolge lieferte Matthäus Merian der Ältere dazu die zweiundfünfzig, qualitätsvollen Kupferstiche. Jedenfalls ist eine Zuschreibung der Stiche an ihn umstritten, und Klossowski de Rola beispielsweise meint, dass sie vom Verleger Johann Theodor de Bry selbst produziert wurden (vgl. Kap. Johann Theodor de Bry). Die fünfzig gestochenen Embleme gehören zum Hauptteil des Buches, während die zwei anderen in der Atalanta fugiens wiedergegebenen Kupferstiche aus Titelblatt und einem Porträt Maiers bestehen.

7.1 INHALT

Die Rahmenhandlung hat die Geschichte der Atalante aus den Ovidschen Metamorphosen zum Thema:

Atalante, eine im Wald als Jägerin lebende Königstochter, weigert sich in den Stand der Ehe zu treten und willigt nur zur Heirat ein, wenn sich jemand finden ließe, welcher im Stande wäre sie in der Kunst des Wettlaufs zu besiegen. Nachdem sie bereits etliche Freier übertrumpft hatte, wagt es schließlich Hippomenes sich mit ihr im Lauf zu messen. Doch im Gegensatz zu den anderen, die aufgrund der Niederlage ihren Tod gefunden hatten, wendet er eine List an. Die ihm eigens dafür von geschenkten goldenen Äpfel

139 Maier (zit.) 1617, Titelkupfer. 43 wirft er in regelmäßigen Abständen in das Rennen, und Atalante, von der Schönheit des Goldes geblendet, muss innehalten und verliert somit gegen den klugen Hippomenes. Am Ende der Geschichte wird das frische Paar im Tempel der Kybele vermählt, was der Göttin jedoch einer Tempelschändung gleichkommt und sie daraufhin die beiden Liebenden erzürnt in Löwen verwandelt.

7.2. AUFBAU

Nach dem Titelblatt (Abb. 7), das Szenen aus der Rahmenhandlung des Buches illustriert und das von dem auf der nächsten Seite folgenden Epigramm des Autors (Epigramma Authoris) erklärt wird, folgt eine Widmung vom August 1617 (Epistola Dedicatoria), sowie eine Vorrede an den Leser (Praefatio ad Lectorem). Die Einleitung wird mit dem Porträt Maiers, worunter seine akademischen Titel und Grade wiedergegeben sind, abgeschlossen. Eine im Bild rechts gelegene Inschrift besagt unter anderem, dass Maier zu dessen Fertigung neunundvierzig Jahre alt gewesen ist.

Der nun folgende Hauptteil des Werkes besteht aus fünfzig Kapiteln zu je vier Seiten. Auf Ersterer befindet sich eine dreistimmige Fuge mit lateinischem Text (Abb. 8), darunter die deutsche Übersetzung des Epigramms (subscriptio), welches sich auf der zweiten Seite unterhalb des Emblems in lateinischer Sprache (Abb. 9) wiederholt. Das nach der nummerierten ´Fuga´ gekennzeichnete Kapitel wird mit einem kurzen bezeichnenden Motto (inscriptio) am Beginn der ersten (deutsch) und zweiten Seite (lateinisch) eingeleitet. Seite Drei und Vier halten jeweils die philosophischen Ausführungen zum bildlich und per Epigramm eingeleitetem Thema. Darin zitiert Maier nicht nur aus der ´chymischen´ Literatur allgemein, sondern stellt auch eigene und teilweise logische Ansichten über das zu behandelnde Sujet dar.

Das Ende des Werkes bestreiten ein Index (Index fugarum atalanticarum) und eine kurze Monitio ad philomusicum (´Erinnerung´ an den Philomusicus).

7.3. NACHWIRKUNG

Dass Maiers Atalanta fugiens posthum geschätzt wurde, bezeugt der Umstand, dass es viele Jahre später insgesamt zwei Neuauflagen erfuhr. Die erste gelang in Frankfurt am

44

Main mit dem in Scrutinium chymicum geänderten Titel im Jahre 1687. Herausgegeben wurde dieses Werk von dem Verleger Johann Philipp Andreae für Heinrich Oehrling. Allerdings handelt es sich hierbei um eine gekürzte Fassung des Originals, wobei die Epigramma Autoris, die Epistola Dedicatoria, das Index fugarum, die Monitio ad Philomusicum sowie die fünfzig Notenblätter am Anfang jeden Kapitels ganz weggelassen wurden. Die Praefatio wird gekürzt wiedergegeben.

Die zweite Auflage trägt den Titel Chymisches Cabinet und wurde von Georg Heinrich Oehrling in Frankfurt im Jahre 1708 herausgegeben. Bei dem Verleger handelt es sich um einen Unbekannten, der den lateinischen Originaltext ins Deutsche übersetzt hat. Übrigens ist Atalanta fugiens das einzige Buch von Maier, das eine deutsche Übersetzung erfahren hat. Gekürzt wurde diese Auflage genauso wie das Scrutinium chymicum, mit dem einzigen Unterschied aber, dass am Ende der Schrift eine Applicatio des Hohen Lied Salomonis folgt. In diesem aus drei Seiten bestehenden Text werden einige Stellen des biblischen Hohe Lieds alchemischen Prozessen gegenübergestellt. Ob Michael Maier die Urheberschaft dieses Textes gebührt, ist ungewiss. Jedenfalls lässt sich an dieser Stelle ein Bezug herstellen zu einem anderen Werk Maiers (Symbola aureae mensae, 1617), worin die Rede ist, dass Kurfürst Ernst von Bayern Maier einige Verse des Hohen Lieds Salomons alchemisch gedeutet hätte.140

Anzumerken wäre außerdem noch, dass die fünfzig deutschen Übersetzungen der Epigramme im Chymischen Cabinet nicht identisch mit denjenigen der Atalanta fugiens sind. Offenbar zog der Übersetzer seine eigene Variante des übersetzten Textes der ´Maierischen´ vor.

Bemerkenswert ist die dreimalige Verwendung der Kupferstichplatten für alle drei Auflagen. Es lässt sich allerdings sagen, dass eine mehrmalige Wiederverwendung des Bildmaterials damals durchaus üblich war und zur gängigen Praxis der Verleger gehörte. In Hinblick der Atalanta bleibt jedoch ungewöhnlich, dass Kupferplatten über einen solchen langen Zeitraum erhalten blieben. Schließlich begann das als stürmische Epoche angesehene 17. Jahrhundert mit dem Dreißigjährigen Krieg.141 Da würde es nicht wundern, wenn die Kupferplatten verloren gegangen wären.

140 Hofmeier 2007, 48. 141 Hofmeier 2007, 52. 45

7.4. MUSIK

Canunt namque Angeli (ut sacrae testantur literae), canunt coeli, ut Pythagoras statuit, et enarrant gloriam Die, ut Psalmista ait, canunt Musae et Apollo, ut poetae, canunt homines, etiam infantes, canunt volucres, canunt oves et anseres in instrumentis musicis, si ergo et nos canamus, non absque re facimus.142

„Es singen nämlich die Engel, (wie die Heiligen Schriften es bezeugen). Es singen die Himmel, wie Pythagoras feststellte; und sie verkünden Gottes Ruhm und Ehre, wie der Psalmist es berichtet; es singen die Musen und Apollo, so sagen es die Dichter; es singen die Menschen und auch die Kinder; es singen die Vögel; es singen (sogar) die Schafe und Gänse auf ihren Musik-Instrumenten; so also singen und musizieren auch wir hier, und wir tun es nicht ohne guten Grund.“

In dem oberhalb wiedergegebenen Zitat Maiers wird deutlich, dass die Musik in seinem Denken einen hohen Stellenwert einnimmt. Die musikalische Ausgestaltung der Atalanta fugiens trägt dazu bei, dass Maiers Werk als frühes Beispiel eines Gesamtkunstwerks anerkannt wird, da es kunstvoll Wort, Bild und Ton vereint. Gleichzeitig gilt jenes als das „eigenständigste und am weitesten durchgeführte Beispiel einer Synthese von Alchemie und Musik“143.

Fakt ist, dass die Musik für Maier in seinem alchemischen Werk Atalanta fugiens eine wesentliche Rolle spielt. Als Universalgelehrter war er wohl vertraut mit den musikalischen Kompositionsschemata seiner Zeit, und man kann davon ausgehen, dass er die fünfzig Fugen der Atalanta selbst kreiert hat.

Der Leser kann erkennen, dass Maier große Sorgfalt bei der musikalischen Ausgestaltung angewandt hat, denn selbst der Schlussteil des Buches ist musikbezogen, wenn er sich in der Monitio ad Philomusicum für die zahllosen Druckfehler entschuldigt, und im einseitigen Index Fugarum Atalanticarum die Fugen, abhängig von den Intervallen zwischen den Stimmen der Atalante und des Hippomenes, in verschiedene Gruppen einteilt.144

Die Musik scheint in der Atalanta, im Unterschied zu den posthum erschienenen Neuauflagen, in denen die Notenblätter ganz weggelassen wurden, noch eine große Rolle zu spielen.

142 Maier 1618, Disc. VI, 35. 143 Meinel (zit.) 1986, 212. 144 Forshaw 2010, 187. 46

Will man zur Bedeutung und Funktion der Musik der Atalanta mehr erfahren, bietet bereits Maiers Vorrede an den Leser, in welcher die Musik etliche Male zur Sprache kommt, Aufschlüsse darüber. Die Wichtigkeit der Musik bei den antiken Philosophen wie Sokrates, Plato oder Pythagoras wird hervorgehoben, und gleichzeitig stellt Maier fest:

„Denn die Musik hat die eigentümliche Kraft, die Affekte zu erregen und zu besänftigen, und zwar durch die verschiedenen Tonarten.“145

Maier unterscheidet hier die phrygische und die ionische Tonart. Erstere wäre nach ihm bei den Griechen als die ´kriegerische´ bekannt gewesen, da sie mit dem Zweck die „Gemüter der Krieger zu entflammen“146 zu Beginn des Kampfes angestimmt wurde. Die ionische Tonart dagegen sei als Antrieb zur Liebe genutzt worden.

„Die Musik ist ein ehrenhaftes und angenehmes Vermögen, den freien Geistern überaus angemessen.“147

Im Folgenden zählt Maier das Gehör neben dem ´Gesicht´ und dem ´Intellekt´ zu den „drei Objekten der mehr geistigen Sinne“. Damit alle drei mit einem Blick umfasst werden könnten und sie zu „größerer Erkenntnis den Gemütern“ führte, habe er in seiner Atalanta „die Optik mit der Musik und die sinnliche Erfahrung mit dem Intellekt verbunden“148.

Dass die Fugen die Anzahl von fünfzig erreichen, sollte laut Manfred Kelkel, der sich mit der alchemischen Musik der Atalanta genauer befasst hat, nicht unbeachtet bleiben. Dies könnte sich auf die totale Summe der Seiten eines ´platonischen Körpers´149 beziehen, was wiederum als Hinweis auf das Interesse Maiers für die Sphärenharmonie gilt. Man darf nicht außer Acht lassen, dass Maier zur gleichen Zeit am Hof Kaiser Rudolfs II. zugegen war wie Johannes Kepler, der dort als Hofmathematiker angestellt war. Dessen Werke Mysterium Cosmographicum (1596) und Harmonices Mundi (1619) handeln beide von melodischen Verhältnissen und himmlischen Harmonien der Planetensphären.150 So war Maier sicherlich auch aufgrund seines Umfelds mit der Theorie der Sphärenharmonie vertraut gemacht worden, und es ist durchaus vorstellbar, dass er die Kenntnis davon in sein Werk einfließen ließ.

145 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 146 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 147 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 148 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 149 vollkommen regelmäßige, dreidimensionale Körper, die von Polygonen (Vielecken) als Seitenflächen begrenzt sind (, 25.09.2012) 150 Forshaw 2010, 186. 47

7.4.1. Aufbau der Fugen

Das Notenblatt am Anfang jeden Kapitels stellt einen dreistimmigen Kanon dar, der aus Ober-, Unter- und Mittelstimme besteht.

„Damit das Rennen seinen Lauf findet in wahrer Form gab mir meine Muse dreistimmige Fugen ein: Eine bleibt einfach – die Halt gewährende Frucht, die zweite Stimme flüchtet von der dritten gefolgt.“151

Die Oberstimme bezeichnet „die Flüchtende Atalante“ (Atalanta Fugiens), die für die musikalische Form der Fuge (lat. Fuga – „Flucht“) steht, die Mittelstimme bestreitet Hippomenes (Hippomenes Sequens), „der Atalante Folgende“, und die Unterstimme des goldenen Apfels (Pomum Morans) bildet die gleichbleibende Basismelodie, den Cantus Firmus.

Maiers Fugen werden heute in der Musiktheorie als Kanons bezeichnet, denn die Fuge kann in vielen Fällen mit dem Kanon gleichgesetzt werden, und das Kompositionsprinzip der Fuge, das durch eine besondere Anordnung von Imitationen (ein Thema tritt in einem Musikstück nacheinander in verschiedenen Stimmen auf)152 gekennzeichnet ist, ist demjenigen des Kanons sehr ähnlich.153 Dieser kann als Sonderfall der Fuge angesehen werden und bildet eine kontrapunktische Komposition, in dem sich eine oder mehrere gleichzeitig erklingende Stimmen streng imitieren.154

Die Grundmelodie der Kompositionen Maiers wird als Cantus Firmus bezeichnet, und die Schwierigkeit für ihn lag wohl darin, für alle fünfzig Kanons einen einzigen unveränderlichen Grundton zu finden, der eine harmonische Einheit des Werkes garantierte. Die Notenwerte und die Länge des Versmaß der Distichen waren nämlich bereits in den Epigrammen vorgegeben. Man muss bedenken, dass Maier wohl nicht mehr als durch die schulmäßige Kompositionslehre musiktheoretisch geübt war, und so muss angenommen werden, dass die musikalische Ausgestaltung des Buches eine

151 Maier 1617, Epigramma Authoris, 2. 152 , 25.09.2012 153 , 25.09.2012 154 , 25.09.2012 48

Herausforderung für ihn war, was man an den vielen Kompositions- und Schlüsselfehlern darin erkennen kann. Diese machen eine heutige Aufführung der Stücke problematisch.155

Die mit dem Cantus firmus gleichgesetzte Stimme des Pomum morans wird in der dorischen Tonart, die bei den Griechen als ausgleichende, harmonikale Tonart bekannt war, wiedergegeben.156 Die goldenen Äpfel der Venus sind alchemisch gesehen das Mittel, das zur Vereinigung der polaren Gegensätze (Atalante und Hippomenes) und damit zum Höhepunkt des alchemischen Prozesses führt.

Die Grundstruktur der Fugen mit den zwei kanonisch verlaufenden Fugenstimmen und der festgelegten Grundstimme bleibt in allen Fugen dieselbe. Man kann beobachten, dass die Stimmen von Atalante und Hippomenes häufig ihre Lagen wechseln, worauf die verschiedenen Notenschlüsseln hinweisen.157 Bei der Apfel-Stimme ist interessant, dass sie in Fuge I noch als unterste Stimme erscheint (im Basschlüssel notiert), in Fuge II als mittlere (im Alt-Schlüssel notiert), in Fuge IV als oberste (im Violinschlüssel notiert) und in Fuge V wieder als unterste Stimme (usw.). Die Apfelstimme läuft also stets von unten nach oben und von oben nach unten.

In der von Maier oft als Quelle benutzten Tabula Smaragdina heißt es:

„Es steigt von der Erde zum Himmel und von da wieder zur Erde herab und bringt so die Kräfte der oberen und der unteren Welt in eines zusammen.“158

Streich vergleicht dieses klangliche Auf und Ab des Pomum morans mit der Darstellung der Wandlungsvorgänge im alchemischen Gefäß. Man denke an das Nachuntensinken der festen und an das Aufsteigen der leichten Substanzen.159

Über die Herkunft des Cantus firmus bei Maier wurde viel spekuliert bis letztlich Helen Joy Sleeper den Nachweis lieferte, dass es sich dabei um die in der Messliturgie gebräuchliche Melodie des Christe eleison (aus dem Kyrie Cunctipotens Genitor Deus) handelt. Jene hatte vom 11. – 17. Jahrhundert in zahllose Kompositionen Eingang gefunden.160 In der Auseinandersetzung mit Maiers Cantus firmus bemerkt Sleeper dazu:

155 Meinel 1986, 214. 156 Streich 1973, 378. 157 Streich 1973, 383. 158 Streich (zit. n.) 1973, 383. 159 Streich 1973, 382. 160 Meinel 1986, 215. 49

„It is one oft the most extended examples of Canon against Canto Fermo in existence.“161

Interessant erscheint, dass Maier für seine Notenblätter die musikalische Form des Kanons wählte, denn zu der Zeit, als die Atalanta erschien, galt der Kanon bereits als altertümliche Gattung. In der Renaissance hatte jener wenig Fortentwicklung erfahren, doch bekannt ist, dass sich die Kanonkunst vor allem in der protestantischen Schulmusik lutherischer Prägung noch lange erhalten hat. Hier lässt sich ein Bezug zum lutherisch geprägten Maier herstellen, und man kann darauf schließen, dass er im Zuge seiner Ausbildung mit dem Kanon vertraut gemacht wurde. Zu erwähnen ist, dass die Musik im 17. Jahrhundert generell immer mehr auf Ausdruck und Darstellung der Affekte ausgerichtet wurde, wogegen der Kanon als spröde Technik galt, die kaum mehr verwendet wurde. So kann man den Fugen eine gar archaische Wirkung beimessen, und Maier versuchte dies möglicherweise zu beabsichtigen, wenn man seine Einstellung bedenkt, die darauf hinausläuft in den Schriften der alten Gelehrten die prisca sapientia wiederzuentdecken.162

Musiktechnisch betrachtet kann man den Fugen der Atalanta fugiens eine gewisse Raffinesse zuschreiben, denn in Hinblick auf die mythologische Rahmenhandlung lässt sich der Verlauf der Geschichte, das Flüchten der Atalante, das Fallen des Apfels und das Einholen von Hippomenes klangmalerisch nachvollziehen. Es lassen sich viele musikalische Entsprechungen finden, die den Wettlauf darstellen. Darauf hingewiesen hat Hildemarie Streich, die viele Beispiele dafür in ihrer Untersuchung zu den musikalischen und psychologischen Entsprechungen in Maiers Werk angeführt hat. Unterschieden hat sie einerseits die Entsprechungen, die sich in der einzelnen Fuge finden lassen und andererseits jene, die sich im Gesamtverlauf Maiers Fugen („klangliche Manifestationen alchemistischen Gedankengutes“163) erkennen lassen. Sie ist davon überzeugt, dass die von Maier gewählte dreistimmige Fuge die geeignetste musikalische Form für dessen Absicht war, die mythologische Geschichte als Gleichnis für den alchemischen Prozess klanglich darzustellen.164 In jener erkennt sie „im Sinne der Alchemie ein anschauliches Bild der miteinander kämpfenden, voreinander fliehenden und doch zutiefst einander verbundenen

161 Sawyer (zit. n.) 1936, 283. 162 Meinel 1986, 216/17. 163 Streich (zit.) 1973, 416. 164 Streich 1973, 417. 50

Urprinzipien von Männlich und Weiblich, Licht und Dunkel, Bewusst und Unbewusst, Himmel und Erde, Geist und Materie […].“165

Betrachtet man die Fugen als Ganzes, lassen sich signifikante Änderungen in der musikalischen Abfolge der Fugen nachweisen, wobei für die ersten vierzig charakteristisch ist, dass alle drei Stimmen in die gleiche Richtung gehen. In Fuge XLI dann geschieht ein gravierender Wechsel, und die Stimme des Apfels läuft in die entgegengesetzte Richtung. Dieses kompositorische Mittel bezeichnet man in der Musiktheorie als ´Krebs´ oder ´Krebsgang´, welches sich durch das rückläufige Spielen einer Notenpassage auszeichnet. Im Hinblick auf die mythologische Geschichte der Atalante könnte man für diesen Wechsel den Augenblick hernehmen, indem Hippomenes den ersten der drei goldenen Äpfel fallen lässt und Atalante langsamer wird um ihn aufzuheben.166

In Fuge XLIV folgt der nächste musikalische Einschnitt, und Maier wendet hier den Proportionskanon an. Er bedeutet, dass die imitierende Stimme (Hippomenes) sich in kürzeren (oder längeren) Notenwerten als die führende Stimme (Atalante) bewegt.167 Zum ersten Mal beginnen alle drei Stimmen gleichzeitig, und die des Hippomenes scheint allen anderen davon zu eilen. Auch in der Handlung des Ovidschen Mythos bekommt Hippomenes durch den Apfelwurf zum ersten Mal die Gelegenheit schneller zu sein als Atalante.

Auf Beispiele musikalischer Entsprechungen in den einzelnen Fugen wird im Teil der Bildbeschreibungen noch eingegangen werden.

Zur Rezeption der Fugen nach der Publikation der Atalanta lässt sich leider nicht viel sagen. Es gibt keine Belege ob sie praktisch von anderen Alchemisten, wie man vermuten müsste, angewendet wurden.

Im 20. Jahrhundert gab es die ersten Versuche Maiers alchemische Musik wieder aufzuführen, wie dies beispielsweise 1935 vom Royal Institute in London geschah, und in den letzten Jahren erfolgte die Herausgabe der vertonten Atalanta fugiens im Audio- Format (Atalanta Fugiens, Emily Van Evera, Rufus Müller, Claudio Records 2008 (Erscheinungsjahr 1986); Atalanta Fugiens, Music, alchemy and Rosicrucianism in the early 17th century; Ensemble Plus Ultra/ Michael Noone, Glossa 2011).

165 Streich (zit.) 1973, 373. 166 Forshaw 2010, 189. 167 , 25.09.2012 51

7.5. JOHANN THEODOR DE BRY

Die ältere Literatur zählt Matthäus Merian den Älteren (1593-1650), einem eingeheirateten Mitglied der berühmten Verleger- und Kupferstecherfamilie de Bry, zum Schöpfer der fünfzig Kupferstiche der Atalanta, während die neuere, beispielsweise Klossowski de Rola, postuliert, dass diese definitiv Johann Theodor de Bry (1561-1623) zuzuschreiben sind.168 Gemeinsam mit Lucas Jennis (1590- nach 1630) hatte dieser die Atalanta 1618 in Oppenheim publiziert, und es ist nicht auszuschließen, dass er sich selbst um die Illustration des Buches kümmerte, schließlich war er als Sohn des berühmten Kupferstechers und Verlegers Theodor de Bry (1528-1598) dazu angemessen ausgebildet worden.

Ursprünglich aus Lüttich stammend kam die Protestantenfamilie de Bry nach Straßburg, wo Johann Theodor bei dem französischen Kupferstecher Ètienne Delaune (1518-1595), einem Arbeitskollegen des Vaters, in die Lehre ging.169 1581 zog es die Familie aus politischen Gründen nach Frankfurt am Main. Der Vater Theodor hatte dort unter anderem die Emblemata von Jean-Jacques Boissard 1593 herausgegeben, und es ist bekannt, dass Maier dieses Werk sorgfältig studiert haben soll.170 Bei einem Vergleich des Aufbaus der Atalanta und dem der Emblemata kann man signifikante Ähnlichkeiten entdecken.

Johann Theodor de Bry, dessen Verlegertätigkeit er 1610 nach Oppenheim verlegte, hinterließ durch seinen Tod im Jahre 1623 die Führung und Aufsicht seines Unternehmens seinem Schwiegersohn Matthäus Merian, welcher 1617 die Tochter Johann Theodors, Maria Magdalena de Bry, geheiratet hatte. Von 1616 bis 1620 war jener sowohl in Frankfurt am Main als auch in Oppenheim für den Schwiegervater tätig.171

Ebenso durch Heirat ein Mitglied der de Bry Familie geworden war Lucas Jennis, der Mitverleger der Atalanta. Seine Mutter hatte 1607 den Bruder Johann Theodors Johann Israel de Bry (1570-1611) geehelicht.

Es ist sehr gut nachzuvollziehen, dass die Forschung Matthäus Merian den Älteren mit den kunstvollen Kupferstichen der Atalanta in Verbindung brachte. Schließlich stand er der

168 de Rola 1996, 68. 169 , 22.09.2012 170 de Rola 1996, 14. 171 , 19.09.2012 52

Familie de Bry sehr nahe, und außerdem steht seine Meisterschaft im Druckwesen außer Frage. Doch gilt eine Zuschreibung der Kupferstiche an ihn als ungesichert.

Johann Theodor de Bry wäre als Schöpfer der Emblemdarstellungen ebenso vorstellbar. Dafür würde sprechen, dass jener zum Entstehungszeitpunkt der Atalanta noch die Führung des Verlegerunternehmens innehatte. Der Aspekt, dass er bei Ètienne Delaune in die Lehre ging, scheint ebenso von Bedeutung zu sein. Jener schuf mythologische Blätter als Vorlage für Metallgravierungen.172

Johann Theodor de Bry lehrte später wiederum den berühmten Maler und Kupferstecher Joachim von Sandrart (1606-1688). Bedeutungsvoll ist zudem, dass er für seine Kupferstiche die Vorlagen deutscher, italienischer und niederländischer Kunstwerke verwendete.173 Dies wäre durchaus mit den Atalanta-Stichen in Verbindung zu bringen.

172 , 22.09.2012 173 , 22.09.2012 53

7.6 BILDBESCHREIBUNGEN

7.6.1.

EMBLEM I (Abb. 9)

Portavit eum ventus in ventre suo. („Es hat ihn der Wind in seinem Bauch getragen“.)174

Ein Mann, der nur mit einem sich um seine Hüften windendem Tuch bekleidet ist, steht in einer Landschaft, in der im Bildhintergrund links eine Ruine erkennbar ist. Auf seinem Bauch zeichnen sich die Konturen eines Kindes ab, und aus seinem Kopf und seinen Händen strömen windartige Gebilde.

Das Bild bezieht sich auf einen Ausspruch der Tabula Smaragdina (Abb. 10), welcher im Lemma wortwörtlich wiedergegeben wird: „Der Wind hat es in seinem Bauch getragen.“ Im Diskurs zu diesem Emblem erläutert Maier den Sinn dahinter, erklärt auf verschiedene Arten was es sein müsste, welches der Wind in seinem Bauch trage - „Chymice“ gesehen, sei es ein Schwefel, der in dem lebendigen Quecksilber stecke, „Physice“ gesehen, eine Frucht, die „behend“ ans Tageslicht will, „Arithmetice“ gesehen, die Wurzel des Quadrats, „Musici“ gesehen, die Quint, in der Geometrie sei es der Anfangspunkt einer fortschreitenden Linie, und in der Astronomie sei es das Zentrum oder der Mittelpunkt des Planeten Saturn. Dies alles bezeuge, dass der Wind die Herrschaft habe. Der Kupferstecher hat dieser Schlussfolgerung Ausdruck verlieren, indem er den personifizierten Wind einer Herkules-Figur ähnlich dargestellt hat.

Im Bauch des Windes, den Maier im Diskurs mit Mercurius (das Flüchtige) gleichsetzt, wächst das ungeborene Kind in seiner flüchtigen Form (Sulfur) heran, der zukünftige Stein der Weisen. Deswegen werde der Merkur auch mit Flügeln an Händen und Füssen dargestellt und für den Botschafter der Götter gehalten, „weilen er wie der Streichende Wind flüchtig durch die Lufft fleucht […]“175 Des Merkurs Schlangenstab bedeute, dass er die Körper entseelen und wieder erwecken könne. Die unzeitige Geburt sei „ein Schwefel den die Sonne im Nordwind erwecket, daß er darinnen zeitige und zu seiner Zeit Zwilling gebe, deren einer mit weissen Haaren Calaim, der andere ein Rothkopff Zeten genennet

174 Maier (zit.) 1617, Lemma I. 175 Maier (zit.) 1617, Disc. I. 54 werden mag.“176 Mit Kalais und Zetes sind die zwei Söhne des Boreas, des Nordwindes gemeint.177 Ihre Haarfarben verweisen auf die Phasen des Opus Magnum, der Weißung (Albedo) und der Rötung (Rubedo). Laut Maier hätten sie nach den Erzählungen Orpheus´ Jason auf der Suche nach dem Goldenen Vlies begleitet.

Am Ende des Diskurses zitiert Maier aus wichtigen Werken der alchemischen Literatur (Basilius Valentinus, Zwölff Schlüssel, 14. Jahrhundert; George Ripley (1415-1490), Compound of Alchemy/ Twelve Gates; Guido de Montanor, Scala Philosophorum, frühes 15. Jahrhundert). Er nennt die Autoren und ist der Meinung, alle würden darin übereinstimmen, dass der Stein der Weisen in der Luft geboren wird, und dass somit aus einem Geistlichen ein Leibliches wird.

Merkur (Abb. 11), als Beschützer der okkulten Wissenschaften, ist eine zentrale Figur der Alchemie. Er gilt als deren Vater und wird mit Hermes Trismegistos (Abb. 12) gleichgesetzt. Sein Metall ist das Quecksilber (Mercurius), und der sogenannte ´Philosophische´ Merkur steht für das psychische Fluidum, das alles Lebende durchdringt. Hermes Trismegistos ist der Weise, der die Polaritäten (Sol und Luna) vereinigen kann und das schöpferische Feuer (die geistige Substanz) beherrscht.178

Es existiert eine Stelle im Johannes-Evangelium (das Gespräch Jesu mit Nikodemus), die in Zusammenhang mit dem Spruch der Tabula Smaragdina interessant erscheint:

„Amen, amen, ich sage dir: Wenn jemand nicht von neuem geboren wird, kann er das Reich Gottes nicht sehen. Nikodemus entgegnete ihm (Jesus): Wie kann ein Mensch, der schon alt ist, geboren werden? Er kann doch nicht in den Schoß seiner Mutter zurückkehren und ein zweites Mal geboren werden. Jesus antwortete ihm: Amen, amen ich sage dir: Wenn jemand nicht aus Wasser und Geist geboren wird, kann er nicht in das Reich Gottes kommen. Was aus dem Fleisch geboren ist, das ist Fleisch; was aber aus dem Geist geboren ist, das ist Geist. Wundere dich nicht, daß ich dir sagte: Ihr müßt von neuem geboren werden. Der Wind weht, wo er will; du hörst sein Brausen, weißt aber nicht, woher er kommt und wohin er geht. So ist es mit jedem, der aus dem Geist geboren wird.“ (Joh. 3, 3-8)

176 Maier (zit.) 1617, Disc. I. 177 Hofmeier 2007, 332. 178 Battistini 2005, 297. 55

EMBLEM II (Abb. 13)

Nutrix eius terra est. („Seine Säugmutter ist die Erden.“)179

Eine nackte Frau, deren Oberkörper aus einer Weltkugel gebildet wird, steht im Zentrum des Bildes und hält ein Kind im Arm, das an ihrer Brust saugt. Währenddessen säugt unten links im Bild eine Ziege ein Kind, rechts eine Wölfin zwei Kinder.

Das Motto des Emblem II hat ebenso wie es schon im ersten Emblem der Atalanta der Fall war einen Ausspruch der Tabula Smaragdina zum Inhalt („Seine Säugamme ist die Erden.“), und die bildliche Darstellung des Emblems verweist darauf.

Das Kind, das im vorherigen Emblem noch im Bauch des Windes dargestellt wurde, ist hier bereits geboren und saugt an Mutters Brust (´Philosophische Erde´) die sogenannte ´Jungfrauenmilch´ (Lac virginis). Maier macht im Diskurs ein Gleichnis aus dem Bild der Mutter und meint, „ein jegliches Ding erfreut sich seines gleichen, […]“180 Schließlich würde dem Neugeborenen die Milch seiner eigenen Mutter mehr zu Gute kommen, als die einer Amme. Das Kind ist für Maier Metapher, denn auch wie jenes solle die Philosophische Arbeit, welche den Stein der Weisen zum Ziel hat, „in Mutter-Leib getragen und regiret seyn.“181 Die Mutter allerdings müsse mit dem Essen und Trinken aufpassen und darauf achten, dass sie sich in „benöthigten Leibes Ruh zu moderiren weiß, […]“182 Ansonsten gebiere sie eine Missgeburt, und der Stein der Weisen (den Maier hier als „Frucht“ bezeichnet) verderbe. Bei der Philosophischen Arbeit würden auch zwei Samen vereinigt werden, und wenn dies geschehe, gleichen diese einem Vogelei, welches den männlichen und weiblichen Samen in sich trägt. Im alchemischen Labor kann man dies in Bezug zum Prozess in der Retorte setzen.

