©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien Beitr. Paläont., 21:41-49, Wien 1996

Kleinsäuger und Landschnecken aus dem Mittel-Pliozän von Neudegg (Niederösterreich)

Micromammals and terrestrial snails from Middle Pliocene deposits of Neudegg (Lower Austria)

von

Christa FRANK* & Gernot RABEDER*

FRANK, Ch. & RABEDER, G., 1996. Kleinsäuger und Landschnecken aus dem Mittel-Pliozän von Neudegg (Niederösterreich). — Beitr. Paläont., 21:41-49, 3 Abb., 1 Tab., Wien.

Zusammenfassung des Institutes für Geographie (J. Fink) und des Institu­ Aus den mit Terra rossa vermischten Sedimenten, die tes für Paläontologie (G. Rabeder) der Universität Wien in Vertiefungen des Hollabrunner Schotterstranges wurden in den intensiv rot gefärbten Lehmen Mollus­ (Ober-Miozän) liegen, wurden Kleinsäugerreste (v.a. kensplitterentdeckt. Aus den entnommenen Sediment­ Arvicolidae) zusammen mit einer artenreichen Mol­ proben wurden im Institut für Paläontologie nicht nur luskenfauna geborgen. Eindeutig bestimmbare Mola­ zahlreiche Molluskenreste sondern auch isolierte Mo­ ren liegen von zwei Mimomys-Arten vor, die für Mittel­ laren von Wühlmäusen ausgeschlämmt, die eine chro­ pliozän sprechen. Die Gastropodenfauna ist mit 44 nologische Einstufung ermöglichen. Arten ökologisch sehr differenziert und für die Verbrei­ Im Rahmen des vom Fonds zur Förderung der wissen­ tungsgeschichte von überregionaler Bedeutung. Her­ schaftlichen Forschung geförderten Projektes „Die vorzuheben sind: Cochlostoma salomoni, Carychium pleistozänen Faunen Österreichs“ (Projekt-Nr. 9320) schlickumi, Gastrocoptameijeri, Claus ilia stranzendor- wurden die bisher nicht bearbeiteten Fossilien unter­ fensis, C. strauchiana, Semilimax kochi und Retinella sucht, wobei die Kleinsäuger-Reste von G. Rabeder (Lyrodiscus) sp. und die Landschnecken von C. Frank bearbeitet wur­ den. Das Hauptziel des Projektes ist die Erstellung Summary eines Fundstellenkatalogs mit revidierten Faunenlisten, einer modernen Chronologie unter Einbeziehung radio­ Remains of micromammals (especially arvicolids) were metrischer wie evolutionsstatistischer Methoden so­ found with an abundant fauna of terrestrial in wie einer neuen auf den Molluskenthanatocoenosen these deposits mixed within terra rossa, which fill the beruhenden Paläoklimatologie. deepenings in the gravel layers of Hollabrunn („Holla­ Da fossilführende Sedimente des Pliozäns im österrei­ brunner Schotter“, Upper Miocene). Indubitable mo­ chischen Raum relativ selten sind, haben wir uns ent­ lars of two Mimomys species are pointing to the Middle schlossen, die Untersuchungsergebnisse etwas ausführ­ Pliocene. The ecological structure of the snail thanato- licher zu gestalten und auch außerhalb des Katalogs zu coenosis is highly differentiated. Some of the species veröffentlichen. are very significant in consideration of their zoogeo- graphical distribution: Cochlostoma salomoni, Cary­ chium schlickumi, Gastrocoptameijeri, Clausiliastran- Die Fundstelle zendorfensis, C. strauchiana, Semilimax kochi and Die fossilführenden Sedimente wurden in einer klei­ Retinella (Lyrodiscus) sp. nen Sandgrube östlich der Ortschaft Neudegg bei Groß­ riedental (polit. Bezirk Tulln) entdeckt. Man erreicht Vorwort die Fundstelle in wenigen Minuten von der Ortsmitte, wenn man einem ansteigenden Fahrweg nach Osten Die Fundstelle wurde schon im Jahre 1976 im Zuge folgt. Nach etwa 100 Metern wird die Sandgrube sicht­ von quartärgeologischen Kartierungen (Aufnahme al­ bar, in der fossilleere Sande und Kiese abgebaut wer­ ler Rotlehmvorkommen im Weinviertel) durch L. Piffl den, die nach der Lithologie dem Hollabrunner Schotter­ (Tulln) entdeckt. Bei einer gemeinsamen Exkursion körper angehören. Dieser besteht aus meist kreuz­ * Univ.-Doz. Dr. Ch. Frank & Univ.-Prof. Dr. G. Rabeder, geschichteten Sanden und Schottern, die in z.T. be­ Geozentrum, Institut für Paläontologie, Althanstraße 14, achtlicher Mächtigkeit von einem Donauvorläufer ab­ A-1090 Wien, Österreich gelagert wurden. In zahlreichen Stellen (z.B. im nahe ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien 42 Beitr. Paläont., 21, Wien 1996

