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Broadacre City und die Zwischenstadt. Neueinordnung des amerikanischen Entwurfsmodells im Rahmen der aktuellen Debatte zur Qualifizierung der Zwischenstadt

Von der Fakultät für Ingenieurwissenschaften der Universität Duisburg-Essen zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktor Ingenieur (Dr.-Ing.) genehmigte Dissertation

Vorgelegt von Stefanie Bremer, Essen

Referent: Prof. Dr. -Ing. Renatus Widmann

Korreferent: Prof. J. Alexander Schmidt

Korreferent: Prof. Frank R. Werner, BU Wuppertal

Tag der mündlichen Prüfung: 19.12.2008

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Vorwort

Das Ideal? Situation und sucht Lösungen aus dem Hier und Jetzt. Ideal ist vielleicht ein Haus im Grünen ... in freier Natur ... oder gar direkt am Meer ... oder Doch wer nur in die Gegenwart schaut, nimmt umgekehrt: eine Loft-Wohnung mit großer sich die Möglichkeit, aus der Vergangenheit zu Dachterrasse und Ausblick auf die Skyline lernen. Der gute Städtebau braucht den Blick einer pulsierenden Metropole. zurück.

Doch die Wirklichkeit sieht für sehr viele Dafür ist eine kritische Haltung notwendig, Menschen anders aus. Fast Zweidrittel der damit der Blick zurück nicht verklärt oder in Deutschen leben irgendwo dazwischen, zwi- die Irre führt. Dann aber ist der Rückblick eine schen den beiden Idealen. Am Rand. Im Vor- der stärksten Entwurfsmethoden im Städte- ort. In der Zwischenstadt, also in Räumen, die bau, denn er bietet einen fast unschätzbaren weder wirklich ländlich noch wirklich städtisch Wert: Erfahrungen. sind. In der Moderne sind eine Vielzahl von Arbeiten Die Zwischenstadt ist ein alltäglicher Raum, entstanden, die sich bereits mit der Gestaltung womöglich sogar nur ein Kompromiss. Jeden- suburbaner Räume beschäftigt haben: Le falls kein Ideal, vielleicht nicht mal für die Corbusier, Howard, Wright, Hilbersheimer, Menschen, die dort leben. Neutra oder Reichow. Diese Klassiker des Städtebaus snd ein reichhaltiger Grundstock, Trotzdem ist sie allgegenwärtig. Sie ist Fakt. der für die heutige Debatte genutzt werden Eine physische Tatsache, mit der vor allem die kann, um frühere Ideen wiederzuentdecken, neue Planergeneration lernen muss, umzu- neue besser einordnen und vor allem Er- gehen. Sie muss eine nicht nur bewertende, fahrungen nutzen zu können. sondern auch handelnde Position zu diesem Raum einnehmen. Warum Wright?

Wie also kann man in diesem Raum als Planer Ich habe mit der Neuauswertung von Wright handeln? Wie kann man diesen Raum gestal- angefangen, halte aber Le Corbusier, Neutra, ten und in Zukunft verbessern? Wie kann man Reichow, Hilbersheimer und weitere Klassiker vorhandene Zwischenstädte nachträglich für ebenso wertvoll. qualifizieren? Warum also Wright? Bisher gibt es in der im deutschsprachigen Weil er schwierig ist. Weil er polarisiert. Weil Raum geführten Debatte zu diesen Fragen sich so viele in ihrem Urteil über Wright an- noch keine verbindlichen Antworten. Die scheinend so sicher sind. Weil Wright phantas- immer noch kontroverse Debatte um die tische Gebäude gebaut hat. Weil er viel gebaut Zwischenstadt ist häufig in grundsätzlichen hat. Weil er mehr als einmal in seinem Leben Diskursen um Haltungen und Positionen gescheitert ist. Weil er immer noch Neugier verhaftet. Zudem wird häufig ohne historisches weckt. Fundament diskutiert: Man spricht über den heutigen Raum, betrachtet seine heutige

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Im ersten Buch beschrieb Wright die Idee der Dem zweiten, 1945 veröffentlichten Kurz vor seinem Tod überarbeitete er Broadacre City. Buch fügte Wright einen Plan für die Idee noch einmal. seinen Stadtentwurf bei. Abb.1 [Drei Bücher zu einer Idee] In diesen drei Büchern beschrieb Frank seine Idee der Broadacre City. In dieser Arbeit wird nachgewiesen, dass die alte Idee der Broadacre City heute mit dazu beitragen kann, die aktuelle Debatte zur Qualifizierung der Zwischenstadt zu schärfen. Bildquelle: Internet

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort 4 0. Einleitung 0.1. Ausgangslage + Problem 10 0.2. Thesen der Arbeit 12 0.3. Ziele der Arbeit 13 0.4. Untersuchungsmethoden 14 0.5. Arbeitsschritte/Aufbau der Arbeit 16

1. Stand der Forschung: Darstellung und Eingrenzung der Zwischenstadt-Debatte 1.1. Das Phänomen Zwischenstadt 20 1.2. Akteure der Zwischenstadt-Debatte 21 1.3. Arbeitsweisen der Akteure 24 1.4. Kernaussagen der Debatte 30 1.5. Kernfragen der Debatte 31

2. Beschreibung Broadacre City 2.1. Entstehungsgeschichte 36 2.2. Textanalyse 2.2.1. Materialien und Methoden 39 2.2.2. Ermittlung der Kernthemen 41 2.2.3. Darstellung und Interpretation der Kernthemen 42 2.2.4. Zusammenfassung: Kernaussagen der Texte 70 2.3. Modellanalyse 2.3.1. Materialien und Methoden 73 2.3.2. Auswertung der Skizze 74 2.3.3. Beschreibung der Modellbestandteile 76 2.3.4. Auswertung der Bestandteile 84 2.3.5. Zusammenfassung: Kernaussagen des Modells 99 2.4. Projektanalyse 2.4.1. Materialien und Methoden 102 2.4.2. Projekte für die [Autostadt] 104 2.4.3. Projekte für die [Rasterstadt] 109 2.4.4. Projekte für die [Parkstadt] 117 2.4.5. Projekte für die [Landstadt] 122 2.4.6. Projekte für die [Schnitt- und Knotenstellen] 123 2.4.7. Zusammenfassung: Kernaussagen der Projekte 126

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2.5. Zusammenfassung: Kernaussagen der Broadacre City 127

3. Bewertung und Evaluation 3.1. Materialien und Methoden der Bewertung 132 3.2. Amerikanische Bewertung 133 3.3. Bewertung im deutschsprachigen Raum 138 3.4. Evaluation 142 3.5.Zusammenfassung: Bewertung und Evaluation 146

4. Vergleich Broadacre City und die Zwischenstadt 4.1. Methoden für einen Vergleich 152 4.2. Textvergleich 4.2.1. Ausgangslage 156 4.2.2. Rahmenbedingungen 157 4.2.3. Ziele und Qualitätskriterien 158 4.2.4. Umsetzung 163 4.2.5. Zusammenfassung: Textanalyse 166 4.3. Modell- und Projektvergleich 4.3.1. Erstellung eines hypothetischen Modells der Zwischenstadt 168 4.3.2. Vergleich der Modelle 179 4.4. Zusammenfassung: Vergleich 182

5. Rückschlüsse, Fazit 5.1. Empfehlungen für die weitere Forschung 189 5.2. Anregungen für die gestaltende Praxis 191 5.3. Schlussbemerkungen, Ausblick 194

Anhang Verwendete Literatur, Glossar

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Kapitel 0.

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Einleitung

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0. Einleitung

0.1. Ausgangslage + Problem

In den letzten 20 Jahren findet in der Städte- talen Siedlungsinseln und –fetzen im Umland bau- und Stadtplanungsdebatte eine stärker der städtischen Kerne ausgebreitet hat und ein werdende Diskussion um den Siedlungsraum mikroskopisches Chaos [...] darstellt” (Zibell → statt, der im Zuge der Suburbanisierung1 ent- BBR | 2004: 50) standen ist. Mit der negativen Bewertung wird meist auch Für diesen Raum gibt es noch keinen verbind- eine planerische und vor allem gestalterische lichen Namen. Stadtplaner und Stadtgestalter Aufgabe verbunden: Der Raum, der im Zuge sprechen von , , , oder . Die Geographin Elisabeth ansprechend. Daher sehen viele Planer und Lichtenberger nennt diesen „neuen Raum“ Architekten hier die Aufgabe, den Raum gestal- , und drückt damit terisch aufzuwerten oder die weiterhin aus, dass hier Unterschiede zwischen städ- formlose Entwicklung einzudämmen. tischen und ländlichen Räumen nivelliert werden (Lichtenberger | 1998: 39). Von der „Moderne“ bis zur „Zweiten Moderne“ Die verschiedenen Begriffe für diesen „Raum ohne Namen“ machen die unterschiedlichen Zu Fragen der Gestaltung von suburban ge- Haltungen der Disziplinen deutlich: Während prägten Räumen (Stadtlandschaften, Zwi- in der Raumforschung und Geographie eher schenstädte) lässt sich im Städtebau der letzten wertneutral versucht wird, Gesetzmäßigkeiten rund 90 Jahre keine stringente Haltung erken- und Charakteristiken der Entwicklung zu nen. Im Gegenteil, Fragen dazu wurden in der beschreiben, findet in der Architektur und Moderne und in der Postmoderne unterschied- Stadtplanungsdebatte eine wertende Aus- lich diskutiert: einandersetzung statt: Der suburbane Raum gilt aufgrund seiner geringen Siedlungsdichten Moderne: Suburbia als Verheißung und der starken Ausrichtung auf den MIV-Ver- Die Vorstellung, eine weniger dichte Siedlung kehr als nicht nachhaltig. Auch aus stadtgestal- zu entwerfen, welche die fast a priori verinner- terischen Gründen wird der Raum von vielen lichte Dichometrie zwischen Stadt und Land Architekten, Stadtplanern und Städtebauern auflöst, war zu Beginn des 20. Jahrhunderts kritisiert. Er gilt als monoton, qualitätslos, verlockend revolutionär. Viele bedeutende minderwertig und chaotisch. Barbara Zibell Stadtbaumodelle der Moderne suchten nach beispielsweise bezeichnet ihn als Siedlungs- einer „Symbiose zwischen Stadt und Land“ raum, der sich mit „ungeordneten und frak- (Durth | 2007: 145). Für sie war die Schaffung

einer ein zentrales 1 Schlüsselbegriffe des Städtebaus und der Stadttheorie werden in dieser Arbeit in einem Glossar im Anhang definiert, um die Bedeutung der Begriffe auf diese Arbeit bezogen besser eingrenzen zu können.

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Planungs- und Gestaltungsziel2. Sowohl in den USA als auch in Europa werden in dieser Zeit vorherrschend Konzepte zur Schaffung und Gestaltung von Stadtlandschaften diskutiert (Rabeler | 1989). Ziel war es, bebauten Raum und Freiraum auf Siedlungsebene miteinander zu verzahnen und diesen neugeschaffenen Raum dann an die Anfordernisse einer modernen Gesellschaft anzupassen. Wichtige planerische Elemente dieser Zeit waren die Funktionstrennung und die Ausrichtung des Abb. 2 [Entwicklungstendenzen Stadt – Zwischenstadt] Siedlungsraums auf den motorisierten Indivi- Langjährige Raumbeobachtungen des Bundesamts für Bauwesen und Raumordnung zeigen, dass Bautätigkeiten in Kernstädten dualverkehr (→ SenBauWohnen | 1984). abnehmen, in Zwischenstädten aber stetig steigen. Grundlage: BBR | 2002. Eigene Darstellung Postmoderne: Rückbesinnung auf die Stadt Zweite Moderne: Neue Fragen, Umdenken Mit der europäischen Postmoderne begann ein radikaler Paradigmenwechsel. Anstatt Sub- Anfang der 1990er Jahre belebte der amerika- urbanisierung- oder Counterurbanisierung zu nische Architekt Peter Rowe mit seinem Buch begleiten oder gar zu fördern, stellte man sich zur middle landscape die Debatte (Rowe | nun gegen diese Tendenzen und versuchte, 1991). In Deutschland leitete Thomas Sieverts → deren negativen Folgen abzufangen ( Bose | eine Diskussion um die Zwischenstadt ein 1997). Das auf den MIV ausgerichtete (Sieverts | 1995). Beide Autoren appellierten Siedlungswachstum am Rand der Städte und daran, dass man allein aus der Perspektive der das unvermittelte Nebeneinander von Stadt die Probleme der suburbanen Siedlungs- Siedlungs- und Freiraum wurde nun als struktur nicht lösen könne, sondern dass eine sprawl, oder „Siedlungsbrei“ negativ bewertet. konstruktive Auseinandersetzung mit der Mit dem Leitbild der europäischen Stadt middle landscape bzw. Zwischenstadt not- besann man sich in den 80er Jahren auf die wendig sei. Aus ihrer Sicht müssten neue stadt- Qualitäten gewachsener Strukturen und ent- planerische und städtebauliche Strategien ent- deckte klassische, d.h. auf die Stadt ausge- wickelt werden, die eine nachträgliche Qualifi- richtete Gestaltungskonzepte und –elemente zierung dieser Räume ermöglichten. Allein die → wieder ( Häußermann/Siebel | 1987). In den quantitative Bedeutung des suburbanen USA wurde unter dem Schlagwort new urba- Raums begründe aus ihrer Sicht eine verstärk- nism oder smart growth ein Gegenbild zum te und – so ihre Kritik – konstruktivere Art der 3 → sprawl geschaffen ( Bodenschatz, Kegler | Auseinandersetzung. Im Rahmen der Debatte 2000: 42-59). um die Zwischenstadt beschreiben beide Autoren auch Qualitäten des suburbanen Raums und stellen damit die vorab negative Bewertung („ungewolltes Chaos“) in Frage. 2 Bruno Taut etwa postulierte 1920 die Auflösung der Städte und entwarf eine Siedlungsform als Symbiose zwischen Mensch und Natur, Stadt und Landschaft (Taut | 1920). Hans Bernhard Reichow sprach von der „organischen Stadtlandschaft“ (Reichow | 1948). 3 Laut Ewing werden in der US-Debatte 17 verschiedene Definitionen von „Sprawl“ unterschieden (Ewing | 1997).

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Heute: Der Umgang mit konträren Aber auch unter den Gestaltern und Forschern, Positionen die eine nachträgliche Qualifizierung ver- suchen, ist bisher keine abschließende Antwort Damit können für die heutige Debatte vier darauf gefunden worden, wie die Qualifi- strategische Ansatzpunkte unterschieden zierung bewerkstelligt werden kann. Während werden: einige konkrete Hinweise und „Rezepte“ zur Weitestgehende Vermeidung suburban Gestaltung (Stimmann →Durth ⏐ 2006: 147) geprägter Siedlungsräume durch re- fordern oder versuchen, diese zu erarbeiten, striktive Planung_ Hier entfällt die weisen andere darauf hin, dass man diesen Aufgabe, den suburbanen Siedlungsraum ästhetisch regellos gebauten Raum nicht mit städtebaulich zu gestalten Gestaltungsregeln („Rezepten“) qualifizieren Aufwertung durch nachträgliche Ver- kann, ohne dessen Charakter der Offenheit zu dichtung_ Gestaltung versucht, durch zerstören. Verdichtung für urbane Qualitäten zu sorgen. Aus dem suburbanen Raum wird 0.2. Thesen der Arbeit - soweit möglich - ein urbaner Raum gemacht Respektvolle Qualifizierung_ Der sub- Die Kernthese dieser Arbeit lautet: urbane Raum wird in seiner Wesensart als Durch eine Neuauswertung von Stadtmodellen locker bebauter und heterogener Raum oder Stadtvisionen der Moderne, die sich die akzeptiert. Man qualifiziert den Raum Schaffung von Stadtlandschaften zum Ziel nun nachträglich, ohne aber dabei seine genommen hatten, können Ansätze für eine grundsätzliche Wesensart in Frage zu nachträgliche Gestaltung und Qualifizierung stellen. Auch will man dazu beitragen, des suburbanen Raums ermittelt werden.4 Eine dass der Raum mehr als bisher akzeptiert Neuauswertung bietet die Möglichkeit, Er- und geschätzt wird fahrungen der Moderne für die heutige Pragmatische Qualifizierung_ Man geht Zwischenstadt-Debatte5 zu nutzen. davon aus, dass Bestandsgebiete nur im eingeschränkten Maß veränderbar sind Aus dieser Kernthese lassen sich weitere The- und beschränkt sich daher auf schnell und sen ableiten: einfach umsetzbare Qualifizierungs- > These: Grundsätzlich kann jedes Modell maßnahmen der Moderne, das sich mit der Schaffung

von Stadtlandschaften beschäftigte, für Während hinsichtlich der ersten beiden Punkte eine Neuauswertung im Rahmen der weitestgehend Konsens innerhalb der Stadt- Zwischenstadt-Debatte genutzt werden. planungs- und Städtebaudebatte besteht, wird die Frage nach einer nachträglichen Qualifi- > These: Kein Modell der Moderne kann zierung suburbaner Räume kontrovers geführt. direkt übertragen werden. Es kann nur Einige Forscher und Praktiker stellen die dritte aus dem Kontext seiner Zeit in die heutige und vierte Strategie grundsätzlich in Frage, Debatte wiedereingeführt werden. weil sie befürchten, dadurch den aus ihrer Sicht ungewünschten (weil nicht nachhaltigen) 4 Neben dem Rückgriff auf historische Modelle sind noch andere An- Raum nachträglich zu legitimieren. sätze denkbar, um zu ermitteln, wie man suburbane Räume quali- fizieren kann. Verschiedene Ansätze werden im Kapitel 1.3. näher dargestellt. 5 Der Begriff wird im Kapitel 1. 2. näher erläutert.

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> These: Kein Modell der Moderne kann lichkeitsnahste Modell beschrieben wird. Viele ohne Reflexion (Kritik) übernommen Forscher erstaunt, wie sehr Wright mit seinem werden. Es ist stets notwendig, das alte Modell aus den 1920er Jahren Grundzüge Modell zu evaluieren, um zu vermeiden, einer Siedlungstätigkeit beschrieben hatte, die dass Fehler der Vergangenheit wiederholt dann tatsächlich stattgefunden hat (→ Kapitel werden. Nur dann kann ein altes Modell 3. – 3.2.). Auch Sieverts verweist auf das auch tatsächlich als Erfahrungsfundus Broadacre Modell und merkt an, dass dieses dienen. Modell für die nun anstehende Aufgabe der > These: Um ein altes Modell wiederein- Qualifizierung der Zwischenstadt besonders führen zu können, muss es mit heutigen gut genutzt werden kann (Sieverts | 1997: 112). Ansätzen verglichen werden. Wrights Modell legt den Schwerpunkt der Betrachtung auf den Einzelnen und seine Der Städtebau der Moderne ist von drei be- Bedürfnisse. Durch die Auswahl von Wright deutenden Stadtvisionen geprägt: Le Corbusier wird also eine gewisse Vorprägung vorgegeben. (Ville Radieuse), Ebenezer Howard (Garden- Aspekte der Gesellschaft/Hierarchie und Ge- city) und (Broadacre City) meinschaft würden in den Modellen von Le sind die drei zentralen Pole einer nun fast 90 Corbusier und Howard stärker abgebildet wer- Jahre alten Debatte,6 wobei jede Person stell- den. Wright allein reicht also nicht, denn aus vertretend für eine bestimmte Richtung steht: seinem Modell können Fragen zur Gestaltung von Räumen für die Gemeinschaft/Gesellschaft > Le Corbusier hat mit seinem Stadtmodell nur im geringen Maße abgeleitet werden. die europäische Moderne (Charta von Athen) stark beeinflusst. Seine Idee war 0.3. Ziele der Arbeit von visionären Großstrukturen und zentralistisch hierarchischen Gedanken geprägt. Über Frank Lloyd Wright und seine Broadacre > Der Engländer Ebenezer Howard ent- City ist viel publiziert worden. Zur Person und wickelte mit seiner Gartenstadt die Vision seinem Werk stehen über 10.000 Publika- einer städtisch-agrarischen Gemeinschaft tionen zur Verfügung8. Doch trotz dieser mehr an der Schnittstelle zwischen Stadt und als umfangreichen Literatur ist Wrights Land. Broadacre City als Beitrag im Rahmen einer > Frank Lloyd Wrights Broadacre City war Debatte um die Gestaltung der Stadtland- ein Modell für eine auf den Einzelnen schaften bisher nicht systematisch erfasst 7 ausgerichtete dezentrale Stadtlandschaft worden. Noch steht es aus, den fast unüber- → ( Fishman | 1977). sichtlichen Fundus an Material zur Broadacre Broadacres bietet sich für eine Auswertung an, City daraufhin zu bewerten und zu prüfen, in weil es in der Planungstheorie oft als das wirk- wie weit Wright Antworten für heutige Sied- lungsprobleme und –chancen gefunden hatte. 6 Weitere Modelle sind: Die „Raumstadt“ (1921) von Walter Schwagenscheidt, die „Rush City“ (1928) von Richard Neutra (Wright- Schüler), die „Hochhausstadt“ (1924) von Ludwig Hilbersheimer, der Wiederaufbauplan für Berlin von Hans Scharoun (1945), die „gegliederte aufgelockerte Stadt“ (1957) von Johannes Göderitz, 8 Roland Rainer und Hubert Hoffmann. David De Long wies in seinem Buch „Die lebendige Stadt“ auf eine unvollendet gebliebene Arbeit von C. Donald Cook hin, der eine 7 Viertes großes Modell der Moderne ist das Buch von Jane Jacobs zehntausend Titel umfassende Liste von Arbeiten zu Frank Lloyd „Life and Death of the great american city“. Jacobs entwarf aber kein Wright erstellt hat. Diese Liste findet sich heute im Archiv der C. Donald Bild für eine Stadtlandschaft, sondern leitete die Renaissance der Stadt Cook Frank Lloyd Wright Collection des Canadian Centre for ein ( → Fishman | 1977). Architecture in Montreal (De Long | 1998: 15).

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Kernziel dieser Arbeit ist es, zu überprüfen, ob Debatte herauskristalisiert werden. und welche Anregungen von Wright wiederent- > Wright verwies mit seinem Modell auf deckt werden können. Dadurch wird auch besonders wichtige Orte und geklärt, ob eine Neuauswertung von Gestalt- Aufgabenfelder. Durch einen Vergleich ungsmodellen der Moderne als Methode zur mit Orten und Aufgabenfeldern, die heute Ableitung von Handlungsstrategien für die im Rahmen der Zwischenstadt-Debatte Zwischenstadt geeignet sind. diskutiert werden, kann besser eingeordnet werden, welche heute Bei der Neuauswertung von Wright und der tatsächlich wichtig sind. Einordnung seines Modells in die Zwischen- stadt-Debatte geht es um folgende Punkte: > Wright entwickelte mit seinem Entwurfs- modell und einzelnen Bauprojekten > Wright entwickelte Gestaltungsziele und praktisch umsetzbare Qualitätskriterien, die mit den Gestaltungsvorschläge. Hier kann geprüft Gestaltungszielen und Qualitätskriterien werden, ob diese für eine nachträgliche der Zwischenstadt-Debatte vergleichbar Qualifizierung genutzt werden könnten. sind. Dadurch können heutige Ziele der

0.4. Untersuchungsmethoden

Notwendigkeit von stadttheoretischen und kulturwissenschaftlichen Methoden

Das Untersuchungsobjekt der Stadtplanung und des Städtebaus ist der Siedlungsraum als komplexes Kernmethode: Vergleich Gebilde, ein Gebilde aus Tatsachen (der physische Raum), darüber hinaus gesellschaftlichen, politischen Um Frank Lloyd Wright für die Zwischenstadt zugänglich Strukturen sowie wirtschaftlichen und ökologischen zu machen, müssen zunächst die gestalterischen Kern- Prozessen beziehungsweise Werten. Stadtplanung und aussagen von Broadacre City dargestellt und kritisch Städtebau agieren in einem Wirkungsfeld zwischen In- reflektiert (evaluiert) werden. Anschließend muss das alte genieurswissenschaft, Politik und künstlerischen Arbeiten Modell in den Kontext der aktuellen Zwischenstadt-De- (Architektur, Stadtgestaltung). Vor allem die städtebau- batte eingeführt werden. Dafür ist ein Vergleich Wright/- lichen Entwürfe werden oft als künstlerische Leistung Sieverts notwendig, der abschließend ausgewertet eingestuft, bei denen ästhetische und kulturpolitische werden kann. Kriterien überwiegen (Oswald, Baccini | 2003: 36). Ein Damit ergeben sich drei zentrale Arbeitsschritte: aus dem Städtebau oder der Architektur abgeleitetes Darstellung und Auswertung Broadacre Entwurfsmodell entzieht sich daher oft einer streng City rationalen Systematik. Als eher künstlerisches „Werk“ ist es nicht mit naturwissenschaftlichen Methoden Vergleich Broadacre City – Zwischenstadt analysierbar. Auswertung des Vergleichs: Ableitung der Stattdessen sind Methoden der Architekturtheorie und - übertragbaren Aussagen aus dem alten ästhetik sowie der Kulturwissenschaft notwendig. Modell

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Dem Vergleich geht daher eine Einordnung der Arbeiten in die entsprechenden Leitbildphasen des Städtebaus voraus. Der Vergleich selbst er- folgt auf drei verschiedenen Ebenen:

> Vergleichende Textanalyse Abb.3 [Ausgangslage] Broadacres und Zwischenstadt > Vergleichende Entwurfsmodellanalyse sind Modelle aus unterschiedlichen Planungsepochen und Zeiten. Dieser Aspekt muss bei dem wissenschaftlichen > Projektanalyse und Evaluation Vergleich berücksichtigt werden. Eigene Darstellung Dabei müssen weitere Arbeiten aus der Zwi- Wenn man Wright und Sieverts – zwei Leitbilder des schenstadt-Debatte gefunden werden, um das Städtebaus aus unterschiedlichen Planungsepochen – fehlende Modell und die Projektsammlungen wissenschaftlich miteinander vergleichen möchte, kompensieren zu können. müssen die beiden Arbeiten zunächst aufeinander „ge- eicht“ werden. Textanalyse Hierbei muss berücksichtigt werden, dass aufgrund des Epochenwechsels (von der „Moderne“ über die „Post- Wrights und Sieverts Texte sind keine Sachtexte. Vor moderne“ zur „Zweiten Moderne“) im Städtebau radikale allem Wright arbeitete in seinen Texten mit ästhetischen Paradigmenwechsel stattgefunden haben9. Mitteln, so dass Textinterpretationen notwendig sind. Zu Wright steht eine Vielzahl von wissenschaftlichen Auch nutzten beide Autoren für die Vermittlung und Ent- Interpretationen zur Verfügung. Außer Kritiken und wicklung ihrer Ideen verschiedene Arbeitsweisen und Rezensionen10 steht zu Sieverts bislang vergleichsweise sind folglich nicht direkt miteinander vergleichbar. Broad- wenig Sekundärliteratur zur Verfügung. Um Sieverts acres ist eine Idee, die in Form eines Textes und eines besser zu verstehen, sollen daher Texte aus der Entwurfsmodells dargestellt wurde. Zudem hatte Wright Zwischenstadt-Debatte mit herangezogen werden. Dafür auf verschiedene eigene Bauprojekte verwiesen, durch muss die Debatte um die Zwischenstadt zunächst einge- die seine Aussagen bestärkt werden sollten. Thomas grenzt und Kernaussagen ermittelt werden11. Sieverts vermittelt seine Überlegungen zur Zwischen- stadt bisher hauptsächlich textlich. Er hat noch kein Ent- Entwurfsmodellanalyse wurfsmodell erarbeitet. Wrights Broadacre City ist kein analytisches Modell12, sondern ein normatives Entwurfsmodell. Mit dem Modell im Maßstab 1:900 wollte Wright keine Realität, sondern die Vision eines Raumes darstellen. Damit wollte er Handlungsdirektiven vermitteln, um den vorhandenen Raum im Sinne des Entwurfsmodells positiv verändern zu können. Diese Handlungsdirektiven stellte Wright abstrakt dar. Sie müssen heute „entschlüsselt“ werden.

Abb.4 [Materialunterschiede] Ebenso muss berück- sichtigt werden, dass für beide Modelle in unterschied- 10 Rezension (von lateinisch recensio: Musterung) oder auch licher Form auswertbares Material vorliegt. Besprechung = schriftlich niedergelegte Bewertung zu einem Eigene Darstellung Diskussionsbeitrag (zu einem Buch).

11 Genaueres zu der Methode der Textanalyse wird in den jeweiligen Kapiteln erläutert. 12 Der wissenschaftliche Begriff „Modell“ bezeichnet zunächst Abbilder der Wirklichkeit, um bestimmtes Verhalten auf der Grundlage des 9 Genaueres hierzu: Albers | 1985 oder Müller-Raemisch | 1990 Modells möglichst treffend vorhersagen zu können (→ Glossar).

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Bei Sieverts gibt es bislang noch kein Entwurfsmodell. Abb.5 [Herstellung der Vergleichbarkeit]. Aber wie darzustellen ist, gibt es in der Zwischenstadt- Eigene Darstellung Debatte Arbeiten, die mit Wrights Modell und seinen Pro- jektbeispielen verglichen werden können. Aus be- stimmten textlichen Arbeiten der Zwischenstadt-Debatte sowie Sammlungen von Entwurfsbeispielen lässt sich ein hypothetisches Entwurfsmodell der Zwischenstadt erarbeiten13.

Projektanalyse + Evaluation

Von Wright steht darüber hinaus noch eine Vielzahl von gebauten und geplanten Projekten zur Verfügung, die in zweierlei Hinsicht genutzt werden: > Die Bau- und Entwurfsprojekte können zur Vertiefung der Kernaussagen und Überprüfung der bisherigen Interpretationen und Analysen genutzt werden. > Gleichzeitig kann die Umsetzbarkeit der im Modell skizzierten Aufgabenfelder durch die Baupraxis des Architekten überprüft werden. Diese Form der Überprüfung des Aussagesinnes ist bislang nur bei Wright möglich, denn – wie darzustellen ist – stehen für die Zwischenstadt noch nicht ausreichend Entwurfs- und vor allem Bauprojekte zur Verfügung.

13 Das Vorgehen zur Erstellung des hypothetischen Entwurfsmodells wird im entsprechenden Kapitel beschrieben.

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o.5. Arbeitsschritte/Aufbau der Arbeit

Für die Arbeit ergeben sich damit folgende Arbeitsschritte (→ nächste Seite):

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1 → Eingrenzung der Zwischenstadt-Debatte

Anhand einer Literaturauswertung sollen zunächst einige Arbeiten der Zwischenstadt-Debatte mit ihren Arbeitsweisen und Themen vorgestellt werden. Aus dieser Auswahl an Arbeiten sollen Kernthemen der Debatte und daraus wieder Kernfragen ermittelt werden, um zu klären, auf welche gestalterischen Fragen man heute Antworten sucht. Durch die Beschreibung sollen außerdem Arbeiten gefunden werden, die den Texten, dem Modell und den Projekten von Wright gegenübergestellt werden können.

2 → Beschreibung Broadacre City

Broadacre City kann aufgrund der umfangreichen Arbeiten der letzten 70 Jahren auf der Basis folgender Materialien beschrieben werden: > Den Texten von Wright und den dazu vorliegenden Interpretationen > Dem Modell und den dazu vorliegenden Analysen und > Den Projekten und den dazu vorliegenden Analysen Jedes einzelne Element erklärt auf eigene Art die Idee. Auch bauen die einzelnen Elemente aufeinander auf. Die Beschreibung der Kernaussagen der Broadacre City geschieht in einem in sich rückgekoppelten, iterativenProzess. Die Texte von Wright dienen als Ausgangsbasis. Sie bieten Interpretationsmöglichkeiten zur besseren Erfassung der Modellaussage. Mit den Vorkenntnissen aus der Modell- und der Textanalyse werden dann die Projekte analysiert und hierbei überprüft, ob die vorher gewonnenen Aussagen aus dem Modell und den Texten in Einklang mit den Projekten stehen.

3 → Bewertung + Evaluation

In einem dritten Schritt soll dargestellt werden, wie das Modell in der deutschen und der amerikanischen planungstheoretischen Debatte bisher verstanden und bewertet wurde. > Hier wird die umfangreiche, wertende Sekundärliteratur zur Broadacre City untersucht und für das Ziel dieser Dissertation strukturiert. Die gesammelten Aussagen zum Verständnis und zur Bewertung von Wright werden in „Bewertungsphasen“ zusammengefasst. > Im Rahmen einer Evaluation wird überprüft, welche Ziele der Broadacre City Wright durch Projekte umsetzen konnte und in welchen Bereichen ihm die Möglichkeit einer Umsetzung fehlte. Aus der vorhandenen Literatur werden - soweit möglich - Gründe für die erfolgreiche, bzw. gescheiterte Umsetzung ermittelt.

4 → Vergleich Broadacres und die Zwischenstadt

Die analysierten Texte von Wright werden den Texten von Sieverts sowie den ergänzenden Texten anderer Autoren aus der Zwischenstadt-Debatte (zur Überprüfung, bzw Vertiefung des Aussagesinns) gegenübergestellt. Hierdurch können vor allem Aussagen zu Zielen und Qualitätskriterien der Gestaltung verglichen werden. Um die Aufgabenfelder der Gestaltung vergleichen zu können, wird aus Texten der Zwischenstadt-Debatte sowie Entwurfsbeispielen ein hypothetisches Modell entwickelt, das anschließend Wrights Modell gegenübergestellt wird. Eine Auswahl einiger Projekte von Wright wird genutzt, um die bereits abgeleiteten Aussagen zu verifizieren und punktuell zu vertiefen.

5 → Rückschlüsse, Fazit

Im Fazit werden die Ergebnisse auf die im ersten Schritt ermittelten Kernfragen der Qualifizierung übertragen und bewertet. Hieraus werden Empfehlungen für die Forschung sowie erste Anregungen für die gestaltende Praxis abgeleitet.

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Kapitel 1.

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Stand der Forschung

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1. Stand der Forschung: Darstellung und Eingrenzung der Zwischenstadt-Debatte

In diesem Kapitel werden zunächst einige Vertreter der Zwischenstadt-Debatte (Thomas Sieverts, Beteiligte des Ladenburger Kollegs und weitere Arbeiten) mit ihren Arbeitsweisen und Themen vorgestellt. Aus dieser Auswahl an Arbeiten sollen Kernthemen der Debatte und daraus wieder Kernfragen ermittelt werden, um zu klären, auf welche gestalterischen Fragen in Bezug auf die Qualifizierung des suburbanen Raums heute Antworten gesucht werden. Das Kapitel ist daher wie folgt gegliedert:

1.1. Das Phänomen Kurzvorstellung des gleichnamigen Buches von Thomas Zwischenstadt Sieverts mit seinen Kernaussagen 1.2. Akteure der Darstellung weiterer Vertreter aus der Debatte Zwischenstadt-Debatte 1.3. Arbeitsweisen der Auswertung der Arbeitsweisen und Inhalte der Debatte Akteure 1.4. Kernaussagen der Zusammenfassung der Kernthemen der Debatte Debatte 1.5. Kernfragen der Debatte Ableitung der Kernfragen

1.1. Das Phänomen Zwischenstadt

Der Begriff Zwischenstadt basiert auf dem Mit dem Begriff der Zwischenstadt umschreibt gleichnamigen Buch des Darmstädter Städte- Sieverts damit einerseits ein räumliches Phä- bauprofessors Thomas Sieverts, das Ende der nomen, andererseits eine planerische/städte- 90er Jahre erschienen ist. bauliche Sichtweise. Sieverts betont, dass seine Zwischenstadt keinen klaren Zustand um- Zwischenstadt ist definiert als „bebaute Peri- schreibt. Der Begriff ist und soll auch nicht ein- pherie“, also der Raum „zwischen und neben deutig definierbar sein oder einen idealisierten den traditionellen Kernstädten“ (Körner | Siedlungsraum umreißen. Vielmehr dient der 2005: 21), der ausgelöst durch Suburbani- Begriff als „Reibefläche“, um die Leitbild- sierung und Dezentralisationsprozesse in den diskussion weiter voranzubringen14. Sein Essay letzten 100 Jahren entstanden ist – somit die dient als „Streitschrift“ und „Aufforderung jüngste Form einer Siedlung. Sieverts appel- zum Handeln“ (Sieverts | 1997: 10). liert in seinem Buch, diesen Raum nicht am Ideal der alten europäischen Stadt zu messen, sondern ihn als eigenständige Siedlungsform Die Kernthemen seines Essays sind: zu akzeptieren und zu versuchen, die oft diffuse fraktale Form der Zwischenstadt zu verbessern. 14 ... so Sieverts in einer Rede auf der Abschlussveranstaltung des Ladenburger Kollegs am 10. November 2005 in Frankfurt.

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> Fragen nach der städtebaulichen Ent- Peripherie und Akzeptanz der Stadt- wicklung jenseits der klassischen Stadt landschaften als eigener Gestaltungsauf- > Aufzeigen von Zwischenstadtformen in gabe mit eigenen Kriterien für räumliche Deutschland Qualität > Hinterfragen der Schlüsselbegriffe für > Forderung nach neuen Planungskulturen räumliche Qualität und Planungsinstrumenten für die > Entwicklung einer neuen Perspektive: Zwischenstadt Anerkennung der autark gewordenen

1.2. Akteure der Zwischenstadt-Debatte

Die „Zwischenstadt“ wurde zu einem der am stadt anders bewertet wird (Sieverts | 2000: häufigsten zitierten Bücher in der deutschen 6). Seine Fragen und Thesen werden Städtebaudiskussion. Es führte zu einer aufgegriffen. Man beschäftigt sich nun auch im kontroversen Diskussion über den Umgang mit deutschsprachigen Raum verstärkt mit der „verstädterten Landschaft“ oder der „ver- suburbanen Siedlungsformen: „Das Thema landschafteten Stadt“ (Sieverts | 1997: 7). Suburbia, so scheint es, ist inzwischen auch in Deutschland angekommen, wenngleich mit Zunächst widersprachen viele Planer und Ar- Mühen und Rückschlägen. Allerdings, so chitekten in Forschung, Praxis und Verwaltung meine ich mit Blick auf die Debatten und Sieverts Thesen. Statt einer Akzeptanz Praktiken in den USA, stehen wir hier erst am forderten sie, die weitläufigen, heterogenen Anfang. Wir wissen noch weniger, wie wir Siedlungsformen („Sprawl“, „Suburbia“) so Deutsch-Suburbia bewerten und gestalten weit es geht durch eine restriktive Planung zu sollen“ (Bodenschatz → BBR | 2004: 56). verhindern15 (Sieverts | 2000). Eine Er- forschung der Siedlungsform und ein besseres Mit seinem Buch– und vor allem dem Begriff Verständnis für die Wachstums- und Schrump- der Zwischenstadt –hat Sieverts aufgerüttelt. fungsprozesse schien nicht notwendig16. Er fand für die sich in den 90er Jahre abzeich- nende Strömung einen griffigen Oberbegriff In den letzten Jahren ist in Deutschland ein und gab einem bis dato eher „namenlosen Umdenken zu beobachten. Mittlerweile findet Phänomen einen Namen“ (Oswald, Baccini | eine differenzierte Auseinandersetzung statt 2003: 42). und auch Sieverts bemerkt, dass die Zwischen-

Arbeiten der Zwischenstadt-Debatte 15 Mehr zur Kritik an Sieverts bei: Jessen, Heinrich, Wefing in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Gefunden in: Sieverts | 2000 Die Akteure der Zwischenstadt-Debatte lassen 16 Charakteristisch für die ersten Kritiken ist, dass sie aus einem rein sich zwei Gruppen zuordnen: einem engeren deutschen Kontext betrachtet wurden. Sieverts bot mit der Zwischen- stadt einen Einstieg in eine Debatte, wie sie auch Peter Rowe für die und einem weiteren Akteurskreis. Zur letzteren USA vorskizziert hatte. Aber zunächst verharrte die schreibende können Planer, Forscher und Architekten Fachöffentlichkeit in Deutschland auf einer europäischen Position. Diese stark abgrenzende und Unterschiede betonende Haltung negierte gezählt werden, die nach Möglichkeiten zur dabei die Analogien in den Diskussionen und Ähnlichkeiten bei den Qualifizierung von peripheren Siedlungs- räumlichen Phänomenen in den Vereinigten Staaten und in Europa. Die Unterschiede zwischen der Siedlungsentwicklung und den Planungs- räumen und Agglomerationen suchen. zielen in Europa und Amerika erschienen dadurch größer, als sie tatsächlich sind. Qualifizierung wird dabei von Sieverts als

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„Veränderung des physischen Raums“ meter“ reagieren zu können (Koch, Schröder | definiert (Sieverts, Koch | 2005: 154). „Die 2003: 30). Dazu ist auch notwendig, dass Qualifizierung der Zwischenstadt bedeutet im bisherige Sichtweisen überdacht werden, weil weitesten Sinne, den Umgang mit ihr zu än- aus der bisher vorherrschenden planerischen dern. Man kann den Umgang mit der Perspektive der „mögliche kulturelle Gehalt Zwischenstadt einmal dadurch verändern, der Zwischenstadt“ (Sieverts | 1997: 103) nicht dass man sie neu deutet, ohne sie physisch zu zu messen ist. verändern. Oder indem man sie physisch Zur Zwischenstadt-Debatte können daher auch verändert, ohne sie neu zu deuten. Produktiv Arbeiten gehören, die durch theoretische aber wird erst eine Verbindung der beiden Reflexionen über Raum und Raumästhetik Haltungen“ (Sieverts, Koch | 2005: 42). oder durch eine künstlerische oder wissen- Damit betont der Begriff der Qualifizierung vor schaftliche Analyse von Räumen sowie durch allem gestalterische Aspekte. Desweiteren setzt eine Bewertung der Gestaltungspraxen zu einer er eine geänderte Sichtweise voraus, denn im neuen Sichtweise führen. Die Akteuren der Gegensatz zum Leitbild der >Europäischen Zwischenstadt-Debatte arbeiten mit der Stadt< wird hier kein Gegenbild zur gebauten Grundannahme, dass der suburbane Raum Wirklichkeit produziert, sondern vielmehr nicht mit den bisherigen Instrumenten oder wird versucht, sich mit räumlichen Phänome- Sichtweisen gestaltet werden kann. Wie aber nen unvoreingenommen17 auseinanderzu- diese Gestaltung aussieht, darüber besteht kein setzen und diese dann in ansprechende Gestal- Konsens. tungsformen zu übertragen. Mehr oder we- niger stark grenzt man sich in der Zwi- Engere Akteurskreis der Debatte schenstadt-Debatte von einer klassischen Sieverts selbst konnte seine Überlegungen zur Sichtweise der >Stadt< als klar hierarchisch Zwischenstadt in dem 2002 gestarteten und im organisiertem Siedlungsraum mit Zentrum Herbst 2005 abgeschlossenem Ladenburger und Peripherie18 ab. Stattdessen beschäftigt Kolleg weiter vertiefen. Das von der Gottlieb man sich mit Räumen, in denen sich dieser Daimler und Karl Benz Stiftung unterstützte klare Dualismus zwischen Stadt und Land Kolleg wollte in einem multidisziplinären Dis- auflöst. kurs wichtige Wesenszüge für den Siedlungs- Für das geänderte Siedlungsgefüge müssen typus Zwischenstadt herausarbeiten und Wege nach Meinung viele Zwischenstadt-Akteure zu einer komplexen Gestaltung aufzeigen. neue städtebauliche Leitbilder entwickelt und Neben den Arbeitsgruppen mit Entwurfs- bisherige Gestaltungsinstrumente und –ver- schwerpunkt beschäftigten sich Regional- fahren überprüft und gegebenenfalls modifi- wissenschaftler, Kulturwissenschaftlerinnen, ziert werden. Es muss ein „Repertoire“ ent- Soziologen, Stadtökonominnen, Landschafts- wickelt werden, um auf die „veränderten Para- planer und Geographen mit weitläufigen Siedlungsräumen. Das Kolleg hatte sich zur Aufgabe gemacht, zunächst die Formen der 17 Susanne Hauser bezweifelt, dass die von vielen Akteuren der De- Zwischenstadt genauer zu analysieren batte geforderte wertneutrale oder unvoreingenommene Beschreibung gelingen kann. Die Annahme der „Wertfreiheit“ ist für sie Fiktion. Reine („Zwischenstadt lesen“) und parallel dazu Dokumentation sei ein „reflektiver Kurzschluss”. So weist sie darauf hin, Qualifizierungskonzepte auf unterschiedlichen dass in dem Vorhaben einer vermeindlich wertfreien Beobachtung schon eine klare Wertentscheidung steckt, nämlich dass es sich lohnt, sektoralen Ebenen zu entwickeln. sich mit dem auseinanderzusetzen, was einem entgegen kommt” (Hauser → Bormann, Koch et al. | 2005: 181) Sieverts und das Kolleg bilden damit den 18 basierend auf: Christaller | 1933 engeren Kreis der Zwischenstadt-Akteure.

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Erweiterter Akteurskreis der Debatte > Sie gehen davon aus, dass der suburbane Raum allein mit Ge- Während der enge Akteurskreis der Zwischen- staltungskonzepten der Kernstadt nicht qualifiziert werden kann stadt-Debatte personenscharf abgegrenzt werden kann, bleibt der erweiterte Akteurs- Im Folgenden werden circa 40 Arbeiten kreis offen und belässt in Bezug auf die Zuge- verschiedener Akteure vorgestellt. Dabei sollen hörigkeit einen gewissen Interpretationsspiel- vor allem ihre Arbeitsweisen beschrieben wer- raum. Um eine Abgrenzung vornehmen zu den, um diejenigen Werke herausfiltern zu können, wurde der erweiterte Akteurskreis wie können, die kompatibel zur Arbeitsweise von folgt definiert. Gemeinsamkeit zwischen den Frank Lloyd Wright sind und für den Modell- verschiedenen Akteuren besteht darin: und Projektvergleich herangezogen werden können. Aus der Übersicht der Arbeiten > Sie legen den Schwerpunkt der werden gleichzeitig die Kernfragen der Debatte Betrachtung auf den suburbanen Raum abgeleitet. > Sie beschäftigen sich hauptsächlich mit stadtgestalterischen Fragen > Sie halten es für notwendig, den suburbanen Raum nachträglich zu qualifizieren

Abb.6 [Akteure der Zwischenstadt-Debatte] An der Zwischenstadt-Debatte nehmen viele verschiedene Akteure teil. Es kann zwischen einem engeren Akteurskreis (Sieverts und das Ladenburger Kolleg) sowie einem erweitertem Akteurskreis unterschieden werden. Bei der Zuordnung zeigt sich, dass die Debatte eine Basis in der amerikanischen Städtebautheorie hat. Darüber hinaus lassen sich Bezüge zur französischen Soziologie und Theorie sowie zur aktuellen Landschaftstheorie herstellen. Eigene Darstellung

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1.3. Arbeitsweisen der Akteure

Akteure, die sich mit Fragen der Qualifizierung Ganser ist eine der zentralen Figuren der beschäftigen, nutzen unterschiedliche deutschen Planungsdebatte der 80er Jahre. Er Arbeitsweisen19, um zu ermitteln oder darzu- hat den Begriff des perspektivischen Inkre- stellen, wie Siedlungsräume gestalterisch mentalismus geprägt. Hierbei handelt es sich aufgewertet werden können. um eine bestimmte Planungshaltung. Man ver- zichtet auf eine „höhere“ (technisch-wissen- Während Sieverts sich zunächst theoretisch schaftliche) Rationalität und gibt nur allge- der Aufgabe nähert, versuchen andere Autoren meine gesellschaftliche Ziele vor. Man „über- durch Entwürfe, analytische Skizzen oder springt“ die Ebene der Konzeptionierung im durch den Verweis auf gebaute Projekte das Sinne von Rahmen- oder Masterplänen und Aufgabenfeld abzustecken. Hierbei sind die agiert stattdessen verstärkt auf der Projekt- Übergänge fließend. Für einige Autoren ist die ebene (Blotevogel →Homepage regiosurf). Es nicht wertende oder neu bewertende Be- wird kein flächendeckendes Konzept für einen schreibung von räumlichen Phänomenen Untersuchungsraum entwickelt (oder ein Ent- bereits eine Möglichkeit, auf Gestaltungsfelder wurfsmodell), sondern der Schwerpunkt liegt hinzuweisen. Andere Autoren benennen all- auf einzelnen Projekten, die in der Summe die gemeine Ziele und Maßstäbe für die Gestal- vorher festgelegten allgemeinen Ziele be- tung. Wieder andere weisen auf Entwürfe und stimmen: „Auf Planung bezogen kann man Bauprojekte hin, die ihrer Meinung nach bei- von einer Strategie der kleinen, nicht oder nur spielhaft neue Gestaltungskriterien aufzeigen. locker koordinierten Schritte sprechen, die Für die ausgewerteten Akteure der Zwischen- somit zum bewussten Gegensatz zur kompre- stadt-Debatte können folgende Arbeitsweisen hensiven Planung steht und ein hohes Maß an unterschieden werden: Offenheit zuläßt" (Ganser, Siebel, Sieverts → Homepage Netzwerkzeug). Statt Pläne, d.h. Normativ: Perspektivischer klare Entwicklungsvorstellungen für einen Inkrementalismus bestimmten Raum vorzugeben, versteht sich Theoretische Auseinandersetzung der Planer mehr als Impulsgeber (→ Home- Auswertung vorhandener Arbeiten page Netzwerkzeug). Im Städtebau werden Empirisch-deskriptiver Ansatz dabei Regelwerke, Richtlinien oder Kennwerte Phänomenologischer Ansatz für den Entwurf vermieden. Exemplarischer Ansatz Theoretische Auseinandersetzung Normativ: Perspektivischer Inkrementalismus Über theoretisch reflektierende Arbeiten aus dem Bereich der Kulturwissenschaften ver- Sieverts verweist häufig auf die Arbeiten von suchen einige Autoren Schlussfolgerungen für Karl Ganser im Rahmen der Internationalen die Gestaltung der Zwischenstadt zu ziehen. Bauaustellung IBA Emscherpark, 1989- 1999. Zu diesem Ansatz zählen die Arbeiten von Rolf 19 Zur begrifflichen Abgrenzung zwischen Arbeitsweise und Methode: Peter Sieferle, der in seiner Arbeit zur →Glossar. „totalen Landschaft“ aus einem kulturge-

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schichtlichen Rückblick heraus die ästhetische Touraine20 oder den Architekten und Autor Homogenisierung von Stadt und Land zu Piere Luigi Nicolin. begründen versucht und daraus erste Grund- sätze für den Umgang mit den Kultur- und Auswertung vorhandener Arbeiten Stadtlandschaften ableitet (Sieferle | 1997). Andere Autoren nutzen nicht eigene Reflexi- Im Ladenburger Kolleg hat Stefan Körner onen oder Beobachtungen, sondern verwenden den Beitrag von Naturschutz und Ökologie zur vorhandene Arbeiten, etwa historische Gestaltung der Zwischenstadt interpretiert Leitbilder oder parallele Strömungen aus an- | (Körner 2005). Körner hält die „funktionale deren Kulturkreisen, um sie in den Kontext der Tristesse des Alltäglichen“ in der Zwischen- Debatte einzuführen. stadt (Körner → Bölling, Sieverts | 2004: 204) für ein schwieriges Aufgabenfeld. Er schlägt Innerhalb des Ladenburger Kolleg untersuchen hier Gestaltung in Form von „Trauerarbeit mit Harald Bodenschatz und Barbara ironischen und künstlerischen Verweisen“ vor Schönig die amerikanische „Anti-Sprawl Be- (Körner → Bölling, Sieverts | 2004: 204). wegung“, d.h. deren formelle Strukturen und Arbeitsweisen sowie Konzepte zur Entwicklung Innerhalb der deutschen Zwischenstadt-De- der US-amerikanischen Metropolräume, um zu batte werden häufig die Arbeiten der Kunst- überprüfen, inwieweit amerikanische Konzepte und Kulturwissenschaftlerin Susanne der Gegenwart in die Zwischenstadt-Debatte Hauser genutzt. Sie beschreibt und bewertet eingebunden werden können (Bodenschatz Siedlungsräume wie die niederländische Rand- Schönig → Bölling Sieverts | 2004: 214-217). stadt oder die Rhein-Main-Region als Orte, die weder Stadt noch Land sind und sich durch das In seinem Buch benennt Sieverts alte Arbeiten Nebeneinander hochspezialisierter Funktionen die helfen könnten, das Verständnis für die auszeichnen. Diese Räume sind für sie meist regionale Siedlungsform der verstädterten nicht „ästhetisch überzeugend und es sind Landschaft zu stärken und erste Gestaltungs- Anstrengungen zu ihrer Qualifizierung nötig” ansätze herauszuarbeiten. Er benennt Frank (Hauser → BMVBS, BBR | 2005: 10). Dafür ist, Lloyd Wright mit When Democracy Builds so Hauser, eine Paraästhetik notwendig, die (Wright | 1945), Kevin Lynch (Lynch | 1960), einen neuen Blick auf die Ästhetik des Rands Tunnard und Pushkarev (Tunnard. | erschließen würde (Hauser → Sieverts | 1997: Pushkarev 1963), Christopher Alexander 107). Auf der Grundlage von theoretischen Ar- (Alexander | 1964 und 1987), Robert beiten zur Ästhetik haben Susanne Hauser und Venturi, Denise Scott-Brown und Steven | Christa Kamleithner im Ladenburger Izenour (Venturi u.a. 1972), sowie Colin Kolleg eine Kartierung heutiger Agglomera- Rowe und Fred Koetter (Rowe, Koetter | tionsräume erarbeitet, die erlaubt, Planungs- 1978). Gleichzeitig ordnet er die deutsche und Entwurfsziele zu formulieren und zu Zwischenstadt-Debatte in den amerikanischen begründen (Hauser, Kamleithner | 2006). Planungskontext ein, wo sich Peter Rowe (Rowe | 1991) und Peter Calthorpe Auch Sieverts ist in die theoretische Ausein- (Calthorpe | 1993) mit den neuen regionalen andersetzung einzuordnen, auch wenn sein Stadtformen beschäftigen21. Buch deskriptive Bestandteile enthält. Dabei verweist er auf theoretische Arbeiten, etwa 20 zum Begriff der Peripherie. Hier nennt Sieverts Alain Touraine (* 1925 in Hermanville-sur-Mer) ist ein französischer Soziologe, der sich mit dem Thema der Industriesoziologie beschäftigt. den französischen Soziologen Alain Er prägte den Begriff der „post-industriellen Gesellschaft“. 21 Im Ladenburger Kolleg sind diese Autoren und Arbeiten nur wenig

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mten Untersuchungsräumen (Analyse) abge- leitet. Man versucht, Rahmenbedingungen zu ermitteln, indem Determinanten für Sied- lungsdynamiken bestimmt werden (Verkehrs- verhalten, demographische Prozesse, Topogra- phie). Aus Beobachtungen der Determinanten können dann Hypothesen über Gesetzmäßig- keiten der Siedlungsentwicklung abgeleitet werden.

Im Rahmen des Ladenburger Kollegs arbeite- Abb.7 [Buchtitel.Venturi + Rowe] ten Klaus Brake, Ingo Einacker und Heinrich Quelle: Internet Mäding sowie Dieter Läpple und Andrea Soyka

empirisch-deskriptiv. Ingo Einacker und Im Bereich der Landschaftsplanung haben sich Heinrich Mäding haben analysiert, von Stefanie Krebs und Brigitte Franzen mit welchen Akteuren sowie politischen, wirt- amerikanischen Landschaftstheoretikern, vor schaftlichen, verkehrlichen und sozialen Ver- allem John Brinckerhoff Jackson als Be- haltensmustern die Zwischenstadt geprägt ist gründer der cultural landscape studies, be- (Einacker. Mäding → Bölling. Sieverts | 2004: schäftigt und überprüft, welche Rolle der Autor 186-187). Schwerpunkt war die Analyse von für die heutige landschaftsplanerische Debatte Raumgefügen, weniger die direkte Ermittlung in Bezug auf den Umgang mit urbanisierten von Gestaltungskriterien oder –zielen. Aus Landschaften haben könnte (Franzen. Krebs | ihren Ergebnissen lässt sich ableiten, dass die 2005). Auseinandersetzung mit den Rahmenbedin- Erwähnenswert ist auch die Arbeit der gungen (Akteursnetzwerke, Wirtschaftsstruk- Schweizer Forschungsgruppe „Bodenseestadt“ tur) auch für die anstehende gestalterische um Raimund Blödt, die sich in einem drei- Qualifizierung wichtig ist, nicht aber, wie jährigem Forschungsvorhaben mit der ver- genau diese Erkenntnisse in die Qualifizie- städterten Landschaft der Bodenseeregion aus- rungsarbeit einfließen können. Klaus Brake einandergesetzt hat. Hier haben sie Interviews überprüfte in seiner Arbeit, ob die Zwischen- mit eher europäischen Theoretikern und Prak- stadt als eigenständiger Ort begriffen werden tikern (wie Andre Corboz, MVRDV, Frank kann und dann auch eigene Kriterien für die Oswald, Walter Siebel, Hans-Georg Gadamer) Qualifizierung braucht. Aufgrund des dokumentiert und aus den Erkenntnissen ge- Nutzungsspektrums belegt er die Autonomie stalterische Ansatzspunkte für die Einbindung des suburbanen Raums und zeigt, dass Sozial- des Einfamilienhauses in den städtischen Kon- strukturen hier vielfältiger geworden sind und text sowie Ansatzpunkte für die Gestaltung und die Peripherie ihre eigenen räumlichen Ver- Entwicklung von Infrastrukturknoten teilungsmuster („Nutzungsringe und -gürtel“) gefunden (Blödt et al. | 2006). entwickelt. Trotzdem warnt er davor, die Qualifizierung des suburbanen Raums abge- Empirisch-deskriptiver Ansatz koppelt von der Kernstadt zu betrachten (Brake → Bölling, Sieverts | 2004: 196-199). Bei dem empirisch-deskriptiven Ansatz werden Erkenntnisse aus Beobachtungen von bestim- Mit den Rahmenbedingungen für Landwirt- schaft beschäftigte sich im Kolleg Barbara genutzt worden. Es blieb bei einzelnen Verweisen, z.B. Bormann/Koch Boczek. Sie beschreibt die in vielen Teilen glo- verweisen auf Wright, Lynch und Venturi.

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bal unrentabel gewordenen Landwirtschaften das Darstellen und Beschreiben von Raum als als „Platzhalter”, die Freiflächen kostenlos in Sinneserfahrungen verstehen. Nicht der in Ordnung halten, bis sie bebaut werden kön- Fakten messbare/darstellbare Raum ist hier nen22 (Boczek | 2004: 18-21 + Boczek | 2007). wichtig, sondern der erlebbare Raum. Also geht man davon aus, dass für den städtebau- lichen Entwurf und die Architektur Erkennt- nisse über Raumwahrnehmung, Rauman- eignung wichtig sind. Kern-Autor dieses Ansatzes ist der Architekt Kevin A. Lynch25, der den Städtebau der 60er bis 90er Jahre in Amerika und Europa stark geprägt hat. Kevin A. Lynch suchte nach einer Methode, um dar- stellen und dann gestalterisch nutzen zu kön- nen, wie Siedlungsräume auf den Betrachter wirken. Durch Befragungen stellte Lynch fest, Abb.8 [Buchtitel. Humpert + Lynch] dass bestimmte Orte und Raumzusammen- Quelle: Internet hänge im Besonderen das Erscheinungsbild

der Stadt prägen. Als Ergebnisse stellte er in Außerhalb des Kollegs ist die empirisch-des- seinem Buch „The image of the city“ fünf kriptiven Arbeit von Klaus Humpert, Klaus Kernbegriffe auf (Wege, Grenzlinien, Bereiche, Brenner und Sibylle Becker für die Zwi- Brennpunkte, Merkzeichen), die helfen schenstadt-Debatte von Interesse. Sie ver- können, die zentralen Wahrnehmungsorte gleichen in Bezug auf Ausdehnung, Größe und oder räumlichen Gefüge einer Stadt zu be- Dichte die Siedlungsräume von 57 Metropol- schreiben und gestalterisch zu formen (Lynch | regionen weltweit und stellen fest, dass alle 1960). Metropolräume eine Tendenz der Fraktali- sierung zeigen. Weiter analysieren sie, dass die Der niederländische Architekt Rem Beziehung zum Rand und das Verhältnis von Koolhaas, der mit seinen Arbeiten die euro- bebautem Raum und verbliebener offener päische Städtebaudebatte in der „Zweiten Landschaft entscheidend für die Raumwahr- Moderne“ stark beeinflusst hat (Lootsma → nehmung und damit Qualität des Siedlungs- Ibelings | 2000: 280), nutzte subjektive raums sind (Humpert et al. | 2002).23 Beobachtungen von räumlichen Phänomenen (Koolhaas. Mau | 1995). Koolhaas hatte sich Phänomenologischer Ansatz zunächst mit der dichten Stadt (Metropole) beschäftigt. Hier beschrieb er die für ihn 24 Unter dem Begriff phänomenologisch kön- wesentlichen Elemente der Stadt = Dichte, nen Arbeiten zusammengefasst werden, die Überlagerung, Heterogenität (Koolhaas | 1978).

22 Der Wert der Fläche bemisst sich nicht nach der Bodengüte, also dass es nicht um die Erforschung und Darstellung des gebauten Raums der Eignung als landwirtschaftlich nutzbarer Fläche, sondern allein nach als Ding oder Untersuchungsobjekt geht. Stattdessen wird untersucht, seinem Wert als Bauland. welche Qualitäten und Merkmale von den Benutzern und Bewohnern 23 Amerikanisches Gegenstück zu dieser Arbeit: Michael Batty und der Räume wahrgenommen werden, d.h. wie der Raum den Menschen Paul Lonley, die Geometrie und Form der „fraktalen Stadt“ beschreiben erscheint. → | ( Batty + Lonley 1994). 25 Lynch ist heute eine der Leitfiguren des internationalen Städtebaus. 24 Ein Phänomen (von griechisch phainomenon = das Erscheinende) 1963 wurde er Professor für Stadtplanung am Massachusetts Institute ist eine Erscheinung. Phänomenologie ist die „Erscheinungslehre“ und of Technology (MIT). Zu seinen bekanntesten Werken zählen „The geht auf Überlegungen der Philosophen Kant, Schopenhauer, Herbart Image of the City“ (1960) und „Good City Form“ (1981) sowie „View zurück (Schmidt | 1991: 554). Phänomenologie ist eine Art Bedeutungs- from the Road“ (1964). Zwischen 1937-1939 war Lynch Schüler bei und Sinnforschung. Übertragen auf den physischen Raum heißt das, Frank Lloyd Wright.

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Diese Eigenschaften versuchte er in seine Bau- Abb.9 [Buchtitel. Oswald + Campi] projekte zu übernehmen. Später beschäftigte Quelle: Internet sich Koolhaas auch mit der Landschaft. Er führte den Begriff >Scape©< ein. Dieses neue Eine Forschergruppe um Mario Campi be- Wort nutzte er um deutlich zu machen, dass schreibt die zeitgenössische Siedlungsform der sich aus seiner Sicht die Unterschiede zwischen Schweiz am Beispiel der Glattalstadt, dem Zentrum und Peripherie in einem Stadt-Land Siedlungsraum zwischen Flughafen und Zen- Kontinuum auflösen. Der heutige Siedlungs- trum der Stadt Zürich, wo in den letzten 30 raum bildet vielmehr eine fast endlose Feld- Jahren aus der Peripherie die Glattalstadt als struktur, in der sich städtische und ländliche eine „neue autonome urbane Wirklichkeit“ | Räume – oft auch bruchartig – abwechseln. entstanden ist (Campi, Bucher, Zardini 2001: Doch trotz dieser Diskontinuität und der 8). Ihre Ausführungen machen deutlich, dass Brüche in den Raumübergängen ist >Scape©< die Autoren eine weniger abwertende Ausein- für Koolhaas ein zusammenhängendes andersetzung mit diesen ungewohnten Gebilde. Es ist ein Raum „intensivierter Siedlungsräumen fordern. Sie versuchen Differenzen“. Die „stete Hybridität“ des räumliche Gegebenheiten so zu beschreiben, Raums (Homepage ETH) wird zum Wesens- dass sie für Entwürfe und Qualifizierungs- merkmal. strategien genutzt werden können.

Die Arbeit von Franz Oswald und Peter Auch dem ETH Studio Basel, einer Gruppe Baccini ist auf den Entwurf ausgerichtet. Sie von Architektur- und Städtebauprofessoren beschäftigen sich damit, wie aus der indivi- rund um Roger Diener, Jacques Herzog, Pierre duellen Raumwahrnehmung allgemeingültige de Meuron und Marcel Meili, geht es zunächst Ziele und Werte abgeleitet werden. Sie ent- um das Begreifen von Urbanisierungspro- wickelten eine Netzstadtmethode, die sich als zessen. Sie kombinieren städtebauliches Ent- wissenschaftliches Instrument versteht, um werfen mit Forschung, indem als Vorbereitung Stadträume zu analysieren und aufgrund ge- für den Entwurf „Bohrungen“, d.h. Recherchen eichter Parameter vergleichen zu können. Ihre über einen Ort oder eine Region gemacht systematische Bewertung auf der Basis von werden (Interview Axel Simon mit Marcel → | fünf Qualitätskriterien soll eine nachvoll- Meili db.deutsche bauzeitung 07/03: 61). ziehbare Ausgangslage für die Entwurfsarbeit Das Wesensmerkmal der urbanen Struktur der neuer Zielzustände generieren (Oswald, Schweiz ist für sie das Fehlen von großen Baccini | 2003: 66). Am Beispiel des Siedlungs- Zentren sowie die hohen wechselseitigen gebietes Luzern Nord veranschaulichen sie ihre Abhängigkeiten stark unterschiedlicher Re- Methode. gionen, Orte und Städte. Das föderalistisch- ländliche Prinzip der Schweiz hat sich in ihren Augen urbanisiert, ist zur verstädterten Land- schaft geworden, deren Ursprung nicht von der Stadt oder Zwischenstadt ausgeht, sondern im Ländlichen liegt (Meili → db.deutsche bau- zeitung | 07/03: 63). Ihre Arbeit verstehen sie als Form, um das Land Schweiz zu lesen. Auch hier werden keine konkreten Handlungshin- weise geboten, sondern die Beschreibung ver- steht sich als Aufforderung, bisherige Hand- lungsansätze zu überdenken und sich den

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neuen Aufgabenfeldern, etwa dem gestalte- tektur,- Stadt,- und Landschaftsplanungsszene, rischen Umgang mit dem Thema „Grenze“, die seiner Meinung nach verdeutlichen, wie „Netzwerk“ oder „Differenzen“ (Meili || man sich in den Niederlanden den Herausfor- db.deutsche bauzeitung | 07/03: 62) zu nähern. derungen der zweiten Moderne stellt. Für die Niederlande ist das vor allem der Umgang mit der künstlich geschaffenen Landschaft und die Verschmelzung von Siedlungsraum und Land- schaftsraum sowie der Umgang mit dem in den Niederlanden sehr hohen Kontroll- und Regu- lierungsgrad der Gesellschaft und der demokratischen Notwendigkeit einer um- fassenden Partizipationen, die zu neuen Ent- wurfsformen und -gepflogenheiten geführt hat (Ibelings | 2000). Marc Angélil interpretiert seine Entwürfe und Bauprojekte als Suche Abb.10 [Buchtitel. db-Zeitschrift + Bölling/Christ] nach Entwurfswerkzeugen für die Gestaltung Quelle: Internet der von ihm geforderten „offenen Stadt“

(Angélil | 2003). Auch Koolhaas bietet seine Wolfgang Christ und Lars Bölling haben Entwürfe und Bauprojekte als Beispiele für sich im Ladenburger Kolleg mit der Entwick- einen neuen Städtebau an (Koolhaas. Mau | lung von Methoden und Instrumentarien einer 1995). städtebaulichen Qualifizierung der Zwischen- stadt beschäftigt. Anhand des Untersuchungs- Im Rahmen des Ladenburger Kollegs be- raums Rhein-Main wurden zunächst schäftigte sich eine Planergruppe rund um Potenziale und Defizite analysiert. Durch eine Michael Koch und Alex Wall mit dem Ver- „interpretierende Bestandsaufnahme“ sollten gleich konzeptioneller und theoretischer An- „Strukturen und räumlich erlebbare Zusam- näherungen zur Zwischenstadt anhand ausge- menhänge der Zwischenstadt“ (Bölling, Christ wählter Beispiele (Homepage | Ladenburger | 2005: 83) kenntlich gemacht werden. Um Kolleg). In ihrem Buch hat die Gruppe 20 Ent- positive Beispiele für die Gestaltung in der würfe vorgestellt, anhand derer gezeigt wird, Zwischenstadt zu generieren, wurden mit wie Zwischenstadt gestaltet werden bzw. wo Studierenden der Bauhaus Universität Weimar der Entwurf an seine Wirkungsgrenze stößt. eigene Entwürfe zu bestimmten Themen Auch Barbara Boczek entwickelte nach ihrer erarbeitet26. empirisch-deskriptiven Arbeit im Kolleg zusammen mit Gerd Aufmolk und Stefan Exemplarischer Ansatz Körner modellhafte Szenarien und Entwürfe.