„Bieten also die Kunst und Natur sich einander die Hand, und wie diese der Kunst dienet, so dienet die Kunst wieder der Natur zu willen; doch bleibet die Natur die Meisterin und die Kunst die Magd.“183

Die Terra-Mater-Figur, die das Kind säugt, steht nicht nur für das Element Erde allein, sondern sie beinhaltet auch die anderen Elemente und symbolisiert die Natur an sich. Sie

179 Maier (zit.) 1617, Lemma II. 180 Maier (zit.) 1617, Disc. II. 181 Maier (zit.) 1617, Disc. II. 182 Maier (zit.) 1617, Disc. II. 183 Maier (zit.) 1617, Disc. II. 56 ist für Maier eine „himmlische Ernehrerin“, welche „coaguliret, figiret und färbet, und reiniget Blut und Safft“184, womit Maier die alchemischen Prozesse im Opus Magnum anspricht. In dieser Erde befände sich ein Saft, „der allen anderen Milchsäfften so sich nur allein verwandeln und nicht wiederum verwandelt werden können, entgegen stellet.“185 Die damit gemeinte Lac virginis stärke die ganze Natur einer Säugenden durch seine Kraft, „gleich wie den Romulum die Milch seiner Wölffin“.186 Der im Diskurs gemachte Hinweis auf die Geschichte des Romulus und Remus findet seinen Widerhall in der bildlichen Darstellung des Emblems. Noch dazu wird gegenüber der Wölfin mit den zwei Kindern eine Ziege mit Kind dargestellt, die auf die mythologische Geschichte des Zeus verweist. Jener wurde von einer Ziege, die ehemals eine Nymphe war, aufgezogen.

(Abb. 14) (Abb. 15)

EMBLEM III (Abb. 16)

Vade ad mulierem lavantem pannos, tu fac similiter. („Gehe zum Weib, das wascht ihre Lachen, tu dergleichen auch.“)187

Eine Frau gießt beim Wäschewaschen Wasser in ein großes, hölzernes Fass. Zu ihren Füßen steht ein kleiner Trog, in dem vom dampfenden Behälter Wasser abgelassen wird. Hinter ihr wird auf einem im Freien stehenden und brennenden Herd Wasser erhitzt. Am Boden liegen Hölzer und Kleider.

Diese Emblemdarstellung gibt eine häusliche Szene mit einer Frau beim Arbeiten wieder. Hat man die ganze Emblemfolge der Atalanta im Sinn, erkennt man, dass bei Emblem XXII ebenso eine weibliche Person in eine häusliche Szene integriert ist, womit ein Vergleich herzustellen wäre.

Maier sieht die Arbeit des Wäschewaschens als ein Gleichnis, denn der ´Künstler´ (Alchemist) solle es der Frau, die jene Arbeit verrichtet, gleich tun. Am Anfang des Diskurses schreibt Maier über das Wäschewaschen an sich. Wenn eine Leinwand besudelt wäre, pflege man sie mit dem Element Wasser zu reinigen, und danach hänge man die

184 Maier (zit.) 1617, Disc. II. 185 Maier (zit.) 1617, Disc. II. 186 Maier (zit.) 1617, Disc. II. 187 Maier (zit.) 1617, Lemma III. 57

Wäsche an die Luft. Die Frauen hätten diese Arbeit „von der gütigen Natur“188 erlernt. Auch bei Leichen könne man beobachten, dass sie, sobald sie an die Luft und in die Sonne gehängt werden, getrocknet, reiner und weißer erschienen. So sei es auch in der ´Chymischen Kunst´ (Alchemie) und die alchemischen Prozesse („Philosophische Operationen, als calcinatio, sublimatio, solutio, distillatio, descensio, coagulatio, fixatio, […]“189) würden auf einmal mit solcher Abwaschung durchgangen werden.

Dann kommt Maier auf die Elemente Feuer und Wasser zu sprechen. Die Natur des Philosophischen Feuers sei eine andere wie die des gemeinen, und beim Philosophischen Wasser sei dies das gleiche.

Bei der Untersuchung der anderen Embleme in der Atalanta wird noch öfters davon die Rede sein, dass Maier in seinen Ausführungen schreibt, das Element Wasser wirke wie Feuer und Feuer wirke wie Wasser. Dass Maier dabei aber nicht von dem gemeinen Feuer redet, macht er durchaus deutlich: „Wir reden aber nicht von denen verbrennlichen Materien, sondern daß nach allem solchen Wesen das Werck der Philosophen zu führen seye, dann das Feuer und Wasser, ja auch die Materia selbst ist darinnen nicht gemein.“190 Die Philosophen würden eine Lauge von einem metallischen Wesen bereiten. Jenes ´Philosophische Wasser´, „welches unter den himmlischen Zeichen des Wassermanns im Schnee und Eyß zusammen gerunnen, und noch weit geringer ist, als das Wasser in den Gruben oder Pfützen.“191 Dieses Wasser sei zwar geringer als das Gemeine, aber es hätte den Vorzug vor jenem, weil „es dringet in das Centrum und innerste des Philosophischen Cörpers, und benimmt ihm alle Schwärtze und Unreinigkeit.“192

Der Prozess des Waschens verdeutlicht das Zusammenspiel der Elemente: Die Erde repräsentiert den Schmutz, das Wasser die Reinigung, die Luft das Trocknen und das Feuer die Wärme der Sonne.193

Warlick hat sich mit dem Thema der Hausfrauenarbeit, die als Metapher für das alchemische Werk gebräuchlich ist, auseinandergesetzt und einen interessanten Aufsatz dazu verfasst (Warlick, Marjorie E., The domestic alchemist, Glasgow 1998). Er weist darauf hin, dass in der alchemischen Literatur Frauen beim Wäschewaschen (Abb. 17)

188 Maier (zit.) 1617, Disc. III. 189 Maier (zit.) 1617, Disc. III. 190 Maier (zit.) 1617, Disc. III. 191 Maier (zit.) 1617, Disc. III. 192 Maier (zit.) 1617, Disc. III. 193 Warlick 1998, 39. 58 ziemlich häufig dargestellt werden, wogegen das Motiv des Mannes, der diese Arbeit ausübt, selten ist. Man findet die männlichen Figuren häufiger bei Feuer-Szenen in der Küche.194

EMBLEM IV (Abb. 18)

Conjunge fratrem cum forore & propina illis poculum amoris: („Füge den Bruder der Schwester zu und gib ihnen den Becher der Liebe:“)195

Ein Mann, der dem Betrachter den Rücken zugewandt hat, umarmt eine Frau. Beide sind vornehm gekleidet und küssen sich. Rechts steht ein anderer Mann mit ausgebreitetem rechtem Arm und reicht dem Paar einen Kelch. Auf dem Boden hinter ihm steht ein größerer Krug.

Bruder und Schwester, nachdem sie zusammengefügt worden sind, solle der Becher der Liebe „mit süssem Reben Safft“196 gereicht werden.

Zu Beginn des Diskurses klärt Maier auf, dass es nach göttlichem sowie weltlichem Gesetz Blutsverwandten verboten sei sich zu ehelichen. Doch sei es wiederum nicht gegen das Gesetz, wenn, worüber die Philosophen redeten, die Mutter mit dem Sohn oder der Vater mit der Tochter vermählt werden. Durch nahe Blutsverwandtschaft werde das Philosophische Geschlecht erhoben. Ein Beweis dafür wären die sogenannten ´Adams- Kinder´, welche aus Mangel anderer Menschen sich selbst ehelichten. Nachdem sich die Menschheit dann vermehrt hätten, würde das Verbot der Geschwister-Ehe schließlich erstellt werden. Bei den Philosophen wäre das aber anders, denn „weilen Brüder und Schwestern unter einander gleiches Wesen seynd, müssen sie nothwendig auch einander zugeführet und verehliget werden.“197 Wie den Adams-Kindern sei ihnen die eheliche Liebe gestattet. Wenn die zwei „abgesonderten Naturen“ von Bruder (trocken und feurig) und Schwester (feucht und kalt) gefunden werden und zusammen vermählt würden, dann wäre das Resultat des siegreichen Liebeskampfes eine „lebendige Liebes-Frucht“198. Wo Kaltes und Warmes zusammenkämen, fände sich der ´Liebes-Sohn´.

194 Warlick 1998, 39. 195 Maier (zit.) 1617, Lemma IV. 196 Maier (zit.) 1617, Disc. IV. 197 Maier (zit.) 1617, Disc. IV. 198 Maier (zit.) 1617, Disc. IV 59

Bei Tieren und Pflanzen wäre es egal, ob ihnen Blutsverwandte zugeführt werden. Doch bei der ehelichen Vermischung von Geschwistern, so Maier, sei oft Unfruchtbarkeit gefunden worden, die allerdings durch edle Medizin wieder geheilt wurde.

„Lasset uns dannenhero auch diesen beyden neu-vermählten den Liebes-Tranck bereiten, damit sie sich in eine beständige Liebe setzen, und der Früchte des Ehebetts mit Wunsch erfreuen mögen. Dann die Einigkeit geneigten Willens setzt ein Ding zum andern.“199

Maier benutzt das Bild des sich küssenden Geschwisterpaares als Metapher für die Conjunctio aus welcher der Stein der Weisen, den Maier hier als ´Liebes-Frucht´ oder ´Liebes-Sohn´ bezeichnet, hervorgeht.

Der biblische Adam (Abb. 19) symbolisiert in der alchemischen Ikonologie die Synthese aller Gegensätze. Laut Zosimos von Panopolis (3. Jahrhundert) vereinte Adam schon alle vier Elemente.200 Gleichzeitig assoziierte man mit der Bedeutung seines Namens (hebräisch: adamah = „rote Erde“) die Röte des Lapis.201

In dem alchemisch wichtigen Werk (um 1420) steht folgendes über Adam geschrieben:

„Weil der erste Adam und seine Nachkommen ihren Ursprung von den zerbrechlichen Elementen hatten, deshalb mußte dieselbige Zusammensetzung notwendigerweise zugrunde gehen. Aber der zweite Adam […] ist aus reinen Elementen gemacht, daß er ewig bleibt. Was aus einfacher und reiner Substanz besteht, bleibt unzerstörbar in Ewigkeit.“202

199 Maier (zit.) 1617, Disc. IV. 200 Battistini 2005, 266. 201 Roob 2006, 149. 202 Roob (zit. n.) 2006, 522. 60

EMBLEM V (Abb. 20)

Appone mulieri super mammas busonem, ut ablaĉtet eum, & moriatur mulier, sitque buso grossus delacte. („Setz dem Weib die Kröte auf die Brust, daß sie sauge, und das Weib sterbe, so wird die Kröte von Milch sehr groß.)203

In einer Stadtlandschaft schreitet ein Mann auf eine Frau zu. Er hält ihr eine Kröte an die rechte entblößte Brust, woran jene saugt.

Dem Motto und dem Epigramm zufolge solle die Kröte an die Brust des Weibes gelegt werden, dass sie daran sauge und dick werde. Nachdem das Weib ausgesaugt worden wäre, zeige es sich rötlich, „in aller Weiß“204.

Am Anfang des Diskurses berichtet Maier über die verschiedenen Rollen der Frau und des Mannes, denn aus beiden bestehe der Philosophen Werk. Die Aufgabe des Mannes läge darin zu zeugen und die Herrschaft über das Weib zu führen. Die Frau empfange, werde fruchtbar und „ist gantz begierig sich dem Willen des Mannes zu unterwerffen.“205 Das Neugeborene müsse mit der Milch aus der Brust der Mutter ernährt werden.

Maier bezeichnet die Methode der Philosophen, bei der es darum ginge, der Frau eine Kröte („der Feind des Menschen“206) an die Brust zu setzen, als ´ein entsetzliches Verfahren´. Die Kröte werde davon kräftig und dick, das Weib nehme ab und sterbe durch das Gift. An dieser Stelle führt Maier das Beispiel der Cleopatra an, die sich Schlangen an die Brust setzte um von deren Gift getötet zu werden. Die Philosophen sollten nicht blutdürstig befehlen die Kröte an die Brust der Frau zu hängen, „wann nicht diese Krot ihre eigene Wunder-Geburt und Frucht wäre, die sie als Monstros zur Welt gebohren […]“207 Es wäre das Recht der Natur, dass die Kröte mit der Speise seiner Mutter erhalten wird. Die Kröte wäre sozusagen aus ihrem Blut entstanden.

Maier erzählt im Laufe des Diskurses die Geschichte eines englischen Historikers: In einer Steingrube war eine große Kröte, die an eine goldene Kette gebunden wurde, gefunden worden. Aus Angst sie könnte dem Land Schaden bringen, ließ man sie auf Rat des Bischofs wieder einmauern. Daraufhin meint Maier, dass die Philosophische Kröte auch

203 Maier (zit.) 1617, Lemma V. 204 Maier (zit.) 1617, Disc. V. 205 Maier (zit.) 1617, Disc. V. 206 Maier (zit.) 1617, Disc. V. 207 Maier (zit.) 1617, Disc. V. 61 mit Gold geschmückt sei, aber nicht äußerlich sondern innerlich. In ihr trüge sie den Stein des ´Boras´ (´Krötenstein´, organischer Herkunft und heute noch als Halbedelstein bekannt; eine gewisse Heilkraft wurde ihm nachgesagt)208. Die Philosophische Kröte, die Gold führe, verberge sich nicht in Steinklüften, sondern im Herzen.

Das Motiv des ´an-der-Brust-saugens´ könnte in Zusammenhang mit den Lactatio- Legenden und den Caritas-Romana-Darstellungen in Verbindung gebracht werden.

EMBLEM VI (Abb. 21)

Seminate aurum vestrum in terram albam foliatam. („Säet nur Gold in die weiße geblätterte Erden.“)209

Ein junger Mann wird beim Aussäen in einer Ackerlandschaft gezeigt. Mit der rechten Hand streut er die Samen in die Erde, während er mit der linken den Behälter für jene umklammert.

Gleich den Ackerleuten, die ihren Samen in die Erde geben, sollen die Weisen das Gold in die Erde geben. Man solle es den Bauern gleich tun, denn „Gold wachst wie Weitzen, […]“210. Was es damit auf sich hat, beschreibt Maier ausführlicher im Diskurs. Die Arbeit des Ackermannes sei mit der Chymischen Wissenschaft zu vergleichen, denn „die Chymie ist ein gleichstimmig Wesen des Feld-Bauers und eine Regentin, als welche in allem ihren Grundriß leget, und durch heimliche Deutung sich denselben gleich stellet“211. So wie der Bauer benötige auch der ´Chymicus´ Nässe und Wärme.

Was hat es nun mit der weiß-geblätterten Erde auf sich? Das Gold in die weiß-geblätterte Erde zu säen würde an das Säen des Weizens erinnern. Im Gegensatz zu den Ackerleuten, die auch die schwarze Erde (fettige) nützen würden, bedienten sich die Weisen der ´weiß- geblätterten´ Erde („das ist eine solche die wohl bereitet ist“212).

Gegen Ende des Diskurses und nach einem kurzen Exkurs in die Mythologie, bei der er die Geschichte des Achilles, der von seinem Lehrmeister Chiron in der Musik unterrichtet

208 Priesner/Figala 1998, 118. 209 Maier (zit.) 1617, Lemma VI. 210 Maier (zit.) 1617, Disc. VI. 211 Maier (zit.) 1617, Disc. VI. 212 Maier (zit.) 1617, Disc. VI. 62 wurde, aufgreift, kommt Maier auf die Musik zu sprechen, was in Zusammenhang mit den Fugen bedeutungsvoll erscheint:

„Dann hat allein die Musica das Lob eines solchen Helden vorbilden können, was sollte nicht auch dieses unser vorhabendes Wercklein thun? Lasset also die Engel Gottes des Höchsten Lob erhöhen (wie die H.[eilige] Schrifft gedencket:) Und die Himmel freuen sich (nach Lehr des weisen Pythagorae) und erzehlen die Ehr Gottes (wie David der König spricht:) Freuen müssen sich die Götter der freyen Künste [Musen], der Apollo und die Poeten, ja groß und kleine, und wann wir uns freuen so ist es bildlich.“213

Bereits Aristoteles´ Überlegungen zum Samen (sperma, semen) flossen in das alchemische Gedankengut ein. Man kann sich die Wirkung des Samens wie die der Hefe vorstellen. Der Sauerteig ist nämlich ein beliebtes Sinnbild für das Ferment (Gärstoff), das im alchemischen Prozess eingesetzt wird, um die Materie zu erhöhen.214 Der weibliche Same erhalte durch das gestaltende männliche Sperma seine Form.215 In der Alchemie entstand so die Vorstellung der Existenz eines Goldsamens, der aus Männlichem (Sulfur) und Weiblichem (Mercurius) erzeugt wird. Die Metapher des Samen-säenden Ackersmann resultierte daraus. Aus dem erzeugten Gold sollte schließlich der Stein der Weisen heranreifen. Im Laboratorium gebrauchte der Alchemist das vas hermeticum (welches sinnfällig mit dem ´Ei der Philosophen´ gleichgesetzt werden kann), ein Gefäß in dem Transformationsprozesse herbeigeführt wurden. Bevor darin etwas reifen konnte, sollte der ´Tod´ der Materie (Mortificatio) gefordert werden, damit eine edlere Materie entstehe. Selbst in der Bibel ist vom Weizenkorn die Rede, welches keine Frucht bringt, bevor es nicht stirbt:

„Amen, amen ich sage euch: Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt und stirbt, bleibt es allein; wenn es aber stirbt, bringt es reiche Frucht.“ (Joh. 12,24)

Eine andere interessante Bibelstelle schreibt über das Weizenkorn:

„Auch das, was du säst, wird nicht lebendig, wenn es nicht stirbt. Und was du säst, hat noch nicht die Gestalt, die entstehen wird; es ist nur ein nacktes Samenkorn, zum Beispiel ein Weizenkorn oder ein anderes. […] Was gesät wird, ist verweslich, was auferweckt wird, unverweslich. […] Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib. Wenn es einen irdischen Leib gibt, gibt es auch einen überirdischen. So steht es auch in der Schrift: Adam, der Erste Mensch, wurde ein

213 Maier (zit.) 1617, Disc. VI. 214 Roob 2006, 324. 215 Priesner/Figala 1998, 331. 63

irdisches Lebewesen. Der letzte Adam wurde lebendigmachender Geist.“ (1. Kor. 15, 36-37, 42, 44-55)

Möglicherweise wurde Maier in Zusammenhang mit seinen Gedanken um den Samen vom polnischen Alchemisten (1566-1636), der kurz bevor Maier an den Hof Rudolfs II. kam dort lebte, beeinflusst. Er schrieb ein den Samen der Metalle gewidmetes Traktat (Novum Lumen Chymicum, 1604).

(Abb. 22, Abb. 23)

EMBLEM VII (Abb. 24)

Fit pullus à nido volans, qui iterùm cadit in nidum. („Der Vogel jung vom Neste fliegt und fällt wieder ins Nest.“)216

Vor einer Landschaft mit Fluss und Stadt erhebt sich ein großer, felsiger Berg. Auf dessen Gipfel befindet sich ein Nest mit zwei Vögeln. Einer davon ist im Begriff wegzufliegen.

Im Diskurs zu diesem Emblem werden von Maier hauptsächlich die vier Elemente behandelt. Der höchste Schöpfer hätte den Weltbau aus vielen, unterschiedlichen Dingen gebaut und zusammengesetzt. Er habe das Leichte und Schwere, das Warme und Kalte, das Feuchte und Trockene so voneinander geschieden und „in seiner proportion veglichen“, sodass „viel und manchfältige Cörper an den Tag gekommen“217, welche nach Eigenschaft, Kraft und Tugend zu unterscheiden seien. Es gäbe auch unvollkommene Elemente, wovon einige leichter (Feuer und Luft) und einige schwerer (Wasser und Erde) sind. Das eine Temperament verbinde das andere, das Flüchtige ziehe das Schwere empor, und das Schwere binde wiederum das Leichte.

Maier kommt auf die im Emblem dargestellten Adler zu sprechen, von denen ein größerer gerade aus dem Nest fliegt und der kleinere ´ohne Flügel´ (dargestellt wird er im Emblem mit kleinen Flügeln) zurückbleibt. Der geflügelte repräsentiert für Maier das Flüchtige (Mercurius) und der kleine Vogel das Fixe (Sulfur). Das Flüchtige wie das Fixe sei „doch mit Freundschafft verbunden, keines trennet sich vom andern, […]“218 Im alchemischen Prozess („Chymischen Operation“) habe das Flüchtige den Vorzug vor dem Fixen, doch

216 Maier (zit.) 1617, Lemma VII. 217 Maier (zit.) 1617, Disc. VII. 218 Maier (zit.) 1617, Disc. VII. 64 brächte es die Tugend des Fixen zustande, dass es das Flüchtige endlich überwinde. Um das eine vom anderen zu trennen, gebrauchten die Alchemisten in ihrem Laboratorium die Methode der Destillation, bei der die Asche am Boden der Retorte zurückblieb.

Die Destillation (lat. destillare = „herabtropfen“) (Abb. 25) war eine der wichtigsten Arbeitsmethoden der Alchemisten. Heute versteht man unter ihrem Begriff „die Reinigung einer Flüssigkeit durch Erhitzen und nachfolgende Kondensation der Dämpfe“219, doch früher bezeichnete sie beinahe jeden Vorgang, bei dem ein Stoff von einer zu einer anderen Stelle gebracht wurde (meist vertikal).220

EMBLEM VIII (Abb. 26)

Accipe ovum & igneo percute gladio. („Nimm das Ei und schlage es mit einem glühenden Schwert.“)221

In einem Hof steht ein Mann und ist im Begriff ein großes Ei, das vor ihm auf einem niederen Tisch steht, mit seinem Schwert zu zerschlagen. Gegenüber lodert ein Feuer in einem offenen Kamin. Im Hintergrund erkennt man einen Tunnel, der aus dem Hof führt.

Das Ei mit einem glühenden Schwert zu spalten bezeichnet Maier im Diskurs als „Emblematische Vorstellung“. Dort erklärt er, dass die Philosophen ihr Ei mit dem Feuer zertrümmerten, nicht weil dieses zerstört werden sollte, sondern, weil es dadurch wachsen würde. Schließlich würde das junge Küken (das ´Leben´) auch aus der Schale brechen, wobei die ovale Form des Eis verloren ginge, aber ein zweifüßiges, geflügeltes Tier, eine edlere Form, davon hervorgehe. Somit ist das Ei ein Sinnbild des werdenden Lebens. Den Dotter des Eies beschreibt Maier als den männlichen Samen und die innere Kraft, und das Eiweiß stehe für den weiblichen Samen, die äußere Gestalt. Maier vergleicht das Heraustreten des jungen Kükens mit Athene, die dem Hirn Jupiters entspringt, wobei der Gott Vulkan quasi als Amme fungiert, die der Göttin den Eintritt ins Licht gewährt (vgl. Emblem XXIII). Das Kind im Mutterleib, so wenn es die Welt erblickte, wäre vollkommen an Kräften, und „auch wir, die wir dieses Zeitliche verlassen, und den Weg aller Welt gehen, tretten nach dem Todt in ein weit vollkommenes, und erlangen vor das sterbliche

219 Priesner/Figala (zit.) 1998, 53. 220 Priesner/Figala (zit.) 1998, 53. 221 Maier (zit.) 1617, Lemma VIII. 65

Leben ein Bild der Unsterblichkeit.“222 Von welchem Vogel das Ei, von dem in diesem Emblem die Rede ist, stamme, hätten die Philosophen allerdings verschwiegen.

Das ´Philosophische Ei´ (vgl. Emblem XXX) (Abb. 27, Abb. 28, Abb. 29) stellt in der alchemischen Vorstellung die Prima Materia, das Chaos dar, in der der Lapis Philosophorum keimt. Es ist ein Symbol für das Abbild der Welt, für die Einheit und die vier Elemente. Seine verschiedenen Bestandteile wurden von Salomon Trismosin (, 1582) mit jenen verglichen. So stehe die Schale für das Element Erde, das Eiweiß für das Wasser, das Eigelb für das Feuer und die Haut für die Luft.223

Zum ersten Mal wurde das Philosophische Ei in der , einer arabischen Kompilation griechisch, alchemischer Traktate, die ab dem 13. Jahrhundert in das Abendland Eingang fanden, erwähnt.224 Allerdings spielte das Ei als Symbol bereits in den alten Schöpfungsmythen eine große Rolle. Beispielsweise hat der zweigeschlechtliche Chronos das Weltenei gezeugt, aus welchem Zeus geboren wurde. Die obere Eischale stand dabei für den Himmel und die untere für die Erde. Und selbst in den Schöpfungsmythen anderer Völker war von einem Ei die Rede.225 Es wurde mit dem stofflichen Urgrund der Dinge (Arche geneseos) assoziiert, der als Einheit die beiden polaren Kräfte in sich trägt, die des Werdens- und Vergehens, der Licht- und Schattenseite, des Himmels und der Erde, des männlichen und weiblichen Samens. Dieser Urgrund gebäre „aus sich heraus alles Leben dem Licht“226.

Das Ei wurde auf der anderen Seite durch seine Form auch mit dem vas hermeticum, welches im alchemischen Laboratorium die Retorte bezeichnet, assoziiert. Der Alchemist war durch verschiedene Operationen bestrebt in jenem den Lapis zu schaffen.227

In der emblematischen Darstellung will der Adept mittels Schwert die für das Große Werk notwendige Metamorphose vollziehen und den Lapis durch das Feuer (worauf jenes im Ofen daneben verweist) aus seiner Hülle befreien. Dieser hier dargestellte Prozess bezieht sich auf die alchemische Phase der Putrefactio (lat.; ´Fäulnis´, ´Verwesung´), die für das Vorbereiten des Steins der Weisen essentiell ist. Das Ei wird zertrümmert, damit neues Leben entsteht.

222 Maier (zit.) 1617, Disc. VIII. 223 Priesner/Figala 1998, 120. 224 Battistini 2005, 342. 225 Priesner/Figala 1998, 120. 226 Bachofen (zit. n.) 1954, 21 ff. 227 Priesner/Figala 1998, 121. 66

Wie so oft hat der Kupferstecher der Atalanta auch in diesem Emblem eine theatralische Kulisse geschaffen, in der neben dem alchemischen Ei, dem Feuer und dem Schwert ein weiteres interessantes Motiv, der Tunnel, vorkommt. In der hinteren Wand des Hofes wird eine quadratische Öffnung dargestellt, die in jenen führt. An seinem Ende ist ein kleiner lichtvoller Ausgang zu entdecken, welcher sich genau oberhalb des Eies befindet. Maier spielt auf die Lichtsymbolik an. Nachdem die Phase der Nigredo abgeschlossen ist, bricht das Küken aus dem Ei hervor und erblickt das Licht der Welt. Auch der Adept erblickt am Ende seiner Reise Licht und erfährt erhellende Erkenntnis. Jene kann mit dem Lapis Philosophorum, der am Ende der Prozesse des Opus Magnum ´geboren´ wird, gleichgesetzt werden.

EMBLEM IX (Abb. 30)

Arborem cum sene concludein rorida domo, & comedens de fruĉtu eius fiet juvenis. („Schließ den Baum samt dem alten Mann in ein Haus voll Tau und der von seiner Frucht Essende wird sich verjüngen.“)228

In einem Garten steht ein pavillonähnlicher Rundbau. In einer rundbogenartigen Öffnung ist im Inneren ein Baum zu erkennen. Ein bärtiger, alter Mann pflückt davon mit seiner rechten Hand eine Frucht, während er mit der linken eine solche isst.

Das dem Emblem zugehörige Motto fasst zusammen, was Maier im Epigramm rät: Man solle den Alten Mann mitsamt dem Baum der Weisheit (Sophia) in ein mit Tau bedecktes Glashaus geben, damit er, nachdem er von den Früchten gegessen hätte, sich verjüngere. Im Diskurs vergleicht Maier das Alter mit einer Lampe, deren Schein, sobald das Öl vertrocknet ist, immer mehr schwindet. Deren Docht, das Fett und das Feuer werden wie in einem Gleichnis mit den Adern, dem Leben und der Feuchtigkeit des Menschen verglichen. Maier nennt die Verjüngungsarten verschiedener Tieren (Adler, Hirsch, Schlange, Krebs). Beispielsweise sagt er vom Hirsch, dass er jährlich sein Geweih ablege. In Bezug auf den Menschen meint Maier aber:

„Der Mensch aber mag auff keine andere Art als durch seinen Todt erneuert und verjungert werden, als welcher nun ein Anfang des Ewigen ist.“229

228 Maier (zit.) 1618, Lemma IX. 67

Somit schließt Maier die Möglichkeit der Verjüngung aus. Man könnte den äußeren Körper zwar durch die Quint-Essenz oder das Aurum potabile (´Trinkgold´) stärken, doch der Alte müsse zuerst ins Glashaus gebracht werden und von den Früchten des Baumes speisen. Sodann würde dessen lebensspendender Saft in sein Blut dringen. Maier vergleicht den Alten indirekt mit dem Stein der Weisen, wenn er folgendes Sprichwort der Philosophen anführt: „[…] der Stein der Weissen seye Anfangs alt, (das ist weiß) dann verjüngere er sich erst, (würde roth) weilen die rothe Farb der Jugend zugedacht wird.“230 Die im Zitat erwähnten Farben geben Anspielung auf die Phasen des Werkes, wobei die letzte mit ihrer Röte den gelungenen Abschluss des Großen Werkes darstellt. Alle vier Elemente trügen zum Wachstum des Baumes bei, es mache nichts, wenn der Baum eingeschlossen ist, denn die Erde, „die mit voller Lufft angefüllet ist“231, gäbe ihm Nahrung. Das Feuer („das würckende“) wirke als erste Bewegung, dann komme die Luft dazu, das Wasser und die Erde.

In der Sprache der Alchemie ist oftmals vom ´Philosophischen Baum´ die Rede. Als Symbol des Kosmos kann er einerseits für die Metapher des alchemischen Werkes und andererseits für die Materia prima stehen, aus der der Stein der Weisen wächst. In vielen Darstellungen sind seine Früchte als Sol und Luna, die Planeten und Metalle wiedergegeben (Abb. 31). Man kann den Philosophischen Baum mit dem Baum der Erkenntnis gleichsetzen, da jener ebenso die Unsterblichkeit verspricht (Abb. 32).

Das Symbol des Baumes spielt in Maiers Atalanta, abgesehen vom Emblem IX, auch im Emblem XXVI eine wesentliche Rolle. Darüber hinaus ist er selbst in der Rahmenhandlung der Atalanta präsent, wenn man an die Szene denkt, in der Hippomenes die goldenen Äpfel aus dem Garten der Hesperiden stiehlt, was unter anderem im Titel-Kupfer der Atalanta (Abb. 7), auf dem mehrere Szenen simultan wiedergegeben sind, dargestellt wird.

Bei der Betrachtung des Titelkupfers fällt zudem noch auf, dass die Tempeldarstellung rechts unten im Bild dem Gebäude aus Emblem IX sehr ähnlich ist. Es handelt sich hier auch um einen Rundbau, jedoch mit dem Unterschied, dass er in seinen architektonischen Elementen leicht abweicht (statt Pilaster/Wandpfeiler Blendsäulen; hinzugefügt wurde dem Gebäude außerdem ein rundförmiger Aufsatz). Das liebende Paar in diesem Gebäude versinnbildlicht die Conjunctio. Und genauso wie die Conjunctio zur Vollbringung des

229 Maier (zit.) 1617, Disc. IX. 230 Maier (zit.) 1617, Disc. IX. 231 Maier (zit.) 1617, Disc. IX. 68

Opus Magnum führt, so kann man Emblem IX mit seinem Früchte essenden Alten als eine Vorstufe dieser Vereinigung deuten.