gelegenen Radibrunn und Ebersbrunn) dieses mächti­ gen Schotterstranges, der von der Wachau über Hollabrunn und Mistelbach in das Wiener Becken zieht, sind Reste von Säugetieren gefunden worden, die eine zeitliche Einordnung in das Ober-Miozän zulassen. Einige chronologisch wichtige Taxa sind: Tetralopho- don longirostris, Dinotherium giganteum, Aceratheri- um incisivum, Hipparion primigenium. Der genaue zeitliche Umfang der Hollabrunner Schotter läßt sich nicht angeben, da Kleinsäugerreste, die eine feinere 100 km Zonierung ermöglichen, fast ganz fehlen. Direkt auf den Sanden und Schottern - z.T. in Ero­ sionsrinnen - liegen in manchen Bereichen rotgefärbte Sedimente, meist Rotlehme oder wie hier in Neudegg mit Terra rossa vermischte Sande und Schotterschnüre, die aus den darunterliegenden Hollabrunner Schottern stammen. Eine Fossilführung dieser Rotsedimente konnte bisher in Stranzendorf (RABEDER 1981; NA­ GEL & RABEDER, 1991) nachgewiesen werden. Mit Neudegg kennen wir nun ein zweites Rotlehmvor­ kommen, das sich mit Hilfe von Kleinsäugem in das Mittel-Pliozän einstufen und auf Grund der artenrei­ chen Molluskenfauna paläoklimatologisch bewerten läßt. Lage: In einer Sandgrube nordöstlich und etwas Abbildung 1. Lageskizze der Fundstelle Neudegg (N.Ö.) (Graphik: N. Frotzler) oberhalb der Ortschaft Neudegg. ÖK 1: 50.000, Blatt 39-Tulln, östl. Länge 15°53’, nördl. Breite 48°29T 7", Mj: Kaufläche bestehend aus dem Lobus posterior, Seehöhe: 525 m. drei teilweise konfluenten Triangeln und dem Antero- Eine Neuaufnahme des Profils (Abb. 1) und Fossilauf- conidkomplex, der ebenfalls mit einer schmalen Dentin­ sammlungen fanden durch Ch. Frank und G. Rabeder brücke mit dem T3 verbunden ist. Die Konfluenzen im Juli 1995 statt. Die fossilführenden Sedimente sind der Dentindreiecke sind auf die geringe Provergenz bzw. waren im linken (westl.) Teil der Sandgrube auf­ der Synklinalen zurückzuführen. Am Anteroconidkom- geschlossen. plex gibt es eine kräftig entwickelte Mimomyskante und eine relativ tiefe Inselfalte. Von einer Insel ist Faunenliste MAMMALIA (det. Rabeder) keine Spur erhalten. Die Vorderkappe ist asymme­ trisch, indem sie nach lingual gebogen erscheint. Mimomys(Pusillomimus)altenburgensis/reidi Mimomys Von der Linea sinuosa ist das schmale, niedrige stehlini (= M. „ kretzoii “) Ungaromyscf. opsia. Hyposinulid als wichtiges Kriterium für ein relativ Systematische Beschreibung der Arvicolidenreste niedriges Evolutionsniveau anzuführen. (Zur Terminologie der Arvicoliden-Molaren s. RAB­ M1: Die Kaufläche zeigt keine Besonderheiten. Von EDER, 1981 und CARLS & RABEDER, 1988) der Linea sinuosa sind alle Sinusbildungen überliefert. Der breite zungenförmige Protosinus ist nur wenig Farn. Arvicolidae GRAY, 1821 niedriger als der Distosinus. Die beiden mesialen Si­ Genus Mimomys FORSYTH-MAJOR, 1902 nus sind schmal fingerförmig, der buccale Anterosinus Subgenus Pusillomimus RABEDER, 1981 ist etwas höher als der linguale Anterosinulus. M2: Das auffälligste Merkmal ist die breite Konfluenz Mimomys altenburgensis / reidi der Triangel T2 und T3 zu einem „Rhombus“. Der (Abb. 2, Fig. 1-3) davorliegende Lobus anterior und das dahinterliegende Material 2M,,1M1, IM2 Triangel T4 sind durch schmale Dentinbrücken mit Beschreibung Die vier Molaren haben fol­ diesem Rhombus verbunden. An der Linea sinuosa ist gende Gemeinsamkeiten: Die Synklinalen sind wenig der schmale Anterosinus erhalten, während die Spitze oder gar nicht gekrümmt (= vergent), weshalb charak­ des Protosinus schon usiert ist. Der Zahn ist zwei­ teristische Dentinkonfluenzen bestehen. Das Schmelz­ wurzelig. band ist schwach pachyknem entwickelt, d.h., die Systematische Stellung: Die Zuordnung leeseitigen Schenkel der Synklinalen haben eine schma­ zum Subgenus Pusillomimus ergibt sich aus dem Mu­ le Auflage von Tangentialschmelz. In den Synklinalen ster des Schmelzbandes, dem schwach entwickelten gibt es nur wenig Zement oder sie sind zementlos. Synklinalzement und vor allem den Konfluenzen am ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien FRANK, Ch. & RABEDER, G., Kleinsäuger und Landschnecken 43

