Bergsteigen natürlich Eine Hilfestellung für alle, die ihre Bergtouren erlebnisreich und umweltverträglich gestalten wollen

alpenverein.de Als langjähriger Partner kooperiert die Versicherungskammer Bayern bereits seit 1997 mit dem Deutschen Alpenverein und unterstützt eine Vielzahl von Projekten. Seit 2008 engagiert sich die Versicherungskammer Bayern als Partner im gesam‑ ten Bereich Hütten, Wege und Naturschutz des DAV. Infos: www.versicherungskammer-bayern.de

„Mit der Bahn in die Berge“: Der Deutsche Alpenverein und DB Regio Bayern machen sich seit 2009 gemeinsam für um‑ weltfreundliche Mobilität stark. Übrigens: Für DAV-Hütten in den bayerischen Alpen besteht die Möglichkeit, sich die komplette Reiseverbindung von der Haustür bis zur Hütten‑ tür anzeigen zu lassen: www.bahn.de

Impressum Herausgeber: Deutscher Alpenverein e.V., Von‑Kahr‑Straße 2 ‑ 4, 80997 München, Tel.: 089 / 140 03 ‑ 0, Fax: 089 / 140 03 - 64, [email protected], www.alpenverein.de | Für den Inhalt verantwortlich: DAV-Ressort Natur- und Umweltschutz | Konzeption: Dr. Karin Steinmetzer | Autoren: Axel Malinek, Ines Langensiepen, Dr. Karin Steinmetzer, Stefan Witty, Rüdiger Jooß, Dr. Ewald Langenscheidt | Titelfoto: Bernd Ritschel | Zeich- nungen: Barbara Steinmetzer (außer: S. 27, 28, 34, 46: Daniela Vierthaler, S. 52, 55, 56: ­Sebastian Schrank, S. 50: Erbse Köpf) | Gestaltung: Gschwendtner & Partner, München | Druck: Kastner & Callwey Medien GmbH, Forstinning | Auflage: 7500 [11 / 16] | Nach‑ druck, auch auszugsweise, nur mit vorheriger Genehmigung des Herausgebers. Inhalt

Seite Bergsteigen natürlich 2

Auf Tour! Auf Tour im Waldbereich! 3 Auf Tour in der Almstufe! 12 Auf Tour im Gebiet alpiner Rasen! 20 Auf Tour in Fels, Schutt und Eis! 26 Auf dem Gipfel! 34 Beim Abstieg: Wasser! 40 Im Winter unterwegs! 45

Vor der Tour! Checklisten für die Tourenplanung 52 Methodische Tipps 55

Anhang Hintergrundinformationen zur Alpenschutzpolitik 58 Literatur 60 Schlagwortverzeichnis 64

1 Bergsteigen natürlich

Du wolltest deine Touren schon immer erlebnisreich und umwelt­ verträglich gestalten? Diese Broschüre ist die Hilfestellung! Sie möchte dazu anregen, den Blick bei Sektionstouren auf den alpinen Lebensraum zu lenken, ohne zu viel Detailwissen voraus­ zusetzen. Denn wer mehr sieht, erlebt mehr und kann das eigene Verhalten an den sensiblen Lebensraum anpassen. Die Beschreibung der alpinen Landschaft geht deshalb von dem aus, was auf einer Bergtour zu sehen ist: auffällige Pflanzen, charakteristische Landschaftsformen, Indikatoren für die Gefähr­ dung der Alpen. Typisches wird beispielhaft herausgestellt – wer mehr wissen will, findet ausgewählte Literatur im Anhang. Prak­ tische Checklisten fassen die wichtigsten Punkte für umweltver­ trägliche Tourengestaltung und methodische Tipps zusammen. Verantwortungsvolle Fachübungsleiterinnen und Fachübungs­ leiter geben den Teilnehmerinnen und Teilnehmern neben einer soliden alpinen Ausbildung auch die Möglichkeit, die Schönheit und Faszination der Alpen zu entdecken, Zusammenhänge zu erkennen und sich entsprechend umweltverträglich zu verhalten. Schließlich gehen wir wegen der Schönheit der Landschaft in die Berge – und dies wollen wir auch in Zukunft. Viel Spaß auf Tour!

2 Auf Tour im Waldbereich! Auf Tour im Waldbereich!

als genügsamste der drei Arten hat in dieser Höhenlage keine besonderen Ansprüche. Die artenreichen Bergmischwälder bestanden ursprünglich zu etwa zwei Drittel aus den genannten Baumarten, wurden aber über die Jahrhunderte großflächig von den Menschen genutzt und überprägt, so dass heute nur noch Reste an naturnahen Beständen dieses Waldtyps vorhanden sind.

Stelle deinen Teilnehmern während einer Pause oder für einen Teil des Anstieges Beobachtungsaufgaben – z.B., welche Baumar- ten in der Umgebung vorkommen. Du kannst auch vor dem Abmarsch oder bei einer kurzen Pause deine Teilnehmer in Kleingruppen eine Baumart genauer betrachten lassen. Sie können dann der jeweils anderen Gruppe ihren Baum vorstellen und/oder benennen.

Die Verjüngung von Buche und Weißtanne ist mittlerweile schwierig geworden, da sie eine bevorzugte Nahrung von Rehen und Rotwild sind und die Jungbäume durch deren starken Verbiss oft zu „Bonsais“ verkümmern. Auch Die Alpenmeise, eine Unterart der Weidenmeise, ist ein wurde seit Beginn der Forstwirtschaft an Stel‑ häufiger Brutvogel in den Alpen. Sie gehört zu den weni- le von Buche und Tanne vermehrt Fichte als gen Singvögeln, die im Bereich der Waldgrenze überwin- schnell wachsender Holzlieferant aufgeforstet. tern können. Heute ist man wieder bemüht, durch jagdlich Eine Bergtour in den Alpen beginnt in der Re‑ regulierte Wildbestände und standortgerechte gel im Wald. In den Nördlichen Kalkalpen führt Aufforstung artenreiche Bergmischwaldbe‑ der Weg typischerweise in etwa 800 Metern stände zu entwickeln oder zu erhalten. Diese Höhe zunächst durch den Fichten-Tannen- sind in Folge weitaus stabiler gegenüber Wind‑ Buchenwald. Die Buche findet in dieser wurf und Lawinenabgängen und können die Höhenstufe ihren optimalen Lebensraum, da ihnen zugedachten Schutzfunktionen besser alle Faktoren wie Licht, Temperatur, Boden erfüllen. und Feuchtigkeit für sie ideal sind und sie so Mit zunehmender Höhe werden Buchen und anderen Baumarten überlegen ist. Die Weiß- Tannen immer seltener, bis zuletzt die Fichte tanne kommt auf ähnlichen Standorten vor, dominiert. Sie ist typisch für das raue Klima allerdings ist sie anspruchsvoller. Die Fichte auf dieser Höhe und an starken Schneefall

3 Auf Tour im Waldbereich!

durch ihren schlanken Wuchs besser ange‑ Findest du auf einer Tour eine Tanne, so passt als Laubbäume. Der Schnee bleibt nicht kannst du dir für spätere Demonstrations- liegen, sondern rutscht ab, wodurch die Zwei‑ zwecke einen kleinen Zweig abbrechen. Eine ge nicht unter der Schneelast brechen. Fichte wirst du mit deiner Gruppe immer finden und kannst dann Vergleiche bezüglich Ausse- hen, Nadelquerschnitt etc. ziehen. Ein sicherer Test, mit dem du deiner Gruppe den Unterschied zwischen Tanne und Fichte anschaulich de- monstrieren kannst, ist der „Weihnachtsbaum- test“: Zupfst du eine Nadel ab und es bleibt ein Hautschuppen daran hängen, so ist es eine Fich- te – bei einer Tanne wirst du nur die Nadel in der Hand halten. Oberhalb von 1.600 Metern wird die Fich‑ te – vor allem in zentralalpinen Gebieten mit Kontinentalklima – von der Lärche und der Fichtenzweig Tannenzweig Zirbe abgelöst, da die beiden resistenter ge‑ genüber Frost sind. Die Zirbe ist eine Kiefern‑ Die Fichte wird gerne mit der Weißtanne ver‑ art und handelt im Winter nach dem Prinzip wechselt. Dieser Fehler ist leicht vermeidbar, des Frostschutzmittels im Kühlerwasser: Sie wenn man sich ein paar Unterschiede merkt: lagert mit Beginn des Winters Zucker in ihre  Liegen ganze Zapfen mit Schuppen auf dem Zellen ein und senkt so den Gefrierpunkt des Boden, dann steht darüber eine Fichte, weil Zellwassers. Dadurch ist sie bis zu minus 60 die Tanne ihre Zapfenschuppen einzeln Grad Celsius frostresistent. Dieser Mechanis‑ abwirft und die „entblätterten Zapfenspin‑ mus wird durch lichtempfindliche Strukturen deln“ am Baum bleiben. in der Pflanzenzelle gesteuert (= Photorezep‑  Fichtennadeln sind im Querschnitt rundlich toren), die auf die Verkürzung der Tageszeit im und sehr spitz. Wenn sie abfallen, verblei‑ ben kleine Narben, so dass der Zweig, auf dem sie wachsen, sehr rau ist. Die Nadeln sind rund um den Zweig angeordnet. Tan‑ nennadeln sind im Querschnitt flach, dun‑ kelgrün und nur rechts und links vom Zweig angeordnet (gescheitelt). Beim Abfallen der Nadeln bleiben keine Narben zurück, so dass die Zweige glatt sind.  Die „echten“ Tannenzapfen stehen aufrecht wie Kerzen auf dem Ast, die Fichtenzapfen hängen nach unten. Latschenzweig Zirbenzweig

4 Auf Tour im Waldbereich!

Winter reagieren. Für die Verbreitung der Zirbe stehen, dass sich der geschlossene Wald auf‑ ist hauptsächlich der Tannenhäher (S. 8) grund der schwierigen Standortbedingungen verantwortlich. Zirben wachsen sehr langsam „auflöst“. Die Baumgrenze, also die Existenz‑ und können bis zu tausend Jahre alt werden. grenze für die Lebensform Baum, liegt meist Im Gegensatz zu anderen Kiefern, wie z.B. der noch etwas höher, was jeder z.B. an einzeln Latsche, wachsen bei der Zirbe die Nadeln in stehenden Wetterfichten nachvollziehen kann. Fünfergruppen aus einem Kurztrieb. Bei der Auf feuchteren, feinerdereichen und schatti‑ Latsche und ihrer aufrecht wachsenden Ver‑ geren Standorten bis in die Krummholzzone wandten, der Spirke, sind es nur zwei Nadeln oberhalb der Baumgrenze hinein kann man die – ein eindeutiges Erkennungszeichen. Grünerle oder „Laublatsche“ antreffen. Dieser gekrümmt (Name der Vegetationszone!) am Säbelwuchs Boden liegende Strauch ist an seinen kleinen Oft zeigen Bäume im Bergwald oder an der Erlenzapfen zu erkennen. Aufgrund ihres Waldgrenze einen auffälligen „Säbelwuchs“. enorm schnellen Wurzelwachstums wird die Diese Stammverformung kann zum einen durch Schneekriechen verursacht werden, denn Schnee Grünerle gern zur Stabilisierung von rutsch‑ übt einen starken Druck auf Jungpflanzen aus und gefährdeten Hängen z.B. nach Straßenbauar‑ kann so bei der Waldverjüngung zu Stammver- beiten gepflanzt. Häufiger findet man in der formungen führen. Der Säbelwuchs kann auch Krummholzzone in den Nordalpen jedoch die dadurch entstehen, dass sich an steilen Hängen Latsche oder Legföhre vor. Im Wuchs ähnelt der Boden schwerkraftbedingt langsam talwärts sie der Grünerle, sie ist jedoch weitaus genüg‑ bewegt (Bodenfließen), der Baum jedoch stetig samer und stockt sogar auf den Ausläufern versucht, senkrecht nach oben zu wachsen. von Schutt- und Geröllfeldern.

Die Lärche ist der Der Aufstieg ist besonders gut geeignet, einzige europäische Sammelaufgaben auszugeben. Dabei sol- Nadelbaum, der len deine Teilnehmer unterwegs etwas mitneh- seine Nadeln wie men (z.B. etwas Weiches/Hartes/Spitzes oder die Laubbäume auch einen kleinen Stein), anhand dessen dann im Herbst abwirft z.B. während einer Pause auf die Geologie, die und im Frühjahr Pflanzen- und Tierwelt oder besondere Phäno- neu austreibt. Weil mene eingegangen werden kann. das Lärchenholz durch seinen hohen Lärche mit Säbelwuchs Salz gegen Wein Harzgehalt wasser‑ Salz wird schon seit vorgeschichtlicher Zeit als abweisend ist, wird es gerne als Bauholz im Würzmittel und zum Konservieren von Nah- Außenbereich (Fenster, Zäune, Holzschindeln, rungsmitteln geschätzt. Zu manchen Zeiten war Kinderspielplätze) verwendet. Laubbäume, die es wertvoller als Gold und daher oft der Anlass vereinzelt das raue Klima an der Waldgrenze kriegerischer Auseinandersetzungen. Im alpen- querenden Handel diente Salz aus dem Norden ertragen können, sind der Bergahorn und die als Handelsware – vor allem im Tausch gegen Wein Vogelbeere. Unter Waldgrenze ist hier zu ver‑

5 Auf Tour im Waldbereich!

aus dem Süden. In den nördlichen Kalkalpen tritt weise die Salinen Schellenberg und Frauenreut in einer rund 350 Kilometer langen und bis zu 35 im 17. und 18. Jahrhundert jährlich rund 15.000 Kilometer breiten Zone zwischen Hall in Tirol und bis 30.000 Festmeter Brennholz. Zum Transport Heiligenkreuz das so genannte ostalpine Salinar des Brennholzes kam nur der Wasserweg in - auf. Diese Salzablagerungen entstanden vor ca. frage, weshalb das leichter triftbare Nadelholz 200 Millionen Jahren bei der Verdunstung von gefördert wurde. Schluchtbäche, welche heute Salzwasser in abgeschnittenen Meeresteilen des zum Teil für Canyoning (S. 41) genutzt werden, damaligen Tethys-Meeres (Entstehung der Alpen, wurden vielfach bereits früher zum Holztriften S. 34). Reiche Salz-Vorkommen und -Lagerstätten benutzt. In den Bach wurden die Baumstämme liegen bei Mariazell, Bad Ischl, Hallstatt, Hallein, unterhalb der Klause hineingeworfen, diese Berchtesgaden, Bad Reichenhall und Hall in Tirol. schlagartig geöffnet, und mit dem Wasserschwall Das salzführende Gestein hat einen Salzgehalt wurden die Baumstämme in den nächsten Fluss von zehn bis siebzig Prozent und wird durch geschwemmt. eingepumptes Wasser gelöst, als Sole wieder he- Außer der besseren Triftbarkeit trugen die Be- raufgepumpt und anschließend eingedampft. weidung der Schlagflächen und die Überhege Reiche prähistorische Funde, wie Gräber und der Schalenwildbestände zur Förderung des Überreste von bergmännischer Tätigkeit unter Nadelholzanteils bei. Tage in Hallstatt und Hallein, beweisen, dass Aus Sorge um die weitere Verfügbarkeit des so schon ab der Jungsteinzeit nach Salz gesucht dringend benötigten Rohstoffes Holz und durch wurde. Der Begriff „hall“ (keltisch für „Salz“) die fehlenden Schutzfunktionen des Bergwaldes wurde von den Kelten, später von den Römern für die Talregionen entstanden auf Anordnung der übernommen und ging auch in Ortsnamen wie jeweiligen Landesherren bereits im 16. Jahrhundert Bad Reichenhall ein. Für den Handel entstanden die ersten Forstordnungen. spezielle Salzhandelsstraßen (auch Saumhandel, S. 16), die wichtige Handelsorte miteinander verbanden. Die Waldbewohner Die bekanntesten Straßen im Ostalpenraum sind Der Hirsch, das so genannte Rotwild, ist das der „Goldene Steig“ von Passau nach Böhmen und die Salzstraße von Bad Reichenhall nach Augsburg. größte Tier des Bergwaldes und im Sommer München verdankt seine Existenz Heinrich dem bis hinauf zur Waldgrenze weit verbreitet. Löwen, der die Isarbrücke bei Föhring, über die Aufgrund menschlicher Beeinflussung sind die Salzstraße von Bad Reichenhall nach Augsburg Hirsche in Mitteleuropa weitgehend dämme‑ führte, zerstörte. Die Salztransporte mussten rungs- und nachtaktiv. Bergsteiger bekommen nun über eine neue Brücke nahe der Siedlung sie daher eher zu hören als zu sehen, vor al‑ „Munichen“ über die Isar geführt werden, und lem im Herbst zur Zeit der Hirschbrunft. mit dem Salz erblühte München. Die Salzproduktion führte im näheren und wei- Im Rahmen der Tourenplanung kann im teren Umfeld der Fundorte zu schwerwiegenden Herbst in Gebieten mit Rotwildvorkom- Eingriffen in den Bergwald, da zum Versieden men ein früher Aufbruch lohnenswert sein, um der Sole riesige Mengen Brennholz benötigt möglicherweise die Brunft mitzuerleben. Orts- wurden. Die Wälder wurden über Jahrhunderte kundige (z.B. Hüttenwirt) können dir auf Anfrage hinweg im Kahlschlagbetrieb genutzt. Allein im Berchtesgadener Raum verbrauchten beispiels- sicher Orte und Zeit nennen, an denen eine Be- obachtung ohne Störung der Tiere möglich ist.

6 Auf Tour im Waldbereich!

Alter von vier Jahren. Er wird im Durchschnitt zwischen 18 und 20 Jahre alt. Ein großes Männ‑ chen erreicht dann eine Schulterhöhe von 1,50 Metern. Hauptmerkmal des männlichen Rothirsches ist ein bis zu sechs Kilogramm schweres Geweih. Das Geweih wird jährlich in der Zeit von Februar bis April abgeworfen und bis zum Sommer wie‑ der aufgebaut. Es wächst aus dem Stirnkno‑ chen und wird über eine von sehr vielen Blut‑ gefäßen durchzogene, feinbehaarte Haut, die Bast genannt wird, mit Nährstoffen versorgt. Vor Beginn der Brunftzeit wird die Nährstoffver‑ Rothirsch sorgung unterbrochen, und die abgestorbene Die Wintermonate verbrachte das Rotwild Haut wird von den Tieren abgestreift, indem sie ursprünglich in den Auwäldern entlang der ihr Geweih an Bäumen reiben („fegen“). Alpenflüsse im Flachland. Heute werden die Abgeworfene oder bei der Jagd anfallende Ge‑ Hirschrudel durch Fütterung auch im Winter in weihe werden zu Knöpfen und Messergriffen niedrigen Lagen ihres Sommerlebensraumes, verarbeitet. Hirschhornsalz findet Verwendung dem Gebirgswald, gehalten. als Backtriebmittel, vor allem bei der Weih‑ Hirsche ernähren sich vor allem von Zweigen, nachtsbäckerei (Lebkuchen). In Apotheker‑ Blättern, Rinde, jungen Bäumen, Gras, Pilzen büchern des ausgehenden 17. Jahrhunderts und Beeren. Dabei nehmen ausgewachsene wurden ihm unterschiedliche Wirkungen zuge‑ Tiere pro Tag bis zu zehn Kilogramm Pflan‑ schrieben. So soll mit Essig gesottenes Hirsch‑ zennahrung zu sich. Dies macht die Proble‑ horn, im Mund gehalten, gegen Zahnweh helfen. matik des Wildverbisses verständlich. Am Gebranntes Hirschhorn, mit Honig vermischt, intensivsten äsen Hirsche in der Dämmerung. wird als Heilmittel gegen Würmer genannt. Rothirsche sind gesellige Tiere und bilden kleine oder große Herden. Die weiblichen Anhand einer Hirschfütterung (oft in der Tiere leben mit ihren Jungtieren in Rudeln, Karte eingezeichnet) kannst du einen gu- welche von erfahrenen Alttieren angeführt ten Einstieg finden, wenn du auf der Tour etwas werden. Die männlichen Tiere bilden eigene über den Lebensraum Bergwald und seine Be- Trupps, wobei nur die ältesten Hirsche davon wohner erzählen möchtest. abgesondert als ausgesprochene Einzelgänger Ein mitgebrachter Hirschhornknopf, ein Tütchen umherziehen. Nach einer Tragzeit von etwa Hirschhornsalz (oder Lebkuchen) wiegen nicht acht Monaten werden im Spätfrühling (Mai/ viel, nehmen kaum Platz weg und geben dir die Juni) ein bis zwei Kälber gesetzt, die bis zur Möglichkeit, auf deiner Tour etwas über diesen Geburt des nächsten Jungtieres bei der Mutter Gebirgsbewohner zu erzählen und die Erzäh- bleiben. Ausgewachsen ist der Rothirsch im lung für deine Gruppe anschaulicher zu machen.

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eines „Talhatschers“ sehr gut durch das Spiel „Sammler im Winter“ (Spiel, Spaß und Verste- hen, S. 35) darstellen. Besonders geeignet ist es für Kinder- oder Familiengruppen. Wie der Eichelhäher legt der Tannenhäher Wintervorräte an, die aus Zirbelnüssen, ausnahmsweise auch aus Eicheln oder Hasel‑ nüssen, bestehen. Dabei transportiert er im Kehlsack bis zu 70 Nüsschen, die er vergräbt. Diese Vorratskammern findet der Vogel auf‑ Tannenhäher grund seines ausgezeichneten Gedächtnisses auch nach langer Zeit wieder. Einen Teil dieser Ein weiterer typischer Bewohner des Bergwal‑ Vorräte vergisst er dennoch – so können die des ist der mit rund 32 Zentimetern etwa ei‑ Nüsse weit entfernt vom „Mutterbaum“ kei‑ chelhähergroße Tannenhäher, der zur Familie men. Als „geflügelter Förster“ trägt der Tan‑ der Rabenvögel gehört. nenhäher so zur Verbreitung der Zirben bei. Du erkennst ihn an seinen weißen Flecken auf Der Zirbenkeimling, mit Nährstoffreserve im dem dunklen Gefieder und am schwarz-wei‑ Nüsschen, entwickelt ßen Schwanzmuster. Sein wellenförmiger Flug sich kräftiger als die lässt den Tannenhäher unbeholfen wirken, am anderen Nadelbäume Boden bewegt er sich durch federnde Sprünge und kann sich dabei vorwärts. Er knackt mit seinem langen, kräfti‑ auch gegen die kon‑ gen Schnabel im Herbst die harten Zirbelzap‑ kurrierende Bodenve‑ fen (Zirbe, S. 4) und sammelt die schmackhaf‑ getation durchsetzen. ten Nüsse im Kropf. Da der Tannenhäher gerne hangaufwärts Als leicht zu beschaffendes Anschauungs- fliegt, ist er wahr‑ objekt kannst du dir einen Pinienzapfen scheinlich auch für besorgen (gibt’s meist in der Vorweihnachtszeit allein stehende „Wet‑ zu kaufen) und mit deiner Gruppe ein paar Pini- terzirben“ oberhalb enkerne kosten. Pinien gehören wie die Zirbe zu der Waldgrenze ver‑ den Kieferngewächsen, die Zirbelnüsse sind antwortlich. Zirbelzapfen mit Zirbelnuss vergleichbar mit den Pinienkernen und unter- Verkleinert man den Betrachtungsmaßstab scheiden sich nur durch den etwas harzigen der Bergwaldbewohner noch weiter, so Beigeschmack. führt am Borkenkäfer kein Weg vorbei. Zu Die Beziehung zwischen Tannenhäher und offensichtlich sind seine Spuren sowohl im Zirben – als plakatives Beispiel für einen Teil Berg- als auch im „Blätter“-wald. Borkenkäfer des „ökologischen Netzes“ im Gebirge – lässt sind kleine, länglich-walzenförmige Käfer, sich nach Brotzeitpausen oder zur Auflockerung von denen in Mitteleuropa über hundert