Darauf hinzuweisen ist noch, dass das Glashaus eine starke Ähnlichkeit mit dem Diana- Tempel im Münchner Hofgarten (Abb. 33) hat. Bei diesem handelt es sich um einen Rundtempel der Renaissancezeit, welcher zwischen 1613-1617 im italienischen Stil von dem Architekten Heinrich Schön den Älteren erbaut wurde.232

EMBLEM X (Abb. 34)

Da ignem igni, Mercurium Mercurio, & sufficit tibi. („Gib Feuer zum Feuer, Mercurius zum Mercurius, und es ist dir genug.“)233

Ein bärtiger Mann hält ein brennendes Holzscheit in einen lodernden Ofen. Sein Blick ist davon abgewendet und auf die Merkur-/Hermesfigur gerichtet, die mit ihrer linken Hand seine rechte hält. Rechts im Vordergrund neben dem Feuer sitzt ebenso eine Hermesfigur, die mit den Attributen Caduceus, Flügelhelm und Sandalen gekennzeichnet ist.

Dem Motto zufolge solle das Feuer dem Feuer und Mercurius dem Mercurius gegeben werden, was auch in der Emblemdarstellung veranschaulicht wird. Durch diese Handlung werde das Feuer verstärkt und Mercurius größer gemacht. So spricht Maier im Diskurs:

„Ein jegliches erfreuet sich seines gleichen, und wird durch solches erhöhet und vergrössert […]“234

Es ist von zwei Feuern die Rede, vom äußeren, das simple, und vom inneren, welches wegen seiner feurigen Kraft, seiner Tugend und seiner Wirkung doppelten Verstand hätte. Für das Werk der Philosophen seien die beiden Feuer und Mercurius notwendig. Und obwohl das Element Feuer mit dem Element Wasser in Feindschaft läge, was „gar deutlich zu schauen“235, bestehe zwischen ihnen auch eine Freundschaft und Verbindung. Denn durch die Hilfe des Feuers werde Wasser zu Luft (beim Kochen), wobei ein solches Wasser zu hartem Stein gemacht werden könne. Von den Elementen bezeichnet Maier das Feuer und das Wasser als die ursprünglichsten, aus welchen wiederum die anderen entsprungen wären. Das Feuer als Form bewege und bereite das Wasser, welches von

232 , 22.09.2012 233 Maier (zit.) 1617, Lemma X. 234 Maier (zit.) 1617, Disc. X. 235 Maier (zit.) 1617, Disc. X. 69 himmlischer Natur sei und ein jedes Ding zur Eigenschaft hätte. Mercurius teile die Materie mit, und das Feuer oder der Schwefel die Form. Um beide zum Wirken zu bringen bedürfe es aber einer äußerlichen Hilfe. Schließlich könne ein Schmied ohne Hammer und Feuer nichts ausrichten, so wie die Philosophen nichts ohne Feuer und Wasser bereiten könnten.

„In Summa das Philosophische Kind muß durch Speise das Feuer ernehret werden, auff daß es wachsen könne und zunehme.“236

7.6.2.

EMBLEM XI (Abb. 35)

Dealbate Latonam & rumpite libros. („Machet weiß die Latona und zerreisset die Bücher.“)237

Eine Frau (Latona) sitzt in einer Landschaft nahe einem Fluss. Bei ihr stehen zwei Kinder, von dem das eine einen Kopf in Sonnenform hat, und das andere rechts, zu dem sich die Frau wendet, trägt eine Mondsichel auf dem Kopf. Hinter dem ´Sonnenkind´ steht ein Mann, der mit der rechten Hand Wasser oder irgendeine Flüssigkeit über den Kopf der Frau sprenkeln will. Rechts im Vordergrund hält ein Mann der Frau ein Buch entgegen, aus dem er Seiten reißt. Vor ihm am Boden liegen bereits etliche herausgerissene Seiten.

Bei der weiblichen Person in der Emblemdarstellung handelt es sich um die Titanin Latona (lat. Leto), die weiß zu waschen Maier im Motto auffordert. Die Kinder neben ihr personifizieren Sol und Luna, gleichzeitig sind sie als Apollo und Artemis zu deuten. Der mythologischen Erzählung zufolge wurden jene von Jupiter gezeugt und von Latona geboren. Bei der im Emblem dargestellten Figurenanordnung ist auffallend, dass sie stark an den Typus der ´Madonnendarstellung mit Heiligen´ erinnert. Zudem scheint das kompositorische Dreieck mit Latona, Sol und Luna vom Kupferstecher einer Vorlage Raffaels entnommen worden zu sein (Abb. 36).

Der Diskurs hat unter anderem die Frage nach der Sinnhaftigkeit des Bücherwissens zum Inhalt. Maier ist im Motto der Meinung, dass man die Bücher zerreissen solle. Gründe dazu werden im Diskurs behandelt. Durch die in den Schriften der Autoren enthaltenen

236 Maier (zit.) 1617, Disc. X. 237 Maier (zit.) 1617, Lemma XI. 70

„allegorischen (verblümte) Redens-Arten“ würde man mehr verwirrt, als dass man einen Nutzen daraus ziehen könnte. Es gäbe in den Büchern viele Redensarten, die selbst der Autor nicht verstehe, und die meisten „haben nur aus Mißgunst und andere zu verführen, die Feder fließen lassen“238 um den Suchenden aufzuhalten. Andererseits gibt Maier mit Aussagen, die er ebenso in anderen Emblemen macht, den deutlichen Hinweis auf die Wichtigkeit der Schriften. Es könne keine Praxis ohne Theorie bestehen.

„Ohne fleissiges Lesen der Authorum und beständiges meditiren wird nimmermehr was erhalten.“239

Das Lesen und die Naturuntersuchung schärfe den Verstand, was für die Arbeit wichtig sei. Darüberhinaus wäre es unmöglich „ohne Lesen das Philosophische Geheimnuß mit Frucht zu endigen.“240

Maier beschreibt das Waschen der Latona als „Emblematisches Sinnbild“. Die Bücher sollen zerrissen werden, damit die Herzen der Suchenden nicht zerrissen werden. Um zu erforschen, warum die Latona zu waschen sei, gehöre Mühe und Arbeit. Zur Figur der Latona meint Maier, sie bestehe aus den „unvollkommenen Cörper Solis und Lunae“241, und sie sei die Mutter von Apoll und Diana, oder, anderen Quellen zu urteilen, die Säugamme derer.

Latona, eine der zwölf ägyptischen Götter, wurde der Legende zufolge einst von den Ägyptern ein prächtiger Tempel gebaut. Dies geschah laut Maier aus „falschen Wahn“, denn „als vor Alters verschiedene verblümte Redens-Arten an die fremden Völcker gebraucht wurden, konten wenige der Egyptischen Priester diese ihre Meynung recht verstehen, […] und erdichteten sich falsche unbekandte Götter.“242 Jene Latona sei grob, schwarz und wäre mit vielen Flecken in ihrem Gesicht besudelt. Diese Schwärze der Latona verweist auf die Materia prima (Abb. 37).

Laut Maier solle Latona von den Flecken gereinigt werden. Einige wollten zwar ihre Haut mit Schminke bestreichen, aber die Weisen würden keine Schminke achten und lehrten, dass „der Latonae Angesicht und Haut durchdringend mög gewaschen werde.“243 Auf die Frage hin, wie dies zu vollbringen sei, ist Maier überzeugt, dass man zuerst die Latona

238 Maier (zit.) 1617, Disc. XI. 239 Maier (zit.) 1617, Disc. XI. 240 Maier (zit.) 1617, Disc. XI. 241 Maier (zit.) 1617, Disc. XI. 242 Maier (zit.) 1617, Disc. XI. 243 Maier (zit.) 1617, Disc. XI. 71 suchen solle und sie dann erkennen möge. Wenn ihre Herkunft ein schlechter Ort wäre, müsse sie durch die Sublimation erhöht werden, und wenn jene von einem höheren Ort wäre, so müsse sie erniedrigt werden („und in den Mist vergraben werden“). Für Maier liegt das Ziel darin, die Latona zum ´weißen Blei´ zu machen.

Bei dem von Maier angesprochenen, alchemischen Prozess der Sublimation verdampft ein fester Körper, wobei der Dampf kondensiert, ohne dass der Stoff dabei schmilzt.244

Einerseits wurde ´Lato´ als Bezeichnung für Messing und andere Kupferlegierungen gebraucht, andererseits diente sie in der alchemischen Literatur als Deckname für die Materie nach der Phase der Verwesung (Putrefactio). Jene ereilte Latona, als sie von Jupiter geschwängert wurde („dem ersten Silberstreif am Nachthimmel der Nigredo“245) und dann ins Trockene kam. Nach der Reinigung durch Feuer, Azoth oder Natronsalz, würden Diana und Apollo (Luna und Sol) auf die Welt gebracht werden.246

Das Emblem mit der Reinigung der Latona verkörpert die Phase der Weißung (Albedo). Jene (Abb. 17) folgt nach derjenigen der Nigredo (Schwärze), bei der der Tod der Materie eingeleitet wird und eine Neuzusammensetzung stattfindet. Die Albedo kann aber auch auf diejenige Phase folgen, die als ´Pfauenschweif´ (cauda pavonis) bezeichnet wird und von einer Vielheit der Farben gekennzeichnet ist. Dabei „hat der Alchemist einen Stein von minderer Qualität in der Hand, der in der Lage ist, unedle Metalle in Silber zu transmutieren.“247

Die Weißung wird durch die Göttin Diana, die wiederum für Luna und das Metall Silber steht, symbolisiert. Laut Maier war Diana diejenige, welche vor Apoll (Gold) ans Licht trat. Somit ist Diana im Zusammenhang mit dem ersten Abschluss des großen Werkes zu sehen.

„Nach der Reinigung durch Feuer und Wasser wird er zur Weißung (Diana) gebracht.“248

244 Priesner/Figala 1998, 53. 245 Maier (zit.) 1617, Disc. XI 246 Roob 2006, 414. 247 Priesner/Figala (zit. n.) 1998, 132. 248 Roob (zit. n.) 2006, 311. 72

EMBLEM XII (Abb. 38)

Lapis, quem Saturnus, pro Jove filio devoratum, evomuit, Pro monumento in Helicone mortalibus est positus. („Der Stein, welchen Saturn vor Jupiter seinen Sohn gefressen, ausgespeiet, ist den zur Menschen Gedächtnis auf den Berg Helicon gesetzt.“)249

Dargestellt wird eine Landschaft mit einem Berg, worüber eine große Gestalt fliegt, die Attribute des Chronos oder Saturn aufweist. In seiner ausgestreckten rechten Hand hält er eine Sense, und aus seinem Mund speit er einen Felsen. Am Fusse des Berges befindet sich eine kleine Kapelle.

Wie aus dem Motto zu entnehmen ist, handelt es sich bei der im Emblem dargestellten Figur um Saturn, der den Stein über den Berg Helicon, dem ´Musen Sitz´ ausspeit.

Am Anfang des Diskurses gibt Maier eine kurze Beschreibung, was es mit Saturn auf sich hat. Die Astronomen redeten von ihm als Planeten am Himmel, die Alchemisten („Anfänger der Chymie“) hießen ihn das „Bley als das niedrigste Metall“250, und die Poeten hätten ihn für Jupiters Vater und für den Sohn des Himmelsgottes (Uranos) gehalten. Doch keiner hätte beschrieben, wieso Saturn vor Jupiter die Kinder gefressen, wieso er den Stein verschlungen und ihn wieder ausgespien, wieso er der Erfinder der Wahrheit genannt, wieso er Sensen und Schlangen führe, und wieso er schwarz sei und einen Stelz-Fuß habe.

Bei Saturn (Abb. 39) handelt es sich um einen altitalischen Ackergott. Er wurde mit dem griechischen Kronos (´Zeit´) gleichgesetzt und war derjenige, der den Menschen als Urkönig im Goldenen Zeitalter die Landwirtschaft beibrachte. Seine Kinder verschlang er aus Angst einst von jenen übertroffen zu werden. Gaia und Rhea setzten ihm allerdings einen Stein in Windeln vor und retteten somit das jüngste Kind Zeus. Als dieser erwachsen war, befreite er seine Geschwister indem er Kronos ein Brechmittel gab, welches jene mitsamt dem Stein wieder hervorbrachte. Der Stein wurde daraufhin auf den ´Mittelpunkt der Welt´ in Delphi gesetzt. 251

In der Alchemie entspricht Saturn dem Blei, welches Finsternis und Tod symbolisiert. Er wurde aufgrund seiner Schwere mit diesem Metall in Verbindung gebracht, denn Saturn

249 Maier (zit.) 1617, Lemma XII. 250 Maier (zit.) 1617, Disc. XII. 251 Hofmeier 2007, 252. 73 galt damals als äußerster Planet langsam und träge.252 Das Verschlingen der Kinder steht psychologisch gesehen für das Wiedereingehen der Seele in die gestaltlose Urmaterie, der Materia prima.253 Außerdem wird die erste Phase des Werkes, die Nigredo mit ihm assoziiert. In diesem Zusammenhang zitiert Maier die Turba Philosophorum (wahrscheinlich vor dem 12. Jahrhundert entstanden):

„Wann die Materia anfähet schwartz zu werden, so freue dich, dann du hast den Anfang deines Wercks gemachet. Und wann es in die Schwätze tritt, so halt dafür, daß der Schlüssel zu der Arbeit bereit ist, dann es ist nichts ohne Schwärtze.“254

Saturn wird ebenfalls mit Osiris, dem schwarzen, toten und zerstückelten Gott, in Verbindung gebracht. Als Antipode zur Sonne wird er daher dem vollkommenen Gold als Symbol der Materia prima gegenübergestellt.255

EMBLEM XIII (Abb. 40)

Aes Philosophorum hydropicum est, & vult lavari septies in fluvio, ut Naaman leprosus in Jordane. („Das Erz der Weisen ist wassersüchtig und will gebadet sein siebenmal im Fluss wie der aussätzige Naaman im Jordan.“)256

Ein nackter Mann, wahrscheinlich kurz vor dem Baden, sitzt am Ufer eines Flusses. Im Hintergrund wird eine Stadtlandschaft wiedergegeben.

Bei der im Emblem dargestellten männlichen Figur handelt es sich um den Syrer Naaman, der in der biblischen Erzählung (2. Kön. 5) Feldherr des Königs Aram war. Als dieser vom Aussatz befallen wurde, badete er auf den Rat des Propheten Elischa siebenmal im Jordan, woraufhin er geheilt wurde. Maier benutzt die biblische Figur als Metapher für das ´Philosophische Erz´, das wassersüchtig sei und ebenso wie Naaman der Reinigung bedürfe. Im Diskurs erklärt Maier, dass der Aussatz mit keiner äußerlichen Reinigung und „noch weniger durch kalte Wasser des Jordans“257 geheilt werden könne, was deutlich macht, dass es sich um eine bloße Metapher handelt. Das Philosophische Erz (Stein der Weisen) wiederum werde durch das Waschen vom Unflat gesäubert und vom Aussatz

252 Priesner/Figala 1998, 82. 253 Battistini 2005, 284. 254 Maier (zit. n.) 1617, Disc. XII. 255 Priesner/Figala 1998, 81. 256 Maier (zit.) 1617, Lemma XIII. 257 Maier (zit.) 1617, Disc. XIII. 74 befreit. In der Natur könne die Tinktur bereitet werden, wenn die Künstler-Hand alles regiere. Des weiteren führt Maier im Diskurs an, dass die menschliche Geburt, genauso wie die Bereitung des Philosophischen Steins („etwas Übernatürliches“) ein großes Wunder sei, und laut Rosarius sei der Stein eine Luft, die äußerlich flüchtig und in ihrem Wesen kalt und feucht ist. In seinem Verborgenen, das heißt in seinem Inneren, sei der Stein aber heiß und trocken.

„Die Feurigkeit so darinnen verborgen ist, ist das warm und trockne Gold, das allerreinste Oehl, und das allerdurchdringenste der Cörper: es ist ohne alle Flüchtigkeit, dann allein heiß und trockne tingiret in der Alchymie.“ (Rosarius, Rosarium Philosophorum)258

Maier meint, dass das Feuer die Feuchtigkeit verzehren müsse, doch müsse man aufpassen, dass seine Hitze gemäßigt ist. Er stellt dem Leser die Frage, wie ein Wasser von einem Wasser befreit werden könnte. Es gäbe heiße und trockene Bäder, in denen man die Philosophische Abwaschung vornehmen müsse. Zitiert wird an dieser Stelle ein Spruch der Philosophen („Wasche mit dem Feuer, und verbrenne mit dem Wasser.“259), der deutlich machen soll, wie Maier erklärt, dass Feuer und Wasser von ihrer Wirkung her gleich seien. Mit beiden könne das Erz der Philosophen abgewaschen werden, damit es von überflüssiger Feuchtigkeit gereinigt wird. Maier zählt das Schwitzen im Ofen, das Hineinlegen in Mist und die Bäder zu den Methoden um Kranke (Wassersüchtige) zu heilen. In all jenen Behandlungen gäbe es eine Wärme, die den Überfluss der Feuchtigkeit verzehre. „Die äussere Wärme weckt die innere auff, das ist, es erwecket seinen Lebens- Geist, […].“260 Dies geschehe, wenn der Kranke sozusagen eine Kur macht, die sorgfältig gemacht werden müsse. Dagegen taugten harntreibende Arzneien nichts, und die Methoden, bei denen der Mensch durch Wärme schwitzt, sind für Maier die wahren Heilmittel. „Die Natur pfleget durch die Schweißlöcher alles Dick und Zehe von sich selbsten auszustossen […]“261

Vom kunsthistorischen Kontext heraus betrachtet ist die bildliche Darstellung des Emblems mit der Pose des Naaman und seiner weiblichen Körperbeschaffenheit sehr auffällig. Man könnte fast meinen, der Kupferstecher habe sich die Mutterfigur aus dem Tempesta-Gemälde Giorgiones (Abb. 41) zum Vorbild genommen. Interessant ist, dass unter den vielen Deutungsmöglichkeiten jenes Bildes in der Forschung auch eine

258 Maier 1617 (zit. n.), Disc. XIII. 259 Maier 1617 (zit. n.), Disc. XIII. 260 Maier (zit.) 1617, Disc. XIII. 261 Maier (zit.) 1617, Disc. XIII. 75 alchemische existiert (Settis, Salvatore, Giorgiones „Gewitter“. Auftraggeber und verborgenes Sujet eines Bildes in der Renaissance, Berlin 1982).

EMBLEM XIV (Abb. 42)

Hic est Draco caudam suam devorans. („Dies ist der Drache, welcher seinen eigenen Schwanz frißt.“)262

In einer Ruinenlandschaft windet sich eine drachenähnliche Schlange am Boden zu einem , der seinen eigenen Schwanz frisst.

In diesem Emblem wird das Symbol des ´Ouroboros´ (griech.; „Selbstverzehrer“; ourá = „Schwanz“, bóros = „verzehrend“), einer Schlange die sich in den eigenen Schwanz beißt, dargestellt. Es ist eines der ältesten hermetischen Hieroglyphen (Abb. 43) und symbolisiert die Ganzheit der Stoffe, die Einheit der Materie, den Kreislauf von Sterben und Wiedergeburt.263 Der Ouroboros hat Ähnlichkeit mit dem babylonischen Himmelsdrachen oder mit dem Leviathan des Alten Testaments.264

Schon Platon beschrieb in seinem Dialog Timaios (360 vor Christus), welcher kosmologische, naturphilosophische und mathematische Fragen behandelte, ein schlangenähnliches Wesen, das einen in sich geschlossenen Kreis bildet.265 Und von der gnostischen Sekte der Naassener (hebräisch naas = „Schlange“), auch Ophiten (griech. ophs = „Schlange“) genannt, ist bekannt, dass sie das Symbol verehrten, weil es alle kosmischen Kreisläufe symbolisierte.266

Für die Alchemisten ist das Ouroboros-Symbol (Abb. 44, Abb. 45, Abb. 46), welches bereits in der Ikonographie des Alten Ägyptens vorkam, Abbild des Mikro- und Makrokosmos, und, so wie es für die zyklischen Prozesse des Universums steht, so ist es auch Symbol für den zyklischen Prozess, den der Alchemist durch seine Arbeit, die Wandlungsprozesse der Materie, selbst in Gang bringt. Wie Maier andeutet, sei im

262 Maier (zit.) 1617, Lemma XIV. 263 De Rola 1996, 99. 264 Priesner/Figala 1998, 353. 265 Platon, Timaios 33. 266 Priesner/Figala 1998, 153. 76

Ouoboros Saturn verborgen, der seine eigenen Kinder frisst (Discurs XXV). Saturn als Herrscher des Zeitmaßes unterstand den Prozessen der Zyklik des Universums.267

Im Diskurs zum Emblem XIV schreibt Maier, dass die Alten unter dem Ouroboros-Ring sowohl „des Jahres Wechsel und Wiederkehr verstanden“268 hätten, als auch den Anfang des Werks, in dem der giftige feuchte Drachenschwanz aufgezehrt wird. Wenn dieser Drache sich wie die Schlange vollständig gehäutet hätte, dann sei aus seinem Gift die höchste Medizin auferstanden.

In der bildlichen Darstellung des Emblems trägt der Ouroboros drachenähnliche Züge und ist nicht rein als Schlange erkennbar. Vorneweg ist zu erwähnen, dass der Drache in der Bildfolge der Atalanta fugiens mehrmals in Erscheinung tritt (Emblem XXV, Emblem XL), jener aber einzig allein in diesem Emblem die Gestalt des Ouroboros annimmt.

Zu Beginn des Diskurses schreibt Maier über die Arten der Schlange, und erzählt, wo jene gefunden wurden. Aus der Sicht der ´Alten´ wäre aus einer Schlange, die eine andere gefressen hatte, ein Drache entsprungen, und über jenen sagt Maier, dass die Philosophen ihre Schätze (Bsp. Goldene Vlies, Goldene Äpfel im Garten der Hesperiden) von seiner Art bewachen ließen. Außerdem stehe der Drache für symbolische Personen wie Cadmo, Saturn, Äskulap oder Merkur.

Das Metall mit dem Maier den Ouroboros in Verbindung bringt ist das des Quecksilbers:

„Nicht ohne Ursach vergleichen die alten Philosophi das Quecksilber einer Schlangen […], weil es gleichsam einen Schwanz nach sich ziehet und seines Gewichts nach bald da, bald dorthin läuft.“269

Das Quecksilber wird mit Mercurius gleichgesetzt, und Maier ist sich sicher, dass jener „seinem kriechen“ nach den Schlangen gleiche, „ja er führet ob Haupt und Füssen Flügel.“270 Und an einer anderen Stelle im Diskurs schreibt Maier über Mercurius, dass er durch seinen „zwey beschlangten Wander-Staab Mann und Weib uns vorstellet, […]“271

Am Ende des Diskurses schreibt Maier, der Drache, den er hier beschrieben habe, würde sich, nachdem er seinen Schwanz gefressen und sich gehäutet hätte, verjüngen.

267 Bachmann/Hofmeier 1999, 73. 268 Maier (zit.) 1617, Disc. XIV. 269 Maier (zit.) 1617, Disc. XIV. 270 Maier (zit.) 1617, Disc. XIV. 271 Maier (zit.) 1617, Disc. XIV. 77

„Wann aber der Mensch veraltet so bekommet ihn die Erde, doch gehet er von solcher neugebohren wieder vor, und erlanget die Ewigkeit.“272

EMBLEM XV (Abb. 47)

Opus figuli, consistens in sicco & humido, te doceat. („Des Töpfers Werk, so besteht im Trockenen und Feuchten, soll dich lehren.“)273

Ein Töpfer in seinem Arbeitsraum auf einem Schemel sitzend formt ein Gefäß.

Das Emblem hat das Gleichnis des Töpfers, dessen Arbeit aus Feuchtigkeit und Trockenheit besteht, zum Inhalt. Wasser und Luft sind für Maier in Freundschaft verbunden, denn das Wasser gibt der Erde Feuchtigkeit (d.h. Fruchtbarkeit). Der Töpfer mischt zuerst den Ton mit Wasser, und nachdem er ihn bearbeitet hat, wird er an die warme Luft zum Trocknen gegeben. Zum Schluss wird der Ton im Ofen gebrannt, wodurch er hart und feuerfest wird. Die Arbeit des Töpfers ist dem Alchemisten ein Gleichnis und Maier schreibt, die weisen Philosophen würden ihre Arbeit tun wie ein Töpfer den Ton. Er vergleicht die beiden Arbeiten, doch im Unterschied zu der Philosophen´ Arbeit gelänge die des Töpfers nicht allein durch die Natur, weswegen ihr nicht den Vorzug zu geben wäre. Außerdem könne die Arbeit der Philosophen vollkommen vom „Lufft-Himmel“ durchstrahlt werden, wogegen der Ton eine grobe Erde blieb. Die Gemeinsamkeit bestünde letztlich darin, dass überall ein Stein gemacht wird.

In einem Satz des Diskurses macht Maier seine Stellung zur Magie deutlich, wenn er Folgendes schreibt:

„Die zauberische Magia führet keine Gemeinschafft mit dieser Göttlichen Arbeit, sondern ist also weit von ihr entfernet, als der Himmel von der Erden.“274

Dies erwähnt Maier nach einer kurzen Erzählung von jemandem, der Kies in Gold und Silber verwandeln wollte. Man könne, so Maier indirekt, nichts was unmöglich ist, möglich machen. Denn jemand, der beispielsweise ein Edelgestein geschmeidig machen wollte, müsse sich fragen, ob dies naturgemäß möglich sei.

272 Maier (zit.) 1617, Disc. XIV. 273 Maier (zit.) 1617, Lemma XV. 274 Maier (zit.) 1617, Disc. XV. 78

„Viele Sachen haben die alten Philosophi verblümt geschrieben, welches auch der Geber bejahet.“275

Maier betont hier, wie in etlichen anderen Emblemen auch, dass vieles Geschriebene der Alten Philosophen bloße Allegorie sei, und durch die Gleichnisse hätten sie hin und wieder „wahre Entdeckung gethan“. Von der Magie grenzt er sich eindeutig ab.

Im metallischen Reich, im Gegensatz zum Pflanzen- und Tierreich, käme es durch keinen Samen zur Vermehrung. Dort seien nämlich die Teile nicht homogenisch und einstimmig, bestehend aus Sulfur und Mercurius, sondern heterogenisch oder abstammend. Im Reich der Metalle gäbe es kein Behältnis des Samens, und die Vermehrung und Ausbreitung, sobald sie gespeist werden, fände im Tier- und Pflanzenreich auf allen Seiten statt. Allerdings sei in der Erde ein gleichförmiger Gold-Same verborgen, und das Gold sowie dessen goldene Natur in anderen Dingen seien gleichen Ursprungs.

Das Emblem des Töpfers zählt wie einige andere der Atalanta (Emblem III, Emblem VI, Emblem XVI) zu denjenigen, die eine alltägliche Arbeit des Menschen zum Inhalt haben. Solche Bilder der Arbeit sind Metaphern für die alchemische Herstellung des Großen Werks.

Interessanterweise gibt es eine Stelle in Platons Timaios (50e), wo er die Schaffung der Materie mit einem Bildhauer vergleicht, der den Ton modelliert. Es geht dabei um den Demiurgen, der die Welt entstehen lässt. Vielleicht hatte Maier bei der Planung des Emblems dieses im Sinne. Der Töpfer wird in seiner alltäglichen Arbeitssituation zur Metapher des Alchemisten, der das Opus Magnum vollbringt.

EMBLEM XVI (Abb. 48)

Hic leo, quas plumas non habet, alter habet. („Dieser Löwe keine Federn, aber jener hat.“)276

Im Vordergrund einer Ruinenlandschaft attackiert ein Löwe mit den Klauen seiner Vorderpfoten einen anderen, der geflügelt ist.

275 Maier (zit.) 1617, Disc. XV. 276 Maier (zit.) 1617, Lemma XVI. 79

Am Anfang des Diskurses spricht Maier von der Natur des Löwen, einem Tier „davon auch die Weisen so viel verblümte Reden geführet, und es ihrem Werck verglichen.“277 Bekannt wäre seine Tapferkeit, sein feuriges Temperament (seine Natur wäre von der Eigenschaft der Sonne), und des Weiteren spricht Maier von der Beständigkeit des Löwen, die er in Zusammenhang mit der beständigen Arbeit des Alchemisten sieht. Der Löwin Ehebruch mit einem Panther sei wiederum den unerfahrenen Laboranten gleich, die ein falsches Werk tun.

Im Kupferstich wird die Löwin mit und der Löwe ohne Flügeln dargestellt, womit die Löwin als ´das Flüchtige´ und der Löwe als ´das Fixe´ gekennzeichnet wird. Die ´Philosophische Löwin´ solle einem eigenen Löwen zugeführt werden, damit sie rechte Jungen brächte. Wenn sie in Streit mit diesem geriete, würde sie in seinem Herzen ein Liebes-Feuer erwecken, sodass ein „festes unvertrennliches Freundschaffts-Band“278 entstehe. Maier erklärt die Existenz der Flügeln der Löwin aus einer mythologischen Geschichte heraus: In Boetia nahe dem Berg Cythaeron liege ein Tal, wo alle Löwen geflügelt seien. Auf dessen Spitze lebe ein sich rötender Löwe, den man fangen und der rechten Löwin zuführen solle, damit sie sich vereinigten. Nachdem dies geschehen, so Maier, „sublimiere beyde aus dem Thal auff des Berges Spitzen, so werden sie beyde nimmermehr von einander getrennet oder geschieden werden können.“279 Die beiden Naturen (Sulfur und Mercurius) sollten also so lange sublimiert werden, bis sie unzertrennlich sind. Dabei steht in der Alchemie Mercurius für das Flüchtige (geflügelte Löwin) und Sulfur für das Fixe (Löwe ohne Flügel).

Die Hauptaussage des Emblems, das Flüchtige müsse verfestigt werden und das Feste verflüchtigt, gleicht derjenigen im Emblem VII. Denn mit den Vögeln, von denen einer aus dem Nest fliegt und der zweite darin verbleibt, hat es die gleiche Bedeutung. Es geht um das weibliche (Mercurius, passive Materie) und das männliche Prinzip (Sulfur, aktive Agens), welche nach Vereinigung das vollkommenste aller Metalle, das Gold, hervorbringen.280

In der alchemischen Literatur ist oft vom ´grünen´ und ´roten Löwen´ die Rede. Was es mit diesen Bezeichnungen auf sich hat, soll im Emblem XXXVII, das eine weitere Darstellung eines Löwen zeigt, und wo Maier explizit vom ´grünen Löwen´ spricht, behandelt werden.

277 Maier (zit.) 1617, Disc. XVI. 278 Maier (zit.) 1617, Disc. XVI. 279 Maier (zit.) 1617, Disc. XVI. 280 Priesner/Figala 1998, 298. 80

EMBLEM XVII (Abb. 49)

Orbita quadruplex hoc regit ignis opus. („Eine vierfältige Feuerkugel regiert dieses Werk.“)281

In der Mitte des Bildes befindet sich eine vertikale Linie, die aus vier Kugeln gebildet wird. Deren Inhalt besteht aus einer feuerähnlichen Struktur. Im Hintergrund wird eine Fluss- oder Teichlandschaft mit zwei kleinen von Menschen besetzten Booten gezeigt. Am Ufer links zeichnen sich Häuser ab.

In diesem Emblem geht es um das feurige Element und die vier Arten des Feuers, die als Kugeln im Emblem dargestellt werden. Die erste (unterste) Kugel, wie Maier im Epigramm erläutert, wäre die Sphäre des Gottes Vulkan, die zweite die des Merkurs, die dritte die des Mondes und die vierte (oberste) die der Sonne. Die dargestellte vertikale Linie von Kugeln beschreibt Maier hier als Kette, die die Hände des Alchemisten leiten solle.

Im Diskurs zitiert Maier Autoren der Spagyrischen Kunst (Raimundus Lullius (1232- 1315/16); George Ripley (1415-1490), Compound of Alchemy/ Twelve Gates), die von den Arten des Feuers geschrieben haben. Ripley beispielsweise schreibe, dass es ein natürliches, ein unnatürliches, eines gegen die Natur streitende und ein elementarisches Feuer gebe. Das Natürliche liege in allen Dingen innerlich verborgen, das Unnatürliche wäre das zufällige (Bsp. Asche), das gegen die Natur Streitende quäle Körper und brenne wie der Drache, und das Elementarische verzehre Holz.

Das Feuer hätte jeweils eine feurige Kraft, einmal koche es natürlich, dann „solvire es ohnnatürlich“282, dann zerstöre es und gebe elementarischer Weise die Wärme. Dadurch, dass die verschiedenen Arten der Feuer wie eine Kette aneinandergefügt sind, wirke jedes durch die anderen hindurch.