Eine andere Gruppe verfolgt die Strategie, an- Zur Verdeutlichung ihrer Aussagen nutzen hand von Entwurfsbeispielen und gebauten manche Autoren auch provokant überzeichnete Projekten aufzuzeigen, wie moderne Siedlungs- Entwürfe. Stellvertretend kann hier die ku- räume gestaltet werden können. Hans ratorische Arbeit von Francesca Ferguson Ibelings etwa sammelte in seiner Arbeit ak- genannt werden, die für die 9. internationale tuelle Beispiele der niederländischen Archi- Architekturausstellung in Venedig gebaute Bei- spiele aus Deutschland sammelte, die Baukul- 26 Die Arbeit von Lars Bölling und Wolfgang Christ wurde 2007 mit turen und Gestaltungsformen an „Randzonen, einem Sonderpreis des deutschen Städtebaupreises ausgezeichnet urbanisierten Landschaften, Zwischen- (Homepage DASL).

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räumen, Ballungsräumen und Zwischen- „Ungedachte und das Geplante“ (Ferguson | städten“ aufzeigen (Ferguson | 2004: 11). Die 2004: 13), eine Art räumlich manifestiertes La- Beispiele sollen verdeutlichen, dass man sich bor. Die gesammelten Baubeispiele aus der beim Entwerfen auch mit den Rechtsräumen Peripherie als „Epizentrum“ erklären weniger, (Bauordnung, Förderprogramme), den Alltags- wie gestaltet werden soll, sondern vielmehr, kulturen der Nutzer sowie Bewohnern und den unter welchen Rahmenbedingungen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen be- Gestaltung funktioniert. schäftigen muss. Die Peripherie ist für Ferguson ein Experimentierfeld für das

1.4. Kernaussagen der Debatte

Ausgehend von Thomas Sieverts Arbeit zur schrieben und dadurch Aufgabenfelder der Ge- Zwischenstadt ist in Deutschland in den 90er staltung benannt. Oder man verweist auf einige Jahren ein in seiner Bedeutung stetig wach- geplante oder gebaute Beispiele, die zeigen sender Diskurs über suburbane Räume ent- können, wie gestaltet werden sollte. standen, in dem die Akteure der Debatte einen Die Auswertung zeigt, dass vor allem folgende neuen gestalterischen Umgang mit dem sub- Themen/Forderungen gehäuft auftauchen: urbanen Raum (Zwischenstadt) fordern. > Den Siedlungsraum muss man unvoreinge- Die Meinungen innerhalb der Debatte gehen nommen beobachten. Das Beobachtbare teils weit auseinander. Noch ist kein Konsens muss man akzeptieren, auch wenn dieser gefunden. Die Akteure haben aber eine ge- Raum nicht dem Ideal der „Europäischen Stadt“ entspricht, um dann mit einer geän- meinsame Grundhaltung, die davon ausgeht, derten Sichtweise und mit geänderten dass suburbane Räume nicht ausschließlich Bewertungsmaßstäben den Raum zu quali- mit Gestaltungskonzepten der Kernstadt fizieren. qualifizierbar sind. Auch sprechen sich viele > Bisherige Planungs- und Entwurfspraxen Akteure der Debatte dafür aus, bei der Qualifi- müssen überdacht und modifiziert werden. zierung die Eigenart des suburbanen Raums nicht radikal zu überformen. > Für die Qualifizierung sind interdiszipli- näre Arbeitsweisen zwischen Stadtplanern In der Debatte um die Zwischenstadt fällt auf, und Architekten sowie Projektentwicklern, dass - obwohl viele Architekten und Städte- Verkehrsplanern, Soziologen und Kultur- wissenschaftlern notwendig. Gleichzeitig bauer beteiligt sind - wenig gestalterisch- müssen Bewohner eingebunden werden – künstlerisch im Sinne eines großen Entwurfs entweder, indem man sich intensiver mit oder großen Plans gearbeitet wird. Auch poli- ihren Raumwahrnehmungen und ihren tisch-normative Vorgehensweisen, also das Strategien der Raumaneignung beschäftigt, oder indem man sie stärker in die Aufstellen oder Zusammentragen von Regeln Planungs- und Entscheidungsprozesse und klaren Hinweisen zum städtebaulichen einbindet. Entwerfen und zur Architektur („Handbücher“ Besondere Themenfelder der Qualifizierung oder „Regelwerke zur Gestaltung“), werden sind: nicht praktiziert. Stattdessen werden in unter- schiedlichen Textformen, Orte und Räume be-

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> Aspekte der Nachhaltigkeit müssen bei der > Umgang mit der Körnigkeit zwischen Qualifizierung berücksichtigt werden Stadtraum und Landschaftsraum. (Sieverts, Oswald/Baccini). > Umgang mit Dimensionssprüngen > Umgang mit Netzen (Studio Basel, Oswald, (S,M,L,XL-Städtebau) (Koolhaas, Campi, Sieverts, Ladenburger Kolleg), d.h. Kolleg). Nutzung der Verkehrsinfrastrukturnetze > Zwischenstadt als Ort am Rand, d.h. außer- als Instrument der Raumwahrnehmung. halb der planerisch-politischen Aufmerk- Geschwindigkeit wird als samkeit, lässt bisher Spielräume zu. Gestal- Gestaltungskriterium beschrieben (Lynch, tung muss die hier vorhandenen Koolhaas, Campi, Sieverts). Freiräume, die Unbestimmtheiten, das > Gestaltung von Grenzen, Umgang mit Ungeplante und das Offene erhalten Grenzen als Gestaltungsaufgabe (Studio können (Sieverts, Ferguson, Kolleg). Basel, Oswald, Ladenburger Kolleg).

1.5. Kernfragen der Debatte

Durch die Darstellung der bisherigen Dis- Grad der Verzahnung zwischen bebautem kussion und den Arbeitsmethoden im Rahmen Raum und Freiraum auf welcher Maßstabsebene ist qualitätsvoll? der Zwischenstadt-Debatte werden auch die Kernfragen und -themen der Qualifizierung deutlich: Dichte/Weite, Mischung/Funktions- trennung

Schaffung einer erlebbaren räumlichen > Statt von Dichte ist die Zwischenstadt von Einheit, Umgang mit Heterogenität einer aufgelockerten Siedlungsstruktur ge- prägt. Wie kann hier trotzdem räumliche > In wie weit kann durch städtebauliche Qualität geschaffen werden, oder wie kann Gestaltung dazu beigetragen werden, dass Dichte als Qualität rekonstruiert werden? die fraktale Form des suburbanen Raums > Ist es gestalterisch sinnvoll, als Qualität erfahrbar wird? Muss eine monofunktionale Siedlungseinheiten zu Einheit geschaffen werden oder müssen die schaffen, oder soll auch in der Bewohner und Benutzer geschult werden, Stadtlandschaft für eine Mischung der um die Frakmentiertheit als Qualität sehen Nutzungen gesorgt werden? Welche zu lernen? Körnigkeit hat die Mischung in der > Wie soll mit der polyzentralen oder Stadtlandschaft? Wie sollen die Tendenzen dezentralen Struktur aus gestalterischer der Homogenisierung und Segregation Perspektive umgegangen werden? Welche gestalterisch begleitet werden? Funktionen sollen betont, welche abgeschwächt werden? Grenzen der Gestaltung < Wie ist mit der Heterogenität gewachsener Orte umzugehen? Ist die Heterogenität > Wie weit soll die Gestaltung des eine Qualität oder eher ein Defizit? suburbanen Raums gehen? Darf über die Eigenart und Eigendynamik des Raums Symbiose zwischen Stadt und Land hinaus eine neue städtebauliche Form geschaffen werden? > Wie muss die Überlappung zwischen Sied- lungsraum und Freiraum gestaltet werden? Welche Körnigkeit ist sinnvoll? Welcher

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Damit sind die Fragen ermittelt, auf die durch eine Neuauswertung von Wright sowie dem anschließenden Vergleich mit Sieverts Antworten gefunden werden sollen27.

27 Hier sei darauf hingewiesen, dass Vertreter anderer Debatten (beispielsweise der Debatte zur Europäischen Stadt) sich andere Fragen in Bezug auf den suburbanen Raum stellen würden.

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Kapitel 2.

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Beschreibung Broadacre City

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2. Beschreibung Broadacre City

In diesem Kapitel wird die Idee der Broadacre City vorgestellt, d.h. es sollen durch eine Textanalyse, durch eine Entwurfsmodellanalyse und Projektauswertungen die Kernaussagen der Idee ermittelt werden. Das Kapitel ist wie folgt gegliedert:

2.1. Entstehungsgeschichte Als Einstieg ins Thema wird die Entstehungsgeschichte der Broadacre City kurz dargestellt. 2.2. Textanalyse In der Textanalyse wird das letzte Buch zur Broadacre City systematisch ausgewertet und die Kernaussagen mit Hilfe der umfangreichen Fach-Interpretationen erläutert. Durch die Textanalyse werden vor allem Gestaltungsziele, Qualitätskriterien und Grundkonzepte ermittelt. 2.3. Modellanalyse In einem zweiten Abschnitt wird das Entwurfsmodell ausgewertet und überprüft, in wieweit die konzeptionellen Überlegungen vertieft werden konnten. Aus dem Entwurfsmodell werden Aufgabenfelder der Gestaltung abgeleitet. 2.4. Projektanalyse Im dritten Abschnitt werden anhand einer Auswahl von Projektbeispielen die vorab ermittelten Aussagen überprüft. Gleichzeitig werden die Projekte genutzt, um bestimmte Gestaltungselemente zu vertiefen. Auch sollen die Projekte zur Bewertung der Umsetzungsfähigkeit der Gestaltungsaufgaben genutzt werden. 2.5. Zusammenfassung Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der Ergebnisse.

2.1. Entstehungsgeschichte

ist eine amerikanische Wortwen- nicht gut einbinden lässt (. Stadt>). In der ersten Übersetzung des Buches bedeutet ; ist eine Flächen- “The Living City” wurde Broadacre City 28mit einheit und bemisst eine Fläche von 4065 m2. übersetzt (Wright 1945 | [Jäger + In der Mehrzahl verwendt bedeutet Kanitsch 1950])29. aber auch . Wörtlich übersetzt bedeutet in etwa , oder . Der Begriff 28 Wright und andere Autoren verwendeten in ihren Texten oft die Abkürzung anstelle von . Auch in lässt sich nur schwer genau ins Deutsche dieser Arbeit werden die Begriffe und übersetzen, weil sich das Wortspiel mit der synonym verwendet. Bedeutung im Deutschen 29 Heute hat sich der Begriff >Broadacre City< so weit in der Planungs- und Architekturtheorie etabliert, dass er nicht mehr übersetzt wird.

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Wann Broadacre als Idee entstanden ist, ist place” (Johnson | 1988: 131). Am 20. März nicht ganz klar. Wright selbst hat dazu unter- 1932 wurde im New York Times Magazine ein schiedliche, teils absichtlich verwirrende An- Artikel veröffentlicht, der den Titel „Broadacre gaben gemacht. City: An Architects Vision“ trug. Der Artikel von Wright war eine direkte Reaktion auf einen Fest steht, dass sich Wright seit 1910 mit Stadt- Artikel von Le Corbusier in der vorherigen und Regionalplanung auseinander gesetzt und New York Times-Ausgabe (Wright | 1932). erste Ideen entwickelt hat. In den 20er Jahren begann er, seine Ideen zu verschriftlichen. Mit Mit finanzieller Unterstützung von Tom Broadacre, so Johnson, läutete Wright nach Maloney und dem Warenhausbesitzer Edgar der Depression und großen privaten Schwierig- Kaufmann ließ Wright im Winter 1934 an keiten und Skandalen seine zweite Schaffens- seinem Lehr- und Forschungsinstitut phase ein (Johnson | 1988: 130). Für John in Phoenix, ein 4 x 4 Meter großes Sergeant ist Broadacre City das Hauptwerk in Entwurfsmodell und zehn kleine Detailmodelle der zweiten Schaffensphase des Architekten30 bauen. Erste Skizzen zu der grundlegenden (Sergeant | 1976: 122). Entwurfsidee fertigte er 1934 an31. Der Prozess von der Idee zum fertigen Entwurfsmodell Anfang des 20. Jahrhunderts kam Wright erst- lässt sich aber heute nicht mehr mals praktisch mit Siedlungsplanung und rekonstruieren. Regionalplanung in Berührung. Frederick Nicholas, ein Immobilienmanager und Projekt- entwickler aus Chicago, beauftragte ihn in der ersten Dekade des 20. Jahrhunderts mit einem Entwurf für eine New Town im Bitter Root Valley in Montana. Hier entwickelte Wright Ideen für eine Siedlungsentwicklung, die in die Arbeit zur Broadacre City einflossen.

Aus seinen Erfahrungen aus der heute bekan- nten Kahn-Vorlesungsreihe an der Princeton University veröffentlichte Wright 1932 sein erstes Buch „The Disappearing City“. The Dis- appearing City liest sich heute wie eine Gesell- Abb. 11 [Historisches Modellfoto 1] Bild vom Modell mit Frank Lloyd Wright auf dem Rand des Modells sitzend schafts- und vor allem Stadtkritik, die nach de- Quelle: Internet mokratischen Siedlungsformen suchte. Aber die „Disappearing City“ blieb in ihren Im März 1935 war das Entwurfsmodell fertig. Aussagen noch sehr vage. Wright schien hier Von April bis Mai 1935 wurde es auf der Natio- noch keine klare Vorstellung einer neuen Stadt nal Alliance of Arts and Industry’s Exposition entwickelt zu haben, sondern eher eine Vor- of Industrial Art im Rockefeller Center in New stellung von dem, wie die Stadt der Zukunft York erstmals der Öffentlichkeit präsentiert. nicht sein sollte. „In 1932, therefore, Von hier ging es auf eine Wanderausstellung Broadacre City was no more than a verba- nach Madison, , und nach lized theoretical proposition based on negative Washington D.C. Begleitend zur Ausstellung responses to existing conditions with virtually veröffentlichte Wright im Architectural Record no hints about the composition of his ideal 31 Eine Skizze mit der Rohidee für die Broadacre City wird später von 30„Chief work of his mature life“ seiner Frau Olgivanna Lloyd Wright veröffentlicht (Wright | 1966).

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einen Artikel (Wright | 1935), dem eine sche- stimmten. In diesen Zeichnungen lassen sich matische Grafik des Entwurfsmodells beigefügt weitere von Wright entworfene Bauprojekte war. Durch Vorträge32 und weitere Pub- erkennen. likationen zu der Wanderausstellung wurde Ein Jahr später, 1959, starb Wright im Alter das Entwurfsmodell in den Vereinigten Staaten von 91 Jahren. Die Arbeit an dem Modell und bekannt. der Idee wurde nicht weiter fortgesetzt.

Abb.12 [Historisches Modellfoto 2] Das Modell in der Ausstellung Quelle: Internet

1945 erschien eine überarbeitete Fassung seines Buches unter dem Titel „When Democracy Builds“, das nun auch Fotos von dem Entwurfsmodell enthielt. Im Laufe der Zeit unterfütterte Wright die Ideen zur Broadacre City mit mehreren Sozial- und Wirtschaftstheorien. Auch sein berufliches Umfeld inspirierte ihn. In diversen Baupro- jekten konnte er einzelne Ideen der Broadacre City überprüfen und anwenden.

Kurz vor seinem Tod überarbeitete Frank Lloyd Wright nochmals sein Buch. Es erschien 1958 unter dem Titel „The Living City”. Hier war ein Faltplan des Entwurfsmodells bei- gefügt. Zwei bis dahin im Entwurfsmodell unbefriedigend gestaltete Teilbereiche wurden neu entworfen und er fügte weitere realisierte und geplante Projekte in das Entwurfsmodell ein. Von seinen Schülern ließ er zusätzliche Ansichten der Broadacre City anfertigen, die in etwa mit den Aussagen des Plans überein-

32 z.B. der Vortrag im Chicago City Club mit 300 Zuhörern.

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2.2. Textanalyse

Ziel der Textanalyse ist es, Kernthemen aus Wrights Texten abzuleiten und in ihrer Bedeutung zu interpretieren. Dafür sind folgende Arbeitsschritte notwendig:

2.2.1 Materialien und Methoden der Textanalyse 2.2.2 Ermittlung der Kernthemen 2.2.3. Darstellung und Interpretation der Kernthemen 2.2.4. Zusammenfassung: Kernaussagen der Texte

städtebauliches Verständnis interessant sind: In „The 2.2.1. Materialien und Future of the City“ von 195535 beschrieb er seine Vorstel- Methoden lungen von dezentralen Stadtlandschaften (Wright 1955). Auch in den Vorlesungen, die Wright 1939 am Aus der Linguistik und Sozialwissenschaft sind ver- Royal Institute of British Architects in London hielt und schiedene Methoden der Textanalyse bekannt, um die später unter dem Titel „An Organic Architecture: The Architecture of Democracy“ veröffentlicht wurden (Wright gesprochene oder geschriebene Texte wissenschaftlich zu analysieren (Titscher u.a. | 1998), (Brinker | 1985). 1939a), finden sich Aussagen zu seinen städtebau- lichen Prinzipien. Desweiteren kann eine Rede ausge- Bei der Textanalyse von Wright kann zunächst zwischen wertet werden, die Wright im selben Jahr in Washington Originalquellen von Wright und den Sekundärquellen im Mayflower Hotel vor Architekten hielt (Wright unterschieden werden. Für beide Textformen sind unter- 1939b)36. schiedliche Methoden der Auswertung notwendig. Damit steht ein großer Fundus an Originalschriften des Wichtige Originalquellen Autors zur Verfügung. Bei diesen Texten muss die Frank Lloyd Wright hat seine Idee zur Broadacre City in chronologische Abfolge berücksichtigt werden, denn drei zentralen Büchern dargestellt: „The Disappearing teilweise hat Wright sich selbst revidiert, so dass in City“ (Wright | 1932a), „When Democracy Builds“ (Wright seinen Texten widersprüchliche Aussagen auftreten | 1945) 33 und „The Living City”“ (Wright | 1958). können. Auch nimmt Wright Ideen anderer Autoren oder Zusätzlich zu den drei Büchern hat er seine städtebau- Künstler auf, ohne die Quellen kenntlich zu machen. Der liche Idee in verschiedenen Zeitschriftenartikeln erörtert. Architekturtheoretiker Hanno Walter Kruft stellt fest, Bekannt ist etwa der erste Artikel zur Broadacre City, der dass Wright in seinen Texten nicht eine abschließende 1932 in der New York Times erschien (Wright | 1932b) und in sich stringente Architekturauffassung vertrat. Mit dem Artikel For a Democratic Architecture (Wright | „Wright“, so Kruft, „absorbiert in seinem Denken intuitiv 1953) in der Zeitschrift House Beautiful, einem Architek- heterogene Anregungen und reproduziert sie als Be- | turmagazin für eine breite Leserschaft, wurde die Idee standteil seines eigenen Gedankensystems” (Kruft der Broadacre City in Amerika bekannt (Alofsin | 1985: 498). 1989).34. Auch muss berücksichtigt werden, dass seine Texte auf In weiteren Büchern und Artikeln widmete sich Wright unterschiedlichen Bedeutungsebenen funktionieren: einzelnen Aspekten von Architektur und Städtebau, so Artikel in Architekturmagazinen versuchen seine Idee dass auch diese Veröffentlichungen von Wright für sein 35 1995 von Bruce Brooks Pfeiffer in seiner Sammlung von Wright- Texten noch einmal veröffentlicht (Pfeiffer | 1995) 33 Dieses Buch ist 1950 unter dem Titel ‚Usonien’ - übersetzt von Jäger 36 - auch in Deutschland erschienen. Bei der Rede, ebenso wie bei den Vorlesungen in London, sind vor allem die Antworten interessant, die Wright auf die direkten Fragen aus 34 weitere Artikel: siehe Literaturliste dem Publikum gab.

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allgemeinverständlich zu erklären. Hier wendet er sich an Schriften von Wright zusammen und enthielt Auszüge die Allgemeinheit bzw. versucht durch auflagenstarken aus dem Buch „The Living City”. Den Autoren, Freunden Zeitungen und Magazine, auf sich bei potentiellen und Förderern von Wright ging es darum, eine Art Kunden (Bauherren) aufmerksam zu machen und für Hommage für Wright zu schaffen. Für Bruce Brooks eine Verbreitung seiner Ideen zu sorgen37. In Fachpubli- Pfeiffer, der 1994 Schriften von Wright in einem vier- kationen oder im Rahmen von Vorlesungen wendet er teiligen Schriftenband zusammenfasste, ging es dagegen sich an ein Fachpublikum. Hier reagiert er auf Aussagen mehr um eine systematische Gesamtdarstellung, die eine von Kritikern (z.B. Lewis Mumford) oder auf die Arbeiten unvoreingenommene Interpretation erleichtern sollte anderer Architekten seiner Zeit (z.B. Le Corbusier). (Wright | 1994a-d). Wichtige Sekundärliteratur In vielen Biographien zu Wright werden aus seinen Neben den Originalquellen steht eine Vielzahl von Se- Lebensstationen und seiner Art zu Leben Rückschlüsse kundärliteratur zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um auf seine Werke gezogen. Eine wichtige interpretierende Biographien, Rezensionen oder Interpretationen: Einen Biographie ist die von Robert Twombly, der versuchte, | Überblick über die Arbeiten zu Wright bietet die Biblio- die Einflüsse auf Wright zu hinterleuchten (Twombly graphie von Robert L. Sweeney (Sweeney | 1978). Auch 1973 | 1979). Alvin Rosenbaum legte in seiner Wright- Patrick J. Meehan hat das umfassende Quellenmaterial Biographie den thematischen Schwerpunkt auf regional- zu Frank Lloyd Wright aufgeschlüsselt (Meehan | 1983). planerische Aspekte (Rosenbaum | 1993 und 2002). Für die Textanalyse können nicht alle Veröffentlichungen Auch Wright selbst hatte Autobiographien verfasst, in zu Wright genutzt werden, sondern es sind vor allem die denen er seine Lebensstationen mit seinen Arbeitsstilen → Analysen, Interpretationen38 und ergänzend einige Bio- und Werken verknüpfte (Wright | 1960 Wright | 1966). 41 graphien von Interesse, da in diesen methodisch gear- Weitere wissenschaftlich nutzbare Biographien sind die beitet wurde und die Ergebnisse und Aussagen daher von Peter Blake (Blake | 1960), Henry Russell fundiert und abgesichert sind. Auf die oft feuilleton- Hitchcock (Hitchcock | 1942) und Norris Kelly Smith artigen und stark wertenden Rezensionen, die selten Be- (Smith | 1966). Hitchcock begann 1941, Gebäude von lege für ihre Behauptungen nachweisen, soll erst im Wright mit Gebäuden anderer Architekten zu vergleichen, dritten Kapitel (Bewertung + Evaluation) näher eingegan- um so den Einfluss von Wright darstellen zu können | gen werden39. (Hitchcock 1940 und 1942). Die Arbeit von Robert Fishman ist auch in Deutschland bekannt. Er stellte die Um einen Einstieg in Wrights Texte zu bieten, haben Ideen von Wright den Ideen von Ebenezer Howard einige Autoren versucht, die Fülle der Originalmaterialien (Gartenstädte), Le Corbusier (Ville radieuse) und Jane aufzubereiten und thematisch neu zu strukturieren. Jacobs (Leben und Tod der großen amerikanischen Schon kurz nach Wrights Tod gaben Edgar Kaufman Städte) gegenüber (Fishman | 1977). und Ben Raeburn 1960 das Buch „Writings and Buildings“ heraus (Wright | 196340). Das Buch fasste George Collins (Collins | 1961), Professor für Kunstge- schichte an der Columbia University mit Schwerpunkt im modernen Städtebau, lieferte 1961 die „klassische 37 Das Jacob House beispielsweise ist oft in Architekturkatalogen und Einführung zur Broadacre City“ (Alofsin | 1989: 10). 42. Er Zeitschriften veröffentlicht worden. Meryle Secrest zeigte in ihrer Arbeit, dass durch häufige Veröffentlichung und durch die Qualität des Ent- listete in seinem Werk die Personen auf, von denen wurfs die Grundidee des Wohnhauses oft kopiert wurde: „The Jacob Wright beeinflusst wurde, und er ordnete Broadacre City House was economical if not spartan, but full of so many trend-setting grob anderen Stadtmodellen und -utopien zu, wie zum ideas that it was an instant success” (Secrest | 1992: 449). Beispiel der Cité industrielle von Tony Garnier, den Ar- 38 Durch eine Textinterpretation soll der Sinn, die Aussage, eines Werkes erklärt werden. Um Interpretationen als kulturwissenschaft- liches Instrument zu nutzen, muss für die Interpretation ein rational begründetes und kontrollierbares Verfahren angewandt werden. 39 Donald Leslie Johnson hielt nicht alle Publikationen zu Wright für wissenschaftlich verwertbar. Als stichhaltig und fundiert listete er auf: in Berlin. March, Grabow, Reiner, Sergeant, Fishman, Reissman, Scully, 41 Scharpio, Mumford, Smith, Collins. Auch Ciucci und Sweeney nutzte er Es gibt noch einen weiten Fundus an populär-wissenschaftlichen, für seine Arbeit, hält diese beiden Autoren aber für „weniger wertvoll“ wertenden Biographien, die hier nicht berücksichtigt werden sollen. | (Johnson 1988: 143). 42 „George Collins then provided a clear synthetic view of Broadacre 40 Dieses Buch erschien 1963 unter dem Titel „Schriften und Bauten“ City that still stands today as a classic introduction” (Alofsin | 1989: 10).

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beiten von Arthur Comey43 und Daniel Hudson Nach einer Struktur und einer Gesamtübersicht in dem Burnham44 - aber auch den Arbeiten von Le Corbusier. Denken von Wright hat Anthony Alofsin geforscht. Mit einem Vergleich zwischen Le Corbusier und Wright und anderen Architekten der Moderne haben sich 2.2.2. Ermittlung der Kern- mehrere Forscher beschäftigt: Richard Etlin, Joy + themen Edwin Hoag45, Thomas Doremus und Roy Kantorowich sowie Vincent Scully (Etlin | 1994. Hoag | Alle drei Bücher zur Broadacre City sind wie 1977. Doremus | 1985, Kantorowich | 1941. Scully | Essays strukturiert. Die Texte sind nicht strin- 1961). gent gegliedert. Überschriften und Unterüber- Ein Forscherteam um den italienischen Architektur- schriften zu Abschnitten verweisen nicht auto- professor Giorgio Ciucci versuchte, Bezüge zu älteren matisch auf den Textinhalt. Wright „denkt in Stadtutopien herzustellen46 und zeigte, dass Broadacre Schleifen“, d.h. Gedanken werden angerissen, in einer agrarischen und anti-städtischen Tradition steht abgebrochen, an anderer Stelle weitergeführt (Ciucci. Dal Co et al. | 1973). Walter Creese beschäftigte und teilweise in einen neuen Gedankengang sich mit den Jefferson’schen Gesellschaftsideen und den Analogien zur Broadacre City (Cresse | 1985). Morton eingewoben. Auch neigt er zu überspitzten 48 und Lucia White analysierten Wrights Haltung zur Stadt Formulierungen und weit ausholenden und stellten seine Vorstellungen anderen amerikanischen Vergleichen. Dadurch fällt es schwer, die Kern- Kulturarbeiten entgegen (White + White | 1962). Für aussagen direkt aus der Chronologie des Textes Roger Cranshawe waren Wrights Ideen und Arbeiten oder dem direkt Gesagten abzuleiten. stark mit den Ideen den sog. progressiven Intellektuellen (progressive intellectuals) um Henry Demerest Lloyd Um den Text zu „entschlüsseln”, wurde im verbunden. James P. Dougherty47 beschäftigte sich Rahmen dieser Arbeit das Buch ”The Living über Whitman mit der Stadt als einem literarischen Sym- City” in eine auswertbare Struktur umgesetzt, bol und analysierte aus dieser Perspektive die Broadacre d.h.: In einem ersten Schritt wurde für jeden City (Dougherty | 1981). Absatz eine Kurzzusammenfassung erstellt. Andere Forscher beschäftigten sich mit den von Wright Nun wurden diese Aussagen nach Themen angegebenen Quellen. Lionel March untersuchte die sortiert. Hierdurch sind 21 Oberthemen49 Bezüge zur Literatur und zu anderen Sozialtheoretikern entstanden. Diese Oberthemen wurden in (March | 1970). Auch zeigte er, wie Wright in seinem Themenblöcke zusammengefasst und neu Denken von seiner Dekade und der Zeit in Chicago gegliedert. (Chicagoer Schule) beeinflusst war. Durch diese Neusortierung kann ein voll- Bei vertiefenden Analysen und Interpretationen handelt ständiger Überblick über Wrights Essay gege- es sich oft um Arbeiten, die sich mit einzelnen Aspekten ben werden, ohne dass dabei einzelne Aspekte und Themen beschäftigten - etwa dem Demokratie- oder Naturverständnis. des Originaltextes verloren gehen oder einzel- ne Aussagen, die im Essay durch stetige Wiederholung besonders wichtig erscheinen, 43 Arthur Comey war Regionalplaner aus Harvard. Seine Arbeit bildet im Übermaß betont werden. ein frühes Beispiel für Raumplanung in den USA (Bauleitplan (zoning) und Begrenzung von Gebäudehöhen (height regulation) (Comey | 1923). Zu Wrights zweitem Buch zur Broadacre City hat er eine Rezension verfasst (Comey | 1945). 44 Burnham war Architekt und Stadtplaner. Er hatte einen bedeutenden 48 Beispiel: „The old capitalistic city is no longer safe. It is mass murder Anteil an der Entwicklung der sog. „Schule von Chicago”. (Wright | 1958 → Pfeiffer 1995: 285 ). Dabei muss man berück- 45 Joy and Edwin Hoag vergleichen Wright mit Le Corbusier und sichtigen, dass ähnlich radikale Äußerungen fast typisch für die weiteren Vertretern der Moderne. Moderne sind. Man denke hier an Adolf Loos berühmtes Zitat „Ornament ist ein Verbrechen“. 46 Zum Beispiel zu William Dean und Hilaire Belloc. 49 z.B.: „Kritik an der Stadt”, „Organisches Bauen”, „Demokratie- 47 Literaturprofessor und Walt Whitman-Spezialist verständnis”, „Fragen der Umsetzung“ etc.

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Auf Grundlage der Methode kann der Inhalt Im Folgenden werden die Kernthemen der „Living City“ wie folgt beschrieben wer- vorgestellt. Die Aussagen von Wright zum Ent- den: wurf und der Methode werden bei der Modellanalyse ausgewertet. Die Textanalyse Tab.1 [Themenblöcke “The Living City"] beschränkt sich daher auf folgende Themen: 1: Probleme/Kritik Kritik an der Stadt; Kritik an der Wirtschaftsform; Kritik an Probleme/Kritik: der bisherigen Technikver- wertung Rahmenbedingungen 2: Rahmenbedingungen Möglichkeiten der Technik; Ziele Maßstab Weite und Ge- schwindigkeit; Bedürfnisse des Qualitätskriterien modernen Menschen Umsetzungsstrategien 3: Ziele Demokratieverständnis; Individualität; Dezentralisation, Zu jedem Thema werden zunächst die Re-Integration; Amerikanische Kultur; Neue Ästhetik, zentralen Aussagen von Wright mit Original- Organisches Bauen zitaten dargestellt. Dann folgt die Inter- 4: Qualitätskriterien Bedeutung von Land, Land- pretation. schaft und Bodeneigentum; Bedeutung von Natur und Landschaft 5: Entwurf/Vision Beschreibung der neuen Wirtschaftsform; Beschreibung der neuen Stadt 7: Umsetzungsstrategien Appell zu Reformen/Aufruf

zum Umdenken; Fragen der Umsetzung; erste Regeln

8: Methode Beschreibung seiner Arbeits- weise

2.2.3. Darstellung und Interpretation der Kernthemen

Dichte für nicht mehr zeitgemäß und fragt sich, Probleme/Kritik warum man an diesem überholten System Darstellung der Kernaussagen festhalte. Er rechnete aus, dass die moderne Verkehrsinfrastruktur (Bus, Straßenbahn, U- Alle drei Bücher zur Broadacre City beginnen Bahn, Taxi, Auto, LKW) die dichten städ- mit einer Kritik an der Stadt. Für Wright war tischen Raumstrukturen zum kollabieren die Stadt ein „fiberiger Tumor,50“ aufgebaut bringen würde, denn die erforderlichen auf „einem unnatürlichen System der Rente“ – Trassen könnten nur mit erheblichem finan- eine „ monströse Verschwörung gegen das ziellen Aufwand (Tunnel, Brücken, Hoch- freie Leben”.51 Er kritisierte die Stadt, hielt straßen) in die Stadt integriert werden (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 274). Das dichte Block- 50 „To look at the cross section of any plan of a big city is to look at raster der Städte wäre mit modernen Verkehrs- something like the section of a fibrous tumor” (Wright 1958 → Pfeiffer belangen nicht in Einklang zu bringen. „The 1995: 261) all-too-narrow lanes, wherever available are, 51 „.... the medieval city a monstrous conspiracy against the freedom of life“ (Wright 1958 → Pfeiffer 1995: 289). at best, only fifty per cent effective owing to

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the gridiron. In the gridiron a bedlam of these machine forces may be potential, great harsh, soul-torturing-sound roars. Wasteful, liberators, but we know they are yet far from spasmodic movement races to and fro, working for the citizen. They are not owned crisscrosses there erstwhile narrow village by him nor are they owned for him. They are lanes. Down in deep shadows cast by these owned by the same landlords, machine-lords, distortions of force lurks the human soul. Out and money- lords that operate rent and of scale! Defeat of true humane aspiration operate the city, itself now a vicious form of uppermost” (Wright | 1945: 46). rent” (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1993: 281).

Sehr stark kritisierte er den städtischen Boden- Interpretation der Kernaussagen markt. Die Stadt als Wirtschafts-/Bodensystem Wrights Stadtfeindlichkeit war typisch für schafft Ungleichheiten und damit Ungerechtig- seine Zeit. Sowohl in den USA als auch in keiten. Der städtische Bodenmarkt macht das Europa waren die meisten stadtplanerischen Grundbedürfnis Wohnen zur Ware. Städte Gedanken der Zeit davon geprägt, die Stadt als waren für ihn Ausdruck eines Systems aus vorherrschende Siedlungsform zu über- Miete, Rente, Zins und Pacht, d.h. auf einem kommen (White | 1962 → Treanor | 1998). Eine System der Abhängigkeiten aufgebaut. „Both anti-urbane Haltung (Stadtfeindlichkeit) zieht landlord and tenant are the living apotheosis sich wie ein roter Faden durch die Geschichte of rent. Rent! Always rent in some form is the der Stadtplanung, Stadtutopie und der Stadt- city” (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 257). soziologie (Williams | 1973 → Treanor | 1998). Diese Kritik am städtischen Bodenmarkt baute Morton und Lucia White zeigten in ihrer Wright in seinen Texten zu einer Wirtschafts- Arbeit, dass fast alle für das amerikanische kritik aus. Er bemängelte, dass mit dem Denken zentralen Figuren (Emerson, Thoreau, Wirtschaftsfaktor „Kapital“ durch Zinseinträge Hawthorne, Poe, Melville, Adams, James, Gewinne erzielt werden konnten. Diesen Ge- Howell, Dreiser, Dewey, Addams, Sullivan, winn hielt er für ungerecht, da dieser nicht Wright, Park) die Stadt als Siedlungsraum durch Arbeitsleistung oder Bodenerträge kritisierten: „One of the most typical elements erwirtschaftet wurde und diese Form von in our national life, the growing city, became Gewinn andere Menschen abhängig mache the bête noire of our most distinguished und sie dadurch unfrei würden. Die Wohn- intellectuals rather than their favorite” (White miete oder Bodenpacht („rent for land“ Wright + White | 1960: 2). Frühe Kritiker der Stadt | 1958 → Pfeiffer | 1995: 262) war für ihn die (Thomas Franklin, Crévecoeur und Jefferson) schlimmste Form von Zinssystem. Darüber hatten vor allem die europäische Stadt als hinaus beschrieb er noch die Zinsen „rent for Negativbild vor Augen und wollten verhindern, money“ (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 262) dass die dichten europäischen Städte mit ihrer und als dritte Form der ungerechtfertigten Anfälligkeit für Korruption auch in den jungen Gewinnmaximierung die „unearned incre- USA entstehen würden. Spätere Kritiker ments of the machine itself“ (Wright | 1958 → bemängelten vor allem die rapide wachsende Pfeiffer | 1995: 263). Rente und Zins waren für industrielle Stadt mit ihrem brisanten sozialen ihn Abnormalien, „artificiality“ (Wright | 1958 Gefüge (Addams, Dewey). → Pfeiffer | 1995: 263), die durch die Stadt gefördert und bedingt wurden. In dieses Auch in Europa wurde die industrielle Stadt als ökonomische Verwertungssystem waren auch Siedlungsform häufig kritisiert. Dabei lassen Technik, Maschinen und Innovationen einge- sich unterschiedliche Gründe für die Kritik bunden. Die möglichen Potenziale konnten so benennen: nicht genutzt werden: „We now know that

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Anlass zur Kritik bot etwa die bauliche Dichte Wright nun kritisierte die Stadt, weil diese der kompakten mittelalterlichen Stadt, die Siedlungsform für ihn vor allem Ausdruck und Brandgefahren verursachte. Auch die un- Verfestigung eines von Abhängigkeiten und zureichende Infrastrukturausstattung der Ungerechtigkeiten geprägten Wirtschafts- und Stadt, etwa fehlende Abwassersysteme, die Gesellschaftssystems war. Damit spiegelte Seuchen (Cholera, Gelbfieber) verursachen Wright eine im 19. Jahrhundert in den USA konnten, oder das Verkehrschaos der Städte52 verbreitete Sicht auf die Stadt wider, wie sie wurde bemängelt. Andere kritisierten die etwa auch Thomas Morris, Eduard Bellamy, Anonymität der Großstadt, die in den Augen Thorstein Veblen und Henry George vertraten vieler Menschen zu Vereinsamung und see- (Dougherty | 1981: 245). Stadt war die „Atro- lischer Verwahrlosung führen würde53. Aus phie aller menschlichen Qualitäten“, ein „sata- stadtgestalterischer Perspektive wurde die nisches Mühlwerk, eine paleotechnische Unübersichtlichkeit der Stadt, ihr Chaos und Maschine, die den Mensch auf groteske die bauliche Heterogenität oder die Monotonie Einzelteile oder Einzelfunktionen - eine Hand, bestimmter Bauepochen54 bemängelt. ein Fuß, ein Auge - kleinstutzte und ihn missbrauchte” (Dougherty | 1981: 245).56 In Bezug auf die Anti-Stadthaltung in den USA unterschied Giorgio Ciucci zwei unterschied- Lionel March erklärte Wrights negative Hal- liche Ausgangslagen. Die >Regionalisten< tung zur Stadt aus seiner Biographie (March | („regionalist“) bekämpften die Stadt, weil sie 1979). Als Wright um die Jahrhundertwende in glaubten, dass das städtische Leben die Gesell- Chicago - der damals am schnellsten wach- schaft negativ beeinflussen würde. Die >Agra- senden Stadt der Welt - lebte, bekam er die rier< („agrarian“) sahen in der Stadt die Ur- massiven Streiks und Arbeiteraufstände der sache dafür, dass das für Amerika prägende Zeit mit. 1894 fand der große, blutige Aufstand und ideale Leben an der frontier verloren der Eisenbahnarbeiter statt, die gegen die ho- gegangen war (Ciucci | 1973: 291). Prominen- hen Mieten und Zinsen und die im Verhältnis tester Vertreter der agrarischen, anti-städ- geringen Löhne protestierten. Durch seinen tischen Haltung war Thomas Jefferson. Für Onkel hatte Wright Kontakte zu linken Re- den amerikanischen Präsidenten war die Stadt formern der Hull House Bewegung von Jane ein Ort der Korruption: “When they piled upon Addams oder John Dewey. Wrights Kritik ba- one another in large cities, as in Europe, they sierte also auch auf persönlichen Erlebnissen. will become corrupt as in Europe” (Jefferson | Wright hatte die Weltwirtschaftskrise mit- 1787 → Griswold | 1946: 668).55 bekommen, die mit dem unerwarteten Zu- sammenbruch der US-Börse im Oktober 1929

begann und die vorherige Phase der wirtschaft- 52 Das Verkehrschaos der Städte wird seit dem Bestehen der Städte bemängelt, egal welches Verkehrsmittel in der Stadt vorherrscht. lichen Blüte jäh beendete. Bauern verarmten, 53 → Barth, Hans Paul | 1972 Geschäfte und Fabriken wurden geschlossen; 54 z.B. Werner Hegemann mit seinem Buch „Das steinernde Berlin“, Banken wurden zahlungsunfähig. Im Jahr 1932 wo er die Stadtentwicklung und Stadtpolitik der Gründerzeit kritisiert waren ein Viertel aller US-Amerikaner | (Hegemann 1930) arbeitslos (Homepage Botschaft USA). Wright 55 Zur „Stadtfeindlichkeit“ gab es in Europa und in Amerika auch hatte in dieser Zeit nicht nur mit beruflichen, Gegenströmungen. Der Jugenstilarchitekt August Endell etwa be- schrieb in seinem Buch „Die Schönheit der großen Stadt“ Berlin als sondern auch mit schweren privaten wertvollen Ort der Begegnung von Menschen, Wirtschaft, Kunst und Kultur. In den USA war es der einflussreiche Historiker Charles A. Beard, der ermahnte, sich mit der Stadt vorurteilsfrei auseinander zu setzen. In einem Vortrag „The City’s Place in Civilization“ kritisierte 56 „... the city as a dark satanic mill, a paleotechnic engine which Beard, dass alle negativen gesellschaftlichen Einflüsse oft der Stadt reduced ist human attandants to grotesque fragments – ‚hands’, or feet zugeschrieben wurden (Beard | 1928 → Waechter | 1996: 168). or eyes – and eventually consumed them” (Dougherty| 1981: 245)

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Niederschlägen zu kämpfen (Goodman + die als Ausgangspunkt für eine Reform genutzt Goodman | 1942). Die ganze amerikanische werden könnten. Gesellschaft stand unter dem Schock der Krise Auf der einen Seite beschrieb er bestimmte und man suchte Gründe, wie es so plötzlich technische Innovationen des beginnenden 20. und so stark zu solch einer Krise kommen Jahrhunderts (Elektrizität und verbesserte konnte. Viele sahen in der dichten Stadt und Erreichbarkeit durch motorisierte individuelle der städtischen Wirtschaft die Ursache. Mobilität, Industrialisierung und technische Wright nun bündelte die in seiner Zeit vorherr- Innovationen57), die gravierende Auswir- schende Kritik an der Stadt. Für White + White kungen auf die Stadtentwicklung haben bildete Wright mit seiner Broadacre City den würden. Neue Techniken und Innovationen Höhepunkt der Anti-urbanen Haltung in den könnten den Menschen von der Notwendigkeit USA (White+ White | 1960: 209), weil Wright der Existenzsicherung entlasten und ihm verschiedene anti-städtische Positionen in sich Raum und Zeit für andere, höhere Beschäf- vereinte: tigungsmöglichkeiten geben. Technik sinnvoll eingesetzt, könnte dazu dienen, dem Menschen > Die Stadt war unamerikanisch ein freies Leben zu bieten, indem nicht der > Die Stadt war technisch überholt, der Lohnerwerb, sondern die Selbstverwirklichung Umbau wäre zu kostenaufwendig im Vordergrund steht: „The important thing > Die Stadt war bodenmarktpolitisch for us all is to so digest these ubiquitous ungerecht mechanical energies that men may be set free > Die Stadt bot nur ein auf Abhängigkeit by them for nobler uses, uses more important basierendes, unfreies Leben to the growth of the beauty of life: develop- ments and enjoyments no longer directly Sie war für ihn Ausdruck eines ausbeute- concerned with ‘making money for a living,’ rischen Systems, also per se ein „Verbrechen, or acquiring any degree of material power. Übel”. Sie konnte demnach auch nicht saniert, No man should ever be so bound or time- umgebaut oder verbessert werden. Der tech- bound. Nor should any man be a slave to or nische Umbau wäre – wenn auch mit hohem for ‘a living.’ The proper free man should do, Aufwand - doch möglich, aber Bodengerechtig- in the main, what he really most want to do keit lässt sich in der dichten Stadt nicht when he wants to do, though he may never be herstellen. Dieses grundlegende Problem able to do all he wants to do of it or for it” konnte aus Sicht von Wright nur durch die (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 294). Auflösung der großen Städte beseitigt werden: Das Thema Mobilität formuliert Wright weiter „So our big cities, vampires, must die” (Wright aus. In der „Disappearing City“ erklärt er, dass | 1958 → Pfeiffer | 1995: 285). die dichte kompakte Stadt die Siedlungsform der Fußgänger und Pferdekutschen war. Das Auto - aber auch die Elektrifizierung und die

neuen Kommunikationsmedien (Telefon) - würden ein neues Raumgefüge erzeugen. Neue Rahmenbedingungen

57 „The three major inventions to work building Broadacres, whether Darstellung der Kernaussagen the powers that over-built the old cities like it or not, are: (1) The motor car: general mobilization of the human being; (2) Radio, telephone and Der Kritik am bisherigen Stadt- und Wirt- telegraph: electrical intercommunication becoming complete; and (3) schaftssystem stellte er zwei Aspekte entgegen, Standardized machine shop production: machine inventions plus scientific discovery” (Wright | 1935: 244 → Sergeant 1976: 130)

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Dichte und Kompaktheit der Stadt entsprachen Freiheit suchen und dadurch mit dafür sorgen, den Erreichbarkeitsradien der Menschen, die dass die weite Stadtlandschaft entstünde. Der zu Fuß oder mit dem Pferdewagen unterwegs Mensch forme die Stadt. Der Mensch, der die waren. Auch die Stadtmauern zur Sicherung Weite braucht, forme dann die weite der Stadtbürger bedingten eine kompakte Stadtlandschaft. Die Form der Siedlung hat Stadtform. Diese Gründe wurden nun obsolet. sich für Wright den Bedürfnissen der Wright setzte ihnen mit Geschwindigkeit eine Menschen anzupassen: „After all is said and neue Maßeinheit entgegen. Der neue Bezugs- done, he — the citizen — is really the city? The punkt für Planung und Architektur wäre der city is going where he goes” (Wright | 1958 → Mensch in seinem Auto: „the fundamental unit Pfeiffer | 1995: 284). of space-measurement in modern life has, for every man, so radically changed that he now Die Interpretation der Kernaussage bulks twenty to one — even a hundred to one Hier wird deutlich, dass Wright erkannt hatte, — when he gets around about seated in his dass es verschiedene externe Faktoren, d.h. favorite motor car” (Wright | 1958 → Pfeiffer | Faktoren außerhalb des Wirkungskreises des 1995: 272). Raum und Weite würde erlebbar Architekten und Stadtplaners gibt, welche die werden - für Wright der wahre Luxus, weil Form und Größe von Siedlungsräumen dadurch konkrete Freiheit entstünden: „This bestimmen. interior sense of space in spaciousness is romantic and growing throughout the world. Im gewissen Sinne begann Wright empirisch Well understood, it is the true machine age tri- zu arbeiten. Er überlegte, welche Bedürfnisse umph, a true luxury […] Space comes alive, to der Einzelne an den Siedlungsraum bisher be enjoyed and lived in, characteristic of this stellte und in Zukunft haben würde und er age of the machine. This is our growth, leitete daraus eine Stadtform ab, die diesen spiritual integration with everyday life. Bedürfnissen entsprach. Er beobachtete Simple because it is universal conservation of Trends seiner Zeit und extrapolierte diese in life, happiness is inevitable consequence” die Zukunft. Dabei ging es ihm nicht um die (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 337). Wright Erfassung möglichst aller Faktoren (wie es für glaubte daran, dass sich das Auto als Fortbe- einen Wissenschaftler wichtig ist), sondern wegungsmittel ausbreiten würde, weil es der Wright beschrieb nur die Faktoren, die er aus Natur des Menschen nach nomadischen gestalterischer Sicht für besonders wichtig Lebensformen nachkäme (Wright | 1958 → erachtete. | Pfeiffer 1995: 259). Das Auto war für ihn nicht Er suchte sich – intuitiv – Faktoren heraus, die bloß ein notwendiges Verkehrsmittel, sondern dann tatsächlich sehr wesentlich die Stadtent- ein ursprünglicher und damit wahrhaftiger wicklung der Nachkriegszeit mitbestimmt Lebensstil, an den er den Mythos Weite und haben. Dabei beobachtete er nicht nur Tech- Freiheit knüpfte. niken, die im direkten Zusammenhang mit Aus Wrights Sicht gab es noch einen weiteren dem Bauen von einzelnen Gebäuden standen Faktor, der die Entstehung einer neuen, weit- (Glas und Stahl). Sondern er interessierte sich läufigen Siedlungsform begünstigen würde: auch für technische Geräte und Innovationen - Das war der Mensch selbst, der sich seiner wie das Auto und das Telefon. Sehr früh eigenen Bedürfnisse und Stile bewusst werden erkannte er, dass diese Techniken gravierende und ein immer stärkeres Recht nach Selbst- Auswirkungen auf die Form und Größe der entfaltung einfordern würde. Dieser Mensch, Stadt haben werden. Er sah, dass sich mit dem da war sich Wright sicher, wird Raum und Auto und dem Telefon das „Maß für die

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Raumwahrnehmung“ (unit of space measurement) radikal verändern werde. Sehr früh erkannte Wright, dass es ein Wechsel- verhältnis zwischen Verkehrs- und Kommuni- kationssystemen und dem Wachstum und der Form der Städte gibt. Wright nutzte hier Ar- beiten aus sozial- und wirtschaftswissen- schaftlichen Kreisen, die genau diese Fragen diskutierten58 und übertrug diese Fragen auf das Bauen.

58 Sergeant wies auf Arbeiten von Lionel March hin, wonach es einen Kontakt zwischen Wright und dem Soziologieprofessor Malcolm M. Willey gab (March →Sergeant | 1978: 133). Willey hatte in den 20er Jahren an einer Zukunftsstudie im Auftrag von Präsident Hoover mitge- wirkt. Er hatte untersucht, welche Auswirkungen das Auto, die Autobahn und die Medien auf die Gesellschaft der Zukunft haben würden. Dieser sehr umfangreiche statistische Bericht wurde 1933 veröffentlicht (→Caplow et al. | 2001 → Homepage pbs).

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Ziele

Seine Planungsziele umschrieb Wright zunächst mit drei, später dann mit vier Schlüsselbegriffen:

„Three words “Do you question this fundamental direction for let him learn their meaning well. American citizens of the future? Then first learn the meaning of these words. The word „ democracy” „Organic.“ The word „integration.“ „Decentralization.“ The word „organic.“ „Integration.“ „Democracy.“ They have never been interpreted and applied as Words never properly identified by the American ideals in this or, consciously, in any other culture up citizen because never properly interpreted to him in to now. They significance of this watchwords should action. ... The significance of these words be his guide.” (watchwords) may now belong to the awakened American citizen.“

“The Disappearing City” “The Living City” (Wright | 1932 → Pfeiffer | 1993: 108) (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 339)

Vor allem zu den Begriffen „Demokratie“ und Wright zusammengefasst werden. Unter dem „organisches Bauen“ finden sich viele Text- Begriffspaar „Dezentralisation + Re-Integra- stellen. Das Thema „Dezentralisation + Re- tion“ beschäftigte sich Wright vor allem mit Integration“ wird immer wieder angerissen. stadtplanerischen Themen. Ziele in Fragen der Von den hier ausgewerteten Wright-Forschern Ästhetik, des Stils und der Architektursprache sind die Begriffe aus unterschiedlichen Per- werden im Folgenden unter den Begriff spektiven durchleuchtet worden. „organisches Bauen, organische Architektur“ subsumiert: Unter den Begriff „Demokratie + Individu- alität“ können gesellschaftspolitische Ziele von

„Demokratie + Individualität“ = Gesellschaftspolitische Ziele

„Dezentralisation + Re-Integration“ = Stadtplanerische Ziele

„organisches Bauen, organische = Gestalterische Ziele Architektur“

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1. Ziel: Demokratie, Individualität of the machine age” (Wright | 1958 → Pfeiffer 1995: 264).59 Darstellung der Aussagen Dem „Gewirr an Vorschriften“ hielt Wright Wright machte in seinen Texten deutlich, dass seine Vorstellung von wahrer Demokratie es ihm um die Schaffung einer wahrhaft entgegen, in der jeder Einzelne mit seinen demokratischen Stadt ging: „Well, we have Bedürfnissen im Vordergrund stünde und sich been calling this legacy, free from urban past, die autarken Einzelteile zu einem harmo- ‚Broadacre City.’ Broadacres is our free city nischen Nebeneinander und Zusammenspiel for the Sovereignty-of-all-Individuals! fügten: „Democracy: the integrated society of Because when democracy builds, this is the small units each of the highest quality natural city of freedom in space, of the human imaginable and all characteristic. Genuine. reflex. The nature of democracy when actually This is the nature of our rational ideal of the | → built” (Wright 1958 Pfeiffer 1995: 294). free world” (Wright | 1958 → Pfeiffer 1995: Wright setzte sich hohe gesellschaftliche Ziele. 286). Die amerikanische Nation, so erinnerte Interpretation Wright, war auf der Freiheit des Einzelnen gegründet. Nur wäre der Pionier- und Frei- Mit der Beziehung zwischen Architektur und heitsgedanke der Gründerzeit verloren gegan- Demokratie hatte sich Wright vor allem in den gen, als das alte europäische feudale System letzten 30 Jahren seines Lebens beschäftigt mit dem römischen Eigentumsrecht eingeführt (Menocal | 1988: 149). Deutlich wird, dass wurde und mit ihr eine falsche, urbane Kultur. Wright die Regierungsform seiner Zeit, die Daraus wäre eine falsche Demokratie entstan- präsidentielle Demokratie60 der USA zwischen den, wo sich Einzel- oder Gruppeninteressen 1920 und 1960, nicht für wahrhaft demokra- durch Korruption, Bürokratie, Mobokratie tisch hielt, sondern als konservativen Kapita- oder Parteien-Politik ungerechtfertigte Vorteile lismus verwarf. Zwar kritisierte Wright in erschafften. Um diese „komplizierten Formen seinen Texten immer wieder den derzeitigen des Geldraffens“ aufrecht erhalten zu können, Zustand, aber er beschrieb in seinen Texten beobachtete Wright, dass Gesetze notwendig wenig, was er dem System genau entgegen- wurden, „die nur komplizierte Notbehelfe sind, setzen wollte. Seine verschiedenen Einzelaus- damit diese wimmelnde Brut reibungslos sagen zu Demokratie und der usonischen zusammenarbeitet” (Wright 1945 | Jäger 1950: Staatsform fügen sich in den Texten zu keinem 32). Die Regierung führte Regeln ein, die zu kohärenten Gesamtbild. Seine Aussagen sind Monopolstellungen und Vorteilen für einzelne daher unterschiedlich interpretiert worden und Gruppen führte und den freien Waren- oder die Forscher haben auf die Widersprüchlich- Gedankenfluss behinderten. „It becomes keit der Aussagen hingewiesen. Einige impossible to hold, operate, or distribute land, Forscher wiesen auf die Ähnlichkeiten zu sell or buy money, or manufacture anything, 59 safely, or even marry, make love or die, Übersetzung Jäger, 1950: „Es ist nahezu unmöglich geworden, Land zu besitzen, zu bewirtschaften oder aufzuteilen, Zinsen zu verwerten without the guide and counsel of these oder irgendetwas einwandfrei herzustellen, selbst zu heiraten oder zu specialists in the extraordinary entanglements sterben, ohne den Rat und die Unterstützung von Spezialisten bei diesem außergewöhnlichen Gewirr von Vorschriften, die diesem of rent, of rules, of regulations applied to this komplizierten geschäftlichen Spiel mit fremden Geld angepasst sind, or that involute commercial expedient with das wir heute die Zivilisation des Zeitalters der Maschine nennen” 60 courts for counters where the attempt to put Aus der Geschichte der Menschheit kennt man unterschiedliche Formen von Demokratie, z.B. repräsentative, präsidentielle, parla- law above man is made in this complex game mentarische oder direkte Demokratie (→Mittermaier. Mair | 1995 oder we now call our civilization in the prosperity →Vorländer | 2003).

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Jefferson (Desmond| 1996) und antiken De- gentümer, damit alteingesessen und boden- mokratievorstellungen, andere auf den Anar- ständig. Ebenso versuchte Wright, autarke chismus von Thoreau oder die Gesellschafts- agrarische Wirtschaftsformen wiederein- kritik von Walt Whitman61 (Menocal | 1988: zuführen. Man könnte sagen, Wrights Vor- 151). stellung von Demokratie funktionieren nur in überschaubaren, bodenorientierten (agra- Klar ist, dass sich Wright eine weniger regu- rischen) Gesellschaftssystemen. Wrights lierende Staatsform wünschte, die weniger in Stadtmodell war damit ein in eine räumliche den Aktionsbereich des Einzelnen eingreifen Form gegossener Versuch, die Rahmenbe- würde. Er forderte, dass möglichst wenig Re- dingungen für „wahre Demokratie“ wieder- geln, Verwaltung und Machtstrukturen auf- herzustellen. Dieser Versuch enthielt viel von gesetzt werden, um dadurch die Freiheit des Thomas Jefferson Vorstellungen von Demo- Einzelnen als wichtigste Eigenschaft einer kratie und einer idealen Gesellschaft: „If Demokratie zu schützen. Thomas Jefferson had done a subdivision plot, Wrights Idee erinnern an antike Vorstellungen it would have looked like Broadacre City” von Demokratie (Aristoteles), wo mit kleineren (Krohe | 1999: 18). Raumeinheiten (weniger Volk in einem Staats- Jefferson war von der Aufklärung beeinflusst. gebiet) gearbeitet wurde und daher auch direk- Er setzte sich stark für den Föderalismus, die te Beteiligungs- und Entscheidungsformen Freiheit des Einzelnen und für agrarisch ge- möglich waren. Die Möglichkeit, Bürger zu prägte Lebensformen ein. Jeffersons poli- sein, wurde eingeschränkt. Dafür genossen tischer Ansatz geriet nach seinem Wirken dann die wenigen Bürger mehr Entscheidungs- etwas in Vergessenheit. Gerade aber in der Zeit freiheit. Bei Aristoteles waren „Autonomia“, der großen Depression, also der Entstehungs- „Autochtonia“ und „Autarkia“ die drei zen- zeit der Broadacre City, wurde seine Form von tralen Bedingungen für Freiheit. Mit diesen föderalem, ländlichen Liberalismus drei Begriffen umschrieb Aristoteles, dass wiederentdeckt62. (a) jeder in der Demokratie Anteil an der Um das Höchstmaß an individueller Freiheit Gesetzgebung haben sollte, sich Regeln zu erreichen, sollte auch Wrights Usonien von selbst gibt kooperativen Macht- und Verwaltungsstruk- (b) nur die Alteingesessenen, turen geprägt sein. Aber Wright formulierte Bodenständigen und Eingeborenen zum seine Gedanken im Text nicht aus, sondern Volk gehören verwies nur auf andere: „Thoreau’s ‘that is best (c) sich die Gesellschaft selbst versorgen government which governs not at all,’ I muss, um nicht von Waren oder accepted as a truism [...]. I saw cooperation all Rohstoffen anderer abhängig zu sein (→ around us as the natural thing, and not Massing | 2001) selfishness and violence. The anarchist’s ideal, faith in the common-wealth based on Im gewissen Sinne transformierte Wright voluntary instructive respect for the other dieses antike Ideal. In der Broadacre City war fellow’s right, I saw as the normal thing and jeder Bürger auch gleichzeitig Grundstücksei- could never understand why it was not

61 Mit »Democratic Vistas« veröffentlichte Whitman 1871 einen 62 Roosevelts Vorstellungen von Demokratie beispielsweise waren kulturkritischen Essay über die Beziehung von Demokratie und nicht auf industrielle, zentralistisch strukturierte Gesellschaften Individuum für die Zeit nach dem amerikanischen Bürgerkrieg und ausgerichtet, sondern ihm schwebten kooperative, gutnachbarschaft- entwarf ein Bild für eine egalitäre demokratische Kultur und liche und gleichberechtigte Austauschbeziehungen der ländlichen Gesellschaft. Gemeinden Amerikas vor (Good neighbour policy). (Quelle Internet)

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recognized as ideal even though unattainable Bürgern möglichst viele Freiheiten zu ver- in present day society” (Wright | 1931 → schaffen. „Jeder geborene Mensch hat das Sergeant | 1976: 135). Aber es bleibt unklar, ob gleiche Recht, von ganz unten durch seine ei- Wright wirklich der anarchischen Demokratie- gene Kraft unbehindert zur höchstmöglichen form von Thoreau folgte, oder die „natürliche Ausdrucksform seiner selbst emporzuwach- Aristokratie“ für die beste Regierungsform sen. Dies natürlich nicht antagonistisch, son- hielt: “May we not even say that that govern- dern rücksichtsvoll gegenüber dem Wachstum ment is the best which provides the most aller Menschen als Brüder” (Wright | 1957 → effecttually for the pure selection of these Wright | 1966: 115). Wright stand sozia- natural aristoi63 into the offices of govern- listischen oder kommunistischen Vor- ment64?” Es liegt nahe zu vermuten, dass stellungen skeptisch gegenüber. Er befür- Wright wie Jefferson dem Gedanken der Elite wortete nicht die Gleichheit, d.h. Nivellierung nahe stand - einer Elite, die sich auf Fähig- von Unterschieden in der Gesellschaft. Der keiten und Kompetenzen begründet und zu der „Durchschnitt“ war ihm als künstlerischer jedermann, wenn er seine Talente und Architekt suspekt. „Kein Mensch wird in der Tugenden entsprechend geschult hat, auch Demokratie jemals glücklich mit sich selbst zugehörig sein kann. So würde sich auch be- oder anderen leben, wenn er nicht die Gele- gründen, warum für Wright die Erziehung und genheit ausnutzt, die ihm unsere Nation bietet, Ausbildung der Menschen sehr wichtig war. So um sich aus eigener Kraft über den Durch- hätte jedermann die Möglichkeit, sich für diese schnitt – das Normale – zu erheben. [...] Das Elite zu qualifizieren. Auch bot Wright in Ideal der angeborenen Aristokratie, von dem seinem Entwurfsmodell mit dem country seat unsere Vorväter träumten, wird durch als Sitz des country architects einen Ort für Wahlstimmen im Namen der Demokratie solche regierende oder verwaltende Elite an, verraten. Aber ursprünglich war die die in einer Anarchie nicht notwendig gewesen Unabhängigkeitserklärung die These eines wäre. Die Broadacre City bot Raum für eine festen neuen Glaubens an den Menschen als zwar demokratisch legitimierte aber dennoch Individuum. Dieser Mensch konnte nur eins herrschende Klasse. bedeuten: das Entstehen einer echten, auf Sympathie und Charakter beruhenden ameri- Wrights Demokratie könnte man am ehesten kanischen Aristokratie aus der Nation heraus, als eine ultra-liberale, „organische“ Aristokra- eine neue Art von Aristokratie, die, wie gesagt, tie einer kulturell und künstlerisch geschulten dem Menschen innewohnt und ihm nicht auf- Elite umschreiben, deren Aufgabe es war, den erlegt ist. Nochmal: eine ihm gehörende, nicht durch Vorrechte oder Geburt, sondern eine 63 Wright verwies in „A Testament“ direkt auf Jefferson und seine aus eigener Kraft verdiente: Das heißt eine Aristoi (Wright | 1957 → Wright | 1966: 47). So stehen sich hier die Aristokratie des Eigenwesens des Menschen: beiden berühmten Zitate von Thoreau und Jefferson gegenüber. eine wohlverdiente Gabe für seinesgleichen” 64 Dieses Zitat von Jefferson stammt aus einem in den USA häufig (Wright | 1957 → Wright | 1966: 122 ff). veröffentlichtem Briefwechsel zwischen Thomas Jefferson und John Adams, in dem die beiden Männer über ihre Überlegungen zur Re- gierungsbildung diskutieren. Adams und Jefferson gehen davon aus, Wright ging davon aus, dass der Mensch in der dass es eine Art „natürliche Aristokratie“ gibt, wo die jeweils ta- Broadacre City zum Höheren streben will. Was lentiertesten und tugendhaftesten Männer der Gesellschaft regieren. Früher waren es Attribute wie körperliche Überlegenheit, aber auch aber hätte Wright mit den Menschen in Broad- guter Humor und Höflichkeit, die einen zum Führer machte. Durch die acres gemacht, die nicht zum Höheren streben Erfindung des Schießpulvers könnten auch die Schwachen an die Macht kommen. Demgegenüber stand die „künstliche Aristokratie”, die wollen oder nicht streben können? Sein sich statt auf Tugend und Talent auf Geburt und Besitz beruft. Jefferson Usonien bot hier weder Regeln noch Insti- hielt die „natürliche Aristokratie“ für die beste Staatsform (Homepage press-pub). tutionen, um diese Menschen zu schützen.