8 Auf Tour im Waldbereich!

Drei bei uns beheimatete Arten sind in einer Art „Kettenreaktion“ für das Absterben und die wei‑ tergehende Schädigung von Nutzholzbeständen Borkenkäfer (Originalgröße ca. 5 mm) verantwortlich. Buchdrucker und Kupferste- cher schädigen den befallenen Baum, zumeist Fichten, und bringen ihn zum Absterben. Der Nutzholzbohrer befällt erst das tote Holz und zersetzt es in Symbiose, d.h. in gegenseitiger Abhängigkeit mit einem Pilz (leicht an der Blau‑ färbung des Holzes erkennbar). Beim großflächigen Befall von Waldbeständen Fraßbild des Borkenkäfers mit Borkenkäfern ist im Regelfall davon aus‑ (Buchdrucker) zugehen, dass es sich um geschwächte oder vorgeschädigte Bestände gehandelt hat. Dies kann z.B. durch ungünstige Standortwahl bei Arten leben, die sich in Zweigen, Ästen oder der Pflanzung, durch Luftschadstoffe oder Stammpartien meist unter der Borke oder im durch eine für den Baum nachteilige Verände‑ Holz von Bäumen entwickeln. Die meisten rung des Bodens bedingt sein. Arten befallen geschwächte oder absterbende Laub- und Nadelbäume, selten wird gesundes Ein aktueller Einstieg in das Thema Bor- Holz angegriffen. Die Weibchen legen ihre kenkäfer lässt sich über gesammelte Zei- Eier in Brutgänge, die in bestimmten Abstän‑ tungsartikel (z.B. Nationalpark Bayerischer den meist senkrecht zu einem Hauptgang Wald und Borkenkäfer) finden. Naturnäher ist liegen. Jede Larve bildet ihren eigenen Gang die Betrachtung eines unterwegs gefundenen/ senkrecht zum Gang des Muttertieres und ver‑ mitgebrachten Rindenstückes mit den typischen puppt sich dort. Nach der Verwandlung zum Fraßgängen, am besten mit einer kleinen Lupe. erwachsenen Käfer bohrt sich dieser direkt an Am eindrucksvollsten wirkt die Thematik auf die Oberfläche. einer Windwurffläche oder anhand eines abge- storbenen Baumes. Wenn Borkenkäfer in großer Zahl in vorgeschä‑ digte, durch Umwelteinflüsse geschwächte Be‑ Wenn du dieses Thema vertiefen oder spiele- stände einfliegen, können sie folgenschwere risch veranschaulichen möchtest, so gelingt dir Forstschäden bewirken. Dabei reichen die Re‑ das mit dem Spiel „Kranker Baum, wo bist du“ serven nur für einen Flug. Borkenkäfer sind (verändert nach BAYERISCHES STAATSMINIS- auch Überträger gefährlicher Pilzkrankheiten. TERIUM FÜR ERNÄHRUNG, LANDWIRTSCHAFT Zur biologischen Schädlingsbekämpfung UND FORSTEN (1998): gegen den Borkenkäfer werden synthetisch Forstliche Bildungsarbeit – Waldpädagogischer hergestellte Duftstoffe eingesetzt. Diese plat‑ Leitfaden; 4. Auflage, München) ziert man in Fallen, aus denen die Käfer nicht Ablauf: Rollenverteilung: Je 40 Prozent gesunde entweichen können. und kranke „Bäume“, 20 Prozent „Borkenkäfer“

9 Auf Tour im Waldbereich!

(farbige Kärtchen an die „Bäume“ verteilen mit ist er nur bei hoher Luftfeuchtigkeit aktiv. dem Vermerk „krank“ bzw. „gesund“, die „Kä- Dank der Hautdrüsen, die Gift (Salamandrin) fer“ dürfen dies nicht wissen); „Bäume“ ver- absondern, ist er für Feinde ungenießbar. Eine teilen sich in der näheren Umgebung (15 bis 30 Besonderheit ist die spezielle Fortpflanzungs‑ Schritte Kreisdurchmesser je nach Teilnehmer- weise, da die ungeborenen Jungtiere bis zur zahl), „Käfer“ wählen sich einen „Baum“ aus, fertigen Entwicklung im Mutterleib bleiben „fliegen“ ihn an und fragen leise nach seinem und der Alpensalamander somit als einzige Gesundheitszustand. Dabei hat jeder „Käfer“ europäische Lurchart lebende Junge zur Welt maximal zwanzig Schritte zur Verfügung. In bringt. Die gesamte Larvenentwicklung kann, kranke Bäume kann er sich „einbohren“, stärkt/ je nach Höhenlage, zwei bis vier Jahre in An‑ vermehrt sich dadurch und hat weitere 20 spruch nehmen. Der Alpensalamander ernährt Schritte zur Verfügung, bei gesunden Bäumen sich hauptsächlich von Spinnen, Käfern und blitzt er ab, muss weiterfliegen oder, falls er Tausendfüßlern. keine Schritte mehr zur Verfügung hat, verhun- gern. Haben sich fünf „Käfer“ in einen kranken Da es nie zu gewährleisten ist, auf der „Baum“ eingebohrt, so stirbt dieser und wird Tour die einzelnen Tiere zu sehen, kannst selbst zum Borkenkäfer. du dir mit mitgebrachten (Farb-)Bildern gut be- helfen. Als Quelle kann dabei auch das Internet Vertiefungsmöglichkeit durch Eingreifen eines oder ein digitales Lexikon genutzt werden. Im natürlichen Feindes des Borkenkäfers (z.B. Rahmen einer spielerischen Aufbereitung emp- Specht): Nach kurzer Vermehrungsmöglichkeit fiehlt sich das Spiel „Ökologisches Gleichge- für den „Käfer“ greift ein „Specht“ ins Gesche- wicht“ (Spiel, Spaß und Verstehen, S. 20), das hen ein. Er kann maximal dreißig Schritte ohne du leicht mit den entsprechenden Details an- Nahrung zurücklegen, jeder „gefressene Käfer“ passen kannst. gibt ihm Kraft für weitere dreißig Schritte. Die gefressenen Käfer scheiden aus. Es können auch verschiedene Schädigungsgrade eines Bergwaldsterben Waldes simuliert werden. Die Alpen sind das am stärksten mit Verkehrswegen erschlossene Hochgebirge der Welt. Erheblichen Gehen wir im Betrachtungsmaßstab wieder Anteil an der Luftverschmutzung hat die Belastung eine Stufe höher und zur Tiergruppe der Repti‑ durch den Verkehr (Autoabgase wie Kohlendioxid lien, so treffen wir auf den Alpensalamander. und Stickoxide). Davon sind Fichten und Tannen weit mehr betroffen als Laubbäume. Sie werfen Dieses sehr urtümlich anmutende Tier ist ihre Nadeln nur alle sechs bis neun Jahre ab und meist während oder nach Regen zu sehen. Es sammeln so im Baum Jahr für Jahr immer mehr ist an seinen Lebensraum im Gebirge hervorra‑ Schadstoffe. Laubbäume hingegen werfen ihre gend angepasst und wird im Volksmund auch Blätter alljährlich ab, so ist die Schadstoffkon- „Wegnarr“, „Regenmandl“ oder „Wegmandl“ zentration im Baum geringer. Die Nadeln der genannt. Der völlig schwarze Salamander Fichten und Tannen werden gelb und fallen früher bewohnt Bergwälder, Schluchten und Schutt‑ ab. Die Bäume werden kahl und sterben. In Folge verliert der Bergwald mehr und mehr von seiner halden bis zu einer Höhe von 3.000 Metern. Schutzfunktion. Wie sein Verwandter, der Feuersalamander,

10 Auf Tour im Waldbereich!

Luftverschmutzung durch Pkw Bergsteiger reisen zu über siebzig Prozent mit dem Privat-Pkw an und zeigen eine Tendenz zu Kurzaufenthalten. Hier kannst du auch als Einzel- ner handeln: Überlege dir, ob der Reiseaufwand in einem vernünftigen Verhältnis zur Erholung und bergsportlichen Betätigung steht. Versuche, öffentliche Verkehrsmittel oder das Fahrrad in Kombination mit der Bahn zu bevorzugen, sowie Fahrgemeinschaften zu bilden. Versuche, Mehr- tagestouren anstelle mehrerer Kurzaufenthalte zu organisieren. (www.alpenverein.de) Andere Ursachen Doch der Bergsteiger im Gelände oder am Berg hat nur einen kleinen Teil der Beeinträchtigungen im Lebensraum Bergwald zu verantworten. Weit- reichender und tiefgreifender waren und sind die Spuren von Forst- und Almwirtschaft, Bergbau und verfehlter Jagdpolitik. Für das Fortbestehen des Waldes ist das Wichtigste die Verjüngung: Das heißt, Schonungen oder Wald mit viel Jungbäumen sind als Abfahrten bei Skitouren tabu. Auch eine Erhöhung der Störungsfrequenzen durch ­(Ski-) Bergsteiger erhöht den Verbiss und verringert die Chancen einer Verjüngung des Bergwaldes. Wenn beim Auf- und Abstieg auf Tierspuren geachtet wird, kann das Aufschrecken von Wildtieren oft durch Routenwahl oder angepasstes Verhalten verhindert werden (ausführlich: Im Winter un- terwegs, S. 45). Dein Beitrag Möchtest du aktiv einen Beitrag zur Erhaltung des Bergwaldes leisten, so gibt es die Möglich - keit, an einer der vom Deutschen Alpenverein organisierten Schutzwaldaufforstungen (Info in der DAV-Bundesgeschäftsstelle) oder beim Bergwaldprojekt (www.bergwaldprojekt.de) teilzunehmen.

11 Auf Tour in der Almstufe! Auf Tour in der Almstufe!

Für viele Bergsteiger sind Almen ein Teil der ter für die Almwirtschaft genutzt werden, heute unberührten Bergnatur. Dies trifft jedoch nicht dienen sie vielerorts auch als Skiberge. In den zu: Im Gegenteil, die Almregion ist die am Nördlichen Kalkalpen ist dies besonders auf‑ stärksten vom Menschen gestaltete Region fällig: Auf den dunklen und weichen Gesteinen der Berge. Das alemannische Wort „Alp“ für aus der Jura- und Kreidezeit liegen heute fle‑ „Alm“ gab den Alpen ihren Namen. Um die ckenartig die Almflächen. In den Westalpen da‑ Futterbasis zu vergrößern und um Bau- und gegen, wo solche Gesteine weiter ausgedehnt Feuerholz zu gewinnen, wurde der Bereich vorkommen, sind ganze Regionen durch die der ursprünglich vorhandenen alpinen Matten Almwirtschaft geprägt. Somit kann in der Kette vergrößert, d.h. der angrenzende Wald gero‑ Ausgangsgestein R Bodenbildung R entspre‑ det und damit die Waldgrenze nach unten ge‑ chender Bewuchs und die dadurch gegebenen drängt. In dieser Region finden wir eine durch R (Weide-) Nutzungsmöglichkeiten der Grund die Weidewirtschaft beeinflusste Zusammen‑ gesehen werden, weshalb es in den Westalpen setzung der Pflanzenarten und verschiedene eine große Anzahl an Käsereien gibt, in den besonders angepasste Nutztiere. Ostalpen dagegen wesentlich weniger. Die Erschließung der Almregion war durch Das Allgäu weist, obwohl es in den Ostalpen unterschiedliche kulturelle und natürliche liegt, geologische Verhältnisse auf, die denen Faktoren geprägt (Beispiel „Walser“, S. 17). der Westalpen entsprechen. Hier reichen (wie Auch die geologischen Verhältnisse haben die der Blick auf die geologische Karte auf der in den Alpen lebenden und wirtschaftenden Umschlaginnenseite zeigt) westalpine Gestei‑ Menschen bei der Auswahl der Weideflächen ne spornartig in die Ostalpen hinein. beeinflusst. Relativ weiche Gesteine wie tonige Kalke, Die Vegetation Mergel, Schiefer oder vulkanische Gesteine In der Umgebung der Almen ist die Vielzahl bedingen weiche Geländeformen und ver‑ hochwüchsiger Pflanzenarten – so genannter gleichsweise mächtige Bodenbildungen. Diese Hochstauden – auffällig. Sie benötigen viel konnten als Weideflächen für das Vieh und spä‑ Dünger, vor allem Stickstoff. Deshalb gedei‑ hen sie unterhalb von Almhütten prächtig, da Kulturraum Alpen durch Viehjauche und -mist und manchmal Die Alpen sind nicht nur ein einzigartig vielfäl - auch durch menschliche Abwässer genügend tiger Naturraum, auch die kulturelle Vielfalt ist Stickstoff und andere Nährstoffe in den Boden einmalig in Europa. Neben den vielen Sprachen und Dialekten ist dies an der Siedlungsstruktur, gelangen. An Stellen, an denen das Almvieh der Architektur und den Bewirtschaftungsfor- länger verweilt und sich dazu oft hinlegt men zu sehen – besonders auffällig ist z.B. der („lagert“), reichert sich so eine gehörige Unterschied zwischen hochgelegenen, typisch Portion Dünger in Form von Kuhfladen an. germanischen Streusiedlungen, in denen Viehwirt- Dies ermöglicht die Ausbildung so genannter schaft vorherrschte, und den für das romanische Lägerfluren, die sich durch hochwüchsige, Siedlungsgebiet typischen Haufendörfern, in denen großblättrige Pflanzen – z.B. den Alpen­ überwiegend Getreide angebaut wurde. ampfer – auszeichnen.

12 Auf Tour in der Almstufe!

Seine großen Blätter wurden früher von den Sennern zum Verpacken des Käses verwendet. Sie wur‑ den außerdem wie Sauerkraut verarbei‑ tet und dienten auch als Abführmittel. Die stärkehaltigen Wurzelstöcke wurden an die ebenfalls auf der Alm lebenden Schweine verfüttert. Die Tiere fressen den Ampfer kaum, so dass die hohen Stau‑ den andere Pflanzen‑ arten nach und nach Der Alpenampfer – die verdrängen können. typische Pflanze der Die Almbauern Lägerfluren „schwenden“ daher den Ampfer regelmäßig, d.h. sie schneiden ihn mit der Sense ab, damit dieses „Weide- Wildkraut“ nicht überhand nimmt. Eine weitere typische Pflanze der Almen ist der Weiße Germer, der leicht mit dem Gelben Enzian verwechselt wird. Beide sind kräftige Pflanzen mit großen Blättern. Die Blüten des Weißen Germers sind jedoch eher unschein‑ bar, grünlich-weiß. Seine Blätter sind wechsel‑ ständig angeordnet und wie eine Ziehharmoni‑ Weißer Germer Gelber Enzian ka längs gefaltet. der Flaschen, auf denen der attraktivere, blau Der Gelbe Enzian sieht, wenn er nicht blüht, blühende Stengellose Enzian abgebildet ist). fast genauso aus, doch sind seine Blätter Dafür wird die bis zu zwei Kilogramm schwere kreuzgegenständig angeordnet, glatt und mit Wurzel verwendet, wofür die ganze Pflanze deutlichen Längsnerven. ausgegraben werden muss. Die Rohstoffe Aus dem Gelben Enzian wird der gleichnamige hierfür werden jedoch in den seltensten Fällen Schnaps gebrannt (entgegen den Etiketten in den Alpen gewonnen. Zumeist kommen

13 Auf Tour in der Almstufe!

die Enzianwurzeln aus den französischen ten Viehgangeln, eine höhenlinienparallele ­Pyrenäen, aus Gebirgen auf dem Balkan oder Treppung der Hänge, die durch den Tritt der aus Feldern im Alpenvorland. Kühe entsteht. Bei fortgesetzter lokaler Über‑ weidung, insbesondere bei Nässe, werden Fast jeder Hüttenanstieg führt an Almwei- Rasenstücke losgetreten, die Ansatzpunkte den vorbei. Oft finden sich dort geeignete für großflächigere Erosionsschäden auf den Rastplätze, da das Gelände flacher wird und Almen sein können. Dies macht die Bedeutung kein Wald die Sicht versperrt. Warum also nicht der Behirtung bzw. Almpflege deutlich. einmal ganz gezielt den Kühen beim Grasen zuschauen? Dabei kann man den Teilnehmern Zu Fuß unterwegs verschiedene Beobachtungsaufgaben stellen: Dass „Wegabschneider“ die Vegetation zerstören und deshalb zu vermeiden sind, ist dank der • Fressen die Kühe alle Kräuter gleichmäßig intensiven Aufklärungsarbeit der Alpenvereine ab? Welche lassen sie stehen? (Bestimmungs- zum „common sense“ geworden. Achte insbe - buch) – Wie steht eine Kuh auf? sondere im Abstieg und/oder bei Nässe darauf, • Gibt es Anzeichen von Erosion? dass du mit deiner Gruppe auf dem Weg bzw. Steig bleibst! Solltest du Lust darauf haben, • Gibt es Almflächen, auf denen sich wieder selbst einen Weg zu sanieren, dann kannst du Bäume ansiedeln? Welche Gründe könnte es an einer der Umweltbaustellen des DAV teilneh - geben, dass die Almfläche nicht mehr bewei- men oder eine Umweltbaustelle organisieren det wird? (Auskünfte hierzu in der Bundesgeschäftsstelle des DAV). Oder frage einfach mal, welche Landschaft deinen Teilnehmern am besten gefällt. Falls Mit dem Rad in den Bergen unterwegs die Wanderung an einer Alm oder Sennerei (am Viele Bergsteiger sind sowohl zu Fuß als auch ehesten im Allgäu oder den Schweizer Alpen mit dem Rad unterwegs. Mountainbiken ist eine zu finden) vorbeiführt, kann es sich lohnen, umweltfreundliche Art, die Alpen zu erleben, das Almpersonal um eine kleine Führung durch wenn du Folgendes berücksichtigst: die Alm zu bitten. Mit etwas Glück erhaltet ihr Fußgänger haben Vorrecht so eine kleine Einführung ins Einmaleins des Grundsätzlich haben Fußgänger in den Alpen Vorrecht. Deshalb: Bitte rücksichtsvoll fahren. Käsens und in das Leben auf der Alm. Es ist Von Wanderern hochfrequentierte Wege soll- selbstverständlich, dann auch eine Brotzeit zu test du (vor allem am Wochenende) meiden. Im bestellen oder Käse zu kaufen! Zweifelsfall musst du als Biker absteigen. Für alle Fälle gilt: Ein freundlicher Gruß hat noch Auf den Almflächen sind oft vielfältigeBoden - nie geschadet! erosionsformen zu sehen. Je nach geologi‑ Nur geeignete Wege befahren schem Untergrund, Hangneigung und Nieder‑ Bevor es losgeht: Gut planen, Karten und Führer schlagsverhältnissen kann eine Verminderung studieren: Welche Straßen bzw. Wege dürfen be- der Vegetation durch Tritte auch Bodenerosion fahren werden? Am besten benutzt du aktuelles zur Folge haben. Auch Lawinen und Schnee‑ Führermaterial, denn Fahrrad-Verbotschilder findest du oft erst vor Ort und nicht in der Karte schurf können die Vegetation „abhobeln“. eingezeichnet. Breite Forst- und Almstraßen dür- Besonders auffällig sind jedoch die so genann‑

14 Auf Tour in der Almstufe!

im 18. Jahrhundert hat sich hier eine Rinder‑ fen jedoch in Deutschland in der Regel befahren rasse entwickelt, welche den schwierigen werden. Dort, wo nur Steigspuren eingezeichnet sind, lässt du das Rad besser zurück. Grund - Umweltbedingungen des hochalpinen Raumes sätzlich gilt: Abseits der Wege fahren ist tabu! bestens angepasst war und es noch immer ist. Besondere Vorsicht beim Abwärtsfahren und/oder Bei der Zuchtauslese wurden vor allem Kri‑ bei Nässe! Blockierbremsungen vermeiden, bei terien wie Widerstandsfähigkeit, Futterdank‑ Nässe keinesfalls neben den Weg ausweichen barkeit und Geländegängigkeit beachtet und (notfalls absteigen!), denn nasser, weicher Boden gefördert. Aus der Milch, häufig vermischt mit ist besonders erosionsempfindlich! Ziegenmilch, wird der berühmte „Pinzgauer Die Vorteile der Bergkas“ hergestellt, der in der lokalen Küche Bahn-Bike-Kombination nutzen auf vielfältige Weise verwendet wird (und für Gerade mit dem Mountainbike bietet es sich den sich ein Abstecher in den Gasthof vor Ort an, mit der Bahn in die Alpen zu fahren. Du hast lohnt!). dann den Vorteil, dass du von einem Bahnhof zum anderen ganze Gebiete durchqueren kannst, Wir sind Gäste nicht im Stau stehst und mit dem Rad schnell Genieße die einzigartig bunte und artenreiche vom Bahnhof zum Ausgangspunkt und wieder Vielfalt der Almwiesen – und lasse die Blumen zurückkommst. dort stehen, wo sie wachsen. Beachte, dass in der Nähe von Weidevieh Hunde an die Leine gehören, denn besonders Muttertiere reagieren sehr emp- Wegabschneider von Wanderwegen sind idea‑ findlich...! Führt der Weg durch Viehgatter: Bitte le Leitbahnen für den Oberflächenabfluss, was nicht vergessen, diese wieder zu schließen! zu Bodenerosion führen kann. In der Regel ist dies jedoch nur bei extrem hoher Belastung Mit dem Mountainbike Im Almgebiet bitte besonders vorsichtig fahren: der Fall, z.B. dann, wenn Steige überwiegend An Rinder- und Schafherden langsam vorbeifah- im Abstieg oder bei Nässe begangen werden. ren – schnelles Tempo sind sie nicht gewöhnt! Die extremen Standortbedingungen im Ge‑ birge haben zur Folge, dass Wachstum und Viele der kleinen geländegängigen Rinderras‑ Regenerationsprozesse sehr viel langsamer sen der Alpen sind inzwischen ausgestorben, vonstattengehen als im Tal. Deshalb findet da sie verhältnismäßig wenig Milch lieferten Bodenbildung nur langsam statt, so dass hohe (z.B. Tuxerrind, das im Tuxertal in Tirol gezüch‑ bzw. intensive Niederschläge große Wirkung tet wurde, oder die Berchtesgadener „Katze“). zeigen. Durch das geringe Gewicht dieser angepass‑ Bekanntes Nutztier der Almregion: ten Bergrassen (und gleichzeitige intensive Behütung) war Bodenerosion auf Almwiesen das Pinzgauer Rind früher die absolute Ausnahme. Erst mit der Das Pinzgauer Rind ist die einzige autoch‑ Älpung der schwereren, produktiveren Tief‑ thone (= im Gebiet angestammte) Rinderrasse landrassen kam und kommt es zu stärkerer Österreichs. Ihre Stammheimat befindet sich Trittbelastung und zu lokaler Zerstörung der rund um das Gebiet der Hohen Tauern. Bereits Grasnarbe.

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Saumhandel Von der Antike bis zum Ende des 19. Jahrhun - derts war der Saumhandel über die Alpen ein wichtiger Wirtschaftszweig in einigen Gebieten der Alpen (z.B. den Hohen Tauern). Zur Zeit der römischen Herrschaft über das Gebiet des heutigen Österreichs galten die Alpen als fast unüberwindliche Barriere. Geschichten über Ungeheuer in den Alpen wurden oft erzählt (und gerne geglaubt). Dennoch war die Verbindung über die Alpen eine wirtschaftliche Notwendig - Der Tatzelwurm, das „Fabelungeheuer der Alpen“ keit. Da es jedoch weder Straßen noch Tunnels gab, wurde der Transport von Waren, der so Der Tatzelwurm ist der Sage nach ein kleiner genannte Saum, auf dem Rücken von Pferden Drache, der im Gebirge sein Unwesen treibt. vorgenommen. So brachten die Säumer aus An manchen Häusern sind Tatzelwurmmotive Venedig, einer der damaligen Welthandelsme- zu sehen, die angebracht wurden, um seinen tropolen, Wein, Südfrüchte, Glas, Seife, Seide, Zauber abzuwehren. Gewürze und allerlei Waren aus Asien über die „Tauern“ (= alte Bezeichnung für Übergang) Bei einer Brotzeitpause könntest du zum in den Norden. Aus den Gebieten nördlich der Thema Almwirtschaft eine kurze, viel- Alpen wurden im Gegenzug Salz, Edelmetalle leicht sogar aus deinem aktuellen Tourengebiet und Pelze in den Süden transportiert. Dabei betrug die Durchschnittslast pro Tier ungefähr stammende Almsage erzählen. Im gesamten 150 Kilogramm (= ein Saum). Bekannte Über- Alpenraum existiert eine Vielzahl an Sagen, die gänge im Tauernmassiv sind z.B. der Krimmler vom Leben auf der Alm geprägt sind. Ein häufig Tauern, der Felbertauern und der Kalser Tauern. wiederkehrendes Thema steht in historischem Der Weg über die Alpenpässe war natürlich sehr Bezug zur „Kleinen Eiszeit“ (S. 27). risikoreich. Entlang des Weges bildeten sich Raststationen, so genannte Tauernhäuser, mit So erzählt man sich im Berchtesgadener Raum der Aufgabe, die Säumer und andere Reisende die Geschichte von der Übergossenen Alm zu versorgen und ihnen ein Nachtlager anzu - am Hochkönig. Das heute noch unter diesem bieten. Im Todesfall bargen sie die Opfer und Namen in der Karte geführte Firnfeld soll frü- beerdigten sie. Für all diese Dienste erhielten her eine prächtige, reiche Alm gewesen sein. die „Tauernwirte“ einen Lohn, der zumeist Die Almleute wurden im Lauf der Zeit jedoch in Salz ausbezahlt wurde, und Privilegien, übermütig, schmückten ihre Tiere mit silbernen wie z.B. eine weitgehende Steuerfreiheit. Ein Relikt aus dieser Zeit ist z.B. das Tauernhaus Glocken und vergoldeten den Stieren die Hör- in Rauris oder das Krimmler Tauernhaus. Der ner. Als sie jedoch ihren Tanzboden mit Butter Saumhandel blieb bis ins 16. Jahrhundert der übergossen und den Teufel aus den nahen Teu- übliche Transport über die Alpenpässe. Erst als felshörnern zum Tanze einluden, holte der sich befahrbare Straßen gebaut wurden, die zumeist die Almleute und ihre Gäste. Letztendlich kam den Trassen der alten Römerstraßen folgten, vom Himmel wie eine Lawine die Strafe – das verlor diese beschwerliche Art des Transports ewige Eis, das fortan die Alm bis zum heutigen immer mehr an Bedeutung. Tag bedeckt.