„Diese vier Feuer werden in ihren Sphaeris und Welt-Kugeln gleichsam als verschlossen gehalten, welche uns zum Vorbild stellen, daß ein jegliches sein besonderes Centrum führe, in welchem seine selbst eigene Bewegung zu sehen, die zum Theil aus der Natur, zum Theil aber aus der Kunst entspringen, und mag keines

281 Maier (zit.) 1617, Lemma XVII. 282 Maier (zit.) 1617, Disc. XVII. 81

ohne das andere etwas nützliches vollbringen. Eines wirckt ins andere vor und gegen sich.“283

EMBLEM XVIII (Abb. 50)

Ignire ignis amat, non aurificare, sed aurum: („Das Feuer macht feurig, nicht gülden, sondern das Gold:“)284

In einem Innenraum hält mit der rechten Hand ein Mann mit Mütze ein Scheit in eine offene Feuerstelle. Mit seiner Linken scheint er in Richtung eines Korbs oder Behälters zu greifen, der auf einem Baumstumpf steht. Darin befinden sich kleine runde Formen, die Münzen ähneln. Hinter dem Mann kratzt sich ein Hund, und rechts im Hintergrund sieht man durch eine Türöffnung ins Freie einen Teil einer Kathedrale. Davor ist ein Mensch auf dem Weg.

Im Diskurs macht Maier die Eigenschaft des Feuers deutlich. Es mache warm und brenne und verbrenne alles was zerstörbar ist. Maier zitiert Avicenna: „Was in die Saltz-Gruben fället wird Saltz, wo was ins Feuer kommt wird zu Feuer; […]“285 Im Zusammenhang mit dem Feuer behandelt Maier das Phänomen der Sonne, welche eine „groß ausgedehnt- und ausgeworffene Flamme seye […]“286 Wenn jene durch das Material Glas strahle, leuchte sie wie eine Feuers-Flamme und verbrenne alles was in ihren Fokus komme. Dieselben „Krafft-Strahlen“ würden aus den Elementarischen Körpern gehen. Avicenna meine, dass aus Wasser Erde, wenn es die Kraft der Erde überwinde, und aus Erde wieder Wasser entstünde.

Maier benennt das aus zwei Wassern Zusammengesetzte „Jungfern Milch“ (Lac virginis). Die Jungfrauenmilch ist Synonym für den Mercurius philosophorum, das heißt, für das Quecksilber.287 Das Motiv des Säugens der Milch taucht bereits in der Aurora consurgens (Abb. 51) auf, und in Maiers Emblemfolge der Atalanta fugiens findet man es weitere Male (vgl. Emblem II, Emblem V, Emblem XXXV).

Im Pflanzen- und Tierreich finde die natürliche Vermehrung statt, nicht aber so bei den Metallen und Mineralien. Nach Aufzählung der sieben Metalle (Gold, Silber, Blei, Zinn,

283 Maier (zit.) 1617, Disc. XVII. 284 Maier (zit.) 1617, Lemma XVIII. 285 Maier (zit.) 1617, Disc. XVIII. 286 Maier (zit.) 1617, Disc. XVIII. 287 Priesner/Figala 1998, 186. 82

Eisen, Kupfer, Quecksilber) meint Maier, dass sie sich keinesfalls auf solche Art vermehren würden. Allerdings liege im Feuer der Ursprung zum Heizen und im Gold die Kraft zu „übergülden“. Bei der Suche nach der Tinktur müsse darauf geachtet werden, woher das Gold genommen wird, das heißt, „worinnen es gewachsen“. Am Ende der Arbeit der Weisen benötigten sie ein Ferment, ohne welche keine Tinktur erlangt werde.

EMBLEM XIX (Abb. 52)

Side quattuor unum occidas, subitò mortuus omnis erit. („So du von vieren einen tötest, bald werden sie sterben all.“)288

Vier Männer links im Bild attackieren einen Mann, der mit einer Keule ausgeholt hat und im Begriff ist sich zu verteidigen. Die Angreifer sind nackt und ihre ´Waffen´ sind aus ihren Händen strömende Gebilde, die jeweils einem Element zugeschrieben werden können. Im Hintergrund ist wieder eine Stadtlandschaft mit Fluss dargestellt.

Die vier nackten Figuren verkörpern die vier Elemente. Laut Motto und Epigramm wären sie in Freundschaft miteinander verbunden, sie seien wie Brüder, und, wenn einer von ihnen sterbe, so würden auch die anderen zugrunde gehen.

Den Diskurs beginnt Maier mit einer mythologischen Geschichte über Geryon, einem dreileibigen und dreiköpfigen Ungeheur, dessen Viehherden vom Hirten Eurythion mit seinem zweiköpfigen Hund Orthos bewacht wurden.289 Maier betont, dass in keiner Geschichte dies für wahr gehalten wurde, doch allein „denen Chymisten und Natur- Kündigern“290 wäre es als Gleichnis zu verstehen. So sollen die drei Köpfe und die drei Leiber des Geryon „an einem Vatter“ gesehen werden, oder anders ausgedrückt, es sollten darin die vier Elemente zu sehen sein. Maier erwähnt das Phänomen des Siamesischen Zwillings („zwey Cörperische Geburten“) und legt dar, dass, wenn der eine Körper absterbe, auch der andere mit absterbe. So wäre dies auch bei den vier Elementen/ Brüdern zu beobachten. Sie würden sterben, „weilen sie in einer Geburt von einer Mutter und Vatter stammen, und ein Lebens-Ziel von der Sternen Einfluß angezogen.“291 Noch dazu hätten sie zusammen nicht allein ein Gemüt, sondern auch einen Körper. Wenn bei der

288 Maier (zit.) 1617, Lemma XIX. 289 Hofmeier 2007, 337. 290 Maier (zit.) 1617, Disc. XIX. 291 Maier (zit.) 1617, Disc. XIX. 83

Philosophischen Arbeit der eine Bruder entseelt worden wäre, so würden die anderen vor Traurigkeit sterben. Und wenn ein Bruder geschlagen werde, würden sich die anderen gegen den Angreifer erheben. Würde man zum Beispiel das Luftige verletzten, so würden sich Wasser und Feuer erheben.

Gegen Ende des Diskurses meint Maier, man müsse das Lebendige töten, damit der Tote wieder erweckt werde. Wenn dies geschehe, so würde der Tod gar fliehen, selbst die Finsternis und das Meer würden ´nach Hermes´ weichen. Der Sohn würde wieder leben und der König trete aus dem Feuer.

EMBLEM XX (Abb. 53)

Naturam natura docet, debellet ut ignem. („Die Natur lehrt die Natur das Feuer zu überwinden.“)292

Ein Ritter den Schild mit seiner linken erhobenen Hand schützend vor seinen behelmten Kopf haltend und in seiner Rechten ein Schwert vor sich gerichtet, schreitet auf ein großes Feuer zu. Direkt hinter ihm reißt eine nackte Frau, wahrscheinlich um sich vor dem Feuer zu schützen, ihre linke Hand empor. Mit ihrer Rechten ist sie im Begriff, den Ritter am Rücken zu fassen.

Der Ritter wird in diesem Emblem als tapferer Held ohne jegliche Furcht vor dem Feuer dargestellt. Für Maier ist es ein „Axioma oder Symbolom der Philosophen“293, dass die Natur die Natur unterrichte, das heißt, dass eine Natur die andere unterrichte, regiere und unterweise. Das eine lerne also vom anderen, wie zum Beispiel die Nachtigall, die laut Plinius ihre Nachkommen im Gesang unterrichte, oder die Vögel, denen das Fliegen von ihrer Art beigebracht wird. Es gäbe kein Tier, das nicht seine Jungen unterrichte. Im Pflanzenreich wäre das nicht der Fall, jedoch könne der Mensch hier etwas verrichten, indem er Unkraut jäte oder den Baum in jungem Alter biege.

Dann spricht Maier von den Metallen, die im Feuer ernährt und beschützt werden. Der Gewalt des Feuers zu begegnen sei diesen Körpern dienlich. Maier verweist hier auf Morienus Romanus (Liber de compositione alchemiae/ De transfiguratione metallorum, 13. Jahrhundert). Ihm zufolge ist das Feuer Allegorie für die Lehrerin, die ihre Schule

292 Maier (zit.) 1617, Lemma XX. 293 Maier (zit.) 1617, Disc. XX. 84 führt, Königin, die ihre Untertanen beherrscht und Tochter, die durch ihre Tugenden die Mutter erhebt. Das Feuer wird, wie schon im Epigramm geschrieben steht, mit dem Drachen assoziiert, der alles verzehrt. Und so kann man im Emblem dargestellten Ritter den Helden sehen, der die Jungfer vor jenem rettet. Dieses Bild wird von Maier als Sinnbild zu mehreren mythologischen Geschichten in Bezug gesetzt (Pyrrhus und Bea, Herkules und Hesione, Perseus und Andromeda). Wenn ein Ding seine wahre Vollkommenheit erreichen solle, so müsse „der erfordernden Natur nach“ aus dem unvollkommenen ein vollkommenes Ding bereitet werden. Dies geschehe nach und nach und auch nicht von alleine. Das Unvollkommene brauche „seinen Regenten“ (Ritter), „dem Todt und Leben in die Hand gegeben ist, das ist, der ein anderes zu würcken Gewalt hat, bey sich.“294 Der dargestellte Ritter symbolisiert somit die aktive Kraft, die die passive (Jungfrau) notwendigerweise führt.

Zum Schluss des Diskurses macht Maier einen Vergleich: Der Regent sei wie das Herz im Körper des jungen Menschen. Es wachse zuerst und sei das „allervornehmste Stück des gantzen inneren Leibes […]“ Es bilde, forme und vollbringe alles andere. Die eine Natur lehre also die andere, womit das Emblem für Maier ein Beispiel zur „Verfertigung des Philosophischen Werckes“295 darstellt.

Die gesamte Szene des Emblems hat einen expressiven Charakter, was man an der dramatischen Bewegung der Jungfrau und an den Rauchschwaden des Feuers erkennen kann.

7.6.3.

EMBLEM XXI (Abb. 54)

Fac ex mare & foemina circulum, inde quadrangulum, hinc trian gulum, fac circulum & habebis lap. Philosophorum. („Mache von Mann und Weib einen Zirkel, daraus ein Quadrangel, hieraus ein Triangel, mache ein Zirkel, und du wirst haben den Stein der Weisen.“)296

Mit einem großen Zirkel zeichnet ein im Bild links wiedergegebener Mann (Philosoph oder Mathematiker) geometrische Muster in eine Wand. Die bereits bestehende Form wird

294 Maier (zit.) 1617, Disc. XX. 295 Maier (zit.) 1617, Disc. XX. 296 Maier (zit.) 1617, Lemma XXI. 85 aus einem großen Kreis gebildet. Darin befindet sich ein Dreieck, das mit der Spitze nicht die oberste Linie des Kreises erreicht. Dem Dreieck eingeschrieben ist ein Quadrat mit Kreis, worin links ein nackter Mann und rechts eine nackte Frau stehen. Am Boden neben dem Zeichner liegen ein Winkelmesser, ein Zeichenwinkel und eine weiße Tafel mit geometrischen Mustern (u. a. mit Pentagramm).

Der im Bild dargestellte Adept mit Zirkel erinnert nicht zufällig an die Darstellungen eines Demiurgen (Abb. 55), welche in der alchemischen Literatur öfters zu finden sind. Der Alchemist als weltschaffender Demiurg findet zum Beispiel bereits im arabischen Corpus Geberianum (8.-10. Jahrhundert) Erwähnung.297

Der Begriff des Demiurgen kommt aus dem Griechischen und bedeutete nichts anderes als ´Künstler´ oder ´Werk/Baumeister´. Bei Platon, den Maier neben Aristoteles in dem Diskurs zum Emblem XXI nennt, spielte jener in seinem Weltschöpfungsmythos Timaios eine besondere Rolle, indem er die Welt aus der ungeformten Urmaterie (khora) schuf. So entstand nach Platon der wohlproportionierte Kosmos und die Welt als großer beseelter Organismus.298 Die Schöpfung des Demiurgen ist als ein beständiger Prozess zu verstehen.

Im Gegensatz zu Platons Demiurgen, der ein harmonisches Ganzes entstehen ließ, erzeugte der gnostische Demiurg eine unfertige und chaotische Schöpfung, und die Aufgabe des Alchemisten lag darin mit seiner ars sacra Ordnung zu schaffen.299 Das Ziel den Stein der Weisen, für den die Quadratur des Kreises Sinnbild ist, zu erzeugen, wird zum Inhalt des hier im Emblem Dargestellten, und Maier gibt eine Anweisung, wie dies zu bewerkstelligen sei:

„Mache aus Mann und Weib einen Circul, und aus diesem ein Viereck, dann einen Dryangel, alsdann wieder einen Circul, so bekommst du den Stein der Philosophen.“300

In Anbetracht dessen, dass die Quadratur des Kreises als eine Metapher für ein unmögliches Vorhaben verstanden wurde, wundert es nicht, wenn ihr Versuch mit der Suche nach dem Stein der Weisen gleichgesetzt wurde.

Für den pythagoräischen Mathematiker war die Quadratur des Kreises ein großes Problem, denn nur mit Lineal und Zirkel ausgestattet, war es ihm unmöglich jene zu vollbringen.301

297 Priesner/Figala 1998, 182. 298 Roob 2006, 19. 299 Roob 2006, 19. 300 Maier (zit.) 1617, Disc. XXI. 86

Erreicht wurde sie erst durch die Erweiterung der klassischen Hilfsmittel von Zirkel und Lineal durch kinematische Konstruktionsmehtoden, wie sie beispielsweise bei Hippias von Elis (5. Jahrhundert vor Christus) und Archimedes (3. Jahrhundert vor Christus) Gebrauch gefunden haben.302

Für Maier dagegen war die Quadratur des Kreises für den Alchemisten kein Problem:

„Denen Philosophis und Natur-Weisen scheinet dieses alles nichts fremdes zu seyn, dann sie heissen den Circul in ein Viereck, und das Viereck durch ein Dreyeck wieder in einen Circul umzukehren.“303

Mann und Frau, welche in das Quadrat eingeschreiben sind, stehen für die zwei gegensätzlichen Prinzipien (Sulphur und Mercurius), das Quadrat für die vier Elemente und das Dreieck für die drei Teile des Menschen (Körper, Geist und Seele).

„Die Philosophi lehren durch Verwandlung des Quadrats in ein Dreyeck, dass man Geist, Leib und Seele hervorbringen soll, welche […] dann in dreyen kurtzen Farben vor der Röthe erschienen.“304

Maier erläutert, dass der Körper im alchemischen Prozess der saturnischen Schwärze („der Schwärze Saturni“) entspreche, der Geist der Weißung (der „weißen Lunae“) und die Seele der Farbe des Goldgelben („güldischer Citrin Farb“). Die Röte entstehe, wenn der Triangel zur höchsten Perfektion gebracht würde und jener sodann in einen Kreis verwandelt werde. Gleichzeitig würde auch „das Weib in den Mann verkehret“ und „ein einiges aus ihnen beyden“305 werden.

Im Rosarium philosophorum, das Maier im Diskurs zitiert, ist von der Geometrisierung des Männlichen und Weiblichen die Rede.306 Beide Gegensätze enthielten in sich bereits das ihnen Gegenteilige und könnten jeweils ins Männliche oder Weibliche umgewandelt werden. Diese Verkehrung der Gegensätze (conversio oppositorum) war ein Hauptanliegen der alchemischen Praxis und ging zurück auf die Turba philosophorum (erste Druckausgabe 1573 in: Auriferae artis, quam chemiam vocant, antiquissimi authores, sive Turba philosophorum), worin geschrieben steht:

301 Bachmann/Hofmeier 1999, 59. 302 Bachmann/Hofmeier 1999, 59. 303 Maier (zit.) 1617, Disc. XXI. 304 Maier (zit.) 1617, Disc. XXI. 305 Maier (zit.) 1617, Disc. XXI. 306 Bachmann/Hofmeier 1999, 60. 87

„Verkehre die Elemente und du wirst finden, was du suchst.“307

Um die wichtige Rolle der conversio oppositorum, die schließlich zur Coniunctio von Mann und Frau führte, herauszustellen, soll ein weiteres von Maier genanntes Zitat angeführt werden:

„Mein Sohn, beim Glauben an den ruhmreichen Gott: Die Verbindung besteht aus der Vereinigung zwischen zwei Leuchten, zwischen dem Männlichen und dem Weiblichen. Dann umarmen sie sich, vereinigen sich und ein ganz neues Licht wird aus ihnen geboren, dem auf der ganzen Welt kein Licht gleicht.“ ()308

(Abb. 56)

EMBLEM XXII (Abb. 57)

Plumbo habito candido fac opus mulierum, hoc est, coque: („Wenn du hast das weiße Blei, so mache der Weiberwerk, das ist kochen.“)309

Eine Frau steht in einer Küche vor einer Herdfläche mit offenem Feuer. Sie greift mit ihrer rechten Hand nach einem Blasebalg, der vor dem Feuer liegt. Über diesem hängt ein Kessel, in dem etwas gekocht wird. Der Raum mit einem offenen Fenster ist bestückt mit Küchenutensilien, und am Boden liegend befinden sich links vor dem Herd fünf Holzscheit, hinter der Frau ein Bottich mit zwei Fischen, dahinter eine Katze in Rückenansicht.

Das Motto hat Maier, wie schon im Emblem III, aus der Quelle der Turba Philosophorum übernommen. Ihm zufolge könne man aus diesem Emblem lernen, „wie aus dem Philosophischen Ertz ein Bley, und aus dem Bley fernerhin ein Zinn bereitet wird.“310

Die Folge der Planeten und die mythologischen Zusammenhänge werden im Diskurs erklärt: Saturn sei die erste Pforte der Geheimnisse. Auf ihn folge Jupiter, der ihn vom Thron gestossen habe. Venus wäre aus dem in das Meer geworfenem Glied Saturns entsprossen, und aus Jupiter entstünden alle anderen Planeten, Mars, Merkur, Luna und Sol. Jene vier würden allein durch „eine schlechte Weiber Arbeit (Kochung) ans Licht

307 Bachmann/Hofmeier (zit. n.) 1999, 61. 308 Bachmann/Hofmeier (zit. n.) 1999, 61. 309 Maier (zit.) 1617, Lemma XXII. 310 Maier (zit.) 1617, Disc. XXII. 88 gebracht.“311 Unter Kochung versteht Maier diejenige, die im ´Philosophischen Glas´ (Bsp. Retorte) durch das Feuer bereitet wird. Das Gleichnis des Kochens macht Maier im Folgenden deutlich:

„Dann gleich wie ein Weib, die Fische in dem Wasser weichet, siedet und kochet, und von aller ihrer überflüssigen Feuchtigkeit reiniget, also auch der Künstler, tractiret sein subjectum in seinem eigenen Wasser […]“312

Das Gefäß, in dem die Kochung stattfindet, beschreibt Maier als „Hermetis Glaß“, welches der „Philosophen Topff und Schwitz-Bad“313 sei. Er gibt hier Hinweis auf die im Labor gebräuchlichen Gerätschaften des Alchemisten.

Im restlichen Diskurs beschreibt Maier die Kochung im Einzelnen, wie der Wasserdampf die Speisen weich mache. Der Weisen Weg wäre es auch alle harten Dinge weich zu machen. Die Luft („ein unbegreifflicher Dampff“) bereite, tingire und färbe auch die goldenen Äpfel im Garten der Hesperiden (Maier bezeichnet jene als die Töchter der Atalante). Es geht um die Verwandlung des Wassers in Luft.

Bei der Betrachtung der im Emblem dargestellten häuslichen Szene, die einer niederländischen Genreszene gleicht, fällt einem der Blick der scheinbar schwangeren Frau auf. Sie schaut bedächtig in das Feuer, über welchem der Topf mit dem kochenden Wasser hängt. Warlick macht auf den Umstand aufmerksam, dass die Darstellung der Frau neben einem kochenden Topf auf die kalte und feuchte Natur der Frau Anspielung macht, währenddessen der Mann, in Verbindung mit offenen Feuerstellen, auf sein hitziges und warmes Temperament verweist.314 Noch dazu findet man zu Füßen der Frau einen Bottich mit zwei im Wasser schwimmenden Fischen. Sie könnten die zwei gegensätzlichen Prinzipien, Sulfur und Mercurius repräsentieren, welche durch alchemische Prozesse, die mit Wasser zu tun haben, gereinigt werden müssen. In Zusammenhang mit den zwei Fischen, die übrigens auch an die Darstellung des Sternzeichens ´Fische´ erinnern, wird eine Textstelle im sogenannten ´Buch von Lambspring´, welches im 1625 von Lucas Jennis in Frankfurt herausgegeben wurde, interessant:315

Mare est Corpus, duo pisces sunt Spiritus et Anima.316

311 Maier (zit.) 1617, Disc. XXII. 312 Maier (zit.) 1617, Disc. XXII. 313 Maier (zit.) 1617, Disc. XXII. 314 Warlick 1998, 32. 315 , 28.09.2012 316 Warlick (zit. n.) 1998, 37. 89

So können die Fische bei Maier als Symbole für Geist und Seele, die im Körper schwimmen, aufgefasst werden.

Das Wasserbad, das Maier in Zusammenhang mit dem Kochen beschreibt, galt dem Alchemisten als eine der wichtigsten Arbeitsmethoden. Fälschlicherweise wurde dessen Erfindung Maria der Jüdin (frühe Alchemistin; 1.-3. Jahrhundert nach Christus) zugeschrieben, weswegen es heute noch unter dem Namen Balneum Mariae bekannt ist.317

EMBLEM XXIII (Abb. 58)

Aurum pluit, dum nascitur Pallas Rhodi, & Sol concumbit Veneri. („Es regnet Gold, während Pallas wird zu Rhodus geboren, und die Sonne bei Venus liegt.“)318

Links im Bild steht ein Mann mit einer Axt in seiner rechten Hand vor einem geheizten Ofen und richtet jene auf den Kopf eines liegenden Mannes (Zeusfigur). Jener hält in seiner rechten Hand Feuer, und mit seiner Linken stützt er seinen Kopf aus dem sich eine nackte Frau (Athenefigur) streckt und neben dem ein Adler sitzt. Weiter entfernt im Hintergrund steht eine Figur mit Pfeil und Bogen auf einem Sockel. Rechts davon umarmt unter einem Baldachin ein sonnenbekrönter Mann (Sol) eine Frau (Venus), während Amor die Szene überwacht. Ein Goldregen scheint von rechts oben von außerhalb des Bildes darüber zu regnen.

Dargestellt wird im Emblem XXIII der Mythos von der Geburt der Pallas zu Rhodos als „die Sonne bei Venus liegt“. Athene hatte den Giganten Pallas getötet und ihr Schild mit seiner Haut bespannt, weswegen sie den Beinamen ´Pallas´ bekam. Laut Mythos wurde sie in voller Rüstung aus Zeus´ Schädel geboren, den Hephaistos spaltete.319 Zur Geburtsstunde sei ein Goldregen vom Himmel gekommen, wie Maier im Epigramm erwähnt, und gleich zum Anfang des Diskurses klärt er in Zusammenhang dieses Geschehnisses auf:

317 Priesner/Figala 1998, 57. 318 Maier (zit.) 1617, Lemma XXIII. 319 Hofmeier 2007, 347. 90

„Sehr ohnbedächtig wäre es wann man sagen wollte, daß es Gold auff die Erden geregnet hätte, wann nicht eine Allegorie und verborgene Redens-Art darunter verdeckt läge.“320

So wahr wie die Geschichte von der Geburt der Pallas auch sei, so wahr wäre das Ereignis vom goldenen Regen. Die alten Mythen sind für Maier stets als Gleichnisse zu verstehen.

„Dann dieses Emblema wäre das allerungereimste Stück von der Welt, wer es also bloser dings verstehen wollte, wo man aber seine Application darüber anführet, wird sich eine pure Wahrheit finden.“321

Im Diskurs berichtet Maier vom Koloss von Rhodos (ca. 304-293 vor Christus) und nennt dessen Schöpfer Chares Lindios (griechischer Bronzebildner aus Lindos, ein Schüler Lysippos)322. Durch ein Erdbeben sei dieses „grosse Wunderwerk der Welt“ zerstört worden, und später hätte der ägyptischen König Soldanus (eigentlich ein syrischer Statthalter, der 654 Rhodos verwüstete)323 es mit neunhundert Kamelen abtransportieren lassen.

Maier versucht eine logische Begründung zu liefern, weshalb der „güldene Regen erdichtet worden“ wäre: Das Gold werde wegen seiner Farbe und Kraft mit Sol gleichgesetzt, und Venus, die rosenrote Wangen hätte, hätte eine junge Frucht geboren.

Pallas würde auch ´Tritona´ genannt werden, weil sie am Fluss Triton dem Zeus entsprungen sei. Man würde sie für die Göttin der Weisheit halten, weil sie aus dem Hirn des Zeus, dem ´Sitz der Weisheit´ erwuchs. Zu ihrer Geburt wären zum sonnigen Fest „güldene Schaupfennig“ ausgestreut worden – womit Maier wieder versucht eine nachvollziehbare Erklärung zu finden.

In Zusammenhang mit der Weisheit Athenes schreibt Maier:

„Diese ist die Weißheit, die in ihrer rechten Hand die Gesundheit, in der lincken aber den Reichtum hält; und alleine auff des Menschen Wohlstand siehet.“324 (vgl. Emblem XXVI)

„Und in Wahrheit so machet die Weißheit und natürliche Philosophie ihre unglaubige Feinde und Vernichter zu blose Stöck und Glötzer, die ohne Verstand sind.“325

320 Maier (zit.) 1617, Disc. XXIII. 321 Maier (zit.) 1617, Disc. XXIII. 322 Hofmeier 2007, 333. 323 Hofmeier 2007, 353. 324 Maier (zit.) 1617, Disc. XXIII. 91

Zum Schluss spielt Maier darauf an, dass das Blut Medusas (Perseus hatte Pallas ihr Haupt gegeben, damit sie ihr Volk damit schütze) die Tinktur des Lapis Philosophorum sei.

EMBLEM XXIV (Abb. 59)

Regem lupus voravit & vitae crematus reddidit. („Der Wolf den König gefressen hat, und wie er verbrannt das Leben ihm wiedergegeben.“)326

Ein bekrönter König, scheinbar schlafend oder tot, liegt am Rücken am Boden, und ein Wolf vergeht sich an ihm. Rechts im Hintergrund des Bildes lodert ein Feuer indem ein Wolf brennt, und daneben schreitet ein König davon. Links im Bildhintergrund sieht man einen Fluss und eine Stadt.

Maier fordert im Epigramm dazu auf den Leib des Königs vom Wolf fressen zu lassen und das Tier sodann zu verbrennen, damit der König zu neuem Leben komme und „Löwen Stärck“ erreiche. Im Diskurs bezeichnet er den Wolf als „unersättlichen Vielfraß“, doch jener solle den toten Leichnam wieder Leben einflößen, denn die Weisen würden „wissen, wann der todte König dem Wolff zur Speise erstlich gegeben würde, er sich gantz verneure [...]“327, außerdem würde der König unbesiegbar werden. „Hier ist der König gefressen, er wird aber mit Löwens Krafft aufferstehen, daß er alle Thiere überwältigen könne“328.

Maier bezeichnet diesen Vorgang als erste Stufe des alchemischen Umwandlungsprozesses, die notwendig sei, damit die folgenden Arbeitsschritte ihren Nutzen hätten. Der König sei erst wieder für das Werk brauchbar, wenn er wieder zum Leben erweckt würde.

„Und diß ist der Philosophen erstere Arbeit daß sie sublimiren, waschen und reinigen: ohne dieses mag das zweiy und dritte nicht mit Nutzen geendet werden.“329

„Grosse Sachen haben mehrentheils einen schlechten Anfang, alsdann mögen auch die kleinern nachgezogen und erhöhet, oder grössere dadurch nieder getrucket und veringert werden.“330

325 Maier (zit.) 1617, Disc. XVI. 326 Maier (zit.) 1617, Lemma XXIV. 327 Maier (zit.) 1617, Disc. XXIV. 328 Maier (zit.) 1617, Disc. XXIV. 329 Maier (zit.) 1617, Disc. XXIV. 330 Maier (zit.) 1617, Disc. XXIV. 92

In diesem Emblem absorbiert der König das Leben seines Angreifers und kommt durch den Tod des Wolfs wieder zum Leben. Dabei wird folgendes hermetische Axiom verdeutlicht: „Töte das Leben um den Tod wiederzubeleben.“331

Ein bemerkenswertes Gebäude wird im Emblem links oben dargestellt, ein Rundbau mit bogenförmigen Fenstern, überdeckt mit einem kleineren Gebäudeteil, das die gleichen Merkmale trägt. Westscott vergleicht dessen Darstellung mit dem kleinen alchemischen Ofen, der im unteren rechten Teil des Kupferstiches in Khunraths Amphitheatrum Sapientiae Aeternae (1602) zu sehen ist und meint, dies wäre mehr als zufällig (Abb. 3).332

Der König symbolisiert den Stein der Weisen. Er muss durch den Wolf, der für das Antimon oder die Materia prima steht, getötet und durch das Feuer gereinigt werden. Sodann folgt dessen Auferstehung. Die Quelle für diese mythologisch-metaphorische Szene bot Maier Basilius Valentinus´ Zwölf Schlüssel:

„Die Krone des Königs sol von reinem Golde seyn / und eine keusche Braut sol ihm vermählet werden. Darumb so du durch unsere Cörper wircken wilt / so nimb den geitzigen grauen Wolff / so seines Namens halben dem streitigen Marti unterworffen / Von Geburt aber ein Kind des alten Saturni ist / so in den Thälern und Bergen der Welt gefunden wird / und mit grossen Hunger besessen / und wirfft ihm für den Leib des Königs / daß der daran seine Zehrung haben möge / Und wenn er den König verschlungen / so mache ein groß Feuer / und wirff den Wolff darein / daß er gantz und gar verbrenne / so wird der König wieder erlöset werden / Wenn das dreymahl geschicht / so hat der Löwe den Wolff überwunden / und wird nichts mehr an ihm zu verzehren finden / so ist dann unser Leib vollkommen zum Anfang unsers Wercks.“333

EMBLEM XXV (Abb. 60)

Draco non moritur, nisi cum fratre & sorore sua inter- ficiatur, qui sunt Sol & Luna. („Der Drache stirbt nicht, wenn er nicht von seinem Bruder und seiner Schwester getötet wird, welche sind Sol & Luna.“)334

Ein Mann mit einer Sonne auf dem Kopf und eine Frau mit einem Mond auf dem Kopf bekämpfen mit Keulen eine zwischen ihnen am Boden liegende sich windende,

331 De Rola (zit. n.) 1997, 100. 332 Westscott 1991, 3. 333 (zit. n.), 22.09.2012 334 Maier (zit.) 1617, Lemma XXV. 93 drachenähnliche Schlange. Im Hintergrund schießt ein Mann mit strahlenbekränztem Haupt mit Pfeil und Bogen auf ein ähnliches Geschöpf, und rechts davon zielt eine Frau, ebenso mit Pfeil und Bogen bewaffnet, auf einen Mann, der nahe dem Meeresufer davon schwimmt.

Eine gewichtige Rolle spielt in diesem Emblem wieder der Drache, der im Emblem XIV als Ouroboros erschienen ist. Allerdings bildet er hier keinen geschlossenen Kreis, sondern ist in defensiver Haltung wiedergegeben. Sol und Luna sind im Begriff ihn anzugreifen. Das Zitat von Rosarius, das Maier im Emblem XIV angeben hat („Der Drach stirbt nicht, wo er nicht mit seinem Bruder und seiner Schwester zugleich getödtet wird.“335), erwähnt er auch in diesem Emblem zugehörigen Diskurs. Schwester und Bruder sind Luna und Sol, und Maier setzt sie (vgl. Epigramm) mit Apoll und Diana gleich (Apoll hatte die riesige Schlange Python in Delphi getötet). Maier nennt im weiteren Verlauf des Diskurses das Beispiel des Goldenen Vlieses, wobei ein Drache getötet werden musste. Jason hätte auf Anraten der Medea das Bildnis von Sol und Luna gewählt „wormit er glücklich das Kleinod erhalten.“336

Auch hier erwähnt Maier, dass dem Drachen die Schätze anvertraut wurden, und, dass er dem Aeskulap als Gleichnis beigesetzt wurde.

