Die Wildkatze im Bienwald

Von Mathias Herrmann, Philipp Gräser, Simone Fehling, Jutta Knapp, Nina Klar

In Zusammenarbeit mit Dragan Hoffmann-Ogrizek, Wolfgang Kluger, Peter Braun, Carmen Kowalewski, Stefano Liccioli

Ergebnisse aus dem PEP Naturschutzgroßprojekt Bienwald und dem Projekt „Grenzüberschreitende Begegnungen mit der Wildkatze“

Im Auftrag der Landkreise und Südliche Weinstraße

Gefördert von BfN, Pamina, Landesjagdverband Rheinland-Pfalz, Ökologische For- schungsgemeinschaft für Naturschutz e. V., Naturschutzverband Südpfalz, Sparkas- se Südliche Weinstrasse, Sparkasse Germersheim Stand 07.07.2008; 12 Uhr Gliederung

1. Einleitung 5 2. Methoden 7 2.1. Schneespurensuche 7 2.2. Videoüberwachung im Bereich eines mutmaßlichen Wurfplatzes 7 2.3. Erfassung der Totfunde und Jägerbefragung 8 2.4. Fang der Wildkatzen 8 2.5. Telemetrie 9 3. Ergebnisse 10 3.1. Nachweise von Wildkatzen (Expertenbefragung) 10 3.2. Kurze Geschichte der Wildkatze im Bienwald 12 3.3. Schneespurenzählungen 15 3.4. Fangergebnisse im Bienwald und angrenzendem Offenland 16 3.5. Übersicht besenderter Wildkatzen 18 3.6. Kondition der gefangenen Wildkatzen 18 3.7. Die Streifgebiete der Wildkatzen 20 3.8. Die Streifgebietszentren der Wildkatzen 23 3.9. Reproduktion und Wurfplätze 25 3.10. Genetische Untersuchungen 28 3.11. Wildkatzen im Wald und im Offenland 28 3.12. Habitatnutzung – Übersicht 30 3.13. Bevorzugung basenreicher Waldstandorte 33 3.14. Bevorzugung von naturnahen Wäldern 34 3.15. Bevorzugung von Beständen hinsichtlich der bestandsbildenden Baumarten 35 3.16. Bevorzugung von Habitaten verschiedener Frischestufen (Wasserhaushalt) durch 37 Wildkatzen 3.17. Bevorzugung von Gewässernähe 38 3.18. Vorhersage geeigneter Lebensräume mit Hilfe eines Modells 39 3.19. Verknüpfung des Bienwaldes mit anderen Waldgebieten und Korridore 43 3.20. Feldgehölze als Vernetzungselemente und Rückzugsräume in der Agrarlandschaft 46 4. Maßnahmen zum Wildkatzenschutz im Wirtschaftswald 48 5. Empfehlungen zum zukünftigen Monitoring der Wildkatze im Bienwald 50 6. Literatur 53 7. Anlagen 55

1 ZUSAMMENFASSUNG

Ziel der Untersuchungen war es, die Lebensweise der Wildkatzen im Bienwald zu erforschen und Aussagen hinsichtlich des Schutzbedarfs abzuleiten. Die Hauptphase der Untersuchun- gen lag im Zeitraum vom 1.2.2006 bis zum 1.12.2006 und wurde mit folgenden Methoden durchgeführt: • Schneespurensuche • Erfassung von Totfunden und Beobachtungen durch Befragung von Revierpächtern und Förstern sowie Literaturauswertung • Fang und anschließende Telemetrie von 6 (10) Wildkatzen • Kartierung wichtiger Lebensraumparameter (ergänzende Habitatkartierung) • Videoüberwachung In dem Bericht werden auch Ergebnisse aus dem Projekt „Grenzüberschreitende Begegnun- gen mit der Wildkatze“ aus dem Raum Bienwald dargestellt, soweit sie zur Beantwortung inhaltlicher Fragen von Bedeutung sind. Dies betrifft insbesondere Beobachtungen der Wild- katzen mit den Namen „Prinzessin“, „Frau Holle“ und „Manfred“ und den Zeitraum vom 1.1.2007 bis 1.8.2007. Die ersten dokumentierten Wildkatzennachweise im Bienwald aus jüngerer Zeit datieren aus dem Jahr 1977. Seit den 80er Jahren erfolgten regelmäßig Beobachtungen. Wildkatzen kommen heute westlich der A652 vor. Östlich der Autobahn gibt es nur wenige Einzelbeobachtungen. Die Vorkommen konzentrieren sich auf den zentralen Bienwald. In der geplanten Naturwaldfläche ist die Beobachtungsdichte am höchsten. Östlich der B9 siedelt die Wildkatze in wesentlich geringerer Dichte. Aufgrund der hohen Verkehrsmortalität ist hier ohne Zuwanderung eine negative Populationsentwicklung zu befürchten. Auch in den Rand- bereichen zum Viehstrich und im Viehstrich konnten nur wenige Bebachtungen dokumentiert werden. Der Fangerfolg im zentralen Bienwald war mit 7 Fängen in 140 Fallennächten hoch. In der Otterbachniederung konnten wir in 152 Fallennächten keine Tiere fangen. Allerdings wurde eine Katze (Prinzessin) 2005 angefahren und besendert, ein anderes Tier (Frau Holle) wurde 2006 von einem Jäger in einer Falle gefangen. Die im Frühjahr 2006 im Bienwald gefangenen Tiere waren, verglichen mit den Tieren in an- deren Untersuchungsgebieten, in einer schlechten körperlichen Verfassung. Die Werte lagen mehr als 10% unter denen aus Eifel (2001-2004) und Vogesen (2007) Die Streifgebiete der im Wald beobachteten Wildkatzen lagen mit 500 bis 1500 ha bei den weiblichen Katzen und bis über 2000 ha bei den männlichen Katzen in einer Größenord- nung, wie sie aus der Eifel bekannt war. Die drei Weibchen, die teilweise bzw. überwiegend Offenland nutzten, hatten mit 1500 ha bis 3000 ha deutlich größere Streifgebiete. Verwandt- schaftsanalysen zeigten, dass Prinzessin, Frau Holle und Nadja nahe miteinander verwandt sind. Es wird angenommen, dass Nadja die Mutter beider Tiere ist. In den Nordvogesen scheinen die Tiere im Wald einer laufenden Untersuchung zufolge wesentlich kleinere Streif- gebiete zu haben. Streifgebiete von Katzen und Kudern überlagerten sich vollständig. Zwi- schen gleichgeschlechtlichen Tieren zeigten sich jeweils nur partielle Überschneidungen.

2 Die Streifgebietszentren der beobachteten Wildkatzen im Wald lagen überwiegend im Be- reich des geplanten Naturwaldes. Allerdings erwies sich ein Bereich um die Brandallee als zentrales Wildkatzenhabitat, das von den Naturwaldplanungen ausgenommen ist. Dieser Bereich sollte aus Sicht der Wildkatze mit hinzugenommen werden. 2006 erfolgten die ersten Würfe im Juni. Dies ist zwei Monate später als üblich und wird mit der schlechten Kondition der Tiere im Spätwinter in Verbindung gebracht. Wurfhöhlen in ab- gestorbenen Bäumen wurden nachgewiesen. Solche Wurfhöhlen erlauben Wildkatzen eine sichere Aufzucht der Jungtiere. Höhlenbäume stehen durch Windwürfe und Kalamitäten im Bienwald derzeit vermehrt zur Verfügung, sind aber durch Holznutzung gefährdet und sind eigentlich im Wirtschaftswald sehr selten. Es wurden Tiere im Wald und im Offenland beobachtet. Allerdings legt das Verhalten der Tiere im Offenland die Vermutung nahe, dass es sich hierbei um abgedrängte, nicht erwach- sene Wildkatzen handelt, die im Reproduktionsgeschehen der Art noch keine Rolle spielen. Eine Auswertung der Habitatnutzung zeigt im Wald eine Präferenz für Laub- und Mischwäl- der und für Ruderal- und Krautfluren wie sie auf den Windwurfflächen im Wald und lokal im Offenland zu finden sind. Sehr deutlich war eine Bevorzugung basenreicher Standorte im Wald. Naturnahe Wälder wurden gegenüber naturferneren Waldbeständen bevorzugt. Eine klare Präferenz der Wildkatzen konnte auch für sehr frische bis fechte Standorte festgestellt werden, also die Flächen die im Frühjahr im Bienwald temporär und partiell überstaut sein können. Darüber hinaus hielten sich Wildkatzen bevorzugt in der Nähe (bis 150m) von Fließ- gewässern auf, insbesondere im Frühjahr. Ein von Klar entwickeltes Habitatmodell wurde auf den Bienwald angewendet. Mit diesem Modell ließen sich mit hoher Vorhersagekraft die von Wildkatzen besiedelten bzw. bevorzug- ten Räume vorhersagen. Die mutmaßlich abgedrängten, nicht adulten Wildkatzen des Offen- landes (Strolch, Prinzessin, Frau Holle) wichen von diesem Muster ab. Das Modell erwies sich als die am besten geeignete Methodik zur Vorhersage geeigneter Lebensräume. Aufgrund der Beobachtungen der Tiere im Offenland konnte der Beweis erbracht werden, dass ein genetischer Austausch zwischen den Populationen zwischen Bienwald und Pfäl- zerwald derzeit noch möglich ist. Es konnten zwei Korridore durch die Otterbachniederung ermittelt werden, die von den Tieren tatsächlich genutzt werden. Dass Wildkatzen einen zweiten potentiellen Korridor zwischen Pfälzerwald und Bienwald durch die Horrbachniede- rung benutzen, konnte nicht bestätigt werden. Im Korridor der Otterbachniederung bildeten kleine Gehölze und Staudenfluren die wichtigsten Trittsteinbiotope. Insbesondere Gehölze ab 1 ha Größe erwiesen sich als wichtig. Die Abstände zwischen den als Trittsteine fungie- renden Gehölzen von 0,5 bis über 2,5 ha Größe lagen im Korridor zwischen 500 m und 1000 m (max. 1300 m). Die Tiere näherten sich im Offenland nicht näher als 220m bis 450m der Bebauung. Daraus leiten wir ab, dass Bebauungslücken durch die ein Korridor für Wildkat- zen führen soll mindestens eine Breite von 1000 m haben müssen. Weitere Korridore verlau- fen zwischen Neuburg und Maximiliansau zum Rhein. Um die nördlichen Rheinauen über die Achse Jockrim-.Neupotz-Leimersheim anzubinden wären Maßnahmen erforderlich, die den Wildkatzen erlauben diese Achse ungefährdet entlang zu wandern. Folgende Maßnahmen scheinen zum Schutz und zur Stärkung der Quellpopulation der Wild- katze im Bienwald geeignet:

3 Maßnahmen zur Sicherung der Kohärenz:

• Freihalten der derzeit noch geeigneten Korridore und damit der Kohärenz zwischen diesen Lebensräumen zwischen Pfälzerwald und Bienwald sowie zwischen Bienwald und Rheinauen von Bebauung und weiteren Verkehrswegen in einer Breite von min- destens 1000 m an den engsten Stellen • Sicherung der bestehenden Feldgehölze und Staudenfluren in den Korridoren und Anlage weiterer Trittsteinbiotope von ca. 1 ha Größe, so dass keine Lücken größer 500 m verbleiben • Entschärfung der potenziellen Unfallstellen im Verbreitungsgebiet und an den derzeit noch funktionsfähigen und potenziell geeigneten Korridoren durch wildkatzenfreundli- che Gestaltung der Querungsstellen von Straßen; Bau eines wildkatzensicheren Zaunes und zweier Grünbrücken über die A 652

Maßnahmen zur Stärkung der Population im Naturwald:

• Verzicht auf Wege und Verkehrssicherungsmaßnahmen im Naturwald • Verzicht auf Einzeljagd im Naturwald • Wiedervernässung künstlich entwässerter Standorte im Naturwald • Verzicht auf Holznutzung und forstsanitäre Maßnahmen im Naturwald

Maßnahmen zur Stärkung der Population im Wirtschaftswald: • Ausweisung von Altholzinseln im Bestand die bis zum natürlichen Zerfall stehen blei- ben können (Methusalemprojekt), nachvollziehbare Dokumentation • Erhöhung der Baumartenvielfalt und Reduktion der naturfernen Nadelholzbestände • Sicherung von starkastigen Bäumen und Höhlenbäumen, Abweichung vom Ziel ge- radschaftiger Stämme • Verzicht auf weitere Entnahme von vorhandenem Sturmholz oder abgestorbenen Bäumen, Teilflächen bei zukünftigen Windwürfen unaufgearbeitet lassen • Überprüfung des Wegenetzes und Rückbau entbehrlicher Wege, Besucherlenkungs- konzept • Belassen von Strukturen wie hochgeklappte Wurzelteller, liegendes und stehendes Totholz, Brombeerdickichte • Erhalt oder Schaffung von Sekundärquartieren wie Bunker, Schuppen, alte Hochsit- ze, Wurfboxen • Verzicht auf Zäunung und Pflanzung (natürliche Wiederbewaldung)

4 1. Einleitung

Die Wildkatze ist eine der seltensten Säugetierarten Deutschlands. Heute kommt die Art auf weniger als 10% ihres ursprünglichen Areals vor. Die Populati- on in Rheinland-Pfalz gehört zum letz- ten großen Verbreitungsgebiet dieser Art in Mitteleuropa, das Vorkommen in Nordostfrankreich, Luxemburg und Ost- belgien umfasst. Innerhalb dieses Are- als ist das Vorkommen im Bienwald das einzige bekannte Niederungsvorkom- men (Abb. 1). Es findet sich ein Kern- raum, besiedelter Raum und Randzo- nen der Wildkatzenverbreitung im Pro- jektgebiet. Im Rahmen des Arten- schutzprojektes Wildkatze Rheinland- Pfalz wurde die Zahl der Wildkatzen im Bienwald auf 18-45 Tiere geschätzt, die in einem 104 km² großen Gebiet leben. Somit leben im Bienwald ca. 1-2 % der rheinland-pfälzischen Wildkatzenpopula- Abb. 1: Verbreitung der Wildkatze und Bewertung tion. Dem Schutz der Lebensräume der des Populationszustandes. Wildkatze im Bienwald kommt eine hohe Bedeutung zu, da es sich um eines der letzten mitteleuropäischen Vorkommen von hoher genetischer Reinheit handelt und die Wildkatze als Art des Anhangs IV der FFH-Richtlinie unter strengem Artenschutz steht. Darüber hinaus ist es auch das einzige deutsche Vor- kommen in einem Niederungswald. In der "Recommendation of the Standing Committee of the Council of Europe" (Straßburg) aus dem Jahre 1992 wird unter anderem für die Bundes- republik Deutschland gefordert: "Maintain and reinforce present protection measures for the species, avoiding, in particular, any further fragmentation of the population". Das Artenschutzprojekt Wildkatze des LUWG (ÖKO-LOG 1996-2002) und telemetrische Un- tersuchungen in der Eifel im Auftrag des LBM Rheinland-Pfalz (ÖKO-LOG 2000-2004) haben gezeigt, dass sich die Wildkatze als Leitart für eine natürliche und hochdynamische Wald- entwicklung hervorragend eignet. Eine starke Abhängigkeit von besonderen Waldstrukturen wie großen Baumhöhlen, aufgelockerten sich stark verjüngenden Waldbeständen, sowie Gewässerläufen konnte nachgewiesen werden. Eine unter anderem im Bienwald durch- geführten Untersuchung von ÖKO -LOG (2005) zur Nutzung ehemaliger Westwallbunker durch wild lebende Säugetiere, bestätigte die hohe Bedeutung der Bunkeranlagen als Unterschlupf der Wildkatze und Trittsteinbiotop. Zentrales Ziel der Untersuchungen im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes Bienwald war es, die Bedeutung des Lebensraumes für diese Art zu dokumentieren und zu klären welche Maßnahmen geeignet sind, die Situation weiter zu verbessern.

5 Dazu wurden Qualitätsziele definiert und erforderliche Maßnahmen des Naturschutzmana- gements abgeleitet. Gleichzeitig ist die Wildkatze in besonderer Weise geeignet die Notwen- digkeit solcher Maßnahmen einer breiten Öffentlichkeit zu verdeutlichen, da der Schutz der Wildkatze von allen gesellschaftlichen Schichten als eine vordringliche Maßnahme angese- hen wird. Im Hinblick auf ein zukünftiges Monitoring soll die Wildkatze als eine Leitart herangezogen werden. Insofern dienen die Untersuchungen gleichzeitig der Dokumentation des Status quo vor Beginn der Maßnahmenphase im Rahmen des Naturschutzgroßprojektes. Aussagen zu folgenden Themenbereichen wurden angestrebt: S Derzeitige Raumnutzung als „status quo“ vor Umsetzung des Pflege- und Entwick- lungsplanes S Populationsstruktur und Gefährdungsfaktoren S Biotopausstattung in Vorkommensschwerpunkten (z.B. Waldstruktur, Bunker, Offen- land, Gewässer) und grobe Dichteabschätzung S Auswirkung der Erschließung des Waldes, Besucherlenkung, Erlebbarkeit von Wild- katzen S Bedeutung des Bienwaldes als Vernetzungskorridor zwischen Pfälzerwald und Rheinauen, Aufzeigen von Defiziten und Handlungsbedarf S Abschätzung des Wiederbesiedlungspotenzials derzeit unbesiedelter Flächen S Bewertung der Eignung unterschiedlich bewirtschafteter Flächen und Hinweise zur Auswirkung der forstlichen Nutzung und der Strukturierung des Waldes S Maßnahmen im Bereich des Waldes zur Verbesserung der Situation der Wildkatze S Auswirkung der Grünlandextensivierung im Waldrandbereich S Empfohlener zeitlicher Ablauf der zu ergreifenden Maßnahmen S Auswirkungen des Nutzungsverzichtes in Naturwaldflächen S Empfehlungen zum langfristigen Monitoring der Population und zur Erfolgskontrolle der ergriffenen Maßnahmen Das Untersuchungsgebiet umfasste den gesamten Kernraum Wald. Zusätzlich wurden im Rahmen des grenzüberschreitenden Projektes „Grenzüberschreitende Begegnungen mit der Wildkatze. Naturschutzziele – Erlebnisse – Kommunikation – Nachhaltige Entwicklung im Biosphärenreservat Vosges du Nord/ Pfälzerwald und im Bienwald/ Forêt de Wissembourg“ Untersuchungen im angrenzenden französischen Waldgebiet und im Agrarraum zwischen Pfälzerwald und Bienwald (Otterbachniederung) durchgeführt. Diese werden hier nachricht- lich dargestellt. Die Untersuchungen wurden im Januar 2006 begonnen. Die Hauptphase dauerte vom 1. Februar bis 1. Dezember 2006. Am 1. August 2007 war nur noch der Sender eines Tieres (Sammy) funktionstüchtig. Für die Bienwaldregion ungewöhnlich lang anhaltende Schneela- gen von Januar bis Anfang März kennzeichneten den Winter 2005/2006. Unser Dank gilt allen, die uns während der Forschungsarbeiten unterstützt haben. Insbeson- dere die Mitarbeiter der Landkreise Germersheim und Südliche Weinstrasse. Der Natur- schutzverband Südpfalz engagierte sich intensiv bei den telemetrischen Beobachtungen von Wildkatzen und weiteren Arbeiten. Namentlich Peter Braun, Frau Klingel, Herr Stock, Man- fred Kluger halfen vielfältig bei den Feldarbeiten. Carmen Kowalewski und Stefano Liccioli übernahmen wichtige Arbeiten in der Anfangs- und Endphase des Projektes. Bei der lokalen Jägerschaft und den Forstbeamten erhielten wir vielfältige Unterstützung. Insbesondere be-

6 danken wir uns für die gute Zusammenarbeit bei den Revierförstern. Bei der Feldarbeit und Dateneingabe unterstützten uns engagiert auch mehrere Praktikanten. Die SGD-Süd erteilte uns die artenschutzrechtlich erforderlichen Ausnahmegenehmigungen.