M und am M2. In der Kauflächenform des Ml beste­ Spitzen des breiten Protosinus erhalten, der fingerför­ hen große Ähnlichkeiten mit M. „stranzendorfensis" mige Anterosinus ist sehr klein. 3 Wurzeln. (= M. reidi) aus Stranzendorf D. Die Linea sinuosa Systematische Stellung Das typische aller überlieferten Molaren und der für den M1 errech- Schmelzmuster, die Ausstattung mit reichlichem nete PA-Index zeigen, daß die Neudegger Pusillomi- Synklinalzement und die gleichmäßige Vergenz der m us-Art ein niedrigeres Evolutionsniveau aufweist als Synklinalen sprechen für einen Angehörigen der Gat­ die Form aus Stranzendorf und somit zwischen M. tung Mimomys s. str. Die mittelgroßen Dimensionen altenburgensis und M. reidi liegt. und das sehr primitive Evolutionsniveau der Linea sinuosa mit einem PA-Wert von nur 1,40 mm ermög­ Subgenus Mimomys FORSYTH-MAJOR, 1902 lichen eine Zuordnung zu einer ursprünglichen Art der Nominatuntergattung. Der beschriebene M2 liegt mit Tabelle 1. Molaren-Maße von Mimomys aus dem Mittel-Plio­ seinen Werten genau im Verteilungsareal von Mimo­ zän von Neudegg mys „kretzoii“ (= M. stehlini) aus dem Mittelpliozän von Deutsch-Altenburg 9 und 20. Art Molar occ. Hsd Hsld HH Länge Prs As Asl PA PAA M. alt./reidi Genus Ungaromys KORMOS, 1932 M, 2,58 >2,45 2,12 >3,24 (=„Cseria " KRETZOI, 1959) M, 2,78 >1,56 1,56 >2,21 M 1 2,12 2,53 2,35 1,75 3,08 3, 87 Ungaromys cf. opsia (RABEDER, 1981) M2 1,79 2,44 2,53 3,51 (Abb. 2, Fig. 5) M. stehlini M2 1,98 0,97 1,01 - 1,40 Material: 1 M,-Fragment Systematische Beschreibung: Schmelz­ band isoknem, d.h. die lee- und die luvseitigen Ab­ schnitte sind etwa gleich dick. W E Die überlieferte Kaufläche besteht aus den Triangeln 1 bis 3 und dem Anteroconidkomplex. Die Dentinflächen sind durch schmale Dentinbrücken miteinander ver­ bunden. Es gibt weder eine Insel noch eine Mimomys- kante. Die Vorderkappe ist in die Länge gezogen und wenig nach lingual gebogen. Die Kaufläche ist auffal­ lend schmal. Die Linea sinuosa ist, nach dem breiten und niedrigen Anterosinuid zu schließen sehr primitiv; die distalen Sinuide sind leider nicht erhalten. Zwei Wurzeln.

E S n KREUZGESCHICHTETE SANDE UND KIESE DER HOLLABRUNNER SCHICHTEN Systematische Stellung: Aufgrund des isoknemen Schmelzbandmusters, der Form der Vor­ Abbildung 2. Aufschlußskizze der Sandgrube östlich von derkappe (ohne Insel oder Mimomyskante) und der Neudegg, Ansicht von Süden (Zeichnung: G. Rabeder, Juli primitiven Linea sinuosa kommt nur ein Vetreter der 1995, Graphik: N. Frotzler) Ungaromys-Villanyia-Cseria-Gruppe in Frage. In der Kauflächenform aber auch in den Dimensionen beste­ hen große Ähnlichkeiten zu „ Cseria “ opsia aus Stran­ Mimomys stehlini KORMOS, 1931 zendorf D (s. RABEDER, 1981). Wie CARLS & RAB­ (Abb. 2, Fig. 4) EDER (1988) ausführlich begründeten, müssen die als Material: IM2 „ Cseria " beschriebenen Formen des jüngeren Plio­ Beschreibung: Die Synklinalen sind reichlich zäns als Vorläufer der altpleistozänen Ungaromys-Ar­ mit Zement ausgestattet. Das Schmelzband ist typisch ten angesehen werden, weshalb die Gattung Cseria pachyknem, d.h., mit dicken Tangentialschmelz-Auf­ einzuziehen ist. lagen versehen. Die Kaufläche wird von drei post- vergenten Synklinalen eingeschnürt, die Triangel T2 Faunenliste MOLLUSCA (det. FRANK) und T3 sind fast ganz abgeschlossen und auch zum Art Anmerkung Vorderlobus besteht nur eine schmale Dentinver- Cochlostoma salomoni 1 bindung. Zwischen T3 und T4 ist eine etwas breitere Carychium schlickumi 2 Dentinbrücke zu erkennen. Die hintere Lingual­ Cochlicopa lubrica 3 synklinale (= S3) ist seicht. Truncatellina cf. strobeli 4 Die Linea sinuosa besteht aus niedrigen Sinusbildungen. Vertigo pusilla Obwohl der Zahn schon stark angekaut ist, sind die Vertigo antivertigo ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien 44 Beitr. Paläont., 21, Wien 1996