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wohnte Hochtäler zu besiedeln: Die Walser- Bergbauern erhalten unsere Kultur- landschaft Kolonisation begann. Die vielfältigen Spuren, Die bäuerliche Wirtschaftsweise hat vor allem die die Walser dabei in der alpinen Kulturland‑ im Gebirge eine vielfältige, abwechslungsreiche schaft hinterließen, kannst du auf vielen dei‑ und an die natürlichen Gegebenheiten in den ner Touren auch heute noch bemerken: auf die Alpen angepasste Landschaft geschaffen, die Walser zurückgehende Bergnamen, Abschnitte wir im Allgemeinen als schön empfinden. Durch des inneralpinen Wegenetzes wie auch die ihre kleinräumige Bewirtschaftung ist sie auch Waldverteilung einiger hochgelegener Täler aus ökologischen, kulturellen und landschafts­ oder die Schieferscheiben-Sockel der Korn‑ ästhetischen Gründen besonders zu fördern. Der Deutsche Alpenverein möchte sowohl das speicher im Wallis. kulturelle Erbe wie auch die kulturelle Eigen - Das Walser-Recht ständigkeit erhalten. Zwischen dem ersten und dem 14. Jahrhundert Was du beitragen kannst verdreifachte sich die Bevölkerung in Europa Ein „Einkehrschwung“ auf einer bewirtschafteten nahezu. Die Ernährung der Menschen wurde Alm in deinem Tourengebiet wird eigentlich nie zunehmend schwieriger, wobei die Bauern abgelehnt, es muss ja nicht immer der Käse aus in Abhängigkeit von feudalen Großgrundbe‑ dem Supermarkt von zu Hause sein. Weiterhin ist sitzern lebten. Man musste sich also etwas es möglich, sich vor der Heimfahrt noch regionale Produkte (nach dem Motto: der Bergkäse als einfallen lassen, um zu überleben. Ausgehend beliebtes Mitbringsel) zu erwerben und so die von Klöstern, bekamen die Walser das Recht Vermarktung von Qualitätsprodukten zu fördern. zugeteilt, Land nach den Regeln der Erbpacht Eine diesbezügliche Liste des Arbeitskreises Berg- zu erwerben und urbar zu machen. Der Pacht‑ landwirtschaft kann in der DAV-Bundesgeschäfts- zins war unabänderlich und auf alle Zeiten fest‑ stelle bezogen werden (Anhang). Generell geht gelegt. Damit hatten Bauern zum ersten Mal es darum, bei den Teilnehmern ein Bewusstsein die Sicherheit, unabhängig von einem feudalen dafür zu schaffen, dass der Erhalt der Landschaft, in der wir uns erholen, nicht selbstverständlich Großgrundbesitzer über einen großen Zeitraum ist. Freiwilligeneinsätze auf Bergbauernhöfen zu planen und langfristig zu wirtschaften. Das runden die Palette an Möglichkeiten für den in - erworbene Land durfte durch Erbe nicht geteilt teressierten und engagierten Alpinisten ab (Info werden und wurde daher von den Walsern an und Adressen sind in der Bundesgeschäftsstelle den erstgeborenen Sohn vererbt. Die anderen des DAV erhältlich). Kinder mussten in einer Art Halb-Nomadentum weiterziehen und neues Land urbar machen. Die Walser – sie kamen, Dies erklärt, warum in einer relativ kurzen Zeit so viele Alpentäler von den Walsern besiedelt sahen, säten... wurden. Nachdem die höchstgelegenen Regi‑ Als im späten Mittelalter der Siedlungsraum onen erfasst und die Landreserven erschöpft knapp wurde und gesellschaftliche Verände‑ waren, war auch der Erfolg der Walser-Wirt‑ rungen es ermöglichten, zogen landflüchtige, schaft beendet. Zusätzlich zwang die erneut hochspezialisierte Bauern aus dem Oberwallis einsetzende Verschiebung des Klimas hin zu ei‑ in Richtung Norden und Osten, um dort unbe‑ ner „Kleinen Eiszeit“ (S. 27) die Walser-Siedler,

17 Auf Tour in der Almstufe!

Die Kornspeicher sitzen auf etwa 30 Zentimeter hohen Schieferscheibensockeln, die auch als „Mausplatten“ bezeichnet werden, da sie die Mäuse davon abhalten, in die Speicher einzudringen. die Hochtäler zu verlassen. Damit waren auch (z.B. Haufendörfer im Goms) sind meist erst die Übergänge über hohe Pässe mit Viehher‑ später im 16. Jahrhundert entstanden, denn den nicht mehr möglich. typisch für die Walser sind Streusiedlungen. Da vielerorts die Landwirtschaft alleine kaum Die Walserwirtschaft zum Überleben reichte, war der Saumhandel Den eigentlichen Kern der Walser-Gesellschaft (S. 16) eine wertvolle Ergänzung. bildete der Hof als familiäre, geschlossene und autarke Einheit. Für die extremen hoch‑ Die Walser-Wege alpinen Verhältnisse ist dies erstaunlich, Die Walser-Wege führten nicht in die Täler denn gemeinschaftlich genutzte Anlagen (z.B. hinab, sondern verbanden in der Höhe verlau‑ Bewässerung) hätten sicherlich Vorteile ge‑ fend die Täler miteinander. Ihr Wegenetz war bracht, welche die Überlebensfähigkeit gestei‑ Grundlage für viele unserer alpenquerenden gert hätten. Der Grund für den erbitterten Indi‑ Straßen. So geht beispielsweise auch die vidualismus ist in der Historie der Erbpacht zu berühmte Brücke am Schöllenen (Gotthard‑ suchen, welche die Besitzverhältnisse und die straße) vermutlich auf die Walser zurück. Abgaben genau festlegte. Die heute bekann‑ Einige ihrer Übergänge sind heute kaum ten zusammengedrängten Dörfer der Walser mehr vorstellbar: So zogen die Bewohner von

18 Auf Tour in der Almstufe!

Evolène über den Col Collon (3.130 m) zum Bekannte Beispiele für Walsersiedlungen Viehmarkt nach Aosta. Die Siedler im Avers Das Kleine Walsertal gehörte mit den Wei‑ (Graubünden) gingen über den Stallerberg den des Tannbergs (Lech-Ursprung) zu den (2.579 m) zur Kirche nach Stalla-Bivio, und die höchstgelegenen Walser-Weiden in Österreich Bevölkerung von Galtür (Paznauntal) trug ihre und stellt einen uralten Walser-Gerichtsbezirk Toten über den Futschölpass (2.768 m) auf dar. Die „Walserschanze“ am nördlichen Ein‑ den Friedhof von Ardez. gang des Tales wurde allerdings erst im Drei‑ Die Rodungstätigkeit der Walser ßigjährigen Krieg errichtet und markiert heute die deutsch-österreichische Grenze. Viele Gebiete, so z.B. das Paznauntal (Galtür) „verdanken“ ihre hohe Gefährdung durch La‑ Galtür wurde aus dem nahe gelegenen winen der Rodungstätigkeit der Walser. Denn Montafon durch die Walser besiedelt. Die die nach Süden exponierten Hänge wurden Alp Zeinis (Zeinisjoch) befand sich im elften für Ackerbau und Viehzucht oft vollständig Jahrhundert im Besitz des Klosters Marienberg vom Lawinenschutzwald befreit. Die schatt‑ (Vinschgau). Die ersten Rodungen gingen seitigen Nordhänge dagegen blieben bis vermutlich von dieser Alp aus. Im Gegensatz heute bewaldet. Das vom Lawinenwinter 1999 dazu wurde Ischgl von den Rätoromanen aus bekannt gewordene Goms, das Ursprungstal dem Engadin besiedelt, die über den Fimber‑ der Walser-Kolonisation, war bereits im 18. pass (2.608 m, Heidelberger Hütte) kommend Jahrhundert bekannt für Lawinen: In Ober‑ im Paznauntal wichtige Weidegründe fanden. gestln wurden im Jahr 1720 durch eine Lawine Galtür bildete zur Walserzeit einen wichtigen 105 Häuser niedergerissen, wobei 84 Tote zu Verkehrsknotenpunkt zwischen dem Engadin, beklagen waren. Tirol und Vorarlberg: Von Ardez aus führte der Saumweg über den Fütschölpass (2.768 m, Als Aufhänger, um über die Walser etwas Jamtalhütte) nach Galtür und weiter über das zu erzählen, kann dir vieles dienen – das Zeinisjoch nach St. Gallenkirchen im Monta‑ Nebeneinander rätoromanischer und deutscher fon. Eine Besonderheit ist das deutschspra‑ Bergnamen wird dir schon selbst in einigen Ge- chige Dorf Bosco Gurin inmitten des italie‑ bieten aufgefallen sein. So stehen beispielsweise nischsprachigen Tessin. Dort haben sich vor rätoromanische Bergnamen wie Saladina, Forma- mehr als 700 Jahren Walser niedergelassen. letsch oder Valluga auf den Wegweisern manch- Das einzigartige Dorfbild steht unter Heimat‑ mal unmittelbar neben alemannischen Bergna- schutz. Besonders interessant ist das Walser- men der Walser wie Rotwand oder Misthaufen, Vorzeigedorf Sapün. Bilder des deutschen und erinnern an die Geschichte der Region. Expressionisten Ernst Ludwig Kirchner (1880 Bist du ohnehin in diesem Gebiet des bergsportlich bis 1938) haben im Schanfigg die Welt der wie kulturgeschichtlich interessanten Walserwe- Walser festgehalten und sind im 1992 gebau‑ ges zwischen Zermatt und Mittelberg unterwegs, ten Museum in Davos zu bewundern. ist es ein Leichtes, kulturgeschichtliche Höhe- punkte in dein Rahmenprogramm mit einzubauen. (Empfohlene Literatur: „Der große Walserweg“)

19 Auf Tour im Gebiet Alpiner Rasen! Auf Tour im Gebiet Alpiner Rasen!

Nach der Durchquerung der deutlich vom den Zentralalpen bilden relativ steile Schuttkegel Menschen überprägten Bergwaldzone und der aus großen Felsblöcken, im Kalk und Dolomit Almen führt der Großteil der Bergtour in der Re‑ (Nördliche Kalkalpen, Teile der Südalpen wie die gel durch den Bereich der alpinen Rasen. Diese Dolomiten) ist das Material viel feinkörniger und sind aufgrund ihrer Höhenlage von Natur aus es bilden sich flachere Schuttfächer. baumfrei und werden nur sehr eingeschränkt vom wirtschaftenden Menschen genutzt. Die Die Vegetation der alpinen Rasen Region wird, wenn überhaupt, nur extensiv In Mulden der alpinen Rasen bleibt der Schnee beweidet oder im Hochsommer einmal gemäht sehr lange liegen, man bezeichnet diese Be‑ (so genannte Bergmähder, auch als Urwiesen reiche daher auch als Schneetälchen. Sie bezeichnet) und gehört zu den ursprünglichs‑ beherbergen Pflanzenarten, die es gelernt ha‑ ten Bereichen in den Alpen. ben, mit der kurzen schneefreien Zeit von oft Strukturelemente in den meist ausgedehn‑ nur acht Wochen und der starken Nässe des ten, offenen Rasenflächen sind in die Rasen Bodens zurechtzukommen. Der nasse Boden hineinreichende Schuttkegel oder Felssturz‑ der Schneetälchen ist sehr weich und dement‑ trümmer, die die Hänge übersäen. Wachsen sprechend äußerst trittempfindlich! die Schuttfächer nur langsam, so kann sich in Die erste Pflanze, die oft durch noch vor‑ diesen Bereichen so genannte Pioniervege‑ handene Schneedecken spitzt und blüht, ist tation ansiedeln (Auf Tour in Fels, Schutt und das Alpenglöckchen (auch: Soldanelle) mit Eis! S. 26). An feuchten Standorten oder Stel‑ seinen zarten gefransten lila Blüten. Die faszi‑ len mit feinerdereichem Gesteinsschutt (z.B. nierendste Pflanze der Schneetälchen ist der Lawinenstrich) können sich auch hier Hoch‑ kleinste Baum der Welt, die Krautweide. Sie staudenfluren ansiedeln, die man eigentlich kommt überwiegend in den Zentralalpen auf im lichten Wald oder im Almbereich erwarten Silikat vor, aber sie hat ähnliche Verwandte, würde. Eine häufige und dafür typische Pflan‑ die in Schneetälchen im Kalk vorkommen. Ihre ze ist der Alpendost. Stämmchen sind etwa fingerdick und stecken unter der Erde. Auch die Zweige kriechen an Schuttfächer und unter der Erdoberfläche entlang. Nur die Schuttfächer (wie auch die etwas steileren Schutt- Blätter und die Blüten treibt die Krautweide kegel) entstehen durch beständig herabrieselnde, oberirdisch aus. Die Blüten sind fast so groß fallende oder -stürzende Gesteinsbrocken, meist wie die Weidenkätzchen der großen Verwand‑ entlang von steilen Rinnen. Dies geschieht dann, ten im Tal. Wie diese, wirft die Krautweide im wenn der innere Zusammenhalt des Gesteins nicht mehr ausreicht, also die physikalische Herbst ihr Laub ab und treibt im Frühjahr neu Verwitterung entlang von Klüften und Fugen den aus. Dabei legt die Pflanze die nächstjährigen Gesteinsverbund gelockert hat. Herabstürzende Blüten und Knospen schon im Herbst an, Gesteinsbrocken, wie auch Fels- und Bergstürze, um in der kurzen nächsten Vegetationsperi‑ gehören zur natürlichen Dynamik im Hochgebirge. ode nach dem Schmelzen der isolierenden Auffällig ist, wie sich die Schuttfächer je nach Schneedecke sofort „aus den Startlöchern“ zu Gestein unterscheiden. Granite oder Gneise in kommen.

20 Auf Tour im Gebiet Alpiner Rasen!

Diese Tatsache nutzt unter anderem die Möchtest du vor deinen Ausführungen zu Schneemaus (S. 23) und versorgt sich so einer Pflanze auch die Gruppe aktiv wer- auch im Winter mit gehaltvoller Nahrung. den lassen, so bietet sich das für eine eher un- Das gegenteilige Extrem zu den Schneetälchen bekannte, aber „geschichtenträchtige“ Pflanze sind die Windkanten, an denen der Schnee wie die Gämsheide an: Lasse deine Gruppe ei- meist vom Wind verblasen wird. Somit fehlt nen Namen für die Pflanze finden (Spiel, Spaß hier oft auch im Winter der Wärmeschutz für und Verstehen, S. 48). Dazu bedarf es keiner die Pflanzen. Diese Kanten werden von der großen Vorbereitungen und du kannst praktisch Gämsheide besiedelt. Sie ist ein immergrüner „im Vorbeigehen“ etwas an deine Gruppe wei- Zwergstrauch, der flach auf dem Boden an‑ tergeben. gepresst wächst und ein dichtes Blätterdach Auf hochgelegenen alpinen Rasen im Kalk bildet. Dadurch ist die kräftig rosa blühende findet man auch dasEdelweiß , das zum In‑ Heide in ihrem Inneren fast völlig vor Kälte und begriff der Alpenpflanze und zum Symbol des Wind geschützt. Sie ist von allen Alpenpflanzen Alpinismus schlechthin wurde. am kälteresistentesten und übersteht Tempe‑ Es war seit jeher von Sammlern begehrt, so raturen von minus 70 Grad Celsius. Messungen dass noch heute die Bergwacht auf der Höfats haben ergeben, dass die Temperatur im Inne‑ im Allgäu die dortigen Edelweißvorkommen ren des Bestands bis zu 20 Grad Celsius über bewacht. Das Edelweiß wanderte während der Außentemperatur liegen kann. Eng mit der Eiszeiten aus den Gebirgen Zentralasiens der Heide „verbandelt“ (im Fachjargon auch in die Alpen ein und kann hier bis heute über‑ als Symbiose bezeichnet) findet man strau‑ leben. chige Flechten, unter ihnen die so genannte Die gelb blühende Rentierflechte. Die Flechten sind wichtig für Arnika ist eine der das Überleben der Heide, da sie zusammen ältesten Heilpflanzen mit abgestorbenen Pflanzenteilen wie eine Art im Alpenraum; sie Schwamm Wasser speichern, das für die Gäms‑ wird vor allem zur heide aufgrund ihrer sehr ausgesetzten Stand‑ Wundheilung einge‑ orte oft Mangelware ist. Die Gämsheide hat setzt. Ihr Blütenkopf außerdem die Möglichkeit, über zwei Rillen auf besteht aus den un‑ der Blattunterseite wie mit einem Strohhalm auffälligen winzigen aus Schneeresten Wasser aufzusaugen. Als Röhrenblüten, die Verdunstungsschutz ist die Blattoberseite von von einem strahlen‑ einer dicken Wachsschicht überzogen. Diese förmigen Kranz aus sehr fetthaltigen Pflanzenteile lassen leicht die Zungenblüten um‑ Herkunft des Namens nachvollziehen: Sie bie‑ geben werden. Die ten Gämsen (und auch Steinbock, Schneehuhn orange-gelben Zun‑ oder Schneehase) auf den auch im Winter oft genblüten in Alkohol frei geblasenen Stellen Futter, dessen Nährwert eingelegt, ergeben Arnika – Heilpflanze aus mit dem eines Müsliriegels vergleichbar ist. die wundheilende den Alpen

21 Auf Tour im Gebiet Alpiner Rasen!

Tinktur, wobei der Pflanzenbestand nicht zurückziehen, und Dauerbaue, in welchen sie bedroht wird, sofern die für die Fortpflanzung überwintern. Im Dauerbau befindet sich eine wichtigen Röhrenblüten an der Pflanze belas‑ mit trockenem Gras ausgepolsterte, frostsi‑ sen werden. Die Arnika findet man besonders chere Schlafhöhle, die bis zu drei Meter unter häufig auf Bergwiesen der Zentralalpen in der Erde angelegt sein kann. etwa tausend Metern Höhe. Ihr könnt den Nutzen eines großen Famili- Bewohner alpiner Rasen: enverbandes im Winter durch die „Wär- z.B. „Mankei“ und Schneemaus meschnecke“ (Spiel, Spaß und Verstehen, S. 38) mit der Gruppe nachempfinden!

Murmeltier beim Nestbau Am häufigsten zu beobachten und durch sei‑ nen schrillen Pfiff jedem Bergsteiger bekannt ist das Alpenmurmeltier. Das gesellig leben‑ de „Mankei“, wie es auch genannt wird, ist das Murmeltierbau größte Nagetier der Alpen. Sein Lebensraum sind offene, sonnige Hochgebirgshänge (alpi‑ In dieser Schlafhöhle hält die gesamte Familie ne Rasen, Almflächen) und Geröllfelder zwi‑ eng aneinandergekauert von Oktober bis April schen tausend und 3.000 Meter Höhe. ihren Winterschlaf. Eigentlich handelt es sich Das Zentrum eines Familienverbandes bildet dabei um eine Ruhephase, in der ihre Kör‑ ein dauerhaft zusammenlebendes Paar. Die pertemperatur nur rund vier bis sieben Grad Jungtiere bleiben bis zur Geschlechtsreife Celsius beträgt. Diese Ruhephase wird durch (zwei bis drei Jahre) bei den Eltern. Die Famili‑ kurze, intensive Schlafphasen zur Erholung en bewohnen Baue, welche je nach Jahreszeit unterbrochen. Dabei steigt die Körpertempe‑ näher (Sommer) bzw. ferner (Winter) zur Erd‑ ratur auf etwa 32 Grad Celsius, wodurch das oberfläche angelegt werden. Diese können „Mankeifett“ intensiv abgebaut wird. unterschieden werden in reine Fluchtbaue, in Kurz nach dem Winterschlaf erfolgt die Paa‑ welche sie sich bei drohender Gefahr rasch rung. Nach etwa einem Monat Tragzeit werden

22 Auf Tour im Gebiet Alpiner Rasen!

bis zu sieben Junge geboren. Murmeltiere sind tagaktiv und müssen daher beim Äsen sehr vorsichtig sein. Bemerkt eines der Tiere eine Gefahr, stößt es sofort den bekannten schril‑ len Schrei aus, der wie ein lauter Pfiff wirkt. Ist dieser Schrei lang gezogen, bedeutet dies, dass eine Gefahr aus der Luft im Anzug ist.

Schneemäuse sind auch unter der Schneedecke aktiv metern und einem Gewicht bis zu 75 Gramm zählt sie zu den großen Wühlmausarten. Ihre Nahrung besteht aus Pflanzen(teilen), die sie in ihre Baue tragen und dort fressen. Da die Tiere auch im Winter aktiv sind, gehen sie unter der isolierenden Schneeschicht auf Nahrungssuche nach Knospen, Blättern und Ähnlichem. Die Schneemäuse müssen zur Gefahr aus der Luft Aufrechterhaltung ihrer Körpertemperatur täg‑ Ist hingegen eine Abfolge mehrerer derartiger lich etwa die Hälfte ihres Körpergewichtes an Schreie zu vernehmen, deutet dies auf eine Nahrung fressen. Es wurde beobachtet, dass Gefahr am Boden hin (v.a. Fuchs). sie Heu trocknen, um es dann zum Nestbau zu verwenden. Setzt die Schneeschmelze ein, Das Fett der Murmeltiere, das so genannte bauen die Mäuse Dämme, um ihre Höhlen vor Mankeischmalz, gilt seit jeher als heilkräftig. Überflutung zu schützen. Auch heute wird Murmeltierfett zur Herstel‑ lung von Salben gegen Muskelschmerzen, Ver‑ Um deiner Gruppe ein vergleichsweise stauchungen und Rheuma verwendet. unbekanntes Tier wie die Schneemaus Blockübersäte Rasen, Felsspalten und Geröll‑ und seine besonderen Fähigkeiten näher zu halden mit spärlicher Vegetation bis hinauf bringen, gibt es außer der Möglichkeit, darüber in die Gipfelregion sind der Lebensraum der etwas zu erzählen, auch ein Spiel: Beim Schneemaus, dem höchststeigenden Säu‑ „Mystery Animal“ erhält jeder aus deiner Grup- getier der Alpen! Am ehesten bekommt man pe ein Stück Papier oder Pappe (etwa Postkar- sie in der Nähe der Schutzhütten zu Gesicht. tengröße) und einen Stift. Du nimmst den ent- Wenngleich sie hauptsächlich nachtaktiv ist, sprechenden Tiersteckbrief und versuchst nun, kann man durchaus auch sich sonnende Tiere in die Rolle des ausgewählten Tieres zu schlüp- beobachten, die als „Energiesparmaßnahme“ fen und dich so deiner Gruppe mit Größe, Ernäh- auf diesem Weg die Körpertemperatur hoch rungsweise etc. vorzustellen. Die Gruppe kann halten. Mit ihrer Größe von 13 bis 22 Zenti‑ sich bei den Merkmalen Notizen machen. Nach

23 Auf Tour im Gebiet Alpiner Rasen!

deinen Ausführungen besteht die Aufgabe für In weglosem Gelände unterwegs die Gruppe darin, das vorgestellte Tier zu zeich- Im Allgemeinen gilt in den Alpen das Betretungs- nen. Nach Möglichkeit solltest du ein Bild des recht der freien Landschaft (beispielsweise in der von dir vorgestellten Tieres dabeihaben. Bayer. Verfassung in Artikel 141 geregelt). Dies kann jedoch lokal bzw. regional durch verschiedene Alpine Rasen sind auch der Lebensraum des Gesetze und Regelungen (z.B. Verordnungen von Alpenschneehuhns und des Schneehasen. Schutzgebieten mit Wegegeboten) eingeschränkt Ihre Lebensweise ist vor allem im Winter in‑ sein. Für den Alpenraum gibt es keine einheit - teressant. Deshalb werden sie im Kapitel „Im liche Gesetzgebung im Umweltbereich. Jedes Winter unterwegs“ (S. 45) beschrieben. Alpenland hat seine eigenen Naturschutzgesetze, Jagdgesetze, Forstgesetze etc. Der Schutzstatus des Gebietes ist in der Regel bereits auf der Karte sichtbar. Die Alpinen Verbände der Alpenländer bieten auf ihren Portalen meist detaillierte und aktuelle Informationen zu den relevanten Bestimmungen. Verhaltensgrundsätze Was Verhaltensgrundsätze anbelangt: Im Zwei- felsfall vorher nachfragen. Dies gilt insbesondere für Sonderschutzgebiete wie Wildschonbezirke in den Schweizer Alpen (in der Schweizer Lan - deskarte eingezeichnet) und Nationalparke (z.B. Hohe Tauern, Schweizer Nationalpark, National- park Berchtesgaden), denn in diesen Gebieten gelten sowohl zwischen den Ländern als auch innerhalb eines Landes unterschiedliche Regeln. Informationen können bei den jeweiligen Natio- nalparkverwaltungen und den Besucherzentren eingeholt werden. Sonderschutzgebiete und Gebiete mit Zugangsregelungen sind meist als solche gekennzeichnet. Zelten Möchtest du mit deiner Gruppe zelten, so ist es nötig, die rechtliche Situation vorher zu erfragen. In Bayern muss der Eigentümer der Fläche, in Schutzgebieten die zuständige Behörde (i.d.R. die Untere Naturschutzbehörde), gefragt werden. Für alle anderen Länder gelten unterschiedliche Regelungen.