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Auch fällt auf, dass in Broadacres Regeln feh- Broadacre City aus vielen einzelnen selbst- lten, die nicht für den Einzelnen, sondern für ständigen Einheiten bestehen, die in Bezug den Erhalt der Gesellschaft aufgestellt wurden. zueinander stehen und dadurch Stärke und ge- An keiner Stelle in seinen Texten räumte er genseitige Freiheit gewinnen. “To repeat: as ein, dass die individuelle Freiheit auch in centralization was the natural „monarchy“ (in bestimmten Punkten zugunsten öffentlicher architecture the major axis and minor axis), Güter eingeschränkt werden müsste, wie es men were compelled to centralize and revolve heute in fast allen modernen Demokratien ge- as closely as possible around an exalted com- macht wird. Es ist unklar, wo und wie sich in mon center, for any desirable exploitation of Broadacres ein Sinn für Gesellschaft oder the man-unit. The idea of democracy is Gemeinschaft bilden kann. contrary. Decentralization – reintegrated- is the reflex: many free units developing 1. Ziel: Dezentralisation und Re- strength as the learn to function and grow Integration together in adequate space, mutual freedom a reality” (Wright | 1958 → Pfeiffer 1995: 285). Darstellung der Inhalte Das einzig legitime „Zentrum“ der Broadacre Wright beobachtete zu seiner Zeit, dass sich City wäre der Einzelne in seinem eigenen nicht nur Wohnen und Industrie sondern auch Haus: „The true center (the only centralization der Einzelhandel vom Zentrum an den Stadt- allowable) in Usonian democracy, is the rand verlagerte. Als Beispiel erwähnte Wright individual in his true Usonian family home” das Warenhaus „Marshall Field“65, das als (Brownell. Wright | 1937 → Dougherty | 1981: eines der ersten Warenhäuser am Rand großer 242). Städte und in Kleinstädten eröffnet wurde. Für Dezentralisation war das Grundprinzip seiner Wright waren diese Einzelhandelsketten damit Stadtplanung. Aber er räumte ein, dass es auch „Pioniere der Dezentralisation“ (Wright | 1958 in Zukunft vereinzelnd dichte Städte → Pfeiffer | 1995: 319). Ebenso sah Wright in (Hafenstädte) geben müsse (Wright | 1958 → den Tankstellen mit den Waren und Dienst- Pfeiffer | 1995: 319). leistungen, die neben dem Benzin angeboten wurden, erste Zeichen für den von ihm so ge- Dezentralität verknüpfte er in seinen Texten nannten beginnenden Prozess der Dezentrali- oft mit „Integration“ oder „Re-Integration“, sation66. Begriffen, die vor allem im letzten Buch der Broadacres Reihe ausformuliert und hier zu Zentralisation, so erläuterte er, sei das Prinzip Schlüsselbegriffe wurden. der Monarchie und Ausbeute. Dagegen wäre re-integrierte Dezentralisation der Weg der „... I do not wish to „disperse“ any city; de- Demokratie: Statt zentraler Orte, um die sich centralization is not „dispersal“ – that is abhängige Orte gruppierten, solle die wrong ... it is reintegration. “ (Wright | 1939 → Pfeiffer | 1993: 325). „Organic reintegration

must follow decentralization. [...] The new 65 Marshall Field ist eine in den USA bekannte Warenhauskette, die 1852 in Chicago gegründet wurde und heute zur „Macy’s“ Gruppe Broadacre City will absorb all needless cities gehört. Um 1950 beginnt der Konzern mit dem Bau von Filialen am and towns where they stand” (Wright | 1958 → Rand der Städte (Park Forest Plaza) (Homepage Wikipedia). Pfeiffer | 1995: 303). Dezentralisation und Re- 66 „Watch the little gas station! In our present gasoline service station you may see a crude beginning to such important advance decentra- Integration wären also zwei Prozesse, die lization; also see the beginning of the future humane establishment we nacheinander stattfinden, wobei Dezentra- are now calling the free city. Whereever service stations are located naturally these so often ugly and seemingly insignificant deatures will lisation von sich aus stattfinden würde und die survive and expand” (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995). Re-Integration eine planerische Aufgabe sei:

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„First decentralization, then planned reinte- Interpretation | → | gration” (Wright 1958 Pfeiffer 1995: 280). Anders als mit seinen Ausführungen zu Fragen Re-Integration, so könnte man den Begriff der Demokratie beschäftigte sich Wright hier zunächst definieren, war für Wright die mit Schlüsselbegriffen der Stadt- und Regio- Vermischung von städtischen und ländlichen nalplanung des 20. Jahrhunderts, denn sowohl Komponenten zu einer neuen Einheit: „Ma- in den USA als auch in Europa wurden um die chine design is now principal means of Jahrhundertwende verstärkt Konzepte zur making use of power of decentralizing the big Entlastung der Städte diskutiert. Dezentralisa- 67 city and dispersing it, collecting it into what tion war ein Leitbegriff der Moderne . Wright we, at first, call the countryside (not meaning hatte Kontakte zur Regional Planning Associ- | suburbs); but uniting desirable features of the ation of America (RPAA) (Rosenbaum 1993: 68 city with the freedom of the ground in a 74). Ähnlich wie in Großbritannien wollte natural happy union: such reintegration as man auch hier durch Greenbelt Towns den here called Broadacre City” (Wright | 1958 → Entwicklungsdruck und die Entwicklungs- Pfeiffer | 1995: 278). Die Vorteile des Landes impulse aus der Stadt in kleinere Siedlungs- 69 würden mit den Vorteilen der Stadt zu einem einheiten am Stadtrand lenken . neuen Siedlungsraum verwoben. Broadacres Bei der Vielzahl der damals diskutierten De- zeigte, wie unter der Prämisse der Dezentrali- zentralisationskonzepte lassen sich zwei sation und Re-Integration ein neues städt- grundsätzliche Ansätze unterscheiden: isches Muster als Symbiose zwischen Stadt und Land geschaffen werden könne. Wright schlug - A. gemäßigter Ansatz: Da waren zum vor, die Tendenz der Dezentralisation zu nut- einen die Dezentralisationskonzepte, zen, um mit Hilfe einer gesteuerten Re-Inte- welche die Bedeutung der Kernstadt als gration eine Symbiose zwischen Stadt und Mittelpunkt nicht in Frage stellten. Das Land zu schaffen: „What we need is the wedd- 67 ing of the city and the country. I designed Es war eine Reaktion auf die Stadtwachstumsprozesse, die im Zuge der Industrialisierung entstanden waren: Mit der Industrialisierung und Broadacre City in that idea and modeled it in dem Bau der Eisenbahn begann Mitte des 19. Jahrhunderts ein rasches 1933. There you have all the advantages of the Wachstum der Städte, eine „massive Bewegung zur städtischen Kon- zentration“ (Sutcliffe | 1980: 462), die in vielen Städten zu gravierenden city, without the city. And the country is not sozialen Missständen führte. Um 1890 entstanden - meist in England und Deutschland - die ersten Dezentralisierungskonzepte (Sutcliffe spoiled, because quality in the building comes |1980: 464). into the picture to save it from destruction. 68 Chicago war das geistige Zentrum der amerikanischen Regional- You can build an organic house anywhere and planer und Stadtvisionäre. Auf der Weltausstellung in Chicago, Illinois it will not spoil anything; so you could build 1893 stellte Frederick Law Olmsted seine schon 1868 entworfene bahn- orientierte stark durchgrünte Vorortssiedlung Riverside vor. Hier wurde an organic city out in the country and not auch der Umbauplan für die Stadt Chicago vorgestellt, den Daniel H. harm the country. It certainly is proceeding Burnham 1909 entwickelt hatte und der zum Auslöser der amerika- nischen City-Beautiful Bewegung wurde. Burnham entwarf für die Stadt now. It is nothing that I have invented. The ein gigantisches neues Stadtzentrum, weiträumige Radialen, Avenuen little gas station was the first sign (…) then the und einen großen Park am Michigan Seeufer. Das National Resources Planning Board schlug 1935 vor, Industrien als Wirtschaftsförderungs- produce markets and the merchants going maßnahmen in strukturschwache Regionen oder an Hauptverkehrs- korridore zu verlagern. Ein Gutachten für den Kongress „A Graphic out. The best people are already gone and the Guide to Decentralization“ schlug den Bau von neuen Fabriken im city is a kind of gregarious hangover at the Westen und auch den Bau von Wohnsiedlungen am Rand der Städte → present time” (Wright 1939 (London lectures) vor ( Grabow | 1977). 69 → Pfeiffer | 1993: 24). An der städtebaulichen Debatte um die Neugliederung des Sied- lungsraums beteiligten sich auch Industrielle, Soziologen und Öko- nomen. Bekanntester Laie, der sich mit Stadtplanung beschäftigte, war der Industrielle Henry Ford. Er entwickelte um 1922 ein Konzept für eine weitläufig Siedlung - die 75 Mile City - in Muscle Shoals am Fluss Tennessee (Ford | 1926).

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hierarchische Gefüge und damit die Vor- tralisation), sondern er legte seinen Schwer- herrschaft des Zentrums sollte auf- punkt auf den Aspekt der Verzahnung von rechterhalten werden. Es war an eine Siedlungsraum und Freiraum (Re-integration). Entlastung der Städte durch den Bau Für ihn war wichtig, bei der Dezentralisation von Satellitensiedlungen, new towns darauf zu achten, dass ein harmonisches oder Schlafstätten am Rand der Städte Gefüge zwischen Stadt und Land entsteht. oder auch der Verlagerung von stö- Es ging ihm nicht um eine reine Verlagerung render Großindustrie an den Stadtrand von Stadtteilen, sondern er stellte das gesamte gedacht - nicht aber an eine Auflösung Raumgefüge der Stadt in Frage. Im gewissen der Städte! Sinne war Wright also noch radikaler als Mata - B. Radikaler Ansatz: In Europa (vor und Howard. Er hinterfragte nicht nur das allem in Russland) wurden aber auch Verhältnis zwischen Zentrum und Peripherie, radikalere Ideen diskutiert. Diese Kon- sondern auch den Dualismus von Stadt und zepte stellten das Stadtgefüge in Frage - Land. wie etwa bei der Idee der Bandstädte, die vom Spanier Arturo Soria y Mata 1882 entwickelt wurde (→ Fehl. Istel | 1997). Mata ging es um "die Verländ- lichung der Stadt und die Verstäd- terung des Landes.70" Statt der histo- rischen Stadt (Stadtzentrum) sollten die neuen Siedlungsräume entlang der Autobahnen zentralörtliche Aufgaben übernehmen. Auch Ebenezer Howards Gartenstadt stellte die Dominanz des historischen Stadtzentrums in Frage. In seiner Gartenstadt wurde die Innenstadt als Zentrum eines Siedlungsraums durch einen Park mit mehreren gleichwertigen Quartierszentren ersetzt.

Gerade im Vergleich zu den diskutierten Dezentralisationskonzepten der Zeit werden Unterschiede deutlich. Bei Wright stand nicht die Frage im Vordergrund, in welchem Maß die Auslagerung städtischer Funktionen in die Peripherie zu bestimmen war (Grad der Dezen-

70 Die Stadtgebiete wurden hier parallel zu den überregionalen Ver- kehrskorridoren geführt. Jeder Stadtteil war damit verkehrlich gut angeschlossen; gleichzeitig sorgte die lineare schmale Anordung der Siedlungsräume entlang der Straßen für eine starke Verknüpfung mit dem Freiraum. Das endlose Verkehrsband wurde zum Rückgrat der Stadt und Matas Vision war es, dass sich letztendlich alle Städte zu einem übergreifenden linearen Netz entlang der Straßen verbinden würden. Seine erste lineare Stadt sollte zunächst die Satellitenstädte um Madrid miteinander verknüpfen. Später, stellte er sich vor, seien alle Städte der Welt miteinander verbunden. Verwirklicht wurde jedoch nur ein 5,2 km langes Teilstück im Osten Madrids (→Fehl [Hrsg.] | 1997).

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A. Gemäßigter Ansatz B. Radikaler Ansatz C. Wrights Ansatz Die Stadt wird durch den Bau Die alte Stadt wird zugunsten Nicht nur der Unterschied von Satellitenstädten entlastet. von linearen Bandstädten zwischen Kernstadt und Rand, Sowohl die Kernstadt als auch aufgelöst. Entlang der zentralen sondern auch zwischen Stadt und die neuen Satellitenstädte be- Verkehrswege wächst die Stadt Land wird aufgelöst. Bebauter sitzen jeweils ein grünes Um- linear weiter. Das Hinterland Raum wächst harmonisch in die land. Kernstadt und Satelliten- bleibt grün. Wohngebiete am Landschaft und umgekehrt: stadt wachsen nicht zusammen. Rand der linearen Stadt sind Landschaft durchzieht die Stadt. Die Vormacht der Kernstadt somit stets fußläufig an das Überall ist Stadt. Überall ist wird nicht in Frage gestellt. Grün angebunden. Landschaft.

Abb.13 [Strategien der Dezentralisation] Wenn man Planungsansätze der Zeit mit der Broadacre City vergleicht, fällt auf, dass Wright einen ungewöhnlichen Ansatz vertreten hat. Denn Wright stellte nicht nur die Vorherrschaft der Kernstadt, sondern auch den Dualismus zwischen Stadt und Land in Frage. Eigene Darstellung

3. Ziel: Organisches Bauen, Amerika- In der Einleitung zu seinem Buch „The Living nische Kultur, Neue Ästhetik City“ forderte Wright dazu auf, eine eigene amerikanische Kultur zu entwickeln. „Doch Darstellung der Inhalte jetzt musste für uns ein Amerika entstehen, das weder modernes Klischee noch alte In den Texten von Wright finden sich viele Klassik war. Keinerlei übliche Wiederho- Aussagen zu „organischem Bauen“, das für lungen, Nachbildungen, Restaurierungen, Wright zu einem wichtigen Schlagwort in der unter denen der Menschengeist so lange bis Debatte zur amerikanischer Architektur und zum Verfall dahinsiechte. [... ] Frisches Kultur- Ästhetik wurde. leben, der nun der ‚inneren Wirklichkeit’

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entstammen soll, bedeutet den Anfang einer Interpretation → neuen Welt!“ (Wright | 1957 Wright | 1966: Vor der Industrialisierung war Architektur, die 48). Fassade eines Gebäudes, ein wichtiges Kom- Diese Neuerfindung der amerikanischen Kul- munikationsmittel. In seinem Roman „Der tur war für Wright vor allem Aufgabe der Ar- Glöckner von Notre Dame“ beschrieb Victor chitekten und Städtebauer71. Und es war aus Hugo die Kirche mit ihren Fresken, Figuren, seiner Sicht eine besonders wichtige Aufgabe: Darstellungen, Bildern und Zeichen in einer Ohne eigene Stadtform könne die USA keine von Analphabetentum geprägten Welt als Ort, eigene Kultur entwickeln: “Without this city of wo Geschichte vermittelt wurde. Symbole hiel- its own America will never have known a ten den Schlüssel zum absoluten Wissen. culture of its own. No great architecture can Architektur, die Fassade und der Stil eines Ge- arise from us or for us based upon the expen- bäudes hatten eine besondere Bedeutung und dient use of the ancient city” (Wright | 1958 → vermittelten das reine Wissen der Gesellschaft, Pfeiffer | 1995: 271). ihre Prinzipien und ihre Werte. Der Buchdruck und das Buch ersetzten die Architektur als Ver- Wie konnte diese neue amerikanische Kultur mittlungsmedium. „The price of clarity of the und Stadtform aussehen? Aus seiner Sicht printed word was the loss of poetry of archi- sollte die amerikanische Stadt keine „Maschin- tecture” (Menocal | 1988: 151). „Under these en-Stadt“ sein: „Why, then, should we try so circumstances architecture could not only hard to make life and buildings look hard, like serve as a witness to the passage of time; the machines?“ (Wright | 1958 [The Living City] → book of architecture, no longer preserving Pfeiffer | 1995: 286). universal mysteries, would become a mere chronicle” (Hugo | 1831 →Menocal | 1988: 151). Wright wollte für die amerikanische Stadt eine Ästhetik entwickeln, die sich aus den Prinzipen In keiner anderen Stilepoche gab es so eine der Natur ableiten ließ. Moderne Techniken, starke Einheit zwischen Form, Funktion, Kon- Materialien und Methoden sollten genutzt struktion und Bedeutung wie bei den öffent- werden, um die „Natur der Natur“ zu verwirk- lichen Gebäuden des Mittelalters (→ Menocal | lichen (Wright | 1957 [A Testament] → Wright 1988: 151). | 1966: 144). Mit organischer Architektur sollte eine Wechselbeziehung zwischen dem Gebäude Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden und dem Boden hergestellt werden. Man nun Konstruktionsmethoden, welche die versucht, „Weite, Grazie, Offenheit, Helligkeit Fassade obsolet machten. Häuser hatten wie- und Strenge“ umzusetzen (Wright | 1958 [The terhin eine Funktion (Nutzung), aber sie wur- Living City] → Pfeiffer |1995: 292). Ziel war es, den nicht mehr als Kommunikationsmedium mit der Architektur dem Wesen des Menschen gebraucht. Die Form verlor an Bedeutung. zu dienen, seinen Bedürfnissen zu entsprechen Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es in der und diese in Bauformen umzusetzen. Architekturtheorie eine starke Form-Debatte, an der sich auch Wright beteiligte. Die Archi- tekten der Zeit diskutierten, wie das Verhältnis zwischen Form, Funktion und Bedeutung von 71 Aus seiner Sicht waren Politik, Philosophie und Kunst gescheitert. Für Wright war Architektur die „Mutter aller Künste“: „Inevitably Architektur neu bestimmt werden konnte. therefore architecture as the great mother-art and moderator contains in principle the essential basis, philosophy, and structure that should insire Mit seiner Forderung nach organischem Bauen them all! Architecture lives again as it has ever lived – the great final formulierte er zunächst eine Kritik an der proof of quality in any civilization whatsoever. Always true basis or cornerstone of a culture” (Wright | 1958 → Pfeiffer |1995: 296) Stildebatte seiner Zeit, vor allem an dem zu der

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Zeit in den USA vorherrschenden Eklektizis- in Chicago hatte Wright von 1888 bis 1893 ge- mus. Gleichzeitig kritisierte er den Ansatz der arbeitet. europäischen Moderne, Gebäude so aussehen Wrights Überlegungen müssen in Bezug zu zu lassen wie Maschinen oder einen Stil als Sullivans Vorstellungen gesetzt werden. Sichtbarmachung der technischen Funktion eines Gebäudes zu interpretieren (Maschinen- Für Sullivan war die Form eines Gebäudes ästhetik = Die Konstruktion bestimmt die Ausdruck von Funktionen. Dann war sie Form). Hier reagierte er auf den „Internatio- organisch. Bei seinem bekannten Leitsatz form nalen Stil“, vor allem auf Le Corbusier und die follows function ging es ihm nicht um „Wohnmaschine“. technisch-konstruktive Aspekte des Bauens (dann würde der Leitsatz auch eher form fol- Zwischen 1900 und 1930 wurde in den USA lows construction heißen), sondern der Begriff der Begriff organisch zu einem Schlüssel- Funktion umschrieb Bedürfnisse und Raum- begriff. Die Bauwerke sollten den Bedürfnissen ansprüche (→Kruft74 | 1985: 411). der Nutzer angepasst werden. „Organisch“ suchte die Form in der Natur, versuchte aber Aus dem Leitsatz von Sullivan machte Wright nicht, die Natur nachzuahmen (Elser | 2001). ein „form and function are as one“ (Wright | Die Form ergab sich fast automatisch, wenn 1958 → Pfeiffer 1995: 261). Ihm war es wichtig, der Gestalter alle Aspekte der Funktion eines eine Einheit zwischen Gestaltung, Funktion Gebäudes berücksichtigte, so wie „die Natur“ und konstruktiven Aspekten zu erreichen. In für jedes Lebewesen die aus der Lebensweise diesem Sinn nutzte Wright den Begriff abgeleitete Funktion in eine Form übertrug. organisch.

Die Debatte zur „organischen Architektur“ Durch die Einordnung in die Debatte seiner nahm in den USA einen breiten Raum ein. Zeit, wird deutlicher, was Wright unter Dabei gibt es keine klare, allgemeingültige „organischem Stil“ verstand. Letztendlich Definition für den Begriff. Der Begriff wurde wurde der Begriff von ihm in seinen Texten von vielen Planern und Architekten genutzt aber nie abschließend definiert, sondern nur und dabei oft unterschiedlich definiert. „unterschiedlich eingekreist“ (Kruft | 1985: 498). Der Wright-Schüler Aaron G. Green Auch Wright nutzte den Begriff. Seine Vor- verwies in seiner Arbeit auf die auch von stellungen waren eng mit den Überlegungen Wright oft verwendeten Synonyme „nature“, innerhalb der „Chicagoer Schule“, verknüpft - „natural logic“ „nature’s logic“ oder „rational“ einem Kreis von Architekten, die sich zu (Green | 1988 → Pfeiffer, Nordland | 1988: Beginn des 20. Jahrhunderts den Fragen einer 134), um den Begriff zu erklären. Robert „organischen Architektur“ stellte. Wichtigste Twombly definierte für Wright den Begriff Vertreter waren Louis Sullivan72 und John folgendermaßen75: „If a building is organic, it Welborn Root73. In Sullivans Architekturbüro is harmonious in all its parts, a coherent ex- pression and unification of its environment, its inhabitants, materials, construction metho- 72 Die Chicagoer Schule hatte vor allem im Mittelwesten der USA einen starken Einfluss auf die Architektur. Die Architektur der Ost und der ds, site, purpose, cultural setting, and of the Westküste blieb dagegen mehr vom Klassizismus geprägt. ideas which called it into being, each being a 73 Root war Partner im Büro von Daniel Burnham, das in Konkurrenz zu dem Büro Sullivan & Adler stand. Für Root darf ein Ornament die 74 Hanno Walter Kruft hat darauf hingewiesen, dass Sullivans Leisatz Konstruktion eines Gebäudes nicht vertuschen und sollte keine Schein- oft in diese technische Richtung ausgelegt wurde. (Kruft | 1985: 410 ff) funktion übernehmen. Die Betonung der Funktion und der Kampf gegen die Ornamentik waren Versuche, eine neue eigene amerikanische 75 Walter Hanno Kruft hält diese Definition aber für „höchst komplex Architektur zu entwickeln. und dennoch unbefriedigend” (Kruft | 1985: 498)

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consequence of the others. An organic struc- Ursprung. Das Ursprüngliche“ (Wright | 1957 ture defines and prophesies life, grows along → Wright | 1966). with those who use it, assumes its own ‚essen- Seine Architektur, sein Stil sind nichts künst- tial reality’ or ‚internal nature’, and, by in- liches, nicht von Moden oder Zeitgeist be- cluding everything necessary and nothing un- einflusst, sondern vollkommen, passend, rein. necessary for solving the immediate archi- tectural problem, is as unified and as econo- 2. Einklang zwischen Raumprogramm und mical as nature itself” ( Twombly | 1973: 235 f.) Gestalt Deutlich wird dadurch, dass der Begriff für Aaron Green beschrieb die Entwurfsmethode Wright eine ästhetische, eine soziale und eine von Wright, wo die Entwurfsidee immer auch technische Komponente enthielt: mit den Raumansprüchen und Bedüfnissen der zukünftigen Nutzer in Einklang gebracht wur- [Organisch ist, ... ] de. Er hatte, so Green, die unglaubliche Fähig- > wenn Architektur einen Einklang mit der keit, die Belange der Umgebung mit den Be- Umgebung (Natur) herstellt langen der Benutzer in Einklang zu bringen.76 > wenn die Bedürfnisse und Rauman- (Green | 1988 →Pfeiffer, Nordland | 1988: 136): sprüche der Bewohner und Nutzer durch „Contrary to the general misconception, Architektur umgesetzt werden Frank Lloyd Wright was not dictatorial in > wenn konstruktive Elemente auch considering the needs of his clients, not was he gleichzeitig künstlerische, ästhetische adamant against changes. I have been present Ansprüche erfüllen on various occasions when he agreed to a > wenn die Architektur und die Form der client’s request for a functional revision; see- Stadt höheren (gesellschaftsbildenden) mingly relishing the opportunity to improve Zwecken dient the design. Only if a request appeared frivo- lous or illogical, or violated his aesthetic prin- 1. Einklang mit der Natur ciples, would he be steadfast in opposition” | → | Den Begriff „Natur“ verwendete er im Sinne (Green 1988 Pfeiffer, Nordland 1988: 136). von „Naturgesetzen“, etwas, dass ohne Beim Wohnungsbau versuchte Wright indivi- Steuerung des Menschen gegeben ist, fast duelle Aspekte zu berücksichtigen und Wohn- etwas Apriorisches: „Ich möchte hier noch mal abläufe zu optimieren. Er beschäftigte sich mit die Verwirrung ausschalten, die allzu oft der Position der Küche innerhalb des Gebäu- durch meine Verwendung der Wörter ‚Wesen’ des und entwarf offene Wohnküchen. und ‚Natur’ verursacht wird. Vor vielen Wright überlegte sich vor dem Entwurf, wie die Jahren, als ich über das Thema der Menschen die Gebäude später benutzen wür- Architektur zu schreiben und zu reden begann, den und entwarf dann Räume, die diese Nut- verstand ich unter ‚Wesen’ und ‚Natur’ die zungsabläufe widerspiegelten. Dabei hatte er innere Essenz aller Ursachen und Wirkungen. auch bestimmte Prämissen und Ziele vor Au- Meine Bedeutung von ‚unverfälscht’ hielt gen, beispielsweise wollte er das Auto mit dem demnach das innere Wesen des dichterischen Wohngebäude in Einklang bringen. Den Blick Prinzips für richtig, woraus es auch immer aus dem Auto - die „Gabe der Geschwindig- bestehen mag und worin es sich auch immer keit“ - (Wright | 1957 → Wright | 1966: 143) offenbart. Dies war die Wahrheit jeden wollte er im Entwurf berücksichtigen. Alte Stile Gegenstandes und jedem Umstandes: Das war für mich der innewohnende Sinn von 76 „… amazing ability to synthesize all factors of environment and need” (Green | 1988 →Pfeiffer, Nordland | 1988: 136).

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konnten nicht übernommen oder einfach fort- Qualitätskriterien geführt werden, weil das Auto die Vorstellung von Raum radikal verändern und zu einer Natur, Landschaft, Land, Landwirtschaft und neuen Form von Architektur führen würde. Boden waren zentrale Begriffe bei Wright, die Für die Bedürfnisse der Zeit waren strom- Hinweise auf die neuen Qualitäten seiner Stadt linienförmige Bauten notwendig77. boten. Es waren seine Parameter, durch die räumliche Qualitäten geschaffen werden 3. Einklang zwischen Konstruktion und Form konnten. Alle wichtigen Qualitätskriterien der Edmon T. Casey, der in den 70er Jahren in Broadacre City waren stark auf den physischen Wrights Büro arbeitete, hat darauf hinge- Raum ausgerichtet. Hier begann Wright, sich wiesen, dass auch die Verschmelzung zwischen auf gestalterische Themen zu fokusieren. Technik und Ästhetik eine Charakteristik des Große Ausnahme bildete das Thema Boden, organischen Bauens ist78 (Casey | 1988 das eine starke bodenwirtschaftliche Kompo- →Pfeiffer, Nordland | 1988: 143): „Like the nente enthielt. Hier wagte Wright sich in fach- builders of Gothic cathedrals, Frank Lloyd fremde Disziplinen. Wright had an intuitive grasp of how to Natur und Landschaft integrate architectural expression with a pragmatic structural concept. This intuition Darstellung der Inhalte was the result of a lifelong curiosity and ab- Anstelle des von Rente und Zins tyrannisierten sorption with the study of the ‘nature’ of Stadtbürgers wünschte sich Wright für die Zu- things: nature not so much inthe sense of flora kunft einen Bürger der Landschaft, „from citi- and fauna, but in the sense of the message of zen to denizen of the landscape” (Alofsin | the structure of growth forms capable of 1989: 14). “Broadacres would be so actually expression as essence“ (Casey | 1988 →Pfeiffer, built in sympathy with omnipresent nature Nordland | 1988: 144). Auch Reyner Banham that deep feeling for the beauty of terrain zeigt anhand der Air-Condition in den Prärie- would be fundamental in the new city Häusern, wie Wright in seinen Gebäuden eine building: would seek beauty of landscape not Einheit aus Form und Konstruktion herstellte. so much to build upon – as to built with” Zur Kühlung nutze er keine technische Anlage, (Wright | 1958, → Pfeiffer | 1995: 291). die ins Haus eingebaut werden musste, sondern das Haus wurde so gebaut, dass es „See sizes and shapes of infinite fields well laid durch seine Konstruktion zur passiven out in good proportion each to each — and Kühlung der Luft im Raum betrug (Banham | man – built occupation of the whole, well 1967). adapted to natural contour— tillage itself a charming feature of the landscape; hedge ways, ravines and waterways themselves proper boundaries. Well, if you can see all this, rhythmic in relation to human use and

movement; well-placed buildings related to 77 „Ich glaube, dass das Auto heute das genaue Äquivalent der großen gotischen Kathedralen ist. Ich meine damit, eine große Schöpfung der well-placed roads in suitable places: if you can Epoche, die mit Leidenschaft von unbekannten Künstlern erdacht see ‘horizontal farming (contour plowing) wurde und in ihrem Bild, wenn nicht überhaupt im Gebrauch von einem ganzen Volk benutzt wird, das sich in ihr ein magisches Objekt zurüstet properly applied to regions and crops, pas- und aneignet” (Roland Barthes → Keck | 1991: o.S.). tures, animals, related to happy people; if you 78 „This perspective, the combination of artist and engineer, may be can see the varied, multiple parts all thus useful in examining the organic architecture of Frank Lloyds Wright” (Casey | 1988 →Pfeiffer, Nordland | 1988: 143). contributing to a great dramatic whole in

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which you sense the repose of individual hu- kanische Selbstverständnis maßgeblich ge- man contentment and the exuberance of plenty prägt. Der Transzendentalismus galt als Able- — the life of the imagination truly aesthetic, in ger des deutschen Idealismus. Als simple lifers the over-all view from wherever you may bezeichnet, forderten diese Denker, die um happen to stand — then you will get a glimpse 1850 in Concord, Massachusetts lebte, eine of the country-loving life in agronomy of the Vereinfachung des Lebens und die zeitliche Be- new Usonian city, belonging by nature to the grenzung des abhängigen Erwerbslebens, um national agronomy of our democratic future. mehr Zeit für Muse zu haben. Zu einer Haupt- The agronomic culture of the vast nation our linie seines Denkens gehört, dass er die Natur forefathers had some right to expect would für eine Geistig-Absolute hielt. „Die Natur ist come of what they were pleased to call alles und alles ist auch Natur, auch die Seele; Freedom. Then only will you see ” der Geist ist die Überseele (oversoul)” (Wright | 1958→ Pfeiffer | 1995: 291). (Schmidt | 1991: 162). Emerson setzte der ro- mantischen Vorstellung von Natur als Binde- Interpretation glied zwischen Mensch und Gott ein neues Bild Wie dargestellt wurde der Begriff „Natur“ bei gegenüber, wo die Natur zum Vermittler Wright in einem eher philosophischen Sinn zwischen „Ich“ und „Gemeinschaft“ wurde. Die verwendet. Er sprach von „Natur“ und meinte Natur/Wildnis, so Narciso Menocal, wurde sinngemäß „Natur der Dinge“, „Bestimmung“ zum Erlöser, der die Amerikaner von den oder „Wesen”. Fesseln der europäischen Geschichte befreite (Menocal | 1988). In der amerikanischen In Textstellen, die Rückschlüsse auf Quali- Wildnis, die man kultivieren musste, hatten die tätskriterien bieten, wendete er den Begriff puritanischen Siedler eine existentielle Gefahr „Natur“ anders an. Hier stand „Natur“ im Ge- und Versuchung gesehen. Auch europäische gensatz zur Kultur, umschrieb all das, was Intellektuelle betrachteten die Landschaften nicht vom Menschen gemacht wurde, d.h. die des amerikanischen Kontinentes oft als belebte Natur (Tiere und Pflanzen) und die minderwertig und glaubten, dass der unbelebte Natur (Steine, Flüsse, Berge, Gase, Kontinent einen negativen, entartenden Flüssigkeiten). Einfluss auf die Siedler (verwildern, verrohen) → | → John Michael Desmond machte deutlich, haben würde ( Gerbi 1973 und Commager | dass Wrights Naturverständnis stark von Giordanetti 1967). Die wilde amerikanische wichtigen amerikanischen Denkern, wie Natur als etwas Besonderes zu sehen, war Frederik Jackson Turner, Ralph Waldo damit ein erstes Loslösen von Europa und Emerson, Walt Whitman und Henry D. gleichzeitig ein Loslösen vom Kulturraum der Thoreau beeinflusst war. Seine Vorstellungen Stadt. waren stark an Mythen und kulturelle Tra- Henry D. Thoreau hatte vor allem sein Tage- ditionen geknüpft, die ihren Ursprung in der buch „Walden oder Hüttenleben im Walde“ Gründungsphase (Besiedlung des Westens) berühmt gemacht. Zwei Jahre lang hatte sich | hatten (Desmond 1996: 25). Thoreau in eine einfache Hütte am See Walden Ralph Waldo Emerson79 hat mit seiner Philo- in der Nähe von Concord, Massachusetts zu- sophie, dem Transzendentalismus, das ameri- rückgezogen. In dem Tagebuch beschrieb er sein Leben in dieser Zeit. Er warb für ein ein-

79 Ralph Waldo Emerson (1803 – 1882) war ein bedeutender US- amerikanischer Philosoph und Schriftsteller. In seinem ersten Buch dem europäischen Einfluss zu entfliehen. „Nature“ vertrat er die Meinung, dass Menschen in einfacher Art und Weise mit der Natur leben sollen. Er ermutigte amerikanische Gelehrte,

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faches, am besten nomadisches Leben oder für bewegung wurde die Natur bei Wright nicht das Leben in dem einfachen, aber eigenen nur Instrument zur gesellschaftlichen Stabili- Haus (oder Zelt). Aus seinen Erfahrungen zog sierung, sondern zum wichtigen erzieherischen Thoreau den Rückschluss, dass die direkte Mittel. Wright setzte der Stadt die Natur als Auseinandersetzung mit der Natur und den Ort der Freiheit entgegen, unterschied also Gesetzen der Natur wichtig für das Bewusst- zwischen >Kultur (=Stadt)< und >Natur<. Er sein des Menschen war: „Das Leben in unse- steht hier in der geistigen Tradition, wie sie bei rem Dorf käme ins Stocken, wenn nicht rings- Thoreau zu finden ist: „Thoreau-Jünger haben um die unerforschten Wälder und Moore wä- [...] die Naturverehrung in den USA zu einem ren. Wir brauchen die Wildnis als Stärkungs- Massenphänomen, ja fast zu einer Massenre- mittel (...). Wir sind bestrebt alles zu erfor- ligion gemacht; aber sie haben es gleichzeitig schen; gleichzeitig aber ist es uns ein Be- auch abgelehnt, den Menschen als Teil der dürfnis, dass alles geheimnisvoll und uner- Natur zu akzeptieren. [...] Ihnen verdanken forscht sei, dass Land und Meer unendlich wir den ungeschriebenen Grundsatz, nach wild, unermessen und unergründlich seien, dem Städte Orte sind, denen man entfliehen weil wir sie unermesslich und unergründlich muss, eine harmonische Wechselbeziehung haben wollen. Natur können wir nie genug zwischen Menschen und anderen Organismen haben. Nichts stärkt uns so sehr, wie der nur draußen auf dem Lande möglich ist, und Anblick unerschöpflicher Lebensfülle, unge- der Durchschnittsmensch zu laut, zu hässlich, heurer Naturgebilde, der Küste mit ihren zu abstoßend ist, als dass er als enger Nach- Schiffstrümmern, des Urwalds mit seinen le- bar akzeptiert werden kann“ (Anderson, benden und vermodernden Bäumen, der Ge- Edgar | 1957 → Franzen, Krebs | 2005: 78). witterwolke, des drei Wochen lang dauernden Wright ging mit seinem Stadtmodell einen Regens, der Überschwemmungen verursacht. Schritt weiter. Er überformte sowohl die Natur Es ist uns ein Bedürfnis, mit anzusehen, wie als auch die Stadt und schaffte eine Symbiose unsere eigenen Grenzen überschritten werden, aus dem bisher gegensätzlichen Begriffspaar. wie Leben sich ungehindert entfaltet, wo kein Ein Gebäude war für ihn Teil der Natur; Mensch je hinkommt“ (Thoreau | 1854: 445 ff.). ebenso bildete seine Stadt ein Stück Land- Natur wurde bei Thoreau zur Quelle der Inspi- schaft. Die Mischung aus freien Naturräumen ration, weil die Natur im Wechselspiel mit dem und den auf den Einzelnen und seinem Be- Siedlungsraum ein Konzept des Drinnen und dürfnis nach Land ausgerichteten Siedlungs- Draußen generierte: „Wenn wir in die Natur räumen kombinierte Wright zur Stadt-Land- >hinaus< gehen, erwarten wir, dass unsere schaft. Damit stand er an der Schwelle, den Batterien wiederaufgeladen werden, die des- Dualismus Natur – Kultur (Stadt) zu über- halb >leer< geworden sind, weil wir >in< winden. Er argumentierte von diesem Dualis- unseren sozialen Nischen geblieben sind. Aus mus aus, aber er begann ihn aufzulösen, indem biozentrischer Perspektive ist die Wildnis ein er sich einem Begriff näherte, der dann Ende Bollwerk der Freiheit und Rechte der wilden, des 20. Jahrhunderts in der Raumplanung nicht-menschlichen Gemeinschaft” (Franzen, bedeutend wurde, nämlich dem Begriff der Krebs | 2005: 123). Thomas Jefferson sah die >Landschaft<. „Architecture and Acreage80 Rolle der Architektur darin, das Bewusstsein together are landscape“ (Wright | 1958 → für Landschaft in der Gesellschaft durch eine entsprechende Architektur zu erhalten. Solche 80 Ideen griff Wright auf. Ganz in der Tradition Umrechnung: 1 Acre = 1 Morgen Land = 40,5 ar. Der Begriff „Acreage“ bedeutet so viel wie „das Land, Anbaufläche der der nordamerikanischen Nationalpark- Landwirtschaft”.

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Pfeiffer | 1995: 296). Wright entwickelte ein Ästhetik (Wright |1932 → Pfeiffer |1993: Verständnis von Landschaft, so wie es später 286).84 „Ground space is the essential basis of von den Cultural Landscape Studies ver- the new city“ (Wright |1932 → Pfeiffer |1993: wendet wurde. Die Landschaft, ein Raum, der 91). aus von Menschen gemachten und natürlichen In der Stadt war der Quadratfuß (square Elementen besteht und der nicht mehr zwi- foot85) die bestimmende Maßeinheit. In der schen Architektur- und Naturelementen oder Broadacre City würde der Acre86 zum wichtig- zwischen Stadt und Land unterscheidet. sten Maß für die Bodeneinteilung (Wright | → | 87 Land, Landwirtschaft und Boden 1958 Pfeiffer 1995: 281) werden.

Kernaussagen der These Neben der Natur beschäftigte sich Wright in seinen Texten auch mit Land, d.h. dem Raum und dem Thema Grund und Boden, Grund- besitz81.

Wright appellierte daran, sich an die amerika- nischen Wurzeln der frontier-Zeit zu besinnen, d.h. die Zeit der Pioniere, als das Land noch [ ] nicht erschlossen war, sondern die ungeheuer Abb.14 Größenverhältnisse 1 square foot – 100 square foot – 1 acre Eigene Darstellung großen Gebiete des amerikanischen Kon- tinentes mit den unberührten natürlichen Hier machte Wright eine der provokantesten Reichtümern offen lagen. Diese Nation war ein Forderung seines Stadtmodells: Zunächst Versuch der Freiheit, ein Einwanderungsland, forderte er für jede Familie einen (=1) Acre | [ das jedem (Wright 1945 Usonia. When De- Land (0,405 ha) Grundbesitz. Später forderte ] 82 mocracy Builds : 31) offen stand, welcher der er sogar für jeden Menschen (Mann, Frau, alten, europäischen Gesellschaften entfliehen Kind) einen eigenen Acre. In „When demo- wollte. Dafür stand der jungen Nation uner- cracy builds“ begründete er den Maßstabs- messlich viel, unerschlossenes Land zur Verfü- wechsel von Foot auf Acre mit den neuen 83 gung . Land war das Freiheitsversprechen räumlichen Dimension, die das Auto mit sich und es wäre daher unamerikanisch, sich bringen würde. In „The Living City“ rüstete er diesem Drang nach Land, nach der eigenen nach und rechnete aus, dass alle Menschen, Scholle, durch eine reglementierende wenn sie sich dicht stehend nebeneinander Siedlungspolitik zu widersetzen. Boden durfte in Broadacres nicht gehortet werden können. Erst ein vollkommen unreglementierter Bo- 84 „Common realty achieved by way of taxation on communal resources, as Henry George pointed out with complex logic, is entirely denmarkt war für Wright wirklich demokra- democratic. His ‚single tax’ was only an expedient and never intended tisch und sorgte gleichteitig für eine neue to be taken as a complete solution of our land problem. Serving its purpose: when economic liberation of land and money is duly effective, none may say how far man`s cultural liberation may go with greater 81 aesthetic uses of his ground by way of the vast mechanical resources Im Amerikanischen hat das Wort „Land“ drei Bedeutungen. Land developed in the past century.” heißt: (1) Das Land, (2) Das Land, der Boden und (3) der Grund und Boden, Bodenbesitz. 85 1 square foot = 0,9290304 m2 82„A nation found on the best and worst of everything.“ 86 1 acre = 4046.8564224 m2 83 “A life there to be in the image of the great ideal of freedom — at 87 „In this city of today, as of yesterday, ground space is reckoned by home on vast incomparable ground” (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: the square foot. In the organic city of tomorrow ground-space will be 266). reckoned by the acre” (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 281).

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stellen, nur die Fläche der Bermudainseln ein- strument, das im Folgenden kurz dargestellt nehmen würden. Daher sei genug Fläche vor- werden soll: handen, um jedem Menschen mindestens ei- nen Acre Fläche zur Verfügung zu stellen 1 Acre als agrarpolitisches Instrument (Wright | 1958). Acre ist eine alte Maßeinheit, die eine Fläche bemisst, die ein Ochse braucht, um an einem Mit 1 Acre/Person stünde den Bewohnern der Tag, ein Feld zu pflügen. Es ist eine Maßeinheit Broadacre City die Möglichkeit für Voll- und des Landes, keine rationelle oder städtische Nebenerwerbslandwirtschaft offen. Bisher Einheit. Es ist eine Maßeinheit, die nur in einer wurde der Farmer von der Großstadt, dem vorindustriell agrarischen Gesellschaft Sinn „großen Maul, das der Farmer unablässig zu macht. füttern hatte“ (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 314),88 ausgebeutet. In der Broadacre City Der Rückgriff auf agrarische Strukturen war sollte der Stadtbürger nicht mehr vom Farmer eine Reaktion auf die Rezession. Darauf hatte versorgt werden, sondern sollte auch die Mög- Marion Birsley, Wright-Schülerin, hinge- lichkeit bekommen, sich selbst mit Lebens- wiesen. Wright erschien eine agrarische Ge- mitteln zu versorgen (Wright | 1958 → Pfeiffer | sellschaft stabiler als die städtische Gesell- 1995: 314). Dafür sollten Formen von tech- schaft. nisch versierten Intensivlandwirtschaften ge- nutzt werden. Unterschied zu dem bisherigen Es lässt sich beobachten, dass nach Krisen System sollte sein, dass die landwirtschaft- häufig agrarische Lebensformen gefordert lichen Produkte im Direktverkauf angeboten werden. Nach der Weltwirtschaftskrise war werden und damit Kostensteigerungen durch dieser Rückgriff auf alte Gesellschaftsstruk- die bisher „allgegenwärtigen Mittelsmänner“ turen nicht ungewöhnlich. Der ‚yeoman,’ der (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 314)89 freie Bauer, wurde zur zentralen Kulturfigur vermieden werden würden. Der Farmer blieb des amerikanischen Geisteslebens im 19. Jahr- | in Wrights Konzept auf seiner Scholle, solange hundert (Waechter 1996: 310). Für Georgio er sie nutzte. Ciucci steht Wright in der Tradition der south- ern agrarian „The idea of distribution of land Interpretation der These to all, of artisan work and work in small industries integrated with that of agriculture, 1 Acre/Familie oder gar 1 Acre/Person war die of autonomous and responsible government, wohl einprägsamste Forderung der Broadacre and of technology applied to the land became City. In der Literatur zu Wright wurde der 1 common points of reference in the evolution of Acre/Familie-Person meist nicht als ernsthafte American agrarian ideaology, right down to Forderung angesehen, denn dafür müssten the subsistence homestead program of the umfassende Bodenreformen umgesetzt werden New Deal“ (Ciucci | 1973: 294 ff.). Der Schutz (Smith, Fishman). Man ging eher davon aus, der landwirtschaftlichen Lebensweise und des dass 1 Acre ein Kunstgriff oder Symbol war. 1 Bodens als Wirtschaftsgutes für die Landwirt- Acre/Familie-Person war für Wright ein schaft war auch ein Ziel des new deals. Der wichtiges agrarpolitisches, bodenpolitisches, Agricultural Adjustment Act (AAA) der sozialpolitisches und stadtgestalterisches In- Roosevelt-Regierung von 1938 bot den ver- armten Farmen wirtschaftliche Unterstützung. 88 „Cities are huge mouths. Essentially the farmer is food-aster for the Mit dem Soil Conservation and Domestic great mouth” (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 314). Allotment Act von 1936 wurde den Bauern 89 „... ubiquitous middleman, too often now a ‚Sinbad, the sailor’ will be Land kostenlos übergeben, um durch diese off the farmer’s back” (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 314)

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Subvention die landwirtschaftliche Produktion shall be vacant land in any part of America” im Land sichern zu können. Der Staat sicherte (Jefferson | 1787 → Griswold | 1946: 668).91 den Bauern auch bestimmte Mindestpreise für Bedingung für den Erhalt der Landwirtschaft ihre Produkte zu [Laws of Congress, 75th war, dass die frontier erhalten blieb, denn sie Cong., 3rd Sess., Chap. 30; Congressional war Garant dafür, dass hinter der Grenze der Record, 75th Cong., 3rd Sess., Appendix, p. Zivilisation immer noch offenes, freies Land 810.] Landwirtschaft war nicht mehr rentabel, zur Verfügung stand. Der Begriff frontier be- aber es war politisches Ziel, die Landwirtschaft schreibt die Grenze zwischen kultivierter und zu erhalten und nicht den Kräften des freien noch nicht kultivierter Welt und ist ein Leit- Marktes zu übergeben. Das National Resources thema in der amerikanischen Kultur. Mit der Planning Board schlug den Bau von Wohnsied- „frontier-These“ ist der amerikanische His- lungen mit Selbstversorgergärten vor: Ciucci toriker Frederik Jackson Turner bekannt stellt bei Wright Bezüge zu dem Manifest für geworden. „This ever retreating frontier of eine agrarische Gesellschaft von Hilaire free land is the key to American development” Belloc (1911) fest. Als Modell diente Belloc die (Turner | 1901 → Waechter | 1996: 101). Diese agrarische Gesellschaft des späten Mittelalters, um 1800 noch unermesslich scheinende Mög- eine Kultur, die auf der Verteilung produktiven lichkeit für eine immer weitere Expansion nach Eigentums und Landbesitzes begründet war Westen, sorgte in den Augen von Turner und (Ciucci | 1973: 297). Parallelen gibt es auch zu vieler seiner Zeitgenossen für eine gesell- John Ruskin, der für jeden Mann genau so viel schaftliche Stabilität. Auch der nächste Siedler Land forderte, wie der zum Leben brauchte: „I hatte die Möglichkeit, sich sein eigenes Land affirm the one principle that each man shall anzueignen. Gesellschaftliche Konflikte (Streit, possess the ground he can use — and no more Kampf um Siedlungsraum) konnten vermieden — USE I say, either for food, beauty, exercise, werden, weil es immer die Ausweichmöglich- science, or any other sacred purpose... That keit gen Westen gab. Die frontier wirkte wie each man shall possess for his own, no more ein „safty valve“ (Sicherheits- oder Überlauf- than such position” (Ruskin | 1880 [Letters to ventil). Jefferson ging davon aus, dass die Working Man] →Sergeant 1976: 133). Der Besiedlung des gesamten Kontinentes Jahr- Rückgriff auf agrarische Strukturen war zu hunderte (mind. 100 Generationen) brauchen Wrights Zeit also ein durchaus ernst genom- würde (Franzen, Krebs | 2006: 91). Er hatte mener Ansatz. nicht mit einer so raschen Besiedlung gerech- 1 Acre als sozialpolitisches und bodenpoli- net, wie sie dann durch den Bau der Transkon- tisches Instrument tinentalen Eisenbahn und neuer Kommuni- kationsmittel in den 1870er und 1880er Jahren Die Wurzeln für das agrarisch geprägte Denken stattfand92. Statt der 100 Generationen war die liegen bei Thomas Jefferson. Jefferson glaubte, Besiedlung von Küste zu Küste nach fünf dass die amerikanische Gesellschaft stabil und Generationen abgeschlossen. Schon 1890 demokratisch bleiben würde, solange an verkündete die Zensusbehörde die Schließung ländlichen Lebensstilen festgehalten wird90. „I der Besiedlungsgrenze. Es gab keine frontier, think our government will remain virtuous for many centuries as long as there are chiefly 91 agricultural; and this will be as long as there Wright äußerte sich in den Kahn Vorlesungen ähnlich radikal: „Even the small town is too large ... Rualism as distinguished from Urbanism is | [ ] → America and truly democratic (Wright 1931 Kahn Lectures Alofsin | 1989: 13). 90 Jefferson war Gegner von Hamilton im Kongress, der sich für die Industrie als Kernwirtschaftszweig, das städtische Leben und den 92 Von 1865 bis 1900 wurde mehr neues Land gewonnen als in den Norden einsetzte. Jefferson war für den Süden und für das Landleben. 250 Jahren zuvor (Waechter | 1996: 80).

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keine Expansionsmöglichkeit gen Westen summons to accept its conditions; the mehr. Die Schließung der frontier und damit, inherited ways of doing things are also there; so Turner, das Ende der Pionier-Ära, fiel in and jet, in spite of environment, and in spite of eine Krisenzeit. Die Landwirtschaft machte custom, each frontier did indeed furnish a new eine Agrarkrise durch93. Hinzu kam eine Welle field of opportunity, a gate to escape from the von neuen Immigranten aus Europa, gegen die bondage of the past; and freshness, and sich – vor allem bei den Farmern – Widerstand confidence, and scorn of older society, formierte. Die Wirtschaft wandelte sich von ei- impatience of its restraints and its ideas; and ner mittelstandsgeprägten Ökonomie zu einem indifference to its lessons, have accompanied corporate capitalism, einer von Monopolen the frontier. What the Mediterranean Sea was und dem Finanzkapitel in den Städten stark to the Greeks, breaking the bond of custom, wachsenden industriellen Gesellschaft. Ame- offering new experiences, calling out new rika wandelte sich von einer ländlich- institutions and activities, that, and more, the agrarischen zu einer industriell-städtischen ever retreating frontier has been to the United Gesellschaft, als Turner mit seiner These nun States directly, and to the nations of Europe rückwirkend die Bedeutung dieser frontier für more remotely. And now, four centuries from das amerikanische Bewußtsein in den the discovery of America, at the end of a Vordergrund stellte und damit der sich rasant hundred years of life under the constitution, ausbreitenden Gesellschaft die jüngste Vergan- the frontier has gone, and with its going has genheit als Verklärung94 gegenüberstellte. closed the first period of American history” (Turner | 1893). Die frontier war für Turner mehr als nur ein sozialpolitisches Instrument zur gesellschaft- Die Besonderheit der USA war das Ver- lichen Stabilisierung. Die frontier hatte stetig sprechen nach eigenem Land. Diesem Ideal ein „Feld an Möglichkeiten“ geöffnet. Zentral wollte Thomas Jefferson uneingeschränkt für Turner war, dass die frontier den Pionier- nachkommen. Jeder sollte die Möglichkeit individualismus geformt hatte. Die Erfahrung bekommen, Land zu besitzen: Die amerika- mit der frontier machte die Amerikaner selbst- nische Verfassung war auf der Unantastbarkeit bewußt. Sie hatten gelernt, sich eigenständig des Lebens (life), der persönlichen Freiheit und oder kollektiv-nachbarschaftlich zu behaupten Unabhängigkeit (liberty) und dem unantast- und standen der Regierung misstrauisch baren Recht auf Selbstentfaltung gegründet. gegenüber. Für Turner hatte die frontier eine Mit dem Recht auf Selbstentfaltung (pursuit of stark demokratisierende Wirkung. Mit ihrem happiness) war das Recht auf persönlichen Verschwinden musste nun eine neue Basis ge- Besitz umschrieben. In der Ursprungsversion funden werden, um die an der frontier ent- der Verfassung von Jefferson und bei John wickelten Tugenden (Freiheit, Souveränität, Locke sprach man direkt von life, liberty and Individualität, Tatendrang, Experiementier- property (Homepage DHM). Wright knüpfte freude etc.) zu erhalten. „The stubborn Ameri- an diese Denktradition an. Wie Jefferson oder can environment is there with its imperious Thorstein Veblen glaubte Wright, dass eine schollen-orientierte Gesellschaft bester Garant

für eine sichere Gesellschaft sein würde 93 Zu der Zeit lebten noch 46,7 Prozent der Amerikaner auf einer Farm | (Waechter | 1996: 80). (Sergeant 1976: 129): „Der Bürger braucht keine Burg als Heim, sondern sein Land, 94 Ein Kritiker der frontier-These von Turner war auch Lewis Mumford, der über Jahre mit Frank Lloyd Wright befreundet war, die sich aber seinen eigenen sonnenbeschienenen Rasen, inhaltlich immer mehr verstritten. Die 30-jährige Korrespondenz oder Wald oder Strand. Diese Art des Heimes zwischen Mumford und Wright hat Bruce Brook Pfeiffer 2001 als Buch herausgegeben. (Pfeiffer, Wojtowicz | 2001) ist der Zufluchtsort für den Geist des Men-

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schen als Individuum. In seinem eigenen Heim their existence” (George | 1880: 7 →Ciucci | wäre der Bürger von Broadacre nicht nur 1973: 337). 99 unerschüttlich. Er wäre unverletzlich. Unsere Wrights 1-Acre-Forderung war keine sozialis- Nation unzerstörbar! Der Bürger wäre der tische Aussage. Es ging ihm nicht um die Ent- wahre Exponent des wahren Verhältnisses des eignung von Boden oder die unterschiedslose Menschen zu seinem Mitmenschen, weil er Verteilung von Boden auf die gesamte Bevöl- selbst ein Mitmensch ist. Er ist das Land” kerung, sondern er skizzierte hier eher eine (Wright | 1963: 209). Land konnte die Men- marktkonforme aber dennoch radikal uto- schen formen; eigenes Land machte aus den pische Eigentumsförderung. Wenn Boden als Menschen Souveräne. Gut knapp gehalten wird, so Wrights Logik, Die frontier hatte aber auch eine bodenpoli- fördere das vor allem die Spekulation mit Bo- tische Dimension. Um 1890 wurde von ver- den. Wenn tatsächlich alle Menschen der Erde schiedenen Sozialwissenschaftlern und in einer hochverdichteten Stadt auf der Bermu- Nationalökonomen, wie beispielsweise Richard dainsel leben würden und der Rest der Welt T. Ely95, Francis Walker96, Acille Loria97 und unbebaut bleibt, dann würde man in dieser Henry George die Bedeutung von freiem Land sehr dichten Stadt exorbitante Bodenpreise im Hinblick auf die Wirtschaft diskutiert. Für und Abhängigkeiten erzielen. Wright forderte Henry George98, auf den sich Wright in seinen dazu auf, die Gunst der Stunde (das Überlegungen zur Stadt bezieht, war Klassen- Automobil, das die Erreichbarkeit erhöht) zu kampf weniger ein Kampf zwischen Arbeit und nutzen, um mehr Bauflächen außerhalb der Kapital (wie bei Karl Marx), sondern zwischen Stadt zu erschließen und Boden so nicht zu Arbeit und Bodeneigentum (Sergeant | 1976: einem knappen und damit spekulationsan- 129). George entwickelte seine Idee der ‚Single fälligen Gut werden zu lassen. Die 1-Acre- Tax,’ womit die Bodenwerte steuerlich belangt Forderung ist eine extreme Ent-Knappungs- werden sollten. Das Horten von Land würde Strategie: Bauland und Boden wird unendlich, dadurch unrentabel gemacht werden. Landbe- damit als Ware und Spekulationsobjekt sitz wäre für die breite Masse der Bevölkerung unattraktiv. Wenn in einer Volkswirtschaft möglich. Für George wäre damit ein Grund- jede Person so viel Land besitzen würde, wie bedürfnis, sogar Grundrecht der Bürger sie bracht, dann würde es in dieser verwirklicht: „The equal right of all men to use Volkswirtschaft keinen Bodenmarkt geben. land is as clear as their equal right to breath Aus bodenpolitischer Sicht war 1 Acre ein Sym- air – it is a right proclaimed by the fact of bol für die Eliminierung des Bodenmarktes.

95 Richard Theordore Ely (1854 – 1943) amerikanischer Ökonom, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Wisconsin University. Frederik Jackson Turner hatte als Student bei Ely gelernt. 96 Francis Amasa Walker (1840–1897), US-amerikanischer Statistiker und Volkswirtschaftler. 99 Diese reformerische Bewegung mit Männern wie George, D.C. 97 Douglas oder Veblert kritisierte nicht nur die Stadt, sondern kritisierte Acille Loria vertrat die These, dass die Löhne der Arbeiten hoch das gesamte Wirtschaftssystem. Sie bemängelten, dass die Wirtschaft bleiben, solange es einfach verfügbares und günstiges Land (eine auf die Bedürfnisse der Produktion, nicht aber auf die Konsumption Alternative zur Industriearbeit) gibt. Erst mit der Verknappung des ausgerichtet war. Der Reformer C.H. Douglas beobachtete ein Bodens und damit Verteuerung war die Landwirtschaft nicht mehr Missverhältnis zwischen niedrigem Einkommen und hohen Verkaufs- effizient und trieb die Menschen in die Lohnarbeit und sorgte so dafür, preisen, die zu Absatzschwächen führten. Für die durch die Massen- dass ein Hochkapitalismus entstehen konnte. (→ Waechter | 1996: produktion produzierten Waren gab es keinen Markt, weil die Arbeiter 102). zu geringe Löhne erhielten. Diese Lücke wurde von Banken gefüllt, die 98 Henry George (1839-1897), amerikanischer Ökonom, Autor des Darlehen anboten und dafür Zinsen nahmen. C.D. Douglas schlug vor, die Macht der Banken einzuschränken und gerechte Preise für die Buches „Progress and Poverty”. George wurde in den 1890ern Waren festzulegen. Hier wird deutlich, dass Wrights Überlegungen im kontrovers diskutiert. Louis Sullivan, sein Lehrmeister, war Miitglied der Kontext dieser wirtschaftswissenschaftlichen Diskurse standen. Georgist Group (→ Sergeant | 1976: 129).

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1 Acre als stadtgestalterisches Instrument this, democracy actually comes alive and will Mobilität und große Entfernungen gehören zu plan the new city now already under way | → | den Charakterzügen des amerikanischen with no plan” (Wright 1958 Pfeiffer 1995: Raums (Opie | 1996 → Franzen, Krebs | 2006: 293). Die Jugend müsse daher so erzogen 93). Wright wollte das Raummaß verändern, werden, dass sie “innere Schönheit” sieht und weil er die weite Landschaft – die Horizontale ein Gefühl für organisches Bauen bekommt. – für eine transzendentale Verheißung hielt: Der Künstler kann diesen Weg zur organischen „The Country, offers an unbroken horizon, the Ästhetik aufzeigen. Der Künstler sei der “quali- monotony of an endless road, of vast uniform fizierte Führer einer Gesellschaft” und sollte plains, of distant mountains, the melancholy genutzt werden, um organisches Bauen als of uniform and infinite vegetation; the objects Voraussetzung für die neue Stadt zu vermitteln | → | 101 on the road are few and worthless, the eye is (Wright 1958 Pfeiffer 1995: 307). invited ever to the horizon and the clouds. It is Vereinzelnd finden sich Aussagen zu Planungs- → the scholl of Reason” (Emerson White+ schritten und politischen Maßnahmen. Hier | White 1960: 35). Weitläufigkeit bildete für ihn erwähnte er, dass das bisherige Planungs- und ein ästhetisches Kriterium. Baurecht überarbeitet werden muss. Wright beschrieb nicht, wie diese Planungsin- Umsetzungsstrategien strumente und Gesetze aussehen könnten. Aber er gestand ein, dass Planung und Archi- Darstellung tektur notwendig sind. Fragen der Umsetzung standen bei Wright nicht im Vordergrund. Er beschäftigte sich nur Sehr allgemein spricht er davon, dass es auf „einer gerechten Grundlage“ möglich gemacht am Rand damit, wie seine Ideen in die Praxis umgesetzt werden könnten. Wright erkannte werden muss, dass Land für jedermann zur Tendenzen, die von sich aus auf eine weit- Verfügung steht: „If organic architecture is to function for mankind architecture must läufige Stadtlandschaft hinauslaufen wür- den100. Er empfahl, vorhandene Tendenzen zu command every spezial purpose. Spacious nutzen. Es sei „wie ein Zug, auf den man ground must be made available on some fair basis and be legally considered an element aufspringen kann”, um aus den räumlichen Entwicklungstendenzen eine neue bessere having intrinsic value – as free to men as are | → | Stadtform zu gestalten (Wright | 1939 other elements” (Wright 1958 Pfeiffer 1995: 293). An anderer Stelle heißt es: „Make →Pfeiffer | 1993: 305). Aus seiner Sicht bot sich die Möglichkeit, den Raum ohne großen good ground free, available to good men for Plan zu verändern. Nur “minderwertige humane uses. As for the poor, subsidize traffic to the country, modify terms of ownership so Traditionen” würden dem möglichen Wandel im Wege stehen: “As loves must die because that every man may have incentive to work Love must live,’ so organic architecture had and learn to make good use of men’s tools on fair terms. All that is necessary for the new learned that these too many minor traditions must die in order that the great Tradition we city of decentralization to spread wide, grow were all born to serve, may live. When we face strong, the citizen free. Otherwise no city will grow strong and free, and we are doomed to 100 „Nevertheless the free city we are considering is squarely within the laws of Change and is already here all around us in the haphazard making, the apparent forces to the contrary nonwithstanding. All about 101 „... he [The creative artist ] is by nature (and by office) the qualified us and no plan. Even in us – as we now are. The old order is breaking leader in any society, natural, native interpreter of the visible forms of up under the load our sensless weight puts upon us whether we any social order in or under which we choose to live” (Wright | 1958 → subcribe or do not subcribe” (Wright | 1958 →Pfeiffer | 1993: 295) Pfeiffer | 1995: 307)

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life more and more vicarious and deformed” fen, dass die neue Siedlungsform die Land- (Wright | 1958 → Pfeiffer | 1995: 288). schaft zerstört und keine Harmonie (Re-Inte- gration) entstünde. Dann erwähnte er ein aus seiner Sicht beson- deres Aufgabenfeld der usonischen Stadt- Wright war klar, dass ohne bodenordnerische planung. Für das Wachstum und die Entwick- Maßnahmen die Auflösung der Städte und die lung der neuen Stadt ist das Straßenverkehrs- Entstehung der Stadtlandschaft nicht erfolgen netz von besonderer Bedeutung. Wright konnten. So wie es politische und planerische schloss daraus, dass Stadtplanung mit der Mechanismen gab, die eine dichte Stadt be- Verkehrsplanung beginnt: “The regenerated wirkten, so müssen nun die Rahmenbedin- Broadacres architect first enters upon this gungen auf den Bau der weiten Stadtlandschaft organic Usonian scene as master, the road- ausgerichtet werden. Aber er führte nicht builder and the bridge-builder. Superhigh- weiter aus, welche politischen Konzepte hierfür ways, the tributary hard road and bridges notwendig sind103. Wright stellte hier funda- being now architectural factors of funda- mental neue Ziele auf, aber er ließ offen, wie mental if not of greatest importance” (Wright man sie umsetzen konnte. [When Democracy Builds] 120).102 Auch die Sensibilisierung der Gesellschaft für Interpretation eine neue (organische) Ästhetik hinterläßt offene Fragen. Wright ging davon aus, dass Zunächst wirkt es widersprüchlich, wenn organische Architektur dem Wesen der Men- Wright auf der einen Seite davon sprich, dass schen entsprach, demnach vom Einzelnen auch Broadacres ohne Plan bereits am entstehen sei, umgesetzt werden würde. Aber um den Einzel- dass man nur den Sinn für organisches Bauen nen in die Souveränität und Stilfreiheit zu ent- verinnerlicht haben müsse, auf der anderen lassen, war ein gewisser Grad an intellektueller Seite aber doch Reformen und Gesetzesno- und kreativer Reife notwendig. Wright vellierungen notwendig sind und die Künstler schwebte demnach eine Art „organische und Architekten zur Führungsgarde ausgebaut Aristokratie“ vor. Wie in antiken griechischen werden müssen. Stadtstaaten musste der Mensch, um in Fragen Wenn man die Forderungen in eine zeitliche der Ästhetik selbstständig sein zu dürfen, erste Reihenfolge stellt, wird Wrights Gedankengang gewisse geistige Qualitäten und Kompetenzen klarer. Die Bodenreform und Novellierung des erfüllen. Wrights Broadacres konnte mit Baurechts und die Sensibilisierung für eine ungebildeten, ästhetisch ungeschulten neue Bauästhetik waren wichtige Vorarbeiten. Bewohnern nicht funktionieren. Der von dem Dezentralisierungstendenzen wirken bereits, Architekten eingeleitete Umbau war d.h. die weitläufige Stadt wird aus Wrights gleichzeitig erster Schritt, um aus der Masse Sicht von alleine entstehen. Aber für eine demokratiefähige und baukulturell geschulte ästhetisch qualitätsvolle und für eine gerechte Menschen zu machen. Das Land/die Natur Form war eine Bodenreform und die Ver- würde den Einzelnen ästhetisch schulen. mittlung organischer Werte notwendig. Ohne begleitende Konzepte würde man Gefahr lau-

103 Als Maßnahmen denkbar sind hier beispielsweise: Eigenheim- 102 Übersetzung Jäger 1950: „Der innerlich frei gewordene Architekt förderung, die Subventionierung des privaten Verkehrs, Kilometer- betritt die usonische Szene zuerst als Straßen- und Brückenbauer. pauschalen oder Baulandoffensiven am Stadtrand, um Schwellen- Riesige Überlandstraßen, betonierte Nebenstraßen und Brücken sind haushalte den Weg zu Eigentum zu erleichtern. Konzepte, wie sie in architektonische Faktoren von ausschlaggebender, ja allergrößter vielen Ländern dann auch umgesetzt wurden, die aber nicht Bedeutung.“ ausreichten, um Wrights radikales Ziel (1 Acre/Familie) zu erreichen.

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Robert Fishman hielt fest, dass Wright hier 241). In den ersten Büchern spricht Wright von kein befriedigendes Schema anbot, wie einem Country Architect, der sowohl gestal- zwischen seinen transzendenten Visionen und terische, stadtplanerische und bodenord- der politischen Realität vermittelt werden nerische als auch regionalplanerische Hoheiten sollte (Fishman | 1977: 146 → Dougherty | 1981: besitzt.

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2.2.4. Zusammenfassung: Kernaussagen der Texte

Wright hatte in verschiedenen Texten seine Idee zur Broadacre City dargestellt und dabei das Schreiben als Medium zur Weiterentwick- lung seiner Gedanken verwendet. Wrights Tex- te sind demnach mehr die Summe verschie- dener aufeinander aufbauender Überlegungen. Sie vermitteln keinen abgeschlossenen Gedankengang, sondern sind Beleg eines offenen Gedankenflusses. Auch führte Wright keine Belege für seine Thesen, Behauptungen und Kritiken an.

Auch wenn sich aus den Texten nur wenig di- rekte Handlungsansätze ableiten lassen, sind seine Texte für die heutige Stadtforschung dennoch als Zeitdokument von Bedeutung (→ Grabow | 1977: 117), denn Wright verband in seinen Texten eine Vielzahl von architektur- [ ] und planungstheoretischen Überlegungen und Abb.15 Schüler Wright Wright hat sich gerne als Impulsgeber dargestellt. Bekannt sind Bilder, auf denen sich Wright in der Haltung verknüpft diese mit zentralen Fragen der des „Meisters“ im Kreis seiner Schüler inszeniert hat. Diese Collage soll amerikanischen Politik und Wirtschafts- deutlich machen, dass sich auch Wright - in der Rolle des Schülers - bei wissenschaften seiner Zeit: den Denkern seiner Zeit und seiner Geschichte hat inspirieren lassen. Von links nach rechts: Le Corbusier, Thorsten Veblen, Richard Ely, > Die internationale Architekturtheorie der Henry D. Thoreau, Jane Addams, Ralph Waldo Emerson, Walt Whitman, Louis Sullivan, Richard Neutra, Erich Mendelsohn, Thomas Moderne (internationale Stil): Sulivan, Le Jefferson, Edward Ross, Frederik Jackson Turner, Charles Beard. Corbusier, Mendelsohn, Neutra u.a. Im Vordergrund schreibend: Frank Lloyd Wright > Die new deal Epoche in den USA: Eigene Darstellung. Bildquellen: Donald Leslie Johnson + Internet Roosevelt > Die beginnende Planungsdebatte der Wrights Denker waren meist Sozialreformer, RPAA (Gartenstädte, Dezentralisation): Progressive oder Liberale - für March alles City Beautyful Movement, Howard, „most notable intellectuals and practicing Burnham politicans of his day“ (March | 1970: o.A. → > Die wirtschaftspolitische und boden- Grabow | 1977: 116), die trotz der Radikalität reformerische Debatte seiner Zeit: Jane ihrer Ansätze meist konservative Ziele ver- Addams, Edward Ross, Richard Ely, folgten (Pells | 1973: 3 → Grabow | 1977: Charles Beard, Thorsten Veblen 116).104 > Das Demokratieverständnis der Jahre der Unabhängigkeitserklärung und die Deutlich wird, dass Wright mit seinem Denken frontier-These in den USA: Turner, die Ambivalenz der Zeit der 20er und 30er Jefferson, William James, John Dewey Jahre in den USA widerspiegelte: > Der Philosophie des Transzendentalismus

in den USA: Emerson, Thoreau, Whitman 104 Das gilt nicht für die Architekten und Stadtplaner, von denen Wright auch beeinflusst ist, die Grabow hier aber nicht aufzählt.