Granaría frumentum fung: vermutlich spätes „Tegelen“), von RÄHLE Gastrocopta (Vertigopsis) meijeri 5 (1995:107-109) im Altpleistozän vom Uhlenberg und Vallonia costata 6 von Lauterbrunn (Iller-Lech-Platte, Bayerisch Schwa­ Vallonia tenuilabris ben). Ebenfalls hierher gehören könnten die Funde von Acanthinula aculeata 7 Cochlostoma (Obscurella) von MÜNZING(1973:163) Ena montana aus altpleistozänen Rheinsanden bei Bruchsal (Wasser­ Buliminidae, cf. Zebrina sp. 8 bohrung Philippsburg) und von MEIJER (in FREU­ Ruthenica filo grana DENTHAL et al. 1976:9) aus dem „Tegelen C5“ von Macrogastra densestriata Tegelen (Niederlande; auchMEIJER, 1987:289). Nach Macrogastra sp. 9 MEIJER (1988) und RÄHLE (1995:109) ist die Art in Clausilia stranzendorfensis 10 den Niederlanden letztmals in Ablagerungen des älte­ Clausilia strauchiana 11 ren „Waal“ oder „Tegelen“ nachweisbar. Aus Öster­ Serrulina serrulata 12 reich war sie bis dato noch nicht bekannt. Die Frag­ Clausiliidae, Windungsfragmente mente aus dem Rotlehm C von Stranzendorf dürften zu Triptychia sp. 13 dieser Art zu stellen sein. Rezente Vertreter der Unter­ Catinella arenaria gattung, die ihr am nächsten stehen, leben im Pyrenäen­ Punctum pygmaeum raum (Nordspanien, südwestliches Frankreich): WAG­ Discus cf. rotundatus NER (1897). Semilimax cf. kochi 14 2. Carychium (Saraphia) schlickumi wurde von Vitrinobrachium sp. 15 STRAUCH (1976:168-170, Taf. 16, Fig. 40-45, Taf. Vitrea diaphana 19, Fig. 68-70, 72, 73, 75) aus dem pliozänen Ton des Vitrea crystallina Tagebaus Fortuna, Rhein. Braunkohle AG, beschrie­ Aegopis sp. 16 ben, und ihre Verwandtschaftsbeziehungen diskutiert. Archaegopis cf. acutus 16 Weitere Hinweise zur zeitlichen und räumlichen Ver­ Aegopinella sp. 17 breitung dieser Art bringen RÄHLE & BIBUS (1992: Retinella (Lyrodiscus) sp. 18 331-332) und RÄHLE (1995:109). In Mitteleuropa Oxychilus sp. 19 dürfte sie demzufolge im älteren Pleistozän erloschen Mesodontopsis doderleini 20 sein. Soosia diodonta 21 3. Kleine, schlanke Individuen. Petasina cf. unidentata 4. Zwei Apikalhälften, die höchstwahrscheinlich zu Perforatella bidentata 22 der heute mediterran-südalpin verbreiteten strobeli Monachoides cf. incarnatus (GREDLER, 1853) gehören. Diese wird vonKERNEY cf. Urticicola umbrosus et al. (1983:88) in die Synonymie von T. callicratis Hygromiidae, Fragmente (SCACCHI, 1833) gestellt, von KLEMM (1974:104- Arianta arbustorum 23 106, Karte 16) als eigene Art geführt. Dies entspricht Helicigona lapicida auch der Ansicht von Frank, Die Unterart supraponti- cf. Drobacia banaticum 24 Helicigona capeki ca WENZ & EDLAUER, 1979 wurde im Wiener Bek- cf. Ariantinae, Fragmente ken von LUEGER (1981:19-20, Taf. 2, Fig. 1) festge­ isognomostomos stellt: Leobersdorf („Pannon B/C“), Velm („Pont G/ holosericea H“), Eichkogel („Pont H“); außerdem ist sie von Öcs , große Art(en) 25 (Ungarn; „Oberpannon“) bekannt. Hier wird sie von Korrodierte Splitter (dominant: Triptychia sp.): SCHLICKUM (1979:407-408, Taf. 23, Fig. 2) als ei­ massenhaft. gene Art geführt. Gesamt: 44 5. Gastrocopta (Vertigopsis) meijeri wurde von SCHLICKUM (1978:251-252, Taf. 19, Fig. 9) aus Anmerkungen dem oberpannonen Süßwassermergel von Öcs (Kom. 1. Cochlostoma (Obscurella) salomoni (GEYER, 1914) Veszprém, Ungarn) beschrieben. LUEGER (1981:28— wurde aus dem unteren Deckschotter von Buch bei 29, Taf. 2, Fig. 25,26a-b) wies sie auch im „Pont G/H“ Illertissen beschrieben und vonMÜNZING(1974) dort von Velm nach. wiedergefunden. Weitere Nachweise erfolgten von 6. Kleines, der ökologischen Form helvética (STERKI, SCHRÖDER & DEHM (1951) in den mittleren Deck- 1890) entsprechendes Individuum. schottem (Schotter der Staudenplatte), vonGEISSERT 7. Kleine Form mit nur angedeuteten Rippchen. (1985) bei Gambsheim und La Wantzenau (nördliches 8. Nicht identifizierbar; wahrscheinlich ein z Zebrina Elsaß; vermutlich „tegelzeitliche“ Schichten), von HELD 1838. Beziehungen zu der von BINDER (1977: RÄHLE & BIBUS (1992:329) in altpleistozänen 42, Taf. 5, Fig. 30) aus dem Altpleistozän von Deutsch Höhenschottern des Neckars bei Rottenburg (Einstu­ Altenburg 4A beschriebenen Zebrina (Napaeopsis) ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien FRANK, Ch. & RABEDER, G., Kleinsäuger und Landschnecken 45