24 Auf Tour im Gebiet Alpiner Rasen!

Orientierung für die Praxis Die Position des Wer auf den ausgewiesenen Wegen bleibt und Deutschen Alpenvereins vorhandene Hinweise (z.B. Tafeln) beachtet, Der DAV hat in seinem Grundsatzprogramm als ist zunächst auf der sicheren Seite. Es liegt Leitlinie formuliert, dass das Betretungsrecht jedoch in der Natur des Bergsteigens, sich der freien Landschaft auch künftigen Genera- auch in weglosem Gelände zu bewegen. Dabei tionen garantiert sein muss. Es darf nur dann gilt aus naturschutzfachlicher Sicht für Feucht- Beschränkungen unterliegen, wenn dies zum gebiete abseits von Wegen Betretungsverbot. Erhalt gefährdeter Biotope und Lebensräume Sich begrünende Schutthalden nicht abfahren, unerlässlich ist. In diesen Gebieten muss dem Schutthalden allgemein nur hintereinander Naturschutz Vorrang eingeräumt werden vor oder entlang von Steigspuren begehen (hierzu den Ansprüchen der Erholungssuchenden. Das ausführlich Kapitel „Auf Tour in Fels, Schutt und bedeutet ein klares JA für naturschutzfachlich Eis“, S. 26). Besonders trittempfindlich sind auch begründete Einschränkungen! Windkantengesellschaften/Gämsheidenbestände. Hier unbedingt auf die dazwischen liegenden Felsen treten und nicht auf die Vegetation! Pflanzen leben im Hochgebirge unter extremen Bedingungen, wachsen und regenerieren sich nur sehr, sehr langsam! Bist du in weglosem Gelände unterwegs, so musst du auch den Störeffekt für Tiere mit berücksichti- gen. Dieser ist besonders im Winter und im Wald, hier wiederum im Bereich der Waldgrenze von Bedeutung. Die speziellen Verhaltensgrundsätze für Bergsteigen im Winter sind im Kapitel „Im Winter unterwegs!“ beschrieben. Allgemein gilt: Im Waldbereich auf den Wegen bleiben! Hast du Hunde mit dabei, so gehören sie während der ganzen Tour an die Leine! Diese Gebote sind nicht zuletzt in unserem eigenen Interesse als Bergsteiger unbedingt einzuhalten!

25 Auf Tour in Fels, Schutt und Eis! Auf Tour in Fels, Schutt und Eis!

Spätestens in dieser Region werden Bergstei‑ Moränen sind vom Gletscher mitgeführtes ger hautnah mit der natürlichen Dynamik des Schuttmaterial. Sie können sich an der Sei‑ Hochgebirges konfrontiert: Beispielsweise te (= Seitenmoräne), unter dem Gletscher durch Steinschlag oder beim „Zwei-Schritte- (= Grundmoräne) oder vor dem Gletscher vorwärts-einen-zurück-Anstieg“ über eine (= Stirnmoräne, Endmoräne) befinden. Beim Schutthalde zum Einstieg der Klettertour. Auch Zusammenfluss zweier Gletscherarme kommt beeindruckt der Rückgang der Alpengletscher es zur Ausbildung einer Mittelmoräne. Anhand im Vergleich zu ihrer letzten Hochstandsperi‑ der Moränen wird die große, landschaftsfor‑ ode von 1850. Seit dieser Zeit verringerte sich mende Wirkung der Gletscher deutlich – sie die Gletscherfläche in den Alpen um bis zu sind Zeugen der abtragenden Tätigkeit des 50 Prozent, obwohl vereinzelt noch Gletscher Gletschers und Indikatoren für Schwankungen vorstoßen. der Gletscherstände, die auf Klimaänderun‑ Vor allem unter den gewaltigen Felswänden gen zurückzuführen sind. Denn insbesondere der nördlichen bzw. südlichen Kalkalpen sind die – global gesehen kleinen – Alpengletscher großflächigeSchutthalden vorhanden, die reagieren sehr schnell auf die Veränderung ständig in Bewegung sind. Die Ursache der an‑ von Klimafaktoren. Anhand der Lage und dauernden Schuttnachlieferung durch Stein‑ des Bewuchses der einzelnen Moränenwälle schlag und Felsstürze ist die im Hochgebirge können Vorstöße und Rückzüge der Gletscher vorherrschende physikalische Verwitterung, sehr genau interpretiert werden. Auf Tour gut die Frostsprengung. Wasser, das in kleinste sichtbar sind die markanten so genannten Klüfte und Risse des Gesteins eindringt, ent‑ 1820-er Moränen (manchmal auch 1850-er) als faltet durch die Volumenzunahme beim Ge‑ Zeugen der „Kleinen Eiszeit“ (S. 27). frieren eine starke Sprengwirkung, die ganze Gesteinspartien lösen kann. Die Gletscher schmelzen Im Granit oder Gneis der Zentralalpen haben Der oft in bestechender Anschaulichkeit er‑ sich vor allem unter dem Einfluss des häufi‑ kennbare Rückzug der Gletscher äußert sich geren Frostwechsels während der Kaltzeiten in einem Längenverlust, Massenverlust und Blockhalden gebildet, die heute nicht mehr einer Verlangsamung der Gletscherfließbewe‑ in Bewegung sind. Sie bestehen aus deutlich gung. Es ist eines der sichtbarsten indirekten größeren Blöcken als die Schutthalden des Anzeichen für die langfristig wirksame globale Kalkalpins, da das Urgestein meist weniger Erwärmungstendenz. Seit dem ausgehenden stark zerklüftet ist als der Kalk und daher in 19. Jahrhundert haben sich die Temperaturen größere Blöcke zerfällt. global um 0,3 bis 0,6 Grad erhöht – in alpinen Die auffälligste Form aktueller und vergangener Regionen sogar um bis zu einem Grad, denn Gletscheraktivitäten sind die Moränen. Etwas die Erwärmung wird mit der Höhe proportional genauer hinsehen muss, wer Gletscherschlif- stärker. Der einfache Zusammenhang „höhere fe entdecken will. Dies sind Schleifspuren, die Temperaturen, weniger Eis“ trifft jedoch nicht das mitgeführte Material des Gletschers auf zu, es handelt sich vielmehr um sehr komple‑ dem anstehenden Gestein verursacht hat. xe Zusammenhänge. Ein bedeutender Grund

26 Auf Tour in Fels, Schutt und Eis!

Kartenmaterials kann dir Auskunft über den aktuellen Gletscherrückgang in deinem Touren- gebiet geben und eine Diskussion zu den Ursa- chen der Erwärmung anregen.

Die „Kleine Eiszeit“ Die zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert an - dauernde Klimaänderung mit einem mittleren Temperaturrückgang von einem Grad Celsius hatte massive Auswirkungen für die Menschen in den Alpen: Sie zwang die Walser (S. 17), viele ihrer hochgelegenen Siedlungen zu verlassen, denn in den Hochtälern reifte der Roggen nicht mehr aus, so dass eine wichtige Nahrungsgrundlage wegfiel. Auch der Bergbau musste in höheren Lagen eingestellt werden. Tief herabreichende Talgletscher (z.B. Grindelwaldgletscher, Mer de Glace, Aletschgletscher) überfuhren während dieser neuzeitlichen Vorstoßphasen (z.B. 1600 Der häufigste Gletschertyp in den Alpen ist der Talglet- bis 1640, 1720, 1780 und 1820) Siedlungen, scher. Er füllt den Talboden aus und führt große Mengen alte Wasserleitungen und stauten Seen auf. In Schuttmaterial mit sich. Charakteristische Formen (ehe- einigen Fällen brachen diese Eismauern und mals) vergletscherter Gebiete sind Kare, die Ursprungs- stellen von Gletschern. verursachten größere Schäden, wie historische Gemälde und Schriften gut belegen. Der als dafür, dass die Gletscher mehr Eis verloren „Gletscherhochstand von 1850“ bezeichnete als hinzugewonnen haben, ist der Anstieg Vorstoß bildete gleichsam Höhepunkt und Ende einer rund 300 Jahre andauernden gletscherbe- der Sommertemperaturen. Die Erwärmung günstigenden Periode, die allgemein als „Kleine bewirkt außerdem ein Auftauen bisher ganz‑ Eiszeit“ bekannt ist. jährig gefrorener Bereiche (Permafrost), das vermehrten Steinschlag und Felsstürze zur Folge hat. Im letzten Jahrhundert wanderte die Gesteinsabhängige Oberflächen‑ Frostgrenze bereits um hundert bis 250 Meter formung: Karst hangaufwärts. Speziell die zum Klettern sehr beliebten In der Regel interessieren sich Bergstei- Kalke wie der massige Wetterstein-, Schrat‑ ger sehr für Gletscherschwankungen und ten- oder Dachsteinkalk weisen einen hohen Auflösung des Permafrostbodens – nicht zuletzt Reinheitsgrad auf. Hier ist der Prozess der deshalb, weil die Hochtourenmöglichkeiten täg- chemischen Verwitterung vorherrschend – es lich „dahinschmelzen“, die Anmarschwege zu trägt weniger die Frostsprengung als vielmehr den Gletschern länger werden, der Steinschlag die Lösung des Kalks durch CO2-haltiges zunimmt und einige Touren bereits unbegehbar Niederschlags- und Bodenwasser zum Abtrag wurden. Schon der Vergleich verschieden alten bei. Der in gelöster Form abgeführte Kalk kann

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(Anleitung: Jede(r) sucht sich zwei Steine und überlegt sich einen Rhythmus. Die Teilnehmer setzen der Reihe nach ein, ihren Rhythmus zu klopfen. Mit geschlossenen Augen ist es leich- ter, nicht aus dem Takt zu geraten. Am besten auch der Reihe nach ausklingen lassen). Eine weitere kreative Möglichkeit ist, die Formenviel- falt der „Stoamandl“ zu erweitern.

Jeder Kletterer kennt die „Wasserrillen“, die manchmal fälschlich mit Gletschertätigkeit in Verbindung gebracht werden. Im Fachjargon werden sie Karren genannt. sich als Kalktuff wieder ausscheiden und tritt als Sinterstufe oder Tropfstein in Höhlen oder Quellaustritten wieder in Erscheinung! Karstgebiete wie z.B. das Tote Gebirge, die dinarischen Karstgebiete, das Steinerne Meer (Berchtesgadener Alpen) oder das Gottes‑ ackerplateau (Allgäu) zeichnen sich durch ein Dolinen sind für Karstlandschaften typische trichter- oder kesselförmige Hohlformen. Einsturzdolinen bilden sich unruhiges Karstrelief mit zahlreichen Klein‑ durch Einsturz der Decke eines oberflächennahen Hohl- formen (Karren), Hohlformen (z.B. Dolinen), raumes. unterirdische Entwässerung und durch reich verzweigte Höhlensysteme aus. Der flächen‑ Karren entstehen entweder unter einer gering hafte Kalkabtrag seit der letzten Eiszeit wird mächtigen Humusdecke (rundere, tiefere Kar‑ für die Nördlichen Kalkalpen im Durchschnitt rentypen) oder auf freier Gesteinsoberfläche mit 15 bis 20 Zentimetern angesetzt. (scharfkantigere Karrentypen). Sie treten in großer Formenvielfalt auf und bilden oft große Die Vielfalt der Kleinformen im Karst ist Karrenfelder. einfach schön anzusehen. Zudem sind Karstgebiete oft sehr einsame Gegenden. Hier Überleben im Schutt bietet es sich an, ein paar ruhige Minuten einzu- Ein Überleben für Pflanzen ist nur dort mög‑ legen und die Landschaft bewusst wirken zu lich, wo die Schutthalde etwas zur Ruhe ge‑ lassen. Um die Wahrnehmung der Geräusche zu kommen ist. Dort werden sie nicht ständig von fördern, kannst du deine Teilnehmer auch eine nachrutschendem Gestein beschädigt oder „Geräuschelandkarte“ zeichnen lassen (Spiel, verschüttet. Je weniger der Schutt in Bewe‑ Spaß und Verstehen, S. 13). Ist die Stimmung gung ist, desto dichter wird die Pflanzendecke mehr nach „Aktion“, so bietet sich als eine an- und desto mehr Pflanzenarten können hier dere Möglichkeit, die „Steineklopfband“ an. wachsen.

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Das Wasser versickert im Schutt sehr schnell, Decken kann auch Gestein rutschen, ohne die wird aber in tieferen Schichten, wo auch nähr‑ Vegetation zu zerstören. Die Silberwurz ist stoffreichere Feinerde lagert, gespeichert. ein immergrüner Zwergstrauch, der ähnlich Wenn sich Pflanzen in Schutthalden ansiedeln unseren Obstspalieren an den südseitigen wollen, muss zunächst ihr Samen in diese Hauswänden durch ihren flachen Wuchs die Feinerdeschicht gelangen, um überhaupt bodennahe Wärme nutzt. Da sie sehr langsam keimen zu können und dann ans Licht zu wächst, können die verholzten Zweige bis zu wachsen. hundert Jahre alt sein. Ihre Blüten sind weiß Aus der Ferne lässt sich am Mosaik des und haben acht Blütenblätter. Auffällig er‑ Bewuchses erkennen, welche Bereiche der scheint sie nach der Blüte, wenn die Samenbü‑ Schutthalde noch viel Gestein von oben nach‑ schel wie fedrige silberne Wattebäusche aus‑ geliefert bekommen und welche nicht. Wird sehen. Wieder eine andere Strategie verfolgen kein Schutt mehr nachgeliefert, entwickelt Schuttkriecher wie das lila-orange blühende sich die Schutthalde allmählich zum alpinen Alpenleinkraut: Sie legen ihre oberirdischen Rasen. Dies geschieht meist nicht flächig, son‑ Triebe über den Schutt und lassen sich mitver‑ dern streifen- oder girlandenförmig. frachten. Schuttstauer bilden dichte Polster (z.B. Alpenmannsschild) oder kräftige Hors‑ Die grobblockigen Schutthalden im Silikatge‑ te (Gräser), die vom nachrutschenden Schutt stein enthalten weniger Feinerde, da das Ge‑ nicht leicht entwurzelt werden können. stein langsamer verwittert. Aus diesem Grund kommen hier nur sehr vereinzelt Blütenpflan‑ zen vor. Häufiger als im Kalkschutt sind dafür Flechtenarten, die in diesem kaum bewegten Schutt genügend Zeit zur Entwicklung haben. Pionierpflanzen Einer der ersten Pioniere, die den Schutt be‑ siedeln, ist das helllila blühende Rundblätt- rige Täschelkraut. Es durchwandert ihn mit langen Trieben, und sobald es verschüttet Ruhende Inseln im bewegten Schutt: wird, bewurzeln sich die Triebe neu und wach‑ Alpenmannsschild-Polster sen wieder ans Licht (Schuttwanderer). Es wurden zehn Tage alte Keimlinge gefunden, Felsvegetation deren Triebe bereits 20 Zentimeter lang waren. Oberhalb der Schutthalden, in den darüber Eine andere Überlebensstrategie im Schutt aufragenden Wänden, trifft man immer noch verfolgt die Silberwurz, die allerdings die Hal‑ auf Blütenpflanzen. Sie wurzeln inFelsspalten de erst besiedelt, wenn sie nicht mehr stark und können Wurzelsysteme bis zu 1,50 Metern in Bewegung ist. Sie überdeckt den Schutt Länge entwickeln. Feuchtigkeit ist in dieser mit dichten Decken, die fest im Untergrund Tiefe meist ausreichend vorhanden, doch kön‑ verwurzelt sind (Schuttdecker). Über diese nen die Temperaturschwankungen, denen die

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Pflanzen ausgesetzt sind, extreme Ausmaße auch selbst herausfinden lassen, mit welchen erreichen: Ohne schützende Schneedecke Strategien hier die Pflanzen überleben können. schwanken die Temperaturen an einem son‑ Eine gute Methode, das Auge für Details zu nigen Wintertag zwischen 40 und minus zehn schulen, ist das Spiel „Original und Fälschung“ Grad Celsius. Um hier zu überleben, haben (Spiel, Spaß und Verstehen, S. 21). Du kannst sich die Pflanzen besonders angepasst. den Blick deiner Teilnehmer auch etwas genau- Das Stengellose Leimkraut bildet dichte, er auf die Moränen lenken und die eine oder flache Polster, die bis zu einem Meter Durch‑ andere Beobachtungsaufgabe stellen: Welche messer erreichen können. Dies hat den Vorteil, Moränen sind bewachsen, welche nicht? Wo dass es im Polster bis zu 20 Grad Celsius wär‑ und wie sind sie bewachsen? mer ist als an der frei bewegten Luft, weil die äußere Blattschicht isoliert und der kalte Wind Schuttabfahren nicht eindringen kann. Außerdem werden die Durch das „Obischoodern“ oder „Schuttreißen abfahren“ bringt man enorm viel Bewegung in abgefallenen Blättchen im Polster gesammelt, den Schutt und kann die vorhandenen Pflanzen so dass keine wertvollen Nährstoffe verloren zerstören. Daher ist es wichtig, die Schutthalde, gehen. Das Polster ist mit einer Pfahlwurzel im die du abfahren möchtest, gut anzusehen. Sich Felsen verankert, die bis zu einen Meter lang begrünende Schutthalden haben eine außer- werden kann. Die Polster wachsen sehr lang‑ ordentlich lange Regenerationsdauer und sind sam, so dass große Pflanzen viele Jahrzehnte für Schuttabfahrten tabu! Für weitgehend unbe- alt sind. wachsenen Schutt gilt: Wenn abgefahren wird, dann am besten über vorhandene Spuren oder Die dicken Blätter der gelb blühenden Aurikel als Gruppe zumindest hintereinander. und die walzenförmigen Blättchen des Mau- erpfeffers sind ein Schutz vor Austrocknung, denn die Pflanzen sind oft ungeschützt Wind Gams und Steinbock – Alpinisten und Frost ausgesetzt. Hier dienen die Blätter auf vier Beinen als Wasserspeicher, so dass die Pflanze Tro‑ Die Gämse gehört zu den bekanntesten und ckenheit überdauern kann (succulent). am leichtesten zu beobachtenden Tieren Andere Pflanzen schützen sich mit dichter im Hochgebirge. Weniger bekannt sind ihre Behaarung der Blätter oder haben eine dicke Warnrufe, die Pfeiftöne, welche sie bei Gefahr Wachsschicht an ihren Blättern. ausstoßen. Gämsen sind in vielerlei Hinsicht Es gibt viele Anpassungen im Bau und in der an das Leben im Hochgebirge ausgezeichnet Physiologie, die es Pflanzen ermöglichen, un‑ angepasst: Eine besonders große Zahl an ter den extremen Bedingungen zu leben. roten Blutkörperchen ermöglicht ihnen, auch in der dünnen Luft der hochalpinen Bereiche Gerade in dieser Region macht es Spaß, leicht die nötige Sauerstoffmenge aufzuneh‑ deine Teilnehmer auf Pflanzen aufmerk- men. Ihre Klauen sind zudem so gebaut, dass sam zu machen, da gemeinhin angenommen sie gut und sicher klettern können: Die gum‑ wird, dass hier fast nichts wächst. Hast du et- miartigen Zehenballen ermöglichen eine gute was mehr Zeit, so kannst du deine Teilnehmer Reibung auf Platten, der harte Hornrand der

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Regel in Rudeln von fünf bis 30 Tieren, wobei häufig die Geiß mit ihrem Kitz und einem Jähr‑ ling bzw. mehrere Mutterfamilien von einer alten Geiß angeführt werden. Auch Jungböcke schließen sich zu kleinen Rudeln zusammen, während die alten Böcke ausgesprochene Einzelgänger sind und erst zur Brunftzeit (Ok‑ tober bis Dezember) zu den Rudeln stoßen. Während der Brunft markieren die Böcke mit Hilfe eines Sekrets aus den Brunftdrüsen, wel‑ che hinter den Krucken sitzen, ihre Territorien. Dabei gibt es stets harte Kämpfe zwischen den Rivalen, welche mit den Krucken ausgetragen werden und in seltenen Fällen zum Tod eines Tieres führen können. Ende Mai bringt die Geiß meist ein Kitz zur Welt, das bereits nach etwa zwei Stunden in der Lage ist, seiner Mut‑ ter nachzufolgen.