„Und die Chymici legen ihn ihrem Werck zu, nicht in der That selbst, sondern als eine allegorie. Dann allzeit bildet der Drach den Mercurium ab, er seye nun fix oder flüchtig. Und der Mercurius wird jederzeit mit einem Staab, um welchen doppelte Schlangen gewunden sind, vorgebildet, gleich wie der Janus der vor- und hinter sich ein Antlitz führet; dann der Drach ist eine grosse Schlange, in welchen der Saturnus verborgen, der seinen eigenen Schwantz frisset.“337

Der Alchemist brauche den Drachen aus dem der Philosophische Mercurius gezogen wird für seinen Wandlungsprozess. Der Drache würde zum Freund, nachdem er „mit allem Glümpff tractiret wird […]“338 und er sein Gift abgelegt hätte.

Auf die Frage, wie der Drache gefangen werden könnte, zitiert er das gleiche Gedicht, das er schon im Emblem XIV widergegeben hat:

335 Maier (zit.) 1617, Disc. XXV. 336 Maier (zit.) 1617, Disc. XXV. 337 Maier (zit.) 1617, Disc. XXV. 338 Maier (zit.) 1617, Disc. XXV. 94

Dant Rebis montes, dracones terraque fontes. („Die Berge geben den Rebis [Hermaphrodit], die Drachen und Erde die Quellen“339)

(Abb. 61)

EMBLEM XXVI (Abb. 62)

Sapientiae humanae fruĉtus Lignum vitae est. („Der menschlichen Weisheit Frucht das Holz des Lebens ist.“)340

Eine bekrönte Frau in Vorderansicht steht in einer Landschaft. Links im Hintergrund zeichnen sich Sonnenstrahlen am Himmel ab, links im Bild neben der Frau befindet sich ein Baum. Die Frau hält in jeder Hand ein Banner mit lateinischer Inschrift (links – Longitudo dierum et Sanitas, rechts – Gloria ac divitiae infinitae).

Die Personifikation der Weisheit verspricht in diesem Emblem Gesundheit und Reichtum. Im gesamten Diskurs behandelt Maier das Thema der Weisheit und liefert etliche Zitate, die von ihr redeten. Erstaunlich ist an diesem Emblem, dass es das einzige der gesamten Atalanta ist bei dem Maier aus der Bibel zitiert. Darüber hinaus kommen fast keine explizit alchemischen Inhalte und Andeutungen vor. Die einzige direkte Anspielung macht Maier indem er erklärt, dass die rechte Weisheit einzig „allein in Betrachtung der Chymischen Wissenschafft“341 bestehe, das heißt, wie der Mensch jene in sein Leben integriere. Außerdem lässt sich eine Parallele zwischen Weisheit und Stein der Weisen herstellen, denn beide versprechen ein langes Leben, Gesundheit und Reichtum.

Bevor der Diskurs von der ´Weisheit´ an sich handelt, spricht Maier über die Vernunft. Er betont die herausragende Stellung des Menschen gegenüber den Tieren. Jene hätten zwar auch ihre Qualitäten, doch der Mensch übertreffe alle durch die Vernunft, welche „von Gott dem Allweisen Schöpffer in des Menschen Hertz gepflantzet.“342 Der Gebrauch dieser sei dem Menschen wie ein Vater und das Gedächtnis wie eine Mutter, worauf das wiedergegebene Sprichwort anspielt: „der Gebrauch hat mich gezeuget, und die Mutter hat mir das Gedächtnuß erworben.“343

339 Maier (zit.) 1617, Disc. XXV. 340 Maier (zit.) 1617, Lemma XXVI. 341 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVI. 342 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVI. 343 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVI. 95

Zitiert werden im Diskurs XXVI Salomon (Buch der Weisheit), Lactantius (ein christlich lateinischer Auto, ca. 250 – 325 nach Christus), Morienus und aus den biblischen Büchern Baruch und Jesus Sirach.

Salomon, der Sohn Davids und König von Israel (um 965-926 vor Christus), wurde aufgrund seiner Weisheit von vielen als Alchemist angesehen, und die Schriftsteller der ars sacra bedienten sich dessen Sprichwörter. Beispielsweise wurden jene vom Autor der Aurora consurgens (Abb. 37), eine wichtige Quelle Maiers, aufgegriffen, und in Maiers Werk Septimana philosophica (1620) kommt Salomon selbst als Redner vor.344

Es gibt Darstellungen in der alchemischen Literatur, in denen Sophia in Verbindung mit dem Symbol des Baumes auftritt (Abb. 63, Abb. 64, Abb. 65), aber im Gegensatz zu jenen wirkt der Baum bei Maier durch seine naturalistische Darstellung neben der personifizierten Weisheit wie bloßer Zierrat in der Landschaft.

Dennoch ist der Baum in diesem Emblem als Baum der Weisheit oder als Baum der Erkenntnis zu deuten.

„Sie (Weisheit) ist der Baum des Lebens allen die sie greiffen; und seelig sind die sie halten.“ (Salomon, Buch der Weisheit, Kap. 8, Vers 15)345

Maier endet seinen Diskurs mit folgender Erkenntnis:

„Das Holtz des Lebens zeiget den Weg der ewigen Seligkeit, und theilet seine Früchte aus, ob in ihm schon selbst die Seeligkeit nicht geleget ist, dahero es Gesundheit, Glück und Seegen giebet, als ohne welches ein Mensch todt, und ein ohnvernünfftig Thier ist.“346

Der Baum in diesem Emblem trägt zwar keine Früchte, doch ist hier der Verweis auf Emblem IX zu machen, worin der Baum mit seinen Früchten zentrales Thema ist.

344 Hofmeier 2007, 351. 345 Maier (zit. n.) 1617, Disc. XXVI. 346 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVI. 96

EMBLEM XXVII (Abb. 66)

Qui Rosarium intrare conatur Philosophicum absque clave, assimilatur homini ambulare volenti absq; pedibus: („Welcher in der Philosophen Rosengarten will gehen ohne den Schlüssel, ist gleich einem Manne, der gehen will ohne Füsse.“)347

Ein Mann mit verschränkten Armen und ohne Füsse steht vor einem mit drei Schlössern verschlossenem Tor, das in einen ummauerten Garten führt. Außerhalb rechts im Bild erkennt man neun kleinere Figuren auf einem Berg sitzend. Sie haben Attribute, die auf Apollo, Pan und die sieben Planetengötter schließen lassen.

Maier setzt die im Emblem dargestellte fusslose Figur im Diskurs mit der Gestalt des Erichtonius aus der Mythologie in Zusammenhang. Hephaistos, dessen Vater, hatte Pallas Athene umarmt, doch sie stieß ihn zurück. Dabei fiel der Same des Hephaistos zu Boden, woraus Erichtonius, halb Schlange und halb Mensch, erwuchs. Auch das Philosophische Werk würde laut Maier ohne Zutun der Weisheit Athenes zu „monstrosen und fußmangelnden Geburt“348 gebracht werden. Sodann stellt Maier im Diskurs die Wichtigkeit der Gliedmaßen heraus und zählt die Beine des Menschen zu den wichtigsten Körperteilen. Er vergleicht sie mit den beiden Grundsäulen der „Chymia“, die da aus Schlüssel und Riegeln bestünden, und wer eben ohne Schlüssel in den Philosophischen Rosengarten gehen wollte, gleiche einem Mann ohne Füsse. Doch wo wäre der Schlüssel zu finden, durch den man in den geheimen Garten gelangte? Maier antwortet: „wo des Orestes Beine gefunden worden.“ Nach der mythologischen Geschichte des Orestes wurden seine Gebeine unter einer Schmiede entdeckt („wo die Winde (Blasebalg), der Schlag (Hammer), der Wiederschlag und des Menschen Todt beysammen“349). Was den Auffindungsort des Schlüssels betrifft wird Maier noch deutlicher:

„Dieser Schlüssel findest du ohnfehlbar in der Helffte (Hemisphaerio) des Mitternächtigen Zodiaci, wann du nur die Signa und Zeichen wohl zu zehlen und zu unterscheiden, und die Riegel der Mittags-Linie zuführen weist. Diese wann sie einmahl gefunden, machen daß du ohne Mühe zur Thür eingehen magst.“350

347 Maier (zit.) 1617, Lemma XXVII. 348 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVII. 349 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVII. 350 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVII. 97

Auch der Rosengarten wird von Maier im Diskurs beschrieben. Sowohl Venus und Adonis als auch der Drache, der die Rosen im Garten der Hesperiden bewacht, würden sich in ihm aufhalten. Durch den Dampf des gemeinen Schwefels würden die Rosen weiß werden.

Der manieristisch anmutende Torbogen trägt auf seinem rundförmigen Giebel drei eigentümliche Zacken, die Obelisken ähneln. Roob ist der Meinung, dass damit die drei verschiedenen Feuer gemeint sind, und, dass sie in den unteren Musen rechts oben im Bild personifiziert sind.351

An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass die Darstellung des Obelisken, ein sich nach oben verjüngender Steinpfeiler, mehrere Male in der Atalanta Maiers vorkommt. In anderen Emblemen (vgl. Emblem XXXVII, Emblem XL) erscheint diese altägyptische Monumentform als Teil der städtischen Hintergrundkulisse. So kann dies eine Andeutung auf den altägyptischen Ursprung der Alchemie sein. Im kunsthistorischen Kontext wird der Obelisk im emblematischen Bezug als Zeichen des Ruhmes oder der Weisheit verstanden, wie dies beispielsweise bei dem Kupferstich Philosophia (1502) von Albrecht Dürer der Fall ist (Abb. 67). Andererseits weist sein Erscheinen auf eine antik-orientalische Örtlichkeit hin. Als Bauornament und Zierform wurde die Obeliskenform seit der Spätrenaissance in Europa verwendet. 352

Das Emblem hat zur Aussage, dass die chymische Kunst nur einem Kreis von Auserwählten offenbart wird. Ikonologisch gesehen wird die Figur des fusslosen Jünglings (Abb. 68) in anderen alchemischen Illustrationen als Abbild des gelähmten Mercurius, der in der Phase der Mortificatio und Nigredo steckt, verwendet, womit die erstarrte und verdunkelte Materie versinnbildlicht wird.353

351 Roob 2006, 285. 352 Seemann, Bd. V, 245. 353 Biedermann 2006, 120. 98

EMBLEM XXVIII (Abb. 69)

Rex balneatur in Laconico sedens, Atrâque bile liberatur à Pharut. („Der König badet im luftigen Bade und wird der schwarzen Galle entledigt durch Pharut.“)354

Ein nackter, bekrönter Mann sitzt in einer Holzbox mit Öffnung, durch die man ihn und eine brennende Öllampe erkennt. Unterhalb dampft Wasser. Den Ort des Geschehens bildet ein Vorhof in einer Stadt.

Der kranke König sitzt im Balneum und wird durch ´pharuts´ Hilfe der schwarzen Galle entledigt, was soviel heißt, dass er von der Melancholie geheilt wird. Maier beschreibt am Anfang des Diskurses die drei universalen Reinigungen, die durch Stuhlgang, Urin und Schweiß vonstatten gingen. In der Darstellung des Emblems geht es um die letzte Reinigung, die laut Maier die Griechen und Alten Römer gepflegt hätten. Die Bäder Diokletians werden hierfür als Beispiel genannt.

Der erkrankte König wird mit dem Namen ´Duenech´ bezeichnet. Es handelt sich hierbei um einen Decknamen für das ´grüne Vitriol´ der Philosophen, die rohe Materie.355 Im Epigramm wird er mit dem grünen Löwen verglichen („Der König Duenech dem grünen Löwen gleichend, liegt an der Gallen-Sucht, hart und geschwollen kranck: […]“356). Pharut steht für eine allegorische Figur der Alchemie, die als Arzt dem König Duenech Schwitzbäder verschreibt.357

Das Gefäß, in dem der König sitzt, ist das im Ofen erhitzte Balneum. Der darin ausgelöste Prozess hätte den Sinn, dass der König von der Schwarzen Galle des Mars und vom „Saturnischen Unrath“ entledigt werde. Das erste Kennzeichen für die Heilung trete nach Maier auf, wenn sich die „rothe Farb in das Angesicht stellet, ja den gantzen Leib färbet.“358 Der Körper müsse gereinigt werden, und gutes Blut solle gewonnen werden. Die überschüssige Galle des Königs wird sozusagen herausgeschwitzt.

354 Maier (zit.) 1617, Lemma XXVIII. 355 Roob 2006, 145. 356 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVIII. 357 Hofmeier 2007, 348. 358 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVIII. 99

Wenn der König, der ein Symbol für den Stein der Weisen ist, durch das Balneum, welches laut Maier ein „Dampff und Schweißtrebendes Bad“359 sei, öfters gereinigt wird, würden sich die Königlichen Tugenden bei ihm zeigen.

Das Erhitzen stellte eine wichtige Arbeitsmethode des Alchemisten dar, und in der Atalanta fugiens wird die Hitze, wie allgemein das Element Feuer, mehrmals versinnbildlicht. Meist ist es das Feuer, das in häuslicher Umgebung am Herd brennt, das lodernde Feuer das es zu bekämpfen gilt (vgl. Emblem XX), eines in welchem der Wolf verbrennt (vgl. Emblem XVIII), oder das in der Natur des Salamanders liegende Feuer (vgl. Emblem XXIX).

Der Alchemist bediente sich in seiner Praxis unterschiedlicher Wärmequellen um verschiedene Hitzegrade zu bewirken. Eine sanfte Erwärmung wurde nach Maier im Mistbad (Venter eqinus) erzeugt. Eine Steigerung wurde mit dem Dampfbad (Balneum roris oder Balneum vaporosum) erreicht, dann durch Sand- oder Aschebäder, und die höchste Hitze erlangte man durch die direkte Einwirkung der Flamme, die mit dem Blasebalg entfacht wurde.360

In diesem Emblem geht es darum, dass der König von seiner Melancholie (griech. mélas = „schwarz“, cholé = „Galle“) geheilt werde. Jene zählt zum saturnischen Temperament, und jedem kreativen Prozess geht ihre Phase voraus.361 Im alchemischen Prozess verkörpert das Schwitzen des Königs die Phase der Sublimation, welche auf die Calcination (meist mit Hilfe des Feuers erreicht, durch Rösten) folgt. Ein fester Körper wird dabei ganz oder teilweise verdampft. Im Labor des Alchemisten wurden auf diese Weise Schwefel, Zinnober oder Ammoniumchlorid gereinigt.362

De Jong hat in den Schriften Processus chemici aliquot und Trevisanus De chymico meraculo, die im (1602-1661) abgedruckt wurden, Quellen für die Allegorie des melancholischen Königs finden können, und zwar.363

Beim Anhören der Fuge zum Emblem XXVIII ist eine musikalische Unstimmigkeit zu entdecken, die auf das Leiden des Königs hinweist.364

359 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVIII. 360 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVIII. 361 Battistini 2005, 286 362 Priesner/Figala 1998, 53. 363 Bachmann/Hofmeier 1999, 47. 364 Westscott 1991, 3. 100

EMBLEM XXIX (Abb. 70)

Ut Salamandra vivit igne sic lapis: („Wie der Salamander lebt im Feuer, also auch der Stein.“)365

Ein Salamander mit einer Linie aus Sternen auf seinem Rücken liegt in einem Feuer, dessen Qualm das restliche Bild einnimmt.

Wie bereits aus dem Motto hervorgeht, wird der Salamander in diesem Emblem mit dem Lapis Philosophorum gleichgesetzt. Schon früher glaubte man, dass das eidechsenähnliche Geschöpf direkt im Feuer lebte und es jenes unbeschadet überstand.366 So geschah es, dass das Tier in der Alchemie-Symbolik in Analogie zum Stein der Weisen gesetzt wurde. Schließlich wäre jener durch langandauernde Hitze erzeugt worden, und noch dazu hätte er die Feuerbeständigkeit mit dem Salamander gemein. Plinius hatte bereits von seiner giftigen Natur gesprochen (persisch Samandra = „Gift“), und seit dem Altertum glaubte man, dass der Salamander das Feuer selbst löschen könne.

Das Feuer hat verschiedene Qualitäten. Einerseits konnte es alles Zerstörbare vernichten, andererseits wurde der Stein letztlich durch diesen Prozess gehärtet. Im Mittelalter schätzte man das Symbol des Salamanders als Sinnbild für die Gerechtigkeit, weil jenes Tier das gute Feuer anfachte und das schlechte löschte.367

Maier scheint im Diskurs zu diesem Emblem eine biologisch, rationale Erklärung für die Feuerfestigkeit des Salamanders zu finden. Das Tier könne nämlich aufgrund seiner wässrigen Schleimschicht die Hitze unbeschadet überstehen. Doch macht er einen Unterschied zwischen dem normalen Salamander und dem ´Philosophischen´, welcher, im Unterschied zum normalen, im Feuer wachse.

(Abb. 70, Abb. 71)

365 Maier (zit.) 1618, Lemma XXIX. 366 Priesner/Figala 1998, 316. 367 De Jong 1978, 166. 101

EMBLEM XXX (Abb. 72)

Sol indiget lunâ, ut gallus gallinâ. („Die Sonne bedarf des Mondes, wie der Hahn der Hennen.“)368

Im Hintergrund erkennt man eine Flusslandschaft mit Boot, im Vordergrund links einen nackten Mann mit Sonnenkopf und rechts eine nackte Frau mit Mondkopf, die mit ihrer Rechten auf Hahn und Henne, die zwischen ihren Füssen stehen, deutet.

Die Hauptaussage des Emblems ist, dass sich Sonne und Mond gleich wie Hahn und Henne benötigen. Im Diskurs schreibt Maier, dass das weibliche Geschlecht allein nichts tauge, wenn es nicht durch „Manns Krafft“ verherrlicht werde. Er zitiert Avicenna, der in seiner Schrift De Anima schreibt, „daß kein Ey zur Kunst geschicket seye, dessen Henne nicht vorhero bey dem Hahn gewest.“369 Auch den Philosophen sei der Hahn ein Gleichnis. Im Gegensatz zu anderen Vögeln hätte jener durch seine „Schwefel Krafft“ so viele Hennen, und darüberhinaus dulde er keinen anderen Hahn in seiner Nähe. Maier deklariert den Hahn als der Sonnen Heilige, denn er stehe mit ihr auf und begebe sich wie jene auch zur gleichen Zeit wieder zur Ruhe. Latona, die uns schon im Emblem XI begegnet ist, wird auch in diesem Emblem genannt. Sie hätte die Sonne und den Mond geboren.

In den weiteren Ausführungen des Diskurses spricht Maier von ´Philosophischen Eiern´. Die Henne gäbe beim Brüten ein „wahres Exempel“ ab, denn es bezeuge ihren Fleiß, dass sie allein brüte. Außerdem fresse sie nicht recht, lasse die Eier nie erkalten und beschütze ihre Jungen. Es sei zu bewundern, welche Mühe ein solches Tier hätte.

„Der Künstler des Philosophischen Wercks bezeuget in seiner Arbeit gleichen Fleiß, reinigt sie (Philosophischen Eier), bereitet sie und bringt sie in das Glaß, als wie die Henne ihre Eier in das Nest leget […]“370

Maier zählt im Folgenden die Arbeitsstufen des alchemischen Prozesses auf, die der Künstler zu vollbringen hätte: „solutio, coagulation, sublimation, ascension, descension, distillation, calcination und .“371

Gegen Ende des Diskurses redet Maier explizit von den Eigenschaften der Sonne und des Mondes. Der Mond erhöhe die Sonne und „man muß ein beständig Ehebett der Sonnen

368 Maier (zit.) 1617, Lemma XXX. 369 Maier (zit. n.) 1617, Disc. XXX. 370 Maier (zit.) 1617, Disc. XXX. 371 Maier (zit.) 1617, Disc. XXX. 102 und dem Mond bereiten […]“, damit beide letztlich „zum unzertrennlichen Band verknüpffet werden mögen.“372 Ohne Mond werde die Sonne nicht hochgeachtet, auch wenn der ´geringere´ Mond vom Gemahl Sonne Ehre, Herrlichkeit und Stärke empfange. Die Sonne wiederum erhalte vom Mond eine „Vermehrung des Geschlechts und stäte Fortpflantzung“373.

(Abb. 73, Abb. 74)

7.6.4.

EMBLEM XXXI (Abb. 75)

Rex natans in mari, clamans altâ voce: Qui me eripiet, ingens praemium habebit. („Der König schwimmend im Meer schreit mit lauter Stimme: Wer mich errettet wird ein großes Geschenk empfangen.“)374

Ein bekrönter König schwimmt in einem Fluss oder einem See. Das Ufer links und rechts im Bildhintergrund scheint weit weg zu sein.

Im Unterschied zu den anderen drei Emblemen der Atalanta, in denen der König vorkommt, ist jener hier bis auf die Krone, bei der es sich um eine mit Steine bespickte Blätterkrone handelt, nackt wiedergegeben. Die Krone wird von Maier im Diskurs angesprochen, wenn er von ´strahlenden Rubinen´ redet, die ihr eingesetzt wären. Außerdem betont er ihre Wichtigkeit und meint, der König würde seine königliche Würde verlieren, wenn er seine Krone im Meer verliere. Schließlich könnten ihn seine Untertanen nach seiner Rettung nicht mehr als König wiedererkennen. Aus Maiers weiteren Ausführungen zu schließen, ist die Krone besetzt mit dem „allerkostbarste(n) Edelgestein der Bezoar“375.

Der Bezoarstein war in der Alchemie durchaus bekannt. Sein Name wurde aus dem Arabischen abgeleitet und besaß die Grundbedeutung von ´Gegengift´. Er bestand aus einer Zusammenballung von Haaren, die aus den Mägen von Wiederkäuern gewonnen

372 Maier (zit.) 1617, Disc. XXX. 373 Maier (zit.) 1617, Disc. XXX. 374 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXI. 375 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXI. 103 wurde.376 In der Alchemie beziehungsweise Chemiatrie lässt sich der Begriff der ´Bezoardica´ finden, eine Gruppe von Antimonpräparaten, die schweißtreibend und entgiftend wirken. Man sprach dem Bezoarstein eine heilende Wirkung zu. Maier schreibt:

„Ohne seine würckende Krafft wird dir die Crone wenig nutzen.“377

Maier fordert mit diesem Emblem dazu auf den ertrinkenden König zu retten. Der König würde es einem mit „Ehr´, Gut und Geld“ vergelten. Nachdem der König aus dem Wasser geholt werde, solle er sich von geschlucktem Wasser entledigen, schwitzen, Diät halten und Gegenmittel gegen die Krankheiten bekommen, sodass er vermählt werden könne, damit er einen Königlichen Sohn (Stein der Weisen) zeugte.

Das Schreien um Hilfe wird in der Fuge durch das Nebeneinander von imposanten Halben Noten und verstreuten Halben Noten klangmalerisch dargestellt.

(Abb. 76)

EMBLEM XXXII (Abb. 77)

Corallus sub aquis ut crescit & aëre induratur, sic lapis. („Die Koralle wie sie wächst unter dem Wasser und durch Luft erhärtet wird, so auch der Stein.“)378

Ein Mann mit Hut fischt mit einem Stock aus dem Wasser eines Flusses ein Stück Koralle. Eine Brücke quert den Fluss, und weit entfernt im Bildhintergrund zeichnet sich eine Stadt ab. Im linken oberen Bildeck erkennt man ein aus Wolken geformtes Gesicht, das den Wind bläst.

Der Lapis philosophorum wird diesmal von Maier mit der Koralle in Analogie gesetzt. Sobald jene der Luft ausgesetzt wird, verhärtet sie zu Stein und ihre Farbe wird rot. Seit dem Altertum verwendete man die Koralle als Farbstoff um Metalle zu färben.379 Andererseits war der Korallenstein bekannt als Arbor Sapientiae, und in der Alchemie wurde der Bezug zum Baum im Garten der Hesperiden gemacht, dessen goldene Früchte

376 Priesner/Figala 1998, 78. 377 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXI. 378 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXII. 379 De Jong 1978, 170. 104 von einem Drachen bewacht wurden. Der Drache gilt dabei als die Personifikation der Materia prima.380

Durch die Gleichfarbigkeit der Koralle und dem Lapis ist eine Verbindung offensichtlich. Das Rot steht im Zusammenhang des alchemischen Prozesses für die letzte Stufe des Werks, wobei die Rubedo die höchste Vollendung anzeigt. Der Stein der Philosophen wird in der alchemischen Literatur durchwegs rot beschrieben.381

EMBLEM XXXIII (Abb. 78)

Hermaphroditus mortuo similis, in tenebris jacens, igne indiget. („Der Hermaphrodit einem Toten gleich in Finsternis liegend bedarf des Feuers.“)382

Auf einer hölzernen Bahre, unter der ein Feuer lodert, liegt ausgestreckt ein nackter Hermaphrodit (männliche und weibliche Züge). Rechts im Bildeck ist die Mondsichel dargestellt. Es ist Nacht und die kahle Landschaft erscheint finster.

In der alchemischen Literatur ist der Hermaphrodit ein häufig wiederkehrendes Symbol. Die griechische Mythologie erzählt von der Figur des ´Hermaphroditos´, dessen Name aus der Vereinigung von Hermes und Aphrodite resultierte. Zum Zwitter wurde jener erst durch die Verschmelzung mit der Naiade Salmakis.383 Andere häufig benutzte Bezeichnungen für die zweiköpfige Menschengestalt mit männlichen sowie weiblichen Merkmalen sind Rebis (lat.; „zwei Dinge“) oder Androgyn (lat.; „Mannfrau“). Durch den Hermaphrodit wird die Einheit der Gegensätze symbolisiert und der Mikrokosmos-Mensch versinnbildlicht. In derselben Weise wie die Gegensatzpaare Sonne/Mond, männlich/weiblich, Körper/Geist, heiß/kalt, trocken/feucht drückt er im alchemischen Kontext den universellen Dualismus aus. Die ersten Darstellungen dieser Figur in der alchemischen Literatur findet man in der Aurora consurgens (um 1420) (Abb. 79) und dem Buch der heiligen Dreifaltigkeit (15.Jahrhundert) (Abb.80, Abb.81). Doch geht das Androgyne schon auf die orphisch-pythagoreischen Lehren, der Philosophie Platons (Das Gastmahl) und auf die kabbalistische Deutung der Heiligen Schrift zurück.384 In Wort und

380 De Jong 1978, 171. 381 Priesner/Figala 1998, 132. 382 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXIII. 383 Ovid, Metamorphosen 4, 274-388. 384 Battistini 2005, 276. 105

Bild gab es schon lange eine Tradition den Hermaphroditen darzustellen, bevor er in die alchemische Ikonographie Eingang fand. In Platons Symposion flossen ältere Vorstellungen zweigeschlechtlicher Urgötter ein. Im Hermaphroditen werden zwei gegensätzliche materielle Prinzipien vereinigt, sodass ein vollkommenes Ganzes entsteht, alchemisch zu deuten als die Wiederauferstehung der Materie aus dem Chaos.385

In Maiers Atalanta fugiens wird der Hermaphrodit ein weiteres Mal im Emblem XXXVIII abgebildet.

Wie aus dem Motto sowie Epigramm des Emblems XXXIII hervorgeht, bedarf der scheinbar tote Hermaphrodit des Feuers, damit „Lebens-Safft von neuem in ihn fliest.“386 Maier bietet einen biologischen Vergleich, wenn er im Diskurs die zweigeschlechtliche Gestalt unter anderem mit einem Frosch in Beziehung setzt. Jener würde im Winter „gantz erstorben da verdecket liegen“ bis der Frühling wieder Wärme brächte. Und wenn diese Kreaturen schon vor dem Frühling ins Warme gebracht werden würden, so „würden sie auch vor der Zeit zu ihrem Leben kommen und aufwachen“387. Maier schließt daraus, dass ihnen einfach die Wärme, die vom „Natur-Feuer“ angezündet worden wäre, entzogen wurde. Dem Hermaphroditen, wie er hier im Emblem dargestellt ist, mangele es genauso an Wärme, und deswegen erscheint er tot. Wo das Feuer normalerweise zerstört, gibt es in diesem Falle Leben.

Nach einer kurzen Beschreibung der Körperbeschaffenheit des Hermaphroditen folgt Maier mit Beispielen, die laut ihm „hin und wieder aus denen Historien zu lesen“388 seien und die davon Kunde gaben, wie das Geschlecht eines Menschen sich in das Gegensätzliche verkehrte: Eine Frau hielt ihre männlichen Glieder in sich verborgen, und durch jahrelanges Wachsen des „Natur-Feuers“ würden sie durch Bewegung hervorbrechen. Außerdem erzählt Maier von einem adeligen Hermaphroditen-Kind, das durch einen chirurgischen Schnitt zum Knaben gemacht wurde. Die Philosophen hätten es dagegen nicht nötig solches zu tun, denn „wann die Kält und Feuchtigkeit des Monds vorhanden, so nennen sie es das Weib, und sobalden sich die Hitze und das Trockene der

385 Priesner/Figala 1998, 172. 386 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIII. 387 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIII. 388 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIII. 106

Sonnen vermercken, so heissen sie es den Mann. Mit allen diesen vier Qualitäten und Eygenschafften zugleich repraesentiret sich der Rebis oder Hermaphrodit.“389

Im ikonografischen Kontext lässt sich die auf der Bahre brennende Figur, wie der Hermaphrodit in diesem Emblem dargestellt wird, mit dem heiligen Laurentius von Rom (Abb. 82, Abb. 83), einem der meist verehrten Heiligen der Welt, assoziieren. Der Legende zufolge soll dieser im 3. Jahrhundert auf einem Rost den Märtyrertod erlitten haben. Er ist Patron der Armen Seelen im Fegefeuer und Patron aller Berufe, die mit Feuer zu tun haben. Meist wird er mit dem Rost dargestellt.390

EMBLEM XXXIV (Abb. 84)

In balneis concipitur, & in aëre nascitur, rubeus verò faĉtus graditur super aquas. („Im Wasserbad wird er empfangen und in der Luft geboren, wenn er aber rot geworden, geht er aus dem Wasser.“)391

Vor einer Höhle am Ufer eines Gewässers befinden sich ein nackter Mann mit Sonnenkopf (Sol) und eine nackte Frau mit Mondkopf (Luna). Sie stehen bis zu den Hüften im Wasser und umarmen sich. Links im Bild tritt eine nackte Figur mit ausgestrecktem rechtem Arm aus dem Wasser ans Ufer heran. In den Wolken darüber liegt eine nackte Figur (Luna), die ein Kind gebiert.

Das Emblem handelt vom Stein der Weisen, der laut Maier im Wasser gezeugt und in der Luft geboren wurde. Wenn er rot sei, dann gehe er auf den Wassern, und in der Höhe der Berge sei er weiß. Einigen Personen wäre durch „der Historienschreiber Einbildung“392 angedichtet worden, dass sie von den Göttern entsprossen seien (Bsp. Alexander der Große von Jupiter, Romulus und Remus von Mars, Plato von der Jungfrau Perictione, und Apoll).

„Wir Christen aber wissen dessen ein besseres und halten solche Götter vor ohnwahr, noch daß diese Helden von ihnen einen Ursprung führen.“393

389 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIII. 390 Dammer/Adam 1999, 197. 391 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXIV. 392 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIV. 393 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIV. 107

Es seien Sterbliche gewesen. Doch anders wäre es beim „Weisen Sohn“ (Lapis), dem man eine unbekannte, fremde Geburt zuschreibe. Jener habe Vorzug vor allen anderen, weil er im Bad empfangen und in der Luft geboren wird.

Warme Bäder machten unfruchtbare Frauen für die Empfängnis bereit, dies beweise die tägliche Erfahrung. „[…]; daß aber die Empfängnuß selbsten in denen selben verrichtet werde, wird niemand vernünfftiges behaupten können.“394 Die Zeugung erfolge am Boden des Glases (siehe Retorte) und im ´Helm´ seien die Dämpfe der Luft. Nach der Empfängnis geschehe das Aufsteigen in den Helm, womit der Anfang des Werkes mit der Weißung (Albedo) gekennzeichnet wird. Am Boden herrsche die Schwärze (Nigredo). Maier zitiert Rosarius, der meine, dass der Mann in das Weib wie Azoth (Quecksilber) in die Erde wirke. Die Verbindung geschehe laut Maier in der Fäulung am Boden. Der Aufgang der Geburt sei weiß (auf der Spitze des Berges oder im Helm). Bei der Rötung gehe es über das Wasser.