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> Mit der Stadt als Symbol drückte Wright wichtiges Ziel und gleichzeitig Voraussetzung – wie viele seiner Zeitgenossen – seine für die Umsetzung seiner Ideen war es, eine Skepsis gegenüber den durch die Industri- neue Ästhetik im Sinne einer Wahrnehmung alisierung ausgelösten gesellschaftlichen von Dingen zu schaffen. Wright glaubte, dass und wirtschaftlichen Wandlungen aus. Architektur und Städtebau das Wesen der Dem Wandel setzte er einen Rückgriff auf Dinge darstellen müssen, dabei in Einklang agrarische, vor-industrielle Lebensweisen mit der Umgebung (Natur) stehen müssen und (frontier) entgegen. Das Land und die gleichzeitig die Bedürfnisse und Raum- Landwirtschaft wurden zu Sicherheiten ansprüche der Bewohner durch die Architektur gegenüber Krisen. umgesetzt werden müssen. > Auf der anderen Seite nahm Wright eine Qualitätskriterien euphorisch-fortschrittgläubige Haltung ein. Er „glaubte“ an den Einzelnen, der in Aus seinen Texten lassen sich auch bestimmte der Lage ist, als selbstbestimmter Mensch Qualitätskriterien ableiten. Für ihn wurde der sein Leben und seine Gesellschaft zu Freiraum, d.h. die Natur und die vom Men- tragen und nicht von einer Institution schen geschaffene agrarische Landschaft, zum oder einer Person bevormundet werden alleinigen Qualitätskriterium seiner Stadtland- muss. Und Wright „glaubte“ an die schaft. Wie dargestellt hatte Wright den Begriff Technik. Sie war für ihn keine Gefahr, Natur in drei unterschiedlichen Bedeutungen sondern ein Mittel, um eine bessere Zu- verwendet. Seine 1-Acre-Forderung wird zum kunft zu gestalten. mehrdeutigen Symbol, mit dem er agrarpolitische, bodenpolitische, sozialpoli- Ziele tische und stadtgestalterische Konzepte Wright formulierte in seinem Texten An- umschreibt. 1 Acre war ein ebenso ästhetisches sprüche und setzte Ziele für die zukünftige Pla- (Weite) wie gesellschaftspolitisches (Stabilität, nung, die er mit den vier Schlüsselbegriffen Absicherung) oder kulturelles (frontier) „Demokratie”, „Dezentralisation”, „Re-Inte- Instrument. gration“ und „organisches Bauen“ umschrieb. Damit lassen sich aus Wrights Texten be- Ziel des Entwerfens war es, Raum für eine De- stimmte Gestaltungsziele, Qualitätskriterien mokratie in Form einer liberalen, organischen und erste konzeptionelle Gestaltungsansätze Aristokratie einer kulturell und künstlerisch ableiten: geschulten Elite zu schaffen. Auch wollte Allgemeine Gestaltungsprinzipien Wright eine dezentrale Stadtlandschaft schaf- > Städtebau muss so eingesetzt werden, fen. An den Begriff der Dezentralisation war dass damit höhere gesellschaftliche Ziele bei Wright der Begriff der Re-Integration ge- (Schaffung/Sicherung der Demokratie) knüpft. Der Prozess der Dezentralisation sollte erreicht werden. Demokratie kann durch genutzt werden, um eine gesellschaftliche und die Schaffung einer dezentralen, auf den räumliche Symbiose zwischen Stadt- und Einzelnen ausgerichteten netz- Landraum bzw. städtischen und ländlichen bandartigen Siedlungsform erreicht Nutzungen und Lebensweisen zu finden, damit werden, bei der die Unterscheidung der Dualismus zwischen Stadt und Land bzw. zwischen Stadt und Land sich zugunsten das Missverhältnis, das durch die stark einer homogenen, eher hierarchielosen wachsende industrielle Stadt entstanden war, Stadtlandschaft auflöst. wiederaufgehoben werden konnte. Weiteres > Wichtiges Qualitätskriterium der neuen

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Stadtlandschaft ist Weite und Natur. Auch aus stadtgestalterischer Perspektive bildet sich keine klare Vorstellung der Broad- Offene Fragen acre City mit ihren räumlichen Ausdehnungen, Die Texte bieten zwar einen Einstieg in ihrer Art der Flächenaufteilung, ihren Wrights städtebauliche Ideen, aber sie bleiben Straßenräumen und dem zentralörtlichen in Bezug auf Gestaltungsaufgaben zu allge- Gefüge ab. mein. Gerade in Bezug auf politische Hand- Im nächsten Schritt soll daher das Entwurfs- lungsanweisung bleibt offen, wie aristokra- modell vorgestellt und damit überprüft tische Demokratie und die radikalen Boden- werden, welche Fragen das Entwurfsmodell reformen umgesetzt werden sollen. beantwortet bzw. welche neuen Fragen durch das Modell generiert werden.

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2.3. Modellanalyse

Ziel der Analyse des Entwurfsmodells ist es, die aus der Textanalyse gewonnenen Erkenntnisse weiter zu vertiefen. Die Modellauswertung soll vor allem Erkenntnisse zu Gestaltungsaufgaben und den aus Sicht von Wright zentralen Räumen der Gestaltung liefern. Dafür sind folgende Arbeitsschritte notwendig:

2.3.1 Materialien und Methoden der Modellanalyse 2.3.2 Auswertung der Skizze 2.3.3. Beschreibung der Modellbestandteile 2.3.4. Auswertung der Bestandteile 2.3.5. Zusammenfassung: Kernaussagen des Modells

2.3.1. Materialien und Methoden der Modellanalyse

(Puttnam | o.J.)106. 1988 setzte sich Donald Leslie Sekundärliteratur Johnson vertiefend mit dem Modell auseinander und be- schrieb die Logik hinter der Flächenaufteilung. Auch Trotz der umfangreichen Literatur zum Werk von Frank Anthony Alofsin analysierte das Modell (Alofsin | 1989). Lloyd Wright gibt es nur wenige Arbeiten, die sich konkret Kenneth Frampton listete die Nutzungsarten der Broad- mit dem Entwurfsmodell auseinandergesetzt haben. In acre City auf (Frampton | o.J.). der Literatur (und heute auch im Internet) finden sich zwar viele Kurzverweise auf das Modell105, aber es gibt „Modellmaterial“ nur wenige Beispiele für eine wissenschaftliche Analyse oder einen Vergleich. Hier besteht eine Diskrepanz Zentrales Untersuchungsmaterial für eine Analyse ist das zwischen der häufigen und vielfältigen wissenschaft- gebaute Entwurfsmodell. lichen Interpretation der Texte und der geringen Ausein- andersetzung mit dem Modell. Neben dem bereits erwähnten George Collins (1961) war es Thomas Reiner, der 1963 im Rahmen einer Analyse von verschiedenen idealen Stadtmodellen, die zwischen 1898 – 1946 entstanden sind, eine Kurzana- lyse des Modells bot (Reiner | 1963), auf die sich dann Stephen Grabow bezog (Grabow | 1977). Anmerkungen zum Modell und der Modellskizze finden sich auch bei Arthur B. Gallion und Simon Eisner (Gallion, Eisner | 1950). Der Wrightschüler Anthony Puttnam erstellte im Auftrag der Frank Lloyd Wright Foundation eine Flächen- kalkulation und analysierte das Modell anhand von Abb.16 [Draufsicht Entwurfsmodell] Schwarzplänen, die aber nie veröffentlicht wurden Quelle: Zevi | 1995. Ohne Bildrechte Darüber hinaus können die Texte von Wright genutzt 105 Als Beispiel für eine kurze Erwähnung sei hier auf die Arbeit des werden (Wright |1932. Wright |1945. Wright |1958). Als Philosophen David Kolb hingewiesen, der sich im Rahmen des Projektes Sprawlplaces mit der Qualifizierung von weitläufigen amerikanischen Siedlungsräumen beschäftigt hat und hier kurz auf das 106 Die Arbeit ist in den Frank Lloyd Wright Archives in Scotdale, Modell verweist. (Hompage | David Kolb). Arizona gelagert und kann dort eingesehen und kopiert werden.

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weiteres Analysematerial dient eine vielfach veröffent- mit David De Long109 als Gast-Kurator eine Ausstellung lichte Grafik, die Wright 1935 anfertigte und die das zur Broadacre City erstellt. Für die Ausstellung wurden verkehrliche Erschließungssystem zeigt. von George Ranalli110 fünf hypothetische Studien- modelle erarbeitet, die zeigen, wie nach der Überarbeitung der Pläne zur Broadacre City für das Buch „The Living City“ das Entwurfsmodell ausgesehen hätte, wenn Wright die Zeit gehabt hätte, es noch einmal zu überarbeiten.

2.3.2. Auswertung der Skizze

1934 fertigte Wright die erste grobe Skizze mit dem Grundaufbau für die Broadacre City an111. Aus der Skizze lassen sich drei wesentliche Elemente herauslesen: Das Straßennetz mit der Autobahn, der Freiraum und die in einem Raster gefassten Häuser und Farmen (Johnson | 1999: 110,112). Abb.17 [Erschließungsstruktur] Ohne Bildrechte Durch handschriftliche Markierungen erläuter-

te Wright bestimmte Nutzungen (little farms + Von weiterer Bedeutung ist eine Skizze, die Wright 1934 Minimum of one Acre to the family, gas kurz vor der Ausarbeitung des Holzmodells anfertigte. 112 Für Arthur Gallion107 und Simon Eisner ist sie der stations). Durch die Verräumlichung be- Schlüssel zum Verständnis der Flächenaufteilungen im stimmter Nutzungen wird ein erstes Raum- Entwurfsmodell (Gallion, Eisner | 1950). Auch Anthony gefüge erkennbar: Alofsin nutzte diese Skizze, um den Grundaufbau des > Die Autobahn ist zentraler Bezugspunkt für Entwurfsmodells zu erklären. Er hält sie für wichtig, um alle gewerblichen und kommerziellen die „Intention und die wesentlichen physischen Kon- Nutzungen. Flughäfen und Industrie- figurationen“ zu klären (Alofsin | 1989: 16).108 gebiete liegen in ellipsenförmigen Flächen Zusätzlich ließ Wright von seinen Schülern Ansichten zwischen Autobahn und Autobahnab- zeichnen, auf denen bestimmte Bauprojekte sowie die fahrten. Freiraum- und Straßenraumgestaltung dargestellt waren. > Darüber hinaus ist in der Skizze ein im Auch diese Ansichten sind für die Interpretation von Raster (grid iron) organisierter Interesse. Siedlungsraum für Wohnnutzung erkennbar. Als ein Projekt des Centers for American Architecture, > Mit Distanz zur Autobahn werden die Design and Engineering in Washington D.C. wurde von Nutzungen zunehmend freiraumorien- der Library of Congress, der Frank Lloyd Wright tierter und der Anteil der wohn- und Foundation und dem Canadian Center for Architecture wohnungsnahen Nutzungen steigt.

107 Arthur B. Gallion war nach dem zweiten Weltkrieg Dekan an der Schule für Architektur an der University of Southern California. Während seiner Amtszeit wurde das Fachgebiet für Industrial Design 109 Architekturprofessor an der Universität von . gegründet, das von Raymond F. Loewy geleitet wurde, einem führen- den Designer der 1930er Jahre, der viele sehr bekannte Entwürfe mit 110 Professor an der Yale Universität. Stromlinienform einführte. 111 Diese Skizze wurde 1970 erstmals veröffentlicht. 108 „Wrights first conceptual sketch for Broadacre City reveals both his initial intention and the essential physical configuration of the plan” 112 Die Liste aller von Wright in der Skizze benannten Nutzungen kann (Alofsin | 1989: 16) der Nutzungstabelle auf Seite → 75 ff. entnommen werden.

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Diese grundsätzliche Aufteilung wurde im Modell vertieft, letztendlich aber viel komplexer umgesetzt als in der Skizze.

Abb.18 [Skizze von 1934] Die Skizze von Wright ist Abb.19 [Grundaufbau] Durch die Skizze wird ein erster überliefert. Darin umriss Wright die wesentlichen Elemente Grundaufbau: deutlich. Wright unterschied zwischen einem auf seines Entwurfs. Am Rand der Skizze fügte er handschriftliche Straßen, einem am Blockraster und einem auf Anmerkungen zu den Nutzungen hinzu. Natur/Landschaft ausgerichteten Siedlungsraum. Frank Lloyd Wright, 1934 Eigene Darstellung

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2.3.3. Beschreibung der Modellbestandteile

Abb.20 [Lageplan Broadacre] Die hier erstellte CAD-Zeichnung basiert auf einem Foto vom Entwurfsmodell. Die Inhalte des Modells wurden auf die Zeichnung übertragen: Alle im Modellfoto erkennbaren Gebäude wurden übernommen (hier grau dargestellt), ebenso die Straßen (beige). Die verschiedenen Freiflächen wurden klassifiziert. Dabei wurde nach – soweit erkennbar - Bauflächen (braun) und Freiflächen (Grüntöne) unterschieden. Die Zeichnung dient als Grundlage für die folgende Auswertung. Zeichengrundlage: Fotografische Draufsicht des Originalmodells von Wright. Entnommen aus: McCarter | 1997: 246 Eigene Darstellung

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ist demnach nicht Wesensmerkmal für eine Das Raster: Ein typischer amerika- nischer Ausschnitt Broadacre City. Auch verwinkelte oder ge- schwungene Stadtgrundrisse sind denkbar. Das Entwurfsmodell ist im Maßstab 1’’ = 75’ Doch ob nun geradlinig, rund oder organisch gebaut worden. Das entspricht dem deutschen verspielt: Broadacre City ist immer eine be- Maßstab 1: 900. Es umfasst 4 square miles = wusst gestaltete Stadtform, die sich klar von 10,36 km2. 4 square miles bestehen aus 2560 der unreglementiert gewachsenen Stadtland- acres. Ein Acre umfasst 4046,8 m2 (2560 Acre schaft abgrenzt. =1035 ha). Mit dem System der square miles Wright nutzte das national grid mehr als sym- liegt dem Modell das amerikanische geo- bolischen Verweis – als Geste, die an die Zeit dätische Ein-Meilen Raster der Breiten- und der Entdeckung und Besiedlung des amerika- Längengrade zugrunde, das in den new nischen Kontinentes und der frontier erinnern territories der großen Prärien die Grobauftei- sollte. Außer auf die erste grobe Vermessung lung des Bodens seit den 30er Jahren des 19. durch das Ein-Meilen-System sollte Broad- Jahrhunderts für Stadt und Land vorgegeben acres auf keine vorhandenen Siedlungsstruk- war (Reps | 1965: 14).113 turen Rücksicht nehmen. Wright wollte an Tab.2 [Kenndaten Modell] keine Bau- oder Siedlungstraditionen an- Maßstab 1:900 knüpfen. Broadacre war ein amerikanischer Gesamtfläche 10,36 km2 „Neustart“ – zurück zu den Wurzeln der Zeit der amerikanischen Unabhängigkeit. “The In der Literatur sind unterschiedliche Aus- Broadacre model was meant to be infinite or, sagen zu dem durch das Raster entstehenden as Sergeant says, ‚a continuum’, without stark geometrisch anmutenden ersten Ein- boundaries, limits, or borders. It was a vision druck des Entwurfsmodells diskutiert worden. of America itself; a synthesis of urban, rural, Collins wies darauf hin, dass ein starres Raster and suburban characteristics integrated on a | in den 20ern in Mode war. Viele Planer und national scale”. (Twombly 1979: 221). Architekten glaubten, nur eine geradlinige — So wirkt das Entwurfsmodell wie ein Aus- rationelle — Siedlungsform wäre adäquat für schnitt aus einer größeren Siedlungseinheit. die neue, autogerechte Stadt, die sich als neue Möglichkeit abzuzeichnen begann114. Wright, Geometrie des Entwurfsmodells so Collins, nutzte aber das Raster nur als Mo- dul. Es wurde nicht entwurfsbestimmend. Das Entwurfsmodell bestand aus vier Sek- Dafür war Wright ein zu heftiger Gegner des tionen (A,B,C,D) und war ohne Nordpfeil aus- städtischen Rasters (gridiron): „Broadacre [...] gestattet. So ist schwer zu sagen, wo im Modell employed the grid only as an underlying Norden oder Süden war, ob die Autobahn am module” (Collins | 1963: 59). Ein starres Raster unteren oder linken Bildrand lag. Die Forscher, die sich mit dem Entwurfsmodell beschäf- 113 In Europa stieß diese sehr pragmatische Landaufteilung auf tigten, haben auf unterschiedliche Weise die Ablehnung. Das starre Raster (national grid) erschreckte deutsche Anordnung der Nutzungen im Modell be- Städtebauer (→ Wagener | 1929). Das Gros der deutschen Städte- bauer bemühte sich um eine organisch gegliederte Stadterweiterung schrieben und gedeutet: (→Fehl | 1997).

114 1923 schlägt Arthur Comey aus Harvard vor, die gesamte Sied- lungsstruktur einem neuen dreieckigen Autobahnraster anzupassen. Le Corbusier lässt in seinem Porte Maillot Plan und bei der Radiant City die Siedlungslandschaft durch geradlinige Autobahnen in quadratische Sektionen einteilen.

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graphisches Spiel mit Mittelpunkten und Achsen auflöste. Die Gebäude waren demnach keinesfalls „locker und lose“ (→ Collins | 1963)115 verteilt, sondern die Siedlungsräume Gebäude, Straßen und Freiflächen hatte Wright so platziert, dass komplexe räumliche Bezüge entstanden.

Collins vermutete in der Auf- Johnson unterteilte das Ent- Diese Verwobenheit war für Menocal der teilung in vier Sektionen eine wurfsmodell in 9 Felder mit Versuch, an mittelalterliche Baukulturen „De Stijl Komposition“ unterschiedlichen Nutzungs- anzuknüpfen. Wright versuchte, Bedeutungen | (Collins 1963: 60). Die qua- schwerpunkten. Die Felder zu transportieren, wollte diese aber ver- dratische Form – 4 Quadrate bildeten ein gleichschenkliges | zusammen bilden ein großes Kreuz (grün). In der zentralen schlüsselt darstellen (Menocal 1988: 152-53). Quadrat – war eine allgemein Kreuzfläche lagen Das Modell war ein geometrisch ver- gern genutzte Form (Collins | Wohnhäuser und Schulen schlüsseltes Symbol: „In Broadacre all is 1963: 60) und (Desmond → (Johnson |1988: 134). symmetrical but is seldom obviously and De Long 1998: 237). [ never academically so” (Wright ohne Quellenangabe] → Collins | 1963: 60116).

Einwohner- und Siedlungsdichte

George Collins rechnete aus, dass der 10,36 km2 umfassende Ausschnitt Raum für 1.400 Haushalte bieten würde, ohne Belege aufzu- führen, wie er zu diesem Schätzwert kam (Collins | 1963: 55). Diese Zahl nutzte später Thomas Reiner unterteilte Puttnam und Alofsin wiesen auch Thomas Reiner (Reiner | 1963: 73), auf das Modell in parallel zur Siedlungsräume mit den sich dann 15 Jahre später Stephen Grabow Autobahn orientierte Bänder bestimmten Nutzungs- bezog (Grabow | 1977: 116). (Reiner | 1993: 73). schwerpunkten nach (“major Verkehrserzeugende land types”) (Alofsin | 1989: Antony Puttnam kam zu einem anderen Wert. Nutzungen wurden nah zur 16). Autobahn untergebracht. Er listete die einzelnen, im Modell darge- stellten Flächen für Wohnzwecke auf und Abb. 21 [Geometrie des Modells] errechnete, dass 761 Wohneinheiten ausge- Eigene Darstellung wiesen waren. Dann nahm er die damalige Durchschnittshaushaltsgröße (3 Perso- Diese verschiedenen Beschreibungen fügen nen/Haushalt) hinzu und errechnete so, dass sich zu einem Bild, wenn man den Aufbau des auf dem Modell 2,238 Einwohner auf 10,36 Entwurfsmodells aus der ersten Skizze von km2 leben würden (Puttnam | o.J.: 2), was 1934 ableitet. Wie schon in der Skizze unter- einer Dichte von 216 E/km2 entsprach. schied Wright im Modell zwischen autoorien- tierter Stadt (Autostadt), einer Rasterstadt und einem stark von Freiräumen durchzogenen 115 Siedlungsraum (Parkstadt). „It basic elements were to be arranged loosely, subject in part to accidents of the terrain” (Collins | 1963: 55) Im Entwurfsmodell verschleierte er diesen 116 George Collins arbeitete leider ohne Quellenangaben. Soweit wie Grundaufbau, indem er den Aufbau in ein möglich wurde versucht, die von ihm genutzten Zitate in den Originaltexten wiederzufinden.

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Abschätzung der Einwohnerzahl errechnete Wert als Einwohner- oder als Siedlungsdichte zu verstehen ist. Auf der Grundlage des erstellten Lageplanes wurde im Rahmen dieser Arbeit die Ein- Einordnung als Einwohnerdichte wohnerzahl noch einmal ermittelt: 216 EW/km2 ist ein Wert, der weit unter den Einwohnerdichtewerten heutiger Großstädte liegt. Heutige deutsche Großstädte verfügen über Einwohnerdichten von 1.000 bis fast 4.000 Einwohner/km2 (= EW/km2) Dresden = 1.455 EW/km2 Ruhrgebiet= 3.500 EW/km2 Berlin = 3.897 EW/km2 119 In den USA werden in den Metropolen Werte von bis zu 9.000 Einwohner/km2 erreicht: Los Angeles = 3. 004 EW/km2 Chicago = 4.865 EW/km2 New York = 9.125 EW/km2 120. Städte mit Dichtewerten wie Broadacres sind in Deutschland meist Kleinstädte im länd- lichen Raum.

Tab.4 [Dichtewerte von deutschen Kleinstädten] Abb.22 [Berechnungsgrundlage] Auf dem Plan sind alle Ge- bäude mit Wohnnutzung dargestellt. Neben den unterschiedlich E/km2 Stadt großen Einfamilienhäusern (rot) waren im Modell einige Wohn- 205 Rosengarten, Kreis 13.094 Einwohner Bürohochhäuser (dunkelrot) ausgewiesen. Weiterhin müssen die Harburg, Hamburg auf 63,67 km2 gewerblich genutzten Gebäude mit den Betriebs- oder Haus- 215 Venusberg, Mittlerer 2.435 Einwohner auf meisterwohnungen berücksichtigt werden. Erzgebirgskreis, 11,30 km2 Sachsen 216 Broadacre City 2.238 Einwohner Tab.3 [Abschätzung Einwohnerzahl Broadacres] auf 10,36 km2 Gebäudetyp Anzahl WE ∑ EW 216 Schwarzheide, 7.203 Einwohner auf 117 Wohngebäude mit einer WE 241 723 Niederlausitz 33,23 km2 Wohnhochhaus mit circa 80 WE118 400 1200 218 Warendorf, Kreis 38.688 Einwohner Gebäude mit Betriebswohnung 59 177 Warendorf, NRW auf 176,75 km2 Summe 2.100 225 Durchschnitt ______Deutschland

Nutzungen Die Abschätzung bestätigt den von Puttnam ermittelten Wert. Es bleibt aber unklar, ob der In der ersten Skizze von 1934 beschrieb Wright 14 verschiedene Nutzungsarten. Neben kleinen 117 WE = Wohneinheit

118 Für die Schätzung der Wohneinheiten wurde der Entwurf für den 119 Quellen: US Census Bureau, Census 2000; Deutsche Werte = Büroturm H.C. Price genutzt: Ein fast 50 Stockwerke hohes Gebäude Statistische Landesämter + Homepage meine Stadt mit einem vierspännigen Grundriss. Als Mittelwert wurden 80 WE/Gebäude angenommen. 120 → Humpert et al | 2002

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Farmen, Fabriken, Häusern für kleine Exis- In der Beschreibung zum Entwurfsmodell von tenzen („subsistences“) und Drive-In Einrich- 1935 wurden weitere Nutzungen hinzugefügt. tungen („roadside market“) gab es Luxus- Hier handelt es sich aber nicht um eine Erwei- wohnungen und –häuser. Daneben wurden terung, sondern mehr um eine Verfeinerung Verkehrsinfrastrukturen benannt (Flughafen, der Nutzungsarten. Wright differenzierte die Schnellstraßen und Tankstellen). Die rest- Nutzungsarten im Bereich Kultur, Freizeit und lichen Nutzungen waren aus dem Bereich der Bildung. Kultur und Freizeit bzw. beschrieben Land- schaftselemente (Seen, Flüsse).

Tab.5 [Nutzungen der Broadadre City] Nutzungen in der ersten Nutzungen im 1935 AR- Plan Nutzungen in „The Living City“ Skizze 1934 -- (1) County Seat - Administration (1) County Seat -- (2) Aerotor – post port and (2) Air post port and administration administration -- (3) Stables, paddock, and track -- (3) Polo (4) Polo ground and other sport fields -- (4) Baseball (5) Baseball -- (5) Clubs (6) Athletic clubs Stream, expanded into lake for (6) Lake and Stream (7) Lake and Stream recreation little farms, Tillable land (13) Small Farm Units (8) Little farms – fireproof all purpose units -- (34) Luxurious dwellings (house (9) Mashine age luxury House on the on the Mesa) Mesa Park (15) Interior park (10) Interior Park Theatre, collections, clubs (16) Music garden (11) Musik Garden recreations -- (12) Bath and physical culture Roadside market, mercantile (17) Merchandising (13) General merchandising and distribution market -- (18) Automobile In (14) Automobile In -- --- (15) Workers’s home -- (19) Little factories and dwellings (16) Little factories, dwellings above above Two factories (20) Factory assembly (17) Factory Assembly Landing field (21) Aerotor service (18) Flight service Railroad connected into main (23) Main arterial (19) Main arterial, replacing the artery/highway present railway -- (22) Aerotor factory (20) Airplane factory -- (24) Vineyards and orchards (21) Vineyards and orchards -- (8) Professionals (22) Professionals and their private clinics Subsistence (unleserliches) (25) Homes (23) Little homes -- (26) Schools (24) Schools -- (27) Temple, columbarium, and (25) Universal workship,

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cemetery columbarium, cemetery, nine sectarian temples surrounding a central edifive devoted to universal workship -- (28) Neighborhood guest houses (26) Neighborhood guest houses -- (30) Scientific and agricultural (27) Scientific and agricultural research research -- (31) Arboretum (28) Arboretum -- (32) Zoo (29) Zoo -- (33) Aquarium (30) Aquarium -- (9) Stadium (31) Circus – 31A a totem and beacon to the lost tribes of a continent -- (10) Hotel (32) Hotel -- (39) Country Club (33) Country Club -- (11) Sanitarium (34) Sanatorium -- (12) Small industry (35) Little industrial units -- (36) Little Clinics -- (14) Small apartments (37) Little apartments -- (38) Creamery (Milchgeschäft, Molkerei) -- (41) Small school for small (39) Little school for small children children -- (40) Apartment houses (40) Apartment houses -- -- (41) Commodious dwellings -- (37) Water supply nicht ganz (42) Water supply selbe Stelle -- (35) Taliesin equivalent (43) Taliesin equivalent -- (7) Crafts and country architect (44) Crafts and country architect -- -- (45) Little cinema -- (38) Forest cabins (46) Forest cabins Residences of more luxurious (36) Luxurious homes (47) Larger Homes class on non tillable land more picturesque sites, Natural features of the surroundig landscape developed according to its nature -- (42) Automobile Objective (48) Automobile objective – road system -- -- (49) Neighborhood garage units with little stores Gas stations distributing center -- (50) Gas stations for merchandizing of all kinds, gas stations, Mercantile gas station -- -- (51) Educational Center Park and golf course -- --

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Abb.23 [Nutzungsplan Broadacres] Die aus der Literatur und den im Buch „The Living City“ zusammengetragenen Angaben wurden auf die Zeichnung übertragen. Die verschiedenen Nutzungsarten wurden klassifiziert und jeder Klasse eine Farbe zugeordnet. Dadurch werden Nutzungscluster erkennbar, beispielsweise die bandförmige Anordnung der gesundheitsorientierten Nutzungen an der Straße oder die Lage der Bildungseinrichtungen (Schulen) in der Modellmitte. Angaben zu Nutzungen aus: Wright | 1958 [The Living City: Lageplan im Anhang] sowie zusätzliche Recherche Eigene Darstellung

Auswertung Nutzungsplan Bahnhofs oder Hafens und die nur begrenzte Ausweisung von Industrie und Großindustrie, Wenn man sich die aufgeführten Nutzungs- obwohl andere Stadtentwürfe der Zeit sich arten vergegenwärtigt, fällt auf, dass Broad- intensiv mit der Industriestadt (z.B. Tony acres ein unvollständiges Nutzungsspektrum Garnier: Cité industrielle) beschäftigt hatten. für eine Stadt bot. Eine Vielzahl an Nutzungen Auch Finanzdienstleistungen (Banken, Ver- fehlte. Es gab keinen Stadtkern oder eine histo- sicherungen) fehlten im Modell. rische Siedlung. Auch wurden keine Kläran- lagen, Kraftwerke oder Müllplätze dargestellt. Stattdessen waren viele bauliche Nutzungen Notwendige Einrichtungen zur Ver- oder Ent- für eine Freizeit- und Dienstleistungsge- sorgung sollten, so Wright, soweit wie möglich sellschaft ausgewiesen. unsichtbar unter der Erde untergebracht Häufigste Wohnform im Entwurfsmodell werden. Aber auch negative Nutzungen schloss waren kleine landwirtschaftliche Höfe mit Wright aus. In Broadacres gab es kein Rotlicht- kombinierten Wohn- und Wirtschaftsge- Viertel, keine Irrenanstalten oder Gefängnisse. bäuden, die durch eine Art Gewerbehof (eben- Ungewöhnlich ist auch das Fehlen eines falls kombinierte Wohn- Wirtschaftskomplexe)

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ergänzt wurden. Wright vermied die Auswei- Entwurfsmodell dargestellten Stadt-Klein- sung von reinem Wohnen - der klassischen bauernhöfe. Auch die Bedeutung von Tank- Forderung der Moderne. Für die meisten Men- stellen als „distributing center“ war zu Beginn schen, so Wrights Vorstellung, sollte Wohnen des 20. Jahrhunderts nur in einem und Arbeiten auf dem eigenen Grundstück embryonalen Zustand erkennbar (Margolies | baulich vereint werden. Das war die soziale 1993: 28).122 Basis in Broadacre City (De Long | 1998: 31). Die Nutzungsarten, die dargestellt waren, ent- Büro/Werkstatt und Wohnung bildeten in der sprachen nicht genau dem, was Wright alles Regel eine Einheit. Auch Studios, Galerien, gebaut hatte, sind aber stark an Wrights eigen- Kliniken oder kleine Hospitäler waren im en Bauerfahrungen angelehnt123. Die Nutz- Modell an ein Wohnhaus angebunden (Wright ungsarten (Flugzeugindustrie, die Weinfelder | 1958 → Pfeiffer 1995: 317 ff.). und Obstplantagen) gaben dem Modell eine Beim Wohnen unterschied Wright zwischen regionale Prägung (Ost-Küste der USA). Die „little farms“/„subsistences“ und den Luxus- Art der Nutzung stellte mehr eine Zielvorstel- wohnungen. Wichtig war ihm der Unterschied lung dar - wünschenswerte Nutzungsarten für zwischen tillable land (anbaufähiges Land, die zukünftige Stadt - mit viel Mischung, auch agrarisch genutztes Land) und non till- Dienstleistung, hohem Freizeit- und Kulturan- able land/bzw. non-farm land. Ein Haus mit gebot und ohne Unterklasse. Für Johnson eigenem, für den Anbau nutzbarem Land war zeigte sich hier die gewünschte Rückkehr zu damit die garantierte Minimumlebensform in dörflichen Lebensformen - etwas größer, der Broadacre City. Die privilegierten Wohn- dichter und städtebaulich stärker gestaltet als formen („luxurious homes“) lagen in dem das traditionelle Dorf (Johnson | 1988: 142), durch Topographie und Landschaft betonten vor allem aber mit einem moderneren Nut- Teil des Modells. zungsspektrum.

Somit gab es in der „usonischen Gesellschaft“ zwei zentrale Wohnformen: Menschen, die auf dem Land (also mit Landwirtschaft auf der eigenen Parzelle) lebten und Menschen, die in der Landschaft (Natur) lebten, das private Stück Land aber nicht mehr für eine Neben- erwerbslandwirtschaft121 zur Existenzsicherung brauchten.

Darüber hinaus gab es temporäre Wohnfor- men: Am See im Modell waren Hausboote ausgewiesen. Als weitere Wohnform bot Wright im Entwurfsmodell Apartmenthoch- häuser (Eigentumswohnungen).

Die gemischte Wohn-Arbeitsform nahm im Entwurfsmodell eine zentrale Rolle ein. 122 Rolle der Tankstelle heute: (Sander| 2000, Bremer | 2002). Weiterhin außergewöhnlich sind die im 123 Die Auswahl der Nutzungen, die stark an das eigene Werk angelehnt sind, wurde oft heftig kritisiert. Collins etwa schrieb: „It may also be noteworthy that the Broadacre Plan includes at least a dozen of 121 Das muss auch Wright 1920 klar gewesen sein, dass 1 Acre schon Wrights unsold building projects of the nineteen-twenties […] - a 1920 nicht mehr ausreichte, um marktfähige Landwirtschaft zu somewhat self-righteous advertisement of a career’s designs, many betreiben. unbuilt” (Collins | 1963: 66 ff.)

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2.3.4. Auswertung der Bestandteile

Prototypische Siedlungsräume Darüber hinaus beschreibt das Entwurfsmodell In Anlehnung an Alofsin, Puttnam und Orte oder Gebäudetypen, die als Schnittstellen Johnson können vier prototypische zwischen den verschiedenen Siedlungsräumen Siedlungsräume unterschieden werden. fungieren: ν Autoorientierter Siedlungsraum ν Schnitt- und Knotenstellen [Autostadt]

ν Im Raster strukturierter Siedlungsraum [Rasterstadt] ν Hochwertiger, exklusiver Siedlungsraum [Parkstadt] ν Agrarisch geprägter Siedlungsraum [Landstadt]

Abb.24 [Prototypische Siedlungsräume der Broadacre City] Aus der Lage der einzelnen Gebäude und der Art der Straßen- und Freiraum- gestaltung lassen sich prototypische Siedlungsräume ableiten. Eigene Darstellung

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Abb.25 [Autostadt] Hervorhebung der Flächen, die unter dem Begriff Autostadt zusammengefasst werden können. Die aus der „The Living City“ entnommene Beschriftung macht deutlich, dass es sich hier vor allem um einen Siedlungsraum für gewerbliche Nutzungen und Verkehrseinrichtungen (Flughafen) handelt. Eigene Darstellung

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Autoorientierter Siedlungsraum [Autostadt] > CARchitecture: Es sind neue auf das Auto bzw. den Transit- und Reiseverkehr Mit der Autostadt beschrieb Wright, wie er sich ausgerichtete Gebäude zu entwickeln, wie die räumliche Veränderung von Handels- und Drive-In Hotels (Motel, „Tourist Camp“),Tankstellen oder temporäre Gewerbeimmobilien vorstellte. Dabei ging er Märkte. davon aus, dass in Zukunft nicht mehr in der > Passiver Lärmschutz! Industrielle, Innenstadt oder entlang der für amerikanische gewerbliche oder kommerzielle Nutzungen Kleinstädte typischen main street eingekauft sind so anzuordnen, dass dahinterliegende wird, sondern dass sich neue Formen von Wohnnutzungen vor Lärm geschützt Marktplätzen und Einkaufszonen an Aus- werden. fallstraßen und Autobahnen entwickeln wür- > Durch die städtebauliche Struktur sind den, die stärker an die Bedürfnisse des Bezüge zwischen den Gebäuden herzustellen! Auch in Industrie- und Ge- Autofahrers angepasst wären. werbegebieten ist mit Plätzen und Raumabfolgen gestalterisch zu arbeiten. Die Autostadt war für Wright fester Baustein jeder Stadt, d.h. das Hauptverkehrsmittel der > Großvolumige, gewerbliche Strukturen sind in ihrer räumlichen Region (Auto oder Flugzeug) bestimmte das Präsenz visuell abzufangen! Grundmuster. Die anderen Siedlungsräume konnten variierten - je nach Region und Gesell- schaft.

Eine Autobahnabfahrt im Modell erschloss ein dichtes, aber kleinteiliges Industriegebiet. Hier lag ein Flugplatz mit entsprechender Zuliefer- industrie (Flight Service, Airplane Factory), eine Fabrik, kleinteiliges Gewerbe124, Handels- einrichtungen und eine Tankstelle. Von der anderen Autobahnabfahrt wurde ein großes Einkaufszentrum erschlossen. Vor dem Einkaufszentrum lag ein Motel.

Aus dem Modell und den von Wright gebauten Projekten für die dargestellten Nutzungsarten können folgende Planungs- und Gestal- tungsaufgaben und –regeln abgeleitet werden: > Mischnutzung! Gewerblich oder industriell geprägte Gebiete sind zu durchmischen.

124 Zu der kleinteiligen Mischnutzung schreibt Wright: „Jeder, der selbstständig arbeitet, sollte seinen Arbeitsplatz im eigenen Haus haben, ganz gleich, ob es sich um ein Atelier, eine Praxis, eine Klinik oder eine Galerie handelt, stets dem jeweiligen Zweck entsprechend gestaltet” /(Wright | 1932 → De Long 1998: 52).

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Abb.26 [Rasterstadt] Hervorhebung der Flächen der Rasterstadt. Nutzungsschwerpunkt im Modell bildeten Wohngebäude und alltägliche Kultur- und Bildungseinrichtungen (Schulen). Eigene Darstellung

Im Raster strukturierter Siedlungsraum stadt“ stand für das Bauen im Alltag bzw. das [Rasterstadt] kostengünstige Bauen. Hier beschrieb Wright eine günstige Form für ein organischen Leben Die Modellmitte war von kleinteiliger Wohn- auf eigenem Grundstück. und Mischbebauung geprägt. Eine Schule bildete den Modellmittelpunkt. Die „Raster-

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Aus der Art, wie Wright die Gebäude im Mo- > Hohe Baufreiheit! Das Maß der baulichen Nutzung auf den Grundstücken dell darstellte und positionierte, lassen sich ist zu regeln. Die Bauweise und Architektur folgende Gestaltungsaufgaben und -regeln soll bei hinreichend mündigen Bürgern ableiten: aber nicht eingeschränkt werden. > Kleinkörnige Mischung von agrarischen Flächen und Wohn- und > Siedlungsmittelpunkt Schule: An Gewerbebauflächen! Stellen mit guter fußläufiger Erreichbarkeit sollen Schulen den Mittelpunkt eines Wohngebietes bilden.

Abb.27 [Parkstadt] Siedlungsraum für hochwertige Nutzungen.

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Eigene Darstellung

Sie fügen sich in diese Orte ein. Hochwertiger, exklusiver Gleichzeitig akzentuieren sie diese Orte. Siedlungsraum [Parkstadt] > Natur ist raumprägend! In diesem Baugebiet ist neben den vereinzelten Die „Parkstadt“ zeichnete sich durch eine orga- Gebäudesolitären vor allem die unberührte nisch-geschwungene Raumstruktur aus. Es Natur mit ihren Elementen (Berge, Seen, war der Siedlungsraum mit der geringsten Flüsse) - also weder der städtische, noch Wohnbaudichte und dem höchsten Anteil an der ländliche Raum - raumbestimmend. öffentlichen, kulturellen und bildungskul- Agrarisch geprägter Siedlungsraum turellen Einrichtungen: exklusive Wohnge- [Landstadt] bäude, eine Universität, ein Bürgerzentrum (Civic center), Taliesin, d.h. ein Äquivalent zu Am Rand des Modells und zwischen den bei- der von Wright selbst in Phönix, Arizona ge- den gewerblich genutzten „Autostadtknoten“ bauten privaten Forschungs- und Lehr- waren im Modell Farmgebäude und größere einrichtung für Architektur und eine Kathe- landwirtschaftliche Felder dargestellt. drale für alle Religionen. „Die Kathedrale von Broadacres, diese ahistorische Kathedrale, die Auch hier lassen sich Gestaltungsaufgaben und das Beste der historischen Religionen in sich -regeln ableiten: vereinigen würde, wäre das größte alleinsteh- > Auch Land ist Stadt! Der agrarisch ende Bauwerk von Broadacre City” (Wright genutze Raum gehört zur Stadt! | [ ] → 1945 When democracy builds De Long > Landwirtschaft ist gestalterischer 1998: 56). Hier finden sich desweiteren ver- Teil der Stadt! Felder sind schiedene Freizeiteinrichtungen, z.B. ein Zoo, Gestaltungsinstrument und müssen als ein Arboretum, ein Golfplatz, ein Hotel, ein solche genutzt werden. Ausflugsziel und Orte der Gesundheit (spa, Wellness). Die Kultur- und Bildungsorte hatten bei Wright den Anspruch „auf einen besonde- ren Platz in Broadacre City” (De Long | 1998: 58). Hochkultur fand demnach vor allem in und mit der Natur statt.

Aus der Art, wie Wright die Gebäude im Mo- dell darstellte und positionierte, lassen sich folgende Gestaltungsaufgaben und -regeln ableiten: > Solitäre Gebäude! Vor allem dieser Siedlungsraum bietet Raum für außergewöhnliche Solitärarchitektur. Gebäude sind großvolumig, oft auch raumprägend (Kathedrale, aber auch Stadion, Universität).

> Inszenierung der Natur durch Abb.28 [Landstadt] Siedlungsräume für vor allem Architektur! Die Gebäude nutzen agrarische Nutzungen. außergewöhnliche, naturräumliche Orte. Eigene Darstellung

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Schnitt-und Knotenstellen An der anderen Autobahnabfahrt nutzte Wright in ähnlicher Weise ein Einkaufs- Daneben gab es im Modell Gebäude, die nicht zentrum, um einen Übergang zwischen den einem Gebietstypus zugeschrieben werden gewerblich/transit- und reiseverkehrs- können, sondern die in der Broadacre City als orientierten Nutzungen am Autobahnknoten Schnittstelle zwischen den einzelnen Gebieten und dem Stadtpark (interior park) zu schaffen. fungierten. Im Modell übernahmen ein Zoo, Die Mall diente ebenso als passiver Lärm- ein Einkaufszentrum, Tankstellen und solitäre schutz. Sie schirmte den weiter abseits der Wohnhochhäuser diese Funktion. Straße gelegenen Spa (bath & physical culture) als Endpunkt des hier beginnenden Parks (in- terior park) von der Straße ab.

Wright nutzte aber auch kleine, unscheinbare Gebäude, um Schnittstellen zu markieren. Die Tankstelle, so Alofsin, war für Wright ein centroid of culture (Alofsin | 1989: 16).125 Sie war keine profane Abfüllstation für Benzin, sondern bei Wright bildete sie einen Treff- punkt für den mobilen Usonier und sollte dem- entsprechend gestaltet werden.

Die frei stehenden Wohnhochhäuser waren Transferien, d.h. waren als Übergangswohnort für diejenigen gedacht, die bisher städtische Lebensweisen gewohnt waren und sich erst mit dem selbstbestimmten Leben auf eigener Abb.29 [Schnitt- und Knotenstellen] Scholle vertraut machen mussten (Wright | Eigene Darstellung 1958 → Pfeiffer 1995: 319-320). Im Modell waren sie an naturräumlich privilegierten Stellen (Flussbiegungen, interior park) unter- Ein Riegel aus zoologischen und botanischen gebracht. Einrichtungen (Aboretum, Zoo) markierte den Übergang zwischen dem rechtwinklig geo- Mit diesen Gebäudetypen deutete Wright im metrisch angeordnetem Siedlungsteil (Raster- Modell folgende Gestaltungsaufgaben an: stadt) und der organisch strukturierten > Übergänge schaffen! Übergänge Parkstadt. Von der Autobahn aus betrachtet zwischen Bauflächen mit verschiedenen lag der Riegel quer zur Straße, d.h. er fügte sich baulichen Nutzungen sollen durch Solitäre von der einen Seite in das geometrische System gefasst werden. An diese Gebäude sind in des Stadtteils ein und diente gleichzeitig als Bezug auf die Bauweise und Architektur besondere Anforderungen zu stellen. Solitär in der Parkstadt. Auch die Nutzung hatte eine symbolische Bedeutung: Der Zoo und das Aboretum – d.h. die kultivierte und aufbereitete Form der Natur – wurde zum Ver- 125 Zentroid ist ein physikalischer Begriff und meint „Wellenlänge”, aber mittler zwischen Stadt und Natur. auch „Schwerpunkt eines Dreiecks“ und „Zentrum einer Masse”. Die Wortendung „–oid“ erinnert an den Begriff „Android“, „Humanoid“ „Gynoid“ und lässt das Wort künstlich, ironisch wirken.

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Die Verkehrswege im Modell

Wright selbst war nie an einer Autobahnpla- 1. Wie behandelte Wright die Straßen aus nung beteiligt. Nur im kleineren Umfang hat er Sicht eines Verkehrsplaners? Straßen im Rahmen von Entwürfen für Woh- 2. Wie ging Wright aus raumplanerischer nungsbauprojekte und einige Brücken ent- Perspektive mit den Verkehrswegen worfen. Trotzdem nahm das Thema Mobilität, um? Straße und Auto in seinem Denken eine wich- tige Rolle ein. 3. Welche gestalterischen Aspekte ver- folgte er bei der Verkehrplanung? Bei der Auswertung des im Modell darge- stellten Erschließungssystems spielen drei Fragen eine Rolle:

Abb.30 [Erschließungsplan] Die im Modell dargestellten Straßen wurden klassifiziert. Das aus heutiger Sicht eher großzügige Erschließungssystem macht deutlich, dass Wright Straßen nicht ausschließlich unter verkehrsplanerischen Aspekten betrachtete. Sein umfassendes Erschließungssystem verwies vielmehr auf bestimmte raumordnerische und raumgestalterische Ziele. Eigene Darstellung

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Verkehrswege als Ingenieursaufgabe Fußwege in Verlängerung der Sammelstraße an. Am Erschließungsplan erkennt man, dass sich Wright Gedanken zu verkehrsplanerischen Insgesamt ging Wright wenig sparsam bei der Problemen seiner Zeit gemacht hat und mit Ausweisung von Straßen vor: Für die Er- Lösungen experimentierte. schließung der Wohn, Farm- Gewerbekom- plexe entwickelte er ein System aus Sammel- Im Modell entwarf Wright eine 10-spurige Au- und Anliegerstraßen. Im Modell waren viele tobahn. Diese großzügige Dimensionierung kleine Anliegerstraßen ausgewiesen, die meist entsprach nicht dem Verkehrsaufkommen und nur ein, maximal 2-3 Grundstücke (private der Motorisierungsrate der damaligen Zeit. driveways) erschlossen. Desweiteren fallen die Zwar waren die 20er Jahre von einem starken breiten, alleeartig ausgeführten Sammel- Anstieg des Motorisierungsgrades in den USA straßen auf. Sie übernahmen fast durchgängig 126 geprägt , aber Wrights sehr großzügigen keine Erschließungsfunktion. Straßenbreiten entsprach keiner tatsächlichen Prognose. Gleichwohl muss bedacht werden, So viele Straßen für so wenig Bebauung würde dass solche großzügige Spurenanzahl und man heute als eher luxuriös bezeichnen, bzw. Überdimensionierung des Straßenraums zur würde man heute hinterfragen, ob diese vielen damaligen Zeit bei der Planung in Mode war127. Straßen nicht zu einem zu hohen Grad der Ver- siegelung durch Verkehrsflächen führen. Wrights Autobahn war in verschiedene Fahr- spuren für verschiedene Verkehrsmittel und Aus rein verkehrsplanerischer Perspektive Geschwindigkeiten aufgeteilt. In der Zeitschrift machen die vielen verschiedenen Straßen der „Architectural Record“ veröffentlichte er eine Broadacre City keinen Sinn. Wright betrachtete Skizze für eine Autobahnkreuzung. Der Durch- die Planung von Verkehrswegen also an- gangsverkehr war auf der obersten Ebene scheinend nicht nur unter rein sektoraler Per- 128 untergebracht, in der Mittelbahn fuhr eine spektive . monorail (220 Meilen/Stunde). Der Güter- Verkehrswege als raumordnerisches verkehr war auf den Seitenspuren unterge- Instrument bracht. Sein Vorschlag für ein Autobahnkreuz ist weniger flächenintensiv als die heute Wright hatte in seinem Modell sehr viel klein- üblichen Kleeblatt-Kreuzungen. teilige Mischnutzung ausgewiesen. Durch die Außer der monorail war kein weiterer öffent- kleinteilige Mischstruktur der Bebauung licher Verkehrsträger ausgewiesen. Maßstabs- (Wohnen und Arbeiten auf einer Parzelle) ist bedingt sind keine Fuß- oder Radwege vor- anzunehmen, dass es wenig Pendlerverkehr in handen. Aber es kann davon ausgegangen der Broadacre City gegeben hätte. Lediglich die werden, dass vom MIV-Verkehr getrennte überörtlichen Nutzungen (Fabrik, Shopping- Fußwege angedacht waren. Im Bereich der Mall, Kultur- und Freizeiteinrichtungen) Schulen in der Modellmitte deuten sich hätten Zielverkehr verursacht.

126 Noch 1913 besaßen nur 13 von 1000 US-Bürgern ein Automobil. Der Motorisierungsgrad stieg aber in den nächsten 20 Jahren um das vielfache und um 1930 besaß über die Hälfte der US-amerikanischen Haushalte ein PKW (→ Homepage A1). 127 Norman Bel Geddes beispielsweise wies für seine „magic 128 .... als reiner Verkehrsplaner, der ausschließlich auf Effizienz und motorways“ 8 bis 14 spurige “Superhighways” aus (Geddes | 1940). Sicherheit achtet.

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⎯ Berufsverkehr

⎯ Einkaufsverkehr

⎯ Freizeitverkehr

⎯ Monorail

Abb.31 [Verkehrsaufkommen] Aus der Nutzungssstruktur kann das Verkehrsaufkommen der Broadacre City abgeleitet werden. Die Karte zeigt, an welcher Stelle welcher Verkehr entstehen würde: Je nach Verkehrsart (Berufs- oder Freizeitverkehr) werden Bereiche sichtbar, wo sich das Verkehrsaufkommen verdichtet. Graue Striche (abstrahierte Fahrzeuge) stellen dar, wo Berufsverkehr entstehen würde; die blauen Striche stehen für den Freizeitverkehr. Der Einkaufsverkehr hätte sich auf zwei Knoten konzentriert. Eigene Darstellung

Wright erkannte, dass Verkehr und Siedlungs- Funktionstrennung) genutzt (Bremer, Sander | raum in einem Wechselverhältnis stehen und 2006:8 ff.). Auch Wright wollte mit Hilfe der die Straße auch als raumordnerisches Instru- Autobahn eine dezentrale Stadtstruktur – ment genutzt werden kann. Er griff hier einen „dezentralisierte Metropole“ (Wright | 1966: Aspekt auf, der in der amerikanischen und 133) – schaffen. Hieraus erklärt sich, warum europäischen Planungsdebatte der Moderne Wright so viele Straßen in seinem Modell eine zentrale Rolle spielte. Zu Wrights Zeit auswies: Die vielen Straßen mit geringer wurde die Autobahn von vielen Planern als Erschließungsfunktion würden die von ihm raumordnerisches Mittel (Dezentralisation und

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gewünschte stadträumliche Weite und steckte, betonte, ließ Einblicke zu oder ver- Offenheit erzeugen. wehrte sie. Er erzeugte durch die Gestaltung und Führung der Straßen räumliche Drama- Verkehrserzeugung im Modell turgien und inszenierte Raumwechsel. Das Modell zeigte, dass sich Wright sehrwohl abwägend mit dem MIV-Verkehr auseinander- gesetzt hatte und versuchte, den motorisierten Verkehr in bestimmten Bereiche zu bündeln (Knoten) und sensible Bereiche (Wohnen + Schulen) nicht zu belasten. Vor allem aber die starke Durchmischung auf Parzellenebene würde dafür sorgen, dass in der Broadacre City von vornherein wenig Berufsverkehr entsteht. Diese vorausschauende Planung traf aber nicht für den Freizeitverkehr zu. Hier wäre ein großes Maß an Streuung entstanden. Es scheint sogar, dass die Freizeitgestaltung in der Broadacre City stark mit dem privaten Auto (Drive-In, automobile objective) verknüpft war.

Verkehrswege als Gestaltungselement

Vor allem aber machte das Modell deutlich, [ ] dass Straßen bei Wright repräsentative Zwecke Abb.32 Straße als Inszenierungsinstrument Wright nutzte Straßen als Element der Rauminszenierung: Er lenkte Blicke oder zu erfüllen hatten. Straßen und Autobahnen nutzte die Straße als Sichtachse auf besondere Gebäude. Manche waren für Wright wichtige Räume der Gestal- Straßen im Modell waren boulevardähnlich ausgebaut und boten einen tung. Einblick in den Stadtraum. Andere Straßen versteckten und schützten die dahinterliegende Nutzung. Wright wollte, dass die Gestaltung der Auto- Eigene Darstellung bahnen eine Angelegenheit des Bundeslandes Die Gewerbezonen an den Autobahnabfahrten (County seat) sein sollte und von einem (Knoten) waren stark durchgrünt, um einen zu nationalen Supervisor (supervising architect, starken baulichen Eindruck abfangen zu landscape architect oder structural engineer) können. überwacht würde129. Gleichzeitig nutzte Wright die Straßenraumge- Im Modell erkennt man, dass Wright Straßen staltung, um Übergänge und Gestaltungs- nutzte, um bestimmte Räume zu betonen und wechsel zu markieren. Eine Hauptverkehrs- andere weniger sichtbar zu machen. Er ver- straße, die direkt von der Autobahn abging, änderte ihren Charakter auf Höhe des Ein- kaufszentrums. Das Einkaufszentrum schob 129 Hier knüpfte er an die Parkway Bewegung der USA (→ Churchill | 1933) und die scenic road movement an, die mit dem Bau von Straßen sich wie ein Riegel über die Straße und die und Autobahnen raumordnerische und gestalterische Ziele verbanden Straße veränderte ihren Verlauf – war nun (→ Zapatka | 1987). Bei der Parkway Bewegung spielten beim Bau von Autobahnen sowohl landschaftsplanerische als auch ingenieurs- nicht mehr gewerblich geprägt, sondern wurde technische Aspekte eine Rolle. Gestaltungsansprüche wurden in den zur Landstraße. An der anderen Autobahnab- technischen Richtlinien (Engineering manuals) verankert, so dass Design und technische Anforderungen aufeinander abgestimmt werden fahrt bildete eine Tankstelle ein kleines Entree. konnten (→ Rowe | 1991). Gleichzeitig markierte sie den Übergang von

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der Autostadt zur Rasterstadt. Hinter der > Integrierte Planung! Bei der Planung von Straßen müssen raumordnerische und Tankstelle veränderte die Straße ihren stadtgestalterische Aspekte mit berück- Charakter. Sie wurde vom stark versiegelten sichtigt werden. Verkehrsplatz zu einem linearen Park mit > Straßen sind als Raumordnungs- Mittelstreifen, der boulevardähnlich den element mit dem Ziel der Dezentra- Siedlungsraum zeigte. lisation zu nutzen. > Knoten für verkehrserzeugende An Hauptverkehrsstraßen nutzte Wright Nutzungen reservieren! Den Stand- schmale Waldstreifen, um Raumabfolgen zu ortvorteil der Autobahn (hohe Erreich- erzeugen. Die Streifen erzeugten eine Sequenz barkeit) punktuell (an den Abfahrten) für von Weite und Enge. Die Sammelstraßen, die gewerbliche Nutzungen öffnen. den Verkehr der privaten Anliegerstraßen auf- > Kurze Wege im Alltag! Alltägliche nahmen, waren mit großzügigen Pflanzstreifen Versorgungs- und Kultureinrichtungen (Schulen) möglichst direkt den Wohn- ausgestattet. Auch nutzte Wright Straßen als einheiten zuordnen und Mischnutzung auf Sichtachsen, um Ausblicke auf besondere Parzellenebene fördern. Gebäude (Schulgebäude, Zoo als Brücken- > Straßenraum zur Gestaltung und In- gebäude) oder auch auf Landschaftselemente zenierung des Siedlungsraums nutzen! (Felder, Wälder) zu bieten. > Dominanzen von kommerziellen Orten meiden! Straßenraumgestaltung Von der Autobahn aus gewährte Wright nur sollte genutzt werden, um zentralörtliche teilweise Einblicke in seine Broadacre City. Sie Nutzungen in ihrer räumlichen Dominanz sollte eine gestalterische Konstante formen, abzufangen. während die Bebauung sich der jeweiligen Re- > Durch großzügige Straßenraumdimen- gion und dem regionalen Klima anzupassen sionierung Weitläufigkeit herstellen! hatte (Wright |1935 [A New Community Plan]: > Straße als Element nutzen, um Blicke zu lenken und Räume und Gebäude zu 248). betonen. Straßen als Sichtachsen nutzen! Aus dem Modell können folgende Gestaltungs- > Durch eine einheitliche Gestaltung von aufgaben für den Straßenraum abgeleitet Autobahnen für ein harmonisches Orts- bild sorgen. werden:

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Freiräume im Modell

Abb.33 [Freiräume der Broadacre City] Wright nutzte in seinem Modell die Landschaft als Gestaltungsmittel: Durch forstwirtschaftliche Flächen wurden Siedlungsbereiche voneinander getrennt. Wiesen innerhalb der bebauten Gebiete sorgten für Abstand, versteckt liegende Parks oder Gartenteile schafften introvertierte Bereiche. Freiraum und bebauter Raum verschmolzen im Modell zur Kulturlandschaft.

Wright wollte mit Architektur und Acreage öffentliche Gebäude, Straßen und Parkele- eine neuartige Kulturlandschaft schaffen. Für mente (Seen, Vegetation) zu einer Park- Wright war dieser Hybrid aus Siedlungs-, landschaft zusammen. Agrar- und Naturraum eine ästhetische Ver- James Krohe schrieb, dass im Modell ein heißung. Das Entwurfsmodell spiegelte diese ländlicher Raum in einen Stadtraum überführt Ansprüche allein durch den stark durchgrün- würde und aus der Verschmelzung eine beid- ten Gesamteindruck wider. Broadacres war we- seitige Verbesserung entstünde: „It was the niger ein Stadtmodell als vielmehr ein Land- countryside converted into a city that would schaftsmodell. Bauliche Nutzungen waren in be an improvement on both” (Krohe | 2000: einen Agrarraum, eine Parkanlage oder in die 34). Doch Krohes Beschreibung ist nicht ganz Natur eingebettet. Die Farmen und der Agrar- richtig. Broadacres war kein Modell für eine raum bildeten eine Felderlandschaft; an Überformung. In der Art, wie Wright die anderer Stelle verband Wright großvolumige

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Landschaftsräume und sogar die landwirt- Baumpakete sorgte er im Modell für eine schaftlichen Felder für Gestaltungszwecke Rhythmisierung der Straße. nutzte, wird klar, dass die Landschaft hier > Für die „Landstadt“ waren viele ebenso von Menschenhand gemacht und landwirtschaftliche Anbauflächen (Obstwiesen, Platagen, Weinanbau) bestimmt war, wie der bebaute Raum und der ausgewiesen. Auch in anderen Verkehrsraum. In den Worten von Krohe aus- Sieldungsräumen sorgten eingestreute gedrückt müsste es also richtiger heißen: It Anbauflächen für eine Auflockerung. was a plain field converted into a mixture of > Die Parks oder öffentlichen Gartenanlagen countryside and city, the ideal synthesis of waren eher versteckt angeordnet. Sie countryside and city. waren von der Straße aus meist nicht direkt einsehbar. > Naturbelassene Flächen prägten den Bereich der Parkstadt. Die Grenze zwischen bebaut und unbebaut verwischte hier fast vollständig. > Wiesen lockerten den Siedlungsraum auf. > Wald- und forstwirtschaftliche Flächen übernahmen trennende Funktionen. Sie grenzten verschiedene Nutzungen voneinander ab und bildeten teils einen passiven Lärmschutz. Aber nicht alle Freiräume lassen sich in ihrer Bedeutung für den Siedlungsraum klar de- Abb.34 [Verhältnis Freiraum – bebauter Raum] Für finieren. Vor allem die Bestimmung der als die unterschiedlichen Siedlungsgebiete nutzte Wright verschiedene Formen der Freiraumgestaltung. In einigen Wiesen gekennzeichneten Flächen bleibt Gebieten dominierte der Stadtraum (Autostadt), in anderen unklar. Sind es tatsächlich Flächen, die nur für Gebieten überwog der Freiraumanteil (Parkstadt, landwirtschaftliche Zwecke genutzt und nicht Landstadt). bebaut werden sollten? Oder waren sie als Eigene Darstellung potenzielle Nachverdichtungsflächen gedacht, Wright arbeitete im Modell mit sechs die angelegt wurden, um weitere Gebäude verschiedenen Arten von Freiräumen: einfügen zu können, ohne den Gesamtcha- rakter zu zerstören? > Das Straßengrün diente dazu, die breiten Verkehrsräume zu gestalten. Durch unregelmäßige Baumreihen oder

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Abb.35 [Rolle der Wiesenflächen] Vor allem im Bereich der Rasterstadt gab es viele zwar erschlossene, aber nicht bebaute Grundstücke. Erklärungen für diese Baulücken lassen sich in der Literatur zum Modell nicht finden. Sie könnten als Nachverdichtungspotenziale gemeint sein. Oder sie dienten als „Abstandshalter”, um die gewünscht lockere Bebauung auch zukünftig garantieren zu können. Eigene Darstellung

Aus der Art der Freiraumausweisung im Mo- Landwirtschaftlich genutzte Felder für Gestaltungszwecke nutzen! Wald und dell können folgende Gestaltungsaufgaben Forste für Gestaltungszwecke nutzen! abgeleitet werden: > Landschaftselemente und Freiräume als > Natur als Gestalter! Orte definieren, wo Raumteiler und Pufferzone nutzen! vor allem der Naturraum für die Gestaltung > Landschaftselemente zur Betonung und prägend ist und sich der Siedlungsraum Akzentuierung von Räumen nutzen! unterordnen muss. Straßenräume durch Baumreihen > Landwirtschaft als Gestalter! Orte rhythmisieren! definieren, wo vor allem der ländliche

Raum für die Gestaltung prägend ist.

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2.3.5. Zusammenfassung: Kernaussagen des Modells

Mit dem Entwurfsmodell bot Wright im Landschaftselementen gestaltete Wright seinen Maßstab 1:900 ein konkretes Bild von seiner gesamten Stadtraum und umgekehrt, mit Stadtlandschaft. Dabei ist zu berücksichtigen, Architektur- und Städtebauelementen dass sein Entwurfsmodell kein Entwurf für modulierte Wright die Landschaft/ Wildnis/ eine reale Fläche war, sondern eine abstrakte Natur. Das Entwurfsmodell war weder eine Mutterpause, die Gestaltungsprinzipien zur Überformung eines Landschaftsraums, noch Anwendung brachte und dazu einlud, es im eine nachträgliche Begrünung einer Stadt, Sinne des Entwurfsmodells auf reale Räume zu sondern tatsächlich ein abstraktes Ideal einer übertragen. Der abstrakte Plan war nur ein symbiotischen Verschmelzung. Beispiel, der „je nach Umwelt, Klima, und Topographie der Gegend“ (Wright | 1935 [Architectural Records] → Desmond | 1998: 246) immer wieder variiert werden müsse.

Der Gesamtaufbau des Modells lässt erkennen, dass die Verteilung der Siedlungs,- Verkehrs- und Freiräume einem in sich verschachtelten und gut aufeinander aufbauenden Muster folgte. Die Siedlungsräume der Broadacre City fügten sich zu einer Komposition/Einheit. Broadacre war ein klar und komplex durch- dachtes und gestaltetes Beispiel für einen Städtebau in dezentralen Stadtlandschaften.

Mit dem Modell konnte Wright einige raum- ordnerische Punkte, die in den Texten an- gerissen wurden, konkretisieren. Er zeigte, wie Abb.20 [Lageplan Broadacre City] mit baulichen und funktionellen Verdich- Eigene Darstellung tungen umgegangen werden soll, die er in einem gewissen Grad an Autobahnabfahrten Aus heutiger Sicht ist der Umgang mit zulässt. Ebenso zeigte er, wie für eine stärkere Straßenräumen im Modell ungewöhnlich. Betonung von kulturellen Orten gesorgt wer- Straßen waren für Wright ein wichtiges den kann. Auch das im Text zentrale Thema Instrument der Raumordnung und Raum- der physischen Re-Integration, der Symbiose gestaltung. Der Straßenverlauf und die zwischen städtischem und ländlichem Raum, Straßenbreite richteten sich im Broadacre kann das Modell illustrieren. Das Entwurfs- Modell vor allem nach raumgestalterischen modell zeigt, dass es in Zukunft keinen reinen Aspekten und weniger nach dem Verkehrs- Freiraum und keinen vollkommenen Stadt- aufkommen oder anderen rein sektoralen raum mehr geben soll, sondern dass der Sied- Aspekten der Verkehrsplanung. Straßen waren lungsraum der Zukunft von diversen Zwi- für Wright ein wesentlicher Teil der Stadt, der schenformen in unterschiedlicher Körnigkeit als solches mitgestaltet werden sollte. geprägt sein wird. Mit Landschaft und

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Aus dem Modell lassen sich bestimmte allge- nach Siedlungsraum unterschiedliche Funk- meine Gestaltungsprinzipien ableiten, die tionen übernehmen kann. Hieraus lassen sich für den gesamten Siedlungsraum Gültigkeit be- Gestaltungsaufgaben ableiten, die nicht für alle sitzen: Siedlungsräume gleichermaßen gelten. So ist das Verhältnis zwischen Frei- und Siedlungs- Allgemeine Gestaltungsprinzipien raum und damit die Gestaltung der Körnigkeit > Voller Elementeneinsatz! Sowohl städte- von der jeweiligen Nutzungsstruktur eines bauliche als auch landschaftsplanerische Siedlungsraums abhängig. Elemente und Straßenraumgestaltung für Gestaltungszwecke nutzen! Gebietsbezogene Gestaltungsaufgaben > Straße als Element nutzen, um Blicke len- ken und Räume und Gebäude zu betonen. > Bei Siedlungsräumen mit hohem Wohn- Straßen als Sichtachsen nutzen! anteil oder bei gewerblich geprägten Gebieten ist für eine Mischnutzung auf > Durch eine städtebauliche/ landschafts- Parzellenebene zu sorgen. planerische Gestaltung von Autobahnen für ein harmonisches Ortsbild sorgen. > Für gewerbliche Bauten sind strenge Ge- staltungsregeln anzuwenden (d.h. wenig > Bei der städtebaulichen Gestaltung Gestaltungsfreiraum). Grünräume sind als zwischen lokalen Orten und überörtlichen Raumgrenzen zu nutzen. Im Verhältnis Räumen unterscheiden. Lokale Orte sollen Grünraum zu bebautem Raum überwiegt so gestaltet werden, dass die lokalen in diesen Gebieten der bebaute Raum. Er Charakteristiken identitätsstiftend für das ist entwurfsprägend. Ortsbild werden. Überörtliche Räume (z.B. Autobahnen) sollen als Konstante gestaltet > In Siedlungsräumen mit hochwertigen werden. Nutzungen ist eine Körnigkeit zwischen be- bautem Raum und Freiraum (Natur/ Wild- > Städtebau für einen passiven Lärmschutz nis) herstellen, so dass durch das Verhält- nutzen! nis von Freiraum zum bebauten Raum der > Einzelne Gebäude (Solitäre, Schnittstellen) Eindruck einer Parklandschaft entsteht. Im nutzen, um Räume in Bezug zueinander zu Verhältnis Grünraum zu bebautem Raum setzen. soll der Raum so gestaltet sein, dass der Grünanteil deutlich überwiegt. > In Siedlungsräumen des Alltags sind zur Herstellung von kleinräumlicher Körnig- keit landwirtschaftlich genutzte Felder, Äcker und Waldstücke zu nutzen. In Bezug auf das Verhältnis Grünraum zu baulich genutzter Parzelle (Acre) ist ein ausge- wogenes Verhältnis anzustreben. Die Bau- freiheit auf den Grundstücken soll wenig eingeschränkt werden. > Im Bereich des Wohnungsbaus wird viel Baufreiheit geboten. Die bauliche An- ordnung der Baukörper auf den einzelnen Grundstücken ist wenig zu regulieren, sondern stattdessen durch landschaftliche Gestaltungselemente und Straßenraumge- staltung und Freiraumgestaltung für eine räumliche Struktur und Ordnung zu [ ] Abb.36 Gebietsspezifische Gestaltungsstrategien sorgen. Sichtbezüge auf öffentliche Wright nutze für die verschiedenen Gebietsarten unter- Gebäude sind herzustellen. schiedliche Gestaltungsstrategien. Durch die prototypischen Siedlungsräume wird deutlich, dass städtebauliche Gestaltung je

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Wrights Modell schafft damit in Bezug auf die Aufgrund des Maßstabes konnten einzelne ge- Bauflächenanordnung und das Verhältnis zwi- stalterische Themen, die er im Text bereits er- schen Siedlungs- und Freiflächen mehr wähnt hat (Geschwindigkeit als Maßstab, Klarheit. frontier), nicht vertieft werden. Auch konnte Wright im Modell nicht zeigen, wie man in- Aber nicht alle offenen Fragen konnten durch dustrielles Bauen kostengünstig und dennoch die Modellanalyse geklärt werden. Vor allem individuell im Sinne des organischen Bauens die gesellschaftspolitischen und bodenord- nutzen kann. nerischen Ziele, die Wright in seinen Texten formulierte, werden durch das Modell nicht In dem letzten Schritt der Analyse wird daher konkretisiert. Auch war im Modell kein Be- geprüft, wie durch die Projekte Wrights Ideen stand dargestellt. Es bleibt unklar, wie weiter konkretisiert und offene Fragen beant- vorhandene Stadt- und Freiräume nachträglich wortet werden können. angepasst oder umgebaut werden können.