2. Methoden 2.1 Schneespurensuche Insgesamt gab es an 28 Tagen des Winters 2005/2006 im Bienwald Schnee, davon 11 Tage mit mindestens 8 cm Schneelage. Vom 26.1. bis 8.2. lag 14 Tage durch- gehend eine Schneedecke (Anlage 1). Im Januar, Feb- ruar und März 2006 konnten aufgrund günstiger Schneebedingungen im Bienwald Spuren von Wildkat- zen bei Schneelage kartiert werden. Die Spuren wurden erfasst, indem jede Spur, die einen 1m breiten imaginären Streifen rechts und links des be- Abb. 2: Trittsiegel einer Wildkatze gangenen Transsekts durchquerte oder berührte, gezählt wurde (H ERRMANN 2003). Spuren, die mehr als 10m in- nerhalb des imaginären Streifens längs verliefen wurden zweimal gezählt, nämlich beim Ein- kreuzen und beim Austreten aus dem Streifen. Die Zahl der Spuren aller Wildarten wurde aufgenommen, um sicherzustellen, dass jede Spur intensiv untersucht und einer bestimmten Art zugeordnet wurde. Eine Unterscheidung zwischen Wildkatze und Hauskatze konnte nicht in jedem Fall mit absoluter Sicherheit getroffen werden. Die anderen Beobachtungen (Tele- metrie, Sicht) zeigten aber, dass im Kernraum Wald Hauskatzen nur in seltenen Ausnahme- fällen angetroffen werden. In der abschließenden Auswertung wird die Zahl der gefundenen Wildkatzenspuren pro ge- laufenem Kilometer angegeben. Soweit nicht 100% der Strecke spurbar waren, wurde der nicht spurbare Anteil von der gelaufenen Strecke abgezogen. Anschließend wird noch die Dauer der Schneelage einberechnet, indem die gefundene Spurenzahl pro Kilometer durch die Dauer der Schneelage dividiert wird (z.B. ½, 1 oder 2 Nächte aus denen die Spuren stammen). Klimatische Effekte können das Ergebnis beeinflussen, da bei niedrigen Temperaturen und hohen Schneelagen die Aktivität der Wildkatzen deutlich herabgesetzt ist. Insofern kamen die Daten nicht hinsichtlich aller Umweltfaktoren unter gleichartigen Bedingungen zu Stande.

2.2 Videoüberwachung im Bereich eines mutmaßlichen Wurfplatzes

Videoüberwachungen erfolgten um zu ermitteln, ob die Katze Nadja Junge hatte. Zu diesem Zweck wurde eine mobile Videoüberwachungskamera in dem Waldstück, in dem sich Nadja aufhielt, positioniert. Dabei kamen hochempfindliche SW-Kameras der Firma Lechner und Timelaps Recorder der Firma Panasonic zum Einsatz. Die notwendige Ausleuchtung wurde

7 durch IR-Scheinwerfer (880 nm) erzielt. Das Videomaterial von 23 Tagen Videoüberwachung zwischen dem 20.7. und 17.8.2006 wurde ausgewertet (s. Anlage 2).

2.3 Erfassung der Totfunde und Jägerbefragung

Informationen über Totfunde stammen größtenteils aus unabhängig von diesem Projekt durch ÖKO-LOG langfristig gesammelten Daten. Insgesamt 25 Totfundmeldungen wurden in die Auswertungen einbezogen. Soweit möglich wurden die toten Wildkatzen von ÖKO-LOG seziert um genauere Informationen hinsichtlich der Todesursache, der Artzugehörigkeit, des Alters, sowie weitere Informationen zu gewinnen. Die Befragung von Experten vor Ort diente dazu, die neuen Beobachtungen mit denen der Ersterfassung 1995 - 1999 zu vergleichen. Außerdem wurden Informationen zur räumlichen Verteilung weiterer Wildarten erhoben. Insgesamt 33 Jäger, Naturschützer und Förster aus dem Bienwald wurden in persönlichen Gesprächen (in einzelnen Fällen erfolgte eine telefonische Befragung) befragt. Dies waren im einzelnen: Harald Amberger (Minfeld), Horst Andrée (Boxberg), Hubert Baadte (Büchel- berg), Paul Baadte (Schaidt), Peter Baron (Bad Bergzabern), Axel Behrendt (Schleithal), Johannes Becker (), Dieter Diesel (Dierbach), Klaus Bohlander (Schaidt), Peter Braun (Scheibenhardt), Lothar Dornig (Rechtenbach), Jean-Georges Ernst (Weiler), Hartmut Frohnweiler (Kapsweyer), Roger Grebmayer (Wissembourg), Imo Hauß (Birkenhördt), Holger Jester (Ellerstadt), Bernd Kirsthaler (Schweighofen), Werner Kummler, Hubert Müller (Sey- da), Horst Nicol (Schweigen-Rechtenbach), Rolf Niederer (Büchelberg), Thomas Reeke (Karlsruhe), Hubert Roth (Schweighofen), Gerhard Schimpf (Kapsweyer) Josef Schmitt (Dör- renbach), Gerhard Schneider (Kapsweyer), Erwin Seeger (Steinfeld), Kurt Steigner (Billig- heim-Ingenheim), Matthias Steiner (Gossers- weiler-Stein), Klaus Suska (Schaidt), Uwe Ta- bel (Annweiler), Dr. Christian Weisser (Bien- waldmühle), Manfred Welzenbach (), Hubert Westermeyer (Wissembourg). Diesen Gesprächen konnten detaillierte Informationen über Orte, an denen aktuell und früher Wildkat- zen beobachtet wurden, sowie Beobachtungs- umstände, entnommen werden. Außerdem wurden Informationen zu besonders wertvollen Habitaten, zu Störungseinflüssen, zu weiteren Säugetiervorkommen und zu Hauskatzenvor- Abb. 3: Wildkatzenfalle kommen aufgenommen.

2.4 Fang der Wildkatzen

Insgesamt wurden 21 Wildkatzenfallen mit einer Klapptür eingesetzt. Sie wurden im Zentrum des Kernraumes Wald im Bereich zwischen Bienwald und Pfälzerwald (Otterbachniederung) und im westlichsten Ende des Bienwaldes aufgestellt. Die Fallen wurden so aufgestellt, dass sie einerseits in geeigneten Habitatstrukturen, an denen zuvor schon Wildkatzen beobachtet wurden, standen und andererseits von den Wegen gut erreichbar waren. Die Fallen waren

8 ca. 100 x 60 x 60 cm groß und aus Holz. Geködert wurde mit frisch gemahlener Baldrian- wurzel. Die Fallen wurden zwei mal täglich morgens und abends kontrolliert und teilweise auch mit Fallensendern ausgestattet. Die Fallensender änderten ihr Signal, sobald die Klapp- tür zufiel. Hierdurch konnte ermittelt werden, welche Falle ausgelöst hatte. Der Kontrollauf- wand lag bei max. 6h pro Tag. Alle gefangenen Wildkatzen erhielten einen subcutanen Chip zur individuellen Markierung. Es wurden morphometrische Daten, sowie Blut- und Haarpro- ben genommen und Fotos gemacht. Insgesamt 9 Wildkatzen wurden mit Telemetriesendern der Firma Wagener (Köln) ausgestattet. Diese Sender geben ein gepulstes kurzes Radiosig- nal im Bereich von 150 MHz ab. Dabei war jedem Individuum eine Frequenz zugeordnet. Die Sender wogen ca. 60g. Die Lebensdauer der Sender betrug zwischen 10 und 15 Monate. Eine Sollbruchstelle in Form eines Stück Leders war eingefügt, so dass der Sender im un- günstigsten Fall nach zwei Monaten, geplant aber nach ein bis zwei Jahren von selber abfiel. Im Juni 2007 wurde ein Jungtier des Weibchens Frau Holle mit der Hand gefangen, nach- dem der Tagesruheplatz von Frau Holle eingepeilt worden war. Das Jungtier hatte sich bei Annäherung der Bearbeiter in einem Wurzelteller versteckt, während das Muttertier sich ca. 100 m vom Tagesruheplatz entfernte

2.5 Telemetrie

Telemetrische Arbeiten wurden im Zeitraum Januar bis April 2005 und Februar 2006 bis Juli 2007 durchgeführt. Anhand der Signale (ca. 50/min) der Radiosender kann mit Hilfe eines Radioempfängers (Yaesu) der Standort des Tieres zu jeder Zeit ermittelt und festgestellt werden oder ob sich das Tier bewegt. Die Standortfeststellung erfolgt mit Hilfe einer Triangu- lation (WHITE & GARROT 1990) bzw. nach dem “homing-in-Verfahren”, bei dem man sich dem Tier so weit nähert, dass man sich direkt neben dem aktuell besuchten Habitat befindet. Da- bei wurden in der Regel die Ortungen so durchgeführt, dass sie in kurzen zeitlichen Abstän- den von einem Fahrzeug aus gemacht wurden. Um die Richtung, aus der das Signal kommt, festzustellen, wurde eine “3-Element-Yagi-Antenne” auf dem Autodach eingesetzt. Bei Beo- bachtungen zu Fuß wurde eine “2-Element-Yagi” eingesetzt. Die Geländemorphologie und, mit Einschränkungen, die Signallautstärke wurde bei der Ortsfeststellung berücksichtigt. Die Aktivität wurde anhand der Signalschwankungen ermittelt, die sich dadurch ergibt, dass die Sendeantenne ihre Lage bei Bewegung relativ zur Empfangsantenne verändert. Die Tiere wurden abwechselnd für mehrere Stunden beobachtet und tags wurde ihr Aufent- haltsgebiet festgestellt. Bei Dauerbeobachtungen wurde versucht, alle 15 Minuten den Standort des Tieres zu ermitteln. Sichtbeobachtungen wurden angestrebt um die Zuverläs- sigkeit der telemetrischen Ortsfeststellungen regelmäßig zu überprüfen und genaueres Da- tenmaterial über das Verhalten der Tiere zu erhalten. Während der Telemetrie wurde der eigene Fehler in vier Genauigkeitsstufen eingeschätzt, die jeweils zu der Ortung notiert wur- den: <= 25m; <=100m, <=250 und >250m. Die Einschätzung erfolgte aufgrund von Vorerfah- rungen zu den Fehlern in der spezifischen Geländesituation und mit den gegebenen techni- schen Möglichkeiten. Individuell unterschieden sich die Tiere sehr stark im Hinblick auf ihre Reaktionen auf die Annäherung mit dem Beobachtungsfahrzeug und dem Einsatz des Suchscheinwerfers (55 W-Halogen) in der Nacht. Tags bzw. bei Licht war die Fluchtentfernung immer hoch (>100m). Nachts waren einige Tiere sehr unempfindlich gegenüber dem Suchscheinwerfer und dem

9 Beobachtungsfahrzeug. Nach einiger Gewöhnungszeit (Habituation) wiesen insbesondere die Kater Sammy und Strolch sowie die Katze Nadja eine hohe Toleranz auf und erlaubten Annäherungen.

3. Ergebnisse 3.1 Nachweise von Wildkatzen (Expertenbefragung) Fragestellung Durch eine Befragung von Jägern, Förstern und Naturschützern sollte geklärt werden, wel- che Bereiche des Bienwaldes von Wildkatzen besiedelt sind und ob diese Bereiche als Kern- raum, als Besiedelter Raum oder als Randzone einzustufen sind. Außerdem war die Frage zu klären, ob in der Agrarlandschaft zwischen Bienwald und Pfälzerwald ein regelmäßiges Wildkatzenvorkommen existiert.

Methodik Die großräumige Verbreitung von Wildkatzen lässt sich mit vertretbarem Aufwand nur durch die Befragung des Personenkreises nachweisen, der die örtlichen Verhältnisse gut kennt und Sachkenntnis bei der Artbestimmung hat. Das sind in erster Linie Förster, Jäger und einige Naturschützer. Die beste Erhebungsmethode ist, die betreffenden Personen in einem per- sönlichen Gespräch zu befragen, um die Zuverlässigkeit der Informationen einschätzen zu können und durch Nachfragen (Merkmale, Besonderheiten im Verhalten, Größe, wiederholte Beobachtungen, Hauskatzen im Gebiet etc.) nach den Beobachtungsumständen das Bild zu vervollständigen. Durch Rückfragen ist die Zuverlässigkeit der Informationen relativ gut ein- zuschätzen. Mitteilungen oder Beurteilungen der Informanten, die als unglaubwürdig einge- stuft wurden, wurden bei der Auswertung nicht berücksichtigt (KNAPP & MÜLLER -STIEß 1995). Mit den erhobenen Beobachtungsstellen und Totfundpunkten können Aussagen zum Vor- kommen der Wildkatze gemacht werden. Es können keine Vorkommensschwerpunkte oder auch nur Aufenthaltspräferenzen der Wildkatze festgelegt werden. Im Normalfall vermeidet es die Wildkatze geschickt auf Menschen zu treffen oder von ihnen beobachtet zu werden. Bei den meisten Beobachtungsorten handelt es sich um Stellen, an denen Mensch und Wildkatze zufällig aufeinander trafen und der Mensch die Wildkatze bemerkte. Wie Tele- metrieergebnisse zeigen, stimmen Stellen, an denen Wildkatzen beobachtet (oft Waldwege oder Kirrungen) oder tot aufgefunden (meist Straßenrandstreifen) wurden, nicht mit den be- vorzugten Aufenthaltsorten der Wildkatze überein (KLAR 2003). Durch eine Erfassung aller Orte mit Wildkatzenmeldungen ist jedoch eine Erfassung der flächenhaften Ausdehnung der Verbreitung der Wildkatze möglich. Die Beobachtungsereignisse wurden ergänzt mit den Daten, die im Rahmen des Arten- schutzprojektes Wildkatze (KNAPP ET AL . 2000) erhoben wurden. Diese Daten bezogen sich auf den Zeitraum bis 1999 und wurden in einer systematischen Befragung aller Forstbeam- ten erhoben.

10 Ergebnisse Die Informationen über Vorkommen der Wildkatze im Bienwald konnten gegenüber der Er- fassung im Rahmen des Artenschutzprojektes Wildkatze wesentlich erweitert werden. Insge- samt liegen uns aus dem Projektgebiet 123 Nachweise von Wildkatzen durch Beobachtun- gen sowie Meldungen zu 25 Totfunden vor. Damit liegt die Erfassungsdichte im Bienwald mehr als doppelt so hoch als im übrigen Rheinland-Pfalz.

Tab. 1: Beobachtungen und Totfunde im Projektgebiet Teil des Projektgebietes Beobachtungen Totfunde

Kernraum Wald 100 9

Kernraum Offenland 7 1

Übriges Projektgebiet Wald 16 11

Übriges Projektgebiet Offenland 0 4

Die Ergebnisse der Erfassung von Wildkatzenbeobachtungen zeigen, dass die Wildkatze den Kernraum Wald mehr oder weniger vollständig besiedelt. Auch im Kernraum Offenland liegen mehrere Nachweise. Östlich der B9 ist die Zahl der Nachweise von Wildkatzen deut- lich geringer. In der letzten Zeit erfolgen Meldungen auch aus dem Bereich der Altrheinarme. Wir gehen davon aus, dass der Raum östlich der B9 besiedelt ist, allerdings in wesentlich geringerer Dichte. Dies ist möglicherweise auf Verluste im Straßenverkehr zurückzuführen. Nordöstlich der A652 liegen uns bis heute nur drei Beobachtungshinweise vor, so dass wir dieses Gebiet nicht als besiedelt einstufen können. Sehr auffällig ist, dass die Zahl der Totfunde im übrigen Projektgebiet ebenso hoch ist, wie die Zahl der Beobachtungen, während im Kernraum uns 10 mal mehr Beobachtungen als Totfunde gemeldet wurden. In der geplanten Naturwaldfläche (16,83 km²) liegen 38 der gemeldeten Wildkatzenbeobach- tungen. Im übrigen Kernraum Wald (76,29 km²) finden sich 62 Wildkatzenbeobachtungen. Mit 38% aller Beobachtungen auf 22% der Fläche ist die Nachweisdichte in der geplanten Naturwaldfläche signifikant höher als im umliegenden Kernraum Wald.

Schlussfolgerungen und Diskussion Die Befragung gibt einen Einblick in die derzeitige Besiedlung des Bienwaldes durch die Wildkatze und führt in Verbindung mit weiteren Methoden zu einem relativ zuverlässigen Bild. Im Vergleich mit der Befragung Ende der 90er Jahre ergaben sich Nachweise aus Be- reichen, aus denen seinerzeit keine Wildkatzenvorkommen festgestellt wurden. Dies sind die Lauterwiesen, der westliche Bienwald und der Bereich der Altrheinarme. Allerdings lagen die Beobachtungen teilweise lange zurück, so dass man nicht auf eine Ausweitung des Areals schließen kann. Östlich der A652 konnte von uns kein Nachweis aus dem Zeitraum nach 2000 ermittelt werden. Östlich des Kernraumes Wald ist aufgrund der potenziell hohen Ver- kehrsmortalität eine negative Tendenz in der Populationsentwicklung zu befürchten. Auffällig ist, dass trotz intensiver Bemühungen keine Nachweise im Viehstrich, westlich Schaidt, er- bracht werden konnten. Dies hängt möglicherweise mit störenden Einflüssen, die von den

11 Ortschaften ausgehen, zusammen. Die Telemetrieergebnisse zeigen allerdings, dass sich auch hier Wildkatzen bewegen.

Abb. 4: Beobachtungsmeldungen und Totfunde von Wildkatzen im Projektgebiet

3.2 Kurze Geschichte der Wildkatze im Bienwald Fragestellung Die Herkunft der Wildkatzen im Bienwald ist ungeklärt. Es wird allgemein von einer Besiedlung oder Wiederbesiedlung des Bienwaldes Mitte der 80er Jahre ausgegan- gen. Allerdings fehlen Angaben über Zeitpunkt, Verlauf und Ursachen der Besiedlung des Bienwaldes durch Wildkatzen. Durch eine Befragung noch erreichbarer Perso- nen, die die historische Situation im Bienwald kennen, wurde versucht, den Ur- sprung der heutigen Wildkatzenpopulation zu ergründen

Methodik Insgesamt wurden 10 Personen ausfindig gemacht, die sich noch an Ereignisse mit Wildkat- zen aus der Zeit mit den ersten sicheren Wildkatzenmeldungen erinnern konnten: Andrée, Horst, ehem. Revierleiter Revier Bienwaldmühle Baadte, Paul, ehem. Revierleiter Forstamt Schaidt Becker, Johannes, ehem. Forstanwärter Forstamt Schaidt

12 Bohlander, Klaus, ehem. Forstamtsleiter Forstamt Schaidt Kummler, Werner, ehem. Revierleiter Revier Steinfeld Müller, Hubert, ehem. Forstanwärter Forstamt Schaidt Nicol, Horst, ehem. Revierleiter Revier Schweigen-Rechtenbach Suska, Klaus, ehem. Revierleiter Revier Schaidt Weisser, Dr. Christian Welzenbach, Manfred, Jäger Problematisch erwies sich die Datierung von Ereignissen, die 20 Jahre und mehr zurücklie- gen und die häufig fehlende Aufmerksamkeit für die Wildkatze in diesem Zeitraum. Teilwei- se konnten aber auch präzise Angaben in Jagdtagebüchern gefunden werden.