Die Darstellung der Vereinigung von Sol und Luna versinnbildlicht die Coniunctio, eines der Hauptthemen der Alchemie (siehe Kap. ´Chymische Hochzeit´) (Abb.85, Abb. 86, Abb. 87). Jene findet in der Darstellung des Emblems in einem Gewässer statt, welches mit dem Wasserbad (Balneum Mariae) im Labor des Alchemisten zu vergleichen wäre, denn jenes bewirkt eine „mäßige Erwärmung der beiden vereinigten Urstoffe“395.

Auffällig ist, dass zwei der dargestellten Figuren des Emblems simultan vorkommen. Einmal wird Luna im Wasser, das andere Mal in den Wolken gebärend, dargestellt. Andererseits erscheint das Kind, welches zuvor noch in den Wolken geboren wurde, nun als Jüngling, der aus dem Wasser tritt. Maier deutet mit jenem auf die Phase der Rubedo hin, wenn er meint, dass er „roth geht über die Wasserklüfften.“396

394 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIV. 395 Biedermann (zit.) 2006, 118. 396 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIV. 108

EMBLEM XXXV (Abb. 88)

Ceres Triptolemum, Thetis Achillem, ut sub igne morari assuefecit, sic artifex lapidem. („Wie Ceres Triptolemum, die Thetis Achillem dahin gebracht an das Feuer zu gewöhnen, also soll der Künstler den Stein gewöhnen.“)397

Links im Vordergrund sitzt eine ihr Kind stillende Frau (Ceres) nahe einem Kornfeld. In der Hintergrundszene rechts zieht eine Frau (in Rückenansicht) einen nackten liegenden Mann bei den Beinen in die Nähe eines Feuers. Ein alter Mann mit Bart schaut dabei hinter einem großen Felsen hervor. Die Waffen und Kleidung des nackten Mannes liegen am Boden. Im Hintergrund ist eine Frau im Begriff zu fliehen.

In dieser Emblemdarstellung werden zwei Geschichten aus der griechischen Mythologie vereint. Links im Bild ist Ceres mit dem an ihrer Brust säugenden Triptolemos dargestellt, und rechts im Hintergrund wird in einer anderen Szene Thetis mit Achill neben dem Feuer gezeigt. Maier benutzt Triptolemos und Achill als Sinnbilder für den Stein der Weisen. In demselben Maße wie jener seien die beiden durch das Feuer gehärtet und beständig gemacht worden.

In den Fasti des Ovid wird die Geschichte des Triptolemos als Teil der Erzählung vom Raub der Persephone wiedergegeben:398

Triptolemos war der kränkliche Sohn des Keleos und der Metaneira. Als Ceres, die Göttin der Erde und der Fruchtbarkeit, während ihrer Suche nach Persephone, bei dessen Eltern verweilte, küsste sie das Kind, sprach drei geheime Formeln über es und bedeckte es mit Glut vom Herd, woraufhin Triptolemos wieder gesundete. Alchemisch gedeutet entspricht jener der Tinktur, die Wohltaten bringt. Denn bekannt ist Triptolemos vor allem dafür, dass er den Menschen mit dem von geflügelten Schlangen gezogenen Wagen der Demeter den Ackerbau brachte.399 Im Emblem wird Ceres den Triptolemos säugend dargestellt, ein Hinweis, dass er mit dem Stein der Weisen gleichgesetzt werden kann, denn jener finde allein im Feuer seine Nahrung „gleich wie das Kind an der Mutter Brüsten.“400

Auch Achill wurde einer alchemischen Behandlung unterzogen. Im Feuer sei er gehärtet worden, wovon Maier schon im Emblem VI berichtet hat. Die Meeresnymphe Thetis, seine

397 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXV. 398 Ovid, Fasti 4, 510 ff. 399 Hofmeier 2007, 353-354. 400 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXV. 109

Mutter, hatte ihn tagsüber durch Ambrosia unsterblich gemacht, und nachts brannte sie ihm seine Unsterblichkeit weg, indem sie ihn in ein Aschebett legte.401

Für Maier sind die beiden mythologischen Geschichten „eine Chymische Vorstellung, und ein erdichtetes Wesen.“402 Obwohl er, wie bei den anderen Erzählungen der Alten, sich deren Unglaubwürdigkeit bewusst ist, weist er stets darauf hin, dass sie als Sinnbilder zu sehen sind und chymisch gedeutet werden können. Am Ende des Diskurses schreibt er:

„Hier eröffne ich die Wahrheit, die ich mit grosser Mühe von langen Jahren her aus der Alten Schrifften gezogen.“403

Zu erwähnen ist noch, dass die Darstellung des an Ceres Brust säugendem Triptolemos durch die überlangen Gliedmaßen stark manieristisch anmutet, und man wird dabei an Parmigianinos Madonnenbild (Abb. 89) denken. Außerdem könnte man bei der flüchtenden Frauenfigur im Hintergrund an eine Mänade (Begleiterin des Dionysios) erinnert werden.

EMBLEM XXXVI (Abb. 90)

Lapis projeĉtus est in terras, & in montibus exaltatus, & in aëre habitat, & in flumine pascitur, id est, Mercurius. („Dieser Stein ist geworfen auf Erden und erhoben auf die Berge, wohnt in der Luft und wird ernährt in Flüssen, das ist der Mercurius.“)404

Eine sich windende Straße führt in die Stadt. Darauf sind ein paar Menschen und ein Reiter auf dem Weg. Ein See oder Fluss ergänzt die Landschaft im Hintergrund. Überall im Bild sind kubische Würfel zu erkennen, fünf davon auf der Straße, drei auf einem kleinen Berg links, drei am Himmel in der Luft und vier im Gewässer.

Maier behandelt hier das Thema des Auffindungsortes des Steins der Weisen. Auf jenen verweisen die im Kupferstich abgebildeten quaderartigen Gebilde, deren Formen Stabilität und Vollkommenheit symbolisieren.405 Einmal sind sie in der Luft und im Wasser, und einmal auf dem Berg und am Wege zu finden („Man findet es [Lapis] in der Erden, auff

401 Hofmeier 2007, 354. 402 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXV. 403 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXV. 404 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXVI. 405 Battistini 2005, 332. 110 denen Bergen, in der Lufft und auch im Wasser.“406). So fände man den Stein der Weisen in jedem Element. Sobald jener „zur Erden geworffen“ werde (er liege auf offener Straße oder sei sogar im Mist zu finden), so Maier, würde er in die Berge erhoben werden. Mit den ´Bergen´ meint Maier jene vulkanartigen wie den Ätna oder Vesuv. Dort wäre ein immerwährendes Feuer zu finden, welches den Lapis sublimiere und zur höchsten Würde bringe. Er wachse dort „gantz roh aus Sulphure und lebendigem Mercurio“407. Von den Bergen aus erhebe er sich in die Luft, wo sein „beständiger Auffenthalt“ ist, und er wäre von ihr ganz umschlossen, „daß es also mit Wahrheits Grund heissen kann, der Wind habe ihn in seinem Bauch getragen.“408 (vgl. Emblem I) Nachdem der Lapis dann in der Luft gewachsen sei, gehe er in das nächste Element über. Er nehme dann seine Nahrung aus dem Wasser („das ist der Mercurius wird vom Wasser gespeisset.“409).

Am Ende des Diskurses berichtet Maier über den Gott Merkur, der den Ägyptern Gesetz und Lehren gegeben hätte.

„Dann von der Chymischen Wissenschafft haben die Egyptier das weltliche Regiment und ihren Gottesdienst, und von diesen ist es denen Griechen überbracht worden, als welche es weiter auff die Römer transferiret, da es auch andere Völcker bekommen.“410

Hier wird von Maier die anfängliche Entwicklung der Alchemie beschrieben, wobei die Wichtigkeit der Figur des Merkurs für jene relevant ist. Alle Philosophen würden diesem Gott gedenken, und allein in ihm wäre enthalten, was die Weisen suchten.

„Und diesen muß man also lange suchen, biß er funden wird, er seye alsdann in der Lufft, im Feuer oder in der Erden enthalten.“411

(Abb. 23)

406 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVI. 407 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVI. 408 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVI. 409 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVI. 410 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVI. 411 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVI. 111

EMBLEM XXXVII (Abb. 91)

Tria sufficiunt ad magisterium, fumus albus, hoc est, aqua, leo viridis, id est, aes Hermetis, & aqua foetida. („Drei Dinge genügen zur Meisterschaft, der weiße Rauch, das ist Wasser, der grüne Löwe, das Erz Hermes, und das stickende Wasser.“)412

Ein lorbeerbekränzter Löwe steht auf dem Boden einer Landschaft. Sein Blick ist dem Betrachter zugewandt. Rechts hinter ihm erkennt man einen dampfenden Teich, währenddessen links im Hintergrund ein Vulkan am Qualmen ist. Auf der Anhöhe rechts ist eine kleine Ruine zu sehen.

Wie aus dem Emblem hervorgeht brauche es drei Dinge, die zum Geheimnis der Natur (Philosophischen Werk) gehörten: 1. Der weisse Rauch (Wasser), 2. Der grüne Löwe (Philosophisches Erz), 3. Das stinkende Wasser. Jene drei Dinge vergleicht Maier zu Beginn des Diskurses mit denjenigen, die beispielsweise bei einem Hausbau essenziell sind: das Fundament, die Wände und das Dach. Das Fundament sei das stinkende Wasser. Maier erklärt aus mythologischer Sicht, dass Pegasus jenes aus dem Berg Parnass getreten hätte. Und laut Rosarius sei es das Wasser des Drachen. ´Stinkend´ sei das Wasser, weil es nach Schwefel rieche, und Maier meint:

„Damit du aber auch nicht meinen mögest, daß die wahren Philosophi nur stinckende Käfer [ wären die im Unflat wühlen, so solt du wissen, daß der üble Geruch wann er kommt, sich sogleich wieder in einen starcken lieblichen Geruch verwandle [...]“413

Über das für das Philosophische Werk als Zweites benötigte, den grünen Löwen, steht im Epigramm geschrieben: „Der grüne Löw ist das Kupffer Hermetis und Stein genandt […]“414 Maier zitiert in diesem Zusammenhang Rosarius:

„Ich sage aber dir daß alles vollkommene Ertz, allein die Grüne seye, welches von uns Meistern also bald in unser wahres Gold verkehret werden kann […] O du gesegnete Grüne! Die du alles hervor bringst. Dahero auch zu sehen ist, daß keine Frucht oder anderes Gewächs ohne Grüne wachsen kann […] Dieses (grüner Löwe) ist das Philosophische Gold und Ertz, ein Stein in denen Fächern bekannt, ein Rauch,

412 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXVII. 413 Maier (zit.) 1618, Disc. XXXVII. 414 Maier (zit.) 1618, Disc. XXXVII. 112

Dampff und Wasser, ein Speichel (Auswurff) Lunae, welches dem Sonnen-Liecht beygesetzet wird.“415

Maier erklärt darüberhinaus, dass der ´grüne Löwe´ (Bezeichnung für die Darstellung des Eisenvitriols, einer stark ätzenden schwefligen Säure)416 vom Drachen gefressen wird, und, dass aus dessen Mund der Geruch der Fäulnis („eine solche Süsse“) komme. Der dick gewordene Drache würde sterben, und es könne aus ihm eine kostbare Medizin bereitet werden.

Die Aufgabe des weissen Dampfes („ein Wasser“) wäre es zu lösen und zu reinigen (Maier vergleicht den weissen Rauch mit dem Dampf, der beim Waschen die Flecken entfernt). Maier zufolge ist es das Feuer, welches „schliesset auff und destruiret das jenige was es mit gröstem Fleiß bereitet hat.“417 Des Weiteren schreibt Maier: „es ist ein Feuer ohne (Flamm) Liecht und Brand, von grosser Tugend und Würckung, welches in der Dunckelheit gefunden wird, es leuchtet nicht, dahero es schwer zu bekommen ist.“418

(Abb. 92, Abb. 93)

EMBLEM XXXVIII (Abb. 94)

Rebis, ut Hermaphroditus, nascitur ex duobus montibus, Mercurii & Veneris. („Das Rebis wie ein Hermaphrodit wird geboren aus zwei Bergen, des Mercurius und der Venus.“)419

Merkur/ Hermes mit Flügel an seinem Hut und an seinen Schuhen umarmt freudig blickend die rechts neben ihm sitzende Frau (Venus-/Aphroditefigur), deren Brüste halb entblößt sind. Sie erwidert seine Umarmung, und neben ihr, rechts im Bild, sitzt ein kleiner Amor und spielt mit einem Köcher. Ein Attribut des Hermes, der Caduceus, liegt links im Vordergrund. Oberhalb des Paares steht ein Hermaphrodit mit gespreizten Beinen und überbrückt eine felsige Landschaft.

415 Maier (zit. n.) 1618, Disc. XXXVII. 416 Roob 2006, 138. 417 Maier (zit.) 1618, Disc. XXXVII. 418 Maier (zit.) 1618, Disc. XXXVII. 419 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXVIII. 113

Im Diskurs zum Emblem XXXVIII erfährt der Leser mehr über den Hermaphroditen (vgl. Emblem XXXIII), und Maier bringt die Meinung der Philosophen über diesen zum Ausdruck. Er sei ein Bürger der ganzen Welt, könne überall dort vorkommen, wo die vier Elemente gefunden werden, und sei noch dazu der Sohn der Weisen.

Zum Namen des Hermaphroditen sei es folgendermaßen gekommen: „Der Rebis, der ein Einwohner zweyer Berge des Mercurii und Veneris ist, hat auff gleiche Weiß von beyden Eltern den Nahmen eines Hermaphroditi erlanget.“420 Im Emblem wird verdeutlicht, dass der Hermaphrodit das Produkt der Vereinigung von Merkur (Hermes) und Venus (Aphrodite) ist. Kompositionstechnisch bildet er im Kupferstich die Spitze eines Dreieckes, welches das sich umarmende Paar umschließt. An dessen Ecken befinden sich links der Caduceus-Stab und rechts der mit dem Köcher spielende Cupido.

Laut Maier würde man den Hermaphroditen (er nennt ihn auch Rebis oder Androgyn) überall kennen, und viele würden ihn aufsuchen, wenn sie wissen würden wo seine Heimstätte in den hohen Bergen läge. Ihn zu finden ist mit der Suche nach dem Stein der Weisen zu deuten. Wie so oft stellt Maier auch hier die Wichtigkeit des Bücherwissens heraus, macht aber gleichzeitig deutlich, dass man nicht allein durch Bücher zum Ziel gelangen kann:

„Zwar geben uns zu Weilen die Bücher ein grosses Liecht, jedennoch aber sind diesselbige voll lauter Dunckelheiten, daß man nichts gewisses aus demselben nehmen und begreiffen kann: […]“

Ein Vergleich zur Seefahrt wird gemacht:

„Dann in Wahrheit diese [Bücher] nichts dann ein weites unerschöpffliches Meer sind, auff welchem nur allein die wohlerfahrne Schiffer durch ihre Astronomische Instrumenta die Weite und Höhe des Aequatoris über den Horizon zu wissen finden. Der Magnet muß den Polum von Norden entdecken, und zeigen, wie viel Grad solcher von dem ersteren Meridional- oder denen Insulis Fortunatis stehe. So nun ein Unwissender nicht errathen kann, an was vor einem Ort des Auff- oder Niedergangs der Sonnen er seye, wie soll er dann errathen mögen, was der wahre Inhalt der Philosophischen Bücher seye? Die Erfahrung muß mit der Vernunfft zu Rath gehen, und von derselben lernen durch besondere Zeichen das entlegene abzumessen […]“421

420 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVIII. 421 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXVIII. 114

EMBLEM XXXIX (Abb. 95)

Oedypus Sphynge superata & trucidato Lajo patre matrem ducit in uxorem. („Ödipus wie er die Sphynx besiegt und sein Vater getötet, nimmt seine Mutter zum Weib.“)422

Im Vordergrund sind drei Figuren dargestellt, die jeweils ein Zeichen auf der Stirn tragen. Ein auf dem Boden krabbelndes Kind trägt ein Quadrat auf der Stirn, der aufrecht stehende Mann daneben einen Halbkreis und der alte Mann mit Stock ein Dreieck. Im Hintergrund sind vier Szenen aus dem Ödipus-Mythos wiedergegeben: Einmal trifft Ödipus auf die Sphinx, einmal schüttelt er bei der Begegnung mit seiner Mutter der Königin die Hand, und ein anderes Mal tötet er den König mit einem Schwert. Links im Hintergrund befindet sich eine ummauerte Stadt, wovor wiederum die Sphinx dargestellt ist.

Dieses Emblem hat den Mythos des Ödipus und das Rätsel der Sphinx zum Inhalt: Ödipus war der Sohn des thebanischen Königs Laios. Nachdem jenem prophezeit wurde, dass sein Sohn ihn einst töten werde, setzte er ihn in der Wildnis mit durchstochenen Füssen aus. Als ihn ein Schafhirte gefunden hatte, brachte er ihn zum König Polybos von Korinth, welcher ihn aufzog. Weil Ödipus im Orakel von Delphi vorausgesagt wurde, dass er seinen Vater töten werde, verließ er die Stadt und kam nach Theben, wo er seinem leiblichen Vater Laios begegnete und ihn tötete. Als Ödipus Theben von der Sphinx befreite, die die Bewohner terrorisierte indem sie falsch beantwortete Rätsel mit dem Tod bestrafte, bekam er den Thron mitsamt der verwitweten Jokaste, von der er nicht wusste, dass sie seine leibliche Mutter war. So blieb ihm das eigentliche Rätsel seiner Existenz verborgen.423

Nachdem Maier Erzählungen über die Sphinx liefert, macht er im Diskurs auf Folgendes aufmerksam:

„Nichts kindisch- oder weibischer ist zu hören als alles nach dem Buchstaben erkläret zu sehen, und hierdurch werden die allerherrlichsten Wissenschafften zu Mährlein und Gedichte gemacht.“424

Hiernach, wie auch bei von Maier anderen behandelten Mythen, seien die Geschichten der Alten nicht wörtlich zu nehmen, sondern vielmehr als Allegorien und als Verweise auf darin verborgene Geheimnisse zu deuten.

422 Maier (zit.) 1617, Lemma XXXIX. 423 Hofmeier 2007, 346. 424 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIX. 115

In dem Rätsel der Philosophischen Sphinx sei eine „sonderbahre Wissenschafft und Gelehrsamkeit verborgen.“425 Das im Epigramm gestellte Rätsel lautet folgendermaßen:

„Es ward gefragt: Was da hätt deß Morgens vier Fuß, am Mittag / Nur zween, und am Abend widerumb drey Füsse trag […]“426

Es handelt sich um den Menschen, der als Kind mit vier Füssen, zu Mittag seines Lebens mit zwei Füssen und zum Abend hin alt geworden mit drei Füssen, wovon einer der Stock ist, geht.

Das Rätel der Sphinx bezieht sich für Maier allerdings nicht auf die drei Lebensalter, sondern es ist chemisch zu deuten:

„Was nun eigentlich Oedypus vor eine Antwort gestellet ist nicht zu finden, wie wohl einige wollen, daß er des Menschen Alter auffgeleget, welches aber nicht zu glauben ist. Vor allem sind die vier Elementa zu betrachten […]“427

Die Antwort hat für Maier mit den vier Elementen zu tun, und in diesem Zusammenhang zitiert er aus den Epistola des Rhasis (865-925, arabischer Alchemist):

“Der Stein im Tryangel ist in seinem Wesen, der im Quadrangel oder Viereck aber, in seiner Qualität oder Kraft“.

Hierfür, wie Maier erwähnt, ist die Auslegung des Emblem XXI von Bedeutung, und die geometrischen Figuren, die in die Köpfe der drei dargestellten Menschen im Vordergrund auf der Stirn eingezeichnet sind, verweisen möglicherweise darauf.

Zum Schluss des Diskurses betont Maier die allegorische Bedeutung des Ödipus-Mythos:

„Alles dieses ist ein Gedicht, und muß von Christen gemeidet werden; ja es wird allein auff das Philosophische Geheimnuß gezogen.“ 428

Schließlich gehörten Vatermord und Blutschande nicht zu den Tugenden eines christlich- religiösen Menschen, und für Maier spielt ´Ursache und Wirkung´ in Zusammenhang mit dem Geheimnis eine Rolle:

„Dann bey solcher Arbeit beydes sich hervor thut, die (Ursach) der Vatter, wird von seinem Sohn (dem Würckenden) aus dem Weg geraumt und umgebracht, und nach solcher Würckung, wird der Vatter der Natur nach wieder mit dem Sohn vereiniget,

425 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIX. 426 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIX. 427 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIX. 428 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIX. 116

daß sie eines sind, wodurch dann der Sohn seine Mutter zu der Ehe bekommt, und das Königreich mit gewaffneter Hand besieget; besitzet also dieser Sohn nach dreyen Rechts-Gründen seine Ehe und Herrschaft.“429

EMBLEM XL (Abb. 96)

Ex duabus aquis, fac unam, & erit aqua sanĉtitatis. („Aus zwei Wassern mach eines, und es wird sein das Wasser der Gesundheit.“)430

Eine nackte männliche Statue auf einem Sockel in einer felsenartigen Nische stehend spendet Wasser aus ihrem Mund, das gerade von einem Mann mit einer Schüssel aufgefasst wird. Rechts sieht man das gleiche Bild, jedoch seitenverkehrt und eine weibliche Statue ist zu erkennen sehen. Ein anderer Mann trinkt das bereits davon geschöpfte Wasser. Einige Menschen versammeln sich hinter den steinernen Trögen, in die das Wasser fließt, einmal trinkend, einmal wartend. Im Hintergrund erkennt man Wanderer, die scheinbar auf dem Weg zurück in die Stadt sind.

Man solle das warme Wasser aus dem Brunnen des Knaben und das kalte aus dem Brunnen der Jungfrau mischen, woraus das geheiligte Wasser entstehe. Maier schildert im Diskurs, dass es viele Wunder-Brunnen gäbe und zählt Beispiele auf (…), doch meint er, dass der ´Philosophische Brunnen´ jene an Kraft und Tugend übertreffe. Aus den beiden Wassern entstehe „ein fixes Corpus“, womit Maier den Lapis meint. Er könne das Weiche hart und das Harte weich machen.

„Der Stein heist ein Wasser, weilen er gegossen wird, und das Wasser wiederum ein Stein, weilen er sich reiben lässt.“431

Arznei-Getränke und warme Bäder seien auch Mixturen, die aus der Vereinigung entsprossen. Das Philosophische Wasser hat verschiedene Kraft und Wirkung.

Der Brunnen ist Symbol für Merkur, seine Heil- und Erneuerungskraft. Er ist vergleichbar mit dem mittelalterlichen Jungbrunnen, der von Unreinheiten befreit. Das Motiv des Brunnens weist auf den Lapis hin, der schöpferischen, sich ständig erneuernden Energie.432

429 Maier (zit.) 1617, Disc. XXXIX. 430 Maier (zit.) 1617, Lemma XL. 431 Maier (zit.) 1617, Disc. XL. 432 Battistini 2005, 336. 117

7.6.5.

EMBLEM XLI (Abb. 97)

Adonis ab apro occiditur, cui Venus accurrens tinxit Rosas sanguine. („Adonis wird von einem wilden Eber getötet, ihm wie die Venus helfen wollte hat sie mit Blut die Rosen rot gefärbt.“)433

Am Boden einer Waldlandschaft liegt im Vordergrund ein scheinbar lebloser oder verwundeter Jäger (Adonis). Mit dem rechten ausgestreckten Arm hält er noch einen Speer, seine Augen sind geschlossen. Rechts im Hintergrund jagt ein Hund einen Eber, und ein mit einem Schild bewaffneter Mann beobachtet dies. Derweilen läuft eine Frau mit erhobenen Armen (Venus) aus dem Gestrüpp, das sich neben dem liegenden Jäger befindet.

Die von Maier in diesem Emblem behandelte mythologische Erzählung von Venus und Adonis ist in Ovids Metamorphosen zu finden, wobei die Geschichte der Atalante und des Hippomenes in dieser integriert ist: Venus verliebte sich unsterblich in den schönen Jüngling Adonis. Als jener von einem wilden Eber getötet wurde, eilte Venus herbei, und untröstlich über ihren Verlust, begrub sie den Leichnam und ließ das Blut des Geliebten in Blumen verwandeln (´Adonisröschen´). Darüberhinaus verletzte sich Venus in Maiers Erzählung beim Herbeieilen das Bein an einem Rosenstrauch. Ihr Blut färbte dabei die weißen Rosen rot.

Maier benutzt auch in diesem Emblem einen mythologischen Stoff um ihn als alchemische Allegorie zu deuten. Allein schon die Farben ´Weiß´ und ´Rot´ der Rosen sind als Hinweis zu verstehen, dass Maier die Geschichte der Venus und Adonis im alchemischen Kontext sieht. Die alchemischen Phasen der Albedo und Rubedo werden dadurch angedeutet.

Maier erzählt über Adonis, dass er der ´Philosophischen Sonne´ gleich sei. Er zitiert dabei den lateinischen Vers Omnia sunt idem, Dionysius, Sol & Adonis. („Alle sind derselbe, Dionysos, Sol und Adonis“434). Die Philosophische Sonne, die Sonne der Weisen, sei unter Adonis vorgebildet worden. Genauso wie Adonis durch das Schwein, so würde auch die Philosophische Sonne durch ein grimmiges Tier getötet werden (Abb. 93). Das Schwein

433 Maier (zit.) 1617, Lemma XLI. 434 Maier (zit. n.) 1617, Disc. XLI. 118 stehe für den „allerschärffsten Essig“435 (oder auflösendes Wasser). Noch dazu vergleicht Maier die Geschichte mit derjenigen des Osiris, welcher, nachdem er von seinem Bruder Typhon zerstückelt worden war, von Isis wieder eingesammelt wurde. Nachdem diese ihn bestattet hatte, wurde er wieder zum Leben erweckt. So wie Osiris sei auch Adonis nach seinem Tod wieder auferstanden und unter die Götter erhoben worden. Maier bezeichnet diese Geschichten als „Heydnische Gedichte“436, welche den Völkern damals als Götzendienst vorgestellt wurden.

Maier macht darauf aufmerksam, dass Adonis aus „unkeuscher Blutschand“ geboren wurde. Schließlich wurde er vom Vater seiner Mutter Myrrha gezeugt. Allein nach der Erzählung her wäre dies ein großes Laster, doch, „da es aber allein auff das Philosophische Werck appliciret und gezogen wird, findet es einen grossen Nutzen.“437 Maier klärt auf: „Je näher nun sie einander verwand sind, je fruchtbarer werden sie […]“438 Ansonsten sei die Blutschande nach göttlichem und weltlichem Recht nicht erlaubt. Andere vergleichbare Beispiele aus der Mythologie, die Maier in diesem Zusammenhang aufzählt, sind die des Ödipus (und dessen Mutter) oder des Jupiter (und dessen Schwester).

Gegen Ende des Diskurses zitiert Maier eine längere Passage aus dem Rosarium Philosophorum, wo Belinus (wohl mit dem griechischen Philosophen und Magier Apollonios von Tyana identisch)439 in der ersten Person des Adonis schreibt, dass sein Vater, die Sonne, ihm die Macht über alle Gewalt gegeben hätte, und dass er alles erhöhen und vernichten könne. Außerdem könne nur Saturn alle seine Glieder zerteilen, und seine Mutter würde diese wieder einsammeln. Maier kommentiert dies im letzten Satz des Diskurses folgendermaßen:

„Diese Worte sind ja so klar, daß ein halbverständiger sie fassen kann; […]. Dann was wahr ist, lässet sich auch unter denen verblümten Redens-Arten bald mercken, und das Falsche tritt so gleich der Wahrheit entgegen.“440

Die Geschichte ´Venus und Adonis´ wurde von Shakespeare, einem Zeitgenossen Maiers, im Jahre 1593 aufgegriffen, und es ist durchaus möglich, dass Maier dessen epische Versdichtung über die ovidsche Geschichte gekannt hat. Munoz Simonds hat sie genauer

435 Maier (zit.) 1617, Disc. XLI. 436 Maier (zit.) 1617, Disc. XLI. 437 Maier (zit.) 1617, Disc. XLI. 438 Maier (zit.) 1617, Disc. XLI. 439 Hofmeier 2007, 331. 440 Maier (zit.) 1617, Disc. XLI. 119 unter die Lupe genommen und nach alchemischen Entsprechungen untersucht. Sie kommt zu folgendem Urteil:

„Shakespears primary interest in writing the poem was, […] to demonstrate that poetry itself was like alchemy and could also produce the Elixir or the universal medicine to cure human suffering, most of which was caused by love.“441

EMBLEM XLII (Abb. 98)

In Chymicis verfanti Natura, Ratio, Experientia & leĉtio, sint Dux, scipio, perspicilia & lampas. („Dem, der sich in Chymicis befindet, sei die Natur, Vernunft, Erfahrenheit und Lesen wie ein Führer, Stab, Brillen und Lampen.“)442

Auf einem Pfad, der aus der nächtlichen Landschaft im Hintergrund in den Vordergrund links führt, schreitet eine Frau mit Blumen in der einen und Früchte in der anderen Hand. Sie hinterlässt Fußspuren in der Erde, welchen ein nachfolgender alter Mann mit Brille, Stock und Laterne folgt.

Das Emblem handelt davon, dass die Natur dem Alchemisten als Vorbild dienen soll. Sie sei ihm eine Führerin und „Wegweiser deren Fußstapfen man folgen muss.“443 Die Natur wird personifiziert durch die weibliche Figur links im Bild. Ihre Darstellung ähnelt übrigens Botticellis Frauenfiguren (man achte vor allem auf die Draperie der Kleidung) (Abb. 99, Abb. 100). Sie ist mit den Attributen Blumenstrauß und Naturalien ausgestattet und schreitet auf einem Pfad, währenddessen ihr ein alter Mann mit Laterne, Stock und Brille folgt. Sein Gang scheint recht unbeholfen und langsam zu sein, dennoch ist er auf der richtigen Fährte. Wie man aus Maiers schriftlichen Ausführungen entnehmen kann, sind die Utensilien des Alten als Metaphern zu sehen: Der Wanderstock ist die Vernunft, die Brille steht für das Bücherlesen, und die Laterne gibt dem Lesenden Licht. Die Wichtigkeit des Bücherlesens stellt Maier ganz nach dem Motto Ora, lege, lege, relege et invenies occultum lapidem („Bete, lies, lies, lies nochmals, und du wirst den verborgenen Stein finden.“ )444 auch in diesem Diskurs heraus:

441 Munoz 1998 (zit.), 134. 442 Maier (zit.) 1617, Lemma XLII. 443 Maier (zit.) 1617, Disc. XLII. 444 Biedermann (zit. n.) 2006, 124. 120

„Die guten Bücher der wahren Adeptorum müssen im Leben öfters wiederholet werden, wann sie sollen Nutzen geben.“445

Metapher für die Erfahrung ist die Brille, durch die man in die Ferne sehen könne und erkenne.

Das Emblem will verdeutlichen, dass der Adept einen langen und schwierigen Weg vor sich hat und, dass viele Gefahren auf den Reisenden lauerten. Um jene zu bewältigen brauche es „vier Haupt-Dinge“, die von Maier dargelegt werden: Erstens sollte man wissen, wohin der Weg geht, das heißt, man benötigt einen Wegweiser („Dann wo ein ohnwissender einen führen sollte, wäre es eben, als wann ein Blinder dem andern den Weg wiese, […]“). Dann brauche man einen Wanderstab und gute Augen („[…] dann kein Blinder oder Blödäugiger mag ohne Gefahr reisen“), und zu guter Letzt sei eine lichtspendende Laterne von Nöten. Neben diesen erforderlichen Dingen erwähnt Maier noch die Leibes-Stärcke und die erfordernde Kosten. Natur, Vernunft, Erfahrung und die Philosophischen Bücher (Studium) sollen in Harmonie gebracht werden. Sie sind die vier Räder des Philosophischen Wagens.