cephalonica (MOUSSON, 1859); heute Balkanhalb­ vom Oberpliozän bis ins ältere Mittelpleistozän. Eine insel, nördliches Kleinasien, Ionische Inseln. Zusammenfassung der bis jetzt bekannten Funde brin­ 9. Mündungs- und Apikalfragmente einer kleinen gen RÄHLE & BIBUS (1992:332) und RÄHLE Macrogastra- Art (Schalenhöhe ca. 8 mm) liegen ver­ (1995:110). hältnismäßig zahlreich vor. Sie erinnert an die von 15. Zwei inadulte Individuen und ein unsicheres Frag­ PAPP & THENIUS (1954:22-23) als Pseudidyla be­ ment. Vielleicht handelt es sich um die heute west­ schriebene voesendorfensis („Pannon E“), die von mitteleuropäisch verbreitete Vitrinobrachium breve (A. NORDSIECK (1981:80, Taf. 9, Fig. 26-28) revidiert FÉRUSSAC, 1882); vgl. LOZEK (1964:241), KER- und als Macrogastra erkannt wurde. LUEGER (1981: NEY et al. (1983:150-151, Karte 146), FECHTER & 52, Taf. 7, Fig. 13) stellt sie in die Gattung Clausilia FALKNER (1989:172). DRAPARNAUD 1805. Sie ist auch von Hollabrunn 16. Die Aegopis- Fragmente (Windungsfragmente, bekannt (Mittelmiozän). Wahrscheinlich liegt eine neue Fragmente der Schalenbasis) sind nicht zuzuordnen. Art vor. Möglicherweise liegen zwei Arten, eine kleinere und 10. Zu Clausilia stranzendorfensis siehe NORDSIECK eine größere, vor. Die letztere ist im Adultstadium (1990:162-164). Außer in Stranzendorf tritt sie auch nicht gekielt und weist auch keine Gitterskulptur an in Unterparschenbrunn auf. Es lagen 3 vollständig er­ der Oberseite auf. Dadurch bestehen vermutlich Be­ haltene Mündungen sowie 2 Mündungsfragmente vor, ziehungen oder Identität mit Aegopis klemmi sodaß eine eindeutige Identifizierung möglich war. SCHLICKUM & LOZEK 1965 aus dem Altpleistozän Nordsieck wies bereits auf gewisse Unterschiede zwi­ von Hundsheim. Die tatsächliche Zugehörigkeit dieser schen den Neudegger Individuen und dem Typus­ Art zur Gattung Aegopis FITZINGER 1833 erscheint material hin, die möglicherweise die Abtrennung einer allerdings nicht gesichert. Bei der kleineren Art könnte eigenen Unterart rechtfertigen. es sich um die von BINDER (1977:42, Taf. 13, Fig. 73, 11. Clausilia strauchiana wurde von NORDSIECK 75,77) aus dem Altpleistozän von Deutsch Altenburg (1972:172-174, Taf. 10, Fig. 19-23, Abb. 3^1) aus den 4B beschriebene Archaegopis acutus handeln. Dafür oberpliozänen Deckschichten der niederrheinischen sprechen die skulpturierten Fragmente der Schalen­ Braunkohle, Tagebau Frechen, beschrieben. Sie ist auch unterseite (radiale Rippchen). Siehe auch DEHM vom Tagebau Fortuna-N und vom Eichkogel („Pont (1971:82-83). H“; LUEGER, 1981:51, Taf. 7, Fig. 14a-b) bekannt 17. Zahlreiche inadulte Individuen und Fragmente ei­ und kommt in Stranzendorf wie an der vorliegenden ner flachen, glatten, weitgenabelten Aegopinella- Art, Fundstelle gemeinsam mit