Ergebnisse In einem Erläuterungsbericht zur Forsteinrichtung aus den Jahren 1845/46 findet sich eine Anmerkung, dass im Bienwald auch die "Katze" vorkommt (Forsteinrichtung des früheren Forstamtes Langenberg; Becker mdl. Mitt.). Ob mit "Katze" die Europäische Wildkatze ge- meint war, ist nicht mehr zu klären. Da Hauskatzen zu dieser Zeit aufgrund der Häufigkeit ihres Vorkommens vermutlich nicht erwähnenswert waren, wird von einem Bezug zur Euro- päischen Wildkatze ausgegangen. In Vogt (1984) wird erwähnt, dass die letzte Beobachtung einer Wildkatze im Bezirk des Forstamtes Speyer (also im Rheintal) kurz nach dem 1. Welt- krieg gemacht wurde. Suska ist sicher, dass im Zeitraum 1969 bis 1975 keine Wildkatzen in seinem Forstrevier im südlichen Bienwald beobachtet wurden. Wir führen das Fehlen der Wildkatze in diesem Bereich auf die intensive „Raubwildbekämpfung“ und Fallenjagd zurück. Erste Hinweise auf ein Vorkommen der Wildkatze in neuerer Zeit gibt es seit den 70er Jah- ren des vorigen Jahrhunderts. Ca. 1971/72 wurde in der Abteilung Sengnesselsbuckel neben einem Rehriss im nassen Sand ein Pfotenabdruck einer Katze gefunden. Der Abdruck hatte 40 mm Durchmesser ("Fünfmarkstücksgröße") und wird als deutlich größer als der einer Hauskatze beschrieben (Nicol mdl. Mitt.). Diese Meldung kann als vager Hinweis auf ein Vorkommen gewertet werden, ist jedoch aufgrund der Beobachtungsumstände nicht zuver- lässig. Bei Vogt (1984) werden zwei Wildkatzen aus dem Bienwald erwähnt, die auch als erste Meldungen aus dem Bienwald seit „über 60 Jahren" bezeichnet werden. Ein Präparat einer weiblichen Wildkatze befindet sich im Besitz von P. Baadte. Dieses Tier wurde von Vogt als Wildkatze determiniert. Es stammte aus der Gemarkung Schaidt (TK 6914) und kam im Jahr 1977 zu Tode. Ein weiteres weibliches Tier befand sich im Besitz von Herrn Barz (FA Bellheim). Es stammt aus dem Jahr 1977 oder 1978 (Dezember). Vogt gibt die Ortsangabe (TK 6915). Das angegebene Gewicht von 6,5 kg ist allerdings sicher nicht richtig. 1978 wurde ebenfalls eine tote Wildkatze an der heutigen L540 zwischen Jockgrim und Wörth gefunden (Welzenbach mdl. Mitt.). Der Fundort war knapp 1 km südlich von Jockgrim an der Stelle, wo sich Wald auf beiden Seiten der Straße befindet. Das Gewicht der Wild- katze wurde mir 7,5 kg, die Schulterhöhe mit 28 cm und die Gesamtlänge mit 90 cm ange- geben. Erste Beobachtungen von Katzen, bei denen vermutet wurde, dass es Wildkatzen sein könnten, gab es etwa 1980 (Bohlander mdl. Mitt.). Außerdem wurde von mindestens 2 weiteren Totfunden an Straßen (die aber nicht untersucht werden konnten) angenommen, dass es Wildkatzen waren (Weisser mdl. Mitt.). Ca. 1982 wurde auch eine Wildkätzin beo- bachtet, die Futter in einen Bunker nordwestlich des Ratzenbuckels eintrug (Weisser mdl. Mitt.). 13 Im September 1982 (oder 1983) wurden im Bienwald vier Wildkatzen westlich von Büchel- berg freigelassen. Sie waren im Frühjahr des gleichen Jahres geboren worden. Es handelte sich um 2 weibliche und 2 männliche Wildkatzen. Die Tiere stammten aus dem Elsaß und der Eifel. Genauere Angaben zur Herkunft der Tiere konnten nicht erforscht werden. Seit Mitte der 80er Jahre wurden vermehrt Beobachtungen und Totfunde der Wildkatze ge- macht. Außerdem wurde ein generelles Verschwinden der Hauskatzen im Waldbereich be- merkt (Suska mdl. Mitt.), was in Wildkatzenverbreitungsgebieten allgemein festzustellen ist. Im Winter 1984/85 wurde in einer für Marder aufgestellten Falle in einem Bunker im Bereich Dreckallee nördlich des Heilbaches eine adulte (vermutlich männliche) Katze von Johannes Becker gefangen (mdl. Mitt.).Von dieser Katze sind bei Suska Fotos vorhanden. Es handelte sich unserer Meinung nach um einen Wildkatze (Determination auf Basis des Fotos). Ca. 1986 gab es zwei Todesfälle von Wildkatzen durch ein Zusammentreffen mit Jagdhunden. In der Abteilung "Kahnlache Süd" wurde bei einer Treibjagd von einem Terrier ein starker Kuder abgewürgt. Die Wildkatze wurde präpariert und befindet sich im Forstzoologischen Institut in Freiburg (Müller und Bohlander mdl Mitt.). Im selben Zeitraum wurde eine in einen Bunker flüchtende Wildkatze bei Schneelage in der Abteilung „Im alten Schlag“ von einem Jagdda- ckel abgewürgt (Suska mdl. Mitt.). Das Präparat ist mittlerweile leider verlorengegangen. Ebenfalls auf den Sommer 1986 datieren zwei Wildkatzenbeobachtungen aus dem Bereich der Lauter. Eine Beobachtung fand in der Abteilung Ziegelhütter Schlag und eine weitere auf den angrenzenden Lauterwiesen statt (Andrée mdl. Mitt.). Ab 1988 wurden auch von weite- ren Revierleitern im Bienwald Beobachtungen von Katzen gemacht, die von den Beobach- tern relativ sicher der Wildkatze zugeordnet wurden (Nicol und Kummler mdl. Mitt.).

Schlussfolgerungen und Diskussion Aufgrund der Nachweise von Wildkatzen von Vogt (1984) kann belegt werden, dass Wildkat- zen bereits vor der Auswilderung von vier Jungtieren im Bienwald sporadisch vorkamen. Es ist zu vermuten, dass es sich um einzelne Zuwanderer aus dem Pfälzerwald handelte. Auf- grund der intensiven „Raubwildbekämpfung“ in den Revieren des Rheintals ist davon auszu- gehen, dass die jagdlich bedingte Mortalität trotz des Totalschutzes sehr hoch war. Wildkat- zen werden sehr leicht Opfer in Fallen. Seinerzeit waren die meisten verwendeten Fallen noch nicht sehr selektiv. Dieser Jagddruck wurde im Bienwald aber nach Angaben der Re- vierförster im Lauf der Jahre geringer. Der Fang einer Wildkatze in den 60er Jahren im Hochstadter Wald durch Richard Breinig (Bornheim) zeigt, dass Wildkatzen selbst in weit entfernt vom Pfälzerwald lie- genden Wäldern des Rheintals auftraten. Außerdem konnte in unserer vorliegenden Untersuchung gezeigt werden, dass selbst heute noch der Bereich zwischen Pfälzerwald und Bienwald von Wildkatzen durchquert werden kann. Der Anstieg der Wildkatzenbeobachtungen und Totfunde Mit- te der 1980er Jahre kann mit einem stärkeren Populations- druck aus dem Pfälzerwald in Verbindung gebracht werden. Die Auswilderung von 4 Wildkatzen wird von uns nicht als entscheidend für die Etablierung der Population gesehen. Sie kann die Rückkehr allerdings gefördert haben. Darüber hinaus

14 Abb. 5: Verkehrsopfer Wild- katze ist zu berücksichtigen, dass durch die damalige Diskussion um die Wildkatze vermehrt Beo- bachtungen richtig eingeordnet und mitgeteilt wurden. Nach Bekanntwerden des Vorkom- mens der Wildkatze im Bienwald ist auch von einem Rückgang versehentlicher Abschüsse und der Fallenjagd, dem bisherigen Hauptgefährdungsfaktor, auszugehen. Unwahrscheinlich ist, dass durch die Auswilderung von 4 Wildkatzen alleine eine Population begründet wurde. Dass selbst eine wesentlich größere Zahl ausgewilderter Wildkatzen zu keinem Ansied- lungserfolg führt, wurde eindrücklich im Steigerwald (64 Wildkatzen) und im Vorderen Bayri- schen Wald (109 Wildkatzen) dokumentiert (KNAPP 2002). Alle ausgesiedelten Wildkatzen stammten allerdings aus Gefangenschaftshaltungen und hatten deshalb eine deutlich gerin- gere Überlebenswahrscheinlichkeit.

3.3 Schneespurenzählungen Fragestellung Die Zahl der Spuren im Schnee kann neben anderen Untersuchungen einen Hinweis auf die Populationsdichte und Verteilung der Wildkatzen im Untersuchungsraum geben. Da Schnee- lagen im Bienwald selten sind, wurde die Schneespurensuche nicht als Standardmethode vorgesehen, jedoch ergaben sich im Jahr 2006 glücklicherweise einige geeignete Schneela- gen, die genutzt wurden, um ergänzende Daten zu erheben.

Methodik Am 25.1., 26.1., 30.1. und 31.1.2006 wurden Schneespuren über eine Strecke von insge- samt 26,1 Kilometern gesucht. Die Spurensuche fand ausschließlich im Kernraum Wald statt. Bei diesen Arbeiten wurden insgesamt 9 Wildkatzenspuren gefunden. Eine detaillierte Methodenbeschreibung findet sich unter Material und Methoden. Die Zahl der gefundenen Spuren wurde in Spuren pro abgesuchter Kilometer und pro Nacht mit Schneelage umge- rechnet um sie mit Ergebnissen aus einer Untersuchung in der Eifel vergleichen zu können.

Ergebnisse In Tab. 2 ist die Zahl der gefundenen Wildkatzenspuren pro Nacht mit Schneelage zu ent- nehmen.

Tab. 2: Zahl der Wildkatzenspuren im Bienwald im Vergleich zur Eifel

Untersuchungsgebiet Gelaufene Strecke in Gefundene Spuren Spuren pro Kilometer und Kilometer absolut Schneenacht

Eifel (Kernraum) 201,0 64 0,45

Bienwald (Kernraum) 26,1 9 0,20

Schlussfolgerungen und Diskussion Mit 0,20 Spuren pro Kilometer und Nacht mit Schneelage wurden relativ wenige Katzenspu- ren gefunden. Dies wird im Zusammenhang damit gesehen, dass wir die günstigen Schnee-

15 bedingungen am 30./31.1. vorfanden und an diesen Tagen die umfangreichste Suche durch- geführt wurde. Am 30.1. war es aber schon 5 Tage kalt und schneereich. Unter diesen Um- ständen schränken Wildkatzen ihre Aktivität stark ein und können entsprechend seltener nachgewiesen werden. Der Umfang der Spurenerfassung ist zu gering, um gesicherte Er- gebnisse hinsichtlich einer Abschätzung der Populationsgröße zu erlauben. Jedoch wurde durch die Spurensuche ein erster Eindruck über das Vorkommen der Wildkatze im Bienwald gewonnen und günstige Bereiche für den Fang mit Kastenfallen ermittelt.

3.4 Fangergebnisse im Bienwald und angrenzendem Of- fenland Fragestellung Primär wurden Wildkatzen gefangen um ihnen einen Halsbandsender anzulegen und sie mit der Methodik der Telemetrie zu beobachten. Der Fang diente darüber hinaus neben der Be- fragung und der Sammlung von Totfunden dem Nachweis von Wildkatzen. Zu klären war, in welchen Bereichen Wildkatzen vorkommen.

Methodik Im Zeitraum zwischen dem 12. Februar und dem 30. März 2006 wurden im Bereich des Bienwaldes bis zu 21 Fallen fängig gestellt. Es wurden bewusst drei Fangzonen ausgewählt, um sowohl Tiere im zentralen Bienwald als auch Wildkatzen in den Randbereichen des Bienwaldes in Richtung Pfälzerwald und in der Agrarlandschaft (Otterbachniederung) zwi- schen Pfälzerwald und Bienwald zu fangen. Im westlichen Bienwald wurde an sieben Fal- lenstandorten gefangen. Drei Fallen standen zwischen Altenhof und Bahnhof Schweighofen, vier weitere Fallen standen bis zum 25.2. zwischen Bahnhof Schweighofen und Brünnel. Ab 27.2. wurden diese vier Fallen abgebaut und im zentralen Bienwald (um die Dornlache) wie- der aufgebaut. Bis zum 27.2. standen im zentralen Bienwald 8 Fallen, ab dem 27.2. standen 12 Fallen fängig. In der Otterbachniederung (Dreieck Oberotterbach, Niederotterbach und Schweighofen) zwischen den beiden Waldgebieten Pfälzerwald und Bienwald standen ab dem 17.2. sechs Fallen in Feldgehölzen fängig. Ergebnisse

Tab.3: Fangergebnisse im Frühjahr 2006 im Bienwald und im Bereich zwischen Pfälzerwald und Bienwald (Otterbachniederung)

Fallennächte Bienwald 2006

12.2.- 4.3. 17.3-23.3. 29.3.-30.3. Summe Fangerfolg, Erfolgsquote Zentraler 166 24 190 7 F. silvestris 3,7% Bienwald Westlicher 110 24 6 140 1 F. silvestris 0,7% Bienwald 1 M. martes 1 E. europaeus Otterbachnieder- 92 48 12 152 0 F. silvstris 0,0% ung (Offenland) 1 M. foina

16

Abb. 6: Fallenstandorte

Über alle Fallen gemittelt lag der Fangerfolg bei 1 Katze pro 60 Fallennächten (Tab. 3). Die Erfolgsquote betrug somit 1,7%. Allerdings zeigten sich erhebliche räumliche Unterschiede zwischen den unterschiedlichen Fangbereichen. Einen hohen Fangerfolg mit 7 Wildkatzen- fängen in 190 Fallennächten verzeichneten wir im zentralen Bienwald (ein Fang pro 27 Nächte). Mit einem Wildkatzenfang in 140 Fallennächten wurden im westlichen Zipfel des Bienwald deutlich weniger Wildkatzen gefangen. Das eine hier gefangene Tier, der Kater „Manfred“, ging zudem in die östlichste dieser Fallen (Bereich Brünnel). Außerhalb des Bienwaldes, in der Otterbachniederung, wurden in 152 Fallennächten gar keine Wildkatzen gefangen. Das einzige Tier (Frau Holle), das wir hier besendern konnten, wurde von einem Jäger gefangen und uns zur Verfügung gestellt. Die hier außerdem erwähnte Wildkatze Prin- zessin wurde im Dezember 2004 in der Otterbachniederung angefahren aufgefunden. Sie wurde gesundgepflegt und im Januar 2005 wieder freigelassen.

Schlussfolgerungen und Diskussion Der Fangerfolg im zentralen Bienwald lag mit einem Wildkatzenfang pro 27 Fallennächten höher als in der Eifel, wo 49 Fallennächte pro Fang benötigt wurden. Dieses Ergebnis ist vermutlich auf mehrere Faktoren zurückzuführen. Zum einen haben wir inzwischen eine grö- ßere Erfahrung beim Fallenfang. Außerdem wurde ein optimaler Fangzeitraum ausgewählt und die Fallen wurden zwei mal wöchentlich neu beködert. Darüber hinaus scheint es aber auch denkbar, dass relativ mehr Wildkatzen im Umfeld der Fallen im zentralen Bienwald leb- ten. Die niedrige Fangrate im westlichen Bereich korrespondiert mit einer geringen Zahl von Beobachtungen, teilweise sogar Angaben über fehlende Hinweise auf Wildkatzenvorkom- men, die uns aus diesem Bereich des Bienwaldes zugingen. Auch im Offenland zwischen 17 Bienwald und Pfälzerwald liegen uns kaum Meldungen über Wildkatzenbeobachtungen vor. Dies korrespondiert wiederum mit dem ausbleibenden Fangerfolg. Für die folgende Interpretation der Habitatnutzung ist es wichtig zu berücksichtigen, dass uns Fänge von Wildkatzen in den Randbereichen des Bienwaldes und im Offenland zwischen Bienwald und Pfälzerwald nicht gelangen. Dies steht möglicherweise mit einer geringeren Besiedlung dieser Bereiche durch die Wildkatze in Zusammenhang. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch nur in einem Teil des zentralen Bienwaldes Wildkatzen gefangen werden konnten.

3.5 Übersicht besenderter Wildkatzen

Die Hauptphase des Projektes dauerte von Februar bis Dezember 2006. Im Jahr 2005 konn- te eine Wildkatze im Zeitraum zwischen Januar und April beobachtet werden. Zwei Tiere konnten über die Hauptphase hinaus bis mindestens Juni 2007 beobachtet werden. Insge- samt konnten 2687 Ortsfeststellungen einzelner Wildkatzen gemacht werden (Tab. 4). Wäh- rend dieser Ortsfeststellungen wurden der Standort, die Aktivität, der Biotoptyp und die Wet- terdaten festgehalten. Es wurden Notizen über Verhalten, Störquellen und andere Auffällig- keiten gemacht.

Tab. 4: Übersicht über die Anzahl und Verteilung der Telemetrie-Datensätze (Ortungen) sowie Geschlecht, Gewicht und Alter aller Wildkatzen Geschlecht und ge- Daten- Beobachtungs- Anzahl Name schätztes Alter bei Fanggewicht sätze zeitraum Monate Beobachtungsbeginn gesamt

 Prinzessin Weiblich, 1 Jahr 3250 g 13.01.05 – 22.04.05 3 257

 Sammy Männlich, 2-5 Jahre 3290 g 20.02.06 – >01.08.07 17 443

 Mathias Männlich, 2-4 Jahre 3600 g 25.02.06 – 14.05.06 3 32

 Lara Weiblich, 3-6 Jahre 3160 g 14.02.06 – 03.06.06 4 106

 F rau Holle Weiblich, 1 Jahr 2170 g 18.03.06 – 29.06.07 15 658

 Nadja Weiblich, 3-5 Jahre 2800 g 26.02.06 – 17.12.06 10 347

 Anne Weiblich, 3-7 Jahre 2970 g 30.03.06 – 26.10.06 7 352

 Manfred Männlich, 3-7 Jahre 6000 g 21.02.06 – <20.04.06 2 24

 Stro lch Männlich, 1 Jahr 3600 g 26.02.06 – 25.10.06 8 326

 Moritz Männlich, 5-8 Jahre 4450 g 25.02.06 – 19.07.06 5 142

Gesamt 13.1.05-01.08.07 74 2687

3.6 Kondition der gefangenen Wildkatzen Fragestellung Wildkatzen müssen aufgrund ihrer spezialisierten Ernährung, die ganz überwiegend aus Kleinsäugern besteht, mit Schwankungen im Nahrungsangebot leben. Außerdem haben sie Probleme bei hohen Schneelagen ihre Hauptnahrung unter der Schneedecke zu fangen. Es 18 stellt sich die Frage, ob sich in einer der klimatisch günstigsten Lage wie dem Bienwald Auswirkungen derartiger Faktoren erkennen lassen.

Methodik Der Winter 2005/2006 zeichnete sich durch überdurchschnittlich häufige Schneelagen im Rheintal aus. Die Schneelagen waren auch sehr spät im Winter. Insgesamt gab es an 28 Tagen des Winters 2005/2006 im Bienwald Schnee, davon 11 Tage mit mindestens 8 cm Schneelage. Vom 26.1. bis 8.2. lag 14 Tage durchgehend eine Schneedecke. Nach Anga- ben aus anderen Gebieten war die Populationsdichte der Mäuse im Winter 2005/2006 ge- ring. Um ein Maß für die Kondition der gefangenen Wildkatzen zu haben, wurde ein Index aus Condylobasallänge (CB-Länge) / Körpergewicht gebildet. Die ermittelten Indexe wurden den Ergebnissen einer vierjährigen Studie in der Eifel und einer Studie in den Vogesen im Jahr 2007 gegenübergestellt.

Ergebnisse Schon bei der Bearbeitung der gefangenen Katzen im Gelände im Februar und März 2006 fiel dem Erstautor auf, dass die Katzen deutlich magerer als zu dieses Jahreszeit sonst wa- ren. männlich weiblich

100

95

90

85

80

75

70 Bienw ald (m=5, w=4) Eifel (m=15, w =12) Vosges (m=8, w=4) Untersuchungsgebiet

Abb. 6: Körperlängen von weiblichen und männlichen Wildkatzen in unterschiedlichen Untersuchungsgebieten

Der gebildete Index aus Condylobasallänge und Körpergewicht lag bei den im Bienwald ge- fangenen Wildkatzen sowohl bei den männlichen als auch bei den weiblichen Tieren um mehr als 10% unter den Werten, die in der Eifel und in den Vogesen ermittelt wurden (Abb. 7). Ein Vergleich der Körperlänge (Abb. 6) zeigt, dass die Wildkatzen in Bienwald und Nord- vogesen generell kleiner zu sein scheinen als in der Eifel (Wilcoxon Test p<0,05). Dieser Effekt wurde jedoch durch die Bildung des Index bereits rechnerisch berücksichtigt.

19 männlich weiblich

80 76

70 70 62 62

60 57

49 50

40

30

20

10

0 Bienwald (m=5, w=4) Eifel (m=15, w=12) Vosges (m=8, w =4) Untersuchungsgebiet

Abb. 7: Kondition von weiblichen und männlichen Wildkatzen in den Telemetrieuntersuchungen.

Schlussfolgerungen und Diskussion Die Ergebnisse sind ein deutlicher Hinweis darauf, dass die Wildkatzen, die im Frühjahr 2006 im Bienwald gefangen wurden, in schlechter Kondition waren. Die Zahlen entsprechen auch dem bei der Bearbeitung im Gelände dokumentierten Eindruck. Die Katzen wurden dabei überwiegend als „mager“ eingestuft. Dieser Zustand wird mit mutmaßlich geringen Dichten bei Kleinsäugern in diesem Winter und den hohen Schneelagen in Zusammenhang ge- bracht. Der im Frühjahr 2006 deutlich sichtbare Effekt überrascht dennoch, da in der Literatur Schneelagen von 10 cm an mehr als 100 Tagen als kritisch für Wildkatzen angesehen wer- den (SLADEK 1966). Die Schneelagen im Bienwald im Winter 2005/2006 waren zwar unge- wöhnlich spät und ungewöhnlich lange, dennoch weit entfernt von einer Größenordnung, wo ein Effekt der Witterung erwartet worden wäre.

3.7 Die Streifgebiete der Wildkatzen Fragestellung Die Größe und Lage der Streifgebiete von Wildkatzen geben Auskunft über die Qualität des Lebensraumes und die soziale Organisation der Population. Zu klären war, ob die soziale Organisation oder die Streifgebietsgrößen vergleichbar denen anderer Freilandstudien in Deutschland war. Auch die Lage der einzelnen Streifgebiete zueinander war zu erfassen.