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2.4. Projektanalyse

Die Projekte sind ein weiterer wichtiger Schlüssel zum Verständnis. Für Wright waren sie ein Mittel zur Vertiefung und Konkretisierung seiner Ideen. Der Forschung können sie heute auch als Mittel zur Verifikation dienen, denn mit ihrer Hilfe kann überprüft werden, ob die Text- und Modellinterpreta- tionen zutreffend sind. In beschränktem Maß können die Projekte auch zur Evaluation herangezogen werden, da aus ihnen abgeleitet werden kann, welche Ziele, Prinzipien und Gestaltungsregeln Wright in der Baupraxis umsetzen konnte. Ebenso kann überprüft werden, warum sich andere Ideen nicht haben verwirklichen lassen. Im Folgenden soll daher eine Auswahl an geplanten und realisierten Bauprojekten von Wright aus- gewertet werden. Dafür sind folgende Arbeitsschritte notwendig:

2.4.1. Materialien und Methode der Projektanalyse 2.4.2. Projekte für die Autostadt 2.4.3. Projekte für die Rasterstadt 2.4.4. Projekte für die Parkstadt 2.4.5. Projekte für die Landstadt 2.4.6. Projekte für die Schnitt- und Knotenstellen 2.4.7. Zusammenfassung: Kernaussagen der Projekte.

2.4.1. Materialien und Methoden für die Projektanalyse

Sekundärliteratur biographische Daten, um die Entwurfspraxis von Wright zu analysieren (Levine | 1996). Anders als beim Entwurfsmodell hat sich die Architektur- Von besonderer Bedeutung für Broadacre City ist die theorie und Forschung vielfältig mit Wrights verschieden- Arbeit von David De Long, der zusammen mit Anne en Bauprojekten auseinandergesetzt. Hier gibt es eine Whiston Spirn, C. Ford Peatross und Robert L. Vielzahl von Arbeiten, die als Sekundärliteratur Sweeny 1996 eine Arbeit erstellte, welche die Bau- und herangezogen werden können. Dabei kann zwischen Entwurfsprojekte von Frank Lloyd Wright vorstellte (De Arbeiten unterschieden werden, die sich mit einzelnen Long | 1998). Für De Long sind Wrights geplante und Gebäuden oder mit Ensemblen/Siedlungen auseinander- gebaute Bauprojekte Prototypen für die Broadacre City gesetzt haben und den Arbeiten, die sich mit Bauperi- und deren idealer Gesellschaft (De Long | 1998: 42). Das oden (Schaffensphasen) beschäftigten. Buch bietet Beiträge von verschiedenen amerikanischen Zentrales Werk bildet die Arbeit des Wrightforschers und Forschern, die sich mit dem Werk von Frank Lloyd Wright Archivars Bruce Brooks Pfeiffer zusammen mit dem beschäftigen. Einer der Autoren bei De Long ist John Fotografen Yukio Futagawa, die in einer achtbändigen Michael Desmond, der sich im Rahmen seiner Disser- Projektmonographie alle Bau- und Entwurfsprojekte von tation am Massachusetts Institute for Technology mit den Wright chronologisch zusammengetragen und kurz usonischen Wohnbauprojekten auseinandergesetzt hat beschrieben und damit eine Basis für eine Auswertung (Desmond | 1996). Desmond beschreibt diese Wohnbau- geliefert haben (Futagawa/Pfeiffer | 1990a-h). Auch projekte als „praktische Erkundungen des Potenzials der William Allin Storrer sammelte und beschrieb die Bau- Broadacre City in der Praxis“ (Desmond → De Long projekte von Wright und lieferte, so Robert Fishman, |1998: 246). einen vollständigen und fundierten Einstieg in die Wie viele andere beschäftigte sich Desmond in seiner Baupraxis von Wright (Storrer | 1974). Neil Levine nutzte Arbeit mit den Wohnungsbauprojekten. Schon 1953

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wurden die Siedlungen von Wright in einem Artikel im Pfeiffer | 1996), (Pfeiffer | 1986), Neil Levine (Levine | Journal of Housing kurz vorgestellt (o. V. | 1953). Roger 1996) und Victoria Newhouse (Newhouse | 1998) ge- Cranshawe begann 1978 mit der Analyse der Wohnbau- schrieben. Newhouse ordnet das Guggenheimmuseum projekte (Cranshawe | 1978). John Sergeant analysierte anderen bedeutenden Museumsbauten des 20. Jahr- dann 1979 eine Reihe von Wohnbauprojekten, die als hunderts zu. Richard Cleary (Cleary | 1993), May Jane Usonia– Häuser entstanden waren (Sergeant | 1979). Hamilton (Hamilton | 1990), Linda K. Harris (Harris | Sergeant klassifizierte die usonischen Häuser und 1994), Sandy Heck (Heck | 1985), Priscilla J. Henken entdeckte erste grundsätzliche Prinzipien. Im selben Jahr (Henken | 1954), Henry-Russell Hitchcock u.a. zum entstand auch von Greg Sipe eine Arbeit zu den Wayside Market (Hitchcock | 1942); Donald Hoffmann usonischen Wohnhäusern (Sipe | 1979). zum Wohnhaus (Hoffmann | 1978); William Später widmete sich A. Dale Northup noch einmal den Jordy zu dem Guggenheim Museum (Jordy | 1976), Siedlungen von Frank Lloyd Wright (Northup | 1986) und Harvey H. Kaiser (Kaiser | 1982), Jonathan Lipman auch Roland Reisley (Reisley | 2001), Norris Kelly zum Johnson Gebäude (Lipman | 1986); Cynthia Anne Smith (Smith | 1961) und Grant Hildebrand (Hildebrand Melendy (Melendy | 1999), Jack Quinan zum Larkin | 1991) beschrieben anhand ausgesuchter Wohnbaupro- Gebäude (Quinan | 1987); Marc Reinberger zum jekte die Entwurfsprinzipien von Wright. Berhardt Klein Gordon Strong Automobile Objective (Reinberger | 1984); verglich Schweizer Wohnhäuser mit Präriehäusern (Klein Meryle Secrest zur Hillside Home School (Secrest | 1989). Auch Alvin Rosenbaum widmete sich dem 1992); Joseph Siry zu religiösen Bauten (Siry | 1996). Siedlungsbau von Wright (Rosenbaum | 1993).130 Arbeitsmethode + Arbeitsschritte Seltener dagegen beschäftigten sich Forscher mit gewerblichen oder öffentlichen Gebäuden von Wright. Bei der nun folgenden Auswertung der Pro- Richard Longstreth schrieb über Gebäude für den jekte wird im besonderen darauf geachtet, wie Einzelhandel (Malls) und wertete hierfür auch Projekte Wright die durch das Modell und die Texte von Wright sowie von Richard Neutra und dem Wright gestellten Aufgaben in seinen Bauprojekten Sohn Lloyd Wright aus (Longstreth | 2000). Jack Quinan verwirklichen konnte und welche Gestaltungs- hatte die Bauten für den Handel und die Gemeinschaft elemente er verwendete. Die Projekte dienen ausgewertet und hatte sich detailliert mit dem Larkin- hier dazu, die aus dem Modell interpretierten Gebäude beschäftigt (Quinan | 1987). Richard Joncas Aufgaben zu vertiefen sowie zu zeigen, wie stellte kulturelle Gebäude vor. (Joncas | De Long 1998) Wright seine theoretischen Überlegungen auf die Umsetzungsebene übertragen konnte. Paul V. Turner beschäftigte sich mit Schul- und Universitätsgebäuden (Turner | 1984), Wendell Cole Auswahl der Projekte analysierte die Theaterbauten (Cole | 1960). Bruce Brooks Pfeiffer beschäftigte sich dann mit den Frank Lloyd Wright hat in seiner langen beruf- ungebauten Gebäuden. In einem Buch stellte er 76 lichen Karriere (1887-1959) über 400 Projekte Projekte vor, die Wright zwar entworfen hat, aber nicht realisieren können. Für weitere 200 Projekte realisieren konnte, darunter auch Projekte, die für Broad- gibt es Pläne und Entwürfe. De Long schrieb, dass man eigentlich alles, was Wright gebaut acres von besonderer Bedeutung sind (Pfeiffer | 1985). hat, als Beitrag zur Broadacre City werten Darüber hinaus gibt es eine Vielzahl von Autoren, die kann (De Long | 1998: 41). Im Rahmen dieser sich mit einzelnen Gebäuden beschäftigt haben. Die Arbeit musste daher eine Auswahl von Projek- Auflistung der Personen soll hier auf die Autoren be- ten getroffen werden. grenzt werden, die in der folgenden Auswertung von Dazu wurde die vorab entwickelte Differenzie- Einzelprojekten genutzt werden: Susan Bandes zum rung von Siedlungsräumen (Rasterstadt, Park- Goetsch-Winkler Haus (Bandes | 1991), zum Guggen- stadt, etc.) genutzt. In einem ersten Arbeits- heimmuseum haben Peter Blake (Blake | 1992), schritt wurden durch eine entsprechende Aus- Thomas Krens und Bruce Brooks Pfeiffer (Krens + wertung der Sekundärliteratur Projekte ge- sammelt und der Raumklassifizierung ent-

sprechend sortiert. Anschließend wurden die 130 Weitere Arbeit zu Wohnungsbauprojekten, die aber nicht veröffentlicht wurde: (Loudivin | o.J.) Projekte nach Bedeutung gewichtet:

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∝ ∝ ∝ besonders relevant. Alle Projekte, die ∝ möglicherweise relevant Projekte von Wright direkt in den Zusammen- der dritten Kategorie, bei denen eine hang zur Broadacre City gesetzt wissenschaftliche Auswertung wurden, sind als besonders relevant lohnenswert erscheint, wurden mit eingestuft worden aufgenommen ∝ ∝ relevant. Alle Projekte, die von Dann wurden die Projekte der ersten beiden Forschern häufiger in Bezug zur Kategorien anhand der vorhandenen Broadacre City gesetzt wurden, Sekundärliteratur ausgewertet. Für einzelne wurden als relevant eingestuft Fragen wurden die Projekte der vierten ϒ nicht relevant. Die verbleibenden Kategorie (möglicherweise relevant) Projekte, die nur selten oder bisher hinzugezogen. noch nicht in den Zusammenhang zur Broadacre City gesetzt wurden, wurden als nicht relevant eingestuft

2.4.2. Projekte für die [Autostadt]

Autostadt war, wie im vorherigen Kapitel be- Modell bildete Wright Fabriken, gewerblich schrieben, der Grundtypus einer jeden Stadt. genutzte Gebäude mit Wohnungen, einen Flug- Es war ein Siedlungsraum, welcher der ge- hafen, ein großes Einkaufszentrum und ein werblich/industriellen sowie der kommer- Motel ab. Im Text verwies Wright auf eigene ziellen Nutzung diente. Auch stand dieser Bauprojekte wie Markthallen und ein Motel. Siedlungsraum in funktionaler und visueller

Beziehung zur Straße und Autobahn. Im

Nutzungen, die Wright in „The Living City“ aufführte und die durch die Lage im Klassifizierung Modell dem Typus „Autostadt“ zugeordnet werden können Air Post Port and Administration + Flight Service + Main arterial, replacing the Verkehr und Infrastruktur present railway + Stables, Paddock and Track General Merchandising and Market + Little factories, dwelling above Handels- und Gewerbeorte Automobile Inn + Hotel + Neighborhood garage units with little stores + Infrastruktur für den Neighborhood guest houses Reisenden Airplane Factory + Factory Assembly + Little industrial units Industrie

Folgende Projekte wurden hier ausgewertet:

Tab.6 [Projekte. Verkehr + Infrastruktur] Bauprojekt Kurzbeschreibung ∝∝∝ Reiseunterkünfte - Reisebedarf | Entwurf für eine Motelanlage. Die kreisrunden Motel Daniel Wieland, Gebäude für die Gästezimmer mit Bad und Küche waren in Bogenform angeordnet. Hagerstown, Maryland, 1956 Die Parkplätze der Gäste waren den einzelnen Gästehäusern direkt zugeordnet. In Wright (Text), Futagawa/Pfeiffer: einem größeren Haupthaus waren Rezeption, Verwaltung und Serviceräume untergebracht. 1951-1959 > nicht realisiert

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∝∝∝ Reiseunterkünfte - Reisebedarf | Neben dem San Marcos Hotel Resort entwarf Wright San Marcos Wassergärten für Dr. für ein nah gelegenes Grundstück ein speziell für Autotouristen entwickelten Alexander Chandler, Arizona Hotelkomplex, „motor court“ (Motel). Wright fügte dieses nicht realisierte Projekt in (1929) das Broadacre Modell ein. Die Anlage bestand aus Holz-Zelt Kabinen (Ocotilla Camp Wright 1958, De Long, Johnson und Ras-el-Bar), die durch eine zentrale Wasserstraße als Mittelpunkt der Anlage verbunden wurden. Der Wasserkanal war begrünt und sorgte für eine angenehme 1999, Futagawa/Pfeiffer Bd 5: Kühle und Frische in der Anlage. 1924-36 > nicht realisiert ∝∝∝ Reiseunterkünfte - Reisebedarf | Hochhau, das ein ähnliches Konstruktionsystem wie Hotel Roger Lacy in Dallas, der → nutzte. Das Gebäude war für einen Baublock mitten in der Stadt 1946/47 geplant. Auf einem blockartigen einfach gestalteten Baukörper thronte ein filligraner Wright Ansicht, Doppelturm, in dem die Hotelzimmer und Apartments für Dauergäste untergebracht waren. Wright, der keine städtischen Bauflächen mochte, schrieb: „If our cities are to Futagawa/Pfeiffer continue to be habitable, something like this turning inward, over ample parking facilities, all avoiding competition with sourrounding mercantile establishments, introducing an element of repose and real harmony into building, is absolutely necessary” (Wright → Futugawa, Pfeiffer | 1988: 233). > nicht realisiert ∝∝∝ Handel + Gewerbe | Vorläufer einer Convenience Mall131. Walter V. Davidson war ein Markthallen für Walter V. Geschäftsmann der Ostküste, der zur Zeit der Weltwirtschaftskrise eine Davidson, 1932 Marketingstrategie entwickelt hatte, mit der kleine landwirtschaftliche Betriebe Wright (Text), Hitchcook, („Little farms“) unabhängig von Zwischenhändlern (z.B. Supermarktketten) ihre Quinan, De Long, Pfeiffer, Produkte direkt an den Kunden verkaufen konnten. In den 30er Jahren beauftragte er Longstreth, Futagawa/Pfeiffer Wright, einen Prototyp für einen Wochenmarkt direkt an der Autobahn zu entwerfen. Wrights Wayside market bestand aus einer einfachen eingeschossigen Hallenkonstruktion aus Stahlblech. Markantes und von weithin sichtbares Element der einfachen Halle war eine große begrünte Glaspyramide in der Mitte der Anlage. Unter der Glaskuppel waren ein Springbrunnen, Ruhezonen und Cafés untergebracht und von hier wurden über Wege die einzelnen Verkaufsstände erschlossen. Der Kern der Anlage war stark fußgängerorientiert und sollte eine offene, helle und begrünte Wochenmarktatmosphäre schaffen. Das Dach der Halle und die Glaspyramide konnten bei gutem Wetter geöffnet werden, so dass die Atmosphäre eines ländlichen, aber vor Witterung geschützten Marktes entstand. Die Front zur Straße war für Werbezwecke vorgesehen. Sie zusammen mit der Glaspyramide sollten für eine Aufmerksamkeit vom fahrenden Auto aus sorgen. Der fußgängerorientierte Kern der Anlage wurde von einer auf das Auto zugeschnittenen Schale umgeben. Diese Schale bestand aus den notwendigen Zu- und Abfahrten, Parkplätzen und Infrastruktur- einrichtungen für das Auto. Das System des wayside marktes basierte auf drei voneinander getrennten Bewegungs- und Aktionsschleifen: Während der Beifahrer („die Hausfrau“) einkaufte, sorgte sich der Fahrer/Chauffeur („der Ehemann“) um das Auto. Der Anlieferungsverkehr hatte – unsichtbar für die Kunden – seine eigenen Bewegungsräume und war auf der Rückseite, bzw. im Untergeschoss untergebracht. > nicht realisiert ∝∝∝ Verkehrsbauwerk | Aquiseentwurf für eine standardisierte Brücke. Wright machte der Butterfly Bridge in Spring Green, Wisconsin Highway Comission den Vorschlag, bei Verkehrsbauwerken gestalterische Wisconsin (1947) und Twin Aspekte stärker zu berücksichtigen. Seine Schmetterlingsbrücke mit den weit Suspension Bridge, Pittsburgh auskragenden flügelartigen Fahrspuren war als Standardbrücke gedacht (Ein (1947) ähnliches Entwurfsprinzip verwendete Norman Foster Jahre später für seine Millenium Brücke in London). Diese organisch anmutende Brücke würde sich besser Wright Ansicht in die verschiedenen amerikanischen Landschaften anpassen als die zu Wrights Zeiten üblichen statisch wirkenden Autobahnbrücken. > nicht realisiert

131 Zum Begriff Convenience Mall und Convenience Center siehe: Holzner | 1996: 82

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∝∝ Handel + Gewerbe | Verlagshaus der Zeitung Capital Journal | Im Obergeschoss waren Capitol Journal Gebäude, George Büros und Apartments untergebracht. In der Mitte der Anlage lag ein Dachgarten, zu Putnam, Salem, Oregon, 1931 dem man von den Wohnungen aus Zugang hatte. Damit schuf Wright im Entwurf durch die Aufteilung der Räume innerhalb eines Produktionsortes Intimität und Quinan, Futagawa/Pfeiffer Privatheit für Wohnzwecke. Wohnen und Arbeiten wurde selbst bei großen Produktionsstätten gemischt. Eine kleine Rampe vereinfachte die Anlieferung und Beladung des Gebäudes. Der zentrale Raum des Gebäudes war von baumförmigen Säulen geprägt. > nicht realisiert

Abb. 37 [Eindrücke. Autostadt] Quelle: Futugawa, Pfeiffer, Internet

Tab.7 [Projekte. Handel+ Gewerbe] ∝∝ Handel + Gewerbe | Verwaltungsgebäude für eine Firma für Bonerwachs und S.C. Johnson & Co, Möbelpolitur | Hier wendete Wright eine spezielle baumförmige Säule an, die den Verwaltungsgebäude, Racine, großen Arbeitsraum prägten: „Der Innenraum hat eine Raffinesse von Licht-, Farb-, Wisconsin, 1936 Raum- und Strukturwirkung, die sich kaum beschreiben und nur schwer in Bildern einfangen lässt (Quinan →De Long | 1998: 73). [Bei dem Gebäude] ist Lipman, Quinan, Futagawa/Pfeiffer bemerkenswert, wie die Arbeitsfunktionen und die sozialen Einrichtungen für die Angestellten aufeinander bezogen sind. > realisiert ∝∝ Handel + Gewerbe | Gebäude für ein Seifen- und Versandgeschäft für 1300 Angestellte Larkin-Gebäude, Buffalo New | Fünfstöckiges Stahlskelettgebäude mit zentralem Lichthof und verschiedenen York, 1902 – 1906 Nutzungen. Quinan, Futagawa/Pfeiffer > Das Gebäude wurde 1906 fertig gestellt, in den 1950ern aber abgerissen.

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∝∝ Handel + Gewerbe | Dreigeschossiger Stahlbetonbau mit Werkstatt im Untergeschoss | Autohaus Roy Wetmore, 1947/48, Im voll verglasten Erdgeschoss wurden die Neuwagen präsentiert. Entwurfsprägend Detroit, Michigan ist eine Rampe, die rechts vom Gebäude langsam ansteigt und in einer großen Kurve auf dem Dach des Gebäudes endet, das über das Schaufenster hinausragt. 1951 Quinan, Futagawa/Pfeiffer überarbeitete er die Idee. Nun gibt es keine Rampe mehr. Im zweiten Entwurf ist ein zweigeschossiger Gebäudeteil prägend, der als weit sichtbare Werbefläche (Schaufenster, Schild) dienen sollte. > nicht realisiert ∝∝ Industrie | Linsenförmiges Gebäude für eine Wäscherei | Der Standort für das Adelman Wäscherei für Benjamin Gebäude war ein belebter Verkehrsknoten in Milwaukee. Wright entwickelte eine Adelman, Milwaukee, Wisconsin, Drive-In-Wäscherei mit Restaurant und Büroräumen im Obergeschoss für den 1945 Besitzer. Um trotz der großen Hitze und Feuchtigkeit eine für die Arbeiter angenehme Arbeitsatmosphäre zu schaffen, entwickelte Wright ein Belüftungssystem, das im Quinan, Futagawa/Pfeiffer Sommer kühle Abluft in den Waschraum bringen würde. „Die Arbeit in dieser Wäscherei wäre (für Wäschereiverhältnisse) vergleichsweise angenehm gewesen, aber man hätte sich ein wenig gefühlt wie unter dem Rumpf der Hindenburg” (Quinan → De Long | 1998: 74 ff).

∝∝ Industrie | Entwurf für ein kombiniertes Montage- und Bürogebäude für Mikrowellen Lenkurt Electric Company, San und Telefone | Auch hier wendet Wright die baumförmigen Säulen an, die er schon bei Carlos, Kalifornien, 1955-58 dem →S.C. Johnson Verwaltungsgebäude nutzte. „Wrights Entwurf bot überdachte Quinan, Futagawa/Pfeiffer Parkplätze mit direktem Zugang zur Halle, einen weitläufigen, von Tageslicht gleichmäßig erhellten Arbeitsraum und einer vergrößerte, sogar noch ausbau-

fähigen Variante der hainartigen Säulenhalle des Johnson-Gebäudes” (Quinan → De Long | 1998: 76). > nicht realisiert

∝∝ Reiseunterkünfte - Reisebedarf | Als Wright an dem Entwurf für das →San Marcos-in- Ocotilla Camp, Chandler, Arizona the-desert-Resort Hotel arbeitete, baute er für seine Angestellten, seine Familie und (1928) sich in der Wüste von Arizona als temporären Wohn- und Arbeitsort ein Camp. Es Johnson | 1990, bestand aus einer einfachen Holzunterkonstruktion, über die Zelte gespannt wurde. Ocotilla als Wohn- und Arbeitsform ermöglicht das Leben in der Natur. Interessante Futagawa/Pfeiffer Vorstudie für Taliesin > 1929 temporär realisiert in einer sehr kurzen Bauzeit

∝ Handel + Gewerbe | Kleiner Gewerbekomplex mit Wohnung im zweiten Stockwerk. Hagan Ice Cream Company, Im Erdgeschoss waren Garagen untergebracht, über eine Treppe waren Büroräume Uniontown, Pennsylvania, 1954 und eine Apartment erreichbar. Hagan ist eine regional agierende Eiscreme-Firma. Futagawa/Pfeiffer > Das Gebäude wurde nicht realisiert, der Bauherr I.N. Hagan hat sich aber später von Wright ein Wohnhaus bauen lassen.

∝ Handel + Gewerbe | Autohandel an Straßenkreuzung in dichter Bebauung. Zentrum Jaguar Showroom Max des kleinen Gebäudes war eine kreisrunde Plattform, die so groß war, dass drei Autos Hoffmann, New York , 1954 aufgestellt werden konnten. Aus der Plattform stieg spiralförmig eine Rampe (display Futagawa/Pfeiffer ramp) hervor. Die Rampe konnte als weitere Ausstellungsfläche genutzt werden und machte es möglich, die Autos auch von oben zu betrachten. > nicht realisiert

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∝ Reiseunterkünfte - Reisebedarf | Entwurf eines Dauer-Campingplatzes mit Paradies auf Rädern Paradise on Infrastruktur in der Mitte der Anlage, die damit streng axial angelegt war. Die Wheels. Trailer Park für Lee Grundstücksecken des Geländes wurden durch große weithin sichtbare Pylone Ackerman, Phoenix, Arizona, markiert. Solche Anlagen werden heute in den USA „mobile home parks“ genannt. 1953 Gegenüber den heutigen gebauten Beispielen hatte Wright der Gestaltung des Futagawa/Pfeiffer öffentlichen Raums und der Gemeinschaftsanlagen mehr Bedeutung beigemessen. Mit einfachen gestalterischen Mitteln (Betonung der Ecken, Kanten und Schaffung einer zentralen Achse mit fußläufigen Verbindungswegen) erschuf er den Eindruck einer vollständig komponierten Gesamtanlage. > nicht realisiert

Abb. 38 [Gestaltungsprinzipien. Autostadt] Eigene Darstellung

Bauvorhaben war die Unterbringung einer Auswertung der Projektbeispiele Betriebswohnung für den Betriebsinhaber vom Auftraggeber vorgegeben. (→Adelman Durch die Projekte konnte Wright bestimmte, Wäscherei, →Hagan Eisfabrik) im Modell oder in den Texten bereits ange- > Im Rahmen des Möglichen versuchte er, deutete Gestaltungsideen (-regeln) vertiefen die hohen gesellschaftlichen Ziele und umsetzen: umzusetzen, die er sich selbst gesetzt hatte. → → > Das Prinzip der Mischnutzung konnte ( Adelman Wäscherei, Larkin Wright in einigen Projekten verwirklichen, Gebäude) etwa als er im Entwurf für das Larkin- > Sein Konzept des organischen Bauens, wo Gebäude „in die straff organisierte konstruktive Elemente in die Gestaltung Struktur eines einzigen fünfgeschossigen integriert werden, konnte er anwenden. Gebäudes Arbeit, Gemeinschaftsleben, Für seine Gebäude entwickelte er Bildung, Theater und Religion integrierte“ natürliche Belüftungssysteme anstelle von (Quinan → De Long |1998: 72). Bei technischen Systemen (Air Condition) wie kleineren gewerblichen/kommerziellen

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beispielsweise bei der → Adelman fahrer und Fußgänger (→Markthalle für Walter V. Wäscherei. Davidson). D.h. auch wenn Wright die Trends > Seinen Wunsch, das Auto zum neuen seiner Zeit nutzte und eine neue, auf die Geschwin- Maßstab für den Entwurf zu machen, digkeit des Autos ausgerichtete Architektur konnte er in einigen Entwürfen (→ Adel- entwickelte, blieb bei ihm der Fußgänger als Maß man Wäscherei → Roy Wetmore Autohaus, der Dinge berücksichtigt. → Davidson Wayside Market) realisieren. Es gibt aber auch Aspekte, die er im Modell Der Einfluss, den das Automobil auf die angedacht hatte, zu denen ihm aber ent- architektonischen Konzepte von Frank sprechende Bauaufgaben fehlten: Lloyd Wright hatte, ist damit unübersehbar (Quinan → De Long |1998: 94). Die > Durch seine Projekte konnte er die Idee, Integration des Autos in die Architektur Städtebau für einen passiven Lärmschutz geschah auf vielfältige Weise: zu nutzen, nicht verwirklichen, weil dafür < Der Umgang mit dem Gestaltungsfaktor Auto größere Bauprojekte an entsprechender drückte Wright durch Drive-In-Einrichtungen aus, Stelle gefehlt haben. Hier kann auf einige wie beispielsweise einer Drive-In-Wäscherei, einer Wohnungsbauprojekte verwiesen werden, Drive-In- Bank, einer Tankstelle, einem Motel bis wo Wright den Lärmschutzgedanken bzw. hin zu einem Entwurf für eine Drive-In-Kirche. die Abschirmung von der Straße umsetzen → Das Auto generierte neue Gebäude und Nutzungs- konnte ( Haus Frederick C. Robie). muster, denen Wright eine Form zu geben > Auch fehlten Wright große Aufträge, durch versuchte. die er hätte zeigen können, wie man stadt- < Gleichzeitig wurde die Geschwindigkeit des Autos räumliche Bezüge zwischen Gebäuden bei Wright ein formgebender Faktor: Es herstellen kann. Wright hat immer nur ver- entstanden linsen- bzw. stromlinienförmige einzelte gewerbliche Bauten entwerfen Gebäude. Hier erkennt man, dass Wright in seiner können, er wurde aber nie mit der Gestal- Architektur nach neuen Formen suchte, die es tung eines ganzen Gewerbegebietes oder ermöglichten, eine neue Architektur erfahrbar zu einer großen Mall beauftragt. machen, die an die Perspektive und Geschwindig- > In den Texten und im Modell hatte er das keit des Autofahrers angepasst war. Wright Flugzeug und den Hochgeschwindigkeits- begann, Werbeschilder so zu platzieren und zu zug (monorail) als weiteren wichtigen dimensionieren, dass sie für den Autofahrer Faktor beschrieben. Aber es gibt keine sichtbar wurden. Bei ihm bildeten Gebäude und gebauten oder geplanten Projekte, die sich Schild eine gestalterische Einheit. Teilweise ging mit diesen Gestaltungsaufgaben ausein- Wright soweit, dass Gebäude oder Gebäudeteile andersetzen. selbst zum Symbol/Werbezeichen wurden > Die Idee des alltags-nomadischen Lebens → → ( Autohaus Wetmore, Davidson (Gästehäuser, temporäre Wohn- und Straßenmarkt). Lebensformen („vom Höhlenbewohner < Dabei versuchte Wright auch, ein Ambiente für wieder zurück zum Nomaden“) konnte Fußgänger zu schaffen. Er trennte in seinen Ent- Wright nur in einigen wenigen Baupro- wurfsprojekten die Bewegungsabläufe von Auto- jekten vertiefen (→ Octocillo Camp).

2.4.3. Projekte für die [Rasterstadt]

Der prototypische Siedlungsraum der „Rasterstadt“ nahm im Modell am meisten Raum ein und beherrschte die Modellmitte. Als Nutzungen wurden im Modell einfache Wohn- und gewerblich genutzte Häuser, Gästehäuser, Lager-Räume, Praxen, Schulen und Bildungseinrichtungen dargestellt.

Nutzungen, die Wright in „The Living City“ aufführt und die durch Klassifizierung die Lage im Modell dem Typus „Rasterstadt“ zugeordnet werden können.

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Workers Home + Little Homes + Little Apartments = Wohngebäude Little Clinics + Professionals and their private Clinic = alltägliche Versorgung Schools + Little School for small children + Little Cinema + = Kultur- und Erziehungsbauwerke Educational Center

Für diesen Siedlungstyp stehen eine Vielzahl typ der Rasterstadt sehr viele Baubeispiele zur von Projekten und Projektideen von Wright Verfügung stehen, werden für die Auswertung zur Verfügung. Wright selbst hatte im Text und ähnliche Bauprojekte in Gruppen in den Ansichten zwar nicht auf sehr viele ge- zusammengefasst. baute und geplante Projekte hingewiesen, aber Im Folgenden werden zunächst die Projekte gerade im Bereich des Wohnungsbaus hat die der Kultur- und Schulbauwerke, dann die Forschung viele Projekte zusammengetragen, Gebäude der alltäglichen Versorgung und die im Rahmen der Broadacre-Debatte ausge- anschließend die Wohnbauprojekte wertet werden können. Da für den Siedlungs- ausgewertet:

Tab.8 [Projekte. Kultur-Erziehung] ∝∝∝ [Gruppe] Erziehungsbauwerke | Die Rosenwald Schule ist ein Beispiel für eine Rosenwald Schule für schwarze kleine einfache Schule. So wie hier Baumaterialien verwendet wurden, kann die Kinder, La Jolla, Kalifornien, Schule als Vorläufer für betrachtet werden. Zentrum der Schule war ein 1928 von Gebäuden umfasster Garten mit einem Schwimmbecken. Wright verwies auf die Wyoming Valley School, Wyoming Valley School, ein kleines, aus zwei Räumen bestehendes Schulhaus mit „unkonventioneller Geometrie“ (Joncas → De Long | 1998: 120). Mittelpunkt des Wyoming Valley, Wisconsin, 1956 Gebäudes war eine Bühne, die auf der einen Seite in einen Flügel mit den Joncas, Futagawa/Pfeiffer: Bd 5: Klassenräumen, Lehrerzimmer und Bibliothek und auf der anderen Seite in einem 1924-36, Wright (Text), Joncas Flügel mit Aula übergeht (→ Spielhaus Avery Coonley). (1998) > teils realisiert

∝∝ [Gruppe] Kulturbauwerk | Entwurf für einen Museumskomplex auf einem Barnsdall Park Municipal Gallery, innerstädtischen Eckgrundstück. Man kann den Entwurf als introvertierte Mini- Olive Hill, Los Angeles, Stadtlandschaft auf einem innerstädtischen Grundstück lesen. Der Erschließungsweg, Kalifornien, 1954 der den Komplex von der Straße aus erschloss, führte an gestalteten Freiräumen (See) Solomon R Guggenheim und Gebäudeteilen vorbei. Museum, New York, New York > nicht realisiert. Der Entwurf stieß weder bei der Stadt noch bei den Bürgern auf (1943-59) Interesse. Futagawa/Pfeiffer, Blake Bei dem Guggenheimmuseum in New York wurde die Idee später weitergeführt. Hier bildet das gesamte Gebäude einen sich spiralförmig in die Höhe schraubenden Weg (→ Gordon Strong). > realisiert. Es bildet auch heute ein architektonisch sehr bedeutendes Museumsbauwerk ∝∝∝ Bei diesem Gebäude wendete Wright sein Rampenkonzept an, das er für viele Kalita-Humphreys Theater, Theaterbauten (und Museen) vorschlug. Zwei seitlich des Zuschauerbereiches Dallas, 1955 angebrachte Rampen erschließen die Bühne und sollen dadurch den Schnürboden Wright (Text), Joncas + ersetzen. Das Konzept wies aber funktional Mängel auf. Auch hier versuchte Wright – wie bei vielen seiner Theaterbauten - nach einer Idee von Max Reinhardt - Bühne und Zeitschriftenartikel (siehe Literaturliste) Publikum miteinander zu verschmelzen. > realisiert

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Bild links: [Der Weg erschließt eine Raumkomposition] Ein geschwungener Weg führt zu einem von der Straße abgerücktem Gebäude. Alle Elemente des Grundstückes werden aus der Sicht des fahrenden Autos komponiert. Weg, Freiraumelemente (Wasserfläche) sowie Gebäude und verschmelzen zu einem „Raumfolgeerlebnis”. Bild rechts: [Das Gebäude wird Weg] Der Weg wird im Gebäude weitergeführt. Das Gebäude ist fast Abb. 39 [Gestaltungsprinzipien. Rasterstadt. Kulturbauten] nur noch eine spiralförmig aufsteigende Eigene Darstellung Rampe.

Tab.9 [Projekte Rasterstadt. Alltägliche Versorgung + Dienstleistung] ∝∝∝ Wohnen + Arbeiten | Es gibt einige Entwürfe von Häusern für private Bauherren, wo Gruppe | Mischnutzungen Wohnen und Arbeiten im Gebäude miteinander kombiniert wurde. Dazu gehört das → Futagawa/Pfeiffer Haus J.L. Smith, Kane County, Illinois, 1954, ein kleines preisgünstigstes usonisches Automatikhaus, das nur aus einem Zimmer bestand und einen Arbeitsbereich sowie

Wohnbereich besaß. Das Haus wurde nicht gebaut, weil es dem Auftraggeber zu klein war. Für das Ärztebrüderpaar Dr. William und Alvin Miller (Haus Dr. Alvin Miller, Charles City, Iowa, 1946) baute Wright ein Doppelhaus, das durch den Klinikkomplex in der Mitte des Gebäudes miteinander verbunden war. Gebaut wurde aber nur ein Wohnhaus. Ein für Wright eher untypischer Entwurf eines Mischgebäudes ist das Studio für die Dramaturgin Mary Waterstreet, Spring Green, Wisconsin, 1941. Es wirkt auf dem Grundriss fast wie ein Wohnmobil. Der Eindruck wird dadurch verstärkt, dass viele Möbel (Sessel, Tische, Schränke) eingebaut sind. > meist nicht oder nur in Teilen realisiert ∝∝ Ein kleines Krankenhaus in Madison mit zusätzlichen Räumen für Beschäftigungs- Neuroseums, Neurological therapie, medizinischer Versorgung, Forschungsbibliothek mit Labors und Treatment Center, Madison Gemeinschaftsräumen mit Schwimmbecken und Amphitheater. Der Auftraggeber wollte Quinan, Hamilton ein konventionelles vierstöckiges Gebäude. Wright aber entwarf ein bogenförmiges Gebäude, an dessen Außenseite die Patientenzimmer lagen (damit niemand einen anderen Patienten sehen musste, wenn er nicht will). ∝ Die beiden Wright Schüler Charles Montooth und Arthur Pieper eröffneten 1953 ein Bürogebäude Pieper-Montooth, Architekturbüro, das sich auf den Bau von usonischen Automatik-Häusern Scottsdale Arizona (1953) spezialisieren wollte. Wright entwarf für seine beiden Schüler ein kleines Bürogebäude Futagawa/Pfeiffer mit zwei Büroräumen, einer Lobby und einem Zeichenraum.

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Abb.40 [Eindrücke. Rasterstadt] Bildquelle: Internet

Tab.10 [Projekte.Rasterstadt. Wohnungsbau] ∝∝∝ Privatwohnhäuser | Serie von Wohnhäuser zwischen 1930 und 1950 | Ziel war es, ein Haus Usonische Häuser zu entwickeln, das standardisierte Bauelemente und normierte Maße übernahm und Desmond, Sergeant, dadurch kostengünstig wurde, das sich aber je nach Lage und Besitzer den Bedürfnissen der Umgebung und seiner Bewohner anpassen konnte132. Das usonische Haus war ein Futagawa/Pfeiffer Gegenstück zum traditionellen amerikanischen Haus, da es horizontal organisiert war und statt abgeschlossener Räume ein System aus verschachtelten Räumen mit fließendem Übergang in den Freiraum bot (Sergeant | 1976: 13). Im Unterschied zu den → Präriehäusern bildete hier nicht immer der Kamin das Zentrum des Gebäudes. Wrights Bauherren waren meist liberale Akademiker der Mittelschicht mit einem begrenzten Finanzbudget. Die usonischen Häuser sollten Beispiele für das Bauen in der Weite und in der Natur sein, daher stellte Wright seinen Bauherren vor Auftragerteilung die Bedingung, dass Baugrundstücke außerhalb der Stadt liegen müssten. Um Bau- und Entwurfskosten zu senken, ermutigte Wright seine Bauherren, beim Bau des Hauses selbst mitzuhelfen. Für die usonischen Häusern gibt viele Beispiele: Das Haus Jacobs gilt als Vorbote der usonischen Reihe. Das Haus Benjamin Adams Phoenix, Arizona, 1951 –1953 ist das erste usonische Automatikhaus (usonian Automatic), das gebaut wurde. Das Haus besteht aus zwei Gebäudeteilen, die durch eine überdachte Terrasse verbunden sind. Über das auf einer Hügelkuppe tronende Sturges Haus schreibt Desmond: „Mit diesem kleinen und praktischen Usonia-Haus verwandelte Wright einen unattraktiven vorstädtischen Standort in ein überzeugendes Sinnbild der Möglichkeiten, die sich dem Menschen in der Natur eröffnen” (Desmond →De Long | 1998: 207). Das Haus Herman T. Mossberg lag auf einen Eckgrundstück in einem Vorort. Es ist Beispiel dafür, wie man usonisch bauen kann, wenn das Grundstück selbst nicht ideal ist. Das Haus für John. E. Christian, gilt als spätes Meisterwerk der usonischen Häuser, das trotz des festen Prinzips durch seine Variantenvielfalt überrascht. Bekanntes Haus dieser Reihe ist das Goetsch-Winckler Haus in Okemos, Michigan (1939), das als ein Schlüsselwerk der Moderne gilt. > circa 30 realisierte + 30 nicht realisierte Beispiele

132 Seine Studenten übernahmen in der Analysephase folgende Aufgaben: Sie fuhren zu den Klienten, wohnten eine Zeit mit ihnen zusammen in den Häusern und erfuhren so mehr über deren Bedürfnisse an den Raum. Diese Informationen wurden an den Architekten weitergeleitet.

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∝∝ Privatwohnhaus | Haus Robie setzte die unterschiedlichen Ebenen des privaten Haus Frederick C. Robie in Familienlebens in Beziehung zur Stadtstraße. Mauern und Vorsprünge werden zu Chicago, 1908 1910 Schwellen, die Privates von der Straße abtrennen. Desmond, Futagawa/Pfeiffer > realisiert ∝∝ Privatwohnhaus | Reihe von Häusern für die Mittelschicht, die Wright entwickelte, um Präriehäuser seine Architekturideen auch weniger finanzkräftigen Kunden öffnen zu können. Die Hitchcock, Mc. Carter, Fraser, Präriehäuser waren noch eingepasst in das Schachbrettmuster der Grundstücksgrenzen, versuchten aber innerhalb der Dichte der Stadt für private Weite zu sorgen. Bei diesen Kerr, Wollen, Futagawa/Pfeiffer Häusern formt die Küche mit Kaminbereich das Zentrum des Hauses. Küche und Kaminbereich wurden zum Transferrium, das die Grenze zwischen Auto und Natur markierte. Wright schaffte fließende Übergänge von der offenen Garage in den häuslichen Lebensbereich. Ganz praktisch kann man von der Garage aus direkt die Speisekammer bedienen und gleichzeitig wird die offene zur Straße orientierte Garage als Carport zum Showroom für das Leidenschaftsobjekt Auto. Hinter der Küche/Kamin beginnt dann der private (autofreie) und zum Garten geöffenete Bereich des Hauses. > meist realisiert

Abb. 41 [Gestaltungsprinzipien. Rasterstadt. Wohnungsbau 1 ] Eigene Darstellung

Abb. 42 [Gestaltungsprinzipien. Rasterstadt. Wohnungsbau 2 ] Eigene Darstellung

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Abb.43 [Veränderung im Entwurfsprinzip] Im Laufe seiner praktischen Tätigkeit löste sich Wright immer stärker von einem kompakten Grundriss. Die einzelnen Räume eines Hauses wurden verteilt, der Kamin rückte ins Zentrum des Hauses. Auch das äußere Erscheinungsbild veränderte sich: Der Musterentwurf für das Ladies Home Magazine wirkt noch konventionell. Das Wohnhaus für Frederick C. Robie orientierte sich stärker horizontal und schirmte sich zur Straße ab (wird zur Mauer). Erst zur Gartenseite gab es eine Öffnung zu Landschaft. Bildquelle: Internet

Tab.11 [Projekte. Rasterstadt. Siedlungsbau] ∝∝∝ Siedlungsbau | Entwurf für eine Wohnsiedlung für 100 Angestellte. Cloverleaf Projekt war Cloverleaf Circle Pines, ein Bindeglied zwischen den rechtwinkligen Siedlungsprojekten wie dem Quadruple (Kleeblatt) Viererhaus House, →Suntop oder dem städtebaulichen Wettbewerb für die →National Conference Siedlung, Pittsfield, und den späteren kreisrunden Projekten wie →Galesburg oder →Parkwyn Village. Wright Massachusetts (1941) entwarf einen Gebäudekomplex für vier identische Wohneinheiten (Kleeblatt), die sich Johnson, Desmond, rotierend um ein zentrales Wandkreuz bündelten. Das Wandkreuz als Gerüst des Kom- plexes sorgte für einen stetigen Auslauf der Nutzung. Vom Carport verliefen die einzelnen Futagawa/Pfeiffer Räume fast zentrifugal in die Landschaft. Ganz außen lag der Wohnbereich, der den Übergang in den Naturraum schaffte. Die Eingänge waren so angebracht, dass sie nur von einer Seite aus einsehbar waren. Die Gebäude stellte Wright auf eine runde Plattform und er legte im Entwurf viel Sorgfalt in die Gestaltung der Gärten. Wright nahm hier beim Entwurf die Perspektive des Autofahrers und die des Bewohners ein und bot aus diesen beiden Perspektiven zwei unterschiedliche Eindrücke. Vom Auto aus hätte man die Häuser als Objekte vor einem relativ gleichmäßigen Hintergrund - „unauffälligem Buschwerk“ (Desmond | 1998: 242) - gesehen. Von der Wohnung aus betrachtet, wäre nur das eigene Grundstück erlebbar. > nicht realisiert

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∝∝∝ Siedlungsbau | Suntop sollte zum Pilotprojekt für neue Bauformen und Bautypologien Suntop („Ardmore werden. Wright entwickelte einen Mehrfamilienbau, dem man nicht angesehen hätte, dass Experience“), Ardmore, sich hier mehrere Haushalte ein Grundstück und Haus teilen. Suntop war ein Hybrid aus Pennsylvania (1938 ) Reihenhaus und Stadtvilla - ein Mehrfach-Einfamilienhaus. Das Gebäude war in vier Hitchcock, Sergeant, Desmond, Quadrate geteilt, die je einem Haushalt zugeordnet wurden. Jede Wohneinheit erstreckte sich über zwei Geschosse und hätte einen Keller (mit offener Garage) und einen Dach- Futagawa/Pfeiffer garten (Suntop) besessen. Um Kosten zu sparen, sollte der entwickelte Gebäudetyp mehrfach hergestellt werden. Um den Eindruck der Doppelung oder Reihung zu vermeiden, sollten die Gebäude versetzt und gedreht zueinander auf dem Gelände angeordnet werden. Durch diese Rotation schuf Wright eine Differenzierung zwischen öffentlichem und privatem Raum. Die Anordnung der Gebäude zueinander hatte den Zweck, die innere Logik des Gebäudes etwas zu verschleiern. Diese komplexe Geometrie erzeugte vielfältige Ordnungen, die bewusst verwirren sollten, um größtmögliche Privatheit zu erzeugen: „This successive shifting works in this way, not simply by avoiding the perception of geometric order, but by providing too many competing orders” (Desmond 1996: 87). Der Nachbar blieb trotz der räumlichen Nähe unsichtbar. > nicht realisiert

∝∝∝ Siedlungsbau | Beispiel für eine Siedlung, die als private Kooperative von privaten Pleasantville, Usonia II Bauherren entstanden. Frank Lloyd Wright erstellte den Plan und betreute das Projekt. Die einzelnen Häuser sollten aber individuell entworfen und von den Bauherren realisiert Desmond, De Long, Sergeant, Futagawa/Pfeiffer werden. Die Ideen, mit Hilfe einer Eigentümerkooperative ein großzügiges Wohngebiet 30 Meilen von New York entfernt zu entwickeln, entstand bei dem Ingenieur David Henken, der zwei Jahre als Lehrling bei Wright gearbeitet hatte. In Wrights Planungen bekommt jedes Haus einen Acre Land. Wright zog 55 Kreise auf dem Plan. Sechs Kreise zusammen bilden einen größeren Kreis und umschließen eine Freifläche, die als Park genutzt werden soll. Die Kreise berühren sich nur an den Kreistangenten, die dreieckigen Restflächen werden keinem Grundstück zugewiesen, d.h. die Restflächen - das Stückchen Niemands- land zwischen den kreisrunden Grundstücken - wird zur Mini-frontier. Die Straße schlängelt sich entlang der kreisförmigen Grundstücke. Die gesamte Infrastruktur sollte von der Kooperative geplant, angelegt und unterhalten werden. Der Aspekt der Kooperative (Gemeinschaft, Zusammenarbeit) wurde von Wright gestalterisch nicht aufgegriffen, etwa in dem er verstärkt Orte des Gemeinsinns geschaffen hääte (gemeinsame Schwimmbäder, Spielplätze, Gärten). Kreisrunde Grundstücke wendete Wright auch bei den Siedlungsprojekten Galesburg Country Homes „”, Kalamazoo, Michigan und Parkwyn Circle Pine in Cloverdale an. Zu Parkwyn Circle Pine schrieb Desmond: „Wer durch dieses bewaldete, hügelige Gelände fährt oder spaziert, wird nirgends Kreisformen vermuten. Sie waren lediglich ein Hilfsmittel, jedes Haus möglichst abgeschieden im Wald zu platzieren, so dass jedes eine Einheit für sich wurde” (Desmond → De Long: 1998: 245). > realisiert (→Henken | 194: 298-299) ∝∝ Siedlungsbau | Teilnahme an einem Wettbewerb. Wright zeigte hier erstmalig, wie er sich City Residential Land die Siedlungen der Zukunft vorstellte. Im Entwurf wurde vor allem der private Raum Development Plan, Wettbewerb gestärkt. Laut Cranshawe lassen sich direkte Bezüge zu Ideen von Jefferson herstellen für die National Conference (Cranshawe | 1978: 6). (1913) > nicht realisiert Craneshawe

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Abb.44 [Gestaltungsprinzipien. Rasterstadt. Siedlungsbau] Eigene Darstellung

arbeitete er in Projekte wie Pleasantville Auswertung der Projektbeispiele mit nur wenigen und subtilen Gestaltungs- mitteln (Grundstücksgrenze), die dem Vertiefung von Gestaltungsideen Bauherren viel Gestaltungsspielräume und Baufreiheiten auf den Grundstücken Durch die Projekte konnte Wright bestimmte, lassen. im Modell oder in den Texten bereits ange- > Organisches Bauen/ Landschafts- deutete Gestaltungsideen vertiefen und um- bezug! Im privaten Wohnungsbau setzen. entwickelte er radikal neuartige Haustypen mit verschachtelten Räumen und > Kostengünstiges und gleichzeitig fließenden Übergängen zur Landschaft, individuelles und qualitätsvolles welche die Architekturtheorie und Praxis Bauen! In vielen Wohnbauprojekten stark beeinflusst haben. Auch in seinen zeigte Wright, wie innovativ er den Aspekt städtebaulichen Projekten machte er die der Kostensenkung umsetzte (→ usonische Rolle der Natur als Bindeglied und frontier Häuser und → Präriehäuser). Aus Kosten- deutlich. gründen entwickelte Wright eine beson- > Kein Bezug zum städtischen Raum! dere industriell herstellbare Fassaden- Wright machte durch seine Baupraxis kachel aus Beton, die zur ästhetischen deutlich, dass der Stadtraum für ihn Eigenart wurde. Mit →Suntop (Ardomer tatsächlich kein gestalterischer Bezugs- Experience) und anderen Siedlungs- punkt war. Bei innerstädtischer Lage projekten entwickelte er Typologien, bei schottete er seine Gebäude soweit es geht denen durch neuartige Grundrisse und von der Stadt und ihren Rahmenbe- neue Bautechniken eine Steigerung der dingungen ab. Wohnqualität bei gleichzeitiger Baukosten- reduktion erreicht werden konnte. Es gibt aber auch Aspekte, für die ihm entsprechende Bauaufgaben fehlten: > Sicherung von Baufreiheiten! Vor allem in seinen Siedlungsprojekten setzte > Kultur als Mitte! Zwar konnte Wright Wright den städtebaulichen Ordnungs- mehrere Schulgebäude und Gebäude für und Gestaltungsanspruch immer weiter kulturelle Zwecke umsetzen (darunter auch zurück. Statt mit klaren, städtebaulichen das berühmte Guggenheim Museum in Gestaltungsvorgaben (wie Raumkanten)

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New York), aber er konnte nicht die > Auch das Prinzip der Mischnutzung stadträumliche Bedeutung der Schul- und konnte er selten verwirklichen, wenn man Kulturbauwerke vertiefen. Anders als in vergleicht, welchen Stellenwert das Thema seinem Modell bildeten seine in seinen Texten und im Modell einnahm. Kulturbauwerke keinen räumlichen Mittelpunkt.

2.4.4. Projekte für die [Parkstadt]

Weiterer Bestandteil des Modells war der prototypische Siedlungsraum der Parkstadt. Hier waren neben hochwertigen Wohngebäuden Ferien,- Freizeit,- Sport- und Erholungsanlagen sowie Gedenkorte untergebracht. Auch lagen die Verwaltungsbereiche der Broadacre City in der Parkstadt.

Nutzungen, die Wright in „The Living City“ aufführt und die durch die Lage im Klassifizierung Modell dem Typus „Parkstadt“ zugeordnet werden können Commodious Dwellings + Larger Homes + Mashine Age Luxury House in the 1. Hochwertiges Wohnen Mesa Automobile Objective + Athletic Clubs + Bath and Physical Culture + Circus + 2. Ferien- und Freizeit-, Country Club + Forrest Cabins + Musik Garden + Polo Ground and other Sport Sport- und Erholungs- Fields + Sanatorium anlagen Columbarium,+ Cementry + Temples + Universal Worship 3. Erinnerungsorte, Gedenkstätten County Seat + Crafts and County Architect + Taliesin Equivalent 4. Verwaltungsorte

Die Parkstadt präsentierte im gewissen Sinne gen weiter ausbauen konnte, ohne auf ein- „the best of Broadacre City”. Es waren meist schränkende Rahmenbedingungen oder Projekte für prominente, reiche oder experi- Restriktionen (Bauordnungen, finanzielle mentieroffene Bauherren oder freie Wettbe- Grenzen oder unattraktive Baugrundstücke) werbsbeiträge, bei denen Wright seine archi- Rücksicht nehmen zu müssen. tektonischen und städtebaulichen Vorstellun-

Tab.12 [Projekte. Parkstadt. Hochwertiges Wohnen] ∝∝∝ Hochwertiges Wohnen | Entwurf für eine hochwertige Siedlung, die aus großzügigen Doheny-Ranch Anlage in Einzelhäusern bestand (dem späteren Beverly Hills). Hier arbeitete Wright mit der Straße, d.h. Beverly Hills, Kalifornien dem Straßenverlauf als Gestaltungselement. (1923) Wright (Ansicht), De Long, Futagawa/Pfeiffer ∝∝∝ Hochwertiges Wohnen | Als Beispiel für hochwertiges Wohnen erwähnte Wright das Haus auf Gruppe | Hochwertiges der Mesa in Denver, Colorado (1931). Dieses Projekt war für Wright ein typisches Beispiel für Wohnen ein 5 Auto-Haus in der Broadacre City. Mesa aus dem Spanischen bedeutet Tisch, bzw. flaches Wright (Text), Futagawa Plateau in den Bergen. Das Haus thront auf einer Bergkuppe. Hier gab es keine Verbindung mit der Landschaft. Stattdessen wird die umliegende Landschaft abstrakt in den Entwurf übersetzt Pfeiffer; Wright – durch das Spielen mit Ebenen und Höhen, Sprüngen und Rücksprüngen, wie auch beim (Ansicht), Desmond, → Futagawa/Pfeiffer Projekt für John Nesbitt. Weitere Beispiele für Hochwertiges Wohnen: Haus Robert Herberger in Maricopa County, Arizona (1955) und Haus Charles Ennis, Los Angeles (1923-24) Das Ennis Haus bildet ein gutes Beispiel für ein Betonblockhaus. Es „korrespondiert subtil mit den Formen der Landschaft in der Ferne” (Desmond | 1998: 202). Durch die schwungvolle Linie der Zufahrt treten die hoch aufragenden Formen des Hauses in Beziehung zur Landschaft. Beim Haus Raul Bailleres, Acapulco. Mexiko (1952) wurden alle Räume und Gebäudeteile über Rampen und Brücken

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miteinander verbunden. Das Haus für Stuard Haldorn, Carmel Kalifornien (1945) ist ein organisches Haus, das sich in Wellen an den Hang schmiegt und den Blick auf das Meer freigibt. Das Pottery House, für Lloyd Burlingham, El Paso, Texas (1942) ist ein introvertierter, geschwungener Einfamilienhausbau für die Wüste. Das wohl bekannteste Wohngebäude von Frank Lloyd Wright ist „Fallingwater“, ein Ferien- wohnhaus für Edgar J. Kaufmann, Bear Run, Pennsylvania (1935). Das Haus klammert sich an die senkrechte Felswand und ein Wasserfall scheint das Haus zu durchströmen. „Here indeed is nature glorified as nature, with man held lovingly in its embrace“ (Desmond | 1998: 243). Das Haus Seacliff für V.C. Morris in San Francisco (1944-46) ist ein Musterbeispiel für die kreativen Höhenflüge, zu denen sich Wright durch einen spektakulären Standort inspirieren ließ. Im Entwurf thront das Haus auf der äußersten Klippe über dem pazifischen Ozean. Von der Straße aus hätte man das Gebäude nicht gesehen. Nur das begrünte Dach würde als Pier ins Meer laufen. Beim Boulder House, Edgar Kaufmann, Palm Springs, Kalifornien (1951) wand sich ein Schwimmbad als künstlicher Fluss durch ein Kreis- und Halbkreisensemble. Für den Musiker Walter Dayer entwarf Wright in Bloomfield Hills, Michigan (1946) ein Haus als Kombination aus Studio und Wohnhaus, in dem auch Studentenzimmer untergebracht werden sollten. > teils realisiert

Tab. [Projekte. Parkstadt. Ferien- und Freizeit, Sport- und Erholungsanlagen] ∝∝∝ Ferienanlage | Wrights Entwurf platzierte das Haupthaus der Ferienanlage auf die Fannette- Ferienhäuser für die Insel. Am Strand auf dem Festland brachte er einige Holzhütten unter. Innovativ ist die Sommerkolonie am Lake Erschließung über den See und die Hausboote, die für eine besondere Form von Mobilität Tahoe (1923-24) sorgen. Der Entwurf ist ein Beispiel für Wrights gestalterischen Ansatz, Architektur und Landschaft miteinander zu verweben. Gleichzeitig bleibt die Anlage ein introvertiertes Wright (Text), De Long/Futagawa/Pfeiffer, Implantat, das sich nur über die Bootshäuser öffnet und sonst mit der starken Geometrie in sich selbst ruht. Es gibt hier zwar eine Wechselwirkung mit der Landschaft aber keine De Fries Sweeny/Smith, wirkliche Symbiose aus Gebautem und Landschaft. Scott, Kaiser > nicht realisiert. Grund: Eigentümerwechsel ∝∝∝ Sport- und Erholungsanlage | Ein Gebäude gedacht als Aussichtsplattform. Auf der Spitze des Gordon Strong Ausflugziel Berges sollte von hier aus die gesamte Schönheit der Berge erkennbar werden. Vorgesehen am Sugarloaf Mountain in waren 200 – bis 500 Parkplätze in dem Gebäude und weitere 1000 Parkplätze auf einem Maryland (1924-25) kleinen Plateau nördlich des Gipfels. Im Gebäude sollten Kioske, ein Restaurant mit Panoramablick, Aussichtsplattformen für Picknicks, zwei Tanzsäale und einige Hotelzimmer Wright (Ansicht), Reinberger, De Long oder Apartments untergebracht werden. Das Gebäude windet sich spiralförmig um den Berg. → Guggenheim Museum. Futugawa/Pfeiffer > nicht realisiert ∝∝∝ Sport- und Erholungsanlage | Das Sporthotel war oberhalb eines spektakulären Canyons als Sporthotel Huntington Ausflugsort mit Blick auf den Großraum Los Angeles geplant. Es war gedacht als Motel mit Harford in Hollywood, weiteren Einrichtungen, die an die Felswände am Eingang des Canyons gebaut werden Kalifornien (1947) sollten. Im Canyon mit dem kleinen Bach und der kurvenreichen Straße hätten die Wright (Ansicht), Ferienhäuser gelegen. Der Bach wäre aufgestaut worden, damit mehrere kleine künstliche Desmond Seen entstehen. Restaurant, Schwimmbad und Tennisplätze wären dramatisch auf der Gipfel- spitze untergebracht worden. Hier waren kreisrunde Formen das Grundgestaltungselement. → San Marcos-in-the-Desert > nicht realisiert ∝∝ Freizeitanlage | Streng symmetrische Anlage bestehend aus mehreren Halbkreisen und einem Wolf Lake, Chicago, Illinois kreisrunden Platz, der in den See hineinragt. Dieses frühe Beispiel bildete einen noch (1895) „geradezu demonstrativ klassischen Entwurf“ (Desmond 1998: 149), der im krassen Pfeiffer, Futagawa/Pfeiffer Gegensatz zum natürlichen Raum des Seen stand. Desmond > nicht realisiert ∝∝ Ferienanlage | Ähnlicher Entwurf wie → Como Orchards: Ein Hauptgebäude als Speisesaal Circle Pine Resort, mit darum gruppierten Ferienhütten. Zusätzlich gab es ein Amphitheater und eine Cloverdale, Michigan Anlegestelle. Die großen langen Gebäude hätten eine Kante zum Wald gebildet; im Wald

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(1942) versteckt hätten die Hütten gelegen. Craneshawe, > nicht realisiert Futagawa/Pfeiffer ∝∝ Ferienanlage | Como Orchard war ein Plan für eine Sommerkolonie in Darby, Montana, die Como Orchard zur Universität Montana gehören sollte. Wright nutzte hier noch eine klassische Formsprache. Sommerkolonie (1908-10) Mittelpunkt der Anlage war ein Clubhaus, um das sich in die Natur eingebettet Holz- Cranshawe ferienhäuser gruppierten. Roger Cranshawe schrieb, dass Wright sich stark vom Plan von Thomas Jefferson für die Universität von Virginia hat inspirieren lassen. Como Orchard wurde als prototypische Akademiker-Siedlung angelegt (Cranshawe | 1978: 6). Wie auch schon Jefferson in seinem Entwurf wendet sich die Anlage von der Umgebung ab und bildet einen introvertierte –theoretischen – Raum. > Der Entwurf wurde aus finanziellen Gründen nur in Teilen umgesetzt. ∝∝ Ferien- und Sportanlage | Ähnlicher Entwurf wie das → Sporthotel Huntington Harford. San Marcos-in-the-Desert- Entwurf für einen Hotelkomplex in der Wüste. Der Entwurf ließ die formalen Zwänge der Resort Hotel für Dr. Stadt hinter sich und nutzte die Konturen des Landes: Die zerklüftete Form interpretierte die Alexander Chandler, Felsformationen der Wüste und ahmte die Struktur der Saguaro-Kakteen nach. Alle Räume Arizona (1928) hatten Sonnenlicht und wurden im Grundriss den Konturen des Berges angepasst: „The entire De Long, Desmond, building, in pattern, was an abstraction of mountain region and cactus life, set up in permanent masonry shell [Mauerwerkshülle]“ (Futagawa/Pfeiffer | 1924-36: 56). Johnson, Leslie Futagawa/Pfeiffer > nicht realisiert ∝∝ Ferienanlage | Entwurf für eine Feriensiedlung am Strand in Ägypten, die ein sehr ähnliches Ras-el-Bar, Prinzip wie das → Ocotilla Camp verwendete. Die Strandhütten bestanden aus einem Strandferienzelte, massiven Holzunterbau, über den sich ein Zelt spannte. Die Konstruktion war schnell und Damiette, Ägypten (1927) einfach aufzubauen und konnte leicht wieder entfernt werden. Johnson, Futagawa/Pfeiffer ∝ Erholungsanlage | Eine Anlage entworfen als Aussichtspunkt am Rande eines gewaltigen Crater Resort, Arizona Meteoritenkraters im nördlichen Arizona. Hier zeigte Wright, wie viel ihm daran lag, die (1947-48) Grenzen des Ichs durch die Entdeckung der Natur zu erweitern. Hier gab es keine Nutzungen, Desmond, kein Restaurant, kein Theater, kein Sport, sondern nur noch die Natur (und das Auto, um dorthin zu kommen). Futagawa/Pfeiffer > nicht realisiert ∝ Erholungsanlage | Nachfolge der ◊ San Marcos Wassergärten. Kleine, an einem See linear Schwimmende Gärten gruppierte Hütten mit einem zentralen Gesellschaftshaus (Restaurant und Clubräume) und Resort für U.S. Plywood Co, einem Freiluftwassertheater. Wasser wird hier zum wichtigen Entwurfselement. Es bringt Leesburg, Florida (1952) Kühle in die Anlage (natürliche Klimatisierung) und gleichzeitig verbindet es alle Bestandteile des Entwurfs untereinander (Wasser als Thema auch bei → Boulder House, →Lake Tahoe, Futagawa/Pfeiffer →San Marcos Wassergärten).

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Abb.45 [Gestaltungsprinzipien. Parkstadt. Hochwertiges Wohnen] Quelle: Futagawa/ Pfeiffer + Internet

Tab.14 [Projekte. Parkstadt. Erinnerungsorte, Gedenkstätten, Sakralbauten] ∝∝ Sakralbau Für den Entwurf der Synagoge verwendete Wright eine ähnliche Entwurfsidee Beth Solom Synagoge, wie vorab schon bei der Stahlkathedrale für William Norman Guthie (1926). Der Entwurf war Elkins Park, Pennsylvannia geprägt von einer großen Glas-Stahl Pyramide. Zentrales Entwurfselement war das Licht. Die (1954) Atmosphäre im Innenraum ändert sich mit dem Tageslicht: Morgens erstrahlt der Raum blau, abends leuchtet er golden. In der Nacht tritt das Licht des Innenraums durch kleine Strahler Futagawa/Pfeiffer in der Fassade nach außen. > realisiert ∝ Um einen Entwurf für eine Kirche in der Stadt gebeten, schrieb Wright: „I didn´t like to build Unitarian Church, a church in the city. I sought to take it into the country and make it more like a country club Shorewood Hills, in its aspects and be more interessing and inviting with the congregation” (Wright → Wisconsin (1947) Pfeiffer/Futugawa | 1988: 324). Futagawa/Pfeiffer ∝ Gedenkstätte für Indianerkultur Wright entwarf hier kein klassisches Mahnmal als Gedenkstätte für die Erde gebautes Objekt. Vielmehr bot er einen Landschaftsplanerischen Entwurf. Der Boden wurde Futagawa/Pfeiffer als Gedenkraum inszeniert. > nicht realisiert ∝ Gedenkstätte Entwurf für eine Beerdigungskapelle. Die Kapelle bestand aus 5 einzelnen Beerdigungskapelle für Trauerräumen für je 100 Trauergäste. In einem Gebäude an der Ecke des Grundstücks waren Nicolas Daphne, San ein Blumenladen und Büroräume untergebracht. Jedem der kreisrunden Räume war ein Franscisco, Kalifornien Garten zugeordnet. Die fünf Gärten formten einen großen Garten. Nicht der Tod, sondern das (1945) Leben in Form der blühenden Pflanzen sollten im Vordergrund stehen (Futugawa/Pfeiffer| 1988: 91). Futagawa/Pfeiffer > nicht realisiert

Tab.15 [Projekte. Parkstadt. Verwaltungsorte] ∝∝∝ Ausbildungszentrum Ansammlung von Gebäuden und Flügeln, die begrünte Höfe bilden. Taliesin West, (1937) > realisiert Scottsdale, Arizona Wright, Futagawa/Pfeiffer,

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Johnson ∝∝∝ Verwaltungsgebäude 20 Gebäude bilden einen 400 m langen Komplex, der als Brückenbauwerk Marin County Civic zwei Anhöhen miteinander verbindet. Die Straße inszeniert die Fahrt. Das Gebäude, so Quinan, soll Center, Kalifornien sich von Auto aus rasch lesen lassen: „Wright wusste, dass die Fassadenkomposition traditioneller (1957-1962) Architekturen für eine festen Blick bestimmt waren, der sich aus der Perspektive eines sich allmählich dem Gebäude nähernden Fußgängers oder Reiters entwickelte. Mit dem Auto war es Wright (Ansicht), Melendy, Quinan, nun möglich, auf einer Schnellstraße binnen weniger Sekunden um das Gebäude oder einen großen Teil davon herumzufahren – und so trat an die Stelle der Idee von Vorder-, Seiten und Cleary Rückansicht das Konzept einer gleichmäßigen Oberfläche, die sich auf einen Blick erfassen ließ. So erklärt sich auch eine gewisse Drastik in der Wahl der Farbe und Dekor, für die es weder Verständnis noch Anerkennung in seiner Zeit gab” (Quinan 1998: 167). ∝∝∝ Regierungssitz Ohne beauftragt worden zu sein, schlug Wright vor, den Bau des Kapitols in The Oasis, Staat Phoenix nicht im Zentrum der Stadt, sondern in der Wüste zu errichten. Er entwarf ein Gebäude mit Arizona (1957) einer riesigen feierlichen Kuppel, der die Arizona Hall, den Senat, das Repräsentantenhaus und die Quinan, Wright Mensa beherbergen sollte. Ein Brunnen sorgte für eine natürliche Kühlung der Kuppel. Eine ähnliche Entwurfsidee nutzte Wright später für Crescent Opera (Halbmond-Oper), Bagdad 1957. (Text), Levine, Joncas ∝∝ Forschung und Bildungszentrum Zum ersten Mal konnte Wright seine Vorstellung von einer Florida Southern demokratisch organisierten Lerngemeinschaft verwirklichen. Wright entwarf eine betont College, (1938) asymmetrische Anlage. Die einzelnen Gebäude gruppieren sich um einen Wandelgang (Pfade des Hollingsworth-See Wissens). Joncas, Desmond, > teils realisiert Turner

nicht mehr zwischen Innen und Außen, Auswertung Parkstadtprojekte Landschaft und Bebautem unterscheidet. Ein Haus unterteilt sich in Zonen, nicht in Vertiefung von Gestaltungsideen abgeschlossene Räume. Grundrisse werden offen. In der Parkstadt wurden Gebäude zu Land- > Landschaft als Mittelpunkt der schaftselementen, die Besonderheiten betonen Stadt: Die Landschaft/Natur ist der oder hervorheben. Sie dienten als Brücken Miittelpunkt der Stadt! Die wichtigsten zwischen gebauter Umwelt und der Natur. Die öffentlichen Gebäude liegen in der freien Landschaft/Natur, denn die Natur ist ein Nutzungen waren meist exklusiv und suchten zentraler Teil des Gesellschaftsraums. Wer die Stille und Abgeschiedenheit der Natur für Stadt (Broadacres) bauen will, muss dafür kontemplative Tätigkeiten. sorgen, dass Landschaft und Freiraum innerhalb des Bebauten erhalten bleiben. Durch die Parkstadtprojekte konnte Wright be- Je höherwertiger die Nutzung sein soll, stimmte, im Modell oder in den Texten ange- desto mehr Landschaft/Natur braucht sie. deutete Gestaltungsideen vertiefen und um- > Landschaft durch Architekur und setzen: Städtebau vervollkommenen! Naturräume können durch Gebäude und > Mischnutzung! Auch bei höherwertigen Straßen inszeniert werden. Durch Gebäude Wohnbauprojekten soll so weit wie oder Straßen wird die Natur modelliert und möglich Mischnutzung realisiert werden, dadurch ihre positive Wirkung auf den d.h. Studios, Büros, Kanzleien oder Praxen Menschen noch gesteigert. Der Freiraum sollen auf dem privaten Grundstück (die Natur) ist schützenswert, aber nicht integriert und für Mitarbeiter entsprechen- unantastbar, sondern bildet eine de Gästehäuser auf dem Grundstück entwerferische Masse, die der untergebracht werden. Architekt/Stadtplaner in ihrem Sein als > Auflösung zwischen Innen und Natur durch vorsichtige bauliche Außen: Ein Haus ist ein „dynamischer Ergänzungen und Überformungen noch Lebensraum“ ( → Wegener | 1999:3), der verbessern kann.