Die in diesem Heft zusammengefassten Tierbeschreibungen lassen sich leicht in Gämse Rätsel umwandeln. Dabei gibt es verschiedene Möglichkeiten: Du kannst deine Teilnehmer in gespaltenen Hufe sorgt für sicheres Antreten Gruppen aufteilen und einfach um die Wette auf Leisten – das Prinzip des modernen Klet‑ raten lassen, während du Merkmale des heraus- terschuhs. zufindenden Tieres erzählst. Eine andere Mög- Beide Geschlechter tragen „Gamskrucken“ lichkeit ist, Kopien der Zeichnungen oder Fotos (nach hinten gekrümmte Hörner). Die Fellfär‑ mitzunehmen, die Teilnehmer in Zweiergruppen bung ist jahreszeitlich variabel, jedoch haben aufzuteilen und jeder Person eine Tierart zuzu- alle Gämsen ein dunkles Rückenband und eine ordnen. Die Spieler müssen nun gegenseitig dunkle Kopfzeichnung, die von den Augen herausfinden, welches Tier der jeweils andere ausgehend seitlich am Kopf entlang zum Maul darstellt. Dabei kann man entweder nur Panto- führt. Für den traditionellen „Gamsbart“ der mime und/oder Geräusche oder auch Fragen Trachtenhüte werden die Winterhaare des zulassen (weitere Variationen: Spiel, Spaß und Rückenhaarkamms verwendet. Im Sommer Verstehen, S. 32 und 33) steigen sie in der Regel bis an die Schnee‑ grenze, wo sie sich von Gräsern und Kräutern Alpensteinböcke haben im Vergleich zu ernähren. Im Winter gehen sie in den oberen Gämsen eher massige Körper, kurze stäm‑ Waldgürtel hinab, wo Knospen und Flechten mige Beine und einen markanten Kinnbart. ihre Hauptnahrung bilden. Sie leben in der Das eindeutige Merkmal des Steinbocks

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Die Paarungszeit dauert von Dezember bis Januar, die Geburt von einem, selten zwei Jungen erfolgt im Juni. Die Kitze bleiben meist zwei bis drei Jahre bei der Mutter. Die Steinbö‑ cke leben in Gruppen von jungen Böcken und Rudeln von zehn bis zwanzig Weibchen und Jungtieren. Zur Paarungszeit im Winter ziehen die Böcke zu den Geißen, von denen sie den Sommer über getrennt leben. Zu den Rivalen‑ kämpfen richten sich die Böcke auf ihre Hin‑ terbeine auf und lassen sich nach vorne fallen, um mit den Hörnern zusammenzuprallen. Die „Steinbockapotheke“ Da der Steinbock als quasi übernatürlicher Hochgebirgsbewohner galt, wurde er in Folge als Universalheilmittel gegen eine Vielzahl von Krankheiten gesehen. Die Bezoarkugeln, Steinbock eine aus den Augen abgesonderte, später verhärtende Flüssigkeit, waren besonders sind die bis 1,40 Meter langen, sichelförmig begehrt und wirkten angeblich gegen Pest, nach hinten geschwungenen Hörner. Auf der Gift und Schwindsucht. Andere damals in der breiten Vorderseite der Hörner befinden sich Volksmedizin gesuchte Körperteile waren viele kräftige Wülste, an denen das Alter der Horn, Herz und Blut. Die damaligen Landes‑ Tiere abgezählt werden kann. Ihre Fellfärbung fürsten unterhielten zum Teil eigene „Stein‑ schwankt je nach Jahreszeit von rotbraun bockapotheken“. Die auf ihrem Gebiet vor‑ bis graubraun. Ihre – noch weiter als bei den kommenden Tiere waren streng geschützt und Gämsen – abspreizbaren Hufe machen sie zu durften nicht gestört werden. Es wird erzählt, souveränen Kletterern. Die dichte, dachziegel‑ dass sogar den Sennerinnen dort das Jodeln artig geschichtete Behaarung wirkt sehr gut verboten war. isolierend. Im Sommer leben sie in felsigen Regionen Erfolgreiche Wiederansiedlung oberhalb der Baumgrenze bis zur Schnee­ Das Überleben des „Königs der Alpentiere“ grenze. Als Wintereinstände jedoch benötigen wurde auch von seiner Majestät, König Viktor sie sonnige, grasreiche Steilhänge, auf denen Emanuel II, am (Oberitalien) der Schnee leicht abrutscht oder abtaut. Im gesichert – nicht unbedingt aus Tierliebe, son‑ April/Mai ziehen die Tiere etwas tiefer in die dern um einen Bestand für die Jagd zu sichern. höchstgelegenen Bereiche des Bergwaldes, Der Alpensteinbock war um 1750 im Ostal‑ um dann im Laufe des Sommers wieder nach penraum, ab Mitte des 19. Jahrhunderts durch oben zu steigen. Jagd und Wilderei fast im gesamten Alpenraum

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ausgerottet, denn die Apotheker zahlten hohe Preise. Ab 1911 erfolgte die Wiedereinbürge‑ rung in den Alpen vom Restbestand am Gran Paradiso ausgehend und durch Nachzucht in Zoos. Heute liegt der geschätzte alpenweite Bestand bei etwa 45.000 Tieren in rund 120 Kolonien. Der Steinbock im Volkstum Noch heute taucht in alten Wappen der Steinbock auf. Als König der Berge gilt in den osteuropäischen Gebirgen der Zlatarog, ein sagenumwobener Steinbock. Auf dem Ritten bei Bozen sollen in manchen Nächten sagen‑ hafte Steinböcke ihr Spiel treiben und Hexen als Reittiere dienen. Die meisten Volkssagen jedoch, in denen der Steinbock vorkam, haben sich im Laufe der Jahrhunderte auf die Gämse übertragen.

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… ein guter Platz, um sich die Entstehung der Gesteine. Ab der mittleren Jurazeit, vor etwa Alpen lebhaft vor Augen zu führen. 160 Millionen Jahren, bildeten sich im Bereich Je nach Alpenregion, in der man sich befindet, der Tethys drei große Ablagerungsbecken mit schweifen die Blicke vom Gipfel über weite charakteristischen Sedimenten heraus. Sie u-förmig ausgeräumte Täler und eher kuppig­ werden von Nord nach Süd als Helvetikum, sanfte Gipfelformen (z.B. Hohe Tauern) oder Penninikum und Ostalpin bezeichnet und über Gebirgsstöcke mit tief eingeschnittenen erstreckten sich von den heutigen großen Gra‑ Schluchten und steilen Wänden, die in schrof‑ nitmassiven der Alpen bis zur einige hundert fen Gipfeln enden oder weitläufige Hochpla‑ Kilometer entfernt gelegenen Küste des dama‑ teaus umrahmen (z.B. Dolomiten, Nördliche ligen afrikanischen Kontinents. Kalkalpen). Scharf gezackte Massive mit glat‑ In der mittleren Kreidezeit, vor etwa 95 ten Wandfluchten und langen Graten, die aus Millionen Jahren, begann die Afrikanische chaotisch aufeinander gestapelten Türmen, Platte nordwärts gegen die Eurasische Platte Nadeln und Blöcken zu bestehen scheinen vorzurücken, ein Vorgang, der heute noch (z.B. Mont-Blanc-Massiv), sind typisch für andauert. Die Gesteine der mehrere hundert viele Bergregionen der Westalpen. Worauf Kilometer breiten Tethys wurden durch ge‑ sind diese unterschiedlichen Geländeformen waltige Kräfte auf den schmalen Streifen der zurückzuführen? Wie entstanden diese charak‑ Alpen zusammengeschoben und kompliziert teristischen Formen der Alpen, die das Land‑ verfaltet. Dabei wurden die Gesteinsserien schaftsbild so abwechslungsreich gestalten? bis über hundert Kilometer weit nach Norden verschoben. Die aus gleichen Ablagerungsge‑ Die Alpenentstehung im Zeitraffer bieten stammenden und als Einheit bewegten Stark vereinfacht kann man sich die Entste‑ Gesteinsserien werden als Decken bezeich‑ hung der Alpen folgendermaßen vorstellen: net. Die ostalpine Decke mit Gesteinen des Vor hundert bis 200 Millionen Jahren breitete südlichsten Ablagerungsraumes wurde über sich im Bereich der heutigen Alpen und des heutigen Mittelmeeres das „Tethys-Meer“ aus. Auf dem Boden dieses Meeres sammelten sich im Laufe der Jahrmillionen mächtige Ablage‑ rungen (Sedimente) an, aus denen später die meisten Gesteine der Alpen entstanden. Je nach Herkunft und Zusammensetzung der Ablagerungen – z.B. kalkige oder kieselsäure‑ haltige Schalen abgestorbener Meereslebewe‑ sen, Riffbildungen, tonige Ablagerungen der Während der Alpenentstehung wurden mächtige Gesteins­ ­ Tiefsee, Schlamm- und Sandablagerungen von pakete, so genannte Decken, über hundert Kilometer weit ins Meer mündenden Flüssen, Verlandungszo‑ von Süden nach Norden überschoben. Diese können intern einen komplizierten Faltenbau aufweisen. Deshalb sind die nen flacher Meeresarme – und je nach Meeres‑ Alpen eines der großartigsten Decken- und Faltengebirge tiefe entstanden daraus sehr unterschiedliche der Erde.

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die penninische Decke und diese wiederum gedieh in diesem warmen Flachmeer eine ganz über die helvetische Decke geschoben. Dabei ähnliche Lebewelt wie heutzutage in der Karibik. wurden nicht nur nebeneinander liegende, Riffwachstum war weit verbreitet; dort wo keine gleich alte Gesteine übereinander geschoben, Riffe wuchsen, lagerten sich mikroskopisch sondern auch ältere und ursprünglich tiefer kleine Schalen und Reste abgestorbener Mee- gelegene Schichten über jüngere Ablagerun‑ reslebewesen ab. Diese Ablagerungen wurden im gen gehoben. Laufe der Jahrmillionen so mächtig, dass daraus stellenweise über 2.500 Meter mächtige Kalk- und Im Tertiär schließlich, vor etwa fünf bis zehn Dolomitbildungen entstanden. Millionen Jahren, in einigen Gebieten auch Ehemalige Riffbildungen lassen sich heute am schon früher, setzte die Hebung des Alpenkör‑ ungegliederten, „massigen“, meist sehr festen pers ein. Während das bisherige Geschehen und klettertauglichen Erscheinungsbild des so vorwiegend unter dem Meer stattfand, konnte genannten Massenkalkes erkennen (z.B. Hoher nun die Formung der Landschaft durch die ab‑ Göll in den Berchtesgadener Alpen). tragenden Kräfte der Erdoberfläche einsetzen, Dagegen verraten deutlich in einzelne Schicht- die parallel zur weiteren Hebung begann. glieder zerlegte Kalk- oder Dolomitmassive ihre Entstehung aus den Schicht für Schicht am Die gebirgsbildenden Prozesse und die Meeresgrund gebildeten Ablagerungen (gut Hebung der Alpen sind noch nicht abge‑ sichtbar z.B. am Watzmann und an der Sella). schlossen. Die Hebungsraten betragen im Auch diese Gesteine können sich sehr gut zum Durchschnitt 0,5 bis 1 Millimeter pro Jahr, in Klettern eignen, doch treten sie häufig, aufgrund Gebieten um den Simplon und Chur werden der stärkeren Zerklüftung, brüchiger in Erschei- nung als der Massenkalk. über 1,5 Millimeter gemessen. Doch wirken seit jeher Verwitterung und Gesteinsabtrag Diese Gesteine des Ostalpins und Südalpins treffen wir heute in den Nördlichen und Süd - diesem Hebungsprozess entgegen. lichen Kalkalpen an. Da sie aus dem gleichen Ablagerungsraum stammen, entsprechen die Alpengeologie massigen Kalke des Wettersteins, Karwendels Die Alpen sind aus Gesteinen verschiedener Ab- und Kaisergebirges den Kalken von Marmolada lagerungsräume aufgebaut. Diese lagen während und Latemar. Entsprechend sind der Hauptdolomit langer geologischer Zeiten als breite Meeresge- und der gebankte Dachsteinkalk der Nördlichen biete nebeneinander. Heute sind sie infolge des Kalkalpen mit der höheren Sella oder den Drei Deckenbaus übereinander gestapelt. Zinnen in den Dolomiten vergleichbar. Ein kurzer, stark vereinfachter Blick auf die Ablage- Die zwischen Nördlichen und Südlichen Kalkalpen rungsräume erklärt die heutige Verteilung einiger anzutreffenden Kristallin- und Schiefergesteine wichtiger Gesteinsserien im Alpenraum (Geologische gehören ebenfalls zur Ostalpinen Decke. Die Kris- Karte auf der hinteren Umschlag­innenseite). tallingesteine (z.B. Silvretta, und Ötztaler Ostalpin Alpen) bildeten den sehr alten Untergrund der Der südlichste Ablagerungsraum, der als flaches Kalkablagerungen des ostalpinen Schelfmeeres. Schelfmeer an die Küste des damaligen afrika- Die Schiefergesteine (z.B. Kitzbühler Alpen) nischen Kontinents grenzte, wird als Ostalpin entstanden während des Zusammenschiebens und dessen südlichster Bereich als Südalpin der Tethysablagerungen unter Einwirkung hoher bezeichnet. Im tropischen Klima der Jurazeit Drücke. Vor einigen Millionen Jahren waren diese

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Gesteine noch unter den Kalken und Dolomiten Molasse der Ostalpinen Decke verborgen, ebenso die In den so genannten Molassebecken nördlich gesamten Westalpen. Da in diesen Bereichen und südlich der Alpen sammelte sich der Abtra- jedoch die Hebung stärker war, setzte auch gungsschutt der sich hebenden Alpen. Aufgrund die Abtragung der Landoberfläche stärker zu, der ständigen Senkungstendenz der Tröge kann so dass dort bereits tiefer liegende Gesteine die Molasse Mächtigkeiten (wie z.B. nördlich der zutage treten. Alpen) bis über 4.000 Meter erreichen. Die Gerölle Penninikum erlauben Rückschlüsse auf ihren Herkunftsort und Nördlich des Ostalpins folgte der Ablagerungsraum damit auf die ursprüngliche Verbreitung der Ge- des Penninikums. Im Unterschied zum flachen steinsarten. Je tiefer sie im Molassetrog abgelagert Schelfmeer des ostalpinen Sedimentations- sind, desto früher wurden sie abgetragen. gebiets erreichte das Meer hier stellenweise große Tiefen. Da in großer Meerestiefe kaum Eiszeiten: fast schon Gegenwart noch eine Strömung herrscht, gelangen nur sehr kleine, leichte Partikel in die Tiefsee. Es bilden Das charakteristische Bild des Hochgebirges sich feine Schlammablagerungen, aus denen erhielten die Alpen erst während der Eiszeiten. im Zuge der Alpenentstehung unter Einwirkung Runde Gipfel wurden durch scharfe Grate und hoher Drücke und Temperatur Umwandlungsge- Kare zu markanten Gipfeln herauspräpariert. steine (Metamorphite) wie die Bündner Schiefer Die Gletscher verbreiterten die Täler, vertieften entstanden. Pässe und hinterließen Verflachungen an den Da dieses Gestein gleichmäßig leicht verwittert, Talrändern, die später für Siedlungen genutzt können keine schroffen Felsbastionen entstehen, wurden. Lediglich die höheren Berggipfel blie‑ sondern eher flache, runde Geländeformen, die hervorragende Skihänge abgeben. ben eisfrei und ragten über die umgebenden Helvetikum Gletschermassen empor. Das Eisstromnetz, Die helvetische Zone bildete ursprünglich den das die Alpen durchzog, kann man sich gut nordwestlichen Schelfbereich. Die Helvetischen vorstellen, wenn man an einem Herbsttag vom Decken bestehen vorwiegend aus mächtigen Gipfel auf das darunter liegende Nebelmeer Kalkschichten der Jura- und Kreidezeit (z.B. blickt, aus dem nur die Gipfel herausragen. Malmkalk, Schrattenkalk). Diese harten Gestei- ne bilden steile Berge, an deren Flanken man Rückkehr der Pflanzen mit etwas Übung Falten von Gesteinsschichten Die Pflanzenarten, die vor den Eiszeiten in den erkennen kann. Stellenweise sind die Schichten sogar Z-förmig überkippt ausgeprägt. In diesen Alpen wuchsen, wanderten während der Eis‑ Bereichen werden die Gesteine nach oben hin zeit Schritt für Schritt nach Norden oder Süden immer älter. in unvergletscherte Gebiete ab und überdau‑ Dies ist z.B. beim Mont-Blanc-Massiv und dem erten dort die Eiszeiten. Als es wieder wärmer Gotthard der Fall, die aus Graniten und Metamor- wurde, sind sie zum Teil wieder in ihre alten phiten bestehen, welche viel älter sind als die Wuchsgebiete zurückgewandert. So kommt sie umgebenden Gesteine des Helvetikums. Sie es, dass in weiter Entfernung der Alpen, z.B. wurden über die Helvetische Decke gehoben, so der Fränkischen Schweiz, Pflanzenarten vor‑ dass heute die höchsten Gipfel der Alpen durch die ältesten Gesteine gebildet werden. kommen, die sonst nur in den Alpen in großer Höhe zu finden sind.

36 Auf dem Gipfel!

Auch auf immer über die Oberfläche von Erscheinungsbild der Flechte und für ihre Ver‑ Gletschern aufragenden Felsen oder Bergen, ankerung im Fels – die Alge ist zuständig für den so genannten Nunatakkern (eine Inuit- die Photosynthese und ernährt so die „Ehe“. Bezeichnung), haben viele Alpenpflanzen die Flechten wachsen sehr langsam – eine Land‑ unwirtlichen Eiszeiten überstanden und in kartenflechte mit zehn Zentimetern Durch‑ winzigen Schritten gelernt, in diesen eisigen messer ist etwa 200 Jahre alt! Die auffälligste Höhen zu überleben. Flechte in den Zentralalpen im Silikatgestein Den Höhenrekord der ist die orange-gelbe Landkartenflechte. Sie Blütenpflanzen hal‑ sieht aus, wie ihr Name sagt, und ist leicht zu ten der Gletscher- erkennen. hahnenfuß und die Es ist besser, auf dem Gipfel erst während Schwarze Schafgarbe oder nach der Brotzeit etwas zu erzählen, mit 4.270 Metern auf denn Hunger hemmt das Interesse! Den Blick in dem . die Gipfelrunde kannst du mit einigen Sätzen Wegen der kurzen zur Geologie und Morphologie erweitern. Wachstumszeit, die dem Hahnenfuß auf Du kannst deine Teilnehmer auch das Alter der dieser Höhe bleibt Flechten schätzen lassen oder bei der Land- (etwa sechs Wochen), kartenflechte den Namen raten lassen. Die hat er seine Fort‑ Besonderheiten und Anpassungsstrategien des pflanzung auf meh‑ Gletscherhahnenfußes kann deine Gruppe auch rere Jahre verteilt. selbst herausfinden, wenn du sie auf die Pflanze Im ersten Jahr wird aufmerksam machst. Gletscherhahnenfuß bereits eine kleine Knospe angelegt, die im zweiten Jahr blüh‑ Alpendohle und Steinadler: fähig ist und erst im dritten Jahr zum Blühen tollkühne Flieger und Könige der mit Samenbildung kommt. Gut an die Kälte Lüfte und Höhe angepasst ist er auch durch seine Alpendohlen treten praktisch auf allen Gip‑ Behaarung, die dicken ledrigen Blätter und die feln auf – lärmend und gesellig. Es ist unmög‑ rötliche Farbe der Blütenblätter, die als UV- lich, sie nicht zu bemerken. Im Flug sind ein Schutz dient. deutlich geschwungener Flügelhinterrand und Den absoluten Höhenrekord halten jedoch die fünf gefingerten Handschwingen zu erken‑ keine Blütenpflanzen, sondernHochgebirgs - nen. Durch dieses charakteristische Flugbild flechten. Flechten sind eine Lebensgemein‑ und ihren gelben Schnabel ist die häufige schaft zwischen Pilzen und Algen und sehen Alpendohle gut von der seltenen Alpenkrähe manchmal wie unscheinbare Felskrusten (mit rotem Schnabel) zu unterscheiden. Beide aus. Manche sind jedoch durch ihre auffällige sind ausgezeichnete Flieger, wenngleich die Färbung leicht mit einer Wegmarkierung zu Alpenkrähe als unschlagbare Meisterin für verwechseln. Der Pilz sorgt für das äußere Sturzflüge gilt.

37 Auf dem Gipfel!

um so die schwere Beute wie Gämsen und Murmeltiere energiesparend transportieren zu können. In den Nordalpen befinden sich Steinadlerhorste zu 99 Prozent zwischen 800 und 1.800 Metern Höhe (also unterhalb der Baumgrenze), in den Zentralalpen liegen die Horste auch höher. Im Flugbild ist der so genannte Girlandenflug auffällig, der bei der Revierabgrenzung eine wichtige Rolle spielt oder zur Balzzeit geflogen wird. Ein deutli‑ Die auffälligen roten Beine, ihr gelber Schnabel und die ches Unterscheidungsmerkmal zu anderen Jagd nach der eigenen Gipfelbrotzeit – Alpendohlen sind jedem Bergsteiger ein vertrauter Anblick. Greifvögeln ist die auffällige Verengung im Bereich des Flügelansatzes. Die Handschwin‑ Alpendohlen fliegen gerne im Verband von gen sind vor allem während der Gleitphasen einem Dutzend oder mehr Tieren und brüten weit gespreizt. auch gemeinsam. Ihre Nester legen sie in unzugänglichen Felsen, Höhlen, Nischen und Grotten an oder manchmal sogar im Parkhaus (Franz-Josefs-Höhe!). Alpendohlen führen mo‑ nogame Dauerehen und haben pro Jahresbrut ein Gelege von drei bis fünf Eiern. Ihre Nah‑ rung sind Insekten und deren Larven, Früchte und bisweilen Abfälle. Im Alpenraum wurden sie zu Kulturfolgern. Ihre Nahrungsflüge rei‑ chen von der Gipfelregion bis zu den Siedlun‑ gen der Täler. Steinadler Dieser majestätische Vogel kann eine Flügel‑ spannweite von bis zu zwei Metern erreichen. Die Reviergröße, die er beansprucht, reicht von 50 bis zu 170 Quadratkilometern! Aus die‑ sem Grund ist die Besiedlungsdichte gering. Im Sommer jagen Steinadler vorzugsweise Die Flügelunterseite ist bei erwachsenen Adlern dunkel- oberhalb der Waldgrenze, im Winter auch in braun, bei Jungadlern mit vielen, weißen Gefiederflecken durchsetzt. Mit zunehmendem Alter wird das helle Flügel- tiefer gelegenen Bereichen. Jedes Adlerpaar fenster undeutlicher. besitzt mehrere Horste, von denen jährlich allerdings nur jeweils einer benutzt wird. Ihre Horste bauen sie in Felswände, selten auch in Bäume. Sie liegen tiefer als das Jagdgebiet,

38 Auf dem Gipfel!

Einst verfolgt – heute geschützt Ursprünglich waren Steinadler in Europa bis in die Ebenen verbreitet. Durch menschliche Verfolgung wurden sie großflächig ausgerottet bzw. zum Rückzug in entlegene Gebirgsräume gezwungen. Schutzmaßnahmen bewirkten eine Erholung der Steinadlerbestände. Heute ist die Steinadler-Population in den Alpen stabil – und soll dies auch bleiben. Der wichtigste Beitrag zum Steinadlerschutz ist, seinen Lebensraum zu erhalten. Einen Beitrag, den du als Alpinkletterer leisten kannst, ist, Störungen während seiner Brutzeit zu vermeiden. Die für Steinadler hochsensible Jahreszeit ist zwischen März und Juli. Zu dieser Zeit sind Jungvögel noch nicht in der Lage, selbstständig zu überleben. Die erwachsenen Adler zeigen deutlich, wenn man ihrem Horst zu nahe kommt: Der Girlandenflug vor der Horstwand zeigt unverkennbar, dass die Kletterroute zu nahe am Horst liegt. In diesem Fall ist Abseilen angesagt! In bekannten, häufig frequentierten Alpinklettergebieten kommt das kaum vor. Sehr wohl aber in abgelegenen, selten oder nie bekletterten Felswänden. Insbesonde- re vor Neutouren in solchen Bereichen sollte Zu den beeindruckendsten Tieren der Alpen zählt der unbedingt Rücksprache mit den zuständigen Steinadler. Naturschutzbehörden gehalten werden.