Der Alchemist wollte die Natur nicht verändern, sondern er strebte danach, das im Inneren der Natur Verborgene ans Licht zu holen. „Die Kunst vollendet entweder das, was die Natur nicht zu vollenden imstande ist, oder sie schränkt es ein“446 hatte schon Aristoteles als Formel ausgedrückt. Nur wenn der Alchemist geduldig dem Pfad der Natur folgte, konnte er seine Ziele erreichen.447

Die Natur als Vorbild war auch im alchemischen Laboratorium präsent. Gleich wie die dortigen Prozesse ablaufen, so sollen sie auch in der Natur geschehen. Demnach zirkulieren die Elemente durch eine innere Hitze. Wenn sie sich vergeistigen, steigen sie zum Himmel auf, und, wenn sie zur Erde zurückkommen, nehmen sie Form an. Ein himmlischer Einfluss durchdringt alle Körper, was stark an die Gedanken der Stoiker erinnert. Michael Sendivogius, und vor ihm Paracelsus, haben die Natur als dreifaltig und einig bezeichnet. Sie besteht aus dem mineralischen, pflanzlichen und animalischen Reich, welche wiederum aus denselben Elementen gebildet werden (Quecksilber, Schwefel, Salz), die zusammen die Einheit ´Natur´ ausmachen.448.

445 Maier (zit.) 1617, Disc. XLII. 446 Aristoteles, Physik II, 199a 15. 447 Priesner/Figala 1998, 250. 448 Priesner/Figala 1998, 251. 121

Der Alchemist wollte die Prinzipien der Natur verstehen. Er war bestrebt ihre Prozesse zu beschleunigen, nicht zu verändern. Leonardo da Vinci hatte das Kunstwerk als ´zweite Natur´ beschrieben, und so wäre auch das alchemische Werk zu verstehen. Jenes und das Kunstwerk geben ein idealisiertes Bild der Natur ab.449

„Die Natur läßt sich nicht bremsen oder zwingen […] weit gefehlt! Sie herrscht über uns, wir nicht über sie“. (Heinrich Khunrath)450

Durch die Natur wird auch die Prima materia versinnbildlicht, aus der durch Umwandlungsprozesse die Schöpfung entsteht. Dem Alchemisten war sie wie eine Mutter (Gebärerin der Vielfalt), und die mütterliche Natur wird beispielsweise auch bei Maier im Emblem II, wo die Erde als Amme den Lapis säugt, symbolisiert. 451

Beim Hören der Fuge zum Emblem XLII fällt auf, dass die Stimme des Hippomenes hier zum ersten Mal schneller wird als die der Atalante.

(Abb. 101, Abb. 41)

EMBLEM XLIII (Abb. 102)

Audi loquacem vulturem, qui neutiquam te decipit. („Hör zu dem redenden Geier, der dich keineswegs täuscht.“)452

Auf der Spitze eines felsigen Berges sitzt ein Adler und hält in seinem Schnabel ein Banner mit der Aufschrift Ego sum niger albus citrinus et rubus („Ich bin schwarz, weiß, gelb und rot.“). Unterhalb fliegt eine Krähe.

Das Emblem XLIII scheint von der bildlichen Darstellung her Emblem VII sehr ähnlich zu sein, doch bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass die Landschaft hinter dem zentral wiedergegebenen Berg eine andere ist, und im Gegensatz zum Emblem VII, wo sich zwei junge Vögel im Nest auf der Bergspitze befinden, wird auf derjenigen im Emblem XLIII ein ausgewachsener Vogel ohne Nest und mit Banner im Schnabel dargestellt.

449 Battistini 2005, 288. 450 Roob (zit. n.) 2006, 409. 451 Roob 2006, 409. 452 Maier (zit.) 1617, Lemma XLIII. 122

Wie man dem Lemma entnimmt, handelt es sich bei dem Vogel mit Banner nicht um einen Adler, wie man vermuten würde (vgl. Emblem XLVI), sondern um einen Geier: „Höre das Gespräch des Geyers, welches dich nimmermehr betrügen wird.“453

Maier beginnt den Diskurs über Erzählungen von verschiedenen Vogelarten. Papageien, Raben, Dohlen und Elstern könnten reden lernen, und selbst Plinius habe bezeugt, dass Agrippina, die Gemahlin des Claudius, eine sprechende Drossel gehabt habe. Für Maier ist klar, dass durch tägliche Übung und Gewohnheit alle Vögel, die dazu veranlagt wären, zum Sprechen abgerichtet werden können. Vom Geier der Philosophen sagt er jedoch, dass jener die Sprache nicht erlernen müsse, sondern, dass er sie von der Natur erlangt hätte. Der Geier rufe ständig, und man müsse vor allem auf die Farbe dieses Vogels acht geben. Sie würden seinen wahren Adel verraten. Auf die vier Farben, die auf die vier verschiedenen Stufen des Opus magnum verweisen (Schwarz, Weiß, Gelb, Rot), wird durch die Inschrift auf dem Banner verwiesen. Maier spricht die Analogie des farbigen Geiers zum Stein der Weisen an: „Nicht ohne Ursach wird das Philosophische subjectum einen Geyer verglichen.“454 Dann folgt er mit allgemeiner Rede über diesen Geier. Er würde von sich aus Eier legen, würde bis hundert Jahre alt, seine Nester würde er auf einem hohen Berg bauen, sie seien der Schlangen Feind etc. Des Weiteren hätte der Geier bei den heidnischen Wahrsagern eine hohe Stellung, weil er kein Tier töte und keine Saat des Menschen angehe. Er werde aus dem Wind gezeugt, in seinem Bauche getragen und an der Luft wachse er (vgl. Emblem I). Den Wissenden sei er dienlich, und bei Weissagungen sei er der beste.

Der ´Philosophische Geier´ wird in diesem Emblem mit dem Philosophischen Stein in Verbindung gebracht. Noch dazu verweist darauf das zum Schluss von Rosinus (eigentlich Zosimos von Panopolis)455 wiedergegebene Zitat:

„Man muß das hohe Gebürg zur recht- und lincken Seiten wol betrachten, und daselbst hinauff steigen: dann alldorten wird unser Stein gefunden, und auff einem andern Berg, der mit allerhand Arten Farben, Spiritus, und Gestalten geschmücket ist, ist er auch zu finden:“456

453 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIII. 454 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIII. 455 Hofmeier 2007, 351. 456 Maier (zit. n.) 1617, Disc. XLIII. 123

EMBLEM XLIV (Abb. 103)

Dolo Typhon Osyridem trucidat, artúsque illius Hinc inde dissipat, sed hos collegit Isis inclyta. („Durch Betrug Typhon Osiris tötet und seine Glieder zerstreut, welche wiederum zusammenbringt die Isis, so weit bekannt.“)457

Im Vordergrund der Innenraumszene steht ein geöffneter Sarg am Boden, aus dem sich liegend ein König erhebt und um den sich drei Personen versammeln, unter anderem eine mit orientalischem Gewand. Die Szene im Hintergrund links schildert die Zerstückelung des Königs durch eine Figur mit Schwert, die halb von einer Raumwand verdeckt wird. Eine Frau eilt auf die Gliedmaßen zu. Im Hintergrund rechts sitzt eine Person am gedeckten Tisch und unterhält sich mit dem vor ihm stehenden Mann in orientalischer Kleidung.

Die Szene im linken Bildhintergrund, die Zerstückelung des Königs, spielt wie in anderen alchemischen Illustrationen (Abb. 104) auf den Osiris-Mythos an: Der ägyptische Gott der Unterwelt, Osiris, wurde von seinem Bruder Seth (griech. Typhon) zerstückelt. Die Leichenteile wurden sodann von Osiris´ Geschwistergattin aufgesammelt, die ihnen ein neues Leben einhauchte. Allerdings musste Osiris fortan in der Unterwelt bleiben. In der Alchemie spielte Osiris als Symbol für Tod und Auferstehung, Trennung und Vereinigung eine große Rolle.458

Maier weist im Diskurs als erstes darauf hin, dass er die Geschichte des Osiris schon in seinem ersten Buch, in seinen Hieroglyphischen Figuren, angeführt hätte („wie es auf die Chymie zu appliciren“459) und findet es deswegen unnötig „weiter etwas davon Meldung zu thun.“460 Der restliche Diskurs besteht eigentlich aus einer langen Aufzählung von Figuren aus der Mythologie, die von den Poeten auf die Alchemie („Chymie“) bezogen wurden.

Westscott ist der Meinung, dass es sich bei den kaum erkennbaren Gerätschaften auf dem Tisch rechts im Hintergrund um einen liturgischen Kelch, einen alchemischen Messbecher und eine Rebek (mittelalterliche Geige) handelt.461 Durch jene würde der alchemische

457 Maier (zit.) 1617, Lemma XLIV. 458 Hofmeier 2007, 347. 459 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIV. 460 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIV. 461 Westscott 1991, 4. 124

Prozess der Cibatio (Verfestigung eines wachsartigen Zustandes) angezeigt. Der König wird im Laufe seiner Transmutation durch den ausübenden Alchemisten ernährt. Der Kelch symbolisiere Vertrauen, die Geige die Musik und der Messbecher die Alchemie.

Die Zerstückelung des Osiris, gleichgesetzt mit der Zerstückelung des Königs, findet in der Musik ihren Widerhall.462 Mit dem ´ausübenden Alchemisten´ wird die Figur mit Turban am Tisch im Hintergrund gemeint. Auch im Vordergrund wird eine solche Figur in orientalischem Gewand wiedergegeben. Solche Gestalten symbolisieren in der Alchemie den weisen Arzt und Alchemisten (Abb. 105). Der orientalische Bezug liegt auf der Hand, wenn man die große Entwicklung bedenkt, welche im arabischen Raum auf dem Gebiet der Alchemie durch dortige Gelehrte stattgefunden hat.

EMBLEM XLV (Abb. 106)

Sol & eius umbra perficiunt opus. („Die Sonne und ihr Schatten vollbringen das Werk.“) 463

Zentral ist der Erdglobus dargestellt. Um ihn herum führt ein Sternenkreis, der teilweise von den Bildkanten beschnitten ist. Die Sonne befindet sich als Teil dieses Sternkreises am linken oberen Bildeck. Rechts unten im Bild wird der Schatten der Erde angedeutet, daneben ist der Mond klein wiedergegeben.

Behandelt wird in diesem Emblem das Phänomen des Schattens, und Maier benutzt es als Gleichnis. Den Diskurs beginnt er mit dem Beispiel eines runden Raumes, indem ein Licht angezündet wird. Solange es dort nämlich keine Gegenstände zwischen Licht und Wände gäbe, gäbe es auch keinen Schatten. Zum Vergleich meint er, dass die Sonne (wie das kleine Licht den Raum) den ganzen Himmel durchstrahlen würde, und es finde sich kein Schatten „ohne wo die Erden ihren Gegenstand gebrauchet, dahero dann die Nacht entspringet […]“464 Wenn die Nacht also eine „Beraubung des Sonnen-Liechts“ sei, sei der Tag „der Glantz der Sonnen.“465 Licht und Finsternis könnten sich nicht begegnen. Maier erwähnt in diesem Zusammenhang die Schrift Libro Sphaerico von George Buchmann, in welcher es darum gehe, dass die Sonne von der Finsternis als eine Feindin gehalten werde

462 Westscott 1991, 4. 463 Maier (zit.) 1617, Lemma XLV. 464 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 465 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 125 und sie ihr immer nachstelle „ob sie selbige schon nicht ermüden noch ereylen mag […]“466

Maier macht Ausführungen über den („von Gott gesetzten“) Lauf der Sonne, und er stellt sich vor wie es wäre, wenn die Sonne „nach ihrem Willen“ den Lauf ändern würde.

„Es hat aber der allweise Schöpffer nach seinem heiligen Willen und Gefallen, […] ein anderes Gefallen, und das Jahr in so viel Tag und Stunden vertheilet.“467

Gott habe den Planeten eine doppelte Bewegung gegeben, eine erste und zweite („motum primum & secundum“468). Einen gleichmässigen Tag und Nacht brächte die Philosophische Sonne durch ihr Licht und Schatten hervor.

Ebenso wie die Astronomen würden auch die ´Chymisten´ den Schatten erforschen. Sie „gedencken auch von ihrem Schatten, daß durch selbigen das Werck geendiget werde.“469 Schließlich gäbe es hier ohne Sonne auch keinen Schatten. Maier vergleicht die Sonne mit einer Glocke (deren Schatten der Stempel ist). Jene gibt in ihrer ersten Bewegung einen Klang, „aber der Schwengel giebt den Klang von selbsten.“470 Der Philosophische Schatten sei der schwärzeste. Maier erwähnt seine Beobachtungen zum physikalischen Phänomen des Schattens: Um Mittag schiene die Sonne am heissesten, und der Schatten wäre am allerkleinsten. Wenn nun die Philosophische Sonne am höchsten stehe, so vermindere sich auch ihr Schatten, und umgekehrt, wenn der Schatten zunehme, dann entweiche der Sonnen Schein. Zuletzt im Diskurs erwähnt Maier den Zusammenhang der Sonne mit den Sternbildern und dem Jahreslauf. Im „Capricorno“ endige sich die erste Arbeit im Winter, und die „Weiber Arbeit“ gehe an, welche bis zum Sternbild des Löwen dauerte. „Gehet also eine Arbeit aus der anderen, biß das Jahr mit seinem Haupt den Schwantz ergriffen und die Schlangen sich geendiget.“471

(Abb. 107, Abb. 108, Abb. 109)

466 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 467 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 468 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 469 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 470 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 471 Maier (zit.) 1617, Disc. XLV. 126

EMBLEM XLVI (Abb. 110)

Aquilae duae, una ab ortu, altera ab accasu conveniunt. („Zwei Adler, einer vom Osten, der andere vom Westen, kommen zusammen.“)472

Eine Zeus-/Jupiterfigur steht auf einer kleinen Insel im Meer und lässt von jeder Hand einen Adler los. Sie fliegen in zwei verschiedene Richtungen.

Im Diskurs klärt uns Maier über die mythologische Geschichte des Apoll, der in der Darstellung des Emblems seiner Haltung her im Typus des auferstandenen Christus wiedergegeben wird, auf: Weil Latona von Jupiter mit Apoll und Diana schwanger war, sandte die eifersüchtige Juno die Schlange Python. Daraufhin flüchtete Latona auf eine Insel, auf der sie als „Lucinam“ verehrt wurde „weilen sie den neugebohrenen mit offnen Augen das Liecht der Welt zeiget.“473 Nachdem Apoll erwachsen war, tötete er Python, den Feind seiner Mutter.

Maier erwähnt Äskulap, und folgert schließlich aus den mythologischen Geschichten:

„Daß nun dieses Chymische Vorbildung und Gedichte sind, ist anderwerts von mir erwiesen worden.“474

Interessant scheint der Bericht Maiers über den Tempel des Apolls, den er ausführlicher beschreibt. Es handele sich dabei um den Tempel zu Delphi in „welchem viele künstliche Säulen von massiven Gold und Silber eines sehr hohen Werths von Königin und Fürsten, aufgerichtet stunden, die aus allerhand Volck, als ein Zeichen ihrer devotion dahin verehrt worden.“475 Der Bau befände sich außerdem am Fuße des Berges Parnass, und neben ihm hätte es einen Brunnen gegeben. „Das Wasser (daraus) machte seine Gäste so es trancken, geschickt, zu Weissagen, wiewohl ihnen hierdurch das Leben auch verkürtzet wurde.“476 Und weil nun der Tempel von den Menschen allerorts verehrt worden wäre, würde der Parnass zum Mittelpunkt der Erde erklärt werden. Laut den „Poeten“ hätte Jupiter zwei Adler gesandt um dies zu bemessen. Genau dieser Augenblick wird im Emblem dargestellt.

Nachdem Maier dann erklärt, dass die mythologischen Geschichten nur pure Fabeln seien, konzentriert er sich gegen Ende des Diskurses auf den Adler. Jener wäre der Freund

472 Maier (zit.) 1617, Lemma XLVI. 473 Maier (zit.) 1617, Disc. XLVI. 474 Maier (zit.) 1617, Disc. XLVI. 475 Maier (zit.) 1618, Disc. XLVI. 476 Maier (zit.) 1618, Disc. XLVI. 127

Apolls, er verfaule nie, würde nie krank werden, verzehre andrer Vögel Federn. Außerdem hätte er einen krummen Schnabel, den er abwerfe, wenn er zu groß gewachsen. Danach würde er sich dreimal in einen Brunnen senken, sodass er sich verjüngere und neu geboren wird. Des Weiteren wird dessen Flüchtigkeit erwähnt, und Maier berichtet, dass er den Drachen und seine Eier aufsuche. – „Aus allen diesen Ursachen nun, haben die Alten Philosophen ihr Werck dem Adler verglichen, und der Weisen Stein damit vorgebildet.“477

Laut Streich könnte es sich bei dem von Maier zu diesem Emblem komponierten Musikstück um die klangsymbolische Darstellung des zweiten Apfelwurfes handeln. Außerdem macht sie auf die kunstvolle Anwendung des Krebsverlaufes aufmerksam: Während sich die Stimmen der Atalante und die des Apfels in die gleiche Richtung bewegen, läuft diejenige des Hippomenes entgegengesetzt.478

EMBLEM XLVII (Abb. 111)

Lupus Oriente & Canis ab Occidente venientes se invicem momorderunt. („Der Wolf vom Aufgang und der Hund vom Niedergang kommend haben sich untereinander gebissen.“)479

Ein Wolf und ein Hund kämpfen miteinander. Nur auf den Hinterbeinen stehend haben sie sich mit den Vorderpfoten umklammert und verbeissen sich ineinander.

Maier vergleicht hier den Wolf „vom Orient kommend“ und den Hund „vom Occident kommend“480 mit den zwei Steinen von denen der eine rot (Wolf) und der andere weiß (Hund) sei. Laut Avicenna würden jene im Mist liegen, und wenn sie gefunden und vereinigt würden, würden sie das größte Geheimnis geben. Ebenso zitiert Maier Aristoteles: Der Weisse würde seinen Schein vom Niedergang auf dem Wasser erhalten, und der Rote erhebe sich mit dem Aufgang der Sonne über die Wasser. Es geht hier wieder einmal um die Vereinigung der Gegensätze, um den in der Alchemie thematisierten Dualismus. Zum Vergleich ist das vorige Emblem mit den beiden Adlern heranzuziehen, und Maier verweist selbst darauf: „Und dieser Steine sind die vorgemeldeten Adler die von

477 Maier (zit.) 1618, Disc. XLVI. 478 Streich 1973, 402. 479 Maier (zit.) 1617, Lemma XLVII. 480 Maier (zit.) 1617, Disc. XLVII. 128

Jove zu Delphis ausgesendet worden: diese auch, sind der Wolff und Hund […]“481 Der Wolf sei von grimmiger Natur und wäre stürmisch-zornig, wogegen der Hund ein Freund des Menschen und „weich und nützlich“ sei. Hund und Wolf seien zwar verschiedenartig, und der Hund zeige eine wolfsartige Gestalt, weil er anfänglich ein Wolf gewesen sei und dann ein zahmes Tier geworden ist, doch Maier spielt darauf an, dass der Hund seinen Ursprung vom Wolf hat und nennt in diesem Zusammenhang Sulfur und Mercurius, welche jeweils den Ursprung vom anderen hätten. So stehen die zwei Tiere nicht nur für die verschiedenfarbigen Steine, sondern auch für Sulfur und Mercurius, und darüberhinaus für Sol und Luna, die im alchemischen Prozess vereinigt werden müssen. Nach dem Kampf des Wolfes mit dem Hund würden beide sterben. Auch bei der Chymischen Hochzeit werden zwei gegensätzliche Prinzipien vereinigt, und wenn dies geschehen, erfolgt die Phase der Nigredo. Der Tod ist notwendig um die nächste Stufe im Opus Magnum zu erreichen (nach der Nigredo folgt die Albedo - weisser Hund, nach der Citrinitas die Rubedo - roter Wolf). Maier zitiert Rosarius:

„Der Stein der kein Stein ist, ist mächtiger als sein Feind, und das rohte ist stärcker als dasjenige, was durch seine Krafft seinen Gefehrden starck gemachet hat.“482

Der Stein ist bloße Metapher. Der Wolf vom Aufgang wäre von größerer Macht und Stärke als der Hund vom Niedergang. So symbolisiert der Wolf die den gelungenen Abschluss des Opus anzeigende Rubedo, die Röte. Doch jener muss die Albedo (Hund) vorausgehen. Der Wolf könne laut Maier nicht ohne den Hund leben, noch sterben.

Beide Tiere werden hier von Maier benutzt um bestimmte Phasen des Werks, Albedo und Rubedo, metaphorisch zu beschreiben. In der emblematischen Darstellung wird der Kampf von Wolf (Rubedo, Sulfur, Sol) und Hund (Albedo, Merkur, Luna) gezeigt. In Sulfur sahen die Alchemisten den Roten König, der sich mit der weißen Königin, Mercurius, vereinigen sollte, womit die Chymische Hochzeit gemeint ist. Aus jener (Conjunctio) geht der Lapis hervor.483

481 Maier (zit.) 1617, Disc. XLVII. 482 Maier (zit. n.) 1617, Disc. XLVII. 483 Priesner/Figala 1998, 133. 129

EMBLEM XLVIII (Abb. 112)

Rex ab aquis potatis morbum, à medicis curatus sanitatem obtinet. („Der König bekommt von getrunkenem Wasser eine Krankheit, von Ärzten geheilt erhält er die Gesundheit.“)484

Im Vordergrund der Innenraumszene reicht ein Mann dem König, dessen Gefolge aus zwei Soldaten und einem Diener besteht, einen Becher. Links am Boden steht eine Vase oder ein Gefäß. Im Hintergrund links liegt der König in einem Bett. Bei ihm stehen zwei Männer von denen der eine ein kleines Gefäß in die Höhe hält.

Wie aus dem Epigramm hervorgeht ist der König vom vielen Wasser, welches der Knecht ihm gereicht hat, krank geworden und wird daraufhin von seiner Wassersucht von einem Arzt geheilt, welcher ihn „durch Schweiß, durch Brechen und Purgiren“ gereinigt hat.

Im Diskurs vergleicht Maier den Philosophischen König mit der historischen Figur des Xerxes, welcher wie jener an großem Durst litt. Auch der Philosophische König hätte seinen Durst mit süssem Wasser gestillt. Historische Herrscher-Persönlichkeiten und deren Belohnungen (das heisst Geldbeträge), die sie für ihre Heilung zollten, werden von Maier genannt. Allerdings würde der Philosophische König demjenigen, der ihn wieder genesen ließe, einen höheren Lohn schenken: „Alle diese erzehlte Reichthümer sind nichts gegen unseres Philosophischen Königs Schatz, dieser ist ohne Grund und Maas.“485

EMBLEM XLIX (Abb. 113)

Infans Philosophicus tres agnoscit patres, ut Orion. („Das philosophische Kind erkennt drei Väter, wie Orion.“)486

Drei Männer stehen in einer Landschaft und halten mit beiden Händen ein Tierfell. Hermes, erkennbar an seinem Flügelhelm, den geflügelten Schuhen und dem am Boden liegenden Caduceus, wird in Rückenansicht wiedergegeben. Der Mann links trägt Pfeil und Bogen (Apoll), und die dritte Person (Vulcanus), zu deren Füssen eine Zange liegt, ist eher einfach gekleidet. Links beobachtet ein anderer Mann die Szene, währenddessen rechts

484 Maier (zit.) 1617, Lemma XLVIII. 485 Maier (zit.) 1617, Disc. XLVIII. 486 Maier (zit.) 1617, Lemma XLIX. 130 neben Hermes ein größerer Soldat mit der rechten Hand auf die Szene zeigt und mit der linken Hand auf den Boden deutet.

Das Emblem XLIX hat den Mythos des Orion zum Inhalt: Orion war der Sohn des Hyrieus, der zuerst keine Kinder bekommen konnte, weswegen er Zeus, Hermes und Poseidon (im Epigramm als Phoebus, Merkur und Feuergott benannt) um Hilfe bat. Die Götter rieten dazu, dass er auf das Fell eines Opferstieres uriniere. Nachdem dies geschehen war, wurde jenes in die Erde eingegraben, und nach neun Monaten entspross daraus Orion.487 So erkläre es sich laut Maier, dass Orion drei Väter habe, und er vergleicht jenen im Lemma mit dem ´Philosophischen Kind´, das als Synonym für den Stein der Weisen gilt: „Das Philosophische Kind erkennt drey Vätter/wie der Orion.“488

Am Anfang des Diskurses berichtet Maier von der überlieferten Legende des Grafen Hermanns zu Henneberg. Seine Gemahlin hätte eine Bettelsfrau mit Zwillingen eine Ehebrecherin gescholten, weil sie meinte, die Kinder könnten nicht von einem Mann alleine stammen. Daraufhin wurde sie verwunschen, und im Jahr 1276 gebar sie dreihunderfünfundsechzig Kinder. Die Knaben wären Johannes und die ´Mägdlein´ Elisabeth getauft worden. Das Grab jener fände man in Lausdun in Holland. Maier stützt sich hier auf überlieferte Berichte dieser Legende, wobei die Zahl des Geburtsjahres und die Anzahl der Kinder bei jenen variieren.489

Laut Maier seien die vielen Kinder aus der Legende zum Verhängnis („des grossen Gottes“) und nicht aus Segen geschehen. Ihm hat die Erzählung allerdings zum Sinn, dass sie eine Allegorie bildete, denn in Zusammenhang mit dem Philosophischen Werk sei es leicht „eine allegorie oder verblümte Vorstellung zu gebrauchen.“

Maier zitiert den spanischen Philosophen und Arzt Raimundus Lullus (1232-1316):

„Das Kind habe zwei Vätter und zwei Mütter, und weilen es aus der gantzen Substantz im Feuer so reichlich geseuget worden, seye es ohnsterblich.“490

Hier kommt der Vergleich des Kindes mit dem Stein der Weisen klar zum Ausdruck, schließlich wurde jener, als unzerstörbar geltender, im Feuer gezeugt.

487 Hofmeier 2007, 347. 488 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIX. 489 Hofmeier 2007, 338. 490 Maier (zit. n.) 1617, Disc. XLIX. 131

Maier führt das mythologische Beispiel des Bacchus/Dionysos („der Zweymüttrige“) an: Jener wurde von Zeus und Semele gezeugt, doch aufgrund der Eifersucht Heras brachte diese Semele zum Zweifeln, ob Zeus ihr in wahrer Gestalt erschienen wäre. Sodann forderte Semele Zeus dazu auf, dass er sich ihr in göttlicher Gestalt zeigte. Nachdem sie ihn sodann erblickte, verbrannte sie. Das ungeborene Kind wurde von Hermes gerettet, und Zeus setzte es sich in seine Hüfte ein. Andere Geschichten erzählen von einer Mehrfachgeburt des Bacchus.

Doch diese Geschichte reicht Maier nicht als Verweis, woraufhin er mit dem für ihn deutlicheren Beispiel des Orion-Mythos, dem Kernthema des Emblems, fortfährt. Allerdings weist er dabei eindeutig darauf hin, diese Geschichte, dass jener durch die Vermischung der Samen Apolls, Merkurs und Vulkanus´ entstanden sein soll, sei nicht wörtlich zu nehmen:

„Dieses mögen in Wahrheit recht abentheuerliche monstrose Fabeln seyn, doch hält etwas sonderbahres darunter die geheime Natur verborgen.“491

Wieder nennt Maier Raymundus Lullus (Theorica Testamentii): Die Sonne sei „Urheber der Geburt“, weil „sie würcket durch ihre unaussprechliche influentz und Sternenkrafft in die Materi als die Mutter: […]“492

Im Diskurs werden von Maier auch noch andere mythologische Personen wie Jason, Chiron oder Milon, genannt. Sie wären anderen zur Information und Zucht anvertraut worden, außerdem brächten deren Eltern brächten ihren Körper vor und zierten ihr Gemüth.

Die Frage, wieso Orion nun drei Väter habe, kommt am Ende des Diskurses zur Auflösung:

„Bey dem Auffgang Orionis, ist der Mercurius die Materie, Apollo die Form, und Vulcanus die Wärme, oder würckende äusserliche Ursach. Beym Philosophischen Werck müssen auch drey Vätter seyn, als in welchen der Philosophen gantze Ergötzlichkeit enthalten.“493

Es geht hier um die Dreiheit, die in der Alchemie hauptsächlich in der Drei-Prinzipien- Lehre eine Rolle spielt, wobei in diesem Fall Merkur für den Körper, Apoll für den Geist und Vulcanus für die Seele steht.

491 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIX. 492 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIX. 493 Maier (zit.) 1617, Disc. XLIX. 132

EMBLEM L (Abb. 114)

Draco mulierem, & haec illum interimit, simulque sanguine perfunduntur. („Der Drache hat das Weib und sie ihn umgebracht, und werden beide mit Blut übergossen.“)494

In einem großen rechteckigen Loch in der Erde liegt eine scheinbar leblose Gestalt und wird von einer drachenähnlichen Schlange, die ihr Maul an den leicht geöffneten Mund der Person legt, umwunden.

In dieser emblematischen Abbildung liegen Frau und Drache in einem Grab. Dem Motto zufolge haben sie sich gegenseitig getötet und werden nun mit Blut übergossen.

Im Diskurs zu Emblem L ordnet Maier den Drachen der Erde zu, weil er in „Speluncken und Klüfften“ jener wohne. Der Mensch wird der Luft zugeordnet. So verkörpere der Drache die Elemente Erde und Feuer, und die Frau Wasser und Luft. Nach alchemischer Praxis sind die beiden, von denen „einer weiß (Mercurius) und der andere rot ist (Sulfur)“495 zu vereinen. Das dargestellte Grab, in dem dies geschieht, deutet auf die Phase der Putrefactio hin. Darüber hinaus wohne der Drache im Zentrum der Erde, wo „eine grosse Glut daselbsten verborgen liegt.“496 Seine feurige Flamme würde das Weib oder den Adler verbrennen.

Weib und Drache werden auch mit Adler und Drache verglichen. Maier zitiert dabei Basilius Valentinus, der ein solches Beispiel genannt hätte. Wenn Adler und Drache vereint würden, dann würde das „Mineralische Bad“ bereitet sein, welches „dem König Glück und Gesundheit geben kann.“497

Bei Zufügung des Adlers würde dem kalten Drachen sein fliegender, feuriger Geist ausgetrieben werden, wobei er seinen feurigen Spiritus von sich gäbe. Laut Maier würde er deswegen von den Alten als „feuerausspeyender Hüter derer Schätze“498 genannt.

„In den Griechischen Historien lieset man, daß ein Drach einstmahls eine Jungfer geliebet und dieselbe beschlaffen habe.“499

494 Maier (zit.) 1617, Lemma L. 495 Maier (zit.) 1617, Disc. L. 496 Maier (zit.) 1617, Disc. L. 497 Maier (zit. n.) 1617, Disc. L. 498 Maier (zit.) 1617, Disc. L. 499 Maier (zit.) 1617, Disc. L. 133

So sei es für Maier kein Wunder, wenn die Philosophen dem Drachen ein Weib zulegten und sie zusammen in die Höhle verschlossen.

Den Diskurs dieses letzten Emblems endet Maier mit folgendem Schlusssatz, der noch einmal seine Gläubigkeit bezeugt:

DEO SIT GLORIA („Gott allein die Ehre.“)500

500 Maier (zit.) 1617, Disc. L. 134

8. SCHLUSSBETRACHTUNG

Michael Maier hat sich in seiner Atalanta fugiens, wie man schon am Untertitel erkennen konnte (Emblemata nova de secretis naturae chymica [...]) zur Aufgabe gemacht die Geheimnisse der Natur mittels ´Sinnbildern´ darzustellen. Jene sollen durch Kunst und Verstand ergründet werden. Zuerst bedient man sich beim Betrachten der poetischen Bilder und beim Hören der Musik der sinnlichen Erfahrung. Nachdem man sich dann den philosophischen Ausführungen gewidmet hat, stellen sich jene als Hilfsmittel heraus um auf den Verstand zu wirken, so Maiers Rezeptionsgedanke.