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> Landschaft und Weite dort introvertierte Natur gesorgt werden. nachbauen, wo sie fehlt! Wo keine Gebäude, Straße und Freiraum bilden dann Natur vorhanden ist (städtische eine nach innen gerichtete Mini- Grüundstücke), kann durch einen Landschaft. städtbaulichen Entwurf für eine

Abb.46 [Gestaltungsprinzipien. Parkstadt] Eigene Darstellung

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2.4.5. Projekte für die [Landstadt]

Die Landstadt war am Rande des Modells dargestellt. Es war der Bereich, wo landwirtschaftliche Betriebe und Betriebe der Ver- und Entsorgung bzw. Betriebe für die Verwertung landwirtschaftlicher Produkte (Molkerei) untergebracht waren.

Nutzungen, die Wright in „The Living City“ aufführt und die Klassifizierung durch die Lage im Modell dem Typus „Landstadt“ zugeordnet werden können. Little Farms- fireproof all purpose units = Landwirtschaftliche Betriebe Vineyards and Orchards Creamery Water Suppy = Ver- und Entsorgungsinfrastruktur

Für diesen prototypischen Siedlungsraum im Modell gibt es in der Baupraxis von Wright sehr wenige Beispiele. Wright selbst erwähnt das Projekt Usonia I. Putnan erwähnte zwei nicht von Wright entwickelte Projekte (Kohler Village + Planned Farm Communities, West Virginia).

Tab.16 [Projekte. Landstadt] ∝∝∝ Ländliche Kommune | Hauskooperative mit 7 Einzelhäusern und einer gemeinschaftlich Usonia I, East Lansing bewirteten Farm als Mitte der Anlage für eine Gruppe von Akademikern aus Michigan. Hier Alma Goetsch und war das Ideal 1 Haus/Acre verwirklicht „The design may be regarded as the first practical demonstration of the principles of Broadacre City” (Sergeant 1976: 78). Wright wendete im Kathrinne Winckler, → Okemos, Michigan (1939) Entwurf das Prinzip der Verdrehung an ( Ardmore Experiment). Alle Gebäude wurden den Wünschen der einzelnen Bauherren entsprechend individuell gestaltet und dann durch Wright (im Model) Drehung auf dem Plan in Beziehung zueinander gesetzt. Brandes, Desmond, Sergeant ∝ Ländliche Kommune | Der Entwurf stammt nicht von Wright. Putnam verwies aber auf dieses Kohler Village Plan, Beispiel. Kohler Village ist eine Kommune, die 1912 von Walter J. Kohler gebaut wurde. Hier Sheboygan, Wisconsin sollten agrarische und industrielle Lebensweisen kombiniert werden. Die Kommune Putnam verwaltete sich selbst und verfügte über eine vielfältige soziale Infrastrukturausstattung (Vorkindergarten, drei Kirchen und verschiedene kulturelle Einrichtungen). Der Entwurf der Anlage nutzte Gestaltungselemente vom Landschaftsarchitekten Frederick Olmsted. ∝ Ländliche Kommune | Wohnsiedlung am Rand der Stadt für Arbeiter der Autofabrik und Heimstätten-Kooperative Gelehrte. Die Siedlung war gedacht für Menschen, die der Stadt den Rücken kehren wollten. für Arbeiter der Detroter Die Wohngebäude waren in Erdwälle eingebaut. Alle Häuser der Siedlung wurden durch eine Autowerke Detroit, Ringstraße an die Hauptstaße angebunden. Für die Erschließung der Häuser gingen von der Michigan (1942) Ringstraße kleinere Stichstraßen (lane) ab. Ein Park trennte die Siedlung von der Futagawa/Pfeiffer, vorhandenen Straße. Selbst das Gemeindezentrum und die Tankstelle waren nicht an die Hauptverkehrsstraße (East 15 Mile Road) angebunden. Sergeant ∝ Landwirtschaftlicher Betrieb | Wright entwarf eine modellhafte Farm, die sich Technologien Vorgefertigter Stall für und Bautechniken zunutzen machte, um eine saubere, rationelle Atmosphäre zu schaffen. Walter V. Davidson (1932) Futagawa/Pfeiffer

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Auswertung Landstadtprojekte Rückbesinnung, sondern als moderne Adap- tion entgegenstellen (Ciucci | 1973: 332). Diese Vertiefung von Gestaltungsideen Idee konnte er aber in keinen Bauprojekt wirklich umsetzen oder gar vertiefen. Aus den Aus den Texten wurde deutlich, dass Wright Projektbeispielen lassen sich daher keine nach Gegenmodellen zur rein industriell Gestaltungshinweise ableiten. orientierten Gesellschaft suchte. Er wollte der industriellen Gesellschaft eine neue Form der agrarischen Gesellschaft, nicht als

2.4.6. Projekte für die [Schnitt- und Knotenstellen]

Im Modell bildeten einzelne Gebäude Schnittstellen zwischen den verschiedenen prototypischen Siedlungsräumen.

Nutzungen, die Wright in „The Living City“ aufführt und die durch Klassifizierung die Lage im Modell dem Typus „Schnittstelle“ zugeordnet werden können Gas Station Schnittstelle Gewerbe – Wohnen Apartment Houses Übergang Stadt – Broadacre City Arboretum + Zoo + Aquarium Schnittstelle zwischen Landschaft und Stadt

Aus der Liste der relevanten Projekte können folgende Projekte als bedeutend für den Typus „Schnittstelle“ abgeleitet werden:

Tab.17 [Projekte. Schnitt- und Knotenstellen] ∝∝∝ Übergang Stadt – Broadacre City | Gemischt genutztes Hochhaus mit Büroräumen und Büroturm für die H.C. Wohnungen. In den obstersten Geschossen waren ein Restaurant und ein Fernsehstudio Price Company, untergebracht. Es gab single apartments und studios, sich sich als Maisonett-Wohnung über Bartlesville, Oklahoma zwei Ebenen erstreckten. Der Plan weist fast 50 Stockwerke aus. Dieser Entwurf stellt eine (1952-1956) Vertiefung der Hochhaus-Idee von 1929 für → St Mark’s Tower dar. Die gesamte Versorgung Wright (Text), Quinan wurde in den tragenden Mittelteil gelegt, so dass die Außenseiten frei von Nebenräumen waren. Weitere Beispiele für Hochhäuser: Crystal Height, St. Mark’s Wohnhochhäuser und der Golden Beacon Tower in Chicago (1956). ∝∝∝ Schnittstelle Auto – Stadt | Tankstellen hatten für Wright eine besondere Bedeutung. An Tankstelle der Lindholm verschiedenen Textstellen weist er darauf hin, dass die Tankstelle in der dezentralen Oil Company in Cloquet, Stadtlandschaft aufgrund ihrer Lagegunst zentralörtliche und kulturelle Funktionen als Minnesota (1956/57) Treffpunkt und Schnittstelle übernehmen werden (Wright | 1950: 155-157)133. Wright (Text), Quinan, Die Lindholm Oil Tankstelle geht auf einen Entwurf von 1927 für eine Tankstelle für die Bruce Brooks Pfeiffer, Harris Oil Company zurück. Sie war ein zweigeschossiges Gebäude aus Glas und Stahl, das im

133 “Ein wichtiger Zug der kommenden Auflösung der usonischen Großstadt zeigt sich in jeder einzelnen Tankstelle an den Überlandstraßen. Die Tankstelle mit Service-Station ist der künftige Großstadt-Service im Embryonalzustand. Jede Tankstelle, die zufällig von Natur aus günstig liegt, wird ebenso von Natur aus zu einem Verteilungsmittelpunkt anwachsen – Versammlungsort, Restaurant, Rastplatz oder was sonst noch nötig ist. Tausend Zentren als Äquivalent für die City in Klein- oder Großstädten, die wir jetzt besitzen, werden das Ergebnis dieser vorausgeschobenen Kraft der Dezentralisation sein. Vielen dieser Tankstellen, die dazu bestimmt sind, Zentren für ganze Wohngegenden zu werden, wird man vielleicht Gelegenheiten für besondere Unterhaltung anfügen, die dem Menschen im eigenen Haus bisher noch nicht zur Verfügung stehen. Doch bald wird es nur wenig geben, was ihn nicht zu Haus erreichen könnte – Rundfunk, Fernsehen, Publikation. In kultureller Hinsicht verbessert sich die Maschine rasch und stetig.“

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Wright Martin Papers, oberen Stockwerk eine Toilette und einen Warteraum für Kunden beinhaltete. Die Zapfsäulen Futagawa/Pfeiffer VIII waren in dem weit hervor kragenden Dach untergebracht. Obwohl Wright die Rampe und die Bruce Brooks Pfeiffer runde, stromlinienförmige Formen durch Neutra und Mendelsohn zu dieser Zeit bereits Band 8, 1951-59., kannte und auch schon in Entwürfen angewandt hat, bleibt er bei der Harris Tankstelle und Longstreth auch bei der Lindholm Tankstelle in einem eher klassischen Vokabular. In keiner Weise nutzt er hier eine eklektizistische Formsprache, wie sie in der Zeit für viele Tankstellenentwürfe von freinen Tankstellenbetreibern üblich waren, sondern sein Gebäude wirkte mehr wie ein dezentes Pförtnerhäuschen. Auch die Funktion als Treffpunkt und Subzentrum ist dem Gebäude in seiner Architektursprache nicht anzuerkennen. > Die Tankstelle wurde 1957 realisiert. ∝∝∝ Schnittstelle Landschaft – Stadt | Entwurf für ein Bürgerzentrum auf einer Landzunge, die Pittsburgh Point Park durch die Flüsse Allegheny und Monongahela in der Innenstadt von Pittsburgh geformt Civic Center in Pittsburgh wurde. Mittelpunkt der Anlage war ein Konferenzzentrum, eine Sporthalle und ein Planeta- (1947-48) rium, das von einer spiralförmig nach oben steigenden Fahrbahnrampe (→ Gordon Strong, Wright (Ansicht), Cleary Guggenheim) ummantelt wurde. Wright nahm im Entwurf keinen Bezug zur Stadt auf, sondern setzte der Stadt das geometrische Kreisrund entgegen. In dem spiral-förmigen Gebäude waren auch die Parkplätze untergebracht. Das oberste Parkdeck diente als Aussichtsplattform. ∝ Schnittstelle Auto – Stadt | Bei diesem Entwurf für eine Tankstelle handelt es sich weniger um Automobile and Airplane eine Tankstelle als vielmehr um eine kleine dezentrale Wechselstation - eine Umsteigestation Filling and Service vom Auto auf das Flugzeug. Die Tankstelle liegt an der Autobahn. Sie ist ein kleines, einfaches Station (1932) Gebäude, fast gar kein Gebäude, denn sie besteht aus Trägerelementen für die Zapfanlagen Futagawa/Pfeiffer und für Werbeschilder. Die Tankstelle wirkt weniger wie ein Gebäude als vielmehr wie eine Rauminstallation (Garderobe für Zapfsäulen und Werbung). > nicht realisiert

Auswertung Schnittstellen

Vertiefung von Gestaltungsideen werden. Broadacres betont nur begrenzt die wirtschaftliche oder funktionale Durch die Projekte kann Wright bestimmte, im Bedeutungen eines Gebäudes, sondern mehr den kulturellen Nutzen. Modell oder in den Texten bereits angedeutete

Gestaltungsideen (-regeln) vertiefen und Aber auch hier bei den Schnittstellen gibt es umsetzen. Aspekte, die er im Modell skizziert hat, zu > Schlanke Markante! Einzelne Gebäude denen ihm aber praktische Bauaufgaben zur bilden in der Stadtlandschaft hohe und schlanke (vertikale) Markanten Vertiefung fehlten: > Lange Markante! Einzelne Gebäude > Lage im Stadtraum bestimmen! In bilden in der Stadtlandschaft horizontale der Baupraxis kann Wright nie die Position Markanten. Die Gebäude bilden Brücken, der Gebäude bestimmen und dadurch indem etwa zwei Bergrücken miteinander dafür sorgen, dass Gebäude die Stellung im verbunden werden. Raumgefüge bekommen, die er ihnen im > Dezentrale Knoten! Knotenpunkte (z.B. Modell angewiesen hatte. Tankstellen) können auch klein und unscheinbar sein, d.h. dezent gestaltet

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Tab.18 [Wandel in der Art der Gestaltung] Frühe Phase (1887-1924) Späte Phase (1924- 1959) Einzelelemente Betonung von bestimmten Orten, indem Mittelpunkte Betonung von bestimmten Orten, indem Mittelpunkte und Achsen geschaffen werden geschaffen werden Vertikale Ordnung von Räumen Horizontale Ordnung; später in Kombination mit der Höhenentwicklung der Gebäude Bauliche Raumkanten Grüne Raumkanten Viele Ordnungsregeln in Bezug auf die Architektur. Das Wenige Ordnungssysteme. Das Gebäude genießt viele Gebäude muss sich in den gesamträumlichen Kontext Baufreiheiten, die städtebauliche Ordnung wird durch einfügen. subtile Gestaltungselemente geschaffen, ohne den Gestaltungsfreiraum des einzelnen Gebäudes einzuschränken Sichtachsen Straßenverlauf; Ausblicke; Dramaturgien aus der Perspektive des Autofahrers oder des Fußgängers Symmetrien + Spiegelungen Mehrschichtige Verschachtelungen Art und Maß der baulichen Nutzung und Bauweise Immer mehr städtebauliche Gestaltungsfreiheit; statt bestimmt die städtebauliche Gestaltung Art und Maß und Bauweise bestimmt die Parzellenform die städtebauliche Gestaltung Ergebnis Städtebauliche Elemente Landschaftsplanerische Elemente Blick von oben (die Ordnung wird aus der Teilnehmender Blick aus der Perspektive im Draufsicht erkennbar) Raum. Wright durchfährt/durchwandert seinen Entwurf und inszeniert den Raum in Raumabfolgen

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2.4.7. Zusammenfassung: Kernaussagen der Projekte

Die Projekte boten eine notwendige Ergänzung > Er konnte viele Projekte im Bereich der zu den Schriften und dem Modell. Die Projekte Rasterstadt verwirklichen. Damit konnte er beweisen, dass Broadacre City auch für waren für Wright ein wichtiges Hilfsmittel zur mittlere bis untere Einkommensschichten Konkretisierung. Gleichzeitig zwangen sie ihn, erschwinglich war. Auch zeigte er, wie sich mit den Baubedingungen seiner Zeit industrielle Techniken (vorgefertigte auseinanderzusetzen. Bauteile, modulartiges Bauen, Bauen mit dem Billigmaterial Beton) zu individuellen Mehrere Aspekte konnten anhand seiner Lösungen führten. Bauvorhaben veranschaulicht werden: > Auch musste sich Wright in seinen > Die Bauvorhaben machten deutlich, wie Bauprojekten mit dem „Standort Stadt“ sich Wright eine Verschmelzung von Stadt auseinandersetzen. Hier wurde deutlich, und Land und das Bauen in und mit der dass er beim Entwerfen den Stadtraum als Natur vorstellte. In Pleasantville schuf er Bezugspunkt so weit wie möglich mied. Für mit einer einfachen bodenordnerischen Bauprojekte in der Stadt versuchte er Maßnahme mini frontiers. Bei den Bauvor- introvertierte Oasen zu schaffen, die sich haben der „Parkstadt“ ging die Verschmel- vom Stadtraum abwandten. zung so weit, dass Wright hier Gebäude als Instrument der Landschaftsmodellierung Die Tabelle Nr. 18 zeigt, wie Wright im Laufe nutzte. Das Gebäude sollte nicht nur mit der Landschaft zu einer Einheit verschmel- der Zeit ein neuartiges Gestaltungsprinzip ent- zen, sondern Gebäude sollten dazu bei- wickelte. Zunächst arbeitete er noch tragen, die Struktur der Umgebung zu „klassisch“, d.h. er arbeitete mit einer symme- vervollständigen. trischen Formsprache. Er nutzte die Lage und > Beim Entwerfen richtete sich Wright nach Größe der Gebäude zur städtebaulichen Ord- den Bedürfnissen des Einzelnen. Selbst bei nung des Raumes. Dann aber löste sich Wright Projekten für Wohnbau-Kooperativen von diesem städtebaulichen Prinzip und entwarf er aus der Perspektive des Ein- entwickelte sein organisches Gestaltungsprin- zelnen – nicht aus der Perspektive der Gemeinschaft. zip, bei dem es darum ging, aus dem land- schaftlichen (nicht städtischen!) Kontext her- > Auch die Darstellung einer auf die Ge- schwindigkeit des Autos ausgerichteten aus eine Ordnung und Raumgestalt zu schaf- Architektur und eines entsprechenden fen. Dafür waren Elemente der Bodenordnung Städtebaus wurde durch die Bauvorhaben (Parzellengröße und –form) und Elemente der klarer. Zunächst entdeckte Wright die Sicht Landschafts- und Straßenraumgestaltung von des Autofahrers als Faktor bei der Gestal- Bedeutung. Diese Ordnung lässt sich schwer tung der Gebäude. In einem zweiten Schritt aus einer zweidimensionalen Ebene (Plan- nutzte er dann auch die Straße zur Führung von Blicken. draufsicht) erkennen, sondern erschliesst sich aus der Perspektive im Raum (Raumabfolge).

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2.5. Zusammenfassung: Kernaussagen der Broadacre City

Vielschichtiger Zugang zum Ideenwerk liberating form. It was a scenario of change” Broadacre City (Sergeant | 1976: 136). Im Modell zeigte er, wie auf einer gesamtstädtischen (regionalen) Ebe- Wright nutzte Schriften, ein Modell und viele ne räumliche Einheit (Re-Integration) und die Bauprojekte, um die Idee der Broadacre City zu räumliche Symbiose aus Stadt und Landschaft entwickeln und zu kommunizieren, an der er geschaffen werden kann. Auch verdeutlichte fast 50 Jahre lang gearbeitet hatte. Man merkt, er, wie er sich die Dezentralisation vorstellte, dass sich Schriften, Projekte und Modell unter- in welcher Form zentrale Orte möglich sind einander beeinflussen und zu Änderungen und und wie diese Orte in räumlichen Bezug zu- stetiger Modifikation der Ideen führten134. einander stehen. Im Modell benannte er wich- tige Räume der zukünftigen Gestaltung (proto- > Mit den Schriften wurden meist allgemei- typische Siedlungsräume), an die er Ge- ne Ziele und Qualitätskriterien formuliert staltungsaufgaben knüpfte. Wrights Bau- und Kernkonzepte als Ziel angerissen. projekte zeigen, wie Wright seine im Modell > Das Modell verdeutlichte die Kernkon- abstrakt formulierten Aufgaben und Prinzipien zepte und benannte wichtige Aufgaben- zur Anwendung brachte. In der Praxis hatte felder für die städtebauliche Gestaltung. sich der Architekt viel stärker mit den realen > In den Projekten stellte er unter Beweis, Gegebenheiten und Rahmenbedingungen des mit welchen Gestaltungselementen seine Auftraggebers (Finanzierungsfragen, Überlegungen in qualitätsvolle Räume Planungspolitiken) abfinden müssen. Die und Architekturen umgesetzt werden Projekte waren konkreter, widmeten sich aber können. meist nur einzelnen städtebaulichen Aspekten Schriften und Modell vermitteln dabei ein oder der Architektur135. etwas anderes Bild als die konkreten Projekte. Die Texte sind fordernd, formulieren ein Ge- Aus Schriften, Modell und Projekten lassen sich folgende Kriterien für die Gestaltung sellschaftsbild und machen gleichzeitig die planerischen und gestalterischen Ziele deut- ableiten: lich. Wright sah, dass sich die Gesellschaft und damit auch der Raum verändern würden und wollte den gesellschaftlichen Wandel durch einen neuen Städtebau begleiten. „Wright was an architect, never a politician. His urban plan was an earnest and instructive attempt to integrate all the forces of society into a

134 „Die Bauten und Schriften von Wright spiegeln in einer seltenen Harmonie die Entfaltung von Ideen in Theorie und Praxis. Dabei kommt es zu Überarbeitungen, Wiederholungen und auch Verwässerungen theoretischer Positionen einer ständig expandierenden Architekturauffassung, die niemals eine endgültige Form erreicht hat” 135 Deshalb sind die Projekte auch lange nicht als Bausteine der (Kruft | 1985: 493) Broadacre City erkannt worden.

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Tab.19 [ Gestaltungsstrategien]

Den Determinanten des Wandels Raum geben

Maßeinheit des Raums Das Auto und das Flugzeug erzeugen eine neue Maßeinheit für Raum. Ein Entwurf muss beachten diese neuen Raum- und Zeitmacher berücksichtigen, muss versuchen, den Siedlungsraum diesen Geschwindigkeiten anzupassen, ohne sich den neuen Maßeinheiten zu unter- werfen. Die neue Stadt braucht Raum Man muss Raum für den Wandel bieten. Man kann nicht davon ausgehen, dass sich das für Neues Neue innerhalb der alten Strukturen entwickelt. Man braucht Raum für Experimente außerhalb der dicht bebauten Stadt, sonst kann keine qualifizierte Stadtlandschaft entstehen. Anpassung an die In der Stadtlandschaft gibt es keinen universell gültigen Städtebau. Der Städtebau muss Bedingungen der Zeit an die Bedingungen der Zeit angepasst werden. Entwicklungstendenzen müssen genutzt und gestalterisch begleitet werden.

Freiräume und Freiheiten

Organisches Bauen Form und Funktion sind eins! Beim Gestalten muss nach dem Wesen der Dinge gefragt werden. Welchen Bedürfnissen der Bewohner oder Besucher soll der Ort gerecht werden? Welche konstruktive Funktion hat der Ort? Qualität und Schönheit entsteht, wenn Gestaltung dem Wesen der Dinge entspricht. Weite und Freiheit Jeder Mensch braucht Freiraum. Gestaltung soll den Menschen unterstützen, sich frei entfalten zu können. Jeder hat daher ein Recht auf sein eigenes Stück Land. Nur eine aufgelockerte Stadt kann auch eine freiheitlich-demokratische Stadt sein.

Kleinteilige Mischnutzung, Körnung

Kleinteilige Mischung- Es soll eine kleinteilige Nutzungsmischung entstehen: Bestimmte Nutzungscluster werden nutzung als lose zusammengefasste Siedlungseinheiten ausgewiesen und gestaltet. Mischung muss auf der Parzellenebene hergestellt werden, d.h. der Einzelne soll auf einem Grundstück viele, seinen Bedürfnissen entsprechende Nutzungsoptionen erhalten. Agrarraum als Sicherung Großzügige Parzellengrößen sollen dem Individuum die Möglichkeit von Nebenerwerbs- einbinden landwirtschaft bzw. Existenzminium und damit eine Sicherheit gegenüber wirtschaft- lichen Krisen bieten. Verflechtung mit Alle Siedlungsräume sind mit Freiraumelementen durchzogen. Freiräume (Natur) werden Freiräumen durch bauliche Anlagen ergänzt und moduliert. So entsteht ein Siedlungsgefüge, bei dem nicht mehr klar zwischen bebautem Raum und Freiraum unterschieden werden kann. Landschaft wird zu einer Art Bauwerk und der Siedlungsraum wird zum Teil der Landschaft.

Gleichwertige Strukturen (Netze) fördern

Keine Hierarchisierung der Der Siedlungsraum ist nicht auf ein Stadtzentrum ausgerichtet, sondern Städtebau betont Räume die netzartige, d.h. demokratisch gleichwertige Struktur der einzelnen Siedlungseinheiten. Politische oder kommerzielle Zentren dürfen gestalterisch nicht betont werden. Auch Siedlungsräume, die auf die Verkehrsinfrastrukturen ausgerichtet sind (Gewerbegebiete, Einkaufszentren an Flughäfen oder Autobahnkreuze) dürfen nicht raumbestimmend sein. Städtebau muss den gleichwertigen Verbundcharakter der verschiedenen Siedlungsräume sichern. Vom Einzelnen aus Denken Der Einzelne und sein Haus steht im Mittelpunkt der gestalterischen Überlegungen. Das Individuum und die Wahrung der Interessen des Einzelnen sind oberstes Gebot im Städtebau.

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Städtebau dient dazu, verschiedene Siedlungsräume durch Sichtbezüge oder Raumbezüge herstellen, Straße Raumabfolgen gleichwertig in Bezug zueinander zu setzen, den Gang/die Fahrt durch als Gestaltungsmittel nutzen ein Gebiet - ebenso wie den Gang/die Fahrt durch ein Gebäude - zu leiten und zu inszenieren. Vor allem der Straßenraum ist ein Mittel, um Blicke zu dirigieren. Straßen sollten die Landschaft und die Architektur in Szene setzen.

Private und öffentliche Räume

Siedlungen müssen so parzelliert und gestaltet werden, dass möglichst viel Privatsphären schaffen, durch Privatsphäre geschaffen wird. Beim Siedlungsbau darf das Gemeinwohl nicht über das Städtebau subtile Grenzen Wohl des Einzelnen gestellt werden. Es müssen stets Möglichkeiten für die freie schaffen Entfaltung des Einzelnen geschaffen werden. Um Orte der Kommunikation und des öffentlichen Austausches zu schaffen, sind Neue Formen von Öffentlichkeit Freiräume dementsprechend zu qualifizieren. Die Landschaft und Orte der Bildung und Erziehung sind die wichtigen Plätze der Broadacre City.

Geschichte + Identität + Baukultur

Die Gestaltung nimmt Bezug auf lokale Eigenarten und Baukulturen, lediglich Lokale Stile, Berücksichtigung Bundesfernstraßen (highways) sollen als gestalterische Konstante (national bis lokaler Baukulturen und – international) ausgebildet werden. Die Morphologie der Stadt bietet keine erhaltens- traditionen werten Elemente, die genutzt werden können, um eine regionale Identität zu schaffen, sondern aus der Stadt können nur einzelene Elemente, ein Gebäude, ein Straßenzug oder eine Siedlung erhalten werrden, nicht aber die Logik der Stadt. Standardisierte Bautechniken (Module) müssen genutzt werden, um kostengünstig Qualität durch Effizienz eine größtmögliche Vielfalt anbieten zu können. Module sollen für eine breite Vielzahl an Gebäudeformen, nicht für eine Vereinheitlichung des Baues sorgen. Die gewünschte Vielfalt in der architektonischen Gestaltung muss auch vom Städtebau berücksichtigt werden. Solange die Bürger nicht über das hinreichende ästhetische Verständnis verfügen, Gestaltung ist Aufgabe der bleibt es die Aufgabe der Architektur bzw. des Städtebaus, den Raum so zu gestalten, Profis dass der Raum mit zur baukulturellen und landschaftskulturellen Reife des Einzelnen beiträgt.

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Kapitel 3.

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Bewertung + Evaluation

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3. Bewertung und Evaluation

In diesem Kapitel wird dargestellt, wie Broadacres bisher bewertet wurde. Dadurch soll geklärt werden, ob Wright im Laufe des Leitbildwandels im Städtebau (von der modernen autoorientierten Stadt zur nachhaltigen Stadt) anders bewertet wurde und ob seine Erfahrungen und Erkenntnisse genutzt wurden. Auch soll überprüft werden, inwieweit das Modell bisher evaluiert worden ist. Das Kapitel ist wie folgt gegliedert:

3.1. Materialien und Hier sind zunächst Vorbemerkungen zu Materialien und Methoden der Methoden für die Darstellung der Bewertung und Evaluation Bewertung notwendig. 3.2. Amerikanische Anhand der ausgewerteten Rezensionen wird die Bewertung amerikanische Bewertung beschrieben. Die verschiedenen Arten der Bewertungen werden in Phasen zusammengefasst. 3.3. Bewertung im Auch die Bewertung im deutschsprachigen Raum kann in deutschsprachigen Phasen dargestellt werden. Hier sollen auch die Raum Unterschiede zur amerikanischen Debatte deutlich gemacht werden. 3.4. Evaluation Mit Hilfe einer Umsetzungsquote wird bestimmt, wie oft Wright bestimmte Gestaltungsideen erfolgreich umsetzen konnte. 3.5. Zusammenfassung: Das Kapitel schließt mit einer Zusammenfassung der Bewertung und Ergebnisse. Evaluation

3.1. Materialien und Methoden der Bewertung

Grundlage der Analyse für dieses Kapitel bilden Re- American City, American Institute of Planners, Town& zensionen, die in Form von Kurzbeiträgen oder Essays Country Planning). Ebenso wurde Broadacres in Zeit- zwischen 1935 und 2001 entstanden sind. Im Unter- schriften für Stadthistoriker (Journal of the Society of schied zu den Analysen und den Interpretation ging es Architectural Historians) oder Zeitschriften mit sozial- den amerikanischen und deutschsprachigen Autoren der wissenschaftlichen oder politologischen Schwerpunkt Rezensionen nicht um die objektive Darstellung und (new masses, Centennial Review, American Political Deutung der Ideen und Modellinhalte, sondern um eine Science Review) erwähnt. Es lassen sich aber auch Ar- Beurteilung. tikel in allgemeinen Zeitungen (Times Magazine) oder Rezensionen finden sich in den USA vor allem in Archi- Nicht-Fachzeitschriften (Journal of Housing) finden. tekturzeitschriften (American Architect, Architectural De- Darüber hinaus wurden für dieses Kapitel wissen- sign, Architectural Form, Architectural Record, The schaftliche Arbeiten verwendet, die sich bereits der Journal of Architectural and Planning Research), die über Auswertung von amerikanischen Rezensionen gewidmet Wrights Arbeit berichteten. Einige Artikel finden sich aber haben (Alofsin | 1989; Grabow | 1977). Auch für den auch in Kunstzeitschriften (American Magazine of Art, deutschsprachigen Raum liegen vereinzelnd Arbeiten vor Arts and Architecture, Magazine of Art) oder in (Kief-Niederwöhrmeier | 1983; Bardeschi | 1970). Fachzeitschriften für Stadtplaner (Urban Studies, The

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3.2. Amerikanische Bewertung

Seit Wright in der „Disappearing City“ die Zur noch vagen Disappearing City schrieb der Idee und 1934 dann erstmals das Modell vor- Planer, Architekt und Publizist Henry gestellt hat, ist seine Idee zur Stadt der Zukunft Churchill, dass Wright wichtige Themen be- unterschiedlich in ihrer Bedeutung für den rührt, aber dem Buch die konkrete räumliche Städtebau und für die Stadtplanung bewertet Vision fehle. Die neue Stadt würde nicht nach- worden (Krohe | 2000; Johnson | 1988). vollziehbar werden (Churchill | 1933). Für Grundsätzlich fällt auf, dass ein Zusammen- Catherine Bauer, Co-Kuratorin der Inter- hang zwischen dem verwendeten Material und nationalen Stil Ausstellung, blieben Wrights dem Urteil besteht: Kritiker, die Ihre Aussagen Aussagen reine Utopie. Dem Modell fehle ein auf die Texte von Wright bezogen, kamen zu Sinn für Gemeinschaft und die Rolle des Autos anderen Ergebnissen, als diejenigen, die sich als treibende Kraft einer neuen Siedlungsform stärker mit dem Modell beschäftigten. Mit der hielt sie für überbetont (Bauer | 1933). Bauers stetigen Verfeinerungen der Textanalysen und Art der Kritik wurde in den nächsten Jahren dem Beginn der Modell- und Projektauswert- immer wieder von linken und liberalen ungen änderten sich die Meinungen und Kritikern wiederholt (Alofsin | 1989: 16). Urteile. Damit hat auch der Stand der For- Nach der Präsentation des Modells auf der In- schung Auswirkungen auf die Bewertung. dustrial Design Ausstellung in New York (Rockefeller Center) schrieb der Soziologe In Anlehnung an Stephen Grabow (Grabow | Stephen Alexander 1935 in der New Masses 1977) lässt sich die Diskussion und Bewertung über das Modell. Für ihn war die Broadacre der Broadacre City für den amerikanischen City der Kern der Ausstellung. Nach Meinung Raum in unterschiedliche, sich zeitlich über- von Alexander hätte Wright grundlegende lappende Phasen einteilen: Prinzipien der Bodenaneignung, des Eigen- tums, der Regierung und der Gesellschafts- 1. Phase. Kritik vom Feuilleton formen nicht verstanden. Für den Soziologen Das Modell löste schon in der sehr frühen blieb unverständlich, warum sich Wright keine Phase der Bewertung – zu Lebzeiten des Archi- Gedanken zur politischen Umsetzung gemacht tekten – zwiespältige Reaktionen aus: Von hatte (Alexander | 1935). Der in den einigen wurde es gelobt, andere kritisierten es Vereinigten Staaten bekannte Kunsthistoriker heftig. In der frühen Bewertungsphase (Mitte Meyer Scharpio machte das Konzept im 1930er bis circa Mitte 1960er) standen Wrights Partisan Review als "shabby streamlined 136 wirtschaftliche und gesellschaftliche Thesen im Utopia " (Scharpio | 1938) nieder. Lewis Vorgrund. Die meisten hier ausgewerteten Re- Mumford, der die Ausstellung in New York zensionen beschäftigten sich mit den Zielen besuchte, lobte zunächst das Modell (Mumford und Fragen der Umsetzung. Dabei überwogen | 1935). Später aber revidierte er seine die kritischen Äußerungen (→ Grabow | 1977: Meinung und kritisierte Broadacre City 122). (Mumford | 1956). Der Biograph Kelly Norris Smith hielt das Modell für nicht Als Beispiel für die negative Kritik werden im realisierbar137. Anders als Wright glaubte er Folgenden die Arbeiten von Churchill, Bauer, Alexander, Scharpio, Mumford 136 „Minderwertige Stromlinienutopie“ und Smith kurz vorgestellt: 137 „An den pragmatischen Maßstäben der Arbeitswelt gemessen, ist das Projekt so irrelevant, dass man es einfach ignoriert hat, denn wenn

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nicht, dass die gewünschte neue Siedlungsform Auch Robert Luther Duffus gehörte zu den von selbst entstehen würde, sondern dass wenigen Personen, die Wrights städte- hierzu radikale politische Instrumente (totale baulichen Ideen verteidigten (Duffus | 1938). Enteignung, totale Auflösung der Städte) not- Douglas Haskell erinnerte daran, dass für wendig wären, die nicht umsetzbar sind: „As a Wright als Architekt der Schwerpunkt auch bei practical program it does not even deserve planerischen Fragen auf ästhetischen Aspekten discussion” (Smith [1966] → Grabow | 1977: lag. Darin sieht Haskell die Stärken von Broad- 118) Aber er räumte ein, dass Broadacre acre City und seiner Meinung nach sollte man zentral ist, um Wrights Art des Bauens zu ver- sich daher um die ästhetischen Komponenten stehen. der Idee kümmern, während man Wrights Wrights Prognosen und Vorstellungen zur ökonomische Thesen weniger Bedeutung künftigen Siedlungsentwicklung wurden in beimessen sollte (Haskell | 1933). Eine weitere diesen Arbeiten meist verurteilt, ohne Belege positive Erwähnung findet sich bei Walter für die Kritik aufzuführen (o.V. | 1935b oder Thabit (Thabit | 1959). o.V. | 1945). Auch spielten bei der Bewertung Bisher gibt es keine Arbeit, die versucht, diese oft private Angelegenheiten und Wrights Auf- unterschiedlichen Reaktionen in der Fachwelt tragslage eine Rolle (Goodman + Goodman | und Öffentlichkeit zu begründen. Lediglich bei 1942). So sahen manche Kritiker in Broadacre Wright und seinen Schülern finden sich lediglich ein Werbemittel, das einem Architek- Begründungen. Die Wright-Schülerin ten, der in der Phase der Depression keine Cornelia Brierly folgerte aus ihren Erfah- Aufträge bekam, Aufmerksamkeit bieten sollte, rungen, dass Broadacre nur von einer Bevölke- um so an potentielle neue Kunden zu kommen. rung und Stadtregierung geschätzt wird, die Modell und Ansichten waren für diese Kritiker Weite als Qualität einer Stadt erkannt hat. nicht mehr als eine verkleinerte Gedenkstätte Brierly war 1934 bis 1935 als Schülerin in für die nicht realisierten Wunschprojekte eines Taliesin und erstellte zusammen mit anderen egozentrischen, alternden und immer Lehrlingen das Modell der Broadacre City. unbedeutender werdenden Architekten Anschließend begleitete sie das Modell auf der (Goodman + Goodman | 1942); (Collins | 1970); Wanderausstellung und gab Interviews und (Smith | 1966); (Reiner [1968] → Grabow | Auskunft zu Wrights stadttheoretischen Über- 1977: 119). legungen. “The first place it was sent was to Als Beispiel für positive Rezensionen in der Radio City in New York. Rockefeller Center. Anfangsphase sollen nun Agard, Duffus, And New Yorkers being so confined in these Haskell und Thabit kurz vorgestellt werden: huge buildings and in the shadow of the large buildings, couldn’t understand that any thing Walter Agard, Professor für Klassik an der like Broadacre City would ever take place. But Wisconsin Universität und Freund von Wright, out in Wisconsin people thought, ‘what a good lobte Broadacres, da er in dem Modell eine ge- idea. This is a real possibility. We wish that lungene Alternative zu dem Städtebau des something like this would be planned for.’ And Internationalen Stils sieht (Agard | 1932). as I say, the further you go away from the big wir Broadacre verwirklichen wollten, müsste wir die Verfassung der centers the more people realized that this was Vereinigten Staaten abschaffen, tausende staatliche Einrichtungen a possibility “ (Brierly | 1990. 10). Ähnlich auflösen, sämtliches Land im öffentlichen Interesse entschädigungslos enteignen, alle Städte zerstören und damit sämtliche Zeugnisse der äußerte sich auch Wright gegenüber seinem Geschichte unseres Lande. Wir müssten die gesamte Bevölkerung Bauherren Otto Mallery. Er glaubte, Broad- umsiedeln, Millionen von Menschen durch entsprechende Ausbildung zu landwirtschaftlicher Selbstversorgung befähigen und zahlreiche acres würde mehr zur Ostküste der USA andere Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, die hier gar nicht alle aufgezählt werden können” (Smith | 1966: 78) [Übersetzung S.Bremer]

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passen, weil die West-Küste für seine Art des Modell anderen Stadtmodellen der Moderne Städtebaus noch nicht offen wäre. oder Vormoderne zuzuordnen (Collins | 1961, Fishman | 1977, Johnson | 1988, Scully | 1988, 2. Phase: Broadacre wird Zeitzeichen etc.). Im Rahmen der kulturwissenschaftlichen und stadttheoretischen Einordnung blieb man Die Bewertung der Broadcre City änderte sich in den Urteilen sachlich und zurückhaltend. mit dem Aufkommen der ersten kunst- und Fragen der Umsetzbarkeit/Anwendung kulturwissenschaftlichen bzw. architektur- wurden wenig diskutiert. theoretischen Arbeiten zu Wright, die sich nun intensiver mit den Aussagen von Wright und Ende der 1970er gehörte Wright zu einem der deren Bedeutung beschäftigten. Der Diskurs meist zitierten Architekten in der amerika- um die Broadacre City glitt nun langsam aus nischen Architektur- und Stadtforschungs- | dem Architekturfeuilleton in die Gesellschafts- debatte (Grabow 1977: 118). wissenschaft. Ab 1940 entstanden an amerika- Bei der Einordnung waren zunächst mehr die nischen Kultur- und Architekturfakultäten Dis- Schriften von Interesse. Alofsin etwa hielt die sertationen zu Wright z.B. (Manson | 1940), einzelnen Bauwerke und deren Anordnung auf (MacCormack | 1965), (Scholl | 1975), (Rein- dem Plan für unwichtig (Alofsin | 1989: 12). berger | 1982), (Desmond | 1996), (Young | Erst um 1980 wurden dann auch das Modell 1997) und (Melendy | 1999). (Johnson, Putnam) und die Bauprojekte von Durch die Archive (vor allem die Arbeit von Wright (De Long, Desmond) ausgewertet. Mit Bruce Brooks Pfeiffer) wurde Material zur Ver- diesen Arbeiten leitete sich eine nächste Stufe fügung gestellt, das einen genaueren Einblick der Bewertung ein. in die Arbeiten des Architekten gewährte. Wichtigste Forschungseinrichtung wurde die 3. Phase: Vergleiche Frank Lloyd Wright Memorial Foundation in Um 1980 begann mit der Versachlichung und Scottsdale Arizona, die nach Wrights Tod ge- der Auswertung aller Materialien eine dritte gründet wurde und die seine Lehr- und For- Phase der Bewertung. Die Pflege, Archivierung schungseinrichtung Taliesin bis heute ver- und die Darstellung der Bau- und Siedlungs- waltet. Bruce Brooks Pfeiffer stellte 1994 projekte warfen ein anderes Bild auf Wrights die umfangreichen Schriften und alle Projekte Städtebau. Wright wurde nun als „größter von Wright zusammen (Pfeiffer [Hrsg.] | amerikanischer Architekt der ersten 1993a+b + 1994a+b); (Futagawa + Pfeiffer| Jahrhunderthälfte“ bezeichnet (Kruft | 1985: 1990a-h). Auch mehrere Archive und 492). Durch die Anerkennung seiner archi- Forschungseinrichtungen widmeten sich dem tektonischen Leistungen wurde dann auch sein Erhalt und der Forschung über das umfang- städtebauliches Werk neu bewertet. reiche Werk des Architekten138. Die „Wiederentdeckung“ wurde durch den Immer mehr wird Wrights Werk als zwar Prognosewert des Modells eingeläutet. Es junges, aber dennoch historisches Dokument erstaunte viele, wie gut Wright Siedlungsent- der vorangegangenen Zeit eingestuft. Bei der wicklungen beschrieben hatte, die dann tat- Bewertung stand nun der Wert des Modells als sächlich stattgefunden haben (Thabit | 1959 → Zeitzeichen im Vordergrund. Man begann das Grabow | 1977), (Barnett [1972] → Zellner | 1999: 71): Jon Lang hielt Broadacre City für 138 Patrick J. Meehan führte über 55 Archive und Sammlungen in den die empirischste aller Stadt-Visionen (Lang | USA auf, die über Originalmaterial (Schriften, Manuskripte, Zeichnungen, Tonbandaufzeichnungen etc.) verfügen (Meeham 1983). 1994). “To my mind Broadacre is one of the

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most brilliant examples of what is today de- scribed as ‘futuristics’ – the study of possible futures – applied to man’s environment” (March in Writing on Wright → Secrest | 1992: 448). Joel Garreau erstaunte, wie sehr Wright diese Auflösungsphänomene schon in den 30er Jahren vorhergesehen hatte, die Garreau 50 Jahre für die edge cities beobach- ten konnte (Garreau | 1992: 10 ff.). Durch den Vergleich mit der tatsächlichen Siedlungs- entwicklung werden die Qualitäten des Ent- wurfes von Wright deutlich. Garreau etwa wies darauf hin, dass Broadacres im Unterschied zu Abb.47 [Draufsicht vom Modell Broadacre City ] den tatsächlichen edge cities mehr Platz für Quelle: Internet Fußgänger und ein viel umfassenderes Arbeits- und Freizeitangebot (De Long | 1998: 41) böte.

Im Jahr 1995 verglich die Arizona State Uni- versity Luftbilder vom Entwurfsmodell der Broadacre City mit Realluftbildern von der Stadt Phoenix und erkannte starke Ähnlich- keiten139 (HCDE | 1995)140.

Abb.48 [Luftbild eines Stadtteils in Phonix, Arizona 1990] Die Stadt ist viel dichter als die Broadacre City bebaut. Trotz der Ähnlichkeiten im Aufbau gibt es in Phönix keine harmonische Verzahnung zwischen Sied- lungs- und Freiraum. Im Gegenteil, im Zuge der Bebauung des Geländes wurde in Arizona der vorhandene Freiraum zerstört oder ist nur noch als Fragment (Fluss) erhalten. Quelle: HCDE | 1995

Der Vergleich des Modells mit den Luftbildern machte deutlich, welche räumlichen Qualitäten 139 So gibt es heute in Phoenix tatsächlich die von Wright beschrie- bene, kleinteilige, agrarisch/städtische Mischung auf den Parzellen mit Broadacres gegenüber der zwar ähnlichen, kleinen Farmen mitten in der Stadt. Nur dienen diese Farmen nicht dem aber eben weniger harmonisch-integriert ge- Existenzminimum, sondern in der wohlhabenden Stadt Phoenix einer Mittelschicht als Wohnform, die gerne mit Handwerk und Pferden (und wachsenen Hauptstadt von Arizona bieten großen Geländewagen) das städtische und ländliche Leben könnte. miteinander kombiniert. 140 Literatur zur Siedlungsstruktur der Stadt Phoenix: → Burghardt | > stärkere räumliche Bezüge der Baugebiete 1979.

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untereinander es heute in den USA verschiedene Formen von > harmonische Verzahnung zwischen Frei- „middle landscapes“ gibt143. Allen middle und Siedlungsraum landscapes gemein ist die Dominanz des > weniger monotone Wohngebiete, statt- Verkehrsmittels Auto und die Autobahn als dessen ein hoher Grad an individueller wichtigste Verkehrsinfrastruktur. Weitere Gestaltungsfreiheit wichtige Grundkomponenten der middle land- scape sind darüber hinaus das freistehende Broadacres wurde zunächst genutzt, um Städte Haus, die Shopping Mall, der corporate estate. der Westküste der USA (Los Angeles und In Bezug auf Nutzungen und Stile sind unter- Phoenix) zu beschreiben. Später aber erstaunte schiedliche Stadtformen denkbar. Die Broad- Forscher, dass auch andere Städte der USA acre City sei für ihn eine mögliche Ausprägung Siedlungsstrukturen der Broadacre City einer middle landscape. Sie ist für Rowe 144 aufwiesen. Peter Rowe etwa beschrieb 1995 Beispiel für einen „Ranch-Typ“. Ähnlichkeiten zwischen der texanischen Stadt Houston und dem Modell von Wright (Rowe | 4. Phase: Neuentdeckung als Entwurfs- 1995). Für James Krohe waren es die anregung Stadtränder von Illinois, die viel Ähnlichkeiten Dieter Hoffmann-Axthelm bemerkt, dass man mit der Broadacre City aufwiesen (Krohe | sich Anfang der 90er Jahre in den USA wieder 2000). In anderen Arbeiten diente der verstärkt auf Broadacres bezog (Hoffmann- Vergleich mit der Broadacre City dazu, Axthelm | 1992: 13). geplante Siedlungen oder Stadtteile z.B. Levitown141 in Philadelphia, oder die Sea Der Herausgeber James Krohe etwa folgerte, Ranch in Sonoma Country nördlich von San dass Wrights Arbeit eine Tür zur Gestaltung Fransisco (Axhausen | 2000) in ihrer Struktur moderner Siedlungsformen öffnen würde zu analysieren und in den Planungskontext (Krohe | 1999). Die in der amerikanischen Pla- einzubinden. nungsdebatte bedeutende Architektin Denise Scott Brown verwies auf Wright, weil sie Peter Rowe beschrieb in seinem Buch die glaubte, dass die Konzepte der Moderne helfen heutige Form von Siedlungsraum als Hybrid könnten, die Probleme vorhandener amerika- zwischen Stadt und Landschaft - als middle nischer Siedlungsräume zu lösen.145 Der Re- landscape142. Aus Beobachtungen und syste- gionalökonom Arthur Nelson hielt die matischen Beschreibungen von neuen Sied- Broadacre City für ein gelungenes Konzept für lungsformen leitete er Handlungsempfehlun- die Exurbia, eine Siedlungsform der amerika- gen für die Gestaltung ab. Er stellte fest, dass nischen Oberschicht, die am Rand der ameri- kanischen Metropolräume entstand (Nelson | 141 Levitown ist eine geplante Siedlung in Bucks County 22 Meilen 1995). John Tierney erinnerte in einem nordöstlich von Philadelphia. Es ist ein früher Versuch eines Bauunter- nehmens (Levitt and Sons, inc.), der für seine Einfallslosigkeit beim Bau von preisgünstigen Vorortsiedlungen - „little boxes, tickly tacky little houses“ (Rowe 1991: 49 u ff.) - kritisiert wurde, eine besser gestaltete 143 „There are many different kinds of suburban and metropolitan und städtebaulich nicht so eintönig gegliederte Variante zu entwickeln. development, producing not just one but a variety of middle landscapes” 2 In Bucks County wurden auf 24.000 m 17.000 vorgefertigte Wohn- (Rowe | 1991: 33) ungen gebaut, die trotz der Standardisierung zu einem qualitätsvollen Städtebau gruppiert wurden, so dass die Siedlung sehr schnell wuchs 144 Hier wird der empirische Charakter von Rowe gegenüber Wright und binnen 5 Jahren zur fünftgrößten Siedlung im Bundesstaat deutlich: Wright hatte Kultur und Bildung in seiner Stadt betont Pennsylvania mit 67.000 Menschen wurde (Homepage Pennsylvania (Wunsch). In der real-existierenden middle landscape in Amerika des State Archives). ausgehenden 20. Jahrhunderts steht aber der Kommerz im Vordergrund (Wirklichkeit). 142 Während Sieverts diese Gebilde „Zwischenstadt“ nennt, also den Schwerpunkt im Namen auf der Stadt belässt, betont der Amerikaner 145 „today it is inconceivable that the solution for our urban ills should Rowe mit seinem Titel „Mittelland“ das Ländliche. be a good dose of early American rural virtue” (Scott Brown | 1993: 56)

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Artikel im Times Magazine daran, dass Wright staltung zu erinnern: „I hold the view that gezeigt hatte, dass auch für weitläufige Frank Lloyd Wrights vision of the home and Siedlungsformen (sprawl) positive Modelle city is by far the most realistic in human, erstellt werden können (Tierney | 1996, ebenso ecological terms of all proposals for urban Weinstein | 1997). Für den Engländer Alex development put forward by planners and Wall liefert Wright Impulse zur Gestaltung architects in this century and as such de- von autoorientierten Märkten und mands much more serious attention than has Gewerbegebieten (Wall | 1994). Lionel March hitherto been given it by those politicians and ging noch einen Schritt weiter und appellierte professionals whose actions shape the future daran, sich an die humanistischen und ökolo- of countless urban regions” (March → gischen Ziele von Wright bei Fragen der Ge- Sergeant | 1976: 7).

3.3. Bewertung im deutschsprachigen Raum

In Deutschland und Europa wurde über 1926: 27)146. Auch in frühen Bauwelt-Ausgaben Wright – nach Kief-Niederwöhrmeier und finden sich lobende Rezensionen (o.V. (K.) | Alofsin – in „Wellen“ berichtet. Nach einer 1950).147 Insgesamt aber wurde Wright in Ausstellung oder Buchveröffentlichung häuften dieser Phase selten erwähnt. sich die Publikationen („Wellenberge“), die durch längere Pausen („Wellentäler“) 2. Phase Ablehnung voneinander getrennt waren (Kief | 1978: 120; ebenso Alofsin | 1999: 18). Erst mit der deutschen Übersetzung von Jäger und Kanitsch148 in den 1950er Jahren wurden Somit kann auch die deutsche Bewertung in die stadtplanerischen Ideen und Broadacre sich zeitlich überlappende Phasen/Wellen be- City in Deutschland weiter bekannt. Mit der schrieben werden, wobei im Vergleich zur USA steigenden Bekanntheit stieß das Modell auf insgesamt eine viel geringere Auseinander- immer mehr Kritik. Wie in den USA standen setzung stattfand. die Weite, die starke Konzentration auf den Einzelnen und die starke Fortschrittsgläubig- 1. Phase: Begeisterte Berichte keit des Modells, ebenso die auch in Europa bekannten Besonderheiten des Privatlebens In der ersten Phase waren es nicht selten des Architekten im Mittelpunkt der Kritik. Schüler von Wright (Neutra) oder Personen, Viele Kritiker stuften das Modell pauschal als die Wright in Arizona persönlich kennenge- „zu amerikanisch“ ein und behaupteten, dass lernt hatten, die nun mit Begeisterung von den sich diese Form von Städtebau nicht auf euro- Arbeiten des amerikanischen Architekten be- richteten. Der Architekturkritiker Heinrich De Fries beispielsweise lobte die innovative und unkonventionelle Bauweise von Wright. In 146 Fries stellt in seinem Buch auch einige Bauprojekte vor, die Wright Europa, so Fries, würden Häuser wie Abbild- für seine Erläuterungen zur Broadacre City nutzte, beispielweise das ungen von feudalen Herrenhäusern aussehen, Projekt Lake Tahoe. während Wright sich um einen demokra- 147 Weitere Besprechungen und Rezensionen: (o.V. | 1976); (o.V. | 1981); (o.V. | 1935a); (o.V. | 1935b). tischen Geist beim Bauen bemühte (De Fries | 148 1950 wurde „When Democracy Builds“ unter dem Titel „Usonien“ in Deutschland veröffentlicht.

142 | Broadacre City und die Zwischenstadt

päische Verhältnisse übertragen ließe149. Diese Phase 3: unrelevant aus Sicht der Kritik bestimmte vor allem die Nachkriegszeit Europäischen Forschung und verblassste im Laufe der Zeit, aber Bei- Auch die dritte Phase der Bewertung gestaltet spiele für diese Kritik lassen sich auch noch in sich in Deutschland anders als in den USA. jüngster Zeit finden (Schmitz | 2001). Während in den USA um 1970 eine Versach- Zwar wurde Broadacres auch in den 70er und lichung der Diskussion um das Modell statt- 80er Jahren mehr kritisiert als gelobt, aber fand und das Modell wissenschaftlich ausge- nun änderten sich die Argumente. Hauptargu- wertet wurde, entstehen im deutschsprachigen ment für die Ablehung war, dass Broadacres Raum nur wenige Forschungsarbeiten oder als „nicht nachhaltig“ betrachtet wurde. Im Dissertationen zu Wright oder zur Broadacre Rahmen einer Evaluation von stadtplane- City150. In Europa werden andere Stadtent- rischen Leitbildern und Stadtutopien stellte würfe der 20er und 30er Jahre wissen- beispielsweise das Dortmunder IRPUD fest, schaftlich eingeordnet und gedeutet (Le dass Broadacre kein nachhaltiges Leitbild sei, Corbusier, Bandstädte, Gartenstädte). Die weil Wright „ in seinen Entwürfen auf die Er- Broadacre City als Modell für eine Stadt- fordernisse des Umweltschutzes und Natur- landschaft spielt trotz teilweiser Überschnei- schutzes kaum Bezug“ (Fürst u.a. | 1999: 41) dungen (Göderitz, Taut) keine Rolle. Man hielt nimmt. Hauptkritik war, dass Wright die Ver- sie für nicht relevant (Collins | 1963: 74). We- kehrserzeugung und den Flächenverbrauch der nige der in den USA entstandenen wissen- Broadacre City nicht als kritische Variable schaftlich orientierten Arbeiten aus den 60er erkannte (Fürst u.a. | 1999: 41) und das Modell bis 80er Jahren werden ins Deutsche übersetzt daher in den Augen der Dortmunder Forscher (Ausnahme die Arbeit von Vincent Scully), so als ein auf den Individualverkehr aus- dass nur eine eingeschränkte Auseinander- gerichtetes und nicht-dichtes Stadtmodell und setzung mit den amerikanischen Forschungs- damit per se kein nachhaltiges Modell sein ergebnissen stattfand. Wright war als Architekt konnte. in Europa zwar sehr bekannt und es war allgemein in der Fachwelt bekannt, dass er ein

149 Beispielhaft für die Kritik sei hier der Londoner Entwurf kurz Stadtmodell entwickelte hatte, aber es gab nur dargestellt. 1941 bat der New Chronicle Wright um einen Entwurf für wenige Theoretiker oder Forscher, die sich mit den Wiederaufbau des zerstörten Londons. Im Sinne seiner Broadacre dem Modell wirklich auseinandersetzten. City entwirft er eine dezentrale auto- und flugzeugorientierte Stadtlandschaft. Alle Londoner Slums riß Wright in seinem Entwurf ab. Die wenigen, die sich mit Wright beschäftigten, An ihrer Stelle sollte ein Park errichtet werden, in dem die bedeutenden hielten eine stärkere Auseinandersetzung mit historischen Monumente der ehemaligen Stadtviertel eingebunden werden sollten. Der Stadtplaner Patrick Abercrombie, der drei Jahre dem Ideenwerk von Wright für lohnenswert. später einen eigenen Plan für den Wiederaufbau der Stadt London Thomas Heyden fasst 1997 die kulturwissen- vorlegte, bemängelte die extrem aufgelockerte Bauweise in Wrights schaftliche Diskussion151 aus den USA in einem Entwurf und urteilte, dass solch eine geringe Baudichte nur in den Artikel zusammen (Heyden | 1997). Richard Weiten der Wüste von Arizona umsetzbar wäre. Dabei gibt es inhaltliche Überschneidungen zwischen dem Plan von Wright für A. Etlin, der Wright und Le Corbusier in einer London und seinem eigenen Entwurf für den Wiederaufbau von London („Abercrombie-Plan“). Auch Abercrombie schlägt vor, durch ein 150 Seltene Beispiele: Heidemarie Kief, die im Rahmen der Debatte um großräumiges Grüngürtelsystem für eine Auflockerung des Londoner Ansätze für ein naturorientiertes, ökologisches Bauen den Einfluss von Stadtgebietes zu sorgen. Die einzelnen Grünräume sollten in Form von Wright auf die mitteleuropäische Einfamilienhausarchitektur darstellte | | parkways (lineare Grünräume, Flussufer-, Reit- Feld-, Wander- und (Kief-Niederwöhrmeier 1983) und Marco Dezzi Badeschi (Bardeschi 1970). Fahrradwege, aber auch durchgrünte Autobahnen und Hauptver- kehrsstraßen) untereinander verbunden und jedem Bewohner so ein 151 Er stellt die Ideen der Broadacre und die Bezüge zum Denken von direkte Verknüpfung mit städtischen und ländlichen Freiräumen Walt Whitman, Henry David Thoreau, zur Bodenreform von Henry George und dem amerikanischen Recht auf Freiheit = Recht auf geboten werden. Eigentum dar (Heyden 1997).

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architekturgeschichtlichen Arbeit vergleicht, (Univ. Stuttgart | 1992); (Architectural Design zeigte, dass Wright stark vom europäischen |1994); (Der Architekt | 2002); (db. deutsche Denken beeinflusst war (Etlin | 1994, ebenso: Bauzeitschrift | 2003) wird Wright auch als Quinan | 2000) und sich sehr wohl auch in das Anregung für den städtebaulichen Entwurf europäische Verständnis der Architektur ein- wiederentdeckt. Für Thomas Sieverts bleibt ordnen lässt. Für Heidemarie Kief- Nieder- Broadacres eine der „großen, klassischen Städ- wöhrmeier boten Wrights Gedanken zur or- tebau-Utopien mit weitreichender Wirkung“ ganischen Architektur und seinem usonischen (Sieverts | 1997: 113). Für Sieverts liegt die Be- Städtebau gute Ansätze für eine Einbindung in deutung von Wright darin, dass er die verstäd- die ökologische Debatte der 80er Jahre (→ terte Landschaft frühzeitig vorausgesehen hat, Kief-Niederwöhrmeier | 1983). auch wenn sich die Gesellschafts- und Wirt- schaftsformen, die Wright in seiner Utopie Aber die vorherige Einstufung als auto-orien- skizziert, nicht realisieren ließen; der „Glaube tierter Entwurf der Moderne erschwerte eine an die Segnungen des Autos hat sich heute Neueinordnung oder Neu-Interpretation der eher in die Furcht vor den Übeln verwandelt” Arbeit. (Sieverts | 1997: 113). Der Berliner Publizist und Stadttheoretiker Dieter Hoffmann- Phase 4: Neuentdeckung Axthelm153 schlägt die Wiederentdeckung Erst Ende der 1990er Jahre wird dann auch in von Wright und gleichzeitig Reichow vor, denn Deutschland und Nordwest-Europa tatsächlich beide Architekten hätten ein Stadtbild skizziert, das erste Hinweise für die Gestaltung wieder häufiger auf Wright und Broadacres verwiesen. dieser neuen Siedlungsform liefert, innerhalb derer Autobahn, Abstandsgrün und Ähnlich wie in den USA finden sich nun auch Häusermassen selber als neue Landschaft im deutschsprachigen Raum Arbeiten, die auf wahrgenommen werden (Hoffmann-Axthelm | den prognostischen Wert verweisen bzw. vor- 1992: 13). Eva Benz-Rababah154 beschäftigt handene Räume mit der Broadacre City ver- sich mit den Konzepten zur Stadtlandschaft gleichen (Wagener | 1999).152 und überprüft deren Bedeutungen in der ak- tuellen Debatte (Benz-Rababah | 1999). 1996 Im Zuge der Auseinandersetzung mit der Zwi- widmet sich Roland von Rebay in einem schenstadt (Arch+ | 1991); (TOPOS | 1996); Artikel der „Legende Frank Lloyd Wright”. (TOPOS | 2001); (Architectural Design |1981); (Rebay | 1996) Thomas Zellner155 schlägt die Wiederentdeckung von Wright im Sinne 152 Wenn etwa Wolfgang Wagener Los Angeles beschreibt, dann von → Krohe und →Nelson vor. wirkt es, als ob er Broadacre City beschreiben würde: „Für die meisten Bewohner von Los Angeles in den 50er Jahren ist das Zentrum ihres Lebens nicht ländlich, vorstädtisch oder städtisch. Das wirkliche „Stadt- Auch im praktischen Städtebau ist nun eine zentrum“ liegt in jedem Haus, jeder Wohnung selbst. Von diesem Zen- verstärkte Auseinandersetzung bzw. ein Bezug trum aus schafft jeder Haushalt eine eigene „Stadt”. Sie ist charakte- ristisch durch die Dichte von Aktivitäten, die durch die Reichweite des Autos definiert werden. In dieser urbanen Ökologie sind die Wohn- 153 Dieter Hoffmann-Axthelm ist Stadtplaner und Planungskritiker. häuser durch eine radikale Trennung von Privatheit und Öffentlichkeit charakterisiert. Sie wenden sich zur Straße hin von der Bevölkerung ab, Seine Bücher „Die dritte Stadt“ und „Anleitung zum Stadtumbau“ auf der privaten Seite dagegen öffnen sie sich uneingeschränkt zur fordern zur Rückkehr zu höherer Dichte und kompromissloser Mischung Natur. Das ‚Small California House,’ wie es von Bauunternehmern und aus Wohnen, Arbeiten und Konsumieren auf. Die Parzelle soll als Developern genannt wird, hat die wichtigste Lektion der Moderne Planungsgrundlage des Stadtumbaus dienen, da sie eine hohe soziale → | gelernt: Form, Funktion und Tragwerk sind eins; Innen und Außen und funktionale Mischung und Dichte ermöglicht. ( Borowski verschmelzen und die Grundrissorganisation basiert auf dem freien Homepage) Grundriss. Für einen kurzen Moment im zwanzigsten Jahrhundert 154 Vertretungsprofessur für Landschaftsarchitektur an der TU Berlin finden moderne Architektur, populäre Wünsche auf eine besseres Leben und die ökonomischen und technischen Anforderungen des 155 Zellner lehrt an der Graduated School of Design an der Harvard Marktes zusammen” (Wagener | 1999: 3) University.

144 | Broadacre City und die Zwischenstadt

zur Broadacre City erkennbar. Für Winy Maas, Mitbegründer des niederländischen Archi- tekturbüro MVRDV, ist Frank Lloyd Wright und seine Broadacre City Vorbild und Inspira- tion (Tröster | 2002: 124). In den Arbeiten des Büros lassen sich Ähnlichkeiten zu Themen der Broadacre City erkennen156. Auf der Architek- turbienale Rotterdam 1ab unter Leitung von Francine Houben wird die Broadacre City als ein für die Diskussion um eine stärkere Ver- zahnung von Straßen- und Stadträumen nutz- bare Ideenquelle vorgestellt (MTPwWt | 2003).

Es sind vor allem Architektinnen und Städte- bauer - weniger Stadtplaner -, die sich wieder mit Wright beschäftigen. Aber bisher bleibt es bei Hinweisen und Verweisen. Bisher ist nicht systematisch erfasst worden, wie konkret wel- che Gestaltungskonzepte oder –elemente heute genutzt werden können.

156 Das Büro skizziert oder beschreibt mögliche Siedlungsformen der Zukunft. Dabei nutzen sie die Technik des Extremisierens: Derzeitige Trends werden in die Zukunft extrapolarisiert und visualisiert. So geht das Büro davon aus, dass mit der Zunahme der persönlichen Freizeit auch der Anteil an Wohn- und Erholungsgebieten steigen wird und daraus neue Formen des Wohnens (Saisonwohnen, Datschenwohn- ungen, temporäre Wohnformen, Mischwohnformen aus Arbeit und Freizeit oder Dienstleistungsarbeit und Landwirtschaft) entstehen wer- den. Maas entwirft die Idee vom Campingland: Hütten, Ferienhäuser, Charlets, Farmen. Das Land verschmilzt clusterartig zu einem riesigen Familienzeltlager (One big family-campsite) (Maas ⏐ 1995: 60).

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3.4. Evaluation

3.4.1. Materialien und Methoden zur Evaluation

Bisher beschäftigten sich nur wenige Forscher Umsetzungsquote ermittelt wird. Das heißt: Für alle hier (Futugawa, Pfeiffer) mit Fragen der Evaluation. ausgewerteten Projekte wird ermittelt, ob die Projekte Um zu prüfen, welche von Wrights Vorschläge sich auch erfolgreich realisiert worden sind bzw. welche Gründe für in die Praxis haben umsetzen lassen, sollen seine das Scheitern gefunden werden können. Projekte evaluiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird Dafür wurden die Projekttabellen aus dem vorherigen eine vereinfachte Evaluation durchgeführt, indem eine Kapitel noch einmal ausgewertet.

3.4.2. Ermittlung der Umsetzungsquote

Die nachfolgende Tabelle listet auf, welche der hier ausgewerteten Entwürfe und Projektideen von Wright auch tatsächlich umgesetzt werden konnten und zeigt - soweit ermittelbar - warum die Umsetzung scheiterte.

Tab.20 [Stand der Umsetzung] Projektname Realisierungs- Anmerkungen status Siedlungsraumtyp Siedlungsraumtyp Nicht realisiert In Teilen realisiert realisiert

Adelman Wäscherei, Milwaukee Auto ≤ Autohaus Roy Wetmore, Detroit, Michigan Auto ≤ Capitol Journal Gebäude Auto ≤

Hagan Ice Cream Company, Pennsylvania Auto Hagan hat sich später von Wright ein ≤ Wohnhaus bauen lassen Hotel Roger Lacy, Dallas Auto ≤ Jaguar Showroom Max Hoffmann, New York Auto ≤ Larkin-Gebäude, Buffalo, New York Auto ≤ 1906 fertig gestellt, in den 1950ern abgerissen Lenkurt Electric Company Auto ≤

Markthalle für Walter V. Davidson Auto Schriftwechsel mit Davidson vorhanden, ≤ Beauftragung unklar Motel Daniel Wieland, Maryland Auto ≤

Ocotilla Camp, Chandler, Arizona Auto Umsetzung 1929 als temporäres Gebäude ≤

Paradies auf Rädern, Trailer Park Auto ≤ S.C. Johnson & Co, Verwaltungsgebäude Auto ≤

Schmetterlingsbrücke (Butterfly Bridge) in Spring Auto ≤ Green, Wisconsin

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Heimstättenkooperative für Detroiter Arbeiter, Land Ein Prototyp wurde umgesetzt, Projekt wurde Michigan ≤ aufgrund des Krieges eingestellt.