39 Beim Abstieg: Wasser! Beim Abstieg: Wasser!

Beim Abstieg lassen sich die vielfältigen Er‑ Sauberes Wasser scheinungsformen, die alpine Bäche auf ihrem Die alpinen Wildbäche gehören zu den letzten Weg vom Gletscher bis ins Haupttal ausbilden, sauberen Fließgewässern Mitteleuropas. Sie sehr gut beobachten. Kein Abschnitt gleicht stellen daher sowohl für die Talorte als auch dem nächsten! für die Ballungszentren des Alpenvorlands (z.B. München, Mailand, Wien) eine Versorgungsquelle Die eiskalten (null bis fünf Grad Celsius) Glet‑ von außerordentlich hohem Wert dar. Vor allem scherbäche treten am Zungenende der Glet‑ durch Abwassereinleitungen von Berghotels, scher an die Oberfläche. Wegen seiner hellen Liftstationen und Hütten wird das ohnehin ver- Trübung wird das Wasser auch Gletschermilch gleichsweise geringe Selbstreinigungspotential genannt. Ursache für die hellgraue Färbung (infolge tiefer Temperaturen und der geringen sind die Schwebstoffe, die vom fein zermah‑ Anzahl an Mikroorganismen) der Bergbäche lenen Moränenschutt unter dem Gletscher überstrapaziert. Der Alpenverein hat sich des Problems angenommen: Hütten werden dahinge- stammen. Gewöhnlich stürzen Gletscherbäche hend umgerüstet, die Hüttenabwässer dem jeweils im Oberlauf über unzählige kleine Wasserfälle anwendbaren Stand der Technik entsprechend talwärts, sofern es sich nicht um Karstgebiete zu reinigen und neue Verfahren in Pilotprojekten (S. 28) handelt, in denen das Wasser in unterir‑ zu erproben. Die früher üblichen Sickergruben dischen Höhlensystemen abfließt. entsprechen heute nicht mehr den technischen Möglichkeiten und werden durch Kläranlagen Charakteristisch für Gletscherbäche sind die (bzw. Komposttoiletten in Karstgebieten) ersetzt. starken jahres- und tageszeitlichen Schwan‑ Die umweltgerechte Ver- und Entsorgung der kungen: Etwa drei Viertel des Jahresabflus‑ Hütten kostet Geld – viel Geld. Deshalb wird ein ses entfallen auf die Sommermonate. Im Umweltbeitrag auf den Hütten erhoben. Tagesgang steigt der Abfluss am Nachmittag gewaltig an – vorausgesetzt, starke Sonnenein‑ Praktischer Gewässerschutz auf Tour strahlung und milde Lufttemperaturen führen Weise deine Tourenteilnehmer darauf hin, dass Alpenvereinshütten keine 3-Sterne-Hotels sind! zu Schmelzabflüssen aus Gletschern und Dementsprechend soll warmes Duschen luxuriöse Firnfeldern. Der regelmäßige Tagesgang kann Ausnahme bleiben und der Wasserverbrauch, von Starkniederschlägen verändert werden. insbesondere in Karstgebieten, generell gering Absolute Spitzenabflüsse entstehen, wenn sich gehalten werden. Sinn des Hüttenschlafsacks intensive Schmelzvorgänge und Niederschläge und eigener Handtücher ist es, möglichst wenig (z.B. Sommergewitter) überlagern. Wäsche „am Berg“ waschen zu müssen. Mit etwas Glück kann man interessante Formen entlang der Bäche sehen: An Stellen, die be‑ Die spektakulärste Gestalt nehmen die Ge‑ sonderer Abscheuerung (Korrasion) unterwor‑ birgsbäche in Form von Wasserfällen an. Sie fen sind, bilden sich tiefe Kolke. Wo aufrecht entstehen vor allem dort, wo kleinere Seiten‑ stehende Wasserwalzen eine ständige Rotation täler über eine Felsstufe ins Haupttal münden, von Steinen erzeugen, werden Strudeltöpfe in welches durch einen mächtigen Eisstrom den Fels gedrechselt. Die Glättung der Felsflä‑ während der Eiszeit deutlich tiefer als das chen entsteht dadurch, dass das vom Wasser Seitental ausgeschürft wurde (Hängetal). Ein mitgeführte Sediment das Bachbett abschleift. Wasserfall bildet sich dann, wenn ein beson‑

40 Beim Abstieg: Wasser!

ders hartes Gestein (z.B. Gneis) ansteht – an‑ Die Nahrungsbasis vieler Fische und Vögel dernfalls schneidet sich eine Klamm ein. der Gebirgsbäche sind die Insektenlarven. Bei sehr geringem Gefälle bilden Bäche Mäan- Diese entwickelten ausgeklügelte Strategien, der. Eigentlich sind sie typisch für die Unter‑ um in der reißenden Strömung der Oberläu‑ läufe der Flüsse. In den Alpen sind sie deshalb fe zu überleben: Die abgeflachten Larven nur in den Verflachungen alpiner Hochtäler von Köcher- und Steinfliege nutzen eine fast (z.B. auf Almböden oder moorigen Verebnun‑ strömungsfreie Grenzschicht an den Stein‑ gen) anzutreffen. Sehr schöne Mäander sind oberflächen aus, um nicht fortgerissen zu im Hochtal der Greina (Bündner Oberland) und werden. Ein klebriges Fußsekret ermöglicht es im Krimmler Achental (Hohe Tauern) zu finden. Fußnapfschnecke und Strudelwurm, sich an den Steinen festzukleben. Zahlreiche Insek‑ Charakteristisch für die Gebirgsbäche sind tenlarven (Kriebel-, Zuck- und Netzmücke) und ihr klares, nährstoffarmes Wasser, der Sauer‑ Käfer halten sich wiederum mit Haken oder stoffreichtum und das Nebeneinander zahl‑ Saugnäpfen fest. reicher sprühender Wasserwirbel und kleiner stiller Buchten entlang des Wasserlaufs. Die Insektenlarven kannst du deiner Gruppe zeigen, wenn ihr in flachem Was- Leben im Gebirgsbach ser größere Steine vorsichtig aufhebt und um- Die Charakterart dieser Bäche ist die Bach- dreht. Bitte achte darauf, ggf. die Larven nur mit forelle. Mit einer ideal an die Strömung an‑ einem Pinsel vom Stein zu lösen und vorsichtig gepassten Körperform schafft sie es, durch ins Wasser zurückzulegen. Viele Fluginsekten Gegenschwimmen auf bis über 2.000 Meter legen ihre Eier im Wasser ab. Sie entwickeln Höhe vorzustoßen. Hier findet auch eine der sich im Wasser zu Larven, aus denen das flugfä- spektakulärsten Verhaltensweisen im Tierreich hige Insekt schlüpft. Beim Zu- oder Anstieg statt: Die Wanderung der Lachse. Sie wachsen wirst du dir kaum länger Zeit nehmen, im Bach im Meer auf und wandern als geschlechtsreife nach etwaigen Bachbewohnern zu suchen. Tiere die Bäche bis in die Forellenregion auf‑ Manchmal finden sich aber geeignete Plätze in wärts, um dort abzulaichen. Die Jungfische Hüttennähe, so dass man z.B. vor dem Abendes- ihrerseits schwimmen wieder ins Meer zurück, sen auf Tiersuche gehen kann. um, sobald sie die Geschlechtsreife erlangen, den Zyklus fortzusetzen. Dieses Verhalten Schluchtabwärts unterwegs wird mit dem geringen Nahrungsvorrat in Ge‑ Führst du eine Canyoning-Tour, dann beachte folgenden Kodex: Um die Vegetation zu schonen birgsbächen erklärt. Lachse entgehen durch und die Störungen gering zu halten, betrete Aufwachsen im Meer der Nahrungskonkurrenz und verlasse die Schlucht immer nur an einer mit der Bachforelle. Schleusen, Staustufen und einzigen Stelle. Wähle zum Abseilen möglichst Wasserverschmutzung verhinderten die Wande‑ vegetationsfreie Bereiche. Während der Brut- rungen, die heute dank Fischaufstiegsanlagen und Aufzuchtzeit sind Schluchten zu meiden, in und Verbesserung der Wasserqualität wieder denen gefährdete Arten (z.B. Uhu, Wanderfalke, möglich werden. Langsam kommt der Lachs in Gänsesäger) brüten. Begehe unterwegs in den Schluchten keine Naturhöhlen, denn sie sind die Alpen zurück.

41 Beim Abstieg: Wasser!

Durch ihre Dynamik gehören Wildfluss- Rückzugsorte für gefährdete Tierarten wie z.B. landschaften zu den letzten „wilden“ Fledermäuse. Bitte achte darauf, keinesfalls Quellmoore und Quellfluren zu betreten! Sie ­Lebensräumen in Europa. Nimm dir mit deiner sind äußerst trittempfindlich! Es ist selbstver- Gruppe Zeit, diese einzigartige Landschaft zu ständlich, keine Abfälle zu hinterlassen. Das genießen. Es bietet sich an, hier ein Gespräch Leben in den Schluchten ist an nährstoffarme über unseren Umgang mit sich ständig verän- Bedingungen angepasst – vermeide deshalb dernder Natur anzuregen und über den Wert, in jede Form des Nährstoffeintrags (dazu gehört einer Kulturlandschaft Gebiete zu haben, die an auch die eigene Notdurft!). Wildnis erinnern und in denen sich die natürli- Generell solltest du möglichst nur in Kleingruppen che Dynamik eines Ökosystems beobachten in Schluchten gehen und dir immer bewusst sein, lässt. Stelle deiner Gruppe Beobachtungsfra- dass du dich in einem ökologisch sehr sensiblen Bereich befindest. gen: Wie verliefen die Gerinne wohl vor dem letzten Hochwasser? Welche Kiesbänke sind bewachsen, welche sind vegetationsfrei? Mit welchen Umweltbedingungen müssen Pflanzen und Tiere auf den Kiesbänken zurechtkommen? Mit Ausnahme des Tagliamento bei Friaul in Italien gibt es heute nur noch Reste dieser Landschaften in den Alpen: Der Lech bildet von seiner Quelle bis zum Forggensee die letz‑ te Wildflusslandschaft Österreichs, in Deutsch‑ land fließt nur die Obere Isar noch in kleinen Abschnitten ungebändigt. Wildflusslandschaft Seid ihr in kreativer Stimmung, so könnt In Abschnitten mit sehr starker Geröllführung und ihr auch künstlerisch tätig werden – z.B. relativ geringer Neigung „schafft“ es der Bach „Land-Art“ ausprobieren: Mit gesammelten Stei- nicht, in die Tiefe zu erodieren. Er zerteilt sich des‑ nen, Ästen, Lehm etc. beispielsweise einen Turm halb in viele Arme, die eine Unzahl von Kiesbän‑ oder – die Herausforderung für Fortgeschritte- ken umströmen und sich ständig verlagern. Diese ne – einen Bogen errichten. Wildflüsse sind die typischen Fließgewässer der Alpentäler. Ursprünglich nahmen die einer ständi‑ gen Dynamik unterworfenen Schotterflächen fast die gesamten Talböden ein. Nach jedem Nieder‑ schlagsereignis bzw. nach der Schneeschmelze präsentiert sich ein neues Mosaik aus Wasser und Kies. Wildflusslandschaften gehören heute in den Alpen auf die „rote Liste“ der Landschaftsformen, denn sie wurden entweder begradigt, aufgestaut oder ihr Wasser wurde abgeleitet. „Land-Art“

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Spezialisten der alpinen Wildfluss‑ Auf den Kiesbänken brüten selten gewor‑ landschaft dene Vögel, wie der Flussregenpfeifer, der seine Eier ohne Nest offen auf den Kies legt. Wildflüsse bieten durch ihre vielfältige Struk‑ Die Wasseramsel ist auch an Wildflüssen, tur zahlreichen Pflanzen- und Tierarten einen leichter jedoch an den Wildbächen zu beob‑ unersetzlichen Lebensraum. Die Vielfalt der achten. Sie baut ihr Höhlennest aus Gras und Wildflusslandschaft wird durch Katastrophen Moos an Felsen, die aus dem Wasser ragen. geschaffen. Nach jedem Wasserstandswechsel Mit ihrer weißen Brust ist sie auffällig und präsentiert sich ein neues Mosaik. Die Spezia­ unverwechselbar. Sie kann ausgezeichnet tau‑ listen müssen mit schnell wechselnden Um‑ chen und selbst in reißenden Bergbächen die weltbedingungen zurechtkommen. Larven der Wasserinsekten, Schnecken und Auf den Kiesbänken gibt es kaum Nährstoffe, Flohkrebse erbeuten. Ihre Flügel verwendet bei Sonnenschein herrscht extreme Hitze und sie als „­Paddel“, und sie verschließt bei ihren Trockenheit, und ältere, bereits besiedelte Tauchgängen, die bis zu einer halben Minute Kiesbänke werden plötzlich weggerissen, dauern, Nase und Ohren. neue Kiesbänke entstehen. Eine Pflanze, die Was abgetragen wird, wird andernorts auf‑ schnell neu entstandene Kiesbänke besiedeln geschüttet: Die am weitesten verbreitete kann, ist die selten gewordene Deutsche Aufschüttungsform durch Wasser in den Alpen Tamariske. Ihr Wurzelsystem verankert sich sind Schwemmfächer. Sie bilden sich an der fest im Boden, die biegsamen Zweige bieten Mündung von schuttreichen Seitenbächen, dem Hochwasser kaum Widerstand. Mit lan‑ gen Wurzeln folgt sie dem Grundwasser. Das Bachverbauungen tierische Pendant zur Tamariske ist die Rotflü- Die Gebirgsbäche sind nicht nur einzigartiger gelige Schnarrschrecke, deren Warnfarbe Lebensraum, sie können auch zur Gefahr für die man erst dann zu Gesicht bekommt, wenn sie im Talbereich liegenden Straßen oder Häuser schnarrend davonfliegt. werden. Bei lokalen Starkniederschlägen ver- wandeln sich harmlose Bäche binnen Minuten zu verheerenden Sturzfluten, die enorme Men - gen Schlamm und Gestein mitführen. Deshalb werden viele Gebirgsbäche mit hohem Kosten - aufwand massiv verbaut. Die Querbauwerke und Stauseen an den Bächen haben jedoch einen ungewollten Nebeneffekt: Da sie beträchtliche Mengen an Kies zurückhalten (= Geschiebefalle), schneidet sich der Fluss im Tal immer tiefer in den Untergrund. Die Absenkung des Grundwas - serspiegels ist die Folge. Zudem wird dadurch die Durchgängigkeit für Organismen verwehrt. Für jedermann offensichtlich sind landschafts­ ästhetische Veränderungen, die mit dem Bau großer Staumauern einhergehen. Wasseramsel

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Schwemmfächer gebildet (z.B. am Westufer Wildflussverbauungen des Achensees oder bei St. Bartholomä am Wildflüsse haben im Naturzustand ein beträchtli- ches Rückhaltevermögen, da sich das Hochwasser Königssee). Große Schwemmfächer wurden im ganzen Bett verteilt und verzögert abfließen zu den bevorzugten Siedlungsflächen in den kann. Selbst kleine Anlagen beeinflussen die Alpen (z.B. Locarno auf dem Schwemmfächer natürliche Dynamik der Umlagerungsstrecken. der Maggia, Lago Maggiore). Heute befinden sich nur noch zehn Prozent der Gesamtstrecke der Alpenhauptflüsse in einem natürlichen Zustand!

Der Deutsche Alpenverein fordert, technische Maßnahmen der Wasserwirtschaft im Gebirge nur dann zu gestatten, wenn sie zum Schutz von Leben und Sachgütern erforderlich sind. Auch die Neuerrichtung von Kraftwerken in den Alpen muss aus Sicht des DAV an strenge ökologische Kriterien geknüpft werden. Für Gebiete mit Wasserableitungen (Hydroenergie, Hochwasserrückhalt) erhebt er die Forderung, eine ununterbrochen fließende Mindestwassermenge sicherzustellen.

Was du hier selbst tun kannst Strom sparen – auch zu Hause! Vor allem zu Zeiten mit Spitzenlasten! Denn die in den Alpen gebauten Wasserkraftwerke exportieren Strom Schwemmfächer (mit immensen Leitungsverlusten) weit über die Alpenregion hinaus bis in das Ruhrgebiet. wenn diese in das Haupttal einmünden. Da‑ durch erfahren sie eine Verbreiterung des Bachquerschnitts, und das Wasser kann sich verteilen. Die Transportkraft verringert sich, und ein Teil der mitgeführten Fracht wird abge‑ lagert. Viele Alpentäler werden durch solche, teils sehr mächtigen Schwemmfächer zerglie‑ dert. Am Bewuchs ist meist deutlich zu sehen, wie die Anflussrinnen ihren Lauf auf dem Schwemmfächer immer wieder verändern. Mündet der Bach in einen See, so wird durch die Verminderung der Fließgeschwindigkeit ebenfalls Material abgelagert, und es werden

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Bergsteigen im Winter ist Sonne und Pulver‑ Die störungsempfindlichen und im bayeri‑ schnee – aber auch niedrige Temperaturen, ein schen Alpenraum vom Aussterben bedrohte Schneesturm oder Bruchharsch. Vor allem im bzw. als gefährdet eingestuften Raufußhühner Winter, der eigentlichen Ruhezeit der Alpentie‑ erhielten ihren Namen aufgrund ihrer dicht re und -pflanzen, geht es bei allen Lebewesen befiederten Krallen (Schneehuhn) oder der mit hier oben ums Überleben, sofern sich die stiftförmigen Horngebilden versehenen Füße. Tiere nicht im Winterschlaf oder in Winterruhe Diese so verbreiterten Füße verhindern das befinden oder wärmere Gefilde im Tal oder im Einsinken im Schnee. Süden aufgesucht haben. Schnee hat den Vorteil, dass zumindest Wildtiere im Hochgebirge haben schwierige die Spuren der Tiere, wenn schon nicht Bedingungen im Winter: Es ist kalt, das Futter die Tiere selbst, zu sehen sind! Anhand der liegt zumeist unter der Schneedecke, und jede leicht erkennbaren Fußabdrücke dieser Vögel Bewegung kostet viel Energie, die nur mit gro‑ kannst du deiner Gruppe während einer Pause ßem Aufwand durch Nahrung zu decken ist. eine kleine Aufgabe stellen: Teile die Gruppe in Um Energie zu sparen, beschränken die Tiere drei Kleingruppen auf und gib jeder eine Kopie ihre Aktivitäten auf ein Minimum. Sie halten der auf den Zeichnungen abgebildeten Spuren. sich nur dort auf, wo sie genügend Nahrung Jede Gruppe soll dann versuchen, die Spur im finden, vor ihren natürlichen Feinden sicher Schnee nachzuzeichnen. Diese kannst du dann sind und die große Kälte überstehen. mit der ganzen Gruppe besprechen und die Le- Du kannst die harten Lebensbedingungen bensweise dieser seltenen Arten ansprechen. des alpinen Winters mit deiner Gruppe sehr gut spielerisch nachempfinden. Ein einfa- Überlebenskünstler ches und nicht sehr zeitintensives Spiel hierfür Das größte heimische Raufußhuhn, das Au- ist „Frostschutz“ (Spiel, Spaß und Verstehen, erhuhn, bewohnt unter den drei Hühnerarten S. 29), das sich gut am Rande einer VS-Geräte- die tiefsten Lagen. Sein Lebensraum sind ge‑ Suche durchführen lässt. Auch die „Wärme- stufte, naturnahe Altbestände (Nadel- und schnecke“ (Spiel, Spaß und Verstehen, S. 38) eignet sich gut als Einstieg in die Thematik.

Auch die Skitour beginnt normalerweise im Wald und führt über die Almregion, über Berg‑ wiesen und Matten bis hinauf zu verschneiten Graten und Gipfeln. Rothirsch (S. 7), Gams (S. 30), Murmeltier (S. 22) und andere wur‑ den bereits in den vorausgehenden Kapiteln beschrieben. Hier sind die Lebensräume und die Lebensweise der Arten beschrieben, über die Skibergsteiger besonders Bescheid wissen müssen, um die Tierwelt zu schonen. Auerhahn und Fußabdruck

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Nadelmischwälder) zwischen rund 800 und den Morgen- und Abendstunden verlassen 1.400 Metern, die von Lichtungen durchsetzt die Hühner diese Höhlen für kurze Zeit, um sind. Es meidet stark forstlich geprägte Be‑ Nahrung aufzunehmen. Diese finden sie stände. Bestimmende Elemente seines Le‑ auch entlang des nahen, meist frei gewehten bensraumes sind einzeln stehende Balz- und Kammverlaufs oder auf der Südseite, wo Aussichtsbäume sowie offene Bodenstellen, Zwergsträucher durch die dünne Schneedecke an denen die Vögel im Sommer zur Abwehr ragen bzw. geeignete Vegetationsbestände von Parasiten und Insekten Staubbäder ausgeapert sind. nehmen. Ihre Winternahrung sind Nadeln und Knospen. Zusätzlich picken sie kleine Steinchen auf, die den Verdauungsvorgang im Magen unterstützen. Eindeutiges Erkennungs‑ zeichen des Auerhahns ist sein breiter Fächer‑ schwanz – im Gegensatz zu Birkhühnern mit ihren leierförmigen Schwanzfedern.

Schneehühner Die mit etwa 35 Zentimetern kleinste der drei Arten, das Alpenschneehuhn, besiedelt in den Alpen vor allem felsdurchsetzte Hänge und Kare, Rücken und Mulden im Bereich zwi‑ schen der Baumgrenze und Höhen bis zu Birkhühner mit Spur 3.000 Metern. Auch wenn es die am häufigs‑ Das kleinere Birkhuhn bewohnt die etwas ten vorkommende Art der Raufußhühner ist, offeneren Landschaften im Bereich der ist es nicht leicht zu sehen, denn das Feder‑ Waldgrenze ab 1.500 Meter Höhe. Sein Le‑ kleid des Schneehuhns verändert seine Farbe bensraum ist ein Mosaik aus ausgedehnten entsprechend des jahreszeitlichen Wechsels. Zwergstrauchbeständen, lichter Bewaldung Im Winter sind beide Geschlechter beinahe mit Nadelbäumen, Latschen und Grünerlen schneeweiß. Während der Sommermonate sowie halboffenem, reich gegliedertem Gelän‑ hingegen ist ihr Gefieder braungefleckt. ‑Da de. Rücken und Grate, die von Ost nach West durch sind sie das ganze Jahr über bestens verlaufen, eignen sich für das Überwintern von getarnt, was sie vor ihrem Hauptfeind, dem Birkhuhn und Schneehuhn besonders gut. Auf Steinadler, schützt. Das unscheinbare Nest den Nordseiten mit lockerem Pulverschnee wird in einer Bodenmulde häufig in Deckung vergraben sich die Tiere in Schneehöhlen. In durch einen Stein, Zwergstrauch oder ein

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Grasbüschel angelegt. Außerhalb der Brutzeit und Verstehen, S. 35) demonstriert auf anschau- suchen die Schneehühner gemeinsam in klei‑ liche Weise, wie schwer es für Wildtiere im Win- nen Trupps nach Nahrung und Schlafplätzen. ter ist, ausreichend Nahrung zu finden und dar- Selbst in sehr strengen Wintern vermögen die über hinaus auch noch auf potentielle Feinde zu Schneehühner in der alpinen Region auszu‑ achten. Die Anstrengung, die es für Tiere bedeu- harren. tet, im Winter fliehen zu müssen, könnt ihr mit dem „Fluchtspiel“ (Spiel, Spaß und Verstehen, Die laute charakteristische Stimme des S. 28) nachfühlen! Alpenschneehuhns hast du wahrschein- lich schon gehört: Bei Alarm ein sich wiederho- Er besiedelt bevorzugt die Bereiche von der lender, knarrend-knatternder Laut; während des Krummholzstufe über den Zwergstrauchgürtel Balzfluges, mit dem sie im Gebirgsfrühling die bis in die hochalpinen Grasheiden. Aufgrund Weibchen anzulocken versuchen, das kurze, der rauen Verhältnisse, die das Überleben im krächzende „Lied“ („ou-a-aa“). Du kannst es Hochgebirge schwierig gestalten, hat auch der deinen Teilnehmern auch vormachen, sie ver- Alpenschneehase eine Reihe von Anpassun‑ gessen es sicher nicht mehr.... Die Stimme wird gen entwickelt: Seine Hinterfüße sind stark auch einfach als „Rülpsen“ beschrieben. behaart und weisen besonders spreizbare Zehen auf – diese „Schneeschuhfunktion“ Ein ganz besonderes und seltenes Erlebnis erleichtert das Laufen im tiefen Schnee er‑ ist es, einen Schneehasen zu beobachten. heblich. Darüber hinaus bietet das Winterfell, Weitaus häufiger sind seine charakteristischen dessen Haare zur besseren Isolierung mit Luft Fußabdrücke zu sehen. Er kommt in Höhen gefüllt sind, einen ausgezeichneten Schutz zwischen 1.300 und 3.000 Metern vor, doch gegen die Kälte. nur selten zeigt er sich während des Tages. Er ist vor allem in der Dämmerung aktiv und zieht Es wird deine Skitour bereichern, an der sich tagsüber in einen sicheren Unterschlupf einen oder anderen Stelle auf Tierspuren unter Steinen oder Latschen zurück. Während im Schnee aufmerksam zu machen oder bei kur- der Eiszeit besiedelten die Schneehasen (wie zen Stopps bzw. der Gipfelrast etwas über die auch die Birk- und Schneehühner) die eisfrei‑ Lebensweise der Tiere zu erzählen. Nicht nur en Bereiche Mitteleuropas. Nach der Eiszeit dafür empfiehlt es sich, ein Fernglas dabeizuha- wanderten sie, den zurückweichenden Glet‑ ben. Auch ist es wichtig, deiner Gruppe zu erklä- schern folgend, einerseits gen Norden, ande‑ ren, weshalb es Sinn macht, die beschriebenen rerseits in alpine Höhen. Daher findet man den Verhaltensregeln einzuhalten. Schneehasen sowohl in den skandinavischen Tundragebieten als auch in den Alpen. Flucht kostet Energie Für alle Wildtiere im Winter gilt: Flucht kostet Der Energieverbrauch, den Wildtiere auf sehr viel Energie, die sie im Winter nur begrenzt der Flucht im Winter haben, lässt sich ersetzen können. Damit sie flugtauglich bleiben, auch gut nachfühlen: Du kannst mit deiner können sich Raufußhühner keine großen Reserven Gruppe eines dieser beiden einprägsamen Spie- anfressen. Deshalb führen häufige Störungen zur Schwächung der Tiere bis hin zum Tod durch le machen: „Sammler im Winter“ (Spiel, Spaß