Clausilia stranzendorfensis die keine Zuordnung möglichen machen. Eine nahe NORDSIECK 1990 vor; vgl. NORDSIECK (1990:162- Verwandtschaft mit Aegopinella nitens ist anzuneh­ 164, Abb. 6,9-11). men. Möglicherweise liegt die auch von RÄHLE & 12. Die beiden vorliegenden Mündungen wurden mit BIBUS (1992:332) und RÄHLE (1995:110) angespro­ rezenten Individuen aus dem westlichen Kaukasus (leg. chene Art aus altpleistozänen Schichten vom Uhlen­ SHILEYKO, 1973) verglichen. Der Außenrand der berg und Lauterbrunn, Iller-Lech-Platte, vor. Aegopi­ Mündung ist etwas kräftiger gefältelt als bei diesen, nella subnitens (KLEIN, 1853), „vom Helvet bis ins ansonsten besteht Übereinstimmung. Die heutige Ver­ Pannon des Wiener Beckens“ (SCHLICKUM, 1976:12, breitung der Art umfaßt West- und Mittelkaukasien, Taf. 3, Fig. 39-40) hat eine mehr erhabene Spira; vgl. Teile Anatoliens, Ostbulgarien und -rumänien (FECH- auch SCHLICKUM (1978:254, Taf. 19, Fig. 14). TER& FALKNER, 1989:164). Serrulina aff.serrulata 18. Retinella (Lyrodiscus) PILSBRY 1893 ist durch tritt auch an der Fundstelle Krems-Schießstätte auf die stark niedergedrückte, matte Schale mit einigen (LOZEK, 1978). sehr bezeichnenden membranösen Spiralkämmen ge­ 13. Die dominante Art dieser Fauna ist eine Triptychia, kennzeichnet. Dies stellt eine Ausnahme unter den die in zahllosen kleinen und größeren Windungs­ Zonitidae dar. Gegenwärtig ist die Untergattung nur fragmenten, Apices und Mündungsfragmenten vorliegt. durch wenige Vertreter auf den Kanarischen Inseln Bis jetzt ist sie mit keiner aus dem Pliozän bekannten repräsentiert (RIEDEL, 1980:68). Aus dem europäi­ mittel- oder westeuropäischen Art identifizierbar. Sie schen Plio- und Pleistozän sind bis jetzt zwei Arten entspricht auch nicht der vonLUEGER (1981:55, Taf. bekannt geworden: Retinella (L.) jourdani (MI- 8, Fig. 8a-b) kurz charakterisierten neuen Art aus dem CHAUD), Unterpliozän von Hauterives (Südost­ „Pont G/H“ von Velm. Es dürfte sich um eine neue, frankreich) undR. (L.)sklertchlyiKERNEY 1976.Zur mittelgroße Art (Schalenhöhe etwa 30 mm) handeln. chronostratigraphischen Verbreitung der letzteren sie­ Die ersten 2-3 Windungen sind glatt, die folgenden he RÄHLE & BIBUS (1992:333-334) und RÄHLE gerippt, wobei die Rippen am letzten Umgang verfla­ (1995:110-111). Die Funde erstrecken sich vom Ober­ chen. Ein Nackenwulst oder eine Gaumenschwiele im pliozän (Deckschichten der rheinischen Braunkohle Inneren der Mündung sind nicht ausgebildet. der Tagbaue Frechen und Fortuna; Süß wassermergel 14. Die chronostratigraphische Verbreitung von Semi- von Cessey-sur-Tille) über den plio-pleistozänen limaxkochi (ANDREAE, 1884) in Mitteleuropa reicht Grenzbereich (Nuits Saint-Georges/Beaune, Ostfrank­ ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien

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reich) bis ins Altpleistozän (Tegelen/Niederlande; un­ dorf D (R AB EDER, 1981:146) und etwas höher als die tere Deckschotter/Bayerisch Schwaben; Höhenschotter Niveaus von Deutsch-Altenburg 20 und 21 (RAB- des Neckars bei Rottenburg; Liegendschichten des EDER, 1981:105 und 140). Die kleinere Mimomys- Leilenkopf-Vulkans/Osteifel; untere Deckschotter des Form von Neudegg steht in den Indices der Linea Iller-Lech-Gebietes: Hörlis bei Babenhausen, Oster­ sinuosa zwischen M. altenburgensis von Deutsch- buch SE Wertingen; Uhlenberg). - In Westeuropa dürfte Altenburg 21 undM. reidi (= M. „stranzendorfensis “) sie während des Mittelpleistozäns ausgestorben sein aus dem Braunlehm Stranzendorf D, was auch aus (Literaturübersicht: RÄHLE & BIBUS, 1992:333—334; Tabelle 1 hervorgeht. RÄHLE, 1995:110-111; mehrere Fundmeldungen). Das Molaren-Fragment von Ungaromys gehört einem Aus österreichischen Fundstellen ist bis jetzt kein Nach­ Evolutionsniveau an, das in den basalen Rotlehmen weis dieser Untergattung gelungen. Da nur wenige von Stranzendorf A und C (Mittel-Pliozän) durch Un­ Fragmente vorliegen, ist eine genaue Zuordnung nicht garomys (= „ Cseria “) proopsia oder U. opsia reprä­ möglich. sentiert wird. 19. Eine große Art der Gattung Oxychilus FITZINGER, Auch malakologisch zeigen sich Analogien zu den 1833, die nur in Fragmenten vorliegt. basalen Rotlehmen des Profiles von Stranzendorf. Den 20. Zur zeitlichen und räumlichen Verbreitung von Fundstellen sind einige Arten gemeinsam, wobei stra­ Mesodontopsis doderleini siehe ausführlich SCHLIK- tigraphisch bedeutend vor allem Clausilia stranzen­ KUM & STRAUCH (1973:161-166), auch LUEGER dorfensis, Clausilia strauchiana, Soosia diodonta, He- (1981:62-65). Kritische Bemerkungen zur Ableitung licigona capeki und Drobacia banaticum sind. von Mesodontopsis aus der Tropidomphalus-Gruppe Von höchstem überregionalem Interesse sind Gemein­ siehe NORDSIECK (1986:113). Das hier vorliegende samkeiten mit einer angeblich als altpleistozän einge­ Individuum ist groß, horizontal stark verdrückt (etwa stuften Molluskenfauna aus den Höhenschottem des 43-45 mm Schalendurchmesser) und hat einen ver­ Neckars bei Rottenburg (Württemberg), die RÄHLE schlossenen Nabelritz. Durch diesen Fund wird die & BIBUS (1992) beschreiben: Aegopinella sp., Frage nach dem tatsächlichen Aussterben dieser im Retinella (L.) sklertchlyi (Uhlenberg), Cochlostoma salomoni, Perforatella bidentata, Vitrinobrachium „oberen Pont“ des Wiener Beckens so verbreiteten Art breve (Uhlenberg), Semilimax cf. kochi (Uhlenberg), erneut verstärkt. Einige Fragmente dürften ebenfalls Carychium schlickumi (Uhlenberg) (RÄHLE, 1995). zu dieser Art gehören. Aufgrund gemeinsamer Arten ergeben sich Vergleichs­ 21. Gegenwärtig nur im nördlichen Serbien und südli­ möglichkeiten mit den pliozänen Deckschichten der chen Rumänien; siehe LOZEK (1964:304), FECH­ rheinischen Braunkohle, mit dem plio-pleistozänen TER & FALKNER (1989:200). Grenzbereich in Montagny-les Beaune (Ostfrankreich) 22. Zahlreiche Fragmente des Mündungsunter- und - Carychium schlickumi', mit dem Oberpliozän Ostfrank­ außenrandes. Es liegt eine verhältnismäßig große Form reichs (Cessey-sur-Tille, Cöte d’Or), mit den vermut­ vor, bei der der Palatalzahn mehr basalwärts verscho­ lich „tegelenzeitlichen“ Rheinablagerungen im nördli­ ben und schwächer ausgeprägt ist als bei rezenten Indi­ chen Elsaß (Gambsheim), verschiedenen Fundstellen viduen. Die Art dürfte im Pleistozän Mitteleuropas des älteren Mittelpleistozäns Deutschlands und „min- verbreitet gewesen sein. Perforatella bidentatakommt delzeitlichen“ Lössen des nördlichen Elsaß Semilimax u. a. in der Fundstelle Krems-Schießstätte vor. Mögli­ cf. kochi\ möglicherweise mit dem Altpleistozän von cherweise liegt dieser oder ein ähnlicher Typus vor, Tegelen („Tegelen C5“, Niederland e):Aegopinella sp.; auf den sich der Hinweis von LOZEK (1978:30) - nochmals mit den pliozänen Deckschichten der rheini­ „altertümliche Perforatella- Form“ - bezieht. schen Braunkohle, mit den Süßwassermergeln von 23. Kleines, der Unterart alpicola (FERUSSAC) ent­ Cessey-sur-Tille, mit dem plio-pleistozänen Grenzbe­ sprechendes Exemplar (16,2 mm b: 13 mm h); sonst reich bei Nuits Saint-Georges (Ostfrankreich), mit dem nur Fragmente. Altpleistozän von Tegelen („Tegelen C5“, Niederlan­ 24. Heute ost- und südkarpatisch; vgl. LOZEK (1964: de), mit dem altpleistozänen unteren Deckschotter von 305-306), KERNEY et al. (1983:278-279, Karte 356). Bayerisch Schwaben, mit altpleistozänen Ablagerun­ 25. Stark korrodierte Fragmente, an denen keine Skulp­ gen des Leilenkopf-Vulkans (Osteifel) '.Retinella (Lyro- tur mehr erkennbar ist. Es handelt sich um zumindest discus) [sklertchlyi', sie erlischt in Westeuropa offen­ eine große Art (etwa 40 mm Breite), die offen genabelt bar um etwa 400.000 BP]. ist. Die Gesamtheit der Neudegger Fauna würde nach dem Paläobotanik: Kein Befund. bisherigen Kenntnisstand für eine Einstufung ins Ober­ Archäologie Kein Befund. pliozän bis in den plio-pleistozänen Grenzbereich spre­ Chronologie Trotz der geringen Anzahl an Ar- chen. Folgende Arten müssen aber kritisch betrachtet vicoliden-Molaren ist eine relativ genaue zeitliche Ein­ werden: Gastrocopta meijeri ist bis dato aus dem „Pont stufung möglich. Das Evolutionsniveau der beidenM/- G/H“ von Velm (entspricht dem älteren Turolium) momys-Arten ist etwas niedriger als das von Stranzen- bzw. dem „Oberpannon“ von Öcs (entspricht dem jün- ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien FRANK, Ch. & RABEDER, G., Kleinsäuger und Landschnecken 47