20 Tab. 5:Streifgebietsgrößen der beobachteten Wildkatzen mit verschiendenen Methoden berechnet Beobachtungs- Anzahl Datensätze 95% 50% Name 100% MCP zeitraum Monate gesamt Kernel Kernel

 Prinzessin 13.01.05 – 22.04.05 3 257 1976 ha 1276 ha 213 ha

 Sammy 20.02.06 – 01.08.07 17 443 2082 ha 1343 ha 139 ha

 Mathias 25.02.06 – 14.05.06 3 32 506 ha 781 ha 53 ha

 Lara 14.02.06 – 03.06.06 4 107 648 ha 574 ha 32 ha

Frau Holle 18.03.06 – 29.06.07 15 659 2928 ha 2032 ha 356 ha

Holle bis 16.9. 18.03.06 – 17.9.2006 6 358 2279 ha 1424 ha 119 ha

Holle ab 17.9. 17.09.06 – 29.06.07 9 301 554 ha 519 ha 51 ha

 Nadja 26.02.06 – 17.12.06 10 347 1515 ha 955 ha 79 ha

 Anne 30.03.06 – 26.10.06 7 352 645 ha 515 ha 67 ha

 Manfred 21.02.06 – 02.04.06 2 24 833 ha 897 ha 90 ha

 Strolch 26.02.06 – 25.10.06 8 326 1713 ha 1163 ha 95 ha

 Moritz 25.02.06 – 19.07.06 5 142 889 ha 809 ha 160 ha

Gesamt 13.1.05 - 01.08.07 74 2687

Methodik Die Convex-Polygon Streifgebiete werden definiert durch die konvexen Linien, die die jeweils äußersten Punkte verbinden. Diese wurden auf der Basis aller Ortungen der Wildkatzen im Untersuchungszeitraum berechnet. Für die Berechnung des Minimum Konvex Polygons, bei der die äußersten Punkte verbunden werden, wurden alle Ortungen der jeweiligen Katze verwendet (100%MCP) (Mohr 1947). 95% MCP berechnet also ein Minimum Konvex Poly- gon ohne die äußersten 5% der Ortungen. Außerdem wurde die Kernel Methode angewen- det und hierfür zwei Angaben gemacht, das 95% Kernel Streifgebiet und das Streifgebiets- zentrum, also die Flächen (50% Kernel) mit der höchsten Punktdichte (WHITE & GARROT 1990).

Ergebnisse In Tab. 5 sind die mit verschiedenen methodischen Ansätzen berechneten Streifgebietsgrö- ßen dargestellt. Abb. 8 gibt die Lage der Ortungspunkte und des MCP-Streifgebietes im Raum wieder.

21

Abb. 8: Ortungspunkte und Lage der MCP Streifgebiete im Untersuchungsraum

Schlussfolgerungen und Diskussion Streifgebiete von Katzen und Kudern überlagerten sich vollständig. Zwischen gleichge- schlechtlichen Tieren zeigten sich jeweils nur partielle Überschneidungen. Die Daten der Kuder Mathias und Manfred waren nicht ausreichend zur Ermittlung eines annähernd aussa- gekräftigen Streifgebietes, da die Sender dieser beiden Tiere sehr frühzeitig versagten bzw. abfielen. Verglichen mit anderen Untersuchungsgebieten ergaben sich bei den beiden wald- lebenden weiblichen Wildkatzen Anne und Lara ähnlich große Streifgebiete (ca. 650 ha), wie sie von uns in der Eifel festgestellt wurden. Das Weibchen, das Offenlandhabitate aufsuchte (Nadja) bzw. die zwei weiblichen Wildkatzen (Prinzessin, Frau Holle), die ganz überwiegend im Offenland lebten, hatten mit 1500 bis 3000 Hektar deutlich größere Streifgebiete als uns dies von weiblichen Wildkatzen in der Eifel bisher bekannt war. Frau Holle, die ab dem 17.9.2006 nur noch im Bienwald geortet werden konnte, hatte dort nur noch ein Streifgebiet von 554 ha. Die Aktionsräume der Kuder Sammy und Moritz lagen mit ca. 900 und ca. 2000 ha in der Größenordnung die aufgrund der Zahl der Ortungen und der Dauer der Beobach- tungen zu erwarten gewesen wäre. Am Beispiel des Katers Sammy zeigt sich deutlich, dass die Streifgebietsgröße bei adulten Kudern durch Verlagerungen der Aktivitätsschwerpunkte beeinflusst wird und ein Ganzjahresstreifgebiet deutlich größer ist als die Streifgebiete, die nur saisonal beobachtet werden konnten. Beim Kuder Strolch bewegt sich die Größe des Streifgebiets in dem für männliche Wildkatzen üblichen Rahmen (1700 ha). Jedoch stellt die- ser Wildkater einen Sonderfall dar, weil er unseres Erachtens das Verhalten eines subdomi- nanten Kuders hatte und die Waldlebensräume kaum aufsuchte.

22

3.8 Die Streifgebieteszentren der Wildkatzen Fragestellung Die Frage dieser Auswertung war, ob sich bei einer Betrachtung der Aktivitätsschwerpunkte der Wildkatzen eine Bevorzugung bestimmter Lebensräume ableiten lässt.

Methodik Mit der Kernel-Methode lassen sich Aktivitätsschwerpunkte von Wildkatzen ermitteln. Es wurden mit dunkler Farbe die zentralen Bereiche dargestellt, in denen 25% der am engsten zusammenliegenden Ortungen dargestellt werden, die hellen Farben geben die Bereiche wieder, in denen 50% der derartigen Ortungen liegen (Streifgebietszentren). Schraffiert sind die Bereiche dargestellt, in denen 75% der Lokalisationen liegen und ohne Schraffur, nur durch eine Linie, sind die 95% Kernels abgegrenzt. Sie schließen nur die 5 % am weitesten außen liegenden Ortungen aus.

Ergebnisse Die Abb. 9 stellt die Ergebnisse mit der Kernel-Methode dar.

Abb. 9: Streifgebietszentren mit der Kernel Methode berechnet

23

Wälder und Gehölze

Abb. 10: Lage der Streifgebiete im Jahr 2006 . Die Berechnung der Streifgebiete erfolgte nach der Minimum- Convex-Polygon-Methode unter Einbeziehung aller Ortungen (100% MCP).

Schlussfolgerungen und Diskussion Auffällig ist, dass die Streifgebietszentren (50% Kernels) bei Anne, Lara, Nadja, Mathias, Moritz und Sammy, also den adulten Waldkatzen, in den Bereichen liegen, in denen auch in einem von Klar entwickelten Habitatmodell (Kap. 3.18) die höchste Qualität der Lebensräu- me großflächig vorhersagt (KLAR ET AL . IN PRESS ). Die mutmaßlich subdominanten Tiere Prinzessin, Frau Holle (im ersten Beobachtungsjahr) und Strolch dagegen hielten sich über- wiegend in als weniger geeignet eingestuftem Lebensraum auf. Wenn von diesen drei Wild- katzen qualitativ hochwertig eingestufte Habitate aufgesucht wurden, dann lagen diese als kleine isolierte Gehölzinseln in der Agrarlandschaft. Betrachtet man die Lage der Streifgebiete (MCP Methode nur Jahr 2006) zueinander, so fallen mehr oder weniger große Überschneidungsbereiche zwischen den Streifgebieten der verschiedenen Tiere die im Jahr 2006 beobachtet werden konnten auf (siehe Abb. 9). Dabei überschneiden sich in erster Linie die Streifgebiete gegengeschlechtlicher Tiere: Das Streif- gebiet des Kuders Strolch überschneidet sich mit den Streifgebieten der Katzen Frau Holle und Nadja und das Streifgebiet des adulten Kuders Sammy weist Überlappungsbereiche mit den Streifgebieten der Katzen Nadja, Lara und Anne auf. Auch das Streifgebiet des Kuders Moritz beinhaltet Teile der Streifgebiete der Katzen Nadja, Lara und Anne . Die Streifgebiete des Kuders Mathias und der Katze Lara überlappen sich ebenfalls. Die bei weitem größten Überschneidungsbereiche bestehen jedoch bei den Streifgebieten von Kuder Sammy und der Katze Anne sowie bei den Streifgebieten von Kuder Moritz und der Katze Lara . Dabei wurden bei diesen beiden „Paaren“ nicht etwa die gleichen Bereiche

24 zeitlich versetzt genutzt; vielmehr wurde das jeweilige „Paar“ während der Aktivitätsphase häufig auf den gleichen Flächen angetroffen. Es kommt aber auch bei gleichgeschlechtlichen Tieren zu einer Überschneidung von Streif- gebieten. So weist das Streifgebiet des Kuders Moritz Überlappungsbereiche mit den Streif- gebieten der Kuder Mathias und Sammy auf. Auch die Streifgebiete der Katzen Nadja, Lara und Anne überschneiden sich. Insgesamt ist die Überlagerung von Streifgebieten bei gleich- geschlechtlichen Tiere jedoch deutlich geringer als bei gegengeschlechtlichen Tieren. Betrachtet man die Lage der mit der Kernel Methode berechneten 50% Streifgebietszentren (Abb. 9), so sind Überlappungen zwischen den von den verschiedenen Tieren genutzten Gebieten weitaus seltener. Bei einer Betrachtung der Lage der Kerngebiete zueinander fällt auf, dass die Kerngebiete der Wildkatzen Moritz, Lara, Sammy und Anne in einer Reihe an- geordnet sind. Die Kernräume von Lara und Moritz, sowie von Anne, Sammy und Moritz weisen deutliche Überlagerungen auf. Moritz hielt sich im Naturwaldbereich Stutpferch Ende Mai, Anfang Juni in unmittelbarer Nähe von Lara auf. Es wird angenommen, dass es sich um ein Verhalten handelte, dass in Zusammenhang mit der verspäteten Rollzeit der Wildkatze Lara stand. Auch der zweite Kernraum in dem Anne, Sammy und Moritz geortete werden konnten, könn- te ein solcher „Rendezvousplatz“ sein. Schon ab dem 28. März hielten sich die Kater dort auf. Nachdem Anne am 30.3.2006 einen Sender bekommen hatte, wurde sie zusammen mit Sammy hier noch Anfang April beobachtet. Wir vermuten, dass sich die Kater hier schon vorher um die rollige Katze Anne bemühten. Sammy hielt sich vom 28.3. bis 7.4.2006 aus- schließlich im Zentrum von Annes Streifgebiet um die Brandallee auf. Moritz teilte sich die- ses Gebiet mit Sammy und Anne vom 28.-31.3.2006. Auch die Katze Nadja hielt sich am 5. und 6. April etwa 68 Tage vor dem angenommenen Geburtstermin am 15.6. in ihrem Streifgebietszentrum (50% Kernel) im Quellbereich des Tieflach-Baches auf. In den folgenden Tagen gibt es bedauerlicherweise eine Beobach- tungslücke. Ein Kuder mit Sender hielt sich nicht in diesem Bereich auf.

3.9 Reproduktion und Wurfplätze Fragestellung Die Reproduktionsrate ist einer der wichtigsten Parameter um die Vitalität einer Wildkatzen- population zu ermitteln. Aus vorangegangenen Untersuchungen ist bekannt, dass Wildkat- zen zwar eine hohe Lebenserwartung haben, wenn sie das erste Lebensjahr überlebt haben. Allerdings gibt es Hinweise, dass nur wenige Würfe die ersten Monate überleben und so die Population verjüngen. Die laufenden Untersuchungen im Bienwald sollten zeigen, inwieweit die Ergebnisse in dieses Bild passen.

Methodik Bei den vier weiblichen Wildkatzen, die im Bienwald besendert werden konnten, wurde dar- auf geachtet, ob sie das für säugende Wildkatzen typische Verhalten zeigten. Dieses Verhal- ten besteht darin, in den ersten Tagen oder Wochen nach dem Wurf immer wieder an den

25 gleichen Ort zum Geheck zurückzukommen. Auch in den folgenden Wochen wechseln säu- gende Wildkatzen in aller Regel nicht täglich den Tagesruheplatz und zeigen ein auf einen relativ engen Raum begrenzte Aktivität.

Ergebnisse Im Jahr 2006 waren vier besenderte weib- liche Wildkatzen in einem Alter, in dem Würfe zu erwarten gewesen wären. Im März / April / Mai 2006, der Jahreszeit in der Wildkatzen normalerweise gebären, konnte kein Wurf bestätigt werden. Ab 15. Juni zeigte die Wildkatze Nadja ein Ver- halten, dass als Hinweis gewertet werden kann, dass sie Junge hatte. Ganz sicher wurde dieser Verdacht als sie ab 12.7. sehr kleinräumiges Verhalten im Ober- busch zeigte und mit einer dort aufgebau- ten Videokamera zwischen 1.8. und 12.8. fünf mal gefilmt werden konnte (Anhang 2). Das Verhalten ließ darauf schließen, dass sie Junge betreute. Wir konnten die- sen Wurf zwar niemals verifizieren, halten Abb. 11: Jungtier von Frau Holle die Aussage jedoch für relativ gut abgesi- chert. Die Kätzin zeigte dieses Verhalten bis zum 18. August, danach wechselte sie ihre Tagesschlafplätze wieder täglich und verschob ihr Jagdgebiet mehrfach großräumig, so dass wir davon ausgehen müssen, dass sie den Wurf verloren hatte. Bei Anne konnte aufgrund der angenommenen Rollzeit Ende März/ Anfang April ein Geburtstermin um den 7. Juni er- wartet werden. In dem Zeitraum, in dem die Ge- burt hätte erfolgen können, zeigte die Wildkatze Anna jedoch keinerlei Bezug zu einem festen Punkt, wo wir einen Wurfplatz hätten vermuten können. Bei keiner anderen Katze konnte Nach- wuchs bestätigt werden. Allerdings verlor das Weibchen Lara den Sender so früh, dass ein ver- späteter Wurf im Sommer / Herbst von uns nicht mehr hätte dokumentiert werden können. Im Frühjahr 2007 sendete nur noch der Sender von einer weiblichen Katze, „Frau Holle“. Ab dem 24.4. zeigte Frau Holle Verhalten, dass uns dar- auf schließen ließ, dass sie Junge geboren hatte. Sie hielt sich tagsüber und teils auch nachts in einer Höhlung unter einem Holzpolder auf. Der Holzpolder wurde vom Forstamt markiert, so dass keine Gefahr bestand, dass die Jungtiere durch Abb. 12: Stamm mit Wurfhöhle eine Abfuhr getötet würden. Im Laufe des Monats

26 Mai wurden drei andere Stellen ermittelt an denen Frau Holle ihre Jungen unterbrachte und versorgte. Die jeweiligen Stellen lagen 1500 m bzw. 600 m auseinander. Am 2. Juni 2007 konnte bestätigt werden, dass die Vermutung, dass Frau Holle Junge hatte zutraf. Ein männ- liches Jungtier von etwa 6 Wochen Alter wurde an einem Wurzelteller einer vom Wind ge- worfenen Kiefer angetroffen. Ob weitere Jungtiere zu diesem Wurf gehörten konnten wir nicht ermitteln.

Wurforte von Wildkatzen ohne Sender Am 17. April wurde von Waldarbei- tern ein Wildkatzenwurf in einer hoh- len nach oben offenen Buche gefun- den. Der Wurf wurde entdeckt, weil das Alttier nach einer Störung aus dem Baum flüchtete. Die Höhle war 250 cm vom Boden entfernt und hatte eine Grundflächen von 36x20cm. Der Wurf konnte von Herrn Niederer foto- grafiert werden. Am nächsten Tag Abb. 13: Jungkatzen in Wurfhöhle (Foto Niederer) hatte das Muttertier die Jungen an einen anderen Ort verbracht.

Schlussfolgerungen und Diskussion Unseren Ergebnissen zufolge erfolgte im Frühjahr 2006 kein Wurf oder, soweit ein Wurf er- folgte, überlebten die Jungen nur so kurze Zeit, dass wir das typische Verhalten nicht beo- bachten konnten. Dieses Ergebnis korrespondiert gut mit den Ergebnissen zum schlechten körperlichen Zustand der Tiere in der Paarungszeit im Spätwinter 2006. Das Weibchen Nad- ja, das beim Fang im Februar den schlechtesten körperlichen Zustand aufwies, hatte dieses Defizit bis in den Sommer wahrscheinlich so weit aufgeholt, dass sie Junge gebar. Bei Anne, die Ende März in besserer Kondition gefangen wurde, konnte zwar Anfang April eine Rollzeit wahrscheinlich gemacht werden, allerdings waren nach der üblichen Tragzeit von 68 Tagen keine Anzeichen zu sehen, dass tatsächlich ein Wurf erfolgte. Im Frühjahr 2007 gab es sehr günstige klimatische Bedingungen und reichlich Nahrung. Das Weibchen Frau Holle war mittlerweile vom agrarischen Lebensraum in den Bienwald ge- wechselt und dort fest etabliert. Sie gebar erfolgreich zumindest ein Junges und zeigte bis zum Verstummen des Senders am 29.6.2007 das Verhalten einer Mutterkatze. Hinsichtlich der Wurfplätze konnten aus dem Bienwald weitere Hinweise gewonnen werden (Anlage 3). Es bestätigt sich die hoihe Bedeutung, die Baumhöhlen, Wurzelteller und artifi- zielle Wurfplätze für Wildkatzen haben. Nur wenn die Muttertiere ihre Jungen geschützt vor Potentiellen Prädatoren wie Wildschweinen, Füchsen oder Eulen unterbringen können ist eine gute Chance für eine erfolgreiche Aufzucht gegeben. Solche Plätze sind aber im Wirt-

27 schaftswald selten. Aktuell ist das Angebot im Bienwald aufgrund einiger verbiebener Stäm- me aus den Windwürfen und Kalamitäten überdurchschnittlich. 3.10 Genetische Untersuchungen Fragestellung Es wurden genetische Untersuchungen der gefangenen Wildkatzen durchgeführt. Ziel war es zu ermitteln, ob es sich bei den gefangenen Tieren tatsächlich um Wildkatzen handelte und ob die Tiere miteinander näher verwandt sind

Methodik Von allen Tieren wurden Blut- oder Haarproben genommen und in dem Labor Centro de Testagem Molecular (Laboratório Nacional de Investigação Veterinária) in Vairão (Portugal) von Rita de Olivera untersucht. 11 Loci dien- ten der genetischen Verwandtschaftsanalyse. Für die Verwandtschaftsanalyse wurde die Software CERVUS 3.0 (MARCHALL ET AL 1998; KALINOWSKI ET AL 2007) angewendet. Darüber hinaus wurde mit Hilfe der Software “Kingroup“ (K ONOVALOV ET AL ., 2004) nach Geschwister- oder Elternbeziehungen gesucht. Halbgeschwister konnten nur mit einiger Unsicherheit be- stimmt werden, Eltern- und Geschwisterverhältnisse mit einer hohen Sicherheit.

Ergebnisse Alle gefangenen Katzen wiesen die typischen genetischen Marker für Wildkatzen auf. Sie konnten somit zweifelsfrei als Wildkatzen determiniert werden. Darüber hinaus ergaben die genetischen Untersuchungen eine geringe genetische Varianz relativ zu den Wildkatzen im Pfälzerwald und in der Eifel. Mögliche nähere Verwandtschaftsverhältnisse wurden zwischen drei Tieren festgestellt. Die Wildkatzen Nadja, Prinzessin und Frau Holle erwiesen sich als so nahe verwandt, dass es sich bei diesen Tiere um Nachkommen voneinander handeln kann. Eine etwas entferntere Verwandtschaft ergab sich auch für die Paare Mathias und Lara, so- wie Manfred und Strolch. Hier könnte es sich um Geschwister oder Halbgeschwister han- deln.

Schlussfolgerungen und Diskussion Eine Interpretation der Ergebnisse der genetischen Untersuchungen ist nur sehr einge- schränkt möglich, da sich die Untersuchungen nur auf die Fänge in einem Jahr bezogen und mögliche Elternbeziehungen nicht bekannt waren. Auch das Alter (Tab. 1) konnte nur mit einer gewissen Unsicherheit geschätzt werden. Insofern kann selbst bei einer Mutter – Toch- ter Beziehung nicht mit Sicherheit angegeben werden, welches das Muttertier und welches das Jungtier war. Aufgrund der Altersschätzungen kann jedoch angenommen werden, dass Nadja die Mutter von Frau Holle sein könnte, möglicherweise auch die Mutter von Prinzessin.

3.11 Wildkatzen im Wald und im Offenland

28 Fragestellung Wildkatzen werden als waldgebundene Art beschrieben. Durch die Beobachtung der Wild- katze Prinzessin im Jahr 2005 ergaben sich jedoch Hinweise, dass Wildkatzen auch außer- halb geschlossener Waldgebiete leben können. Es war zu klären, ob dies ein Einzelfall war oder ob die Tiere dauerhaft das Offenland besiedeln.