„Allgemein sagt man: Wer nichts kennt, begehrt nichts, weil es notwendig ist, daß dem Intellekt wie einem Diktator und Richter die Sinne als Späher und Boten zuerst alles Wissenswerte überbringen und mitteilen, gleichsam wie Wächter an den Stadttoren, ihren Organen, Wache haltend.“501

Es zeichnet sich in Maiers Denkgebäude die klassische aristotelische Erkenntnistheorie ab, die er als Lutheraner in seiner akademischen Ausbildung vermittelt bekam. Etliche Male wird die Wichtigkeit der Vernunft in den Diskursen zu den Emblemen zur Sprache gebracht. Vor allem Emblem XXVI, dessen Kupferstich die personifizierte Weisheit (Sophia) wiedergibt, handelt von der herausragenden Stellung der Vernunft des Menschen. Die „rechte Weisheit“502 bestehe allein in der Betrachtung der ´Chymischen Wissenschaften´.

Die Atalanta ist somit als eine Allegorie naturphilosophischer Erkenntnisse zu betrachten, und Maiers alchemische Interessen sind mit den naturphilosophischen gleichzusetzen. 503

„Die Alchemie als solche muss keineswegs mit irgendwelchen irrationalen, mystischen, okkulten, häretischen oder heterodoxen Tendenzen verknüpft sein, sondern kann auch nur analytische Betrachtung der Natur in ihren Zeuguns- und Zersetzungsprozessen sein.“504

Maier gibt mit seinem Werk ein Beispiel humanistischer imitatio ab, denn naturphilosophische Erkenntnisse wurden schon früher allegorisch dargestellt.505

„Die angeblichen Schriften des Hermes Trismegistus, und an allererster Stelle natürich die Tabula Smaragdina, können als allegorischer Ausdruck einer antiken

501 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 502 Maier (zit.) 1617, Disc. XXVI. 503 Alt/Wels 2008, 187. 504 Alt/Wels (zit.) 2008, 186. 505 Alt/Wels 2008, 187. 135

oder spätantiken, auf jeden Fall dem Schweigen und Verhüllen verpflichteten Naturphilosophie wahrgenommen werden […]“506

Maier wird nachgesagt, dass er mit dem in dieser Arbeit behandelten Werk keine theologische Absicht hatte, sondern eine genuin poetische.507 Dies erscheint einleuchtend, wenn man an die Art und Weise denkt, nämlich ´dichterisch und spielerisch´, wie er dem Leser seine naturphilosophischen Erkenntnisse vermitteln will. Schließlich sollte die Atalanta ein einzigartiges Vergnügen bereiten.

Auf eine christologische Ausdeutung der in der Atalanta zitierten und erwähnten alchemischen Schriften sowie der antiken Mythologien hat Maier gänzlich verzichtet. Maiers Atalanta, und ebenso andere seiner Schriften, ist dennoch von einer „liberalen, lutherischen Frömmigkeit“ durchzogen, und er preist darin die „Erkenntnis der Natur als einer Schöpfung Gottes“508.

„Im lutherischen Sinn ist die Alchemie der Atalanta zu verstehen, als eine ´Allegoria pulcherrima´, eine überaus schöne Allegorie für die Weisheit Gottes, wie sie sich in der Natur offenbart.“509

Eine weitere Personifikation, diejenige der Natur, findet man in dem Kupferstich zum Emblem XLII, wo das alchemische Opus zum idealisierten Bild der Natur deklariert wird. Dort trifft man auf eine der Hauptaussagen der Atalanta: Die Natur dient dem Alchemisten als Vorbild. Sie soll zusammen mit der Vernunft, Erfahrung, sowie dem Wissen, das der Adept durch die Lektüre der alten Schriften erfährt, in Einklang stehen.

Es wurde in dieser Arbeit versucht auf die Einzigartigkeit der Atalanta mit ihrem Charakter eines Gesamtkunstwerkes aufmerksam zu machen. Das in der Gattung des Emblembuchs geschriebene Werk vereint nicht nur Bild und Text, sondern es schafft eine Einbeziehung der Fugen als musikalische Komponente. In der alchemischen Literatur ist dies auf diese Art kein zweites Mal zu finden.

Wie man im Kapitel zur Musik der Atalanta entdecken konnte, lassen sich eine Fülle von musikalischen Entsprechungen finden, die auf die Rahmenhandlung, die Geschichte der Atalante und des Hippomenes, verweisen. Es geht bei diesen beiden um die in der alchemischen Theorie üblichen polaren Prinzipien - Männlich und Weiblich, Sulfur und

506 Alt/Wels (zit.) 2008, 186. 507 Alt/Wels 2008, 188. 508 Alt/Wels (zit.) 2008, 188. 509 Alt/Wels (zit.) 2008, 170. 136

Mercurius. Anfangs in einem Wettstreit miteinander verflochten, kommen sie sich immer näher bis sie zum Ende vereinigt werden (Verwandlung in rote Löwen), womit der alchemische Prozess in der Phase der Rubedo abgeschlossen, das Opus Magnum vollbracht ist.

Allerdings wird die Ovidsche Geschichte nur im Titelkupfer illustriert, wogegen die fünfzig Embleme neben Alltagsszenen aus dem Leben des Menschen (Bsp. Wäschewaschen, Samensäen, Töpfern, Kochen), alte tradierte Alchemie-Symbole (Ei, Ouroboros, König, Coniunctio, Sonne und Mond etc.) oder Geschichten aus der Mythologie (Venus und Adonis, Romulus und Remus, Ceres und Triptolomeus, Ödipus und Sphinx, Saturn, Athene, Merkur, Orion, Hermaphroditos etc.) abbilden.

Letztere führten in dieser Arbeit zur Auseinandersetzung mit dem Thema der Mythoalchemie. Maier stellt sich in eine lange Tradition der Mythenallegorese, wobei er in den antiken Geschichten die alchemischen Prozesse wiedergespiegelt sieht. Obwohl er stets den historisch unglaubwürdigen Aspekt dieser Geschichten betont, meint er man könnte diesen ´allegorischen (verblümten) Redensarten´ einen wahren Gehalt entnehmen, der sich auf die Chymische Wissenschaft bezieht.

„Da das alles allegorisch und sinnbildlich zu verstehen ist, und keineswegs geschichtlich, wollte ich zum Gedächtnis dieser Heroine [Atalante] diesen intellektuellen, sinnbildlichen Traktat zusammenstellen.“510

Leider konnte nicht nachgewiesen werden, ob die qualitativ hochwertigen Kupferstiche von Johann Theodor de Bry oder von Matthäus Merian dem Älteren stammen. Beide wären als Schöpfer der Emblemdarstellungen denkbar, und obwohl der Großteil der bereits publizierten Literatur, die die Atalanta fugiens zur Untersuchung haben, den zur Herausgabe des Werkes gerade fünfundzwanzigjährigen Matthäus Merian als Kupferstecher des Werkes anerkennt, würde auch einiges für Johann Theodor de Bry für solchen sprechen, zudem er nachweislich deutsche, niederländische und italienische Kunstwerke als Vorlagen benutzte, deren Stilkriterien in der Emblemfolge der Atalanta auszumachen sind.

Wie man erfahren hat, ist die Atalanta das erste alchemische Emblembuch überhaupt, und von seinem Aufbau her hat sich Maier stark an vorher erschienene Emblembücher, die im 16. Jahrhundert in Mode kamen, orientiert. Doch unterscheidet er sich von diesen darin,

510 Maier (zit.) 1617, Praefatio ad lectorem, 6-10. 137 dass er zusätzlich zu Lemma, Icon und Epigramm ein Notenblatt und einen zweiseitigen Discursus den Emblemen angehängt hat.

Erstaunlich ist darüber hinaus, dass die Darstellungsweise der einzelnen Kupferstiche im Gegensatz zu den Illustrationen früherer alchemischer Schriften, aus welchen Maier gerne zitierte, von naturalistischer Machart zeugt. Die Figuren der Atalanta sind meist in eine detailreiche Landschaft integriert oder in den Vordergrund einer kulissenartigen Szenerie gesetzt. Vor allem bei den Raum- und Städtekulissen versucht der Kupferstecher ein perspektivisch genaues Bild zu zeichnen, wobei er durch Helligkeiten und Dunkelheiten eine Räumlichkeit erzeugt.

Die in den Emblemen behandelten Geschichten werden teilweise auf theatralische Art veranschaulicht, und das Geschehen spielt sich in den Bildern wie auf einer Bühne ab. Die Figuren mit ihren ausladenden Draperien scheinen stets bewegt zu sein, ihre Gestik und Mimik zeugt von Ausdruckskraft und teilweise von manieristischem Gehabe. Bei dem dargestellten Element Feuer beispielsweise gelingt dem Kupferstecher ein beinahe expressiver Charakter.

Michael Maier hat in seinem Werk Atalanta fugiens, wie er in seiner Vorrede selbst sagt, „die erdichteten, die poetischen und allegorischen, die gemalten, die Emblematischen [...], die geheimen chymischen, […] und endlich die selteren musikalischen Dinge“511 vereint, damit sie dem Leser zum Gebrauch dienten. Die Natur wird hier als Schöpfung Gottes gepriesen, jenem zur Ehre. (Deo sit gloria512)

511 Maier (zit) 1617, Praefatio ad Lectorem, 6-10. 512 Maier (zit) 1617, Disc. L (Schlusswort). 138

9. ABBILDUNGEN

Abb. 1: Emblematum Liber, Andreas Alciatus, Abb. 2: Emblematum liber, Jean Jacques Augsburg 1531, 1 GUL SM 19 E5vo-E6ro Boissard, Frankfurt, Theodore de Bry, 1593, GUL SM188: C1vo-C2ro

Abb. 3: Kupferstich in Heinrich Khunraths Amphittheatrum Sapientiae Aeternae, Vredeman de Vries, 1595/1609

139

Abb. 4: Kupferstich in Basile Valentine: Revelation des mysteres des teintures essentielles des sept metaux, Jacques de Senlecque, Paris 1646

Abb. 6: Detail Wappen, Poträt Michael Maiers, Kupferstich, Atalanta fugiens, 1617

Abb. 5: Poträt Michael Maier, Kupferstich, Atalanta fugiens, 1617

140

Abb. 7: Titelkupfer, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 8: Fuge I, Michael Maier, Atalanta Abb. 9: Emblem I, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618 fugiens, 1618

141

Abb. 10: Tabula Smaragdina, Heinrich Khunrath, Amphitheatrum sapientiae aeternae, Hannover, 1606

Abb. 11: Merkur, Jacopo Zucchi, 2. Hälfte 16.Jh., Florenz, Uffizien

Abb. 12: Hermes Trismegistos mit der Smaragdtafel, Aurora consurgens, Mitte 15. Jh., MS. Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

142

Abb. 13: Emblem II, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 14: Allegorie der alchemistischen Abb. 15: Alchemistisches Paar in einer Blase Schöpfungstat und der Bereitung des Steins der (Detail des Triptychons Garten der Lüste), Weisen, Theopilius Schweighart, Speculum Hieronymus Bosch, 1503/04, Madrid, Museo sophicum Rhodo-stauroticum, 1604 del Prado

143

Abb. 16: Emblem III, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 17: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library, London

144

Abb. 18: Emblem IV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 19: Die Erschaffung Adams, H. Schedel, Buch der Chroniken und Geschichten, 1493

145

Abb. 20: : Emblem V, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 21: Emblem VI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

146

Abb. 22: Achter Schlüssel, Basilius Valentinus, Die Zwölf Schlüssel, Leipzig 1602

Abb. 23: Kosmisches Diagramm für ´Samen´, Cornelius Petraeus, Sylva philosophorum, 17. Jh., Bibliotheek d. Rijksuniversiteit, Leiden, Cod. Voss. Chem. Q 61, fol II

Abb. 24: Emblem VII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

147

Abb. 25: Destillationsgeräte aus dem Großen Destillierbuch, Hieronymus Brunschwig, Straßburg, 1519

Abb. 26: Emblem VIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

148

Abb. 27: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library, London

Abb. 28: Aurora consurgens, 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 29: Garten der Lüste (Detail), Hieronymus Bosch, ca. 1510, Museo del Prado, Madrid

149

Abb. 30: Emblem IX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 31: Arbor solis als Allegorie des Großen Abb. 32: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, Werks, Florenz, Bibliotheca Nazionale Centrale MS Harley 3469, British Library

Abb. 33: Diana-Tempel im Münchner Hofgarten, Heinrich Schön, um 1615 150

Abb. 34: Emblem X, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 35: Emblem XI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

151

Abb. 36: Madonna mit Kind, einem Engel und dem Johannesknaben (Madonna Terranuova), Raffael, 1504- 1505

Abb. 37: Aurora consurgens, 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 38: Emblem XII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

152

Abb. 39: Saturno, Trumpfkarte des Mantegna-Tarots, 15. Jh., Florenz, Uffizien, Gabinetto Disegni e Stampe

Abb. 40: Emblem XIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 41: La Tempesta, Giorgione, ca. 1508, Accademia (Venedig)

153

Abb. 42: Emblem XIV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 43: Illustration aus der Chrysopeia der Kleopatra, 3./4. Jh.

Abb. 44: Putrefactio, Lambsprinck, De lapide Abb. 45: Ouroboros, Lambsprinck, De lapide philosophico, aus dem Musaeum Hermeticum philosophico, aus dem Musaeum Hermeticum Reformatum, Frankfurt 1678 Reformatum, Frankfurt 1678

154

Abb. 46: Hieronymus Reusner, Pandora, Basel, 1588

Abb. 47: Emblem XV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

155

Abb. 48: Emblem XVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 49: EmblemXVII , Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

156

Abb. 50: Emblem XVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 51: Aurora consurgens, 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

157

Abb. 52: Emblem XIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 53: Emblem XX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

158

Abb. 54: Emblem XXI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 55: Gott misst die Welt mit dem Zirkel, Miniatur aus der Bible moralisée, um 1220, Abb. 56: Proportionsstudie nach Vitruv, Codex vindobonensis 2554, folio I verso, Wien, Leonardo da Vinci (1452-1519), ca. 1490, ÖNB Accademia, Venedig

159

Abb. 57: Emblem XXII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 58: Emblem XXIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

160

Abb. 59: Emblem XXIV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 60: Emblem XXV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

161

Abb. 61: Aurora consurgens, 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 62: Emblem XXVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

162

Abb. 63: Hieronymus Reusner, Pandora, Basel, 1588 Abb. 64: Philosophia (Holzschnitt aus den Amores des Conrad Celtis), Albrecht Dürer, Nürnberg 1502

Abb. 65: Miniaturmalerei von Jehan Perréal (Hofmaler der Margaretha von Österreich), 1516

163

Abb. 66: Emblem XXVII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 67: Giovanni Battista Nazari, Il metamorfosi metallico et humano... Brescia, 1564

164

Abb. 68: Emblem XXVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 69: Emblem XXIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

165

Abb. 71: Salamander, Lambsprinck, De lapide Abb. 70: Titelkupfer Septem Planetae, Gerard philosophico, aus dem Musaeum Hermeticum de Jode, 1581 Reformatum, Frankfurt 1678

Abb. 72: EmblemXXX , Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

166

Abb. 74: Adam und Eva, Albrecht Dürer, 1504 Abb. 73: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library

Abb. 75: Emblem XXXI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

167

Abb. 76: S. Trismosin, Splendor Solis, London, 16. Jh.

Abb. 77: Emblem XXXII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

168

Abb. 78: Emblem XXXIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 79: Der Androgyn, Mintiatur aus der Aurora consurgens, Mitte 15. Jh., Zürich, Zentralbibliothek

169

Abb. 80: Hermaphrodit, Buch der Heiligen Dreifaltigkeit (15. Jh.), München, Bayerische Staatsbibliothek, CGM. 598. Abb. 81: Hermaphrodit, Buch der Heiligen Dreifaltigkeit (15. Jh.), München, Bayerische Staatsbibliothek, CGM. 598.

Abb. 83: Martyrium des heiligen Laurentius (Detail), Tizian, um 1548/1559

Abb. 82: Martyrium des heiligen Laurentius, Fresko, 15. Jh., Laurentiuskapelle der Marienkrirche Hanau

170

Abb. 84: EmblemXXXIV , Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 85: Rosarium philosophorum, Frankfurt Abb. 86: Rosarium philosophorum, Frankfurt 1550 1550

Abb. 87: Rosarium Philosophorum, Frankfurt 1550 171

Abb. 88: Emblem XXXV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 89: Maria mit Kind (Madonna mit dem langen Hals), Parmigianino, 1535-1540

172

Abb. 90: Emblem XXXVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 91: Emblem XXXVII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

173

Abb. 92: D. Stolcius v. Stolcenberg, Viridarium chymicum, Frankfurt, 1624

Abb. 93: Löwe frisst Sonne, Rosarium philosophorum, 16. Jh.

Abb. 94: Emblem XXXVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

174

Abb. 95: Emblem XXXIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 96: Emblem XL, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

175

Abb. 97: Emblem XLI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 98: Emblem XLII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

176

Abb. 99: Geburt der Venus (Detail), Sandro Botticelli, 1482-1492, Uffizien, Florenz

Abb. 100: Primavera (Detail), Sandro Botticelli, 1482, Uffizien, Florenz

Abb. 101: Robert Fludd, Utriusque Cosmi, Band I, Oppenheim, 1617

177

Abb. 102: Emblem XLIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 103: Emblem XLIV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618.

178

Abb. 104: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, Abb. 105: Ein hermetischer Arzt in Venedig, MS Harley 3469, British Library Albrecht Dürer, 1506

Abb. 106: Emblem XLV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

179

Abb. 107: Robert Fludd, Philosophia Sacra, Frankfurt, 1626

Abb. 108: Robert Fludd, Philosophia Moysaica, Gouda, 1638

Abb. 109: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library

180

Abb. 110: Emblem XLVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 111: Emblem XLVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

181

Abb. 112: Emblem XLVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 113: Emblem XLIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

182

Abb. 114: Emblem L, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

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WestscottCatherine Morris, Atalanta Fugiens, The Alchemical King in Transformation, in: Athanor / Florida State University, Department of Art History, Tallahassee 1991

INTERNETQUELLEN

Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten, und Seen, , 22.09.2012

Kunst im öffentlichen Raum Frankfurt, Grabstätte Mattheus Merian, , 19.09.2012

The Alchemy Website, , 22.09.2012

MDZ = Münchener DigitalisierungsZentrum Digitale Bibliothek, , 22.09.2012

Wissen-Digital, , 22.09.2012

Wikipedia, http://de.wikipedia.org/wiki/Platonischer_K%C3%B6rper>, 25.09.2012

Wissen.de, , 25.09.2012 , 25.09.2012 www.uni-protokolle.de, , 25.09.2012

187

11. ABBILDUNGSVERZEICHNIS

Abb. 1: Emblematum Liber, Andreas Alciatus, Augsburg 1531, 1 GUL SM 19 E5vo-E6ro

Abb. 2: Emblematum liber, Jean Jacques Boissard, Frankfurt, Theodore de Bry, 1593, GUL SM188: C1vo-C2ro

Abb. 3: Kupferstich in Heinrich Khunraths Amphittheatrum Sapientiae Aeternae, Vredeman de Vries, 1595/1609

Abb. 4: Kupferstich in Basile Valentine: Revelation des mysteres des teintures essentielles des sept metaux, Jacques de Senlecque, Paris 1646

Abb. 5: Poträt Michael Maier, Kupferstich, Atalanta fugiens, 1617

Abb. 6: Detail Wappen, Poträt Michael Maiers, Kupferstich, Atalanta fugiens, 1617

Abb. 7: Titelkupfer, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 8: Fuge I, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 9: Emblem I, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 10: Heinrich Khunrath, Amphitheatrum sapientiae aeternae, Hannover 1606

Abb. 11: Merkur, Jacopo Zucchi, 2. H. 16.Jh., Florenz, Uffizien

Abb. 12: Hermes Trismegistos mit der Smaragdtafel, Miniatur aus der Aurora consurgens, Mitte 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 13: Emblem II, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 14: Allegorie der alchemistischen Schöpfungstat und der Bereitung des Steins der Weisen, Theopilius Schweighart, Speculum sophicum Rhodo-stauroticum, 1604

Abb. 15: Alchemistisches Paar in einer Blase (Detail des Triptychons Garten der Lüste), Hieronymus Bosch, 1503/04, Museo del Prado, Madrid

Abb. 16: Emblem III, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 17: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library

Abb. 18: Emblem IV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 19: Die Erschaffung Adams, Illustration aus H. Schedel, Buch der Chroniken und Geschichten, 1493

188

Abb. 20: Emblem V, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 21: Emblem VI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 22: Achter Schlüssel aus Basilius Valentinus, Die Zwölf Schlüssel, Leipzig 1602

Abb. 23: Kosmisches Diagramm für ´Samen´, Cornelius Petraeus, Sylva philosophorum, 17. Jh., Bibliotheek d. Rijksuniversiteit, Leiden, Cod. Voss. Chem. Q 61, fol II

Abb. 24: Emblem VII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 25: Destillationsgeräte aus dem Großen Destillierbuch, Hieronymus Brunschwig, Straßburg, 1519

Abb. 26: Emblem VIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 27: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library, London

Abb. 28: Aurora consurgens, Mitte 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 29: Garten der Lüste (Detail), Hieronymus Bosch, ca. 1510, Museo del Prado, Madrid

Abb. 30: Emblem IX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 31: Arbor solis als Allegorie des Großen Werks, Florenz, Bibliotheca Nazionale Centrale

Abb. 32: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library

Abb.33: Diana-Tempel Münchner Hofgarten, Heinrich Schön, um 1615

Abb. 34: Emblem X, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618.

Abb. 35: Emblem XI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618.

Abb. 36: Madonna mit Kind, einem Engel und dem Johannesknaben (Madonna Terranuova), Raffael, 1504-1505

Abb. 37: Aurora consurgens, 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 38: Emblem XII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 39: Saturno, Trumpfkarte des Mantegna-Tarots, 15. Jh., Florenz, Uffizien, Gabinetto Disegnie Stampe

Abb. 40: Emblem XIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618 189

Abb. 41: La Tempesta, Giorgione, ca. 1508, Accademia (Venedig)

Abb. 42: Emblem XIV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 43: Illustration aus der Chrysopeia der Kleopatra, 3./4. Jh.

Abb. 44: Putrefactio, Lambsprinck, De lapide philosophico, aus dem Musaeum Hermeticum Reformatum, Frankfurt 1678

Abb. 45: Ouroboros, Lambsprinck, De lapide philosophico, aus dem Musaeum Hermeticum Reformatum, Frankfurt 1678

Abb. 46: Hieronymus Reusner, Pandora, Basel, 1588

Abb. 47: Emblem XV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 48: Emblem XVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 49: EmblemXVII , Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 50: Emblem XVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618.

Abb. 51: Aurora consurgens, 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 52: Emblem XIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 53: Emblem XX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 54: Emblem XXI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 55: Gott misst die Welt mit dem Zirkel, Miniatur aus der Bible moralisée, um 1220, Codex Vindobonensis 2554, folio I verso, Wien, ÖNB

Abb. 56: Proportionsstudie nach Vitruv, Leonardo da Vinci (1452-1519), Accademia, Venedig

Abb. 57: Emblem XXII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 58: Emblem XXIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 59: Emblem XXIV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 60: Emblem XXV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 61: Aurora consurgens, 15. Jh., Rhenoviensis 172, Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 62: Emblem XXVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618 190

Abb. 63: Hieronymus Reusner, Pandora, Basel, 1588

Abb. 64: Philosophia (Holzschnitt aus den Amores des Conrad Celtis), Albrecht Dürer, Nürnberg 1502

Abb. 65: Miniaturmalerei von Jehan Perréal (Hofmaler der Margaretha von Österreich), 1516

Abb. 66: Emblem XXVII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 67: Giovanni Battista Nazari, Il metamorfosi metallico et humano... Brescia, 1564

Abb. 68: Emblem XXVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 69: Emblem XXIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 70: Titelkupfer, Gerard de Jode, Septem Planetae, 1581

Abb. 71: Salamander, Lambsprinck, De lapide philosophico, aus dem Musaeum Hermeticum Reformatum, Frankfurt 1678

Abb. 72: EmblemXXX , Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 73: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library

Abb. 74: Adam und Eva, Albrecht Dürer, 1504

Abb. 75: Emblem XXXI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 76: S. Trismosin, Splendor Solis, London, 16. Jh.

Abb. 77: Emblem XXXII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 78: Emblem XXXIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 79: Der Androgyn, Aurora consurgens, Mitte 15. Jh., Zürich, Zentralbibliothek

Abb. 80: Hermaphrodit, Buch der Heiligen Dreifaltigkeit, 15. Jh., München, Bayerische Staatsbibliothek, CGM. 598

Abb. 81: Hermaphrodit, Buch der Heiligen Dreifaltigkeit, 15. Jh., München, Bayerische Staatsbibliothek, CGM. 598

Abb. 82: Martyrium des heiligen Laurentius, Fresko, 15. Jh., Laurentiuskapelle der Marienkrirche Hanau

Abb. 83: Martyrium des heiligen Laurentius, Tizian, um 1548/1559 191

Abb. 84: Emblem XXXIV , Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 85: Rosarium philosophorum, Frankfurt 1550

Abb. 86: Rosarium philosophorum, Frankfurt 1550

Abb. 87: Rosarium Philosophorum, Frankfurt 1550

Abb.88: Emblem XXXV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 89: Maria mit Kind (Madonna mit dem langen Hals), Parmigianino, 1535-1540, Florenz, Uffizien

Abb. 90: Emblem XXXVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 91: Emblem XXXVII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 92: D. Stolcius v. Stolcenberg, Viridarium chymicum, Frankfurt, 1624

Abb. 93: Löwe frisst Sonne, Rosarium philosophorum, 16. Jh.

Abb. 94: Emblem XXXVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 95: Emblem XXXIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 96: Emblem XL, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 97: Emblem XLI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 98: Emblem XLII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 99: Geburt der Venus (Detail), Sandro Botticelli, 1482-1492, Uffizien, Florenz

Abb. 100: Primavera (Detail), Sandro Botticelli, 1482, Uffizien, Florenz

Abb. 101: Robert Fludd, Utriusque Cosmi, Band I, Oppenheim, 1617

Abb. 102: Emblem XLIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618.

Abb. 103: Emblem XLIV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618.

Abb. 104: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library

Abb. 105: Ein hermetischer Arzt in Venedig, Albrecht Dürer, 1506

Abb. 106: Emblem XLV, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618 192

Abb. 107: Robert Fludd, Philosophia Sacra, Frankfurt, 1626

Abb. 108: Robert Fludd, Philosophia Moysaica, Gouda, 1638

Abb. 109: S. Trismosin, Splendor solis, 1582, MS Harley 3469, British Library

Abb. 110: Emblem XLVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 111: Emblem XLVI, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 112: Emblem XLVIII, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 113: Emblem XLIX, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

Abb. 114: Emblem L, Michael Maier, Atalanta fugiens, 1618

193

12. BILDNACHWEIS

Abb. 1: Glasgow University Emblem Website, , 24.09.2012

Abb. 2: Glasgow University Emblem Website, , 24.09.2012

Abb. 3: Wikipedia, , 24.09.2012

Abb. 4: Meinel 1986, 226.

Abb. 5: Kuper 2006, 15.

Abb. 6: Kuper 2006, 15.

Abb. 7: Kuper 2006, 5.

Abb. 8: Kupfer 2006, 16.

Abb. 9: Kuper 2006, 17.

Abb. 10: Wikipedia, , 22.09.2012

Abb. 11: Battistini 2005, 281.

Abb. 12: Battistini 2005, 205.

Abb. 13: Kuper 2006, 21.

Abb. 14: Battistini 2005, 334.

Abb. 15: Battistini 2005, 276.

Abb. 16: Kuper 2006, 25.

Abb. 17: Roob 2006, 321.

Abb. 18: Kuper 2006, 29.

Abb. 19: Battistini 2005, 266.

194

Abb. 20: Kuper 2006, 33.

Abb. 21: Kuper 2006, 37.

Abb. 22: The Alchemy Website, , 22.09.2012

Abb. 23: Priesner/Figala 1998, 323.

Abb. 24: Kuper 2006, 41.

Abb. 25: Hartlaub 1959, 9.

Abb. 26: Kuper 2006, 45.

Abb. 27: Battistini 2005, 345.

Abb. 28: Roob 2006, 398.

Abb. 29: Roob 2006, 403.

Abb. 30: Kuper 2006, 49.

Abb. 31: Battistini 2005, 339.

Abb. 32: Roob 2006, 261.

Abb. 33: Bayerische Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten, und Seen, , 22.09.2012

Abb. 34: Kuper 2006, 53.

Abb. 35: Kuper 2006, 57.

Abb. 36: Prometheus Bildarchiv, , 20.06.2012

Abb. 37: Roob 2006, 209.

Abb. 38: Kuper 2006, 61.

Abb. 39: Battistini 2005, 284.

Abb. 40: Kuper 2006, 65.

Abb. 41: Roob 2006, 413.

195

Abb. 42: Kuper 2006, 69.

Abb. 43: Dennis R. Holloway, Architect, , 22.09.2012

Abb. 44: Biedermann 2006, 163.

Abb. 45: Biedermann 2006, 167.

Abb. 46: Roob 2006, 342.

Abb. 47: Kuper 2006, 73.

Abb. 48: Kuper 2006, 77.

Abb. 49: Kuper 2006, 81.

Abb. 50: Kuper 2006, 85.

Abb. 51: Roob 2006, 209.

Abb. 52: Kuper 2006, 89.

Abb. 53: Kuper 2006, 93.

Abb. 54: Kuper 2006, 97.

Abb. 55: Battistini 2005, 265.

Abb. 56: Wikipedia, , 22.09.2012

Abb. 57: Kuper 2006, 101.

Abb. 58: Kuper 2006, 105.

Abb. 59: Kuper 2006, 109.

Abb. 60: Kuper 2006, 113.

Abb. 61: Roob 2006, 355.

Abb. 62: Kuper 2006, 117.

Abb. 63: Roob 2006, 208.

196

Abb. 64: Roob 2006, 411.

Abb. 65: Roob 2006, 408.

Abb. 66: Kuper 2006, 121.

Abb. 67: Roob 2006, 411.

Abb. 68: Kuper 2006, 125.

Abb. 69: Kuper 2006, 129.

Abb. 70: Kunstantiquariat auf der Fleetinsel, , 22.09.2012

Abb. 71: Biedermann 2006, 169.

Abb. 72: Kuper 2006, 133.

Abb. 73: Roob 2006, 140.

Abb. 74: Prometheus Bildarchiv, , 20.06.2012

Abb. 75: Kuper 2006, 137.

Abb. 76: Roob 2006, 186.

Abb. 77: Kuper 2006, 141.

Abb. 78: Kuper 2006, 145.

Abb. 79: Battistini 2005, 277.

Abb. 80: The Alchemy Website, , 22.09.2012

Abb. 81: The Alchemy Website, , 22.09.2012

Abb. 82: Wikipedia, , 22.09.2012

Abb. 83: Prometheus Bildarchiv, , 20.06.2012

197

Abb. 84: Kuper 2006, 149.

Abb. 85: Biedermann 2006, 71.

Abb. 86: Biedermann 2006, 71.

Abb. 87: Biedermann 2006, 73.

Abb. 88: Kuper 2006, 153.

Abb. 89: Prometheus Bildarchiv, , 20.06.2012

Abb. 90: Kuper 2006, 157.

Abb. 91: Kuper 2006, 161.

Abb. 92: Roob 2006, 298.

Abb. 93: Roob 2006, 299.

Abb. 94: Kuper 2006, 165.

Abb. 95: Kuper 2006, 169.

Abb. 96: Kuper 2006, 173.

Abb. 97: Kuper 2006, 177.

Abb. 98: Kuper 2006, 181.

Abb. 99: Prometheus Bildarchiv, , 20.06.2012

Abb. 100: Prometheus Bildarchiv, , 20.06.2012

Abb. 101: Roob 2006, 405.

Abb. 102: Kuper 2006, 185.

Abb. 103: Kuper 2006, 189.

Abb. 104: Battistini 2005, 305.

Abb. 105: Hartlaub 1959.

Abb. 106: Kuper 2006, 193.

198

Abb. 107: Roob 2006, 222.

Abb. 108: Roob 2006, 223.

Abb. 109: Battistini 2005, 254.

Abb. 110: Kuper 2006, 197.

Abb. 111: Kuper 2006, 201.

Abb. 112: Kuper 2006, 205.

Abb. 113: Kuper 2006, 209.

Abb. 114: Kuper 2006, 213.

199