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Verhungern. Auch wenn sie nicht verhungern, natürlicherweise gestört. Die Störungsintensität sind geschwächte weibliche Tiere nach einem und -häufigkeit kann jedoch durch Skifahrer noch störungsintensiven Winter nicht mehr in der Lage, deutlich erhöht werden. Kommst du mit deiner Reserven zur Produktion von Eiern und somit Gruppe (oder auch allein) den Schneehöhlen von (potentiellem) Nachwuchs zu mobilisieren. oder anderen Verstecken der Raufußhühner zu In Folge fällt der Nachwuchs in diesem Jahr aus, nahe, flüchten die Tiere panikartig bergabwärts und die verbliebene Population wird deutlich und kehren manchmal erst Stunden später in ihre geschwächt. Besonders wichtig für Raufuß - optimalen Lebensräume zurück. hühner ist es, dass sie zu ihren Aktivitätszeiten Was du als Skibergsteiger oder ungestört Gebiete aufsuchen können, in denen Schneeschuhgeher tun kannst: sie ihre Nahrung finden. Deshalb ist es wichtig, Wichtig ist es, in jedem Fall im Tourengebiet ihre Aktivitätszeiten zu kennen. Routenmarkierungen, Info-Tafeln und sonstige Lenkungen (S. 50: Konzeption Skibergsteigen umweltfreundlich) zu beachten, denn für den Einzelnen ist es nur sehr schwer möglich, alle besonders sensiblen Überwinterungsgebiete der Aktivitätsmuster Birkhuhn Dämmerungsanfang/ende Sonnenauf/untergang Raufußhühner im Gelände zu erkennen. Achte Januar dennoch auch auf Spuren im Schnee und versuche, Februar deinen Blick für die Lebensräume zu schärfen und dem Wild nach Möglichkeit auszuweichen. März In vielen Tourengebieten wird mittlerweile die April Anlage einer naturverträglichen Aufstiegsspur 246810 12 14 16 18 20 22 durch Ortsansässige und -kundige praktiziert, um so das „Wegenetz“ in den empfindlichen Die Aktivitätszeiten, in denen schon die pure Bereichen möglichst klein zu halten. Deshalb: Anwesenheit eines Skitourengehers die Rau- Verlasse vorhandene Aufstiegsspuren in der fußhühner davon abhält, auf Nahrungssuche zu Höhenstufe des Waldes möglichst nicht, und gehen, verschieben sich im Laufe des Winters. bleibe bei der Abfahrt im Bereich der üblichen, Besonders im Hochwinter ist es für die Raufuß - häufig befahrenen Routen. hühner außerordentlich wichtig, die wenige zur Im Waldgebiet gilt: Den Wald möglichst auf Verfügung stehende Zeit ungestört zur Nahrungs- Wegen oder Forststraßen durchqueren und suche verwenden zu können. niemals durch Aufforstungen und Jungwuchs abfahren. Im Bereich der Waldgrenze solltest du Gefährdete Arten nach Möglichkeit Abstand von Einzelbäumen und Baumgruppen halten. Vorgegebene Spuren und Viele Faktoren sind eine Bedrohung für die Routenempfehlungen entbinden dich jedoch nicht Raufußhuhnarten: Wesentlich sind der Verlust von der Beachtung alpiner Gefahren! oder die Zerteilung ihrer Lebensräume und/oder eine damit verbundene Isolation der einzelnen Für eine umweltverträgliche Tour ist Bestände. Für den Bestandsrückgang wald - es auch unerlässlich, bewohnender Raufußhühner ist vor allem die die Ruhezonen und Schutzgebiete für Wildtiere Förderung des Wirtschaftswaldes gegenüber dem zu respektieren, vorhandene Futterstellen zu vielgestaltigen naturnahen Wald verantwortlich. umgehen und Lärm zu vermeiden. Es ist ein Durch Beutegreifer werden auch Raufußhühner besonderes Erlebnis, Wildtiere beobachten zu

49 Im Winter unterwegs!

können – aber bitte nur aus der Distanz (am fällt: An aperen Stellen frühzeitig abschnallen, besten, du hast ein Fernglas dabei!). Bereits und bei zu geringer Schneelage auf Skitouren im Vorfeld kannst du deine Zeitplanung für und Variantenabfahrten verzichten. Jungwald Touren im Hochwinter so gestalten, dass du im unbedingt meiden! Lebensraum von Birk- und Schneehühnern auf Gipfeln und Graten nicht vor zehn Uhr und nicht Umweltverträglich anreisen nach 16 Uhr verweilst. Um Birkwild zu schonen, Auch im Winter gilt: Die meisten Tourengeher, halte Abstand von Baumgruppen im Bereich der Skifahrer und Snowboarder reisen mit dem Auto Waldgrenze, Latschengruppen, Grünerlen und an. Gerade für Skitouren lohnt es sich jedoch, die halboffenem Gelände mit klein-strukturiertem Vorteile mit Bus und Bahn auszuprobieren und Relief. Die Birkhühner harren hier oft in Deckung Gebietsdurchquerungen durchzuführen. Erfolgt aus. Achte hier mit der Gruppe besonders darauf, die Anreise dennoch mit dem Pkw, dann bitte die Hänge nicht in der gesamten Breite abzu - ausgewiesene Parkplätze benutzen, Gebühren fahren. Zum Schutz von Schneehühnern halte bezahlen und keine Zufahrten blockieren. Abstand von Deckung gebenden Kleinstrukturen. Quere möglichst keine Hänge, die stellenweise freigeweht sind.

Wildverbiss verhindern Gämsen (S. 30), Rehe und Hirsche (S. 7) zählen zwar nicht zu den gefährdeten Tierarten, aber auch sie brauchen im Winter ihre Ruhe. Ein Konzeption Skibergsteigen umwelt- Reh- oder Gamsbock z.B. verbraucht beim Flie- freundlich in den Bayerischen Alpen hen durch den tiefen Schnee vier- bis sechsmal Die naturverträgliche Ausübung und die nachhaltige soviel Energie wie bei ungestörtem Stehen oder Sicherung des Skitouren- und Schneeschuhge- Äsen. Diesen Energieverlust gleichen die Tiere hens für künftige Generationen sind die Ziele des aus, indem sie vermehrt Knospen, Zweige oder DAV-Projektes Skibergsteigen umweltfreundlich. Rinde meist junger Bäume abfressen. So können Das Projekt ist in enger Zusammenarbeit mit der Verbissschäden im Bergwald, die vor allem durch Untersuchung „Wildtiere und Skilauf im Gebirge“ überhöhte Wildbestände entstehen, noch vergrö- des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt ßert werden. Deswegen gilt: Störungen durch und Verbraucherschutz (StMUV) bzw. Bayr. vorausschauende Routenwahl und Meidung von Landesamt für Umwelt durchgeführt worden. Wildeinständen (auf Spuren im Schnee achten) Neben den zuständigen DAV-Sektionen sind alle so gut es geht vermeiden! betroffenen Behörden, Verbände (Forstbetriebe, Landratsämter, Bergwacht, Bund Naturschutz, Vegetation schonen Landesbund für Vogelschutz, Verband deutscher Streifen Skier oder Snowboards kleine Bäume Berg- und Skiführer, Deutscher Skiverband, oder Sträucher, entstehen Rindenverletzungen Landesjagdverband, Bayerischer Bauernverband an Stamm und Zweigen. Verletzte Pflanzen sind etc.) und Grundeigentümer eingebunden. Das anfällig für Schädlinge und Pilzkrankheiten und Projektgebiet umfasst die gesamten Bayerischen zu schwach für die harten Lebensbedingungen Alpen. Für ökologisch empfindliche Bereiche der im Gebirge. Oft werden dabei auch Spitzen Tourengebiete werden Routenempfehlungen oder ganze Bäumchen abgeknickt und somit ihr erarbeitet, umgesetzt und von örtlichen Arbeits- Aufwuchs gestört. Darum, auch wenn es schwer gruppen auf lange Sicht betreut. Es handelt sich

50 Im Winter unterwegs!

dabei immer um Appelle an die Vernunft der Kampagne „Natürlich auf Tour“ Tourengeher, nie um Ge- oder Verbote. Dabei gilt 2014 hat der DAV mit der neuen Informations- stets der Grundsatz „so wenig Regelungen wie und Sensibilisierungskampagne „Natürlich auf möglich, nur soviel wie nötig“. Seit April 2011 Tour“ begonnen. Damit werden die Ergebnisse ist das Gesamtgebiet der Bayerischen Alpen mit der Konzeption „Skibergsteigen umweltfreund- rund 500 Skirouten und Varianten bearbeitet. Alle lich“ und die an neue Trends und Entwicklungen etwa 180 Tourenberge sind weiterhin zugänglich. immer wieder angepassten regionalen Konzepte Freiwillig verzichten müssen Skitouren- und Skitouren- und Schneeschuhgehern verstärkt Schneeschuhgeher nur auf etwa ein Fünftel der vermittelt. Neben überregional wirksamen üblicherweise genutzten Flächen. Wichtig ist Maßnahmen (neuer Internetauftritt, Printpro- z.B., Abschnitte von Routen nicht großflächig zu dukte, Medienevents etc.) wird die Kampagne befahren, sondern bestimmte Korridore einzu- vor Ort in den Tourengebieten der Bayerischen halten oder auf eine von mehreren Varianten zu Alpen umgesetzt (neue Infotafeln, Schilder, verzichten. Für besonders sensible Bereiche sind Aktionstage etc.). Wald-Wild-Schongebiete ausgewiesen worden, Wenn du das grüne DAV-Schild oder eine Info- diese müssen tabu sein! Tafel im Gelände siehst, dann halte dich bitte an diese Empfehlungen! Eine Lenkung erfolgt aber auch, völlig ohne Markierung oder Beschilderung, durch naturverträglich geführte Skispuren, die von gut informierten, meist einheimischen Tourenskifahrern jeweils an der richtigen Stelle angelegt werden. Daher folge vor allem in der Höhenstufe des Waldes den optimal geführten Aufstiegs- und Abfahrtsspuren und lege bitte keine neuen Spuren an. Es ist unbedingt notwendig, sich an die Empfehlungen zu halten, denn es gibt sie nur für Bereiche, in denen sie wirklich dringend gebraucht werden. Unverzichtbar für die naturverträgliche Tourenplanung sind die Alpen- vereinskarten Bayerische Alpen: 22 Kartenblätter im Maßstab 1:25.000 decken das Gesamtgebiet der Bayerischen Alpen ab. Neben Wanderwegen enthalten diese auch die naturverträglichen Skirouten und die seit 2015 erschienenen neuen Ausgaben auch naturverträgliche Schneeschuh- routen sowie alle Schutz- und Schongebiete. Davon unabhängig ist selbstverständlich jeder Tourengeher für die Beachtung alpiner Gefahren selbst verantwortlich!

Dieses Schild markiert Abschnitte von Ski- und Schneeschuhrouten in besonders empfindlichen Bereichen.

51 Vor der Tour – Checklisten für die Tourenplanung Vor der Tour – Checklisten für die Tourenplanung Du möchtest deine Touren erlebnisreich Regionale/lokale Besonderheiten und umweltverträglich gestalten. Die fol­ Wenn du deiner Gruppe auch etwas über den genden Checklisten sind als Gedanken­ Kultur- und/oder Naturraum der Tourenregion stütze und Hilfestellung gedacht und nahe bringen möchtest, kannst du bereits bei sollen dir die Vorbereitung deiner Tour der Auswahl deines Tourengebiets überlegen, ob es dort auch im Talort Sehenswürdigkei‑ ­erleichtern: ten gibt, die sich gut in deine Tour einbauen lassen (z.B. ein Wasserfall, eine Schlucht/ Gebietsauswahl Klamm/Höhle, eine Burg, eine Kirche, ein Kriterien für eine erlebnisreiche und umwelt‑ Bergwerk). verträgliche Tour sind – außer der alpintech‑ Vermeide, etwas in den Tourenablauf „hinein‑ nischen Tauglichkeit und Sicherheitsaspek‑ zuquetschen“. Es empfiehlt sich, eine kleine ten – vor allem: Auswahl an solchen Sehenswürdigkeiten in der Nähe des Startpunkts vorbereitet zu ha‑ Erreichbarkeit der Tourenregion ben, die du je nach Situation (Schlechtwetter, Anfahrts- und Aufenthaltsdauer in deinem früher abgestiegen als geplant etc.) dann in Tourengebiet sollten in einem „vernünftigen“ den Tourenablauf einbauen kannst. Dabei ist Verhältnis zueinander stehen. Überlege dir, auch die Dauer der Tour mit dem „Besichti‑ wie viel Fahrtstrecke dir die Tour „wert“ ist. gungsprogramm“ in eine vernünftige Relation Zur Orientierung kann das Verhältnis wenigs‑ zu setzen. Nach einer anstrengenden Tages‑ tens 1:3 von Fahrt zu Tour dienen, also für ins‑ tour werden die Teilnehmer wenig Interesse an gesamt einen Tag Fahrt drei Tage Tour. einem Museumsbesuch haben (Methodische Tipps!, S. 55). Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln Für sehr viele Tourenziele lässt sich auch eine Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln aus‑ tüfteln. Nur Mut – einfach mal ausprobieren! Die Internetseiten www.alpenverein.de und www.bahn.de unterstützen dich dabei! Für die Hütten in den bayerischen Alpen wird so‑ gar die komplette Anreise mit Bahn und Bus einschließlich Gehzeit von der Haltestelle zur Hütte angegeben. Organisierst du deine Tour Unterstützung strukturschwacher mit Pkw oder ist das Gebiet nicht mit öffentli‑ Bergregionen chen Verkehrsmitteln zu erreichen, so dürfte Der wirtschaftliche Wohlstand ist in den ein‑ es selbstverständlich sein, Fahrgemeinschaf‑ zelnen Regionen der Alpen nicht gleichmäßig ten zu bilden. Noch besser ist, wenn du einen verteilt. Die so genannten strukturschwachen Sektionsbus zur Verfügung hast. Gebiete abseits der touristischen Zentren sind

52 Vor der Tour – Checklisten für die Tourenplanung

deshalb besonders von Abwanderung betrof‑ Ausstattung, Prädikate) findest du auf der fen. Gleichzeitig sind gerade diese Regionen Website ­www.­alpenverein.­de. Dort stehen (hauptsächlich in den Südwest- und Südalpen auch Hüttenfolder und Gebietsbroschüren von z.B. Valle Maira in Piemont/Italien oder Regi‑ DAV-Sektionen zum Download bereit. Liegen onaler Naturpark Queyras/Frankreich, aber Hütten in Nationalparken, so gibt es in der auch die Karnischen Alpen in Italien und Ös‑ Regel ausführliche Literatur über die Region. terreich, die slowenischen Täler abseits vom Sollten Kinder mit dabei sein, kann dir auch -Gipfel u.v.m.) oft landschaftlich be‑ die Broschüre „Mit Kindern auf Hütten“ eine sonders reizvoll und die kulturelle Vielfalt wie Hilfe sein (Bezug über die Bundesgeschäfts‑ auch eine nachhaltige Bewirtschaftungsform stelle des DAV in München). noch erhalten. Mit einem Aufenthalt unter‑ stützt du die Entwicklung dieser Regionen und Umweltgütesiegel hilfst mit, Abwanderungsprozesse zu bremsen Seit 1996 vergeben die und nachhaltige Nutzungsformen zu erhalten ­Alpenvereine in Deutsch‑ oder wiederzubeleben. Für einige Regionen land, Österreich und gibt es dafür auch spezielle Führerliteratur. ­Südtirol das Umwelt­ (Empfohlene Literatur, S. 60) gütesiegel an Schutz­ hütten, die den Umwelt­ Bergsteigerdörfer gedanken konsequent leben. In der Initiative Bergsteigerdörfer des Öster­ Mit dem Siegel wird auch die jeweils hütten‑ reichischen Alpenvereins und des Deutschen besitzende ­AV-Sektion für ihr Engagement Alpenvereins sind Ortschaften vernetzt, die ausgezeichnet. sich – insbesondere aufgrund ihrer Geschich‑ Die strengen, von einer fachkundigen Jury te – einem nachhaltigen Alpintourismus vor Ort geprüften Kriterien umfassen umwelt‑ verpflichten, von der zurückhaltenden tech‑ freundliche Energieträger, Abfallvermeidung nischen Erschließung der Region bis hin zur und -verwertung sowie sonstige Ver- und Ent‑ Förderung von regionalen Anbietern. Zu den sorgungssysteme. umliegenden Schutzhütten der Alpenvereine bestehen enge Verbindungen. (­Infos: www. bergsteigerdoerfer.at; Empfohlene Literatur,­ S. 61) Stützpunkt Die Auswahl des Stützpunkts wird sich in erster Linie an deinen alpinsportlichen Zielen orientieren. Sollte es mit diesen vereinbar sein, kannst du auch darauf achten, ob du bestimmte Hütten wegen ihrer Ausstattung unterstützen möchtest. Eine Übersicht mit ausführlicher Suchfunktion (z.B. Aktivitäten,

53 Vor der Tour – Checklisten für die Tourenplanung

Direktvermarktung rungen anzubieten. Oft kannst du bereits aus Auf Schutzhütten von der Karte ersehen, welche Route besondere DAV, OeAV und AVS naturkundliche oder kulturelle Höhepunkte werden im Rahmen bietet (z.B. besondere Ausblicke, Abwechslung der Kampagne „So der Lebensräume, Orts- und Flurbezeichnungen schmecken die Berge“ typische Schmankerl als Hinweise auf die Geschichte des Gebietes). aus der Umgebung angeboten. Die Hütten‑ Tourenausschreibung und wirte kaufen ihre Produkte bei regionalen Anbietern, z.B. Bergbauernbetrieben, land‑ ­Vorbesprechung wirtschaftlichen Zusammenschlüssen (z.B. Neben sportlichen Zielen sind auch das Naturer­ Bauernläden) oder Verarbeitungsbetrieben lebnis und die Umweltverträglichkeit der Tour (z.B. Bäcker, Metzger oder Sennereien), die ih‑ wichtig. Dies soll bereits die Ausschreibung re Produkte von den vorgenannten Betrieben deiner Tour bzw. deines Kurses erkennen lassen. beziehen. Produkte, die nicht in der Region er‑ Organisierst du die Tour mit Bahn/Bus und/oder zeugt werden können, sollten zumindest dort Fahrrad, so sollte auch dies bereits in der Aus‑ veredelt werden (z.B. Bier aus einer Brauerei schreibung stehen. Denn es ist notwendig, dass der Region). Wenn du auf diesen Hütten, er‑ sich die Teilnehmer darauf einstellen können. kennbar an dem Schild am Eingang, einkehrst, so unterstützt du auch die Region. Zeitplanung Die Landschaft auf Tour zu genießen, zu erle‑ In der Regel haben Nationalparke an- ben und zu beobachten, benötigt Zeit. Selbst‑ schauliche und informative Besucherzent- verständlich muss speziell in alpinem Gelände ren und stellen Informationsmaterialien für Be- die Zeitplanung zunächst den Sicherheitsas‑ sucher zur Verfügung. Diese sind nicht nur als pekten genügen. Dennoch solltest du je nach Schlechtwetterprogramm interessant. Insbe- Tour Zeit dafür einplanen, in Ruhe die Land‑ sondere bei Mehrtagestouren kann es eine Be- schaft zu genießen, mit deiner Gruppe die eine reicherung sein, auch ortskundige Führer des oder andere Besonderheit entlang des Weges Schutzgebiets mit einzubeziehen oder an einer zu entdecken oder unterwegs einen Stopp ein‑ der Touren teilzunehmen, welche im Exkursions- zulegen, um z.B. näher auf die Tierwelt in der programm vor allem in Nationalparken angebo- Fels- und Schuttregion oder die Almwirtschaft ten werden. in deinem Tourengebiet einzugehen. Auch der Einbau eines spielerischen Elemen‑ Routenwahl tes braucht Zeit, hierfür sollten mindestens 20 Die Routenwahl entscheidet ganz wesentlich bis 30 Minuten vorgesehen werden. Am ehes‑ über den Erlebniswert der Tour und darüber, ten findest du im Rahmen einer mehrtägigen welches Verkehrsmittel du verwenden kannst. Bergtour Gelegenheit, deine Route mit sol‑ Möchtest du die Vorteile des Öffentlichen Per‑ chen Elementen erlebnisreicher zu gestalten sonennahverkehrs nutzen, bietet es sich an, (zur Zeitplanung im Hochwinter „Im Winter Überschreitungen und/oder Gebietsdurchque‑ unterwegs“, S. 45).

54 Methodische Tipps Methodische Tipps

Hier findest du stichpunktartig Vorschläge, die kleine Gruppen zu bilden. Auch andere Leute dir die Vorbereitung, die Organisation und den wollen noch in Ruhe klettern können! Ablauf deiner Tour erleichtern. Auswahl der Inhalte: Überlege dir vorher, was Vorbereitung für eine Gruppe du führst (Alter, Interessen, Größe): Was könnte sie besonders interessie‑ Tourenplanung: Es bedeutet erhöhten Auf‑ ren? Welche Vorkenntnisse sind vorhanden? wand, Informationen zur Tourenregion einzu‑ Ist ein(e) „Fachmann/-frau“ unter den Teil‑ holen. Das heißt: rechtzeitig Infos anfordern nehmern, der/die über ein bestimmtes Thema oder Literatur ausleihen. Auch erfordern sprechen könnte (z.B. Naturschutz- oder Hüt‑ einige Methoden für die erlebnisreiche Tour tenreferent, Pflanzenkenner, Spielefan...)? Vorbereitung: z.B. Spiele auszuwählen und Suche dir vorher einige „Bausteine“ aus, die entsprechende Materialien zusammenzustel‑ sich in Ort, Länge, Thema und Komplexität un‑ len. Die Anreise mit der Bahn zu organisieren, terscheiden. So hast du immer einen „Vorrat“ erfordert ebenfalls zeitige Planung (Platzre‑ an Themenpunkten, die du situationsbezogen servierung, günstigsten Tarif bzw. günstigste (je nach Wetter, Länge/Dauer der Tour, Stim‑ Verbindung suchen). mung der Teilnehmer) „aus dem Rucksack“ ziehen kannst.

Auf der Tour Hier sind deine Begeisterungsfähigkeit und deine Vorbildfunktion gefragt! Deine Gruppe soll die Bedeutung umweltverträglichen Ver‑ haltens im Rahmen einer Bergtour erfahren und lernen, die Augen für den besonderen Reiz der umgebenden Landschaft zu öffnen. Um die in der Broschüre zusammengestellten Inhalte auf deiner Tour zu integrieren, musst du etwas Fingerspitzengefühl entwickeln. Nicht alles passt zu jeder Zeit oder an jedem Ort, nicht alles geht mit jeder Gruppe. Gruppengröße: Sektionstouren sollen keine Großveranstaltungen sein. Je größer die Grup‑  Beachte, dass du den Aufstieg nicht durch pe, desto schwieriger ist es, keine Spuren in zu viele „Dozierstopps“ unterbrichst. Es der Bergnatur zu hinterlassen. Für Bergwan‑ empfiehlt sich, hier eine Sammel- oder dergruppen ist aus ökologischen und sozi‑ Beobachtungsaufgabe (Vorschläge in den alen Gründen eine Gruppengröße von zwölf einzelnen Kapiteln) zu stellen, die dann am Teilnehmern ein guter Richtwert. Besonders Gipfel besprochen oder als Aufhänger für bei Kletterkursen in beliebten Gebieten ist ein von dir vorbereitetes Thema genutzt es nicht nur aus Sicherheitsgründen wichtig, wird.