Methodik Die Lebensraumnutzung der einzelnen Tiere wurde hinsichtlich des Anteils und der Präfe- renz für Wald und Offenland für die fünf Tiere untersucht, für die die umfangreichsten Daten vorlagen.

Ergebnisse Die Kuder Sammy, Manfred, Moritz, Mathias sowie die weiblichen Katzen Anne, Lara und Nadja hielten sich bei über 90 % der Ortungen im geschlossenen Wald auf (z. B. Anne : 99%, Nadja : 94%, Sammy : 93%). Dagegen wurden die beiden Jungtiere Frau Holle und Strolch deutlich seltener in Waldgebieten geortet ( Frau Holle : 40%, Strolch : 13%). Auch die Lage der Streifgebietszentren (50% Kernel) spiegelt die Unterschiede in der Wald- und Offenlandnutzung der Wildkatzen wider: Die Kerngebiete der Wildkatzen Mathias, Mo- ritz, Manfred, Anne , Nadja und Sammy beinhalten große Waldanteile oder liegen gänzlich innerhalb von Waldgebieten ( Anne ), während die Kerngebiete der Jungtiere Frau Holle, Prin- zessin und Strolch große Offenlandanteile enthalten. Bei der Katze Frau Holle liegt jedoch auch ein Teil des Kerngebietes im Bienwald. Auch bei der Lage der Kerngebiete im Bezug auf ihre Entfernung zum Waldrand bestehen Unterschiede zwischen den Tieren: Teile der Kerngebiete von Frau Holle und Strolch liegen mehrere Kilometer von Waldgebieten entfernt, während sich die Kerngebiete der übrigen Wildkatzen alle innerhalb oder am Rand ge- schlossener Waldgebiete befinden. Vier der fünf untersuchten Wildkatzen ( Anne , Nadja , Sammy und Frau Holle ) nutzten Wald- habitate häufiger, als aufgrund der Verfügbarkeit der Flächen an den Streifgebieten zu er- warten wäre. Die statistische Prüfung dieser Ergebnisse mit dem Binominaltest ergab für die vier Tiere Frau Holle ( α =0,05, p <0,0001), Anne ( α =0,05, p =0,0005), Nadja ( α =0,05, p =0,0005) und Sammy ( α =0,05, p <0,0001) eine signifikante Bevorzugung von Waldhabitaten. Der Kuder Strolch nutzte Waldgebiete dagegen signifikant weniger häufig, als es aufgrund der Verfügbarkeit dieser Gebiete in seinem Streifgebiet zu erwarten gewesen wäre ( α =0,05, p <0,0001). Im Frühjahr 2006 zeigte auch Frau Holle eine signifikante Bevorzugung des Offenlandes.

Schlussfolgerungen und Diskussion Aus den gemachten Beobachtungen schließen wir in Zusammenhang mit den Ergebnissen aus der Eifel, dass geschlossene Wälder zusammen mit den an den Waldrand grenzenden Offenlandflächen für Wildkatzen den typischen Lebensraum darstellen. In Abweichung hier- 29 von konnten aber auch Wildkatzen beobachtet werden, die eine temporäre (Frau Holle) oder dauerhafte (Prinzessin, Strolch) Präferenz für das Offenland zeigten. Bei all diesen Wildkat- zen handelt es sich aber um jüngere Wildkatzen. Das Verhalten des Jungkaters Strolch lässt darauf schließen, dass in das Offenland abgedrängt wurde. Das riesige Streifgebiet ist neben dem halbnomadischen Umherziehen ein deutliches Zeichen, dass es sich hier um einen suboptimalen Lebensraum handelte. Bei der Wildkatze Frau Holle konnte beobachtet wer- den, dass sie nachdem sie ab Mitte September dauerhaft im Bienwald siedelte, ihren Akti- onsraum deutlich verkleinerte und ein ähnlich großes Streifgebiet wie die anderen adulten weiblichen Wildkatzen hatte. Sie konnte in ihrem Waldstreifgebiet sogar erfolgreich Junge großziehen.

3.12 Habitatnutzung - Übersicht Fragestellung Es war zu klären, ob Wildkatzen innerhalb ihre Gesamtlebensraumes eine deutliche Bevor- zugung für bestimmte Habitattypen zeigen.

Methodik Die Habitatnutzung aller Wildkatzen wurde analysiert, indem die absolute Häufigkeit, mit der Wildkatzen in bestimmten Habitatklassen angetroffen werden konnten, dem Flächenanteil dieser Habitatklasse am gesamten Kernraum des Projektes gegenüber gestellt wurde. Grundlage bildete die Biotoptypenkartierung des Pflege- und Entwicklungsplans. Die Unter- gliederung der Biotopkartierung waren jedoch weit differenzierter, als dies für die Auswertung der Wildkatzenergebnisse angebracht war. Die Biotoptypen wurden deshalb zu Klassen so zusammengefasst, dass sie die wichtigsten Nutzungsformen wiedergaben und im Gelände leicht wiedererkennbare Einheiten darstellen. Die Habitatklassen wurden aus Habitaten zu- sammengefasst, die im Hinblick auf die ökologischen Ansprüche von Wildkatzen ähnliche Strukturierung aufweisen. Außerdem wurden die Klassen so gebildet, dass ihre Fläche -mit wenigen Ausnahmen- jeweils mindestens 3% der Gesamtfläche ausmachte. Insgesamt 1836 Ortungen von Wildkatzen im Zeitraum von Februar 2006 bis Januar 2007 flossen in die Aus- wertung ein. Da alle Ortungen berücksichtigt wurden, sind sowohl die Ansprüche von Wild- katzen während des Tages als auch die Habitatpräferenzen während der Nacht berücksich- tigt. Auf eine Filterung der Daten z. B. durch die Festlegung eines zeitlichen Mindestabstan- des zwischen den Ortungen wurde verzichtet, da mit dem Ausschluss der zeitlichen Abhän- gigkeit nur eine Fehlerquelle hätte ausgeschaltet werden können. Weitere, unserer Ansicht nach schwerwiegendere Fehlerquellen, wie die Abhängigkeit von der Befahrbarkeit und Be- gehbarkeit des Geländes, dem Einfluss sozialer Faktoren, die Fehler durch nicht gleichmäßig über den Tag verteilte Ortungen, negative Vorerfahrungen der Tiere an bestimmten Lokalitä- ten können aber nicht ausgefiltert werden. Hinsichtlich der kartierten Einheiten ist zu beach- ten, dass die Darstellung als Flächen, denen eine bestimmte Größe zugeordnet werden kann, nicht unbedingt die Perzeption einer Wildkatze wiederspiegeln. So können beispiels- weise Gehölzlinien trotz geringer räumlicher Ausdehnung als Strukturelemente die Attraktivi- tät der angrenzenden Flächen unmittelbar beeinflussen. Um die Präferenz zu ermitteln wur- de der Electivity Index ermittelt. Dieser errechnet sich aus: Electivity Index = (Anteil der Or-

30 tungen - Anteil der Fläche)/( Anteil der Ortungen + Anteil der Fläche). Mit Hilfe des Auswahl- index kann die relative Bevorzugung der Biotoptypen in eine Rangfolge der Präferenz ge- bracht werden. Der Wertbereich des Auswahlindex umfasst eine Spanne von -1 bis +1. Je positiver oder negativer der Wert ist, umso mehr wird ein Lebensraumtyp bevorzugt oder gemieden. Ergebnisse

0,45 40,1% Anteil Fläche 0,40 Anteil Ortungen 0,35 32,8%

0,30

0,25 21,0% 19,0% 0,20 14,3% 14,7% 0,15

Anteil in Prozent in Anteil 9,0% 0,10 6,2% 4,8% 4,8% 4,9% 4,0% 4,5% 2,8% 3,8% 0,05 2,6% 1,6% 1,7% 2,5% 1,3% 1,4% 0,8%0,9% 0,4% 0,00 Acker Nadelwälder Adlerfarnbestände Laub- und Mischwälder Gebüsche und Gehölze Feuchte und nasse Wiesen Magere und mittlere Wiesen Sonstiges, Gewässer, Wege Siedlung, Gewerbe, Erholung Nasse und naturnahe Wälder Feuchte und naturnahe Wälder Ruderal- und Krautbestände, Obst

Abb. 14: Gegenüberstellung der verfügbaren Flächen der Habitattypen und der tatsächlich beobachteten Häufigkeit mit der Wildkatzen diese Habitattypen im Verlauf eines Jahres aufsuchten

Abb. 14 zeigt die Flächenanteile der Habitatklassen in Prozent gegenübergestellt der Häufig- keit mit der wir die Tiere in den Habitaten der jeweiligen Klassen orten konnten. Auf der lin- ken Seite sind typische Waldhabitate gelistet, auf der rechten Seite typische Offenlandhabia- te. Die Anteile der Aufgesuchten Habitattypen entsprachen nicht der Verteilung der Habitat- typen wie sie im Kernraum Wald vorhanden waren. Demzufolge präferieren oder meiden Wildkatzen bestimmte Habitattypen.

31

Abb. 15: Gemiedene, mittlere und bevorzugte Habitatklassen und Streifgebietszentren (50% Kernel) aus- gewählter Wildkatzen.

Schlussfolgerungen und Diskussion Die beobachteten Wildkatzen zeigen deutliche Präferenzen für nasse Lebensräume. Sowohl im Wald war die Kategorie nasse und naturnahe Wälder deutlich bevorzugt (Elektivity Index 0,27) als auch im Offenland, wo es die Kategorie feuchte und nasse Wiesen (Elektivity Index 0,1) war. Auffällig ist auch die deutliche Präferenz von Krautbeständen (Elektivity Index 0,5), wobei im Bienwald vor allem Windwurfflächen und reich strukturierte Verjüngungsflächen die bevorzugten Habitate der Wildkatze darstellen. Diese sind durch die Sturmereignisse der letzten Jahre, insbesondere den Sturm Lothar, zahlreicher geworden. Ihrer Entwicklung kommt eine hohe Bedeutung zu. Wenn Wildkatzen tagsüber jagen, tun sie dies nahezu aus- schließlich in derartigen Beständen. Naturverjüngung wird gegenüber gepflanzten Beständen bevorzugt. Der besondere Wert ergibt sich durch das Nebeneinander von kleinen Offenstel- len und niedrigen Bäumen und Büschen, die für Kleinnager eine hervorragende Nahrungs- basis bieten, sowie das Angebot an deckungsreichen (Totholz, Wurzelteller, Windwurfver- haue), zeitweise besonnten Flächen. Auch im Offenland wurden darüber hinaus Ruderal- und Krautbestände bevorzugt, Gebüsche und Gehölze wurden entsprechend ihres Flächen- anteils aufgesucht (Elektivity Index 0,04). Dieses Ergebnis ist jedoch dadurch bedingt dass nur die eigentlichen Gehölzflächen berücksichtigt wurden. Dieses sind aber vielfach schmal und linear, so dass methodisch bedingt Ortungen knapp neben dem Gehölzstreifen liegen. Bezieht man ein Umfeld von 20 m um die Gehölze mit ein zeigt sich eine deutliche Präferenz für diese Bereiche. Dies kommt auch in einer starken Präferenz (Elektivity Index 0,5) für Kraut und Staudensäume zum Ausdruck. Alle anderen Habitate des Offenlandes wurden mehr oder weniger gemieden. Im Wald werden naturnahe Laub- und Mischwälder bevorzugt

32 (Elektivity Index 0,1). Dabei wurden die durch alte Kiefern dominierten Mischwaldbestände nicht zum Nadelwald hinzugerechnet, weil diese im Bienwald nicht den typischen Charakter eines reinen Nadelforstes aufwiesen. Deutlich erkennbar ist eine ansteigende Präferenz über feuchte bis hin zu nassen Wäldern. Eine Besonderheit stellen Adlerfarnbestände dar. Diese werden innerhalb des Waldes deutlich gemieden (Elektivity Index -0,33), Sichtbeobachtun- gen (Kluger mdl.) zeigten allerdings dass kleinräumige Adlerfarnbestände, die meist nicht als solche kartiert waren, von den Wildkatzen durchaus aufgesucht wurden. Reine Nadelwaldbe- reiche werden gemieden (Elektivity Index -0,13). Eine Sichtung der Daten ergab, einige spe- zifische Unterschiede zwischen Parametern die sich den Biotoptypen oder Nutzungstypen- kartierungen entnehmen ließen. Einige besonders interessante Aspekte hinsichtlich dieser Parameter werden im folgenden dargestellt.

3.13 Bevorzugung basenreicher Waldstandorte

Fragestellung Eine erste Sichtung der Daten ergab, dass sich deutliche Unterschiede zwischen basenrei- chen und basenarmen Waldgesellschaften zeigten (Anlage 3), die dann näher untersucht wurden.

Methoden Es werden jeweils die Flächenanteile der vier Waldtypen im Kernraum mit der Anzahl der Lokalisationen innerhalb der Flächen gegenübergestellt.

Ergebnisse In Abb. 16 sind die jeweils die basenarmen Standorte von Buchenwäldern und Feuchtwäl- dern den basenreichen Standorten gegenübergestellt.

33 18 Anteil Fläche 16,9

16 Anteil Ortungen

14 12,4 11,9 12 10,7

10

8

Anteil in Prozent Anteilin 6 3,9 4,1 4 1,9 2 0,3 0 Basenarme Basenreiche Basenarme Basenreiche Buchenw älder Buchenw älder Feuchtw älder Feuchtw älder

Abb. 16: Flächenanteile basenarmer und basenreicher Wälder gegenübergestellt der Häufigkeit mit der Wildkatzen in diesem Flächen geortet werden konnten.

Schlussfolgerungen und Diskussion Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Bevorzugung basenreicher Waldbestände. Dies gilt sowohl für Buchenwälder als auch für Feuchtwälder. Allerdings ist der Flächenanteil der ba- senreichen Buchenwälder zu gering, um abgesicherte Ergebnisse zu erzielen. An basenrei- chen Standorten ist die krautige Vegetation durch die bessere Nährstoffversorgung in der Regel stärker ausgeprägt. Dies bedingt, dass hier auch mehr Nahrung für Kleinsäuger zur Verfügung steht. Sie finden gehäuft sich in der Nähe von Gewässern und an der Büchelber- ger Kalkscholle.

3.14 Bevorzugung von naturnahen Wäldern Fragestellung Im Rahmen der Analyse der Habitatpräferenzen stellte sich die Frage, ob Habitate des na- turnahen Waldes relativ häufiger oder seltener aufgesucht werden als die Habitate des rei- nen Wirtschaftswaldes.

Methodik In der Biotoptypenkartierung wurde zwischen naturnahen Wäldern und naturferneren Wirt- schaftswäldern unterschieden. Alle Bestände wurden je nach Naturnähe der einen oder an- deren Kategorie zugeordnet. 1461 Ortungen konnten hinsichtlich des Aufenthalts in der ei- nen oder anderen Kategorie eingestuft werden (Abb 17).

34 45 40,5 39,1 Anteil Fläche Anteil Ortungen 40 38,8

35

29,5 30

25

20

15 Anteil in Prozent

10

5

0 Naturferne Waldbestände Naturnaher Wald

Abb. 17: Flächenanteile von naturnahen Wäldern und naturferneren Wirtschafts- wäldern gegenübergestellt den Häufigkeiten mit denen die Wildkatzen in diesen Flächen angetroffen werden konnten.

Ergebnisse Der naturfernere Wirtschaftswald nimmt 38,8% der Fläche des Kernraumes des Natur- schutzgroßprojektes ein. 39,1 % aller Ortungen liegen auf den Flächen dieses Waldtyps (E- lektivity Index 0,0). Die Habitate, die dem naturnahen Wald zuzuordnen sind machen 29,5 % der Fläche des Kernraumes des Projektes aus. Mit 40,5 % aller Ortungen liegt die Häufigkeit, mit der die Wildkatzen in diesem Waldtyp angetroffen werden konnten, signifikant höher als die Erwartung (Elektivity Index 0,16).

Schlussfolgerungen und Diskussion Die signifikante Bevorzugung von naturnahen Waldflächen zeigt, dass dieser Waldtypus be- vorzugt von den Wildkatzen aufgesucht wird. Es ist wahrscheinlich, dass diese Präferenz durch eine höhere Habitatqualität verursacht wird. Wenn diese höhere Habitatqualität gege- ben ist, ist eine auch eine höhere Tragfähigkeit des naturnahen Waldes und damit eine hö- here Wildkatzendichte pro qkm anzunehmen wenn dieser Lebensraum voll besetzt ist.

3.15 Bevorzugung von Beständen hinsichtlich der be- standsbildenden Baumarten Fragestellung Obwohl in der heutigen Forstwirtschaft nicht mehr so stark wie früher auf einzelne Wirt- schaftsbaumarten hin gewirtschaftet wird, ist die Dominanz einzelner Baumarten noch gege- ben. Zu klären war, ob eine deutliche Korrelation zwischen Beständen mit bestimmten Wirt- schaftsbaumarten und der Häufigkeit von Wildkatzenortungen bestehen.

35 Methodik Alle Ortungen wurden im Hinblick darauf ausgewertet, welche Baumart für den jeweiligen Bestand als Hauptbaumart angegeben war. Dabei wurden Bestände mit Hauptbaumarten, die weniger als 3% der Fläche der Waldflächen umfassten, zu „Laubbaumarten sonstige“ und „Nadelbaumarten sonstige“ zusammengefasst. Es wurden nur die Waldbestände im Kernraum des Projektgebietes berücksichtigt.

Ergebnisse Häufigste Hauptbaumart ist mit 47,35% der Fläche die Kiefer (inkl. Wymuthkiefer 0,34%), (Abb. 18). Mit 41,21% aller Ortungen werden kieferndominierte Baumbestände seltener als zu erwarten aufgesucht (Electivity Index = -0,07). Die Stieleiche dominiert auf 39,80% der Fläche die Bestände, die Traubeneiche auf 0,22% der Flächen, auf denen die Eiche Haupt- baumart ist. Diese Bestände werden mit 48,7 % der Ortungen bevorzugt aufgesucht (Electi- vity Index = 0,10). Buchenwälder (Electivity Index = -0,19) werden ebenso gemieden wie Erlenwälder (Electivity Index = -0,05). Relativ deutlich ist die Meidung von Nadelholzbestän- den, in denen Douglasie, Fichte und sonstige Nadelbäume dominieren. Hier beträgt der E- lectivity Index –0,40. Sonderflächen wurden mit einem Electivity Index von 0,33 bevorzugt aufgesucht.

60 Anteil Waldfläche 48,7 50 47,3 Anteil Ortungen 41,2 40 40,0

30

20 Anteil in Prozent

10 4,4 4,0 3,7 2,5 2,1 2,1 2,0 0,9 0,7 0 0,4 Erle Eiche Kiefer Buche sonstige Laubholz sonstige Nadelholz Sonderflächen

Abb. 18: Anteil der durch einzelne Hauptbaumarten charakterisierten Bestän- de und Häufigkeit mit der die Wildkatzen diese Bestände aufsuchten.

Schlussfolgerungen und Diskussion Die dargestellten Waldbestände geben nur die Hauptbaumarten wieder und sagen nichts über Struktur, Alter und Artenzusammensetzung der Bestände aus. Dies sind jedoch wichti-

36 ge Faktoren, die die Aufenthaltswahrscheinlichkeit von Wildkatzen in den jeweiligen Flächen bestimmen. Auch wird in den modernen forstwirtschaftlichen Konzepten des naturnahen Waldbaus in der Regel nicht auf bestandsbildende Hauptbaumarten hin gewirtschaftet. Die Bevorzugung der Eichenwälder könnte damit in Zusammenhang stehen, dass diese meist einen Anteil alter Bäume mit entsprechendem Strukturreichtum aufweisen.

3.16 Bevorzugung von Habitaten verschiedener Frischestu- fen (Wasserhaushalt) durch Wildkatzen Fragestellung Frage war, ob der Wasserhaushalt (angegeben als „Frische“) einer Fläche einen Einfluss auf die Häufigkeit mit der Wildkatzen auf diesen Flächen beobachtet wurden hatte.

Methodik Alle Ortungen von Wildkatzen wurden hinsichtlich der Frischestufen bewertet. Berücksichtigt wurde der Kernraum Wald und das kartierte Offenland. Da einzelne Frischestufen teilweise nur mit geringen Flächenanteilen vertreten waren, wurden die Frischestufen zusammenge- fasst, so dass sich Kategorien mit einer aussagekräftigen Fläche und Anzahl von Ortungen ergaben. Trockene und mäßig trockene Flächen wurden nicht berücksichtigt, da sie zusam- men weniger als 1% der Fläche und der Lokalisationen repräsentierten.

Ergebnisse Die Ergebnisse der Auswertung sind in Tab. 6 dargestellt.