Abbildung 3. Arvicoli- denreste aus dem Mittel- Pliozän von Neudegg. Fig. 1-3 Mimomys altenbur- gensis/reidi. Fig. 1 = M ) sin. (Ng 1/1) Fig. 2 = M 1 dext. (Ng. 1/3), Fig. 3 = M2 dext (Ng. 1/4). Fig. 4 = Mimomys stehlini, M2 sin. Fig. 5 = Ungaromys cf. opsia, Mj-Fragment sin. a occlusal (ca. 25 x), b Linea sinuosa (ca. 12 x), c Linea sinuosa, buccal (ca. 12 x).

2b

geren Vallesium) bekannt. Triptychiidae-Vertreter er­ Diese stratigraphische Einstufung ist in mehrfacher strecken sich bis ins Oberpliozän; die Hauptentfaltung Hinsicht problematisch, weil sie mit taxonomischen dieser Familie fand im Untermiozän statt. Mesodont- Problemen ( ,JLagurodon “= Lagurus arankae; Villanyia opsis doderleini soll im „oberen Pont“ des Wiener = Ungaromys ?) verknüpft ist. Eine „Lagurus arankae- Beckens ausgestorben sein (entspricht dem älteren Ungaromy s-Zone“ aber würde weit in das Altpleistozän Turolium). Auch die an Macrogastra voesendorfensis hinaufreichen. Fest steht nur, daß das gemeinsame (Mittel- bis Obermiozän) erinnernde Macrogastra- Art Vorkommen von Borsodia, Lagurus, und je einem Ver­ dürfte chronologisch an diese Faunenkomponenten treter der Mimomys pliocaenicus-G ruppe und der Mi­ anzuschließen sein. Wann viele „tertiäre“ Faunen­ momys pitymyoides-Gruppe für Oberpliozän sprechen. elemente tatsächlich verschwunden sind, kann für das Da das Alter der Neudegger Rotlehme durch die Klein­ zur Diskussion stehende Gebiet jedoch noch nicht ge­ säuger aber eindeutig dem Mittelpliozän zuzuordnen sagt werden. Die Molluskenfauna könnte demzufolge ist wäre es nicht auszuschließen, daß der Befund auch größtenteils dem Zeitraum Mittelpliozän bis Ältest­ für das Mittelpliozän gelten könnte. pleistozän zuzurechnen sein. Die Position der vier letzt­ Klimatologie: Die Molluskenfauna ist stark genannten Komponenten innerhalb der Gesamtfauna feuchtigkeits- und wärmebetont: Aus den identifizier­ erscheint etwas unklar: Ist es hier zu einer Vermi­ baren Arten bzw. Gattungen ist eine weitgehend ge­ schung mit älteren Elementen gekommen oder ist die schlossene Bewaldung mit Laubholzdominanz ersicht­ zeitliche Verbreitung verschiedener Arten eine noch lich. Der Wald dürfte am ehesten einem heutigen größere als bis dato angenommen? Auwald, mit dichter Krautschichte und hoher Boden­ Auch hinsichtlich der Chronologie ist auf die wieder­ feuchtigkeit sowie reichlicher Strauchschichte entspro­ holt genannten Faunen von Rottenburg und vom chen haben. Unmittelbar im angrenzenden Bereich Uhlenberg zu verweisen: In der Diskussion der Alters­ waren Felssteppenheiden geringer Ausdehnung: Diese stellung dieser Faunen wird für die Rottenburger Fau­ werden durch die Cochlostoma- Art angezeigt. Die na das späte „Tegelen“ angenommen, eventuell auch calciphilen Tiere leben auf Geröllhalden, an Felsen mit das „Waal“ (frühes oder mittleres Altpleistozän) wenig Humuslage und Flechtenbewuchs und haben (RÄHLE & BIBUS, 1992:336-337), für die Uhlenber­ ein hohes Wärme-, aber im allgemeinen nur geringes ger Fauna ein Alter von etwa 0,9 Millionen Jahren Feuchtigkeitsbedürfnis. (etwa „Tegelen“). Die Kleinsäugerreste aus den mol­ Da auch für Mesodontopsis doderleini ein Lebens­ luskenführenden Schichten des Uhlenberges entspre­ raum in unmittelbarer Ufernähe angenommen wird chen dieser Einschätzung aber nicht; sie werden in die (SCHLICKUM & STRAUCH, 1973:166-168), war der „Lagurodon-Villanyia“-Zone gestellt (RÄHLE, 1995: Lebensraum dieser Fauna wahrscheinlich eine ausge­ 113-114; ELLWANGER et al. 1994 in RÄHLE, 1995). dehnte Flußniederung mit breitem Auengürtel, der ©Verein zur Förderung der Paläontologie am Institut für Paläontologie, Geozentrum Wien 48 Beitr. Paläont., 21, Wien 1996

durch Gebüschsäume mit offenen Felsensteppen über­ W. von, 1994. Die biostratigraphische Aussage der ging. Arvicolidenfauna vom Uhlenberg bei Dinkelscherben Auch in ökologischer Hinsicht bestehen auffallende und ihre morpho- und lithostratigraphischen Konse­ Gemeinsamkeiten mit den Faunen aus den Höhen­ quenzen. — Münchner Geowiss. Abh., A26:173- 191, München. schottern des Neckars (Hochflutlehm) und vom Uh­ lenberg, die stark wärme- und feuchtigkeitsbetont sind FECHTER, R. & FALKNER, G„ 1989. Weichtiere. - und noch zusätzlich aquatische Arten enthalten. Auch Die farbigen Naturführer, STEINBACH, G. (Hrsg.) 287 pp., München (Mosaik-Verl.). hier wird ein Auwaldbiotop als beherrschender Le­ bensraum angenommen. Auch hier treten jungtertiäre FREUDENTHAL, M., MEIJERT, T. & VAN DER und altpleistozäne Faunenelemente gemeinsam auf MEULEN, A.J., 1976. Preliminary report on a field (RÄHLE & BIBUS, 1992; RÄHLE, 1995). campaign in the continental Pleistocene of Tegelen (The Netherlands). — Scr. 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