Midway Barns, Farm Gebäude für Taliesin, Spring Land Wright als eigener Bauherr ≤ Green, Wisconsin Usonia I, East Lansing Land Aufgrund von Finanzierungs-schwierigkeiten nicht realisiert. Einzelne Häuser wurden später ≤ an anderen Orten gebaut, u.a. für → Goetsch- Winckler. Vorgefertigte Ställe für Walter V. Davidson Land ≤ Auftragsentwurf

[Gruppe hochwertiges Wohnen] Park Circa 10 Beispiele Überwiegend realisiert ≤ [Verhältnis: 8:2] Beerdigungskapelle für Nicolas Daphne, San Park Auftragsarbeit, nicht umgesetzt. ≤ Francisco, Kalifornien Beth Solom Synagoge, Pennsylvannia Park ≤

Bürgerzentrum Park Freier Entwurf ohne Beauftragung. Einige ≤ Bürger warben für Wright. Letztendlich konnte die Stadt aber nicht überzeugt werden. Circle Pine Resort, Michigan Park ≤

Como Orchard Sommerkolonie Park Die Gesamtanlage konnte nicht realisiert ≤ werden, da die Kosten für die Ver- und Entsorgungssysteme zu teuer wurden. Crater Resort, Arizona Park ≤ Denkmal für die Erde, Wisconsin Park ≤ Doheny Ranch, Kalifornien Park ≤ Aquiseentwurf ohne Beauftragung

Florida Southern College, Florida Park Acht der geplanten 17 Gebäude wurden ≤ realisiert. Gordon Strong Ausflugziel Park ≤ Kirche, Shorewood Hills, Wisconsin Park ≤

Marin County Civic Center, San Rafael, Park ≤ Kalifornien Ras-el-Bar, Strandferienzelte, Ägypten Park Briefwechsel weist darauf hin, dass das Projekt ≤ gebaut wurde, heute aber zerstört (Futugawa/Pfeiffer 1985. Bd.5: o.S.) San Marcos in the Desert, Resort Park ≤ Ausführungsphase wurde abgebrochen.

Sommerkolonie Lake Tahoe Park Ein Eigentümerwechsel führte dazu, dass der ≤ beauftragte Entwurf von Wright nicht weiter verfolgt wurde. Schwimmende Gärten Resort, Florida Park ≤ Sporthotel Huntington, Harford Park ≤ Taliesin West, Scottsdale, Arizona Park ≤ Teilrealisierung aufgrund der Wirtschaftskrise The Oasis, Kapital des Staates Arizona Park ≤ Wolf Lake, Chicago Park ≤ Beauftragter Vorentwurf

[Gruppe Mischnutzung] Raster Circa 6 Beispiele, meist nicht realisiert ≤ [Verhältnis: 1:5] [Gruppe Präriehäuser] Raster Circa 15 Beispiele, meist realisiert [Verhältnis: ≤ 10:5]

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[Gruppe usonische Häuser] Raster Circa 60 Beispiele, gut zur Hälfte realisiert ≤ [Verhältnis: 30:30] Barnsdall Municipal Park Gallery, L.A. Raster ≤ Kalita- Humphreys Theater Raster ≤

Kirche, Kansas City, Missouri Raster Technisch neue Konstruktion mit Spritzbeton ≤ wurde nicht genehmigt. Kleeblatt Siedlung, Circle Pines, Pittsfield, Raster Aufgrund politischer Probleme wurde das ≤ Massachussetts Projekt nicht umgesetzt. Neuroseum, Neurological Treatment, Madison Raster ≤

Non Competitive Plan for the National Raster Wettbewerbsbeitrag ≤ Conference on City Planning Pleasantville, Usonia II Raster Teilrealisierung trotz hoher Bodenpreisen und ≤ Schwierigkeiten bei der Kreditvergabe Rosenwald Schule, La Jolla, Kalifornien, Raster ≤ Solomon Guggenheim Museum, New York Raster ≤ Suntop („Ardmore Experience“) Raster ≤ Teilrealisierung durch die Todd Company. Wyoming Valley School, Wisconsin Raster ≤

Büroturm für die H.C. Price Company, Schnitt ≤ Bartlesville, Oklahoma Hotel Apartments („Chrystal Heights“), Schnitt Die Gebäude wären höher als das Capitol ≤ Washington D.C. gewesen, daher nicht genehmigt. Pittsburgh Point Park Civic Center, Pittsburgh Schnitt ≤

Restaurant + Tankstelle für Glenn Richardson, Schnitt Vorentwurf ≤ Spring Green, Wisconsin Tankstelle am Flugplatz Schnitt Ohne Beauftragung, Entwurf nutzte Wright ≤ später für die Lindholm Tankstelle. Tankstelle der Lindholm Oil Company, Cloquet, Schnitt ≤ Minnesota

Von den hier ausgewerteten 147 Projekten sind 3. Auch genehmigungsrechtliche 66 realisiert worden. Vorbehalte können als Gründe für das Scheitern identifiziert werden. Wrights Aus der Sekundärliteratur konnten unter- neuartige Baumethoden und Architektur- schiedliche Gründe für das Scheitern oder den stile stießen bei den Genehmigungsbe- hörden teils auf Widerstand späteren Abriss einzelner Gebäude ermitteln werden: 4. Nur in wenigen Einzelfällen liegt der Grund für das Scheitern der Realisierung 1. Viele der hier ausgewerteten Projekte in der gestalterischen Idee, d.h. der waren reine Aquiseprojekte, d.h. Wright Bauherr war mit dem Entwurf nicht wurde nicht beauftragt. Die Realisierung zufrieden und die Ausführung wurde war nicht das Ziel, sondern mit dem entwurfsbedingt gestoppt Entwurf sollten neue Kunden oder Aufgabenfelder erschlossen werden 3.4.3. Auswertung der Ergebnisse 2. Finanzielle Gründe: Weiterhin fällt auf, dass viele Projekte aus finanziellen In Bezug auf die prototypischen Siedlungs- Gründen scheiterten. Auch hier muss die räume sind unterschiedliche Umsetzungs- Zeit der Weltwirtschaftskrise und des quoten erkennbar: Zweiten Weltkrieges berücksichtigt werden

148 | Broadacre City und die Zwischenstadt

Tab.21 [Umsetzungsquoten] beauftragt. Auch im Bereich der kulturellen Bauwerke erreicht Wright nur eine geringe ∑ Nicht realisiert Teils Realisiert Umsetzungsquote. Teilweise waren seine reali- Entwürfe für Kulturbauwerke nicht beauftragt siert → Autostadt 14 11 79% -- 3 21% ( Stahlkathedrale). Auch merkt Joncas an, Rasterstadt 92 45 49% 3 44 51% dass seine Bauten für die Künste „zu radikal [ ] Parkstadt 31 16 51% 3 12 48% waren , als dass ein potentieller Kunde ihm Landstadt 4 2 1 1 einen Auftrag hätte anvertrauen können. Was Schnittstelle 6 5 - 1 er als Bauten für die Künste schuf, ließ ∑ 147 79 5 61% bisweilen geradezu besessen alle Konven- 100 54% 5% 41% tionen hinter sich” (Joncas → De Long | 1998: 131). Gerade im Wohnungsbau - vor allem im priva- In Bezug auf die Autostadt hatte Wright ins- ten Wohnungsbau - hat Wright verhält- gesamt wenig Projekte mit gewerblicher oder nismäßig viele Entwürfe auch realisieren kommerzieller Nutzung entworfen und noch können. Für die Parkstadt finden sich viele, weniger umsetzen können. Jack Quinan führte teils sehr bekannte Beispiele (Fallingwater dafür verschiedene Gründe an. Wrights inno- etc.). Die hohe Quote dankt sich zweifellos vative Ideen stießen bei den eher konservativen auch dem Vermögen der Bauherren. Die Kund- Bauherren auf Ablehnung. Auch stammen die schaft war meist wohlhabend, so entfiel (trotz meisten Aufträge für Fabriken, Büro- oder Wirtschaftskrise) der finanzielle Aspekt für das Gewerbebauten aus der Zeit der Weltwirt- Scheitern. Auch aufgrund des geringeren schaftskrise sowie der Anfangszeit des Kalten Bauvolumens und der Auftragsgröße verur- Krieges, einer Zeit, in der „kaum jemand in der sachten die Wohnhäuser meist wenig tech- Wirtschaft Experimente wagte” (Quinan → De nische oder baurechtliche Schwierigkeiten. Long |1998: 77). Auffällig bleibt, dass Wright selten die in Broadacres präferrierten gemischtgenutzte Auffällig bleibt die geringe Anzahl der Projekte Wohngebäude umsetzen konnte. Selten wurde für den Typus Landstadt und Schnittstelle. er für den Bau von Studios oder Praxen

149 |

3.5. Zusammenfassung: Bewertung und Evaluation

Abb.49 [Phasen der Bewertung] Über Broadacres wurde in den unterschiedlichen städtebaulichen Epochen unterschiedlich stark diskutiert. Die Auseinandersetzung fand in Wellenbewegungen statt. Dabei blieb die Diskussion in Deutschland insgesamt verhaltener. Eigene Darstellung

Bewertung

Die Idee der Broadacre City ist bisher aus un- Materialauswahl terschiedlichen Perspektiven betrachtet wor- Es fällt auf, dass Autoren, die sich mit den den. Wenn man die bisherige Bewertung Texten von Wright beschäftigten, die Idee an- betrachtet, fallen verschiedene Phasen auf. ders bewertet haben, als Autoren, die Modell Gegenüber den USA findet in Deutschland oder Projekte zur Bewertung der Idee genutzt insgesamt eine viel geringere Auseinander- haben. Erst in den letzten Jahren lassen sich setzung statt. Die Unterschiede in der Häufig- Arbeiten finden, die alle Komponenten der keit und Intensität der Auseinandersetzung Arbeit (Schrift, Modell, Projekte) nutzen. und in der Art der Bewertung können mit ver- schiedenen Faktoren begründet werden:

> Materialauswahl > Disziplinen > Phasen in der Leitbilddiskussion > Raumbezug

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Querdenker. Seine Broadacre City bildete ein Gegenmodell zu den Ideen der Zeit in den USA, die damals stark vom europäischen Denken (Internationaler Stil) beeinflusst waren. Mit dem Leitbildwandel im Städtebau (von der auto-orientierten Stadt zur nachhal- tigen Stadt) gerieten seine Ideen in Ver- gessenheit. In der aktuellen Debatte um die middle-landscape bzw. Zwischenstadt häufen sich Forderungen, das Modell stärker zu Abb.50 [Abhängigkeit Bewertung – Materialwahl] nutzen. Wurden nur die Schriften für die Bewertung genutzt, fiel die Bewertung der Idee meist negativ aus. Erst wenn auch die Bauprojekte mit ausgewertet wurden, wurde Wright positiv bewertet. Eigene Darstellung

Disziplinen Auch besteht ein Unterschied in der Bewertung je nachdem, ob das Modell aus wissenschaft- licher (kulturwissenschaftlicher, architektur- theoretischer oder planungswissenschaftlicher) [ ] Perspektive oder aus Sicht des Feuilletons be- Abb.52 Abhängigkeit Bewertung – Leitbilder In der planerischen-städtebaulichen Leitbilddebatte fallen Phasen trachtet wurde. unterschiedlicher Bewertung auf. Eigene Darstellung

Ortsbezug Von Wright wurde darauf hingewiesen, dass die Ostküste der USA auf das Modell anders reagiert hat als die Westküste. Auch in Europa lassen sich räumliche Unterschiede erkennen. Die niederländische Debatte bewertet Wright meist positiver als die deutsche Debatte. Auch hier kann vermutet werden, dass der Unter-

Abb.51 [Abhängigkeit Bewertung – Disziplin] Jede schied in der Bewertung mit der Siedlungs- Disziplin bewertete Broadacres anders. Hier fällt auf, dass struktur der Länder zu tun hat. Die weitläufige deutsche Planungswissenschaften das Modell - wenn sie es Randstadt bietet scheinbar mehr Anknüpf- überhaupt genutzt haben - am stärksten kritisiert haben. punkte. Eigene Darstellung

Phasen der Leitbilddebatte

Die Auseinandersetzung mit Wright war bisher immer auch stark von dem jeweils vorherr- schenden Leitbild abhängig. Zur Zeit der Moderne - im Leitbild der gegliederten, aufge- lockerten Stadtlandschaft - galt Wright als

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Evaluation

Für diese Arbeit war die Frage wichtig, welche Etablierung urbaner Farmen in der Stadt gibt im Modell skizzierten Ideen durch Bauprojekte es keine Bauprojekte. Die damit verbundenen erfolgreich umgesetzt werden konnten und Gestaltungsideen konnten daher nicht vertieft welche Modellideen nie zur Realisierung werden. Dagegen gelang es Wright mit seinen kamen. Projekten herauszuarbeiten, wie er sich die Verzahnung zwischen Stadt und Land und das Hier fiel auf, dass Wright nicht alle Themen Leben an der frontier vorstellte. Auch in Bezug und Ansprüche, die er mit dem theoretischen auf kostengünstiges aber gleichzeitig Text und dem abstrakten Modell angerissen individuelles Bauen kann aus Wrights Bau- hat, auch in realen Bauprojekten umsetzen praxis-Erfahrungen gelernt werden. konnte. Für die im Modell wichtigen Themen Straße, Autobahn, Mischnutzung und die

152 | Broadacre City und die Zwischenstadt

Tab.22 [Evaluation der Gestaltungsstrategien] Passiver Lärmschutz, Visuelle -- Hier fehlten Wright entsprechende Bauprojekte. Gerade im Bereich des Einbindung großvolumiger Bauten Gewerbebaus ist Wright selten beauftragt worden. Infrastruktur für Durchreisende, -- Auch hier fehlten Wright Bauprojekte. Er wurde nicht beauftragt, solche Motels, Drive-In Architekturen, neuartigen Formen zu entwickeln.

Autostadt mobile Architekturen Hauptstraße als dezent gestalteter -- Wright als Architekt konnte diese Ideen nicht umsetzen, weil ihm Parkway entsprechende Aufträge fehlten. Kostengünstig + individuell ∝∝∝ Hier hat Wright viele gelungene Projekte umsetzen können. Wrights Arbeiten sind ein gutes Beispiel dafür, dass individuelles und qualitätsvolles Bauen auch kostengünstig sein kann. Landschaft und Gebäude ∝∝∝∝ Hier konnte Wright sehr viele Gebäude umsetzen und entwickelte eine verschmelzen hohe Virtuosität in seiner Architektur. Baufreiheiten zulassen und durch ∝∝∝ Gerade in den Siedlungsbauprojekten konnte er diesen Gedanken Städtebau subtil formen innovativ umsetzen, viele seiner Siedlungsbauprojekte sind aber aus verschiedenen Gründen nicht umgesetzt worden. Kein Bezug zur Stadt, Abstraktion ∝∝∝ Gerade bei Bauvorhaben auf innerstädtischen Grundstücken wird

Rasterstadt Rasterstadt von der Stadt Wrights ablehnende Haltung deutlich. Selten wird er von Bauherren oder Genehmigungsbehörden zu einem stärkeren Umgang mit dem Stadtraum aufgefordert. Stärkung der Position kultureller 0 Auch hier fehlten Wright entsprechend großräumige Aufträge. Gebäude im Siedlungsraum

Mischung auf Parzellenebene ∝0 Diese Entwurfsidee kann Wright selten umsetzen.

Schaffung von Landschaft 0 Hierzu erarbeitet Wright virtuose Entwürfe, die aber meist nicht umgesetzt werden. Ausnahme: Wright selbst ist der Bauherr. ∝∝ Schaffung von frontiers Im Siedlungsbau hat Wright diese subtile Art der Gestaltung immer wieder mal umsetzen können. Außergewöhnliche Architektur an ∝ Wenn Wright an entsprechenden Wettbewerben teilnahm, konnten sich außergewöhnlichen Orten für seine Ideen selten erfolgreich durchsetzen. Zwar wurden die Ideen Verwaltungs- und Kulturbauwerke teilweise von Bürgerbewegungen gefördert, bei Behörden und politischen Gremien stießen die innovativen Ideen aber oft auf Ablehnung.

Verbindung agrarischer und - Hier fehlen Wright entsprechende Bauaufgaben. Die Idee bleibt städtischer Funktionen theoretisch.

Parks als Schnittstellen 0 Auch diese Idee kann Wright aufgrund fehlender Bauaufgaben nicht umsetzen. Apartments als Schnittstellen 0 Zwar hat Wright Apartment-Hochhäuser entworfen, aber die Gebäude hatten selten die entsprechende Stellung als Schnittstelle zwischen traditioneller Stadt und der neuen Stadtlandschaft ∝ Tankstellen als Knotenpunkte 0 Wright konnte eine Tankstelle entwerfen und bauen, aber die Wirkung als centroid of culture hat seine entworfene Tankstelle nicht entfaltet.

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Kapitel 4.

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Vergleich. Broadacre City und die Zwischenstadt

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4. Vergleich. Broadacre City und die Zwischenstadt In diesem Kapitel werden die Aussagen von Wright den Aussagen von Sieverts und der Zwischenstadt-Debatte gegenübergestellt und dargestellt, welche Impulse das Broadacre Modell geben kann: > Beschreibt Wright Themen, die auch in der heutigen Diskussion eine Rolle spielen, und kann für diese Themen Wrights Erfahrungsvorsprung genutzt werden, um die Themen der Zwischenstadt zu vertiefen? Wo kann aus Wrights Erfahrungen (seinen Erfolgen, aber auch seinem Scheitern) gelernt werden? > Welche Aspekte beschrieb Wright, die heute nicht diskutiert werden, bei denen sich aber eine „Wiederentdeckung“ lohnt? > Wie geht man mit den Themen um, die heute eine große Rolle spielen, für Wright aber unbedeutend waren? Das Kapitel ist wie folgt aufgebaut:

4.1 Methode für den Vergleich Das Kapitel beginnt mit methodischen Vorüberlegungen. Es wird dargestellt, welche Arbeiten aus der Zwischenstadt-Debatte den Komponenten von Wright gegenübergestellt werden können. Auch wird die Methode zur Erstellung des hypothetischen Entwurfsmodells beschrieben. 4.2. Textvergleich Hier werden die Ziele und Qualitätskriterien von Broadacre City und Zwischenstadt miteinander verglichen. 4.3. Kombinierter Modell- und Konzepte und Aufgabenfelder der beiden Ideen Projektvergleich werden durch einen kombinierten Modell- und Projektvergleich zueinander in Beziehung gesetzt. 4.4. Zusammenfassung: Vergleich Ergebnisse des Vergleichs werden zusammengefasst.

4.1. Methoden für den Vergleich

Auswahl der Arbeiten für den Vergleich

Im ersten Kapitel wurden circa 50 Arbeiten aus der Zwi- Für einen kombinierten Modell- Projektvergleich bieten schenstadt-Debatte in Bezug auf ihre Kernaussagen und sich Arbeiten von Christ/Bölling (Bölling/Christ | 2005) Arbeitsweisen analysiert. Die Klassifizierung der Arbeits- und Koch/Wall (Bormann et al. | 2005) an, wobei die weisen der Zwischenstadt-Debatte war ein notwendiger Arbeit von Koch/Wall aufgrund ihres teils interpretations- Schritt, um eine Vergleichbarkeit herzustellen. Nun ist offenen Charakters nur begrenzt ausgewertet werden einordbar, welche Arbeiten in ihrer Arbeitsweise den kann. Als Ergänzung wurden daher Arbeiten von Mario Arbeiten von Wright gegenübergestellt werden können: Campi, Franz Bucher und Mirko Zardini (Campi et al. | Den Texten von Wright kann das Buch „Zwischenstadt“ 2001) mit herangezogen. von Thomas Sieverts sowie ergänzende theoretische Ar- beiten (Körner, Hauser) gegenübergestellt werden.

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Abb.53 [Vorgehensweise zur Herstellung der Vergleichbarkeit] Eigene Darstellung

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Textanalyse

Grundstruktur für den Textvergleich soll die für den Text im Modell ist an das Broadacre Modell angepasst. Damit von Wright entwickelte Gliederungssystematik bilden. In wird klar, dass ein hypothetisches Modell kein derselben Weise wurden für Sieverts Text die Kern- Entwurfsmodell der Zwischenstadt sein kann, sondern themen und Themenblöcke ermittelt. Die Aussagen der ein Mittel zur Herstellung einer Basis für den Vergleich. Themenblöcke können miteinander verglichen werden. Dann wurden die von den verschiedenen Autoren aufgeführten Projektbeispiele genutzt, um zu vertiefen, Kombinierte Modell- und Projekt- mit welchen Gestaltungselementen und Gestaltungsstra- analyse tegien diese Räume qualifiziert werden können. Hier stößt man in der Auswertung auf Grenzen. Denn bei den Um einen Vergleich durchführen zu können, wird zu- von den Autoren aufgeführten Projektbeispielen handelt nächst aus textlichen Arbeiten der Zwischenstadt-De- es sich oft um Beiträge zu Ideenwettbewerben, freie batte ein hypothetisches Modell der Zwischenstadt Kunstarbeiten oder um Entwürfe, die im universitären entwickelt. Dieses Modell wurde aus der Beobachtung Rahmen (Studentische Stegreifentwürfe, Diplomarbeiten, abgeleitet, dass Arbeiten aus der Zwischenstadt-Debatte freie Arbeiten von Büros) entstanden sind. Man kann hier mit phänomenologischem Ansatz häufig reale Orte nicht von einer erprobten „best-practise“ -Sammlung beschreiben, an die stellvertretend bestimmte Ge- reden, sondern die Autoren bieten hier lediglich „Testent- staltungsaufgaben geknüpft werden. würfe“, die eine Richtung oder eine denkbare Ge- Diese „Orts- und Raumbeschreibungen“ wurden genutzt, staltungsstrategie skizzieren, ohne dass gesichert ist, ob um zu vergleichen, welche prototypischen Siedlungs- diese neuen Strategien oder Richtungen auch tragfähig räume bei Wright und der Zwischenstadt-Debatte dis- und dauerhaft erfolgreich sind. Die Autoren selbst weisen kutiert werden. Dabei ist die unterschiedliche Heran- auf den unerprobten Charakter ihrer Ausführungen hin. gehensweise zu beachten: Während die Zwischenstadt Für die Erstellung des hypothetischen Modells waren bei ihren Raumbeschreibungen mit Negativbeschrei- somit folgende Arbeitsschritte notwendig: bungen (= Orte, die zu verbessern sind) arbeitet, widmet 1. Ermittlung der prototypischen Siedlungs- sich Wright mehr den „Potenzialorten“, d.h. den Orten, räume der Zwischenstadt durch die die sich für die Schaffung der Broadacre City besonders Auswertung der textlichen Raumbe- gut eignen. schreibungen der ausgewählten Autoren Die verschiedenen Orts- und Raumbeschreibungen der 2. Ermittlung von Gestaltungselementen und Zwischenstadt-Debatte wurden zunächst in tabellarischer Gestaltungsstrategien anhand von Form erfasst. Die Inhalte der Tabelle wurden dann in Entwürfen und Beispielen eine erste Modellzeichnung übersetzt, in der proto- 3. Zeichnerische Darstellung des typische Siedlungsräume ausgewiesen wurden. Diese hypothetischen Modells Modellzeichnung nutzt dieselbe Gestaltungslogik wie . Wright, d.h. die Verteilung der einzelnen Siedlungsräume

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4.2. Textvergleich

Tab.23 [Vergleich Themenblöcke] Wright „The Living City“ Sieverts „Zwischenstadt“ Gliederung Form Themen Themen Form

Meist beschreibend Kritik an der Stadt; Kritik an der Fraktale Struktur, Globalisierung, Meist beschreibend Wirtschaftsform, Gesellschaft, Ausgangslage, Kritik + Zweifel an der Stadt Individuum, Stadt, Demokratie, Probleme Technikverwertung

Beschreibungen + Möglichkeiten der Technik Dezen- Möglichkeiten der Epoche + Meist Thesen Thesen tralisation, Wirtschaft, Wohn- und Rahmen- Technik, Wandel der Raumein- Lebensform, Zentralörtliche bedingungen heiten, Soziale, Fragen, Nachhaltig- Gliederung keit, „Sieben Thesen“, Flexibilität

Meist Forderungen Appell zu Reformen, Demokratie- Gesellschaft, Individuum und Stadt Meist Forderungen verständnis, Individualität, Dezen- Informelles, Unangepasstes, Nach- tralisation + Re-Integration, Organ- Ziele haltigkeit, Mischung, Urbanität, isches Bauen, Amerikanische Autarkie, Agora „Ort + Welt“, Kultur, Neue Ästhetik Deutung, Ästhetik , Sichtweisen

Land, Landwirtschaft, Natur und Weite – Dichte, Urbanität, Meist Thesen Qualitäts- Beschreibung und Landwirtschaft, Boden, Eigentum, Mischung, Landschaft + Natur, Thesen kriterien Weite – Dichte öffentlicher Raum, Netzmodell

Meist beschreibend Flächenmanagement, Sied- Raumwahrnehmung, Struktur- Meist beschreibend lungsstruktur, Mischung, Orga- konzept, Siedlungsstruktur, nisches Bauen, Wirtschaft, Land- Öffentlicher Raum wirtschaft, Umgang mit Bestand, Entwurf Grundeigentum, Landschaft + Natur, Stil, Architektur, Ästhetik, Baukultur, Gesellschaft + Indivi- duum, Verkehrsplanung

Meist Appell zu Reformen und Um- Aufruf zum Umdenken, Neue Meist fordernd

Fordernd denken, Eigendynamik nutzen, Sichtweisen, Realitäten aner- Bodenmanagement, Verkehrs- kennen, Verkehrsplanung, planung, Stil, Baukultur, Umgang Umsetzungs- Regionalplanung, Handlungsfelder, mit Vorhandenem strategien Instrumentenfelder, Integrierte Pla- nung, „Kleine Schritte-Politik“, Wettbewerb, Wirtschaft, Denkmal- schutz-Bestand

Trends beobachten Methode Potenziale aufspüren

In Tabelle 23 sind die Themen aufgeführt, die 4.2.2. Rahmenbedingungen. sich aus dem Textvergleich von „The Living 4.2.3. Ziele und Qualitätskriterien. City“ mit der „Zwischenstadt“ ergeben. Angaben zum Entwurf sollen in die 4.2.4. Umsetzungsstrategien. Modellanalyse einfließen. Der Vergleich der In der nun folgenden Textanalyse werden Texte bietet damit Material für folgende zunächst die wesentlichen Aussagen der Punkte: beiden Autoren dargestellt und dann vergleichend interpretiert. 4.2.1. Ausgangslage.

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4.2.1. Ausgangslage

Vergleich der Kernaussagen Bei Wright wird klar, dass er die dichte Stadt Sieverts die Haltung der Planer, die aus seiner („alte Stadt“) für ein überholtes Modell hält, Sicht jahrelang vergessen hatten, sich um das auf lange Sicht einer neuen weitläufigen diesen Raum zu kümmern. Stadtform weichen wird/muss. Zwar nutzt Interpretation auch Sieverts eine ähnliche Beobachtung als Ausgangspunkt seiner Überlegungen, wenn er Beide Autoren haben also eine Vorstellung von die Stadt als „historisch bedingte Zwangs- einem zukünftigen Siedlungsraum, der aus al- form“ (Sieverts | 1997: 13) beschreibt, deren ten und neuen Stadtteilen mit einer ganz an- „Hochzeit sich dem Ende neigt“ (Sieverts | deren Logik bestehen wird. Aus und 1997: ebenda), aber er wertet den Tatbestand wird und soll bei beiden Autoren anders. Für Sieverts stellt Stadt nichtsdesto- werden. Der Unterschied trotz eine bedeutende kulturelle Leistung dar ist: Während Wright den alten Teil duldet, ihm und ist als solche erhaltenswert. Trotz der beim „sterben helfen“ möchte und dafür nun „Liebe zur Alten Stadt“ appelliert auch er da- die Bauaufgabe Peripherie in Angriff nimmt, für, sich stärker mit dem Raum auseinander zu ist für Sieverts sowohl die Verbesserung setzen, der nicht ins Bild der historischen euro- (Qualifizierung) des Neuen als auch die päischen Stadt passt (Sieverts | 1997: 29). Reparatur des Alten notwendig.

Für Wright war die Peripherie der Stadt eine Die Raumvorstellung der beiden Autoren lässt Verheißung, weil dieser Raum gerade erst am sich in einer „Formel“ ausdrücken. Sieverts entstehen (1910) und daher gut formbar war. möchte aus möglichst viel „alter Stadt“ und Aus Sieverts Perspektive (mehr als 80 Jahre möglichst wenig verstädterter Peripherie später) ist die Peripherie nun bebaut. Für (Zwischenstadt) eine urbane nachhaltige Stadt- Sieverts ist die bebaute Peripherie eine landschaft machen. Wright sah es genau notwendige, wenn auch nicht unbedingt gern umgekehrt: Er wollte mit möglichst wenig alter gewollte Planungsaufgabe. Im Ladenburger Stadt und möglichst viel neuer verstädterter Kolleg wurde die „Unübersichtlichkeit”, Peripherie (Broadacre City) eine harmonisch „Mehrdeutigkeit”, „Mehrschichtigkeit”, „Dif- gestaltete Stadtlandschaft entwerfen: fusität“ sowie das Fehlen einer räumlichen [ ] Gliederung und Struktur der bebauten Peri- Sieverts Gestaltungsformel pherie (Zwischenstadt) als Problem beschrie- Stadtmax + Peripheriemin = Stadtlandschaft ben. Zwischenstadt als real existierender Raum ist also -anders als die Broadacre City- keine [Wrights Gestaltungsformel] Möglichkeit, sondern zunächst ein Problem; keine Lösung, sondern eine offene Aufgabe. Stadtmin + Peripheriemax = Stadtlandschaft Dabei ist Sieverts bei seiner Kritik an der Zwischenstadt vorsichtig. Er hält den Ort für Die vorgenommene Gewichtung begründete unfertig, bringt ihm aber dennoch ein gewisses Wright vor allem mit gestalterischen Aspekten. Verständnis entgegen. Zwischenstadt besteht Aus seiner Sicht könne die alte Stadt nicht aus „unzähligen rationellen Einzelentscheid- mehr Bezugspunkt für den modernen Städte- ungen“, so Sieverts. Diese Entscheidungen bau sein, weil damit die Möglichkeit vertan hinterfragt er nicht. Stärker dagegen kritisiert werden würde, etwas „Neues“ zu schaffen. Das

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„Neue“ könne sich nicht hinreichend be- Ergänzung dieser verstreuten und heteroge- haupten und eine eigene Ästhetik entwickeln, nen Siedlungsgebilde in ihrer eigenen Struktur wenn es aus den alten Strukturen heraus und Charakteristik – und in ihrem Zu- gebildet werden müsse. sammenfügung zu einer neuen Struktur“ (Kaltenbrunner → Bölling, Sieverts | 2004: Wesentlich für die Zwischenstadt ist für 67). Sieverts, dass sich das „Neue“ aus dem „Alten“ entwickelt hat. Das „Alte“ müsse für die Quali- > Sieverts sucht nach einer Symbiose zwischen Stadt und Peripherie. Bezugs- fizierung daher immer mitberücksichtigt wer- punkt der Verschmelzung bleibt die Stadt. den. Es müsse eine Harmonie zwischen Stadt > Wright wollte aus der Peripherie ein neues und Zwischenstadt geschaffen werden. „Not- symbiotisches Gebilde aus bebautem Raum wendig“, so Robert Kaltenbrunner, ist „die und Landschaft machen. Bezugspunkt der sensible, vorsichtige Weiterentwicklung und Verschmelzung wird die Landschaft.

4.2.2. Rahmenbedingungen

Vergleich der Kernaussagen

Sowohl Wright als auch Sieverts widmen sich einen Wohnort am Rand/im Grünen zu in ihren Texten bestimmten Faktoren, die schaffen. Aufgabe der Planung und Gestal- einen Einfluss auf die Form und Gestalt von tung war es, diesen Trend der Dezentralisa- Siedlungsräumen haben. Aber wie schon tion zu gestalten. Auch Sieverts beobachtet, Wright geht es Sieverts nicht um die Ermitt- dass das Wachstum und die Form der Zwi- lung aller Faktoren, die einen Einfluss auf die schenstadt stark von Verkehrs- und Kom- Form, Größe und Gestalt von Siedlungsräumen munikationstechnologien abhängig ist haben, sondern auch er beschäftigt sich nur (Sieverts | 1997: 21 ff.). Doch Sieverts sieht in mit bestimmten Teil- und Einzelaspekten. diesem Tatbestand weniger ein Potenzial, Beide Autoren begründen ihre Auswahl nicht. sondern kritisiert die starke Autoabhängig- Interessanterweise gibt es bei den Autoren keit der Zwischenstadt und fordert dazu auf, trotz ihrer unterschiedlichen Haltungen durch Planung gegenzusteuern (Sieverts | thematische Überschneidungen: 1997: 93 ff.).

> Beide beschreiben Verkehrs- und Kommuni- > Sieverts stellt den Prozess der Globa- kationstechniken als wichtige Faktoren: lisierung als Rahmenbedingung vor; Wright Wright sagte der Transport- und Kommuni- beschäftigte sich mit der Individualisierung kationstechnik voraus, dass sie eine Dezen- der Gesellschaft: Sieverts beobachtet, dass tralisation einleiten und dem einzelnen die Globalisierung Auswirkungen auf die Menschen neue Möglichkeiten bieten Siedlungsstruktur hat, etwa wenn durch werden würde (Wright | 1858 → Pfeiffer Rationalisierung immer größere Raum- 1995: 294). Sieverts bestätigt 80 Jahre einheiten mit weniger Beschäftigten später, dass Menschen dank Telematik, geschaffen werden (Sieverts | 1997: 47). Und verkürzter Arbeitszeit und Dienstleistungs- Sieverts merkt an, dass sich Stadt und arbeitsplätzen tatsächlich viel freier mit Zeit Gemeinde als soziokulturelle Einheit auf- und Raum umgehen (Sieverts 1997: 22). lösen. Vor allem die Medien führten zu Rea- Wright war sich sicher, dass die Menschen litätsverlusten, denen die Planung etwas die Möglichkeiten des Individualverkehrs konkret Räumliches entgegenstellen sollte nutzen würden, um sich aus der Stadt raus, (Sieverts | 1997: 75). Wright dagegen kriti-

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sierte die anonymisierte großstädtische und ein neuer Wirtschaftsverkehr induziert Gesellschaft, der man das Recht auf lokale (Sieverts | 1997: 48). Individualität entgegenstellen müsste. Statt großstädtischer Gesellschaft schlug Wright Interpretation ein Leben in einer kleineren, pseudo- Es erstaunt, dass beide Autoren sich den fast dörflichen Gesellschaft vor, so wie er es gleichen Rahmenbedingungen widmen, diese selbst in seinem Taliensin-fellowship aber anders werten. Während Wright deutlich vorgelebt hat. machte, welche Chancen neue Techniken, neue Verkehrsmittel und der Trend der Dezen- > Gemeinsam ist beiden Autoren, dass sie sich tralisation bringen, weist Sieverts vor allem auf kurz dem Einzelhandel als Faktor für Stadt- die Gefahren und Probleme eben dieser Fak- wachstum widmen. Wright beobachtete in toren hin. seiner Zeit, dass der Einzelhandel an den Stadtrand wanderte. Hierin sah er eine Sieverts wagt dabei selten einen eigenen Blick Möglichkeit, eine neue Form von Markt am in die Zukunft, so wie das Wright schon vor 80 Rand der Städte zu schaffen. Für Sieverts Jahren gemacht hatte, indem er bestimmte As- dagegen hat die Mall am Stadtrand keine pekte, die zu seiner Zeit nur als schwache Qualität. Sorgenvoll beobachtet er, dass Trends sichtbar waren, für seine Vorstellung durch die Konkurrenz die Innenstadt an extrapolierte. Interessant wäre, welche demo- Qualität und Bedeutung verliert, sich dem graphischen, gesellschaftlichen und tech- Einkaufszentrum am Rand der Städte nischen Trends von heute Sieverts wiederum angleicht (Sieverts | 1997: 31). Auch be- für die Gestaltung der Zukunft für besonders schreibt Sieverts eine neue Tendenz im wichtig hält. Zwar nennt Sieverts den Com- Einzelhandel. Durch Teleshopping werde puter und das Internet, aber er zieht aus ihnen der traditionelle Einzelhandel enträumlicht keine weiteren Rückschlüsse in Bezug auf die Raumgestaltung.

4.2.3. Ziele + Qualitätskriterien

Bei beiden Autoren kann zwischen Zielen auf gesellschaftlicher, raumordnerischer und gestalterischer Ebene unterschieden werden.

Gesellschaftliche Ziele möglichte, sich gegen die aus Wrights Sicht abhängig machende nationale und internat- Vergleich der Kernaussagen ionale Wirtschaft stellen zu können – auch um sich in Krisenzeiten (Kriege, Weltwirtschafts- Wright sah in Broadacres die Möglichkeit, eine neue Gesellschaft vorzubereiten: eine demo- krisen) unabhängig machen zu können. kratische Stadt mit einem freien, offenen Bo- Sieverts formuliert zwar keine hohen gesell- denmarkt, in der das Leben in der Natur statt- schaftlichen Ziele. In seinem Text wird den- findet. Für Wright war es wichtig, den Men- noch deutlich, dass auch er über den Städtebau schen zum Souverän zu erziehen. Er glaubte, mehr als nur eine physische Veränderung des dass auch der Städtebau dazu einen Beitrag Raums erreichen möchte. Mit einem Verweis leisten kann, indem er – in Broadacres – dem auf die griechische Agora157 fordert Sieverts Einzelnen durch Grundbesitz und durch die Schaffung der Möglichkeit einer selbstbestim- 157 Agora war ein Wesensmerkmal des griechischen Stadtstaates mten Arbeit eine Stellung gab, die es ihm er- (polis). Es war ein Platz, der als politische und juristische Ver- sammlungsstätte diente, gleichzeitig Marktplatz war und auch wichtiges

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Möglichkeiten für politisches Handeln mit die in Beziehung zueinander stehen (Sieverts | einem räumlichen (lokalen) Bezug ein. Der 1997: 39). Aus dem Netz-Bild lasse sich ein Raum der Peripherie (Zwischenstadt) hat für neues Muster für Ordnung schaffen. Sieverts eine Vermittlerrolle zwischen Ort und Sieverts führt in seinem Text darüber hinaus Welt: „Dem System der globalisierten den Begriff der Nachhaltigkeit ein. Nachhaltig- Ökonomie muss die Agora der örtlichen keit versteht er als Verknüpfung von Kreislauf- Wirtschaftskreisläufe, dem System der prozessen (sparsamer Umgang mit Ressour- abstrakten Kommunikation, die Agora des le- cen), umweltfreundlicher Landwirtschaft mit bendigen Gesprächs, dem System der gesamt- regionaler Vermarktung, neu entstehender gesellschaftlichen-bürokratischen Versorgung Wildnis und attraktiver urbanisierter Kul- die Agora der gemeindlichen und nachbar- turlandschaft (Körner | 2005: 131). schaftlichen Verantwortung gegenübergestellt werden” (Sieverts | 1997: 89). Die qualifizierte Sieverts und Wright sprechen sich beide für Zwischenstadt solle städtische sowie ländliche gemischte Baustrukturen aus. Wright hatte im Aufgaben übernehmen und eine Autarkie ent- Modell fast ausschließlich gemischte Sied- wickeln: Alle Lebensbedürfnisse (Wohnen, lungsräume geschaffen, denn gemischte Bau- Arbeiten, Anbau von Lebensmitteln, Kultur) formen (Wohnhaus + Studio, Wohnen und müssten innerhalb der Zwischenstädte gedeckt landwirtschaftlicher Betrieb, Wohnen und werden (Sieverts | 1997: 22). Die qualifizierte Handwerksbetrieb) waren für Wright Aus- Zwischenstadt als Wirtschaftsraum soll damit druck eines selbstständigen, freien Lebens. Aus Orte des nicht-globalen Wirtschaftens bieten. Wrights Sicht entsprach es nicht der Natur des Menschen, wenn an einem Ort gewohnt und an Raumordnungsziele einem anderen Ort – in einem Abhängigkeits- Vergleich der Kernaussagen verhältnis – gearbeitet wurde. Er schlug statt- dessen vor, dass der Einzelne sich eine Lebens- Für Wright ist das Thema der Dezentralisa- form schafft, bei der er selbstbestimmtes tion von besonderer Bedeutung. Er suchte Wohnen und Arbeiten auf einem (seinem) nach der nicht-zentralen, vollkommen dezen- Grundstück verwirklichen kann. In der Zwi- tralen Stadt mit knotenartigen Verdichtungs- schenstadt-Debatte wird in der Schaffung von strukturen. Auch Sieverts sieht in einer dezen- gemischten Baustrukturen ein wichtiges tral organisierten Stadt eine gute Basis für eine Qualifizierungsinstrument gesehen. Sieverts pluralistisch-demokratische Gesellschaft hält am Konzept der Mischung fest, weil da- | (Sieverts 1997: 70). Sieverts verwendet wie durch ein hoher Grad an Diversifikation und auch Oswald und Baccini den Begriff >Netz<. Flexibilität erreicht werden könne. Eine Netzstruktur ist für Sieverts ein System aus mehreren gleichwertigen Knoten-/Zentren,

kultisches Zentrum der Polisgemeinschaft. Altäre und kleine Tempel gehörten daher zum Bild einer jeden Agora. Als Verwaltungszentrum standen hier oftmals auch Amtsgebäude politischer Institutionen und städtischer Magistrate. Um 600 v. Chr. wurde die Agora als offener Platz ausgebaut und durch Grenzsteine abgegrenzt, die die Unbebau- barkeit dieses Platz markierten. Verbrechern, Kriegsdienstverweigerern und anderen Leuten, die auf der Agora nicht erwünscht waren, wurde Interpretation der Zutritt zur Agora verboten. Mit dem wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg der griechischen Stadtstaaten wurde nun auch die Agora mit Es wird deutlich, dass beide Autoren großen öffentlichen Gebäuden bebaut. Es entstanden die Säulenhallen (Stoen), gesellschaftlichen Prozessen (bei Wright die und die Agora war nun von allen Seiten bebaut und mit Säulenfronten geschmückt. Industrialisierung; bei Sieverts die Globali-

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sierung) skeptisch gegenüberstehen. Beide lichen Gestaltungsfeld wird, um Identität und versuchen durch Raumplanung und Städtebau Eigenart bewahren und herstellen zu können. den Einzelnen vor dem „System“ zu stärken. Für Wright war die frontier, der Übergang Während Wright den modernen Menschen im zwischen Wildnis und Kulturraum, besonders Rahmen der Re-Integration für ein Leben wichtig. Ziel seiner Gestaltung war es, dem zwischen der agrarischen und der industriell- Einzelnen ein Erleben von Natur und frontier städtischen Gesellschaft rüsten wollte, ist für zu ermöglichen, indem Übergänge zwischen Sieverts nun das Aushalten zwischen der loka- gebautem Raum und Wildnis entworfen wur- len und der global Erfahrungswelt von den. Durch den patchworkartigen Wechsel Bedeutung. zwischen bebautem und unbebautem Raum [Sieverts] entstand ein Siedlungsraum als totale Symbiose aus Stadt und Freiraum. Das Globale → Das Lokale

[ Wright ] Die städtisch-industrielle Gesellschaft → Die agrarische Gemeinschaft Als Lösung auf raumordnerischer Ebene wer- den von beiden Autoren Konzepte der Dezen- tralisation, insbesondere die Schaffung einer netzartigen Raumordnungsstruktur und die Herstellung einer einheitlich erlebbaren Sied- lungseinheit, angesprochen. Der Unterschied besteht darin, dass Wright ein Siedlungsraum Abb.54 [Real frontier] Wright wollte die Natur zum vorschwebte, der in Dichte und Mischung an wichtigen Parameter für die Gestaltung machen. Weniger dörfliche Strukturen (geringe Dichten, parzel- der bebaute Raum, sondern vor allem der naturbelassene Freiraum erzeugte aus seiner Sicht einen einzigartigen lenorientierte Mischung) erinnerte, während in Charakter (genius loci), dem sich das Gebaute Sieverts Texten eine auf Quartiersebene aus- unterzuordnen hatte. gerichtete Mischung angesprochen wird. Quelle:Internet

[Sieverts] Auch Sieverts fordert, dass der Unterschied Netz mit städtischen Dichten und einer zwischen gebautem Raum und Landschaft auf- Mischung auf Quartiersebene gehoben werden muss (Sieverts | 1997: 54). In diesem Zusammenhang spielen im Laden- [ Wright ] burger Kolleg vor allem Brachen eine be- Netz mit geringen Dichten und kleinkörniger sondere Rolle. Durch den Wegfall der Nutzung Mischung auf Einzelparzellenebene entstehe eine „Natur aus zweiter Hand“, ein nicht bewußt vom Menschen als cultura ge- schaffener Raum, dem Sieverts bei der Quali- Gestalterische Ziele fizierung der Zwischenstadt ein besonderes Vergleich der Kernaussagen Potenzial einräumt. Die von der Industrie verursachte Brachenlandschaft wird in der In beiden Texten spielt die Landschaft als Ele- Zwischenstadt für ein neues Bild der Region ment für die Gestaltung bzw. Qualifizierung genutzt. Für Sieverts ist vor allem der eine wichtige Rolle. Sieverts schreibt, dass der Bruch/Übergang zwischen kultiviertem Raum Freiraum in der Zwischenstadt zum eigent- und den aus dem kulturellen Prozess herausge-

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fallenen Flächen interessant. Dabei erweitert er Diese Idee findet sich auch in anderen Ar- den Begriff, begrenzt ihn nicht nur auf die beiten– beispielsweise bei dem Architektur- Kontaktstelle zwischen Stadt und Brache, son- theoretiker Rem Koolhaas oder dem franzö- dern meint allgemein die Stellen, wo ein (noch) sischen Philosoph Jean Baudrillard. Koolhaas intakter Siedlungsraum auf einen Leerraum verweist auf die Leere/Brache, weil hier einer stößt oder wo unvermittelt zwei von der städte- der wenigen noch formbaren Räume be- baulichen Figur nicht zueinander passende steht.159 Für Baudrillard bildet die maßlose Siedlungsformen (z.B. Großindustrie und Weite des amerikanischen Raums das traditio- Schrebergärten oder großflächiger Einzel- nelle Fundament des american dream. Der handel und Wohnsiedlungen) aneinander- weite Raum prägt das Bewusstsein und stoßen. Dieses „Aufeinanderprallen“ von Denken der Amerikaner, macht sie zu für verschiedenen Raumformen bildet für Körner Baudrillard faszinierenden „Primitiven“.160 eine Grundcharakteristik der Zwischenstadt (Körner → Körner | 2005: 155), daher liegt hier ein besonderer Ansatz zur Gestaltung. 158

Interpretation

Es fällt auf, dass beide Autoren den amerika- nischen Begriff der frontier benutzen, ihn aber unterschiedlich auslegen:

[frontier bei Wright] Siedlung trifft auf unberührte Natur. Die Natur wurde der wichtigste Parameter bei der Gestaltung, dem sich das Gebaute stets Abb.55 [New frontier] Auch für Sieverts erzeugen die unterzuordnen hatte. Brachen (Natur aus zweiter Hand) eine besondere Atmosphäre, die man bei der Gestaltung von Gebäuden zu [Neue frontier bei Sieverts] berücksichtigen hat. Brachen bieten ein besonderes Potenzial, Bildrechte: S. Bremer weil hier auratische Orte entstehen können. Wenn man die Eigenart dieser „wilden Räume“ respektiert und erhält, können diese Bruchstellen zwischen 159 „Nicht weniger naiv wäre es, am Ende unseres Jahrhunderts zu gebautem Raum und „neuer Wildnis“ für glauben, dass die städtebauliche Entwicklung vorausschaubar ist und mit Vernunft beherrschbar und gelenkt werden kann. Zu viele Visionen eine Qualifizierung genutzt werden. von Architekten sind gescheitert, weil sie von neuen Hinzufügungen zu dieser trügerischen Masse geträumt haben. Das Überbaute, das Volle ist seither unbeherrschbar, in jeder Hinsicht politisch, finanziellen und Beide Autoren gehen davon aus, dass die kulturellen Mächten unterworfen, die es in fortwährende Umwandlung direkte Konfrontation mit ungestalteten Frei- stürzen. Vom Leeren kann man nicht dasselbe sagen; es ist vielleicht der letzte Freiraum, bei dem Gewissheit noch möglich ist” (Koolhaas räumen (der Leere) einen für den Städtebau Hompage Netz) nutzbare Besonderheit darstellt. 160"Im Grunde sind die Vereinigten Staaten mit ihrem Raum, ihrem technologischen Raffinement, ihrem brutalen guten Gewissen einschließlich der Räume, die sie der Simulation öffnen, die einzige aktuelle primitive Gesellschaft. Und es ist faszinierend sie als die primitive Gesellschaft der Zukunft, als die der Komplexität, der Gemischtheit und der größten Promiskuität zu durchreisen, als die 158 Körner warnt aber auch vor einer Überbetonung des Themas, dann eines raubtierhaften, aber in seiner oberflächlichen Buntheit schönen nämlich, wenn die Brache als neuer Naturtypus zum umfassenden Rituals, einer psychischen und sozialen Ausrottung der Negativität, Topos der Zwischenstadtgestaltung gemacht werde. Diese „vierte einer totalen metasozialen Tatsache mit unvorhersehbaren Folgen, Natur“ kann aus seiner Sicht keinen übergreifenden Sinn schaffen, der deren Immanenz uns staunen macht, die aber keine Vergangenheit hat, die fraktale und bezugslose Struktur zu einer Einheit verbindet. Die in der sie sich spiegeln könnte, die also zutiefst primitiv ist” (Baudrillard | Brache könne nur an bestimmten Orten zum Einsatz kommen. 1986: 17)

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Unbestimmte Räume und Weiten sind also (Derrida, Wolfgang Welsch) ergeben. Das nicht nur deshalb interessant, weil sie noch könnte, so Sieverts, zu einer „leichten Urbani- formbar (bebaubar) sind, sondern die Ausein- tät“ vorläufiger Lösungen und kühner Expe- andersetzung mit der Leere/dem Unbe- rimente führen. Es scheint hier, als ob sich stimmten prägt den Menschen. Der Kontakt Sieverts für das Unfertige, Provisorische stark mit dem Leeren wird zu einem Wesenszug für macht. Für die Gestaltung der Zwischenstadt einen Raum. Wright forderte, die Natur als muss ein „neues Verhältnis für Ästhetik der genius loci bei der Gestaltung zum maßge- Unordnung und dem Maß der klassischen benden Kritierium für die Neubebauung zu Ordnung und gewohnten Harmonie abge- machen. In der Zwischenstadt-Debatte wird leitet“ werden (Sieverts | 1997: 112). nun die Brache/Leere mit ihrer wilden Schön- Das Kollegsmitglied Ursula Stein definiert heit zum Kriterium für die Qualifizierung. Ästhetik als eine „der Wahrnehmung dienliche Vergleich der Kernaussagen Form, die zu Komposition und Verbindung der einheitlichen Elemente beiträgt” (Stein → Eine weitere thematische Gemeinsamkeit be- Sieverts, Koch et al. | 2005: 176). steht darin, dass beide Autoren eine neue Ästhetik für die Stadtlandschaft als Voraus- Organisches Bauen war für Wright ein mit setzung für die Gestaltung/Qualifizierung Mensch, Natur und Technik in vollkommen- fordern: Wright entwickelte Vorstellungen von dem Einklang stehendes Bauen. Organisches einer „organischen Architektur“ und einem Bauen war für Wright der Anspruch, beim „organischen Städtebau”. Für Sieverts ist eine Bauen das jeweils bestmögliche – und das Lesbarkeit der Zwischenstadt nur erreichbar, heißt: den passenden Stil zu entwickeln. wenn man sich eine Nicht-Ästhetik oder Para- Wright war davon überzeugt, dass ein Ästhetik (Hauser) zunutze macht. organischer Städtebau und eine organische Architektur zu einer anderen, aber dennoch Die Suche nach Lesbarmachung ist für Sieverts neuen Ästhetik und Schönheit führen würden. der Versuch, einen Beitrag zu einer neuen Übereinstimmung von Zwischenstadt und Für ihn gab es keinen Grund, als Gestalter das Gesellschaft zu leisten (Sieverts | 1997: 70). Das „Halb-Schöne“, Unfertige oder gar „Nicht- Sichtbare muss an Ereignisse und Bilder Schöne“ (Para-Ästhetik) zu akzeptieren. gekoppelt werden (Sieverts | 1997: 123). Dabei müssen gängige Sichtweisen neu erschlossen Interpretation und umgedeutet werden. Das Spiel mit „Figur Die Debatte um Schönheit ist eine der ältesten und Grund”, der großen Traditionslinie für die und gleichzeitig schwierigsten Debatten im Stadt, stösst in der Peripherie an seine Städtebau. Sie bestimmt sich durch die Frage Grenzen. Stattdessen bilden Ungers nach dem Wechselverhältnis zwischen Form Stadtarchipel, Collin Rowes Collage City und und Funktion von baulichen Anlagen. Venturis/Scott Browns Learning from Las Vegas das „kritische Instrumentarium für die Zwar sind beide Autoren mit der jeweiligen Peripherie“ (Sieverts | 1997: 104). Nach Ästhetik ihrer Zeit nicht zufrieden, aber Wright Sieverts muss man Bewohner und Planer für und Sieverts finden hier sehr unterschiedliche die an-ästhetischen Seiten sensibilisieren. Antworten. Wright suchte nach einer Ver- Dabei sollte es keinen absoluten oder vorge- schmelzung. Er hielt klassische Schönheits- gebenen Sinn (form follows function) geben, vorstellungen für nicht mehr passend und sondern der Sinn sollte sich erst in einem suchte nach einem Stil, der in der Lage war, System aus Verweisen und Verschiebungen den neuen technischen und gesellschaftlichen

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Ansprüchen eine neue, passende Form zu daran, dass es im Städtebau und in der geben. Form und Funktion würden zu einer Architektur gelingen kann, die teils konträren Einheit verschmelzen und als Einheit auch als Ansprüche der verschiedenen Nutzer an den schön empfunden werden. Wie auch sein Raum in eine für alle gleichermaßen gültige Lehrmeister Sullivan ging Wright davon aus, und als schön empfundene Form zu bringen. dass es durch einen neuen Städtebau und eine Vielmehr besteht für Sieverts die Aufgabe der neue Architektur gelingen kann, eine zeit- Gestaltung darin, diese Widersprüche und gemäße und als schön empfundene Einheit aus Brüche sichtbar zu machen, d.h. gesell- Form und Funktion zu erzielen. schaftlichen Disharmonien eine Form zu geben. Gestaltung sucht also nicht nach dem Form follows function. [ Sullivan] Schönen. Sondern durch die Gestaltung soll die Form and function are one. [ Wright] Funktion der Räume oder Gebäude kritisch Sieverts hat dieses Ziel aufgegeben. Angesichts kommentiert werden: von weiterhin rapiden und manchmal auch Form annotates the function. [ Sieverts] schnelllebigen technischen und gesellschaft- lichen Veränderungen glaubt er nicht mehr

4.2.4. Umsetzung

Vergleich der Kernaussagen planung“ erforderlich (Sieverts |Bölling, Sieverts hält für die Qualifizierung der Zwi- Sieverts 2004|: 19). schenstadt drei Instrumentenfelder für beson- Bei Fragen der Umsetzung war für Wright der ders wichtig. Dazu gehört die Planung und der Bodenmarkt zentral. Hier ging es vor allem um Betrieb regional bedeutsamer Infrastrukturen, ein gerechtes Abschöpfen von Bodenwert- des öffentlichen Nahverkehrs, Ver- und Ent- zuwächsen, die durch Planung induziert sorgungsanlagen, regionale Kultureinrich- werden. tungen und Regionalparks. Wichtig ist für ihn auch die Sicherung, Kontrolle und Gestaltung Vergleich/Interpretation öffentlicher Orte. Dritter wichtiger Baustein ist die Information und Kommunikation der Einigkeit besteht bei beiden Autoren darin, Bürger. Unter anderem fordert Sieverts, dass dass die Gestaltung der Peripherie nur fach- „alle Anstrengungen unternommen werden übergreifend an der Schnittstelle zwischen sollen, die Bürger als Bauherren eines eigenen Stadt,- Verkehrs- und Landschaftsplanung zu Gebäudes an ihre Stadt zu binden” (Sieverts | bewerkstelligen ist. Während Wright in seinen 1997: 47) Texten mehr eine Top-Down-Strategie entwarf, beschreibt Sieverts eine Bottom-Up-Strategie. Auch fordert Sieverts, Regionalplanung und Wright möchte die notwendigen Kompetenzen interdisziplinäre Arbeitsweisen zu stärken. Zur in einer Person/Institution bündeln, Sieverts Qualifizierung der Zwischenstadt sind „ge- sucht nach einem gleichberechtigten staltende Regionalplanung und insbesondere Akteursnetz aus Fachplanern und Bürgern. Landschaftsplanung, andererseits aber auch Elemente der Projekt- und Infrastruktur-

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eigenen Stück Land bot. Er vertraute auf den Einzelnen, dass dieser ein hinreichendes ästhetisches Verständnis besitzt bzw. durch die Selbstverwirklichung auf dem eigenen Stück Land besitzen wird, so dass die vielen einzel- nen Bauherren in der Summe einen qualitäts- vollen Stadtraum erzeugen werden. Wright machte aber auch deutlich, dass er von den einzelnen Bauherren eine gewisse ästhetische Abb.56 [Hierarchisches System Wright] Der county Reife erwartet. Daher war in seinem Konzept architect hatte bei Wright eine zentrale Stellung. Er vertrat der Aspekt der Erziehung und Schulung von anwaltlich die Interessen der Bürger. Bürger wurden nicht direkt eingebunden. Planung und Gestaltung blieb im Ho- großer Bedeutung. heitsbereich der Experten. Sieverts hat zwar beobachtet, dass die Summe Eigene Darstellung der rationalen Einzelentscheidungen der pri- vaten Bauherren nicht zu einem qualitätsvollen Stadtraum geführt hat (sondern eben zur unfertigen Zwischenstadt), aber er fordert nun weder eine stärkere ästhetische Schulung des Einzelnen (so wie es Wright wahrscheinlich getan hätte) noch fordert er, dass der Städtebau eine stärkere ästhetische Steuerung der Bautätigkeiten übernehmen soll, um ein Abb.57 [Moderierendes System Sieverts] Für die ansprechenderes Gesamtbild zu erzeugen. Qualifizierung der Zwischenstadt müssen verschiedene Sondern Sieverts vollzieht hier eine Art ko- Fachdisziplinen und Planungsebenen miteinander ver- zahnt werden. Der Bürger soll direkt in den Planungs- und pernikanische Wendung: Er hinterfragt die Gestaltungsprozess eingebunden werden. Wahrnehmung der Experten (Stadtplaner und Eigene Darstellung Architekten): Ist das, was im Zuge der Bau- aktivitäten der einzelnen Bauherren ent- Wichtiges Steuerungsinstrument für Wright standen ist, wirklich so qualitätslos? Kann mit war der Bodenmarkt und die Bodenpolitik. Für einem anderen Begriff von Ästhetik (Para- Sieverts dagegen ist heute die Einbindung der ästhetik) das Tun der vielen einzelnen, archi- Interessen von Bürgern von großer Bedeutung. tekturästhetisch oft ungeschulten Bauherren

[ Wright] nicht auch als Wert/Qualität verstanden wer- den? Und so fordern Thomas Sieverts und Bodenmarkt als wichtiges Steuerungs- Ursula Stein, dass die Stadtplanung in ihrem instrument ästhetischen Denken stärker von Bürgern und [ Sieverts] Bauherren lernen sollte. Planung (öffentlicher Raum) und Partizipa- [Wright] tion als wichtiges Steuerungsinstrument Partizipation161 heißt: Sich selbst auf seinem Beide Autoren möchten - auf unterschiedliche eigenen Land verwirklichen können. Da- durch wird der Mensch zum politischen Art - Bürger einbinden. Wright wollte den Ein- Souverän. Voraussetzung ist eine gewisse zelnen zum Souverän machen, indem er möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zur 161 Dabei muss man bedenken, dass Wright den Begriff Partizipation Selbstverwirklichung und Bauen auf dem nicht nutzte, da er in der Debatte der Moderne nicht geläufig war.

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gesellschaftliche, politische und ästhetische lernen. Die Reife des Einzelnen wird nicht Reife des Einzelnen. mehr in Frage gestellt, sondern er wird – so wie er ist – als mündiger Bürger [Sieverts] akzeptiert. Partizipation heißt: Menschen direkt in Planungsprozesse einbinden, von ihnen

4.2.5. Zusammenfassung Textanalyse

Als erster Schritt einer Einbindung wurde im Leitbild der europäischen Stadt, das nicht voll- Rahmen einer Textanalyse der vorab dar- ständig ersetzt - wohl aber ergänzt werden soll. gestellte Text von Wright („The Living City“) In ihren Texten kritisieren beide Autoren die auf der Basis der bisherigen Interpretationen rein nach marktwirtschaftlichen Kriterien ge- dem Text „Zwischenstadt“ von Thomas wachsene Stadt und halten der vollkommen li- Sieverts gegenübergestellt. Die Textanalyse beralen Stadt einen nach künstlerisch-archi- diente dazu, die beiden Arbeiten in Bezug auf tektonischen (Wright) bzw. kulturell-ökolo- die formulierten Ziele der Planung, die Quali- gischen Kriterien (Sieverts) geplanten Sied- tätskriterien und auf erste grobe Handlungsan- lungsraum entgegen. Beide erkennen, dass sätze zu durchleuchten. Dabei wurden auch die Stadtentwicklung stark von wirtschaftlichen von beiden Autoren formulierten Ausgangs- Prozessen abhängig ist und beide fordern, lagen und die Rahmenbedingungen vorgestellt. Stadtentwicklung stärker von der Abhängigkeit Deutlich wurde, dass es viele thematische Ähn- zur Wirtschaft abzukoppeln, um die Anfällig- lichkeiten in den Aussagen der beiden Texte keit der Stadt gegenüber wirtschaftlichen oder gibt, obwohl fast 80 Jahre zwischen der Ent- gesellschaftlichen Veränderungen zu ver- stehung der Texte liegen. Es sind trotz der ringern. Unterschiede zwei aufeinander aufbauende Arbeiten. Sieverts führt im gewissen Sinne einen Diskussionsbeitrag fort, den Wright vor 80 Jahren begonnen hatte, auch wenn die Themen bei beiden Autoren unterschiedlich gewichtet und andere Schlussfolgerungen daraus gezogen werden.

Beide Arbeiten sind kritische Gegenentwürfe Abb.58 [2 Köpfe in einem Raum] Auch wenn Sieverts auf ein in ihrer Zeit vorherrschendes Leitbild. und Wright unterschiedlichen Zeiten und Planungsepochen Broadacres wendet sich gegen die Moderne, angehören, führen sie doch ein Gespräch: Sieverts führt den Diskussionsbeitrag von Wright auf seine Weise fort. vor allem gegen Le Corbusier und die Charta Eigene Darstellung, Bildgrundlage: Internet von Athen. Sieverts hat die “Zwischenstadt” in die „Zweite Moderne“ eingeordnet (Sieverts | 1997: 174). Mit seinem Buch hinterfragt er das Frage: Stadt oder Zwischenstadt als Aufgabe?

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Darauf geben die Autoren unterschiedliche Siedlung oder eines Gebäudes zu kommen- Antworten. Beiden geht es um die Stadtland- tieren („form annotates function“). schaft, einem Raum, der sich aus „alter Stadt“ Frage: Landschaft als alleiniges oder zu- und neuer verstädterter Peripherie zusammen- sätzliches Qualitätskriterium? setzt. Während aber für Wright der Bau des neuen Raums in der Peripherie besonders Zwar setzt sich Sieverts intensiv mit den Be- wichtig war und er die alte Stadt als Gestal- griffen der europäischen Stadt (Mischung, tungsaufgabe negierte, bleibt für Sieverts die Dichte, Urbanität, Ökologie) auseinander, aber Auseinandersetzung mit der alten Stadt weiter- für die Qualifizierung der Zwischenstadt ent- hin von großer Bedeutung. deckt er dann Landschaft (vor allem die Brache) als wichtiges zusätzliches Qualitätskri- Konsens: Stärkung des Einzelnen terium. Wright dagegen akzeptierte für seine Für beide Autoren bildet der Einzelne mit Broadacre City nur die Landschaft als Bezugs- seinen Bedürfnissen und Möglichkeiten der punkt der Gestaltung. Behauptung einen wichtigen Handlungsansatz, Konsens: Mehr fachübergreifende Zusammen- denn beide wollen den Einzelnen gegenüber arbeit großen gesellschaftlichen Trends rüsten. Wright wollte dem Einzelnen Raum für eine Mit Fragen der Umsetzung beschäftigen sich Autarkie gegenüber dem Prozess der Industria- zwar beide Autoren nur am Rand, aber beide lisierung bieten; Sieverts hält es für wichtig, erwähnen, dass die Gestaltung/Qualifizierung den Einzelnen durch den Bezug zum Lokalen der Stadtlandschaft mehr interdisziplinäre und gegenüber dem Prozess der Globalisierung zu regionale Zusammenarbeit erfordert. Das für stärken. Wright wichtige Thema der Bodenpolitik, Bodengerechtigkeit greift Sieverts nicht mehr Konsens: Das Netz als Raumordnungsmodell auf. Beide Autoren sehen in netzartig stukturierten Frage: Anwalt oder Moderator der Bürger- Siedlungsräumen besondere Vorteile. Beide interessen? fordern, Mischnutzungen zu fördern. Beide fordern, dass Planung mehr die Inter- Frage: Dienende oder kritische Ästhetik? essen und Bedürfnisse der Bürger berücksich- Beide Autoren haben weit gefasste Begriffe von tigen muss. Wright forderte eine Per- Ästhetik, welche die Verfasstheiten einer Ge- son/Institution, welche die Fähigkeit besitzt, sellschaft widerspiegeln und formen kann. die Bedürfnisse der Bürger im Sinne eines An- Während für Wright die Form einer Stadt, waltes in Gestaltung umzusetzen, bis derjenige einer Siedlung oder eines Gebäudes die Funk- politisch und kulturell-ästhetisch soweit tion widerspiegeln soll („Form and function are geschult ist, dass er sich selbst vertreten kann. one“), wird bei Sieverts und im Ladenburger Sieverts dagegen rät mehr dazu, Bürger schon Kolleg mehr darüber diskutiert, wie die Form jetzt direkt einzubinden, denn er glaubt, dass genutzt werden kann, um die Funk- Planung und Architektur vom Bürger lernen tion/Aufgabe/Bedeutung einer Stadt, einer können.

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4.3. Modell- und Projektvergleich

Im Folgenden wird durch die kombinierte Modell- und Projektanalyse dargestellt, mit welchen Aufgabenfeldern und Gestaltungsstrategien Wright und die Zwischenstadt-Debatte arbeiten. Dafür wird das Modell von Wright – ergänzt um die Erkenntnisse aus der Projektanalyse – mit dem hier erarbeiteten hypothetischen Modell der Zwischenstadt verglichen. Dafür werden folgende Arbeitsschritte durchgeführt:

4.3.1 Erstellung eines 1. Ermittlung der prototypischen Siedlungsräume hypothetischen Modells der der Zwischenstadt in tabellarischer Form Zwischenstadt 2 Ermittlung von Gestaltungselementen und - strategien durch die Auswertung der Projekte 3 Zeichnerische Darstellung des hypothetischen Modells 4.3.2 Vergleich. Broadacre Modell und hypothetisches Modell der Zwischenstadt 4.3.3. Zusammenfassung: Kombinierte Modell- und Projektvergleich

4.3.1. Erstellung eines hypothetischen Modells der Zwischenstadt

aus vier internationalen Vergleichsregionen162 Ermittlung der prototypischen abgeleitet haben. Für sie sind „Elemente“ Orte Siedlungsräume der Zwischenstadt und Raumzusammenhänge, die sie besonders Ähnlich wie Wright beschreiben auch die Zwi- typisch für die Zwischenstadt halten („DNA der schenstadtautoren Räume, die sie für die Zwischenstadt“).163 Qualifizierung für besonders wichtig halten:

Die umfassendste Beschreibung bieten Mario Campi et al. Sie analysieren ein Gebiet zwischen dem Flughafen und dem Zentrum der Stadt Zürich, wo die „Glattalstadt“ entstanden ist. In einem „Atlas“ stellen sie verschiedene „Elemente“ der Glattalstadt vor, die sie auf der Basis ihrer Bestandsaufnahme ermittelt haben. Lars Bölling und Wolfgang Christ fassen ihre

Bestandsaufnahme die Regionaltangente West 162 Erftstadt am Niederrhein, Limmattal in der Schweiz, eine deutsch- in der Rhein-Main-Region in „Zwischen- französische Region mit Karlsruhe als Oberzentrum und Mailand. stadtbausteinen“ zusammen. Wichtig war 163 Dabei muss berücksichtigt werden, dass nur Wachstumsregionen ihnen die Erfassung der Räume, die besondere (Schweiz, Frankfurt, Süddeutschland) als Untersuchungsraum genutzt wurden. Möglicherweise wäre ein anderes Ergebnis entstanden, wenn Qualifizierungsoptionen bieten. Auch auch schrumpfende Regionen oder ländlich geprägte Räume mit Koch/Wall sprechen von „Elementen“, die sie untersucht worden wären.