Tab. 6: Frischestufen im Projektgebiet und Zahl der Ortungen von Wildkatzen in diesen Stufen

Fläche im Anteil der Zahl Ortun- Anteil der Electivity Frischestufen qm Fläche gen Ortungen Index mäßig frisch bis frisch 59207332 80,19 1134 75,30 -0,03 (5,6,7) sehr frisch bis feucht (8,9,10, temporär und 9294797 12,59 288 19,12 0,21 partiell überstaut) vernässend und nass (11,12, saisonal übe r- 5334628 7,22 84 5,58 -0,13 staut)

SUMME 73836757 100 1506 100 Bei der Nutzung der Habitate in den verschiedenen Frischestufen lässt sich keine klare Ten- denz in einer Form erkennen, dass z. B. Standorte desto nässer desto mehr bevorzugt wä- ren. Allerdings zeigt sich eine signifikante Bevorzugung sehr frisch bis feuchter Standorte zeigen. Die noch stärker von die Oberfläche überstauendem Wasser charakterisierten Flä-

37 chen wurden dagegen seltener aufgesucht als aufgrund des Flächenanteils zu erwarten ge- wesen wäre.

Schlussfolgerungen und Diskussion Die Bevorzugung der sehr frischen bis feuchten Standorte könnte mit der Erreichbarkeit von Kleinsäugern in Zusammenhang stehen. Die sehr frischen und feuchten Flächen sind im Frühjahr nur teilweise überstaut, d. h. es gibt trockene Flächen wo Kleinsäuger überleben können. Je feuchter eine Fläche ist, desto oberflächennäher müssen sich Kleinsäuger auf- halten und sind damit für Wildkatzen leichter zu erbeuten. In den vernässend bis sehr nas- sen Standorten ist eine temporäre großflächige Überstauung im Frühjahr häufig. Hier sind die Bedingungen so, dass außer für die semiaquatischen Kleinsäuger, die Lebensbedingun- gen ungünstig sind. In mäusearmen Jahren, wie 2006, werden sie nicht oder nur sehr zöger- lich wiederbesiedelt. Sehr frische und feuchte Lebensräume im Wald stehen in Mitteleuropa Wildkatzen nur sehr selten großflächig zur Verfügung. Die Tallagen sind dicht besiedelt und intensiv genutzt und nur in Ausnahmefällen von großflächigen Wäldern bedeckt. Insofern gibt es im Bienwald einen einmaligen Habitattypus der zum Studium der Ökologie der Art einzig- artig ist. Aus dem südosteuropäischen Raum (Donaudelta) ist dieser Habitattyp als bevor- zugter Typ von Wildkatzen bekannt. Der junge Kater Strolch hielt sich im Frühjahr 2006 über einen längeren Zeitraum in einem stark grundnassen Schilfgebiet bei Schaidt auf. Dies spie- gelt ebenfalls die Präferenz für diesen Lebensraumtypus wieder.

3.17 Bevorzugung von Gewässernähe Fragestellung Während der Beobachtungen im Gelände ergab sich der Eindruck dass Lebensräume ent- lang von Gewässern besonders häufig aufgesucht wurden. Insbesondere in der nahrungs- armen Zeit im Spätwinter/Frühjahr wurden die Wildkatzen häufig in der Umgebung der Fließ- gewässer des Bienwaldes geortet. Die Frage war ob sich diese Beobachtung durch die Habi- tatanalyse erhärten lässt.

Methoden Die Präferenzen für fließgewässernahe Habitate im Kernraum Wald wurde untersucht, indem um die Gewässer in Entfernungsklassen (Puffer) von 50 Metern, von 50 bis 150 Metern die Aufenthaltshäufigkeit ermittelt wurde. Diese wurde den Flächen über 150 m von Gewässern entfernt gegenübergestellt. 1606 Ortungen wurden ausgewertet. Diese Analyse wurde für den gesamten Untersuchungszeitraum und um den Effekt der nahrungsarmen Zeit zu doku- mentieren für den Zeitraum von 15.2. bis 15.5.2006 durchgeführt.

Ergebnisse Der während der Datenaufnahme gewonnene Eindruck der Bevorzugung einer Gewässer- nähe bestätigt sich durch die Datenauswertung. Der Elektivity Index für die Flächen 50m um

38 Gewässer lag im Gesamtjahr bei 0,05, im Frühjahr 2006 betrug er 0,12. Die Flächen über 150m von Gewässern wurden dagegen mit einem Elektivity Index von -0,03 bzw. –0,06 leicht gemieden. Allerdings konnten die Ergebnisse nicht statistisch abgesichert werden. (X- squared = 4.0229, df = 2, p-value = 0.1338; X-squared = 3.2812, df = 2, p-value = 0.1939). Für einzelne Tiere ist die Bevorzugung der Gewässernähe jedoch signifikant (Anne: X- squared = 8.8482, df = 3, p-value = 0.03138).

über 150m von Gewässern 1 50-150m um Gewässer 0,9 50m um Gewässer

0,8 0,49 0,55 0,52 0,7

0,6

0,5

0,4 0,31 0,3 0,3 0,29

Antei der Entfernungsklassen der Antei 0,2

0,1 0,16 0,18 0,20 0 Anteil Fläche Kernraum Gesamtjahr 15.2.06 - Frühjahr 2006 (15.2.-15.5.) 30.5.07

Abb. 19: Gewässernahe Flächen und Häufigkeit mit der die Wildkatzen in diesen Flächen im Gesamtjahr sowie im Frühjahr 2006 geortet werden konnten.

Schlussfolgerungen und Diskussion Die Bevorzugung von Lebensräumen in Gewässernähe wird mit der höheren Struktur und dem reichhaltigen Nahrungsangebot in diesen Lebensräumen in Verbindung gebracht. Ba- senreich war stärker und ist kombiuniert mit Gewässern.

3.18 Vorhersage geeigneter Lebensräume mit Hilfe eines Modells Fragestellung Von Nina Klar wurde aufbauend auf den Telemetrieergebnissen in der Eifel ein Habitatmo- dell entwickelt, das es erlaubt, die Eignung einer Landschaft von wenigen großflächig digital verfügbaren Parametern abzuleiten. Dieses Modell sollte im Bienwald hinsichtlich seiner Aussagekraft und Übertragbarkeit geprüft werden.

39 Methodik Bei der Entwicklung des Modells wurden Lokalisationen aus einer Telemetrie-Studie an der A60 in der Eifel von 12 Wildkatzen verwendet (HERRMANN & KLAR 2007). Um die Lebens- raumnutzung von Wildkatzen für eine möglichst große Fläche vorhersagen zu können, wur- den als Kartengrundlage ATKIS-Daten verwendet, die für jedes Bundesland vorhanden sind. Die einzelnen Aufenthaltspunkte der Katzen wurden mit Hilfe von logistischer Regression mit Zufallspunkten in Bezug auf ihre Lage in der Landschaft verglichen. Als Landschaftsvariab- len kamen dabei die Entfernung zum Wald, zum Waldrand, zu Siedlungen, zu Einzelhäu- sern, zu Straßen, zu Wiesen und zu linearen Gewässern zum Einsatz. Es wurde ein genera- lisiertes lineares gemischtes Modell (GLMM) verwendet. Verschiedene Modelle wurden un- tereinander verglichen und das Modell, das die Verteilung der Wildkatzenpunkte im Raum am besten beschreibt, ausgewählt. Einen signifikanten Einfluss auf den Aufenthalt der Wildkatzen hatten die Nähe zum Wald, zu Bachläufen und zu Wiesen, sowie der Abstand zu Siedlungsflächen, Straßen und Einzelhäu- sern. Alle diese Variablen sind im sogenannten „besten“ Modell enthalten. Mit Hilfe einer logistischen Gleichung kann das Modell nun für jeden Punkt in der Landschaft (für den die Konstellation der 6 Landschaftsvariablen bekannt ist) einen Präferenzwert berechnen. Eine so bewertete Habitat-Eignungs-Karte enthält für jede Grid-Zelle einen Wert (p) zwi- schen 0 (von Wildkatzen gemieden) und 1 (von Wildkatzen bevorzugt). Logit (p) = 1,14 – 0,013 * Wald – 0,001 * Wiese – 0.001 * Wasser + 0.002 * (Ort-900) + 0.004 * (Haus-200) + 0.002 * (Straße-200) p = exp(logit (p)) / (1 + exp(logit (p))) Anstelle von „Wald“ wird jeweils der gemessene Abstand zum Wald eingesetzt usw. Für Ort, Haus und Straße gibt es je einen Schwellenwert, ab dem der Abstand für Wildkatzen nicht mehr relevant ist und der Wert auf 0 gesetzt wird (Ort=900m, Haus und Straße = 200m).

Ergebnisse

Mit Hilfe eines anhand von Telemetriedaten aus der Eifel abgeleiteten Habitatmodells (KLAR ET AL . IN PRESS ) konnten auf der Basis der ATKIS Daten Vorhersagen für die Nutzung des

40 Bienwaldes gemacht werden.

Abb. 20: Habitateignung im Großraum Bienwald und Ortungspunkte der telemetrierten Wildkatzen

Das Modell wurde mit unabhängigen Daten (Daten, die nicht für die Konstruktion des Mo- dells verwendet wurden) aus dem Bienwald überprüft. Da es auch Wildkatzendaten im Bien- wald zuverlässig vorhersagt, ist es auch für eine Übertragung auf eine größere Fläche ge- eignet. Für das vorliegende Modell konnte eine Tauglichkeit für die Vorhersage in ganz Rheinland-Pfalz nachgewiesen werden. Abb. 21 zeigt die Bewertung des gesamten Untersu- chungsraumes mit Hilfe des Modells. Je dunkelgrüner die Flächen sind, desto besser geeig- net sind sie als Habitatflächen für die Wildkatze. Schon anhand der Ortungspunkte in der Karte kann man erkennen, dass die meisten Indivi- duen sich überwiegend in den dunkelgrün eingefärbten Bereichen aufhalten. Eine Ausnahme bilden die Individuen Strolch, Prinzessin sowie Frau Holle während des ersten halben Jahres in dem sie beobachtet werden konnte. Die von Klar (in press) durchgeführte Habitatmodellierung hat einen hohen Vorhersagewert auch im Bienwald. In der nachfolgenden Karte sind die Bereiche mit dem größten Wert in den dunkelsten Grüntönen dargestellt

41 30 Anteil Fläche Anteil Ortungen 27

25

22

20 20

15 15 14 13 13

11 11 10 10 10 9 9

Anteil in Prozent Anteilin 10

5 4 3

0 1 pessimal 2 3 4 5 6 7 8 optimal Habitateignungsklassen

Abb. 21: Flächenantei der Habitateignungklasse im Kernraum Bienwald und Häufigkeit mit der Wildkatzen in den Flächen der unterschiedlichen Habitateignungsklassen geortet werden konnten.

Schlussfolgerungen und Diskussion Habitatmodell versus Biotopkartierung Im Habitatmodell als für die Wildkatze optimal geeignet bewertete Flächen, sind entweder waldrandnahe Flächen mit Wasserläufen, die weit (>900m) von Siedlungen und nicht zu nah an Einzelhäusern und Straßen liegen. Auch Flächen innerhalb des Waldes, die durch Waldwiesen und Wasserläufe aufgelockert sind und ebenfalls weit genug von Infrastruktur entfernt sind, werden als optimal geeignet eingestuft. .

3,5

3,0 "Nord-Eifel" 2,5 "Bienwald"

2,0

1,5

1,0 Habitateignungsklasse 0,5

0,0 1 2 3 4 5 6 7 8 Anzahl Wildkatzenortungen / Flächengröße der Habitateignungsklasse

Abb. 22: Zahl der Wildkatzenortungen pro Flächeneinheit der acht Habitateignungsklassen in den Unter- suchungsgebieten Bienwald und Nord-Eifel.

42 Im Bienwald sind diese Bereiche oft durch naturnahe Waldwirtschaft und Krautbestände ge- prägt. Die Frage ist nun, ob die Wildkatzen diese Bereiche wegen der kleinen Wiesen (die zum Jagen geeignet sind) aufsuchen oder wegen der naturnahen Wälder. Im Waldinneren vermutet der Erstautor eher letzteres, da die Wiesen (jedenfalls die im ATKIS kartierten) nur sehr klein und vereinzelt sind. In den Randbereichen könnten aber durchaus die Jagdmög- lichkeiten auf den Wiesen eine größere Rolle spielen als die Waldstruktur, insbesondere für Kuder.

3.19 Verknüpfung des Bienwaldes mit anderen Waldgebie- ten und Korridore Fragestellung Zentrale Frage war, inwieweit der Bienwald schon heute ein isoliertes Waldgebiet darstellt oder inwiefern ein Individuenaustausch mit Populationen benachbarter Waldgebiete möglich ist. Die Wildkatze wurde als Indikator der möglichen faunistischen Austauschbeziehungen zwischen den großen Waldgebieten des Pfälzerwaldes und des Bienwaldes gesehen. Im Rahmen des Interreg Projektes „Grenzüberschreitende Begegnungen mit der Wildkatze“ wurde gezielt versucht, Wildkatzen im deutsch französischen Grenzraum zwischen Pfälzer- wald und Bienwald zu fangen. Zentrale Frage war, ob es Wildkatzen trotz der dichten Be- siedlung der relativ ausgeräumten Agrarlandschaft und der zahlreichen Verkehrswege mög- lich, ist den Raum zwischen der großen Wildkatzenpopulation im Pfälzerwald und der Popu- lation im Bienwald zu überwinden. Im Rahmen dieser Fragestellung wurde auch nach Korri- doren gesucht, die den Bienwald mit weiteren angrenzenden Wäldern funktional verknüpfen könnten.

Methodik Außerhalb des geschlossenen Waldgebietes des Bienwald wurde mit 152 Fallennächten ähnlich intensiv gefangen wie im zentralen Bienwald. Es konnte keine Wildkatze gefangen werden. Allerdings konnten wir durch glückliche Umstände in den Jahren 2005 und 2006 drei Wildkatzen beobachten, die sich überwiegend oder zeitweise im Raum zwischen Pfälzerwald und Bienwald aufhielten. Diese Wildkatzen wurden mit der Hilfe der Telemetrie intensiv hin- sichtlich ihrer Habitatwahl beobachtet.

Ergebnisse Drei von uns beobachtete Wildkatzen hielten sich in der Agrarlandschaft zwischen Bienwald und Pfälzerwald auf. Es waren offensichtlich nicht adulte Tiere, die aus der Population abge- drängt wurden, die sich in diesem Lebensraum aufhielten. Anhand der Laufrouten der drei Wildkatzen (Abb. 23), die während der nächtlichen Beobachtungen ermittelt werden konnten, ließen sich ein Verbindungskorridor zwischen Pfälzerwald und „Panzergräben am “ und zwei Verbindungskorridore zwischen den „Panzergräben am Otterbach“ und dem Bien- wald ermitteln.

43 Die Wildkatze Prinzessin hatte im Winter und Frühjahr 2005 ihren Aufenthaltsschwerpunkt im Bereich der Panzergräben in der Otterbachniederung. Sie suchte von hier aus jedoch mehr- fach den Bienwald auf und blieb dort für einen oder mehrere Tage um anschließend in die Otterbachniederung zurückzukehren. Die Wildkatze starb Ende April 2005. Die Wildkatze Frau Holle wurde im Frühjahr 2006 im gleichen Bereich gefangen. Sie nutzte teilweise identi- sche Feldgehölze wie die im Jahr zuvor beobachtete Prinzessin. Die anhand der Beobach- tungen an Prinzessin ermittelten Korridore durch die Agrarlandschaft bestätigten sich bei der Beobachtung von Frau Holle. Frau Holle wanderte zeitweise in die Randlagen des Bienwal- des und in die Randlagen des Pfälzerwaldes. Dabei hatten wir Schwierigkeiten das Tier im- mer wieder zu finden. Frau Holle wechselte im Zeitraum von März 2006 bis September 2006 mehrfach zwischen den Randlagen beider Waldgebiete hin und her und dokumentierte damit dass eine funktionale Verknüpfung beider Waldgebiete für Wildkatzen unter den heutigen Rahmenbedingungen noch gegeben ist. Das dritte Tier, das Daten zur funktionalen Verknüp- fung der Lebensräume lieferte, war der junge Kater Strolch. Er wanderte einige male aus seinem Hauptaufenthaltsgebiet bei den Waldäckern bis zu den Panzergräben in der Otter- bachniederung. Dabei zeigte er uns einen zweiten Ast des Korridors zwischen Bienwald und Pfälzerwald, der östlich der Ortschaft Steinfeld verläuft.

Abb. 23: Ortungspunkte der drei einjährigen Wildkatzen Prinzessin, Frau Holle und Strolch zwischen Bienwald und Pfälzerwald.

Die Korridore, die zwischen Pfälzerwald und Bienwald ermittelt werden konnten, führten über 7,5 bzw. über 8,8 Kilometer durch Agrarlandschaft. In diesen Korridoren lagen Feldgehölze die als Trittsteine angesehen werden können.

44 Die Ergebnisse zur Habitatwahl der drei Wildkatzen, die temporär im Offenland lebten, wer- den im Detail in der beiliegenden Diplomarbeit von Philipp Gräser (2007) dargestellt. Aus den telemetrischen Beobachtungen ergab sich folgendes: Der agrarisch geprägte Raum zwischen Pfälzerwald und Bienwald wird von Wildkatzen auch über längere Zeiträume hinweg als Lebensraum genutzt. Im agrarisch geprägten Land- schaftsraum zwischen Bienwald und Pfälzerwald wurden bestimmte Bereiche intensiv ge- nutzt, in anderen Bereichen konnten die Wildkatzen selten oder gar nicht beobachtet wer- den. Auffällig war, dass die beiden weiblichen Katzen Prinzessin und Frau Holle die in die- sem Raum in aufeinander folgenden Jahren beobachtet werden konnten in genau den sel- ben Strukturen (z. B. am Panzergraben) aufsuchten. Auch der Jungkater Strolch wurde an den Panzergräben, dort wo Prinzessin und Frau Holle sich häufig aufhielten, geortet.

Schlussfolgerungen und Diskussion Anhand von drei mit Telemetriesendern ausgestatteten Wildkatzen konnte nachgewiesen werden, dass es Wildkatzen derzeit noch möglich, ist den Raum zwischen Pfälzerwald und Bienwald zu durchwandern und somit einen genetischen Austausch sicher- zustellen. Ob das Ausmaß dieser Durchlässigkeit ausreichend ist um eine Kohärenz zwischen den Lebens- räumen im Pfälzerwald und im Bien- wald herzustellen, kann auf der Basis der vorliegenden Daten nicht beant- wortet werden. Drei Tiere nutzten Be- reiche eines Korridors vom Pfälzer- wald nördlich Oberotterbach entlang des Dierbachs zu den Panzergräben bei Niederotterbach. Von dort verlief der Korridor weiter zum einen zwi- schen Kapsweyer und Schweighofen in den Bienwald oder zum anderen nördlich von Steinfeld zum Bienwald. Die ermittelten Korridore, die die beo- bachteten Wildkatzen zwischen den Ortschaften des Viehstrichs bzw. der Weinstraße (Straßenquerungsbereich) nutzten, rückten nie näher als 220 m (Steinfeld), 220 m (Kapsweyer), 350 m (Oberotterbach) und 450 m (Schweig- Abb. 24: Mit Hilfe eines „cost path model“ ermittelten hofen) an die Ortschaften heran. Dar- geeignetsten Korridore für Wildkatzen zwischen Pfäl- aus leiten wir ab, dass Bebauungslü- zerwald und Bienwald (Klar 2006) cken mindestens eine Breite von 1000m aufweisen müssen um für Wildkatzen geeignet zu sein. Die in diesem Raum stark bevorzugt genutzten Gehölzinseln wiesen eine Größe von über 1 ha, teils auch zwischen 0,5 und 1 ha auf. Gehölzinseln und Trittsteinbiotope von unter 0,5 ha hatten nur eine geringe

45 Attraktivität für Wildkatzen. Die ermittelten Korridore entsprechen in der Achse zwischen Schaidt und Oberotterbach den Korridoren die von KLAR ET AL . (IN PRESS ) mit Hilfe eines cost-path Modells vorhergesagt wurden (Abb 24). Ein zweiter, vom Model identifizierter Kor- ridor zwischen Klingenmünster und Freckenfeld (über die Horbachniederung) konnte durch die Feldarbeiten nicht verifiziert werden. Allerdings wurden in diesem Bereich auch keine Fallen zum Fang von Wildkatzen aufgestellt. Trotz intensiver Fangversuche konnten keine Tiere gefangen werden, die südlich oder nördlich von Wissembourg, der kürzesten Verbin- dung zwischen Pfälzerwald und Bienwald hin- und herwechselten. Auch Beobachtungen von Wildkatzen aus den Befragungen (Abb. 4) bezogen sich nur auf den Korridor in der Otter- bachniederung. Eine zweite Frage, der im Rahmen dieser Untersuchungen nicht so detailliert nachgegangen werden konnte, ist ob in die Rheinauen Wanderkorridore für Wildkatzen be- stehen. Die Anbindung an die nördlichen Rheinauen wäre theoretisch über die Achse Jockgrim-Neupotz-Leimersheim möglich. In nordöstliche Richtung erscheint eine Ausbrei- tungstendenz derzeit unwahrscheinlich, da die A 652 eine nahezu unüberwindliche Barriere für die Wildkatzen zu sein scheint. Hinsichtlich der Möglichkeit für Wildkatzen vom Bienwald in die südöstlich des Bienwaldes gelegenen Rheinauen und letztendlich auch auf die baden- württembergische Seite zu gelangen gibt es einige Erkenntnisse. Beobachtungen (Abb. 4) belegen, dass die Wildkatzen im Bereich zwischen Neuburg und Maximiliansau bis zum Rheinufer vorgedrungen sind und theoretisch auch den Rhein durchschwimmen könnten.