55 Methodische Tipps

 Pausen kannst du für kleine Exkurse, Spie‑  Lass dich nicht davon bremsen, wenn du le, Kurz„vorträge“ (max. fünf Minuten) meinst, selbst zu wenig zu wissen – es geht nutzen. Es gibt viele „Aufhänger“ (Beispiele gar nicht darum, viel zu wissen. Du solltest findest du in den vorausgehenden Kapiteln) auch nicht zu viel vorgeben – lass deine während der Tour, die sich nutzen lassen, Teilnehmer ruhig selbst entdecken! Oft sind den einen oder anderen interessanten Hin‑ es die „kleinen Gesten“ von dir, die den weis zu geben! Teilnehmern einen Bezug zur Natur nahe  Generell bietet es sich an, Sachverhalte bringen: An einer Blume riechen, eine mit‑ dann zu erklären, wenn sie unmittelbar gebrachte Lupe, ein Lupenbecherglas oder sichtbar oder begreifbar sind. Ist umwelt‑ ein Fernglas durchgeben, ein landschaftlich schonendes Verhalten (z.B. Durchquerung besonders schöner Rastplatz, einen interes‑ eines Moor-/Feuchtgebietes, Schuttabfah‑ santen Stein durchreichen. ren) gefordert, so gehe auf die Sinnhaftig‑  Möchtest du Spiele, kreative oder eher me‑ keit der Verhaltensgrundsätze ein. Erkläre ditative Elemente in deine Tour einbauen, deinen Teilnehmern den Grund, weshalb die ist es besonders wichtig, deine Gruppe und Einhaltung bestimmter Regeln angebracht die Stimmung genau zu beobachten. Wie ist! Die notwendigen Fachinformationen gut kennt sich die Gruppe? Wie ist die Stim‑ und Tipps findest du in den einzelnen Ab‑ mung? Passt ein Spiel, das Tuchfühlung er‑ schnitten dieser Broschüre. fordert (wie z.B. die Wärmeschnecke) oder ist ein „Action- Spiel“ passender? Passt eine ruhige, meditative Einlage oder ist ein lustiges Spiel geeignet? Zusätzlich ist es wichtig, bei der Spielauswahl den passen‑ den Ort auszuwählen – auch im Hinblick auf die Sicherheit.  Generell ist wichtig, ein Gespür dafür zu entwickeln, was gerade im Mittelpunkt steht. Haben deine Teilnehmer Hunger, sind  Fordere deine Gruppe zur genaueren Beob‑ sie müde, gibt es gerade Stress in der Grup‑ achtung der Landschaft auf! Stelle Beob‑ pe oder ist eine alpinistische Herausforde‑ achtungsaufgaben, gib Hinweise oder stelle rung zu bewältigen, dann wird eine noch so gezielte Fragen. Auch dafür enthalten die gute Einlage von dir nicht ankommen. vorausgegangenen Kapitel Anregungen. Du solltest jedoch vermeiden, deinen Fragen  Sollte es mal nicht so klappen – aus Fehlern den Charakter von „Prüfungsaufgaben“ zu kann man lernen. Das Wichtigste sind deine geben – es geht vielmehr darum, Interesse eigene Einstellung, deine Überzeugung und zu wecken und deine Teilnehmer auf Dinge dein Spaß am Thema! Das ist die beste Vo‑ aufmerksam zu machen, die ihnen bisher raussetzung, dass es auf deine Teilnehmer vielleicht gar nicht aufgefallen sind. „überspringt“.

56 Methodische Tipps

Was tun, wenn´s regnet, schneit oder stürmt? Bei Schlechtwetter kannst du die Stimmung deiner Teilnehmer mit dem von dir vorbereiteten „Besichtigungsprogramm“ auf der Höhe halten. Das muss nicht immer im Talort sein – die Hütten und ihre direkte Umge- bung haben selbst oft einiges an Geschichte und Geschichten zu bieten (z.B. Hüttenver- und -entsorgung mit Kraftwerk, Solaranlage, Hei- zung). Der Hüttenwirt gibt dazu sicher gerne Auskunft, wenn er nicht gerade zur Essenszeit gefragt wird. Mit etwas Vorbereitung kannst du auch das handelsübliche Brettspiel „Activity“ (Piatnik Verlag, Wien) in ein Alpinspiel mit Begriffen aus deiner Ausbildung verwandeln. Auf der Tour Gesagtes kannst du so noch einmal auf ande- re Art ansprechen – nicht nur bei schlechtem Wetter, sondern auch beim gemütlichen Teil am Hüttenabend. Du kannst auch ohne Spielvorlage entsprechende Begriffe pantomimisch („Alm- rausch“, „Kälteeinbruch“ oder ähnliche Begriffe machen sich besonders gut!) oder zeichnerisch darstellen lassen. Einige Hütten, die auch als Ausbildungsstütz- punkt dienen (z.B. Taschachhaus, Darmstädter Hütte, Franz-Senn-Hütte), haben Dia- oder Overheadprojektoren bzw. Beamer, die du nach Absprache selbstverständlich benutzen kannst. Materialien und Medien zu Umweltthemen ste- hen im Downloadbereich der DAV Homepage zur Verfügung.

57 Hintergrundinformationen zur Alpenschutzpolitik Hintergrundinformationen zur Alpenschutzpolitik Was ist die „Alpenkonvention“? Hochleistungsstraßen führte zu Kontroversen mit den anderen Alpenländern. Auch beim Bereits 1952 forderte die Internationale Thema „Tourismus“ liegen die Vorstellungen Alpenschutzkommission CIPRA (Commis‑ vom nachhaltigen Wirtschaften weit ausei‑ sion Internationale pour la Protection des nander. Unterschiedliche Auffassungen gibt Régions Alpines) einen völkerrechtlich bin‑ es beispielsweise zum Thema künstliche Be‑ denden Vertrag zwischen den Alpenstaaten, die Alpenkonvention, mit dem Ziel, eine um‑ schneiung oder zur weiteren Erschließung mit weltschonende Entwicklung im Alpenraum in Liftanlagen. die Wege zu leiten. 1991 verabschiedeten die Aus diesem Grund ist der Ratifizierungspro‑ europäischen Umweltminister schließlich ein zess der einzelnen Fachprotokolle in einigen 87-Punkte-Programm zu dessen Umsetzung. Mitgliedsstaaten der Alpenkonvention auch Konsens war, dass die weitere menschliche heute noch nicht abgeschlossen. Nutzung in den Ländern des Alpenbogens Trotz der weit reichenden Bedeutung der nachhaltig erfolgen muss. Alpenkonvention und ihrer Protokolle für die nachhaltige Entwicklung im Alpenraum sowie der Vielzahl der Regelungen zu fast allen wich‑ tigen Handlungsbereichen für eine nachhalti‑ ge Entwicklung, sind die Konvention und ihre Protokolle bis heute selbst in betroffenen Ins‑ titutionen oft wenig bekannt. Zudem besteht eine große Unsicherheit über die konkrete juristische Bedeutung der Konventionsinhalte. Trotzdem stellt die Alpenkonvention den Der konkreten Umsetzung dieses Leitbildes derzeit umfassendsten Versuch dar, in einer stehen jedoch konkurrierende nationale In‑ europäischen Großregion die Prinzipien eines teressen der Vertragspartner Deutschland, nachhaltigen Wirtschaftens flächenhaft und Schweiz, Österreich, Italien, Frankreich, länderübergreifend umzusetzen. Sie ist außer‑ Slowenien, Liechtenstein und Monaco sowie dem ein wichtiges Podium zur alpenweiten Dis‑ der EU entgegen. Anders als die recht all‑ kussion von Berggebietsproblemen, wodurch gemein gehaltene Rahmenkonvention, die die Kooperation von alpenweiten Initiativen 2000 in allen Alpenländern in Kraft getreten ist, waren die Fachprotokolle (Raumplanung und Kommunen massiv verbessert werden und Nachhaltige Entwicklung, Naturschutz konnte. Nicht zuletzt wird mit der Alpenkonven‑ und Landschaftspflege, Berglandwirtschaft, tion der Versuch unternommen, die vielfältige Bergwald, Tourismus, Energie, Bodenschutz, alpine Kulturlandschaft zu bewahren und damit Verkehr, Streitbeilegung, Monaco) zum Teil für den Bergsteiger attraktiv zu erhalten! heftig umstritten. Vor allem das Protokoll „Ver‑ Die Arbeit der Organe der Alpenkonvention wird kehr“ brachte große Schwierigkeiten. Öster­ durch das ständige Sekretariat der Alpenkon‑ reichs Neubauverbot von alpenquerenden vention mit Sitz in Innsbruck und einer Außen‑

58 Hintergrundinformationen zur Alpenschutzpolitik

stelle in Bozen unterstützt, dessen Einrichtung die Umweltminister im Rahmen der VII. Alpen‑ konferenz 2002 beschlossen haben. Informatio‑ nen findet ihr unter www.alpenconv.org Was bedeuten „FFH-Richtlinie“ und „Natura 2000“? Die Gesetze sind in Europa, Deutschland und den deutschen Bundesländern hierarchisch aufgebaut: Die Gesetze der Europäischen Union stehen über denen der Bundesrepublik Deutschland und diese wiederum über denen der Bundesländer. Auf EU-Ebene werden Ge‑ setze als Richtlinien bezeichnet und sind für die Mitgliedsländer verbindlich. Wie für ganz Europa wird auch für die Alpen ein Netz von Schutzgebieten (Natura 2000) angestrebt, um dieses einzigartige Großökosystem zu erhal‑ ten. Für Bergsteiger ist insbesondere die FFH- Richtlinie (=Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie) zur Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (Richtlinie 92/43/EWG vom 21. Mai 1992) wichtig. Artikel 6 (Absatz 2) dieser Richtlinie regelt mögliche Verschlechterungen des „­natürlichen Erhaltungszustandes“.

59 Empfohlene Literatur Empfohlene Literatur

Die hier aufgeführten Bücher stellen eine Bücher und Broschüren mit erste Auswahl dar, mehr würde den Rah­ ­regionalem oder thematischem men der vorliegenden Broschüre bei Wei­ Schwerpunkt tem sprengen. Die ausgewählten Bücher Erlebnis Nationalpark Hohe Tauern. haben sich jedoch in der Praxis bewährt Naturführer und Programmvorschläge. und können auch in der Sektionsarbeit R Ausgezeichnete naturkundliche Beschrei‑ eingesetzt werden. Vielleicht legt sich dei­ bungen für jedes Tal inkl. aller notwendigen ne Sektion ja das eine oder andere Buch ­Adressen, Telefonnummern etc. Stüber, zu, das dann auf Führungstouren verwen­ E. / Winding, N. (1990) Tyrolia Verlagsanstalt det werden kann. Darüber hinaus gibt es (www.hohetauern.at/shop). noch die reichhaltige DAV-Bibliothek, de­ Grande Traversata delle Alpi (GTA), in ren Angebot auch via Internet eingesehen 2Teilen. Teil 1: Der Norden, Teil 2: Der werden kann: www.alpenverein.de. Für Süden R Hervorragende Wanderwegbe‑ die Tourenplanung nützliche Links findest schreibung, Beschreibung zahlreicher Details entlang der Strecke. Allerdings haben sich z.B. du z.B. unter ­www­.­alpenverein­.­de und Telefonnummern mittlerweile verändert. Erfah‑ ­www­.­jdav­.­de. Spezielle naturkundliche In­ rung beim Fernwandern wird vorausgesetzt. formationen, die meist alpenweit zutref­ Bätzing, W. (1994), Rotpunktverlag. fen, findest du unter: ­www­.­hohetauern­.­at Klimaspuren. 20 Wanderungen zum (Nationalpark Hohe Tauern). Informatio­ Treibhaus Schweiz. R Krebs, R. / Siegrist, D. nen zu verschiedensten geographisch-na­ (1997), Rotpunktverlag, Zürich. turwissenschaftlichen Themen findest du Weitere Bücher: www.rotpunktverlag.ch unter: www.g-o.de (Wissensmagazin des Winterspuren. Mit Tourenski, Snowboard Springer-Verlags, Heidelberg). und zu Fuß unterwegs in bedrohter Landschaft. R Die schönsten 100 Touren im Empfohlene Führerliteratur Schnee in Gebiete, die durch Skigebietser‑ Naturschutz-Gütesiegel wie für Kletter- und schließungen bedroht sind. Enthält alle nöti‑ Skitourenführer gibt es für Alpinführer bisher gen Infos zur Tour und die Hintergrundinfor‑ nicht. Bei der Auswahl der Führer kannst du mationen zu den geplanten Erschließungen. deshalb nur auf ihre Aktualität achten und Siegrist, D. (1999), Rotpunktverlag, Zürich. darauf, ob sie über alpintechnische Angaben Kleine und feine Bergsteigerdörfer zum hinaus auch Hintergrundinfos zum Gebiet enthalten. Spezielle Infos über die Region (zu Genießen und Verweilen. R 124 Seiten, Land und Leuten, Naturkundliches) findest du 4. erweiterte und aktualisierte Auflage. OeAV für fast jede Bergregion darüber hinaus in alpi‑ (Hg., 2010), (www.alpenverein.at). nen Fachzeitschriften oder bei der Touristenin‑ Weitere Bücher: www.bruckmann.de, formation der Region (s. auch Internet). ­www­.­panico.de, www.rother.de

60 Empfohlene Literatur

Natur- u. Kulturraum Alpen ­allgemein Die Pflanzenwelt der Hohen Tauern. Hohe Tauern, Wissenschaftliche Schriften. R Die Alpen. Geschichte und Gefährdung Als Ergänzung zu Hause und eher für die Zen‑ einer europäischen Kulturlandschaft. tralalpen geeignet. Alle Pflanzen mit Foto und R DIE Einführung in den Kultur- und Natur‑ allgemeinverständlicher Kurzbeschreibung. raum. Bätzing, W. (2005), Verlag C.H. Beck, Hartl, H. / Peer, T. (2014), 6.Auflage. München. 3. Auflage. Bezug: Nationalparkverwaltung Hohe Tauern, Gebirge der Erde. R Conradin / Burga / ​ A-5741 Neukirchen 306. Grabherr (2004). Ulmer Verlag. Lebensraum Bergwald. Alpenpflanzen Handbuch Schweizer Alpen: Pflanzen, im Bergwald, Baumgrenze und Zwerg - Tiere, Gesteine und Wetter/ Der Natur - strauchheide. (Nur noch antiquarisch) R führer. R Das komplette Wissen für unter‑ Beide Bücher von ­Reisigl beschreiben umfas‑ wegs: 750 Pflanzen, 170 Tiere, 20 Gesteine, 20 send den jeweiligen Lebensraum der Alpen. Wolkenarten und Wetterlagen. Ein hochwertig Einzelpflanzen und Vegetationskomplexe ausgestattetes, reich bebildertes, praxiso‑ werden in ihrer Beziehung zu den Standort‑ rientiertes und wissenschaftlich fundiertes bedingungen dargestellt (Vegetationsökolo‑ Nachschlagewerk. 656 Seiten, über 1500 gischer Schwerpunkt). Ausgezeichnete Fotos Farbfotos, 270 Zeichnungen, 40 Grafiken und und Zeichnungen. Reisigl, H. / Keller, R. (1989), Tabellen, farbige Navigationshilfe, die das Be‑ Spektrum Akad. Verlag, Stuttgart / New York. stimmen vereinfacht. Heinz Staffelbach (2011). Nahrhafte Landschaft. R Altes Gebrauchs‑ ­Haupt-Verlag. wissen zu Nutz- und Heilpflanzen. Von Vegetation der Alpen Wildobstnutzung über Arzneipflanzen bis Wildspargelgemüse. Machatschek, M. (2007), Alpenblumen. Steinbachs Naturführer 16. Böhlau Verlag, Wien, 3. Auflage. R Sehr empfehlenswertes, rucksackgeeigne‑ Unsere Alpenflora. R Ein bisschen wissen‑ tes Bestimmungsbuch im Taschenbuchformat, schaftlicheres Bestimmungsbuch mit vielen auch für Anfänger, zahlreiche Fotos. Fotos, eher für Westalpen geeignet. Landolt, Xaver Finkenzeller (2010), Ulmer Verlag. E., (2003), Schweizer-Alpen-Club Führer. Alpenpflanzen in ihren Lebensräumen: ein Bestimmungsbuch. R Peter Mertz (2008). Haupt-Verlag, 480 Seiten. Alpenpflanzen im Lebensraum. Alpine Rasen, Schutt- und Felsvegetation. (Nur noch antiquarisch) R Reisigl, H. / Keller, R. (1994), Spektrum Akad. Verlag, Stuttgart / New York, 2. Auflage.

61 Empfohlene Literatur

Tierwelt der Alpen Alpenpolitik Die Tierwelt der Hohen Tauern: Wirbel­ 3. Alpenreport: Daten, Fakten, Probleme, tiere. R Sehr anschauliches, gut verständ‑ Lösungsansätze. R Daten, Fakten usw. in liches Buch. Mit Fotos von allen Tieren, von großer Bandbreite rund um die Alpen von der denen die meisten alpenweit anzutreffen sind. Tier- und Pflanzenwelt über das Kulturerbe bis Enthält über die Beschreibung der Art und ih‑ hin zu Sport, Verkehr und der Alpenkonventi‑ res Lebensraums hinaus auch volkskundliche on. Artikel von rund 80 europäischen Autoren Anmerkungen. Stüber, E. / Winding, N. (2007). mit ca. 100 Abb., Grafiken und Karten. Universitätsverlag Carinthia Hg. CIPRA international (2007), Verlag P. Haupt,​ (www.hohetauern.at/shop). Bern / Stuttgart / Wien. Vögel der Alpen. R Brendel, U. (1998). Grundsätze des Deutschen Ulmer Verlag, Stuttgart. ­Alpenvereins Vögel der Alpen. Der Bestimmungsführer aller Arten. R B. B. Caula/ P. Baraudo/ M. Grundsatzprogramm zum Schutz und zur Pettravino (2009). Haupt-Verlag. nachhaltigen Entwicklung des Alpen- raumes sowie zum umweltgerechten Klimawandel in den Alpen Bergsport, 2014 R Hier sind die Leitlinien Gletscher im Treibhaus – eine fotografi - des Verbandes kurz und bündig zusammenge‑ sche Zeitreise in die alpine Eiswelt. R fasst. Maßnahmen und Handlungsbedarf für In 60 Vergleichen werden historische Post‑ eine umwelt- und sozialverträgliche Entwick‑ karten und Fotografien aktuellen Aufnahmen lung werden reich bebildert dargestellt. gegenübergestellt, spannende Textbeiträge. Arbeit mit Gruppen – Buch zur gleichnamigen Ausstellung, die von Sektionen ausgeliehen werden kann. W. Zängl, Gruppen­führung S. Hamberger (2004), Tecklenborg Verlag, 272 Wie die Gruppe laufen lernt. Anregungen Seiten, 460 Farbabbildungen. zum Planen und Leiten von Gruppen. Ein praktisches Lehrbuch. R Viele praktische Geomorphologie der Alpen Anwendungsbeispiele für höhere Ansprüche. Landschaftsformen und Landschaftsele- Langmaack, B. / Braune-Krickau, M. (1995), mente im Hochgebirge. R Ein allgemein Psychologie ­Verlag, Weinheim. verständliches, reich bebildertes Lehrbuch und Nachschlagewerk zugleich, in dem der Formenschatz und die Elemente dieses Natur‑ raumes (z.B. Talformen, Kare, Moränen, Erd‑ pyramiden, Gletscherspalten) erklärt sind. Mit Aufnahmen aus den Alpen, dem Himalaya, den Anden und den skandinavischen Hochgebir‑ gen. Stahr, A. / Hartmann, Th. (1999), Springer Verlag, Berlin / Heidelberg.

62 Empfohlene Literatur

Spiele Activity. R Leicht zu übertragen auf alpine In‑ halte. Original des Spiels im Piatnik Verlag, Wien. Kooperative Abenteuerspiele. R Viele gu‑ te Spiele, auch für drinnen geeignet. Gilsdorf, R. / Kistner, G. (1997). Kallmeyer´sche Verlags­ buchhandlung. Mit Freude die Natur erleben. R Cornell, J. (1993), Verlag an der Ruhr, Mülheim an der Ruhr. Broschüren • Erleben und leben lassen – Naturver - trägliche Skitouren • Skitouren auf Pisten • Spiel, Spaß und Verstehen – 72 Natur ­ erfahrungsspiele. • Tierspuren erkennen • Zu Gast in den Felsen • Umweltschutz in großen Höhen – DBU Projekte im Alpenraum (Umwelttechnik auf DAV-Hütten). • Klimawandel im Alpenraum – Auswir - kungen und Herausforderungen Bezug: Deutscher Alpenverein e.V., Ressort Natur- und Umweltschutz, Von-Kahr-Str. 2-4, 80997 München, Tel.: 089 / 14003-75, Fax: 089 / 14003-64, E-Mail: [email protected] Weitere Broschüren auf www.alpenverein.de

63 Schlagwortverzeichnis Schlagwortverzeichnis

Artenregister Tannenhäher ...... 5, 8 Gletscher- ...... 27 Routenwahl ...... 54 schwankung Alpenampfer ...... 12f Tatzelwurm ...... 16 Säbelwuchs ...... 5 Gruppengröße ...... 55 Alpendohle ...... 37f Wasseramsel ...... 43 Salzhandel ...... 5f Heilpflanze ...... 21 Alpendost ...... 20 Weißer Germer ...... 13 Sammelaufgaben ...... 5 Helvetikum ...... 36 Alpenglöckchen ...... 20 Weißtanne ...... 3 Saumhandel ...... 16 Hirschbrunft ...... 6 Alpenmannsschild ...... 29 Zirbe ...... 4f, 8 Schnaps ...... 13 Hochlagen- ...... 11 Alpenmeise ...... 3 Schneetälchen ...... 20f Sachregister aufforstungen Alpenmurmeltier ...... 22 Schuttabfahren ...... 30 Aktivitätsmuster ...... 49 Holztrift ...... 6 Alpensalamander ...... 10 Schuttfächer ...... 20 Almsage ...... 16 Insektenlarven ...... 41 Alpenschneehase ...... 48 Schutthalden ...... 26, 29 Alp ...... 12 Internationale ...... 58 Alpenschneehuhn . . . 24, 47, 48 Schuttpflanzen ...... 29 Alpenentstehung ...... 34f Alpenschutzkommission Alpensteinbock ...... 31f Siedlungsstruktur ...... 12 Alpenkonvention ...... 58 Kar ...... 27 Arnika ...... 21 Skibergsteigen ...... 50 Karren ...... 28 Anreise ...... 50 umweltfreundlich Auerwild ...... 45 Bachverbauung ...... 43 Karst ...... 27 Spiele . . . . 8, 9, 10, 21, 22, 23, Birkwild ...... 47 Bahn und Bike ...... 14f Klamm ...... 41 ...... 28, 30, 31, 45, 48, 56 Borkenkäfer ...... 8f Beobachtungs- . . . . . 3, 6, 14, Kleine Eiszeit ...... 27 Strukturschwache ...... 52 Buche ...... 3 aufgaben ...... 30, 42, 56 Kolk ...... 40 Bergregion Deutsche Tamariske . . . . . 43 ...... Bergwaldprojekt 11 Kreidezeit ...... 34 Stützpunktauswahl 53 Edelweiß ...... 21 ...... Bergwaldsterben 10 Krummholzzone ...... 5 Succulenz 30 Enzian, Gelber ...... 13 Betretungsrecht ...... 24 Tauern ...... 16, 34 Kulturlandschaft ...... 17 Fichte ...... 3f Bodenerosion ...... 14 Temperaturanstieg ...... 26f Lägerflur ...... 12 Flechten ...... 37 Canyoning ...... 41 Tertiär ...... 35 Land-Art ...... 42 Gämse ...... 30f CIPRA ...... 58 Tethys-Meer ...... 34f Lebensraum- ...... 39, 49 Gämsheide ...... 21 Deckenüberschiebung . . . . 34 verlust Tierspuren ...... 45ff . . . . Gletscher-Hahnenfuß 37 Doline ...... 28 Luftverschmutzung ...... 11 Tourenplanung ...... 52ff ...... Krautweide 20 Eiszeiten ...... 28, 36 Mäander ...... 41 Trogtal ...... 34, 36 Lachs ...... 41 Energieverbrauch ...... 48 Mausplatten ...... 18 Umweltgütesiegel ...... 53 Lärche ...... 4 Falten ...... 34f Molasse ...... 36 Viehgangeln ...... 14 Latsche ...... 5 Felsvegetation ...... 29 Moränen ...... 26 Waldgrenze ...... 5 Mauerpfeffer ...... 30 FFH-Richtlinie ...... 59 Mountainbike ...... 14f Walser ...... 17ff Pinzgauer ...... 15 Freiwilligeneinsätze ...... 17 Nationalpark ...... 24, 53f Wasserfall ...... 40 Rotflügelige ...... 43 Frostsprengung ...... 26 Nunatak ...... 37 Wegabschneider ...... 14f Schnarrschrecke Gebietsauswahl ...... 52 Nutztiere ...... 15 Wegloses Gelände ...... 24 Rotwild ...... 6f Gebirgsbach ...... 40f Öffentliche ...... 15, 52 Weihnachtsbaumtest . . . . . 4 Rundblättriges ...... 29 Verkehrsmittel Täschelkraut Gefährdete Arten ...... 41, 49 Wildfluss ...... 42ff Geologie ...... 35 Ostalpin ...... 35f Wildflussverbauung . . . . . 44 Schneemaus ...... 23 Gewässerschutz ...... 40 Penninikum ...... 36 Wildverbiss ...... 50 Silberwurz ...... 29 Gletscher ...... 26 Permafrost ...... 27 Windkanten ...... 21 Steinadler ...... 38f Gletscherbach ...... 40 Pionierpflanzen ...... 29 Zeitplanung ...... 54 Stengelloses ...... 30 Leimkraut Gletscherschliff ...... 26 Regenprogramm ...... 57 Zelten ...... 24

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