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Tab.24 [Prototypische Siedlungsräume der Zwischenstadt] Campi/Bucher/Zardini Bölling/Christ Wall/Koch

Folgende „Elemente“ sind in der Folgende vorhandene „Bedeutungsorte“ An folgenden „Elementen“ der vier Glattalstadt wahrnehmbar, d.h. prägen im Raum Rhein-Main sind für die Untersuchungsorte werden „urbane den Raum.... Gestaltung gut nutzbar... Zusammenhänge generiert“....

Autobahn als kultureller Ort Verkehrsräume als Rückgrat, Bänder = Hauptinfrastrukturen Flughafen, Hochwertige Hotels für Autobahn als Grundlage der Nutzungen dieser Orte: XXL Geschäftsreisende, Einkaufszentren und Suburbanisierung, Großstrukturen entlang der Gewerbegebiete mit hohem (Das Fehlen von Schienenverbindungen Hauptinfrastruktur wie Flughäfen, Einzelhandelsanteil, Industrie, wird als Defizit erwähnt. ) Einkaufszentren, Raffinerien Eisenbahn, Mall = introvertiertes Großgebäude fürs Einkaufen Hochschulstandorte Keine Aussagen Keine Aussagen Gartenstadt = Wohngebiete mit Orte = neuere Wohn- oder Gewerbe- Keine Aussagen einheitlicher Gestaltung und gebiet mit Adresse Einfamilienhausgebiete mit Stilmixen Orte = vorbildlicher suburbaner Neue Stadt = Stadtrandwohngebiete Siedlungsbau für Arbeiten und Wohnen der 50-70er Jahre mit „Adressqualitäten“ Arbeiterquartiere = Baugenossen- Klone = Monofunktionale, monotone Klone = monofunktionale Wohn- und schaftliche, locker verdichtete Einfamilienhauswohngebiete oder reine Gewerbegebiete Wohnsiedlungen der 50er Jahre Arbeitsorte (Gewerbegebiet der 50er bis Einwanderer = In der Glattalstadt gibt 80er Jahre) es im Unterschied zur Stadt keine Geschosswohnungsbau der 50er bis ethnisch geprägten Viertel. Ethnien sind 80 Jahre, räumliche Qualität, aber räumlich integriert. Probleme der Verwahrlosung und Segregation = neue Sanierungsgebiete Festival = Neue Orte des Festes im Neue öffentliche Räume = Temporäre Zentren = Flächen für technischen Raum (Messe, Flughafen, großvolumige introvertierte Freizeit-, zeitweilige Massenveranstaltungen Sporthallen, Straßen in Zentren) Konsum-, Gesundheits-, Forschungs- oder Erziehungseinrichtungen Familiengärten = Kleingärten, Keine Aussagen Keine Aussagen Schrebergärten Keine Aussagen Schnittstellen = Orte zwischen Tankstellen = Orte der informellen globaler und lokaler Welt (Flughafen, Jugendkultur Tankstelle) bzw. Stadt und Landschaft (Zoo) Keine Aussagen Auratische Orte = Alte Ortskerne, Kerne = Historische Siedlungsflächen historische oder punktuelle Monumente, mit hoher Dichte narrative Orte Grün = Verschiedene Grünräume der Freiräume = (Wachstums- bzw. Ränder = Krasse Kontaktlinie zwischen ersten bis vierten Natur Arrondierungspotenziale?) Stadt + Landschaft Infrastruktur = Orte für Ver- und Keine Aussagen Blinde Flecken = Orte der Ver- und Entsorgung Entsorgung + Industrie Bürogebiete = Arbeitsplätze im Headquarters = können zu Keine Aussagen Finanzsystem, Headquarter Economy auratischen Orten gemacht werden. (→Monumente)

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⇓ Aus der Tabelle kann eine erste Skizze für ein hypothetisches Modell abgeleitet werden. Diese Skizze ist vergleichbar mit der Skizze, die Wright 1934 vor dem Bau des Modells gezeichnet hatte.

Erste Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich erkennen: Im Zwischenstadt- Modell wäre auch ein autoorientierter Siedlungsraum erkennbar.

Anders als in Wrights erster Skizze würde in der Skizze für das Zwischenstadt-Modell ein historischer (auratischer) Stadtraum vorhanden sein. Brachen würden zwischen Abb.59 [Hypothetische Skizze] den einzelnen Baugebieten liegen.

Eigene Darstellung

Ermittlung von Gestaltungselementen und -strategien

Aufgrund der Unterschiede in den zur Verfügung stehenden Materialien und der neuen Gewichtung durch das Kolleg muss die Ermittlung von Getaltungselementen und -strategien durch Projektbeispiele wie folgt strukturiert werden:

Gestaltung von Verkehrsinfrastrukturen Thematische Umgang mit den Bauaufgaben des Alltags Überschneidungen Landschaft als Qualifizierungsaufgabe Schaffung von Schnittstellen Umgang mit der historischen Stadt Spezifische Zwischenstadt- Öffentlicher Raum Themen Temporäres, Zwischennutzung + Kunst

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Gestaltung von Verkehrsinfrastrukturen Thema „Transit“ vor allem auf niederländische Projekte, wo großvolumige, stark verdichtete Für fast alle Autoren ist der gestalterische Um- Schnittstellen oder multi-modale Transport- gang mit Verkehrskorridoren eine wichtige knoten entstanden (Entwurf Double Decker Aufgabe. In der Zwischenstadt-Debatte wird vom Büro UN Studio van Berkel& Bos, dieses Thema unter dem Begriff „Netze“ Amsterdam oder Entwurf „Transferia“ von (Christ/Bölling, Oswald/Baccani, OMA. Office for Metropolitan Architecture, Campi/Bucher/Zardini) oder „Bänder“ Rotterdam). In anderen Entwürfen ist die (Koch/Wall) thematisiert. Wright hatte sich in Autobahn bereits vorhanden und es wurde seinen Überlegungen auf die Autobahn als versucht, durch nachträgliche Interventionen zentraler Verkehrsachse seiner Stadt fokusiert. den Raum aufzuwerten oder umzudeuten In der Zwischenstadt-Debatte wird der Begriff (Herbstakademie Stadtraum B1). der Infrastrukturbänder zunächst weiter ge- fasst und beinhaltet auch technische Vergleich mit Wright Infrastrukturen wie Ver- und Ent- Im Vergleich mit Wright und seinen Überle- sorgungssysteme. Letztendlich ist auch in der gungen zur Gestaltung von Verkehrskorridoren Zwischenstadt-Debatte eine Schwerpunkt- fällt auf, dass die Autoren der Zwischenstadt setzung auf den überregionalen Verkehrsinfra- andere Gestaltungsziele verfolgen. strukturen (Autobahn, Flughafen, Regional- bahn) erkennbar. Wright nutzte das Entwicklungspotential und die in Bezug auf Erreichbarkeit zentrale Stel- Wolfgang Christ und Lars Bölling haben im lung von Verkehrsknotenpunkten, um Nut- Rahmen einer an Donald Appleyard, Kevin zungen zu platzieren, die viel Zielverkehr er- Lynch und John R. Myer angelehnten Analyse- zeugen. Solche raumordnerischen Ziele methode (Appleyard et al. | 1964) eine (Siedlungsverdichtung an monomodalen oder Autobahn in ihrem Untersuchungsraum in der multimodalen Schnittstellen) werden im Kolleg Rhein-Main-Region als Wahrnehmungsraum nicht weiter thematisiert. untersucht. Sie beobachten, welche Siedlungselemente mit welcher Prägung aus Auch wird keine landschaftsplanerische Inte- der Perspektive des schnell fahrenden Autos gration der Bebauung gefordert, wie es Wright erkennbar sind, wo Strukturen, sowie räumlich in seinem Modell tat. Die Zwischenstadt lässt erlebbare Zusammenhänge und damit Ansätze an den Knotenpunkten und Abfahrten stärkere für eine städtebaulich-urbanistische Quali- Verdichtungen und stärker sichtbare Gebäude fizierung bestehen (Bölling/Christ | 2005: 83 zu. ff.). Am Beispiel der geplanten Anders als bei Wright sucht man in der Zwi- Regionaltangente West (RWT) zeigen sie in schenstadt-Debatte nicht nach neuen, auto- studentischen Entwürfen, wie der „von der orientierten Nutzungen, denen eine auf die RTW aufgespannte Raum interpretiert, lesbar Geschwindigkeit angepasste Form (Drive-In und damit als zusammengehörig begreifbar Architektur) gegeben werden soll. Die Wahr- gemacht werden kann” (Bölling/Christ2005: nehmungsperspektive des Autofahrers soll 249 ff.).164 Koch und Wall verweisen zum stattdessen genutzt werden, um eine „regionale Story“ erzählen zu können. Verkehrskorridore 164 Ansätze bieten hier die studentischen Arbeiten von Juliane haben die Aufgabe, die fragmentierten Orte der Naumann oder Ami K.I.Arnscheidt und Lennart Sobiecki, welche die Zwischenstadt zu einem urbanen Raum Bahnstrecke zur „Gesundheitsstrecke“ umgestalten, indem vorhandene Freizeitflächen an den Bahnhöfen zu vielschichtigen Sporteinrichtungen verknüpft werden (Bölling/Christ| 2005: 250 + 258).

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(Identitätsband) zu verknüpfen den Stadt, wird die Autobahn/Bahn in der (Bölling/Christ| 2005: 247 + 251). qualifizierten Zwischenstadt zum Teil der Stadt. Während Wright die Schnellstraßen als park- way nutzte, d.h. als Entree zur dahinter liegen-

[Wright] > In den Siedlungsbereichen des verdichteten [Ladenburger Kolleg] > Das Kolleg trifft keine Aussagen dazu, Bauens (Gewerbe + Einzelhandel) werden Landschafts- wie gewerblich genutzte Räume qualifiziert werden können. elemente genutzt, um einen verdichteten Gesamteindruck abzumildern. Abb.60 [Rolle der Landschaft an Verkehrknoten] Eigene Darstellung

[Wright] > Zur Gestaltung der Autobahn nutzte Wright vor [Ladenburger Kolleg] > Bereiche an Abfahrten (Knoten) allem Landschaftselemente, wie Bäume, Baumreihen und werden durch markante, deutlich sichtbare Gebäude in Szene Baumgruppen. Mittelstreifen wurden großzügig begrünt. Ab- gesetzt. Die grundsätzliche Gestaltung bzw. Möblierung des fahrten wurden durch einzeln sichtbare Gebäudeelemente Raums durch Verkehrsplanung (Schilder, Brücken, Leitplanken, dezent betont. Die Autobahn hat insgesamt den Charakter Lärmschutz) wird akzeptiert. Der Anspruch der Gesamt- eines parkways. Sie ist homogen und einheitlich gestaltet. gestaltung wird nicht verfolgt. Abb.61 [Gestaltung der Autobahnen und Straßen] Eigene Darstellung

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Umgang mit den Bauaufgaben des heit) weniger im Mittelpunkt stehen. „Entge- Alltags (Bauten für die Rasterstadt) gen der auf die private Zelle konzentrierten klassischen Vorortsiedlung erleben damit die Wie Wright mit der „Rasterstadt“ beschäftigt Begriffe Gemeinschaft, Community und Nach- sich auch das Kolleg unter dem Schlagwort barschaft eine neue Wertschätzung, versinn- „Monotonie“ mit den Orten des Alltags, d.h. bildlicht durch das starke Bild der Siedlung einfachen Bauaufgaben im Wohnungs und Ge- und einem deutlich akzentuierten öffentlichen werbebau (wenig Schulbau). Raum, dem sich das einzelne Haus unterzu- ordnen hat” (Bölling, Christ | 2005: 177) Durch „Adressen“ will das Entwurfsteam Bölling/Christ räumliche Identität über bild- Hier wird der Kontrast zu Wright besonders hafte, thematische, funktionale Anreicherun- deutlich, der gerade das Planen/Entwerfen gen schaffen. Die Strategie der „Adresse“ wird vom Einzelnen aus forderte. Mit siedlungs- schon heute von Projektentwicklern ange- spezifischen „Adressen“ oder „Themen“ zu wandt wird. „Adresse ist die heute am deut- arbeiten, die einige Nutzungs- oder Gestal- lichsten erkennbare Qualifizierungsstrategie tungsinteressen des Einzelnen einschränken in der Zwischenstadt” (Bölling, Christ | 2005: könnten, ist mit Wrights Prinzipien für or- 177). Sie nennen es „Trend der Thema- ganisches Bauen nicht in Einklang zu bringen. tisierung“ (Bölling, Christ | 2005: 149), d.h. So gibt es denn auch wenig Parallelen zwischen Projektentwickler bestimmen für eine Siedlung den Entwurfsstrategien von Bölling/Christ und ein verkaufsförderndes Thema oder Flair, denen von Wright. Nur bei Koch/Wall findet welches dann über Gestaltungssatzungen oder sich mit dem Projekt „KaiserRot“ von Kees Verträge gesichert wird. Dadurch würden Christianse und Ludger Hobestadt ein gemeinschaftliche Aspekte an Bedeutung ge- Entwurf, der sich in Analogie zu Wright mit winnen und der Einzelne und sein eigenes dem Thema Baufreiheit beschäftigt. Grundstück (seine Bau- und Entfaltungsfrei-

[Wright] > In frühen Siedlungsprojekten arbeitete Wright [Ladenburger Kolleg] > Eine städtebauliche Form (der Kreis) mit Formen. Der Kreis vervollständigt sich hier erst, wenn wird hier genutzt, um Siedlungsbereiche miteinander zu ver- man ihn zum Wasser hin spiegelt. Der gemeinsame Nenner binden. Das Gefühl der Einheit wird erzeugt, indem dem der Siedlung ist der Blick auf die Landschaft (See), der dann Wohngebiet ein prägendes Image gegeben wird, z.B. auch die bauliche Anordnung der Gebäude (alle mit Seeblick) „Gartenstadt“. Diesem Image müssen sich alle Gebäude bedingt. unterordnen. Dadurch entsteht eine gemeinsame Adresse. Abb.62 [Rasterstadt. Gestaltung durch Adressen] Eigene Darstellung

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[Wright] > Bei späteren Siedlungsbauprojekten verzichtete [KaiserRot] > Aus vorgegebenen Parametern in Bezug auf die Wright auf eine Ordnung des Raums durch die Anordnung Anzahl und Größe der Gebäude entwickeln Christiaanse und der Gebäude zueinander. Stattdessen entdeckt er die Hovestadt eine Software, die eine optimale Aufteilung der Parzellenform als Gestaltungsmittel. Ohne Regeln entsteht Grundstücke generiert. Das computergenerierte Optimum dennoch eine gestalterische Form. erzeugt aber in Bezug auf die Anordnung der Grundstücke und Lage der Gebäude keine gestalterische Form. Abb.63 [Baufreiheit als Gestaltungsinstrument] Eigene Darstellung

Anders als bei Wright wird durch die Projekt- da es sich im Kolleg meist um nicht realisierte auswahl im Kolleg der Aspekt der kosten- Projektvorschläge handelt, die sich nicht dem günstigen Qualifizierung nicht weiter vertieft, Druck realer Budgets stellen mussten.

Landschaft als Qualifizierungsaufgabe

Im Kolleg wurde diskutiert, in wie weit der Landschaftselemente (Beispiel See) oder Freiraum/die Landschaft als Ort der Eigenart besondere Landschaftsparks (Beispiel Zoo, und damit Ansatzpunkt für die Gestaltung an- Golfplatz) als Mittler zwischen dem Bebauten gesehen werden kann. Beide Autorenteams genutzt werden können. zeigen durch Entwurfsbeispiele, wie

[Wright] > Die Umgebung eines Sees wird behutsam be- [Ladenburger Kolleg] > Einzelne Gebiete werden über einen baut. Der See wird zum Bindeglied für die in die Landschaft imaginären See in Beziehung zueinander gesetzt. Der Saum der integrierten Gebäude. Der See ist bestimmend für den Siedlungsbereiche wird landschaftsplanerisch gestaltet. Der See Entwurf. ist nur eine fiktive Entwurfsstütze. Abb.64 [Landschaft als Mittler] Eigene Darstellung

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[Wright] > Als Mittler zwischen Siedlungsbereichen mit [Ladenburger Kolleg] > Um heterogene Siedlungsbereiche unterschiedlicher Prägung (organisch auf der einen und miteinander zu verbinden, wird ein Park oder Zoo verwendet. schachbrettartig strukturiert auf der anderen Seite) setzt Der Zoo dient als Mittler zwischen den Gebieten. In dieser Rolle Wright eine gebündelte Landschaft (Zoologischer Garten). werden auch flächenintensive Sporteinrichtungen (Golf) verwendet. Abb.65 [Künstliche Landschaften als Verbindungselement] Eigene Darstellung

Koch/Wall thematisieren in ihren Projekt- viel stärker der Beziehung von Gebäuden zur beispielen den sich auflösenden Dualismus Landschaft widmete. Den hohen Grad der Ver- zwischen Stadt und Land. schachtelung zwischen Gebautem und Frei- raum, den Wright vor allem mit seinen umge- Aber gerade im Vergleich zu Wright bleiben sie setzten Siedlungsbauprojekten unter Beweis dabei stärker dem Städtischen verhaftet. Ihre stellen konnte, erreichen die Beispiele des Entwurfsbeispiele entwickeln nicht die Radi- Entwurfsteams Koch/Wall nicht. Anders als kalität, Landschaft über die Prinzipien des bei Wright scheint es weniger um die totale Städtebaus (der gebauten Umwelt) zu setzen. Auflösung der Stadt in die Landschaft (totale Bei den Entwurfsbeispielen des Kollegs spielt Symbiose) zu gehen, sondern ihnen geht es die Beziehung der Gebäude zueinander immer eher um die Betonung und damit Aufrecht- auch eine wichtige Rolle, während Wright sich erhaltung eines spannungsreichen Kontrastes.

[Wright] > Gebäude und Straßen fügen sich vollkommen in [Ladenburger Kolleg] > In die offene Landschaft werden die Landschaft ein. Sie ergänzen und akzentuieren die Land- Siedlungsräume als Enklaven eingebettet. Die Dichte der schaft, lösen sich fast auf. Nur bedeutende Kulturbauwerke Siedlungsbausteine erzeugt eine an Klosteranlagen erinnernde bilden einen klaren Kontrast zur Landschaft. Form der Urbanität. Gebautes steht im spannungsreichen Kontrast zur Landschaft. Abb.66 [Einfügen von Gebäuden in die Landschaft] Eigene Darstellung

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Schaffung von Schnittstellen oder Tankstellen und andere Verkehrsknotenpunkte Plätzen in ihrer Bedeutung als Platz beschrieben werden. Doch das Kolleg vermeidet die Analogien gibt es auch zu Wrights Schnitt- Ausschließlichkeit von Wright. stellen, denn sowohl Bölling/Christals auch Koch/Wall stellen Entwürfe vor, bei denen die Umgang mit Stadt Funktion des Ortes als Treff- oder Kommuni- In Bezug auf den Umgang mit Stadt gibt es kationspunkt herausgearbeitet wurde. Sie stellen verschiedene Verkehrsknotenpunkte, einen starken Unterschied in der Haltung von wie Flughäfen, Bahnhöfe, Tankstellen vor. An Wright und dem Kolleg. Flughäfen und Tankstellen entstehen „viel- Gerade Bölling/Christ weisen mit ihren schichtige Verknüpfungspunkte zwischen Beispielen für Entwürfe im Wohnungsbau dar- lokaler, regionaler und globaler Ebene“. Der auf hin, dass bei der Qualifizierung von Wohn- Flughafen Rhein-Main wird mit Freizeitinfra- gebieten aus dem Bestand - dem genius loci strukturen angereichert, damit wird er auch für heraus - Konzepte entwickelt werden müssen. die Nicht-Flieger zum Treffpunkt und be- Es soll mit Referenzen gearbeitet werden und kommt für die wartenden Fluggäste mehr Auf- es soll versucht werden, Gestaltung auf die enthaltsqualität (Bölling/Christ 2005: 232- Gegebenheiten des Ortes zu beziehen. Für 244). Während Koch/Wall bestehende Tank- Bölling/Christ sind es vor allem die „aura- stellen als Orte der informellen Aneignung tischen Orten“, die „Monumente“ oder „narra- durch Jugendgruppen beschreiben, gestalten tiven Orte“, die Ansatzpunkte für die Gestal- Bölling/Christeine Autobahnraststätte im tung bieten. Hier erwähnen sie historische Sinne von Wright als Schnittstelle zwischen Siedlungen (Dorfkerne, Stadtkerne), histo- Geschwindigkeit und Landschaft. rische Straßen (Ochsenweg, Hellweg) oder mo- numentale Bauwerke einer abgeschlossen Die Arbeiten des Kollegs entwickeln nicht die Radikalität von Wright. Während Wright in Kulturepoche (Industriearchitektur oder seinem Modell keinen klassischen städtischen Ernst-Mai-Siedlung). Aber auch Headquarter großer/global agierender Firmen können als Platz - d.h. einen durch Raumkanten klar gefassten öffentlichen Raum - ausweist, Monument verstanden werden. Für schaffen vor allem Bölling und Christ in ihren Bölling/Christ sind Bedeutungsorte vor allem die Orte, an denen sich „neue Hierarchien“ Arbeiten auch klassische Plätze etwa wenn in einem Entwurf entlang einer Regionalbahn- bilden, die das „Potenzial zur Bildung neuer strecke eine „Perlenkette“ markanter „Plätze Kerne in der Zwischenstadt in sich tragen“ (Bölling/Christ | 2005: 142). der Region“ vorgeschlagen wird (Bölling/Christ | 2005: 244). Wright negierte Temporäres, Informelles, Zwischennut- in Broadacres die Vorstellung, dass auch zungen städtische Plätze im suburbanen Raum zu Orten des gesellschaftlichen Austausches Auch die Auseinandersetzung des Kollegs mit werden. In seinem Modell zeigte er, dass dem Thema Zwischennutzung, Umwertung, stattdessen im Freiraum (offene Landschaft) Umdeutung und die Einbindung von Kunst in oder an den neuartigen Verkehrs- die Qualifizierungsaufgabe ist im Vergleich zu knotenpunkten (Flughäfen, Tankstellen) Wright neu. Keime für die Gestaltung des öffentlichen Raums als Kommunikationsraum entstehen. Wright sah für seine Broadacre City die Not- Zwar folgt auch das Kolleg dieser Idee, wenn wendigkeit, Raum für saisonale Marktplätze

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oder Wandermessen (für Messen, Sonder- märkte etc.) anzubieten165. Aufgabe der Pla- nung und Gestaltung war es, Raum und Gestalt für diese nicht-stationären Nutzungen zu bie- ten. In der Zwischenstadt dagegen sind es vor allem kulturelle und subkulturelle Nutzungen, die temporäre Bau- und Nutzungsflächen be- nötigen. Der Begriff temporär ist in der Zwi- schenstadt dabei stärker mit den Begriffen in- formell und Aneignung verbunden, ein Aspekt, der bei Wright keine Rolle spielte.

Zwar beschreiben die Autoren diese informel- len Strategien der Bewohner und weisen da- raufhin, dass diese freien Aneignungsräume weiterhin planerisch unregelmentiert bleiben soll. Es ist keine Aufgabe für Planung und Städtebau, diese Möglichkeiten für temporäre Bau- und Aneignungsformen vorzubereiten, zu lenken oder gar zu gestalten. Vielmehr müsse die „Ästhetik der Unordnung“ akzeptiert wer- den. Die Fähigkeit der Jugendkulturen, auf informelle Weise „öffentlichen Raum“ in die Zwischenstadt zu schaffen, solle als Qualität anerkannt werden (Bormann, Koch | 2005: 59). Eine gestalterische Qualifizierung oder Unterstützung bei diesen Prozessen ist aus Sicht der Autoren nicht notwendig.

165 In der Broadacre City, die in ihrem Nutzungsspektrum auf Kultur und Freizeit ausgerichtet war, brauchte man keine zusätzlichen temporären Orte für Freizeiteinrichtungen und kulturelle Veranstaltungen, weil für dieses Bedürfnis genug Räume zur Verfügung standen.

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Zeichnerische Darstellung des hypothetischen Modells

Alle ermittelten Angaben können nun auf eine Modellzeichnung übertragen werden:

Abb.67 [Lageplan hypothetisches Modell der Zwischenstadt] Die Raum- und Gestaltungshinweise aus der Debatte der Zwischenstadt wurden auf einen in der Grundstruktur an Broadacre City angepassten Plan übertragen. Eigene Darstellung

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4.3.2. Vergleich der Modelle

Das hypotetische Modell kann nun mit der Modellzeichnung von Broadacre City verglichen werden.

Abb.20 [Lageplan Broadacre] Eigene Darstellung

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Innerhalb des Kolleg ist eine „Arbeitsteilung“ eine harmonische Einheit bildeten, besteht das erkennbar: Während Böllling/Christ ihren hypothetische Modell aus einzelnen für sich Schwerpunkt auf die Suche nach Orte für die gestalteten Orten, die in keinem klaren räum- urbane Nachverdichtung legen (Thema der lichen Bezug zueinanderstehen. Einzelne Teil- Europäischen Stadt), sucht das Entwurfsteam bereiche sind zwar gestaltet, aber ein Gesamt- Koch/Wall nach „neuen“ Strategien. gestaltungsansatz ist nicht erkennbar.

Beiden Entwurfsteams gelingt es aber nicht, Wright hatte in seinem Modell durch eine viel- die unterschiedlichen, sich teils widersprech- schichte Straßenraumgestaltung und Frei- enden Entwurfsansätze in eine Synthese zu raumgestaltung für eine stadträumliche Ein- bringen. So kommt es insgesamt zu einem eher heit gesorgt. In der Zwischenstadt-Debatte unstrukturiert wirkenden „Repertoire-Samp- wurden diese Themen zwar benannt, aber es ling“. wurden dann keine Praxisbeispiele aufgeführt. Somit bleiben die Straßenräume im hypothe- Und so wirkt auch das hypothetische Modell tischen Modell ungestaltet. der Zwischenstadt im Direktvergleich mit Broadacre City unstrukturierter. Während bei Wright die verschiedenen Modellbestandteile

[Wright] > [ Zwischenstadt ] >

Abb.68 [Vergleich: Prototypische Siedlungsräume] Die Zwischenstadt legt einen klaren Schwerpunkt auf dichte Stadträume (historische Orte und Zentren). Auch wird in der Zwischenstadt-Debatte klarer zwischen Stadt- und Landschaftsraum unterschieden. Der Dualismus Stadt–Land ist klarer erkennbar. Eigene Darstellung

In beiden Modellen sind Wohnstandorte der differenziert und nicht nur Einfamilienhäuser Mittelschicht („Rasterstadt“) von besonderer und Apartments beschreibt. Anders als bei Bedeutung, wobei die Zwischenstadt stärker Wright haben die Schul- und Bildungsein-

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richtungen in der Zwischenstadt keine so zen- tend betrachtet werden. In der Parkstadt der trale Stellung. Broadacre City gab es ein starkes Wechselspiel zwischen reiner Natur und bebautem Raum. Die Zwischenstadt ist stärker auf einen histo- Dieses Thema fehlt in der Zwischenstadt fast rischen Stadtkern ausgerichtet. Sie enthält vollständig. Der Freiraum bleibt in der auch dichte, kompakte Siedlungsbereiche. Zwischenstadt unbebaut. Lediglich durch Dafür fehlt in der Zwischenstadt die „Park- temporäre Sportereignisse oder Festivals stadt“, Wrights exklusivster Siedlungsraum. Es kommt es hier zu einer kurzen Nutzungs- scheint, dass es keine hochwertigen oder gar überlagerung, ohne dass diese temporären exklusiven Wohngebiete in der Zwischenstadt Bauten oder Ereignisse für stadtgestalterische gibt bzw. die hochwertigen Gebiete in Bezug Zwecke genutzt werden könnten. auf Qualifizierungsaufgaben als nicht bedeu-

Abb.69 [Rolle der Freiräume in der Zwischenstadt] Die starke Verzahnung zwischen bebautem und unbebautem Raum gibt es in der Zwischenstadt nicht. Trotzdem hat auch hier der Freiraum eine besondere Stellung: Immer dort, wo sich Übergänge zwischen bebautem Raum und Freiraum bilden (Ränder), soll der Freiraum zur Qualifizierung genutzt werden. Diese Rolle als Mittler übernehmen in den Entwürfen der Zwischenstadt-Debatte oft Sportflächen (Golfplatz), zoologische Gärten oder Brachen. Der harmonische Gesamteindruck, den Broadacres bot, kann hier nicht erreicht werden. Eigene Darstellung

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4.4. Zusammenfassung Vergleich

Tab.25 [Gesamtvergleich Broadacre City - Zwischenstadt] Broadacre City Zwischenstadt Allgemein Entstanden aus einer Notsituation Entstanden in den 90er Jahren (Weltwirtschaftskrise) Zweifel an Wirkungskraft der Planung Moderne: komprehensive Planung Zweite Moderne: perspektivischer Inkrementalismus Stadt als Tumor Liebe zur Stadt, aber Zweifel, ob die Stadt weiterhin Stadt soll aufgelöst werden die einzig gültige Siedlungsform in Europa sein kann Rahmenbedingungen Uneingeschränkter Fortschrittsglaube Verhaltener Fortschrittsglaube Determinanten des Stadtwachstums: Auto, Determinanten des Stadtwachstums: Auto, Telefon Telefon, Flugzeug (Computer) Tendenz: Suburbanisierung Tendenz: Suburbanisierung, Counterurbanisierung Schrumpfung Ziele/Strategien Freie demokratische Stadt (aristoi) Pluralisitisch demokratische Stadt Dezentralisation Nachhaltigkeit Re-Integration Netzmodell Organisches Bauen Para-Ästhetik Qualitätskriterien Weite Dichte, leichte Urbanität Loser gleichwertiger Verbund Kerne + Knoten Mischung auf Parzellenebene Mischung auf Siedlungsebene Maßstab Auto ----- Zentrale Stellung der Landschaft Landschaft als Qualifizierungselemente bedeutend

Natur als frontier Die Brache, der Bruch als new frontier Raumstruktur Förderung gleichwertiger Siedlungsräume, wenig Alte Stadtkerne erhalten, Betonung und Verdichtung Zentralität, an Knotenpunkten (Flughäfen, Autobahnkreuze, Städtebau nutzen, um Zentralitäten visuell Bahnhöfe) abzupuffern und Bezüge untereinander Städtebau nutzen, um Knoten zu betonen und herzustellen „auratische Kerne" zu schaffen Gestaltungsansatz Schaffung einer vollkommen neu gestalteten Umdeuten, Neudeuten des Vorhandenen, Stadtlandschaft als Symbiose aus Stadt und Land Ränder/Übergänge qualifizieren; Aufzeigen von Schaffung von Ordnung durch räumliche zufälligen Schönheiten Harmonie Schaffung von Ordnung durch neue Bilder = hoher gestalterischer Eingriff = vorsichtiger gestalterischer Eingriff, Kunst Form Städtebau erzeugt eine an Natur und Landschaft Man kann im Städtebau auch auf den Anspruch angelehnte (organische) Form, die als Einheit verzichten, Form zu schaffen. erlebbar wird. Umsetzungsvoraus- Interdisziplinäre Zusammenarbeit Interdisziplinäre Zusammenarbeit setzung Klärung der Bodenfrage Partizipative Strategien Abschaffung des spekulativen Bodenmarktes Perspektive Erreichung eines Idealzustandes Verbesserung eines bisher nicht idealen Zustands

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Nun wird klar, dass Wright die aus der Diskus- sion um die Zwischenstadt abgeleiteten Kernfragen der Gestaltung teils ähnlich, teils anders beantworten würde:

Räumliche Einheit

Wright schuf eine räumliche Einheit, indem er mit einem umfassenden Gestaltungsvokabular fast alle Siedlungsräume neu entwarf. ... hat sich die Zwischenstadt-Debatte von solch hohen Räumliche Einheit, so könnte man Wright zu- Zielen der Gestaltung verabschiedet. Lediglich in der Frei- sammenfassen, lässt sich nur durch eine star- raumgestaltung wird eine Möglichkeit gesehen, nach- ke, umfassende und vorausschauende städte- träglich eine Einheit zu schaffen. bauliche Gestaltung verwirklichen, deren Abb.70 [Offene Ziele] zentraler Fokus der Umgang mit Freiräumen Eigene Darstellung und das Verhältnis zwischen Natur, Landschaft und bebautem Raum ist. Symbiose zwischen Stadt und Land Im Bewusstsein dessen, dass es schwer sein wird, alle sektoralen Planungs- und Ge- Im Laufe der Zeit hatte Wright vor allem die staltungsinstrumente zu bündeln, beantwortet Landschaftsgestaltung als Element des Städte- die heutige Zwischenstadt-Debatte den baus genutzt. Wright hatte mit Broadacres Wunsch nach räumlicher Einheit anders. Im verschiedene Grade der Verzahnung zwischen gewissen Sinne machen die Akteure der Zwi- Stadt und Freiraum skizziert: Von stark durch- schenstadt hier einen verzweifelt-mutigen grünten, aber dennoch dichten Räumen bis hin Schritt nach vorn. Weil eine umfassende zu offenen Landschaftsräumen, die von Einheit (Schönheit oder Harmonie des Stadt- einzelnen Gebäuden akzentuiert werden. Er raums) nicht mehr erreicht werden kann, for- entwickelte ein hohes Maß an gestalterischer dern sie, den eigenen Blick auf das, was als Virtuosität, um Gebäude und Siedlungen mit schön oder harmonisch empfunden wird, zu der Landschaft zu verzahnen. hinterfragen. Ist ein vollkommen als Einheit erlebbarer Siedlungsraum ohne Brüche und Im Ladenburger Kolleg wird mehr darüber Widersprüche tatsächlich erstrebenswert? diskutiert, dass vorhandene Übergangszonen als Saum/Rand qualifiziert werden könnten. Es wird nicht mehr nach einer wirklichen Ver- schmelzung zwischen Stadt und Landschaft gesucht. Man beschränkt sich darauf, Über- gangsbereiche (Ränder) zu erhalten und zu qualifizieren.

Dichte oder Weite, Mischung oder Funktionstrennung? Während Wright die Vorstellung hatte, alle sektoralen Planungs- und Gestaltungselement der verschiedenen Die Stadtlandschaft ist ein von Mischnutzung Fachdisziplinen zu bündeln, um einen harmonischen, als geprägter Siedlungsraum. Darin sind sich Einheit erlebbaren Stadtraum zu schaffen...

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Wright und die Zwischenstadt-Debatte einig. und der Gesellschaft wäre, setzte er sich In Bezug auf die Frage der Dichte bestehen letztendlich dafür ein, die „Zügel“ des Städte- aber Unterschiede. Die Zwischenstadt-Debatte baus stetig zu lockern, um den Menschen will - soweit es geht - Dichte erhalten; Wright immer mehr Freiheiten zu lassen. Die Akteure wollte - so weit wie möglich - Weite neu der Zwischenstadt-Debatte haben die Er- erzeugen. Beide lassen letztendlich unter- fahrung gemacht, dass Städtebau viel wenig schiedliche Dichtegrade zu. Wirkung (Macht) hat. Sie fordern nun aber nicht mehr Kompetenz (Macht) für den Grenzen der Gestaltung Städtebau. Vielmehr gehen auch sie davon aus, dass es besser ist, den Menschen viele Auch wenn Wright glaubte, dass Städtebau ein Freiräume beim Bauen zu lassen. starkes Instrumente zur Formung des Raums

Abb.71 [Ausgangslage, Ideal und Ziel] Wright wollte den Prozess der Dezentralisation nutzen, um einen neuartigen Stadtraum zu schaffen, der aus einer fast totalen Symbiose aus Stadt und Land bestand. Darin lag für Wright das Ideal und er setzte sich die Erreichung dieses Idealzustandes zum Ziel. Die Akteure der Zwischenstadt-Debatte stehen vor der Aufgabe, einen nun bestehenden Siedlungsraum nachträglich zu qualifizieren. Aber auch wenn die Qualifizierung durchgeführt worden ist, entsteht kein Ideal. Das Ideal bleibt die dichte, europäische Stadt. Man versucht also nicht mehr, einen Idealzustand zu erreichen, sondern einen vorhandenen Zustand zu verbessern. Eigene Darstellung

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Kapitel 5.

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Rückschlüsse, Fazit

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5. Rückschlüsse, Fazit

Das Modell der Broadacre City kann für die anstehende Aufgabe der Qualifizierung der Zwischenstadt in zweierlei Hinsicht genutzt werden: Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Aussagen der Broadacre City den aktuellen Überlegungen der Zwischenstadt-Debatte gegenübergestellt. Der Vergleich mit Wright hilft, die Zwischenstadt-Debatte zu schärfen. Hieraus können Hinweise für die weitere Zwischenstadt-Forschung und -Debatte gegeben werden. Für die Praxis können aus dem Vergleich von Broadacres und der Zwischenstadt erste Anregungen für den Städtebau abgeleitet werden. Das abschließende Kapitel ist daher wie folgt gegliedert:

5.1. Empfehlungen für die weitere Hier wird dargestellt, welche Empfehlungen für die Forschung weitere stadttheoretische Grundlagenforschung, für die empirische und phänomenologische Raum- und Prozessbeobachtungen und Anwendungsforschung aus dem Vergleich abgeleitet werden können. 5.2. Erste Anregungen für die Im Sinne eines Zwischenstandes werden erste gestaltende Praxis Anregungen für die Gestaltungspraxis formuliert. 5.3. Schlussbemerkungen, Ausblick Die Arbeit endet mit einem Ausblick. Welche Erkenntnisse konnten aus der Arbeit gewonnen werden. Was ist in Zukunft zu tun?

Abb.72 [Rückschlüsse] Eigene Darstellung

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5.1. Empfehlungen für die weitere Forschung

Abb.73 [Weitere Forschungsprozess] Eigene Darstellung

Die oben dargestellte Grafik verdeutlicht, wie Grundlagenforschung aus den Erfahrungen ein weiterer Forschungs- prozess für die Qualifizierung der Die Arbeit hat gezeigt, dass vorhandene Mo- Zwischenstadt aufgebaut werden könnte. delle zur Gestaltung der Stadtlandschaft we- Dabei lassen sich Aufgabenbereiche für sentliche Impulse für die Qualifizierung in der Zwischenstadt liefern können. Daher wird > Grundlagenforschung (in der Grafik hellgrün dargestellt) empfohlen, weitere Modelle der Moderne und Postmoderne auszuwerten, um so einen fun- > Empirische und phänomenologische dierten historischen Strategiekatalog zu er- Raum- und Prozessbeobachtungen halten. Die historische Auswertung sollte dabei (graugrün) und mit dazu beitragen, dass die bisherige Dis- > Anwendungsforschung (grün) kussion zur Zwischenstadt von der Darstellung unterscheiden: der möglichen Bandbreite der Aufgaben und

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Strategien in eine Diskussion um die Priori- Kosten berücksichtigen! sierung der Aufgaben gelenkt wird. > Durch die Auswertung der Baupraxis muss ermittelt werden, wie eine baukulturelle Zu vielen Modellen der Moderne und Postmo- Qualifizierung kostengünstig durchgeführt derne ist bereits ein Fundus an wissenschaft- werden kann. Ähnlich wie Wright es in lich auswertbaren Materialen zusammenge- seinen Bauprojekten getan hat, muss tragen worden (Fishman | 1977 , Eaton | 2001). bewiesen werden, wie Kosten gespart und gleichzeitig qualifiziert werden kann. Doch es steht noch aus, die alten Modelle – ähnlich wie in dieser Arbeit geschehen – in den Zusammenhang zur anstehenden Qualifi- Anwendungsforschung zierungsaufgabe zu setzen. Der Zwischenstadt-Debatte fehlt bisher eine Schaffung eines Doktorantenkollegs zur zielgerichtete Kommunikationsstrategie. Und Modellauswertung ein Modell!

> Ein interdisziplinär besetztes Doktoranten- Work in progress Charakter vermeiden! kolleg schafft eine einfache und kostengünstige Möglichkeit, vorhandene > Broadacres war bei seiner ersten Veröffent- Forschungsmaterialen zu alten lichung nicht mehr als eine vage Idee und Entwurfsmodellen für die Zwischenstadt- These, die Wright erst im Laufe der Zeit Debatte neu auszuwerten. Wichtig ist der vertiefte und zu einem Konzept ausbaute. frühzeitige und kontinuierliche Austausch Dieser work in progress Charakter führte der Ergebnisse untereinander, so dass eine zu Verwirrungen und wurde von Kritikern Gesamtauswertung der Modelle möglich ist als konzeptionelle Schwäche ausgelegt. In und ein vollständiger historischer Stra- der Kommunikation nach Außen sollte in tegiekatalog entsteht, der durch kom- der Debatte um die Zwischenstadt daher patibel gehaltene Methoden der Evalu- stärker darauf geachtet werden, dass ierung auch priorisiert werden kann. Ergebnisse von Diskussionen und Forschungen eindeutiger und abge- stimmter vermittelt werden. Raum- und Prozessbeobachtung Ein großes Entwurfsmodell bauen! Parallel zur historischen Modellauswertung > Erst durch das Modell wurden Wrights sind weitere Beobachtungen von räumlichen städtebauliche Überlegungen verständlich. Trends, Phänomenen und Rahmenbedin- Ein Modell ist für die Fachwelt ein gutes gungen der Gestaltung wichtig. Diese Beob- Kommunikationsmedium, denn es ist klar, achtungen helfen, den historischen Strategie- einprägsam und verständlich. Der Zwischenstadt-Debatte fehlt bisher ein katalog auf heutige Raumbedürfnisse der Ge- großes Entwurfsmodell. Aus dem hier sellschaft anzupassen. Forschungsarbeiten entwickelten hypothetischen Modell muss müssen sich den Wohnwünschen und Raum- ein Entwurfsmodell erarbeitet werden, ansprüchen der Nutzer, dem neuen Freizeit- dass über alle Orte und Gestaltungs- aufgaben in der Zwischenstadt informiert und Mobilitätsverhalten und den digitalen und Orte nachvollziehbar in Beziehung Erlebnis- und Arbeitswelten widmen. zueinander setzt.

Auf der anderen Seite müssen Rahmenbedin- Auf keinen Fall viele kleine unabgestimmte Modelle für gungen für die Umsetzung besser erforscht diverse Einzelthemen anbieten! werden, d.h. es muss aus der bisherigen Ge- > Viele kleine Modelle zu diversen staltungspraxis abgeleitet werden, welche Ge- Einzelthemen und Orten würden die staltungsstrategien erfolgreich sind und in Zersplitterung der aktuellen Debatte nur welchen Bereichen der Einfluss der Gestalter weiter vorantreiben und wären kontraproduktiv. aus welchen Gründen bisher gering war/ist.

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Kommunikationsmedien für Nicht-Gestalter anbieten! eine leichter verständliche Form der Kommunikation angeboten werden > Da Entwurfsmodelle oft nicht verstanden (Handbücher). Handbücher sind aber nicht oder unterschätzt werden, muss für die für die Diskussion innerhalb der Kommunikation mit Nicht-Städtebauern Fachdebatte geeignet. (Planung, Politik, Wirtschaft, Bewohner)

5.2. Anregungen für die gestaltende Praxis

Durch die Einordnung ist vor allem klar Die folgenden Anregungen dokumentieren geworden, dass die Arbeit an der Zwischen- demnach nur einen ersten Zwischenstand. stadt-Debatte weiter gehen muss. Es wäre Deutlich wird, dass man sich auf verschie- einseitig, allein aus einem Vergleich zwischen denen Ebenen mit der Qualifizierung der Wright und der Zwischenstadt-Debatte allge- Zwischenstadt beschäftigen muss. Die meingültige Empfehlungen ableiten zu wollen. Anregungen sind demnach wie folgt gegliedert: Erst wenn auch andere Modelle der Moderne neu eingeordnet worden sind und der dann > Anregungen für die Stadtplanung auf historische Zielkatalog auf die heutigen Bundesebene Rahmenbedingungen und Situationen ange- passt worden ist, können wirkliche Empfeh- > Anregungen für die Regionalplanung lungen ausgesprochen werden. > Anregung für den Städtebau vor Ort

können. Sonst kann der Zwischenstadt- Anregungen für die Stadtplanung auf Debatte nicht der Schritt von der Diskurs- Bundesebene in die Umsetzungsebene gelingen.

Wright deutete an, dass bestimmte Aufgaben Höchstmögliche, aber nicht unmögliche Ziele verfolgen! der Gestaltung nur von einer übergeordneten > Um städtebauliche Gestaltung als tatsäch- Institution (county architect) umgesetzt wer- lich gesellschaftspolitisches Instrument den können. Die Zwischenstadt-Debatte orga- einsetzen zu können, muss genauer definiert werden, durch welche baulichen nisiert sich bisher eher in informellen Netzen. Maßnahmen oder Planungsprozesse Ziele Sie fordert keine Stärkung von Kompetenzen erreicht werden. Es muss stärker zwischen und Unterstützung für die Vertiefung und möglichen und unmöglichen Zielen bei der Umsetzung ihrer Themen. Das ist ein Fehler. Gestaltung unterschieden werden. Mögliche Ziele müssen als solche klar Zwischenstadtgestaltung ist Bundesaufgabe! benannt und in Angriff genommen werden. Unmögliche Ziele müssen verworfen > Die Zwischenstadt-Debatte bleibt macht- werden. Für Ziele, die bisher nicht um- los, wenn sie nicht die Kompetenzen und gesetzt werden können, weil dafür Fähigkeiten der Bundesebene einfordert. Reformen oder gesetzliche, institutionelle Der Bund muss sich des Themas an- oder ökonomische Veränderungen notwen- nehmen und entsprechende Forschungs- dig sind, muss der Bund die notwendigen sowie Förderprogramme für die Stadt- gesetzlichen Änderungen schaffen. entwicklung aufsetzen, um die auf lokaler

oder regionaler Ebene schwierigen, weil übergeordneten Themen (Verkehr, Aufgabenfelder priorisieren! Freiraum etc.) in Angriff nehmen zu

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> Um sich in der Vielschichtigkeit und Anregungen für die Regionalplanung Komplexität der Aufgaben nicht zu verlieren, müssen Aufgaben priorisiert Die Gestaltung bzw. Qualifizierung des werden. Beginnt man mit den Orten: suburbanen Raums kann nur erreicht werden, > an denen die Qualifizierung besonders einfach wenn über Fach- und Verwaltungsgrenzen machbar ist? hinaus zusammengearbeitet wird. > die besonders auffällig, einprägsam und markant sind? Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit > an denen eine besonders gute Wirkung erzielt zwischen Stadt- und Verkehrsplanung! werden kann, wo zu erwarten ist, dass die > Verkehrsräume übernehmen oft auch Maßnahmen auch positive Auswirkungen auf die noch nicht qualifizierten Gebiete haben wichtige Aufgaben im Stadtraum. Die (Sogwirkung)? städtebaulichen Effekte müssen in der Verkehrsplanung stärker berücksichtigt Keine dogmatischen Leitbilder verfolgen! werden. Ebenso müssen Stadtplaner stärker die Wechselverhältnisse zwischen > Ein für alle Siedlungsräume zur selben Zeit Verkehrs- und Stadtraum erkennen und gleichermaßen gültiges Leitbild ist ein mit ihren Instrumenten zum Schutz der störendes Dogma. Der Bund, die Länder angrenzenden Bebauung (passiver und die Kommunen müssen sich von der Lärmschutz) und zur Entwicklung von Vorstellung lösen, ihren gesamten Ad- Flächen mit positiven Optionen (Knoten) ministrationsraum durch nur ein pla- beitragen. nerisches Leitbild (Europäische Stadt oder Zwischenstadt) gestalten zu können. Es Stärkung der interdisziplinären Zusammenarbeit gibt in jeder Kommune Orte, die besser mit zwischen Stadt- und Landschaftsplanung dem Leitbild der Europäischen Stadt quali- fiziert werden können. Ebenso gibt es Orte, > Um suburban geprägte Räume qualifi- die sich besser aus den Leitmodellen der zieren zu können, benötigt man einen Moderne oder der Zwischenstadt qualifi- erweiterten Gestaltungsbegriff. Land- zieren lassen. schaftsarchitektonische Gestaltungsmittel müssen in den Städtebau mit einbezogen werden. In der Zwischenstadt sollte nicht mehr zwischen Landschaftsgestaltung und Stadtgestaltung unterschieden werden.

Anregung für den Städtebau vor Ort

Die nachfolgende Tabelle zeigt, mit welchen Entwurfsaufgaben sich die Architekten, Verkehrsplaner, Stadt- und Landschaftsplaner in der Zwischenstadt stärker beschäftigen sollten. Die Tabelle zeigt aber auch, welche Themen und Gestaltungsansätze aus den hier ermittelten Erfahrungen durch den Vergleich nicht weiter vertieft werden sollten.

Tab.26 [Priorisierte Entwurfsaufgaben für die Zwischenstadt] Summe Entwurfsaufgabe ntwurf Priorisierung Umsetzung Umsetzung Thema E Landschaft und Stadt verschmelzen Wright ≤ ≤ ≤ 4 vertiefen Zwischenstadt ≤ ≤ ≤

Räume für die Auseinandersetzung mit dem Wright ≤ ≤ ≤ nicht codierten Raum (Natur/Wildnis) 4 vertiefen schaffen. (frontier) Zwischenstadt ≤ ≤ ≤

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Mehr Orte und Gebäude für kulturelle Wright ≤ ≤ ≤ Nutzungen und Orte für den geistigen 3,5 vertiefen Zwischenstadt ≤ ≤ ≤ Austausch der Menschen schaffen

Landschaft und Gebäude verschmelzen Wright ≤ ≤ ≤ 3 vertiefen Zwischenstadt ≤ ≤ ≤

Kostengünstig + individuell bauen Wright ≤ ≤ ≤ 3 vertiefen Zwischenstadt ≤ ≤ ≤

Dem Einzelnen möglichst viel Baufreiheiten Wright ≤ ≤ ≤ auf dem privaten Grundstück einräumen und 3 vertiefen durch einen subtilen Städtebau für Harmonie Zwischenstadt ≤ ≤ ≤ sorgen

Öffentliche Gebäude, vor allem Kulturbauten Wright ≤ ≤ ≤ im Stadtraum besonders betonen und als 2,5 prüfen Zwischenstadt ≤ ≤ ≤ Solitäre und landmarks entwerfen

Straßen als lineare Parks und zur Wright ≤ ≤ ≤ Inszenierung des Stadtraums nutzen. 2 prüfen Gestalterische Aspekte bei der Zwischenstadt ≤ ≤ ≤ Straßenplanung stärker berücksichtigen

Gebäude als passiven Lärmschutz nutzen Wright ≤ ≤ ≤ 1,5 prüfen Zwischenstadt ≤ ≤ ≤

Vorhandene Landschaften ästhetisch durch Wright ≤ ≤ ≤ bauliche Elemente optimieren, Landschaft 1,5 prüfen ≤ ≤ ≤ inszenieren Zwischenstadt

Beobachtung informeller Aneignungs- Wright ≤ ≤ ≤ strategien durch die Bewohner, Zulassen von 1,5 prüfen ≤ ≤ ≤ Unerwartetem Zwischenstadt

Verbindung agrarischer und städtischer Wright ≤ ≤ ≤ Lebensweisen 1,5 prüfen Zwischenstadt ≤ ≤ ≤

Urbanität durch die Nachverdichtung und Wright ≤ ≤ ≤ eine am bebauten Raum orientierte O,5 aufgeben Zwischenstadt ≤ ≤ ≤ Raumbildung schafffen

Die Para-Asthetik des suburbanen Raums Wright ≤ ≤ ≤ 1 aufgeben akzeptieren Zwischenstadt ≤ ≤ ≤ Legende ≤ = Es gibt eine Auseinandersetzung mit der Aufgabe ≤ = Es gibt in Teilen eine Auseinandersetzung mit der Aufgabe ≤ = Es gibt bisher keine Auseinandersetzung mit der Aufgabe

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5.3. Schlussbemerkungen, Ausblick

Wie gestaltet man den suburbanen Raum? Wie kann man vorhandene Zwischenstädte nachträglich qualifizieren? Wie kann man dafür sorgen, dass bei Stadterweiterungen im suburbanen Raum in Zukunft auf mehr räumliche Qualität geachtet wird?

Obwohl Frank Lloyd Wright und Thomas Rahmenbedingungen für eine hinreichend Sieverts zwei unterschiedlichen Planungs- leistungsstarke Umsetzung schafft. epochen zuzuordnen sind, kommen beide in Die deutsche Zwischenstadt-Debatte agiert Bezug auf die Gestaltung bzw. Qualifizierung und diskutiert derzeit eher introvertiert. Keiner von suburbanen Räumen auf einen gemein- der zentralen Akteure der Debatte fordert die samen Nenner: Der Schlüssel zur Gestaltung politische Ebene ein. Gerade aber dadurch bzw. Qualifizierung liegt im Umgang mit den läuft man Gefahr, einen Fehler von Wright zu Freiräumen. Ebenso ist die raumstrukturelle wiederholen, der sich zu wenig mit Fragen der und ästhetische Wirkung von Verkehrsbau- Umsetzung beschäftigt hatte. werken und Verkehrsknoten von großer Be- deutung. Kann man von Wright lernen?

Wenn also mehr Sorgfalt in die Lage und Ge- Wright inspiriert, an die Qualifizierungsauf- staltung der Freiräume gelegt und wenn stär- gaben in der Zwischenstadt mit mehr visio- ker für eine ästhetische Aufwertung der närem Mut heranzugehen, denn in der Straßen- und Verkehrsräume gesorgt wird, Zwischenstadt schlummert ein großes Ideal. dann wäre ein großer Schritt zur Qualifizierung Das Ideal vom Leben und Arbeiten an einer der Zwischenstadt getan. Es bedarf baukul- symbiotischen Schnittstelle zwischen Stadt turell geschulter Verkehrsplaner und Frei- und Land. Diese visionäre Kraft der Moderne raumplaner, die sich mit dem Menschen und sollte wiederentdeckt werden – auch durch die seinem Verhältnis zur Natur beschäftigen und Auswertung weiterer Modelle. sich trauen, die Grenze zwischen Innen- und Außenbereich, unbebaubaren und bebaubaren Um diese Idee dann auf den heutigen Raum Flächen aufzuheben. übertragen zu können, braucht man ein (1!) großes inspirierendes Entwurfsmodell. Ebenso Wieso aber gibt es gerade für diese Aufgaben- braucht man ein praktisches Pilotvorhaben. bereiche so wenig gute Gestaltungsbeispiele und fast keine Entwurfsmodelle? Wieso Um die Debatte zur Zwischenstadt fortführen werden Straßen/Autobahnen nicht auch nach und vertiefen zu können, ist ein großer städte- gestalterischen Kriterien entworfen? baulicher Realisierungswettbewerb notwendig, der dazu aufruft, eine autarke und gleichzeitig Beide Aufgaben sind schwierig. Für beide global vernetzte weitläufige Stadtlandschaft Aufgaben sind fachübergreifende Koope- aus dem Bestand heraus zu entwickeln. Ein rationen und neue Kompetenzverteilungen geeignetes Instrument zur Schaffung realer nötig. Beide Aufgaben können nur umgesetzt Visionen wäre eine IBA Zwischenstadt. Diese werden, wenn die Politik die entsprechenden Bauaustellung könnte Impulse für die Zukunft urbaner Stadtlandschaften liefern –weit über

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ihre unmittelbaren Schauplätze hinaus. Als Durchmischung in Gewerbegebieten, viele Untersuchungsraum bietet sich der zersiedelte kulturelle Einrichtungen und viel (zu viel Raum zwischen Leipzig und Halle oder das unqualifiziertes) Grün. Ruhrgebiet an. Alle diese Raumelemente warten darauf, nicht Das Ruhrgebiet bietet fast alle raumstruk- bloß umgedeutet, sondern wirklich qualifiziert turellen Voraussetzungen: Viele Verkehrs- zu werden. räume, aufgelockerte Bebauung, beginnende

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Anhang

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⎮ Anhang

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Glossar

In der Stadtplanung und im Städtebau werden Begriffe oft mehrdeutig genutzt. Das Glossar dient dazu, Kernbegriffe dieser Arbeit kurz vorzustellen. Hier sollen keine allgemeingültigen Definitionen vorgestellt werden, sondern auf der Basis von Definitionen aus der Stadtforschung, in Klammern als Literaturhinweis dargestellt, wird erläutert, auf welche Bedeutung die Begriffe im Rahmen dieser Arbeit eingrenzt wurden oder ob keine Eingrenzung stattfand. Die Begriffe sind alphabetisch sortiert. Innerhalb des Glossars verweist ein Pfeil (→) auf artverwandte Begriffe oder notwendige Abgrenzungen.

Ästhetik | Allgemein: Lehre der sinnlichen verwendet. Wahrnehmung, Lehre vom Schönen. Bis in die 80er Bestandsaufnahme | Die Bestandsaufnahme ist eine Jahre spielten „das Schöne“ und Fragen zur sinnlichen grundlegende Arbeitsweise im Städtebau. Jeder Raumwahrnehmung in der Diskussion der Planer eine →Entwurf beginnt mit einer Bestandsaufnahme, d.h. der eher untergeordnete Rolle. Erst in den letzten Jahren systematischen Beschreibung der bestehenden | findet eine verstärkte Auseinandersetzung statt (Ipsen Raumsituation mit dem Ziel, nachvollziehbare Kritierien 1988). Im Gegensatz zu früheren Ansätzen, bei denen für die geplante Raumveränderung abzuleiten. Die durch ein optimales Verhältnis in den Proportionen von Bestandsaufnahme folgt einer wissenschaftlichen → Gebäuden und Stadträumen (“Goldener Schnitt”) ein Methode. Die Bestandsaufnahme bildet die Grundlage Maß für Schönheit und Harmonie festgelegt werden für den kreativen Akt des Entwerfens →Entwurf. sollte, werden heute solche “Schönheits-Regeln” eher | 2 hinterfragt. Vor allem in Bezug auf die ästhetische Einwohnerdichte Einwohner je km Gesamtfläche Qualifizierung der Zwischenstadt wird mehr von einer → Entwurf, städtebaulicher Entwurf | Ein städtebaulicher Para-Ästhetik gesprochen. Entwurf ist ein eher schöpferischer Akt der Zusammen- Arbeitsweise | beschreibt bewußt durchgeführte schau und Synthese von Ergebnisse, die im Rahmen → | Schritte, die unternommen werden, um ein gewünschtes einer Bestandsaufnahme erarbeitet wurden (ARL Ziel/Ergebnis zu erreichen. Die häufig im Städtbau 1994: 876). Ein Entwurf ist eine normative Setzung. angewendete Arbeitsweise besteht aus drei zentralen Abgeleitet aus den Ergebnissen der Bestandsaufnahme Arbeitsschritten: →Bestandsaufnahme, → Entwurf/Plan wird beschrieben, wie der untersuchte Stadtraum → Ausführung. verändert werden soll. Ein städtebaulicher Entwurf be- steht meist aus einem zweidimensionalen Gestaltungs- | Außenbereich ist ein baurechtlicher Fachbegriff. Er plan mit textlichen Erläuterungen und zusätzlichen beschreibt alle Grundstücke, die nicht im Geltungs- gezeichneten Detailansichten zur Verdeutlichung. Teils bereich eines qualifizierten Bebauungsplans liegen und werden auch →Entwurfsmodelle erarbeitet. die auch nicht zu einem im Zusammenhang bebauten | Ortsteil (unbeplanter Innenbereich) gehören. Aus Entwurfsmodell Ein Entwurfsmodell dient dazu, die Gründen der sprachlichen Vereinfachung wird in dieser Aussagen eines städtebaulichen Entwurfes zu ver- Arbeit meist der alltagssprachliche Begriff →Land deutlichen. Ein Entwurfsmodell ist eine üblicherweise aus Holz, Pappe oder anderen Modellbaumaterialien er-

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arbeitete dreidimensionale Abbildung eines Raums. Die zur Gewinnung neuer Erkenntnisse ist nur dann Abbildung stellt die gewünschte räumlich-physische wissenschaftlich, wenn die Arbeitsweise nachvollziehbar Veränderung des Raums dar, d.h. das Entwurfsmodell und in ihren Ergebnissen stets wiederholbar ist. beschreibt einen gewünschten zukünftigen Zustand. Kernmethode für die Erforschung städtebaulicher → Entwurfsmodelle im Städtebau werden je nach Aufgabe Entwürfe ist der → Vergleich und die → Einordnung. und Größe des Entwurfsgebietes in den Maßstäben Para-Ästhetik | Ein von Susanne Hauser (Hauser, 1:20.000 bis 1:500 dargestellt. → Modell Kamleithner | 2006) in den Städtebau eingeführter Konzept, Gestaltungskonzept | Ein Konzept ist ein Begriff, der auf die Theoretiker der Postmoderne (Jean längerfristig ausgerichtetes planvolles Anstreben eines François Lyotard, David Carroll) zurück geht: Carroll vorteilhaften Raumgefüges oder eines raumrelevanten definierte Paraästhetik als „eine →Ästhetik, die über Zieles. In Abgrenzung zum Begriff → Entwurf beschreibt ihren Bereich hinausgeht und als Kritik ethisch bzw. im Rahmen dieser Arbeit ein Gestaltungskonzept eher politisch agiert, sich aber letztendlich aufgrund ihres allgemeine Aussagen, die für mehrere verschiedene ästhetischen Ausgangspunktes selbst widersprechen Räume gelten können, d.h. ein Konzept ist nicht not- muss” (Carroll | 1987). wendigerweise auf einen bestimmten Raum ausgerichtet. Rurbanisierung | Durchdringung städtischer und Der Begriff >Strategie< wird synonym verwendet. ländlicher Lebenswelten/-weise; Provinzialisierung der | Land ist zunächst ein alltagssprachlicher Begriff, der Stadt und Verstädterung des Landes (Perlik | 2001: 23). aber auch in der Stadtplanung oft als unbestimmtes Siedlungsdichte | Einwohner je km2 Siedlungsfläche Synonym für den Bergriff →Außenbereich verwendet wird. Er umschreibt – unscharf – den Raum mit seinen Stadt | Zu diesem Begriff gibt es im Städtebau typischen Nutzungen und baulichen Anlagen, der verschiedene Definitionsansätze (Lichtenberger). Im außerhalb der →Stadt liegt. Land wird gleichzeitig auch Rahmen dieser Arbeit muss der Begriff vor allem als Synonym für den Begriff >Boden< verwendet. gegenüber dem Begriff →Zwischenstadt abgegrenzt Landschaft (landscape) war zunächst ein wenig ver- werden. Daher ist hier mit dem Begriff vor allem die breiteter bäuerlicher Alltagsbegriff aus dem Nieder- physische Eigenschaft einer Siedlungseinheit gemeint - ländischen, der eine Menge kleinerer, temporärer und und weniger eine administrative Verfassheit. >Stadt< ist grob vermessener Räume bezeichnete. John dieser Definition entsprechend ein kompakter, dichter Brinckerhoff Jackson führte den Begriff um 1950 in die Siedlungskörper, der auch physisch als Einheit erfahrbar amerikanische Geographie ein, um damit ein System ist. Der Begriff >Stadtraum< wird synonym verwendet. verschiedener menschlich definierter Räume zu Siedlungsraum | Wenn in dieser Arbeit nicht zwischen beschreiben (Franzen, Krebs | 2005). →Stadt und →Zwischenstadt unterschieden werden Leitbild | Ein häufig in der Stadtplanung und im Städte- soll, sondern ganz allgemein der gesamte bebaute Raum bau verwendeter, nicht klar abgrenzbarer Begriff. Leit- gemeint ist, wird von Siedlungsraum gesprochen. bilder beschreiben allgemein Handlungsansätze oder Synonym dazu wird der Begriff >bebauter Raum< Konzepte, die nicht auf einen bestimmten Raum bezogen verwendet. sind, sondern allgemein für eine bestimmte Zeit/ Phase/ Städtebau | ist die vorausschauende Ordnung des Generation gelten – beispielsweise >autogerechte baulichen Geschehens in der Stadt unter vor allem Stadt<, >Charta von Athen<, >Urbanität durch Dichte<, gestalterischen Aspekten (ARL | 1995: 875). Ähnlich wie >Nachhaltige Stadt<. Ein Leitbild ist hier also ein allge- im angelsächsische Sprachgebrauch wird in dieser Arbeit meines städtebauliches →Konzept, das für eine ganze zwischen →Stadtplanung (urban planning) und Generation prägend wurde (Müller-Raemisch| 1990). Städtebau (urban design) unterschieden (ARL | 1995: Modell | ist ein vielschichtiger Begriff. Als wissen- 876). schaftlicher Begriff bezeichnet er Abbilder der Wirklich- Stadt-Land-Kontinuum | Ein in der Geographie be- keit, um bestimmtes Verhalten auf der Grundlage des nutzter Begriff, um die räumliche Verflechtung zwischen Modelles möglichst treffend vorhersagen zu können Stadt und Land zu beschreiben. Anders als bei den (Oswald/Baccini | 2003: 36-37). Im Städtebau werden Begriffen → Stadtlandschaft oder →Zwischenstadt sind Modelle in einem anderen Sinn verwendet. Hier geht es mit diesem Begriff keine planerischen oder gestalte- vor allem um normativ gemeinte →Entwurfsmodelle. Hier rischen Intentionen verbunden. Er beschreibt wertneutral sei darauf hingewiesen, dass zum Zwecke der sprach- die Verflechtung von Siedlungs- und Freiraumstrukturen. lichen Vereinfachung in dieser Arbeit die Begriffe Ent- Stadtlandschaft | Begriff des modernen Städtebaus. wurfsmodell und Modell synonym verwendet wurden. Anders als der geographische Begriff →Stadt-Land- Methode | Der Begriff beschreibt eine Vorgehensweise, Kontinuum soll hier nicht nur eine Eigenschaft eines um neue Erkenntnisse zu erlangen. Eine →Arbeitsweise vorhandenen Raums beschrieben werden, sondern

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Stadtlandschaft ist ein Begriff, der konzeptionelle Bestandteile enthält, z.B. die Schaffung von Siedlungs- räumen, in denen sich Siedlungs- und Freiraum- strukturen symbiotisch miteinander verzahnen. Ver- gleiche →Zwischenstadt. Stadtplanung | ist die vorausschauende Lenkung der räumlichen Entwicklung einer Stadt (ARL | 1995: 899). Im Rahmen dieser Arbeit soll Stadtplanung als weitgefasster Begriff verwendet werden, der planerisches Handels auf städtischer, ländlicher oder regionaler Ebene umfasst. Immer wenn von Stadt-, Regional-, Landes- und Orts- planung gesprochen werden müsste, sind die Begriffe aufgrund der Übersichtlichkeit auf Stadtplanung verkürzt. →Städtebau versteht sich als Teildisziplin der Stadt- planung. Strategien | = Konzept Suburbanisierung | Verlagerung von Nutzungen und Bevölkerung aus der Kernstadt, dem ländlichen Raum etc. in das städtische Umland bei gleichzeitiger Reorga- nisation der Verteilung von Nutzungen und Bevölkerung in der gesamten Fläche des metropolitanen Gebietes (Friedrichs | 1995). Urbanisierung | Innovationsprozess der →Verstädt- erung im Sinne einer Ausbreitung städtischer Verhaltens- weisen und Lebensformen der Bevölkerung und der sich daraus ergebenden räumlichen Strukturen und Prozesse. Bisher ländlich geprägte Räume verstädtern in Bezug auf Sozial-, Berufs- und Erwerbsstrukturen und der Physio- gnomie der Kulturlandschaft. Verstädterung | Ausdehnung, Vermehrung und/ oder Vergrößerung der Städte eines Raums nach Zahl, Fläche und Einwohnern, sowohl absolut als auch im Verhältnis zu den nicht-städtischen Siedlungen und zur ländlichen Bevölkerung. Der Begriff Verstädterung wird zur Be- schreibung des Wachstumsprozesses städtischer Siedlungen sowie des Zustandes benutzt, der sich im Verstädterungsgrad ausdrückt (Dierke | 2000). Zwischenstadt | soll hier, soweit nicht anders ein- gegrenzt, weniger als konkrete Raumbeschreibung, sondern als Begriff zur Bezeichnung von Prozessen (Suburbanisierung, Counterurbanisierung, Rurban- isierung) genutzt werden, die sich an verschiedenen Orten und in verschiedener Form räumlich manifestieren können. An Zwischenstadt ist - wie bei dem Begriff Stadtlandschaft - eine planerisch, gestalterische Haltung geknüpft. Der Raum, der durch die Prozesse überformt wurde, hat gestalterische Defizite und soll qualifiziert werden. Zwischenstadt beschreibt also kein Ziel des Städtebaus, sondern eine Aufgabe.

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