3.20 Feldgehölze als Vernetzungselemente und Rückzugs- räume in der Agrarlandschaft Fragestellung Um die Kohärenz zwischen den Waldlebensräumen im Bienwald und den benachbarten Waldgebieten zu gewährleisten, ist zu klären, wie viele Gehölze welcher Größenordnung in den Korridoren erforderlich sind um sicherzustellen, dass Wildkatzen diese als Wanderwege bzw. Teillebensräume annehmen.

Methodik Alle Feldgehölze ab einer Größe von 200 m² wurden systematisch kartiert. Sie wurden hin- sichtlich der Häufigkeit mit der Wildkatzen diese aufsuchten analysiert.

Ergebnisse Insgesamt 389 Feldgehölze in einer Größe von 100 m² bis zu 25000 m² wurden erfasst. Bei der Nutzung der verschiedenen Größenklassen von Feldgehölzen durch die „Offenland- katzen“ Frau Holle und Strolch bestanden deutliche Unterschiede zwischen den verschiede- nen Klassen. Die im Folgenden aufgeführten Wahrscheinlichkeiten wurden mit dem Binomi- altest berechnet. Feldgehölze mit einer Flächengröße von weniger als 0,5 Hektar wurden von beiden Wildkatzen, sowohl während der Aktivitätszeiten als auch bei der Wahl der Ta- geseinstände, seltener genutzt, als es dem Anteil der Feldgehölze in dieser Größenklasse an der Gesamtzahl der Feldgehölze entsprechen würde. Feldgehölze der beiden Klassen mit

46 Flächengrößen von 0,5 bis 1,0 Hektar und Flächengrößen von mehr als einem Hektar wur- den von der Katze Frau Holle dagegen sowohl während der Aktivitätsphase (binom. α α Test: =0,05; p 5,0 − 0,1 ha <0,0001; p> 0,1 ha <0,0001), als auch während der Tagesruhe ( =0,05;

p 5,0 − 0,1 ha =0,0189; p> 0,1 ha <0,0001) signifikant bevorzugt genutzt. Feldgehölze mit Flächen- größen von mehr als einem Hektar wurden von der Katze Frau Holle dabei am stärksten be- vorzugt. Auch der Kuder Strolch bevorzugte Feldgehölze mit Flächengrößen zwischen 0,5 und 1,0 Hektar signifikant bei der Wahl der Tageseinstände ( α =0,05; p =0,0003). Feldge- hölze mit Flächengrößen von mehr als einem Hektar wurden von dem Kuder Strolch wäh- rend der Aktivitätsphase aufgesucht, jedoch nicht als Tageseinstände genutzt.

Abb. 25: Feldgehölze in der Otterbachniederung und Ortungen der drei Wildkatzen in diesem Lebensraum

Die Abstände zwischen den einzelnen Feldgehölzen von über 0,5 bzw. über 1 Hektar Größe liegen im Bereich der ermittelten Korridore zwischen 500 und 1000 Metern, im Maximum sogar bei 1300 m. Allerdings gab es in diesen Bereichen zwischen den Gehölzen mehrere Bäume, Büsche oder Streuobstbestände. Eine völlig offene und unstrukturierte Ackerfläche, die zwischen dem genutzten Gehölzen und einem 900 m entfernten Gehölzkomplex lag wur- de nicht gequert. Diese Strecken wurden bei geringer Deckung sehr zügig überwunden. So- weit reichlich Deckung vorhanden war (z. B. Maisäcker) hielten sich die Wildkatzen auch für längere Zeit in den zwischen den Gehölzen liegenden Feldern auf.

47 Schlussfolgerungen und Diskussion Die Ergebnisse legen nahe, dass Entfernungen von 500m zwischen Einzelgehölzen in der Agrarlandschaft ausreichend sind um auch über mehrere Kilometer hinweg eine Kohärenz der Lebensräume in großen geschlossenen Waldgebieten zu gewährleisten. Voraussetzung ist, dass keine unüberwindlichen oder schwer überwindlichen Barrieren wie Schnellstraßen oder geschlossene Siedlungsgürtel die Wanderbewegungen der Tiere behindern oder ver- hindern.

4. Maßnahmen zum Wildkatzenschutz im Wirt- schaftswald

In der regulären forstlichen Bewirtschaftung wurden in vielen Bereichen in den letzten Jahren und Jahrzehnten schon Maßnahmen zum Schutz der Biotope integriert. Durch die Berück- sichtigung der Anforderungen des Wildkatzenschutzes können noch weitere Verbesserun- gen eintreten. Dabei stehen die Zusammenarbeit zwischen Biologen und Förstern und ein partizipatives Vorgehen im Mittelpunkt. Naturnahe Wälder, in denen natürliche Prozesse weitgehend ungestört ablaufen, sind der optimale Lebensraum für die Wildkatze. Sie kann aber auch in naturfernen Forsten überle- ben. Monotone Wirtschaftsforsten können temporär (z. B. nach Kahlschlägen) hohe Klein- säugerdichten aufweisen. In naturnahen struktur- und artenreichen Wäldern ist jedoch eine höhere ökologische Stabilität der für die Wildkatze wichtigen Faktoren (Nahrung, Deckung, Ruheplätze) vorhanden. Durch vielfältige Bewirtschaftungskonzepte (naturnahe Waldwirt- schaft, aber auch in kleinerem Maßstab Kahlschläge oder Niederwaldwirtschaft) kann die ökologische Vielfalt der Kulturlandschaft gesichert werden. Die Situation lässt sich insbeson- dere durch folgende Maßnahmen verbessern: 1. Erhalt von Sonderstrukturen, wie stehende Wurzelteller, Baumstümpfe, Kleinstge- wässer, Sumpflöcher, Kahlstellen, Hangrutschungen 2. Erhöhung der natürlichen Baumartenvielfalt durch gezielte Förderung bestandsbe- gleitender Baumarten 3. Sicherung der Bewirtschaftungsvielfalt 4. Flächen für Waldrandentwicklung vorsehen 5. Wiederherstellung von sehr frischen bis feuchten Bedingungen an weiteren Standor- ten im Bienwald

Wildkatzen ziehen in Ermangelung geeigneter Großhöhlen ihre Jungen am Boden auf. Der Zuchterfolg ist am Boden gering, da Prädatoren sowie Bodennässe die Jungkatzen gefähr- den. Trockene Faulhöhlen in alten Bäumen liegen oberhalb der Reichweite von Füchsen und Wildschweinen. Sie sind relativ trocken und sind deshalb bevorzugte Aufzuchtsplätze von Wildkatzen. Angeborenermaßen neigen Wildkatzen dazu ihre Jungen in hochgelegenen Wurfplätzen unterzubringen. Solch hochgelegenen Wurfplätze sind im feuchten Bienwald besonders wichtig, da für Wildkatzen geeignete Unterschlüpfe am Boden nicht vorhanden

48 sind. Gleichzeitig zeigen unsere Telemetriebeobachtungen, dass Wildkatzen selten klettern und wenn dann nur auf Bäume die starke Äste bis über den Boden haben. Lichte Althölzer weisen außerdem durch die vielen Kleinstunterschlüpfe, Verjüngung und Mast beste Bedin- gungen für die Beutetiere der Wildkatze auf. Für Wildkatzen geeignete Baumhöhlen entste- hen am ehesten in starkastigen Bäumen und in Bäumen die durch Windwurf oder Kalamitä- ten geschädigt sind. Solche Bäume sind derzeit im Bienwald in großer Zahl vorhanden, da nach den großen Windwurfereignissen nicht alle Stämme aufgearbeitet wurden. Starkastige Stämme, zwieselwüchsige Bäume oder Bäume mit großen Faulhöhlen entsprechen aber nicht dem Wirtschaftsziel in einem forstlich genutzten Wald. Ein geradschäftiger, langer Stamm ist wirtschaftlich wesentlich interessanter. Zukünftig wird sich –soweit keine weiteren großen Kalamitäten oder Stürme dies verhindern- das Angebot an geeigneten Strukturen für die Wildkatzen im Bienwald vermindern. Eine geeignete Gegenmaßnahme ist die dauerhafte Sicherung von geeigneten Baumgruppen und Einzelbäumen (sogenannte Methusalempro- jekte). Dies kann in folgender Form geschehen: 1. nachvollziehbare Dokumentation (Vermerk in Forsteinrichtung, Einmessung mit GPS) 2. Früherkennung von Bäumen mit hohem ökologischen Potenzial und geringem Wirt- schaftswert 3. Analyse der Bestände mit Hiebsruhe und Feststellung ggf. darüber hinausgehender Ziele.

Reich strukturierte Verjüngungsflächen sind die am stärksten bevorzugten Habitate der Wild- katze. Diese sind durch die Sturmereignisse der letzten Jahre, insbesondere den Sturm Lo- thar, zahlreicher geworden und werden in den nächsten fünf bis zehn Jahren im Bienwald in für die Wildkatzen günstigem Ausmaß vorhanden sein. Ihrer Entwicklung kommt eine hohe Bedeutung zu. Wenn Wildkatzen tagsüber jagen, tun sie dies nahezu ausschließlich in derar- tigen Beständen. Naturverjüngung wird gegenüber gepflanzten Beständen bevorzugt. Der besondere Wert ergibt sich durch die geringe räumliche Distanz von kleinen Offenstellen und niedrigen Bäumen und Büschen, die für Kleinnager eine hervorragende Nahrungsbasis bie- ten, und das Angebot an deckungsreichen (Totholz, Wurzelteller), zeitweise besonnten Flä- chen. Einzelne starkastige Jungbäume sind das Potenzial für spätere Wildkatzenhöhlen- bäume. Durch folgende Maßnahmen lässt sich die Situation verbessern: 1. Belassen von hochgeklappten Wurzeltellern 2. Zulassen einer natürlichen Wiederbewaldung (Sukzession) von Windwurfflächen, Einschlaglöchern und sonstigen Freiflächen 3. Bestandsschluss möglichst spät (>20 Jahre) 4. Abweichungen vom Ziel “geradschaftige Stämme” 5. Verzicht auf Grundräumung, Pflanzung und Zäunung 6. Teilflächen nach Windwürfen unaufgearbeitet belassen 7. Förderung von seltenen Baumarten und Begleitbaumarten.

49 Derzeit stehen in Wirtschaftswäldern wenig oder keine geeigneten Wurfhöhlen zur Verfü- gung. Wichtig sind trockene und vor Fuchs und Wildschwein sichere Wurfplätze. Künstlich geschaffene Unterschlüpfe können für einen Übergangszeitraum einen Ersatz bieten. Im Rahmen des Artenschutzprojektes Wildkatze wurden Geheckbeobachtungen an folgenden Strukturen gemacht: selten oder nicht benutzte Hochsitze, Holzpolder, Wälle aus Wurzel- stubben, Baumhöhlen, Bunker und verlassene Gebäude. Der Aufzuchtserfolg von Wildkat- zen ist in starkem Maße von der Qualität der Wurf- und Aufzuchtsplätze abhängig. In diesem Zusammenhang sind im Bienwald folgende Maßnahmen besonders zu empfehlen: 1. Schutz alter Bunkeranlagen im Wald vor Beseitigung oder Verschluss 2. Bau und Aufstellung von Wurfboxen. Es wird empfohlen, die Wurfboxen in ca. 2 m Höhe in Verjüngungsflächen oder ehemaligen Windwürfen aufzuhängen oder auf al- ten Hochsitzen einzubauen. Höchstens versuchsweise an wenigen Stellen

Wildkatzen sind tag- und nachtaktiv. Telemetrische Untersuchungen zeigen, dass Wildkat- zen in nah an Wegen gelegenen, offenen Waldbeständen tagsüber nicht jagen. Sie bevorzu- gen dichte, undurchdringliche und ungestörte Bestände. Der Bienwald gehört zu den in Rheinland-Pfalz stark erschlossenen Regionen. Gut ausgebaute Wege, wie sie im Bienwald flächig vorkommen, bringen in der Regel mehr Besucher in den Wald. Je mehr Wege, desto größer ist auch die Fläche, auf der Verkehrssicherungspflicht besteht. Aufgrund der Ver- kehrssicherungspflicht müssen wiederum Bäume mit dem Potenzial für Wurfhöhlen entfernt werden. Die Jagdausübung in Einzeljagd ist eine weitere wichtige Störquelle. Auf eine deutli- che Reduktion der jagdlich bedingten Störungen ist hinzuwirken. Folgende Maßnahmen werden vorgeschlagen: 1. Überprüfung des Wegenetzes mit dem Ziel der Reduktion 2. Rückbau bzw. Nichtinstandsetzung entbehrlicher Wege 3. Erstellen und Überarbeitung eines Besucherlenkungskonzeptes (Wandern, Moun- tainbike fahren, Northern Walking etc.) unter dem Blickwinkel der Störempfindlichkeit von Wildkatzen 4. Ausweisung großflächiger Naturwaldbereiche in schwer zugänglichen Gebieten als Ruhezone für Wildtiere, in denen eingeschränkt Forstwirtschaft und keine Jagd (evtl. Ausnahme Drückjagd) betrieben wird.

5. Empfehlungen zum zukünftigen Monitoring der Wildkatze im Bienwald

Die Wildkatze erwies sich im Rahmen der Erstellung des Pflege- und Entwicklungsplanes Bienwald als eine geeignete Leitart für die dort zu schützenden Lebensräume. Die Untersuchungen zeigten, dass Sie sich besonders als Leitart zur Darstellung der kom- plexen Lebensraumbeziehungen im Naturwald und zur Indikation der ökologischen Verknüp- fung des Bienwaldes mit dem Pfälzerwald und anderen angrenzenden Waldgebieten eignet.

50 Monitoring im Naturwald Da die Wildkatzen im Bienwald nach den vorliegenden Ergebnissen eindeutig den Naturwald und relativ nasse Flächen bevorzugen, wäre eine Untersuchung der Raumnutzung der Wild- katze nach der Erweiterung der Naturwaldflächen sinnvoll. Folgenden Aspekten sollte be- sonderes Augenmerk gelten: • Wirkung großer zusammenhängender Naturwaldflächen • Wirkung einer stärkeren Strukturierung des Waldes durch fehlende Nutzungseinflüs- se • Wirkung einer Reduktion des Wegenetzes und damit verbundenen geringeren Stö- rungen • Wirkungen von Veränderungen im Wasserregime.

Um diese Effekte in ausreichender Detailschärfe dokumentieren zu können, ist es erforder- lich sechs (weibliche) Wildkatzen mit Telemetriesendern auszustatten und mit vergleichbarer Methodik wie im Jahr 2006 zu beobachten. Bei den Raumnutzungsdaten soll besonderer Wert auf folgende Aussagen gelegt werden: • Lage der Streifgebiete und Veränderung des Raumnutzungsverhaltens im Bereich der Naturwaldflächen • Nutzungshäufigkeit von Vernässungsflächen • Nutzungshäufigkeit von Windwürfen und anderen Kalamitätsflächen • Nutzung von querliegenden Bäumen • Wurfplätze in Naturwald vs. Wirtschaftswald • Kartierung wichtiger Lebensraumparameter wie Angebot an Großhöhlen, schräg lie- gende Baumstämme, Wurzelteller, Nahrungsangebot Kleinsäuger.

Ziel ist eine Bewertung der eingetretenen Landschaftsveränderungen im Naturwald im Hin- blick auf ihre Eignung für die Wildkatze und Vorschläge zur weiteren Optimierung im Umfeld.

Monitoring im Umfeld des Naturwaldes Die Isolation wertvoller Naturlandschaften ist ein in seiner Bedeutung erst jetzt erkanntes Problem. Insofern müssen die Betrachtungen von Naturwäldern um den Aspekt der Verknüp- fung mit weiteren Waldgebieten erweitert werden. Deshalb schlagen wir vor, anhand der Leitart Wildkatze diese ökologische Verknüpfung mit angrenzenden Waldgebieten in das Monitoring mit einzubeziehen. Wir schlagen vor im übrigen Projektgebiet und ggf. darüber hinaus die Besiedlung der Wildkatze mittels einer Befragung von Jägern, Förstern und weite- ren auskunftsfähigen Personen zu überwachen. Darüber hinaus können Erhebungen mit lure-sticks (Haare) oder Kamerastationen an besonders wichtigen Punkten durchgeführt werden. Besonderes Augenmerk muss dabei der Populationsentwicklung in angrenzenden, derzeit nicht besiedelten Bereichen gelten. Hierdurch lassen sich Rückschlüsse ziehen, in-

51 wieweit die Population im Bienwald ihre vorgesehene Funktion als Quellpopulation ausüben kann und ob die Isolation der Lebensräume stärker oder schwächer wird. Bei der Erfassung werden alle Beobachtungen sowie Verkehrsopfer erfasst. Es ist sinnvoll besonderes Augen- merk auf der Situation in den Ausbreitungskorridoren zu legen. Maßnahmen der Wiederver- netzung sollten hinsichtlich ihrer ökologischen Funktionalität überwacht und weitere ergän- zende Schritte auch außerhalb des Verantwortungsbereichs des Projektträgers initiiert wer- den.

52 6. Literatur

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54 7. Anlagen Anlage 1 Schneelagen im Winter 2005/2006 2005: 25.11. – 1 cm, 27.12. – 1 cm, 28.12. – 10 cm, 29.12. – 14 cm, 30.12. - 9 cm, 2006: 11.1. – 1 cm, 12.1. – 1 cm, 26.1. - 9 cm, 27.1. – 9 cm, 28.1. - 8 cm, 29.1. – 6 cm, 30.1. – 4 cm, 31.1. – 4 cm, 1.2.- 4 cm, 2.2. – 4 cm, 3.2. – 5 cm, 4.2. – 4 cm, 5.2. – 4 cm, 6.2. – 4 cm, 7.2. - 4 cm, 8.2. – 2 cm, 1.3. – 9 cm, 2.3. – 10 cm, 3.3. – 10 cm, 4.3. – 6 cm, 5.3. – 3 cm, 6.3. – 1 cm, 12.3. – 4 cm

Anlage 2 Ergebnisse der Videoüberwachungen 20.7. - 16.8.2007 Ort Datum Zeit Tierarten Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 20.07.-21.07.06 ca. 19:00-19:00 Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 23.07.-24.07.06 ca. 19:00-19:00 3 Vögel Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 25.07.-26.07.06 19:00-19:00 Reh Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 26.07.-27.07.06 19:00-19:00 2 Ringeltauben Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 27.07.-28.07.06 19:00-19:00 Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 28.07.-29.07.06 19:00-19:00 Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 29.07.-30.07.06 19:00-19:00 2 (Baum)Marder Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 31.07.-01.08.06 15:00-15:00 WIKA, Reh Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 01.08.-02.08.06 15:00-15:00 2 WIKA Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 02.08.-03.08.06 15:00-17:00 Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 03.08.-04.08.06 17:00-19:00 Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 04.08.-05.08.06 19:00-19:00 3 Wildschweine, 3 Rehe Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 05.08.-06.08.06 19:00-19:00 3 Rehe Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 06.08.-07.08.06 19:00-19:15 7 Rehe Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 07.08.-08.08.06 19:15-18:00 8 Rehe Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 08.08.-09.08.06 19:15-19:20 9 Rehe Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 09.08.-10.08.06 19:20-19:20 WIKA Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 10.08.-12.08.06 19:20-17:30 2 Rehe Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 11.08.-12.08.06 17:30-20:00 WIKA, Reh Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 12.08.-13.08.06 20:00-20:00 Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 13.08.-14.08.06 20:00-18:30 3 Rehe Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 14.08.-15.08.06 18:30-18:00 Freckenfeld, Oberbusch, Bruchbach 15.08.-16.08.06 18:20-20:40 Hase, Reh

55 Anlage 3: Aufzuchtsplätze von Wildkatzen im Bienwald

MTB Nr. Beschreibung 6913 K14 Katze + 5 Junge flüchten in Baum 6914 B5 2 JuKa spielen auf 3/4 m² großer Blöße 6914 S65 mind. 3 Jungtiere spielen auf Straße neben Windwurf 6914 K58 2 JuKa unter Wurzelteller 6914 K56 2 JuKa unter Wurzelteller 6914 S83 Katze + 2 JuKa, JuKa spielen auf Wiese 6914 N67 2 JuKa auf Stamm gesessen, an Hainbuchenstamm hochgekletert 6914 B79 2 JuKa spielend auf Weg 6915 V85 Katze + 3 JuKa Sumpfgebiet, JuKa spielen 6915 V89 1 JuKa versteckt sich unter Brett eines Schuppens im Pflanzgarten 6915 B7 Katze + 3 JuKa gehen über kleine Lichtung Mischwald Buche, Kiefer, Eiche 6915 S6 Geheck in Dickung, Wurzelteller, umgefallener Stock, umwuchert von Brombeeren 6915 S5 Geheck mit 3 JuKa gesehen an dieser Stelle am Dickungsrand 6915 C2 2 JuKa saßen und spielten am Bunker 7015 H94 2 JuKa saßen auf Holzklötzen und dann drunter versteckt

Wurfplätze Zahl der Würfe Wurzelteller 3 Schuppen 1 Baumhöhle 1 Bunker 1

56 Anlage 4: Bedeutung der im Rahmen der Waldstrukturkar- tierung untersuchten Flächen für die Wildkatze innerhalb der Streifgebiete Fragestellung Welche Habitattypen werden von den Wildkatzen bei der Wahl ihrer Homeranges ausge- sucht und welche Habitattypen dann innerhalb der Homeranges am häufigsten genutzt.

Methodik Es wurde die sogenannte Kompositions Analyse (Compositional Analysis, Aebischer et al. 1993) angewendet. Hierbei werden verschiedene Habitattypen auf Grund ihrer Präferenz (Nutzung häufiger als auf Grund der Verfügbarkeit zu erwarten) in eine Reihenfolge ge- bracht. Dabei wird auf zwei Ebenen der Habitatwahl gearbeitet: Ebene der Streifgebiets Wahl (2nd order selection, Johnson, 1980) und Ebene der Habitatnutzung innerhalb des Streifgebietes (3rd order selection, Johnson, 1980). Es wird jeweils die Verfügbarkeit und die Nutzung des Habitattyps für jedes Individuum in Beziehung gebracht. 2nd order: Verfügbar- keit: Anteil des Habitattyps am gesamten Untersuchungsgebiet, Nutzung: Anteil des Habitat- typs an jedem Streifgebiet. 3rd order: Verfügbarkeit: Anteil des Habitattyps am individuellen Streifgebiet, Nutzung: Anteil der Ortungen des Individuums in diesem Habitattyp.

Ergebnis

Auswahl der Streifgebiete innerhalb des Unter- suchungsgebietes (2nd order selection)

Rangfolge der Habitattypen BABU Basenarmer Buchenw > BRFE Basenreicher Feuchtwald > BAFE Basena. Feuchtw. > NADEL Nadelforst > LAUB Laubforst > MOOR Moor/Bruchwald > KRAUT Krautbestaende > BAU Baufläche > SONST Sonstiges > GRUEN Grünland > TRO Trockenw. > GEH Gehölz >>> OBST Obst > BRBU Basenreicher Buchenw > ACK Acker

Auswahl Lokalisationen innerhalb der Streifge- biete (3rd order selection)

57 Rangfolge der Habitattypen

KRAUT Krautbestände >

BRBU Basenr. Buchenw. >

LAUB F Laubmisch >

TRO Trockenw. >weg

BABU Basena. Buchenw. >

NADEL F Nadelmisch >

GRUEN Gruenland >

BRFE Basenr. Feuchtw. >

SONST Sonstiges >weg

MOOR Moor/Bruchw. >

BAFE Basena. Feuchtw. >>>

OBST Obst >weg

GEH Gehoelze >

BAU Bauflächen >

ACK Acker > bedeutet in der Rangfolge über dem darunterliegenden Habitattyp. >>> signifikan- ter Unterschied zwischen zwei benachbarten Habitattypen.

Anlage 5 Übersicht Zeitlicher Ablauf der Wiederentdeckung der Wildkatze im Bienwald ca. 1971/72 Pfotenabdruck einer Katze (deutlich größer als Hauskatze) in der Abteilung Sengnesselsbuckel im nassen Sand neben einem Rehriss (mit abgeschnittenen Kopf), Ab- druck hatte 40 mm Durchmesser ("Fünfmarkstücksgröße"), Foto des Pfotenabdrucks vor- handen; ehem. RL Horst Nicol, Revier Schweigen-Rechtenbach (1969 bis 1999) 1977 Totfund einer weiblichen Wildkatze, Gemarkung Schaidt (TK 6914), im Besitz von P. Baadte (VOGT 1984) 1977 oder 1978 (Dezember) Totfund einer weiblichen Wildkatze, Hagenbach (TK 6915), Gewicht der Katze 6,5 kg, im Besitz von Herrn Barz, Forstamt Bellheim (VOGT 1984) 1978 tote Wildkatze an der heutigen L540 zwischen Jockgrim und Wörth ca. 1 km südlich von Jockgrim (Wald), Gewicht 7,5 kg, Schulterhöhe 28 cm, Gesamtlänge von 90 cm, Balg evtl. noch vorhanden; Manfred Welzenbach, Jäger vor den 80er Jahren hat keiner darüber gesprochen, dass Wildkatze da sein könnte; ehem. RL Klaus Suska, Revier Schaidt

58 ca. 1980 erstmals Wildkatze beobachtet; ehem. FAL Bohlander, FA Schaidt seit 1970 Anfang der 80er Jahre gibt es Berichte von 3 Totfunden (nicht selbst gesehen); Dr. Christian Weisser ca. 1982 Wildkätzin beim Eintragen von Futter in Bunker nordwestlich des Ratzenbuckels beobachtet; Weisser 1982 (oder 1983) wurden im September 4 Jungkatzen (2w, 2m) ausgewildert, 2 Katzen stammten aus dem Elsaß und 2 aus der Eifel; Hinweise aus der Bevölkerung ca. 1984/85 Wildkatze in Falle auf Büchelberger Gemarkung gefangen; Suska und Weisser seit ca. 1984/85 immer mal wieder Wildkatze beobachtet, seitdem auch keine Hauskatzen mehr im Revier; Suska ca. Winter 1984/85 Wildkatze (adult, vmtl. männlich) in Falle im Bunker im Bereich Dreckal- lee nördlich des Heilbaches gefangen, Fotos in Besitz von Suska, zu dieser Zeit wurde von Forstdirektion Vorkommen der Wildkatze offiziell verneint; Becker, ehem. Forstanwärter FA Schaidt 1986 oder 1987 starker Kuder bei der Treibjagd in Abt. Kahnlache Süd von Terrier abge- würgt, Wildkatze wurde präpariert und befindet sich am Forstzoologischen Institut in Freiburg jedoch leider ohne Angabe des Todesjahres; Müller, ehem. Forstanwärter FA Schaidt, und Bohlander ca. 1986 Jagddackel treibt bei Schnee Wildkatze in Bunker und würgt sie ab, Abt. Im alten Schlag (Präparat verlorengegangen, Fotos evtl. noch bei Suska vorhanden); Suska ca. 1986 im Sommer 2x Wildkatze beobachtet: 1x auf ca. 30m in der Abt. Ziegelhütter Schlag (grenzt an Lauterwiesen) und 1x auf den Lauterwiesen (ca. 400m südöstlich von ers- ter Beobachtung); ehem. RL Horst Andrée, Revier Bienwaldmühle (1975 bis 1991) ca. 1988 im Frühjahr auf ca. 30m von Wildkatze an einem Holzpolder angefaucht; ehem. RL Horst Nicol, Revier Schweigen-Rechtenbach (1969 bis 1999) ca. 1989 erste WK-Beobachtung; ehem. RL Werner Kummler, Revier Steinfeld (1952 bis 1993)

Ergänzungen Bienwald Wildkatzenwiederbesiedelung : Die „Ergänzungen“ sind größtenteils schon im vorigen Abschnitt „Übersicht zeitlicher Ab- lauf…“ enthalten Information von Manfred Welzenbach , Jäger, heute Mitglied einer Gruppenjagd am FA Bienwald: 1978 wurde eine tote Katze an der heutigen L540 zwischen Jockgrim und Wörth gefunden. Der Fundort war knapp 1 km südlich von Jockgrim an der Stelle, wo sich Wald auf beiden Seiten der Straße befindet. Die Wildkatze war 7,5 kg schwer, hatte eine Schulterhöhe von 28 cm und eine Gesamtlänge von 90 cm (Balg evtl. noch vorhanden).

((  diese Katze entspricht im Text: Dann wurde von einer toten Wildkatze berichtet, die ca. 1978 auf der B9 bei Jockgrim überfahren wurde (Müller mdl. Mitt .). Sie wurde von Vogt nicht begutach- tet.))

59

Information von Dr. Weisser : Ca. 1982 wurde auch eine Wildkätzin beobachtet, die Futter in einen Bunker nordwestlich des Ratzenbuckels eintrug (Weisser mdl. Mitt.). Die Katzen wurden im September 1982 westlich des Ratzenbuckels ausgewildert. ((Auswilderung 1982 wahrscheinlicher als 1983 – Unterlagen dazu sind leider weggekom- men.))

Außerdem wurde noch mit RP Eugen Niederer, Revier Büchelberg, und Herbert Braun, Mitjäger im Revier Büchelberg, gesprochen. Beiden ist keine Wildkatzenbeobachtung und Totfund im fraglichen Zeitraum bekannt.

Abkürzungen: FA Forstamt, FAL Forstamtsleiter, RL Revierleiter, RP Revierpächter

Anlage 6 Befragungsergebnisse - Auswertung der Fragebögen Bienwald 2006

Was würde Ihrer Meinung nach die Lebensbedingungen der Wildkatze im Bienwald und Um- land verbessern? - RP Steiner, Revier Dörrenbach-Ost: die beiden stark befahrenen Straßen B38 und L545 stilllegen - RP Tabel (ehem. FAL), Revier Kapellen-Drusweiler: Waldanbindung zum Pfälzerwald mit Gehölzan- pflanzungen - RP Baadte senior (ehem. RL), Revier Schaidt-Vollmersweiler: Lebensbedingungen wurden verbes- sert, da seit 1980 keine Mäusebekämpfung mehr im Bienwald - RP Diesel und RP Broszeit, Revier Dierbach: Pflanzungen von Baumhecken in geeigneten Reviertei- len  gemeindeeigene Flächen entlang des Bierbaches sind vorhanden; Bunkerrestbestände erhalten - RP Grebmayer, Revier Wissembourg: Verringerung der Beunruhigung durch Forst und Besucher - Niederer und Braun: die schlimmsten Störungen gibt es durch Durchforstungsarbeiten im Sommer, Arbeiten in Althölzern und auf Windwürfen - ehem. RL Steigner, Revier Langenberg: mehr Deckung im Wald, Windwürfe belassen, Kronen aufhäufen - RP Kirsthaler, Revier Schweighofen: Straßenverkehr ist ein Problem, zu den Hauptwildwechselzeiten ist der Verkehr am stärksten  Einrichtung von Wildkorridoren/Wildbrücken vom Haardtrand zum Bienwald - RL Baadte, Revier Büchelberg: größte Gefahr sind Straßen, forstlich keine Ansätze

Gibt es die Möglichkeit eine Stelle, wo Wildkatzen zu Tode kommen zu entschärfen? keine Vorschläge

60

Haben Sie schon einmal eine Wildkatze an einem Bunker gespürt? - ehem. RL Suska: 2 Totfunde in Bunkern bekannt (durch Falle und Jagdhund) - RL Hubert Baadte, Revier Büchelberg: siehe Wildkatzenmeldung - RP Reeke, Revier Oberotterbach-Ost: an 1 Bunker in Dickung (Pfälzerwaldbereich) - JA Schmitt, Revier Dörrenbach-Ost: an 3 Bunkern (Pfälzerwaldbereich) Gibt es Beobachtungsorte, die von Stellen einsehbar sind, an denen sich regelmäßig Men- schen aufhalten?

- RL Behrendt, Revier Scheibenh.: 1 Stelle an Seufzerallee - RP Baadte, Revier Schaidt-V.: 1 Stelle von K 24 einsehbar - Niederer und Braun: auf Waldwegen - ehem. RL Suska: an Wegen

Gibt es bei Ihnen im Revier typische Mäuseflächen, auf denen in den letzten Jahren sehr viele Mäuse vorkamen? (nur RL befragt)

- RL Behrendt, Revier Scheibenhardt: auf allen vergrasten Windwurfflächen und in sich auflösenden Alteichenbeständen  große Flächen zwischen Scheibenhardt bis Büchelberg und Verlängerung - ehem. RL Steigner: sehr viele Mäuse unter vergrasten Jungeichenbeständen (2 bis 15 jährig bis Zimmerhöhe) - RL Baadte, Revier Büchelberg: früher auf Kahlschlägen; Fallenfang Mäuse: pro 1 ha 100 Fallen  20 – 30 Mäuse/ha/Tag; weitere Angaben siehe Fragebogen

Kennen Sie Baumhöhlen, die groß genug für einen Wildkatzenwurf wären? / Kennen Sie Baumhöhlen, in denen Fledermäuse leben?

- RL Behrendt, Revier Scheibenhardt: Fledermaushöhlen in jedem Altholzbestand (sind beim Forstamt kartiert) - Niederer und Braun: fast alle Höhlenbäume gefällt, Braun sind noch ca. 10 Bäume mit Spechthöhlen bekannt - ehem. RL Steigner, Revier Langenberg: 2 Stellen mit alten Bäumen

Rechtswert Hochwert

4 alte Eichen (150 cm dick) mit Astfaullöchern 3438816 5434109

5-6 alte Eichen (Überhälter, 150 cm dick) 3440811 5434341

- ehem. RL Suska: 1 größere Baumhöhle Schlagallee, Abt. Kahnlache-West 1 Kiefer mit Fledermaushöhle ist umgefallen

Wird bei Ihnen im Revier Fallenfang durchgeführt? Wie häufig und mit welchem Fallentyp? - RP Seeger, Revier Niederotterbach: Drahtkästen für Jungfüchse

61

Abkürzungen: FA Forstamt, FAL Forstamtsleiter, RL Revierleiter, RP Revierpächter

Anlage 7: Bevorzugung von Windwurfflächen durch Wild- katzen Fragestellung In der Eifel wurde in einer umfangreichen Habitatanalyse von Klar (2003) festgestellt, dass Wildwurfflächen sehr attraktive Habitate für Wildkatzen sind. Im Bienwald war zu klären, ob

Buffer Fläche % Fläche Katzen % Ortungen Elektivity 0-50m 12159041 0,16 282 0,18 0,05 50-100m 11578251 0,15 251 0,16 0,01 100-150m 10273027 0,13 239 0,15 0,05 Rest 42284807 0,55 834 0,52 -0,03 76295126 1,00 1606 1,00

Buffer Fläche % Fläche Katzen % Ortungen Elektivity 0-50m 12159041 0,16 282 0,18 0,05 0-100m 23737292 0,31 533 0,33 0,03 0-150m 34010319 0,45 772 0,48 0,04 Rest 42284807 0,55 834 0,52 -0,03 76295126 1,00 1606 1,00

Gewässernähe Kernraum Wald Allekatzen bis 15.Mai

Buffer Fläche % Fläche Katzen % Ortungen Elektivity 0-50m 12159041 0,16 65 0,20 0,12 50-100m 11578251 0,15 48 0,15 0,00 100-150m 10273027 0,13 50 0,16 0,08 Rest 42284807 0,55 155 0,49 -0,06 76295126 1,00 318 1,00

Buffer Fläche % Fläche Katzen % Ortungen Elektivity 0-50m 12159041 0,16 65 0,20 0,12 0-100m 23737292 0,31 113 0,36 0,07 0-150m 34010319 0,45 163 0,51 0,07 Rest 42284807 0,55 155 0,49 -0,06 76295126 1,00 318 1,00 Windwurffläcen eine ähnliche Attraktion ausüben.

Methodik Aus dem Luftbild wurden von OEKO-LOG alle Windwurfflächen, Insektenfraß Kalamitätsflä- chen und Kahlstellen an denen mehr als 10% der Fläche nicht von Baumkronen bedeckt war kartiert. Es wurde zwischen drei Klassen unterschieden, indem der jeweils von Verjüngung bedeckte Flächenanteil im Luftbild geschätzt wurde.

62

Ergebnisse Während Windwurfflächen, die 10-25% der jeweiligen Abteilung einnahmen, bevorzugt wur- den (Elektivety Index 0,13), wurden Abteilungen in denen die offenen Stellen 25-75% um- fassten gemieden (Elektivity Index –0,18). Flächen, die wiederum fast vollständig gefallen waren, wurden leicht bevorzugt (Elektivety Index 0,06). Die Unterschiede waren signifikant (X-squared = 58.8991, df = 2, p-value = 1.623e-13).

45 42,2 40,8 Anteil Fläche 40 Anteil Ortungen

35 31,3 29,4 29,8 30 26,5 25

20

Anteil in Prozent Anteilin 15

10

5

0 10 - 25% 25 - 75% 75 - 100% Flächenanteile Windwurf

Abb. 20 : Gegenüberstellung des Flächenanteils im Luftbild erkennbarer Windwurf und Verjüngungflächen und der Zahl der Ortungen von Wildkatzen in diesen Flächen.

Schlussfolgerungen und Diskussion Im Bienwald zeigte sich keine eindeutige Tendenz hinsichtlich der Bevorzugung von Wind- wurfflächen, wie das in der Eifel der Fall war. Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass im Bienwald sehr großflächig durch den Sturm Lothar bedingte Bestandslücken die Wälder strukturierten. Hierdurch waren zumindest in kleinen Femeln im ganzen Bienwald typische Windwurfsituationen mit Wurzeltellern, und liegenden Stämmen gegeben. Unserer Ansicht nach boten sich deshalb fast überall im Bienwald typische Windwurfstrukturen und eine Bevorzugung bestimmter Flächen war nicht erkennbar. Werden abnehmen dann mehr Signifikanz

63 Anlage 8: Auswertung der Störwirkung von Waldbesuchern auf die Wildkatzen im Bienwald Fragestellung Es bestand die Frage, ob Wildkatzen ihre Tagesruheplätze so auswählen, dass sie nicht in der Nähe stark begangener Waldwege liegen. Außerdem war zu klären, ob die beobachteten Wildkatzen bevorzugt ruhigere Bereiche des Bienwaldes als Lebensraum wählen. Aufgrund des gleichmäßigen Wegenetzes im ganzen Kernraum des Bienwaldes bestanden zur Be- antwortung dieser Frage günstige Voraussetzungen .

Methodik Die Störungsintensität an den einzelnen Waldwegen wurde mit zwei Methoden ermittelt. Zum einen wurde am 2.2.2006 nach 6 Tagen Schneelage im Kernraum der Untersuchung alle Spuren von Menschen und Fahrzeugen an 186 Kreuzungspunkten von Waldwegen aufge- nommen. Bei dieser Aufnahme wurde über eine Strecke von 62 Kilometern jeder Kreu- zungspunkt erfasst. An weiteren Schneetagen wurden diese Daten in einigen ausgewählten Bereichen ergänzt. Darüber hinaus wurde bei den täglichen Fahrten zur Telemetrie im Kern- raum die jeweils gefahrene Strecke und alle Waldbesucher und Fahrzeuge aufgezeichnet. Die Zählergebnisse von ca. 700 km solcher Fahrten sind dokumentiert. Es wurde unter- schieden zwischen Fußgänger, Reiter, Fahrradfahrer, Spaziergänger mit Hund, und KFZ sowie Arbeitsmaschinen. In der Auswertung wurden aufgrund der ansonsten zu geringen Datenbasis die Kategorien Fußgänger mit und ohne Hund, Fahrradfahrer und Reiter zu- sammengefasst.

Ergebnisse Auf der Basis der oben angegebenen Erfassungen wurde eine Karte der Wege unterschied- licher Störintensität erstellt.

64

0,60

0,50

0,40

0,30

0,20 Spurenpro Kilometer

0,10

0,00 <25 <50 <75 <100 <125 <150 <175 <200 Entfernung vom Weg in m

Selten begangene Wege Wöchentlich begangene Wege Wöchentlich mehrfach begangene Wege Täglich begangene Wege Täglich mehrfach begangene Wege Täglich häufig begangene Wege

Schlussfolgerungen und Diskussion

65

66